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Bericht auf Seite
from 041_2022
by AZ-Anzeiger
Im Windkanal die Aerodynamik testen
Schülerinnen und Schüler der Sekundarschule Mettmenstetten präsentieren tolle Abschlussprojekte
Ein Windkanal zum Testen der Windschlüpfrigkeit von Autos, im selbstgenähten Kostüm eine Zirkusshow inszenieren, ein 60 Jahre altes Mokuli wieder zum Fahren bringen und ein Buch erstellen über das Kutschengespannfahren – die Sekundarschülerinnen und -schüler von Mettmenstetten haben ihrer Kreativität bei ihren Abschlussarbeiten freien Lauf gelassen.
von stefan schneiter
In einer Projektarbeit setzen sich die Jugendlichen der 3. Sekundarschule mit einem frei gewählten Thema auseinander und erarbeiten ein selbstgewähltes Projekt. Sie lernen dabei die Grundlagen der Projektplanung und -durchführung und erstellen eine Dokumentation darüber. An der Sek Mättmi taten dies in diesem Frühling 96 Schülerinnen und Schüler. Sie legten dabei eine riesige Kreativität an den Tag und überzeugten mit spannenden Ideen. Vergangene Woche präsentierten sie ihre Arbeiten im Schulhaus Wygarten dem interessierten Publikum. Formel 1, Aviatik und Modellbau –alles Themen, die Timo Rohner faszinieren. Die Idee zu seiner Projektarbeit war da naheliegend: einen Windkanal bauen. Und das tat er mit hohem handwerklichem Geschick und technischem Wissen. Aus Holz und Plexiglas fertigte er den Windkanal im Miniformat an. Genial die Idee für die Windmaschine: Diese ist ein Lüftungsventilator, der normalerweise im Badezimmer für Luftabzug sorgt. Für den Rauch kam Trockeneis nicht infrage, da zu teuer und wegen möglicher Hautverbrennungen zu gefährlich. Also setzte Timo hierfür ein Rauchgenerator-Set aus dem Modellbau ein. Wie der Windkanal funktioniert, demonstriert Timo anschaulich. Erst stellt er einen Rennwagen in den Windkanal, bei dem die Luftströmungen elegant und im wahrsten Sinn des Wortes «windschlüpfrig» vorbeiziehen. Anders beim Lastwagen: «Hier beim Lastwagen sieht man gut, wie die Luft an der Front der Führerkabine aufprallt, wo der Widerstand viel grösser ist. Danach muss sich die Luft seitwärts einen Weg suchen, der komplizierter ist als bei einem aerodynamischen Auto», erläutert Timo fachmännisch seine von ihm konstruierte Maschine und zeigt, wie intensiv er sich bei seiner Projektarbeit mit der Thematik auseinandergesetzt hat. Und er illustriert, wie Aerodynamik funktioniert: «Wenn ich hier mit der Hand im Windkanal herumfahre, sieht man am Rauch sogleich, wie es einen Streueffekt gibt in den Luftströmungen.»
Die ganze Arbeit weg
Die Idee zu ihrer Projektarbeit kam Ina Talavasek wie ein Blitz. «Ich mag es zu nähen, mich kreativ zu betätigen und ich wollte unbedingt etwas mit Zirkus machen, weil ich das megagern tue,» sagt die 15-jährige Mettmenstetterin, die seit vier Jahren beim Kinder- und Jugendzirkus «Zirkusluft» in Hausen mitmacht. Sie ist gern in der Natur, beginnt demnächst eine Lehre als Floristin und findet Schmetterlinge «feine und schöne Tiere». So war ihr Projekt «Metamorphose – vom Kostüm bis zur Zirkusshow» geboren, bei dem sie sich selber ein Zirkuskostüm in Schmetterlingsform nähte und eine passende Artistikshow dazu inszenierte. Den Stoff für das Kostüm bekam sie von ihrer Oma. Zu einem Ballettbody in Schwarz nähte sie Schmetterlingsflügel, hinzu kamen als Dekor ein schwarzes Fransenband und ein goldenes Paillettenband. Unter Anleitung ihrer Handwerkslehrerin lernte Ina dabei sowohl das Nähen mit einer Nähmaschine wie auch von Hand. Anschliessend schrieb Ina ihre Zirkusshow mit all ihren Einzelelementen auf. «Am liebsten mag ich Artistik am Trapez, daher habe ich mir eine Trapeznummer ausgewählt.»
