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Bezirk Affoltern

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Freitag, 11. September 2020

Verhaltenserkennung funktioniert nach komplexen Rastern In den Aspect-Kursen in Affoltern werden Polizeimitarbeitenden moderne Fahndungsmethoden beigebracht Wer schon einmal versucht hat, sich bewusst unauffällig zu verhalten, weiss, dass dies meist zu auffälligen Verhaltensweisen führt. Der «Anzeiger» hat einen Kurs in Affoltern begleitet und miterlebt, wie während der Schulung mehrere verdächtige Personen verhaftet und eine grössere Menge Drogen sichergestellt wurden.

grund von Diebstählen Hausverbot im Coop-Center haben und die Akten weisen noch auf weitere Deliktgegenstände hin. Da es sich bei den Beamten, welche die Schulung besuchen um Polizeimitarbeitende aus der ganzen Schweiz handelt, übernimmt die Kantonspolizei Zürich die Befragung der drei jungen Männer – in der Polizeiarbeit gilt die kantonale Hoheit.

Von Salomon Schneider

«Genau solches Verhalten wollen wir mit den Uniformen provozieren. Denn unsere Kundschaft weiss ganz genau, dass sie eine unrechtmässige Handlung im Sinn hat oder bereits ausgeführt hat. Die Angst vor den möglichen Konsequenzen führt zu auffälligen Verhaltensweisen, die wir erkennen wollen. Bei uns geht es um eine möglichst hohe Trefferquote», erläutert Martin Litscher. Der Leiter der Regionalabteilung Limmattal-Albis war von Anfang an bei Aspect dabei und war bei der Ausarbeitung von Aspect für uniformierte Korpsmitarbeitende zentral beteiligt: «Wir achten genau auf die Verhaltensweisen der Menschen in der Menge. Jeder Ort hat dabei eine Baseline, eine Stimmung, die gewisse Verhaltensweisen normal macht. Je nach Situation und Örtlichkeit sind die auffälligen Verhaltensweisen vor, während und nach einer Tat dabei unterschiedlich. Wir lehren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, abweichendes Verhalten zu erkennen.»

Früher Dienstagnachmittag im Coop-Center in Affoltern. An jedem Eingang haben sich Polizeimitarbeitende stationiert und zwar genau so, dass sie erst gesehen werden können, wenn die Kundschaft das Einkaufscenter bereits betreten hat oder sich in den Drehtüren befindet. Vor dem Laden befinden sich Polizeimitarbeitende in Zivil. Anstatt Personenkontrollen durchzuführen, wirken die Uniformen und gelben Vesten der Polizisten als sogenannte Stressoren. Sie sollen Menschen, die sich in der Vortatphase befinden, also mit der Absicht einen Diebstahl auszuführen, dazu bringen, umzudrehen und der Polizeikontrolle zu entgehen.

Drei Verhaftungen Keine 15 Minuten stehen die Beamten bereit, als vor der Drehtür drei junge Männer auftauchen. Anstatt gemeinsam das Geschäft zu betreten, geht der Erste durch die Drehtür, macht jedoch auf dem Absatz kehrt, als er nur wenige Meter nach dem Betreten der Halle die Polizisten wahrnimmt. Der zweite junge Mann, der sich bereits in der Drehtür befindet, nimmt wahr, dass sein Kollege sich umdreht, muss aber eine Runde drehen, bis er das Einkaufscenter wieder verlassen kann: Zugriff von allen Seiten. Die Personenkontrolle ergibt, dass alle drei polizeibekannt sind und auf-

Auffälligkeiten erkennen ist hochkomplex

Auftritt und Verhalten müssen zusammenpassen Nach einer Verschiebung findet die nächste Kontrolle bei der My-Stop-Raststätte statt. Auch bei dieser Kontrolle wird bewusst darauf gesetzt, dass die Autos die Polizeikontrolle frühzeitig wahrnehmen, jedoch nicht mehr abfahren können. Anschliessend wird durch kurze Gespräche an den Fens-

Die beiden uniformierten Polizisten stellen sich im Coop-Center Affoltern bewusst so am Eingang auf, dass sie erst nach dem Betreten der Drehtüre wahrgenommen werden können. (Bild Salomon Schneider) tern der Fahrzeughaltenden eine kurze Anstauung der Fahrzeuge provoziert. So können die Polizisten die Autos genau scannen und nach auffälligen Verhaltensweisen Ausschau halten. Martin Litscher: «Autobahnraststätten sind ein sehr geeigneter Ort für Kontrollen – sie sind Treffpunkt für verschiedenste Arten von Kriminellen. Die meisten Menschen verhalten sich hier nach vergleichbaren Mustern. Beim Scannen der Fahrzeuge achten wir auf das Kennzeichen und verschiedenste Merkmale, die uns verraten, ob Personen und Auto zusammenpassen. Anschliessend schauen wir die Verhaltensweisen der Personen an. Wenn wir auffällige Verhaltensweisen beobachten, machen wir eine kurze Befragung. Es sind jedoch nicht alle verdächtigen Verhaltensweisen so einfach erkenn-

bar wie Zittern oder Rötungen von Gesicht und Hals.» Kurz nachdem Martin Litscher dies erklärt hat, hält ein stark zitternder Lenker an der Kontrollstelle. Mit flackernden Augen klammert er sich am Lenkrad fest. Bei der Kontrolle stellt die Polizei 45 Gramm Marihuana fest, in neun Säckchen, zu je genau fünf Gramm, verpackt.

Internationaler Polizeiaustausch An den konkreten Beispielen üben die Teilnehmenden ihre Fähigkeiten bezüglich Wahrnehmung und Aufmerksamkeit, Erkennung der Baseline eines Ortes, kriminalistisches Denken, Körpersprache sowie die Erkennung und das Merken von Gesichtern. «Die wichtigsten Erfolgsfaktoren für eine hohe Trefferquote der Polizistinnen und Polizis-

ten sind Ausbildung, Übung und Motivation – wobei sich die Motivation nur bedingt trainieren lässt. Polizeimitarbeitende entwickeln mit der Zeit grundsätzlich so etwas wie einen sechsten Sinn, um diesen zu rationalisieren, arbeiten wir mit Ausbildenden und Polizeipsychologen aus Belgien, England, den Niederlanden und Spanien zusammen. Damit können wir hervorragende Schulungen gestalten. Der Rest ist dann abhängig von persönlichen Talenten und ganz viel Übung», erläutert Martin Litscher. Im Laufe des Nachmittags werden bei allen Kontrollstellen noch mindestens eine weitere Person festgenommen. Die Stadt Affoltern scheint momentan ein denkbar ungünstiger Ort für kriminelle Aktivitäten oder den Aufenthalt von Kriminellen zu sein.

Über 2000 Schutzkonzepte kontrolliert

Viel Lärm und sonst (fast) nichts

Bei den zum Schutz gegen die Covid-19-Pandemie getroffenen Massnahmen setzt der Kanton Zürich weiterhin auf einen konsequenten und transparenten Vollzug.

In den vergangenen Tagen beschäftigten sich Kantonsund Stadtpolizei Affoltern mit zahlreichen Lärmklagen und «nur» zweimal mit Einbrüchen.

«Der Kanton Zürich ist in Sachen Vollzug und Kontrollen im schweizerischen Vergleich vorbildlich», hält Sicherheitsdirektor Mario Fehr fest. «Diese konsequente Haltung bewährt sich und ist zentral.» Die neuesten Zahlen zum Vollzug werden wöchentlich auf der Webseite des Kantons Zürich veröffentlicht. Sie betreffen die Erfassung von Einreisenden aus Risikoländern sowie die Kontrolle von Quarantänen und Schutzkonzepten. Im Verlauf der letzten Woche haben die mit dem Vollzug beauftragten Stel-

len im Kanton Zürich 486 Schutzkonzepte überprüft (Vorwoche: 504); seit dem Ende der ausserordentlichen Lage (per 19. Juni 2020) wurden damit bereits insgesamt 2088 Schutzkonzepte überprüft. In den letzten sieben Tagen wurden am Flughafen Zürich Kontaktdaten von 4979 Flugreisenden aus Corona-Risikogebieten erfasst, davon 1094 für den Kanton Zürich. In der Vorwoche waren es 4091 (921 für den Kanton Zürich). Seit Messbeginn (4. August 2020) wurden insgesamt 28 894 Kontaktdaten erfasst (6946 für den Kanton Zürich). Zur Einhaltung der Quarantänen wurden im Kanton Zürich in der letzten Woche 167 Kontrollen durchgeführt; seit Anfang August liegt die Zahl damit bei insgesamt 963 Kontrollen. Sicherheitsdirektion ZH

Zwischen dem 4. und 6. September rückten Kantons- und Stadtpolizei Affoltern in 13 Fällen wegen Lärmimmissionen aus – nicht nur zu spätnächtlichen oder frühmorgendlichen Stunden. In einem Fall wurden die Gesetzeshüter schon kurz nach 21 Uhr gerufen, weil sich Anwohner an einer lauten Geburtstagsparty störten. Man rückte nach Aeugst, Affoltern, Bonstetten, Hedingen, Mettmenstetten, Obfelden und nach Stallikon aus – zum Teil zu den üblichen «Lärmhotspots», etwa zum Sportplatz Moos im Bezirkshauptort, zur Mehrzweckhalle

Zendenfrei in Obfelden oder zum «Sputnik» in Mettmenstetten. In all diesen Fällen liess es die Polizei bei Ermahnungen bewenden – auch an die Adresse jener Veranstalter, deren Gäste auf dem Nachhauseweg von der Party in einer Hedinger Waldhütte Flaschen auf die Strasse warfen. Dazu wurde nach einem entsprechenden Hinweis aus der Bevölkerung an der Reuss, zwischen Obfelder Brücke und «Rüssspitz», nach Wildcampern gesucht. Vergeblich.

Selecta-Automaten aufgebrochen Am Bahnhof in Mettmenstetten wurde ein Selecta-Automat aufgebrochen, wie am 6. September um 7.30 Uhr festgestellt wurde. Offenbar handelte es sich dabei um Vandalen, nicht um Diebe. Denn entwendet wurde nichts. Der

Sachschaden beläuft sich auf rund 800 Franken. In Hedingen kam es zwischen dem 6. und 8. September zu einem Einschleichdiebstahl in ein Blumengeschäft. In der Kasse fehlen ein paar hundert Franken. Der Schaden am Behältnis beläuft sich auf gegen 100 Franken. (-ter.)

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Daniel Jositsch Präs. Kaufmännischer Verband Schweiz, Ständerat, SP

«Um einen starken Forschungsstandort Schweiz zu garantieren, braucht es stabile Beziehungen zum Ausland. Die Kündigungsinitiative droht die Schweiz international abzuhängen.»

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