All diese Arbeiten erledigte Ina vom Februar bis Ende April, in der Zeit, die den Schülerinnen und Schüler für die Projektarbeit zur Verfügung steht. Im Mai folgte dann der grosse Schock. «Eine Woche vor Abgabetermin verschwand die gesamte Dokumentation zu meiner Projektarbeit, alles, was ich schon geschrieben hatte, war am Computer plötzlich weg», erzählt die Sekundarschülerin. «Ich war sehr verzweifelt und wusste nicht, wie ich das alles wieder erarbeiten soll, und das in nur einer Woche.» Auch musste sie noch ihre Aufführung am Trapez filmen. Jammern jedoch nützte wenig und Ina musste alle ihre bisherigen Tätigkeiten aus dem Gedächtnis nochmals hervorrufen und neu niederschreiben. Mit seinem selbstgebauten Windkanal kann Timo Rohner die Aerodynamik von Automodellen testen. (Bilder Stefan Schneiter)


Ina Talavasek stellt in ihrem selbstgenähten Zirkuskostüm einen Schmetterling dar, der sich gerade entpuppt hat. Die Zirkusshow am Trapez hat sie zu einem Video zusammengestellt. (Bild zvg.) Simona Amstalden hat das Gespannfahren gelernt und ihre Erfahrungen in einem Buch beschrieben.
Heute, nach Beendigung ihrer Projektarbeit, ist Ina stolz auf das, was sie geschafft hat. Die grösste Herausforderung sei das schwierige Annähen der Flügel und Paillettenbänder am Kostüm gewesen. Eingeteilt habe sie ihre Gesamtarbeit gut, was sich darin zeige, dass sie trotz des Absturzes ihrer Arbeit eine Woche vor dem Abgabetermin diese rechtzeitig fertigstellen konnte.
«Ich würde es sofort wieder tun»
Für Emanuel Koch stand fest, dass er ein Projekt realisieren wollte, das handwerkliche Fähigkeiten erfordert und das mit einem Motorrad zu tun hat. Bei seinem Grossvater stand ein altes Mokuli in der Scheune. Damit hatte Emanuel sein Projekt gefunden. Mokuli? Der Name setzt sich aus Moped und Kuli zusammen. Zunächst recherchierte Emanuel und fand heraus, dass ein Mokuli ein dreirädriges Transportmoped ist, gebaut von der Firma Messerschmitt, welche im Zweiten Weltkrieg deutsche Kampfflugzeuge gebaut und später ihre Produktion auf solche Leichttransporter umgestellt hatte. «Der Mokuli ist eigentlich kein Töff, sondern ein Kleinmotorrad, das 2 PS hat, im Gegensatz zu Töffs, die 0,5 bis 1 PS Leistung bringen», weiss Emanuel. In langen Arbeitseinsätzen machte er den Mokuli seines Grossvaters wieder fahrtauglich. Im Stil eines richtigen Mechanikers reparierte er, mithilfe seines Vaters, die Schaltung, die Dichtungen des Benzinhahns, das Lenkungsspiel. Neu montierte er den Sattel, die Hupe, einen Rückspiegel. Da viele Originalteile für einen solchen Oldtimer nicht mehr erhältlich sind, mussten einige neu benötigte Teile selbst hergestellt werden. Schliesslich musste Emanuel das Gefährt verzollen und dem Strassenverkehrsamt vorführen, um es verkehrstauglich zu machen. 49 Stunden Arbeit hat der Schüler insgesamt für sein Projekt protokolliert. «Es war eine sehr grosse Arbeit, das ganze Restaurieren und der Aufwand mit dem Strassenverkehrsamt», erzählt er und fügt begeistert hinzu: «Aber ich würde es sofort wieder tun.» Nun freut sich Emanuel auf eine Ausfahrt. «Eine halbe Woche lang werde ich mit einem Kollegen zusammen eine kleine Rundfahrt durch die Schweiz machen.» Seine Lehrstelle als Nutzfahrzeugmechatroniker bei den Zuger Verkehrsbetrieben hat er schon auf sicher. darschülerin, die auf einem Reiterhof in Mettmenstetten aufgewachsen ist. Zeitlich passte es auch, da auf dem Reiterhof zur Zeit ihrer Projektarbeit gleich zwei Ponys zum Einfahren mit einer Kutsche geschult wurden. Zu Beginn ihres Projekts führte Simona ein Interview mit Yannik Scherrer, der Vizeweltmeister im Vierergespannfahren ist und schon acht Goldmedaillen an Schweizer Meisterschaften gewonnen hat. Anschliessend lernte sie die praktische Seite des Gespannfahrens: Leinenhandgriffe, Bereitstellen des Wagens, Anschirren und Anspannen der Ponys, Fahren im Schritt, Ausspannen, Abschirren, Pflege der Ponys usw. Viel hat Simona gelernt im Umgang mit Tieren, wie sie erzählt: «Arbeitet man mit Tieren, ist es wichtig, dass man immer schaut, was sie meinen. Tiere können nicht reden, aber sie sind immer ehrlich und geben einem klare Anzeichen, was sie denken und fühlen.»
Zu jeder ihrer 15 Lektionen schrieb sie einen Bericht. All ihre Lernprozesse aus der Praxis hat Simona in einem Buch zusammengestellt, auf das sie stolz ist. «Ein Highlight meiner Arbeit ist mein eigenes Buch über das Erlernen des Gespannfahrens. Dort habe ich meine ganzen Erfahrungen, die ich sammeln durfte, zusammengefasst. Ein Buch, in welches ich viel Motivation und Mühe hineingesteckt habe!»
