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Extra

Freitag, 18. Januar 2019

«Etwas tun, bei dem der Mensch im Vordergrund steht» Menschen im Säuliamt: Pamela Koller wechselte von der Bank ins Haus zum Seewadel

gedankensprünge Treffer Den Hauptgewinn der Lotterie Hat ein Glückspilz so schnell ausgeben Jetzt ist er pleite wie noch nie Und führt deshalb ein Lotterleben Martin Gut

herkömmliches

Jakobstopf

Nach der Schule absolvierte Pamela Koller eine Banklehre und war viele Jahre im Bankenbusiness tätig. Heute arbeitet sie im Haus zum Seewadel in Affoltern und führt die Lohnbuchhaltung. Und wenn sie zu Hause in Muri ist, hat ihre kleine Tochter erste Priorität. ................................................... mit pamela koller sprach marianne voss Eine der schönsten Kindheitserinnerungen von Pamela Koller ist das Campieren. «Wir drei Kinder zelteten im Sommer oft im Garten von unserm Haus in Wohlen. Und die Ferien verbrachten wir meistens als Familie auf Campingplätzen.» Ihre Schulzeit habe sie auch in Wohlen im Aargau verbracht. Und danach wusste sie zuerst nicht, was sie werden möchte. «Ich dachte an Kindergärtnerin, doch meine Mutter meinte, da verdiene ich zu wenig.» Krankenschwester habe sie verworfen, weil sie Angst vor Spritzen habe. «Dann wies mich ein Bekannter darauf hin, dass eine Kaufmännische Lehre eine solide Grundausbildung sei. Das überzeugte mich.» Sie absolvierte ihre Lehre bei der Schweizerischen Volksbank und erlebte im zweiten Lehrjahr die Fusion der Grossbanken und den Wechsel zur Credit Suisse. «Das war sehr spannend, denn ich musste als Lernende den neuen Mitarbeitenden unser System beibringen.» Damals sei sie zum ersten Mal in Berührung mit Projektarbeit gekommen. Nach der Lehre machte sie eine Bank-Pause. «Durch die Fusion war mir der Betrieb zu gross geworden. Wir waren nicht mehr Generalisten, sondern nur noch Spezialisten.» Sie verdiente sich ihr Geld mit Jobs an einer Bar oder an Promotionsständen. Doch es fehlte ihr bald der geregelte Tagesablauf. Ein Inserat der Raiffeisenbank machte dem ein Ende. Es folgten einige Jahre bei dieser Bank in verschiedenen Geschäftsstellen und verschiedenen Positionen. Sie berichtet zum Beispiel von der Zeit, als sie in einer kleinen Geschäftsstelle die Leitung inne hatte, und ihre Mitarbeiterinnen im Alter ihrer Mutter waren.

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Pamela Koller im Haus zum Seewadel, wo sie das menschliche Klima sehr schätzt. (Bild Marianne Voss) «Ich sah in dieser Position den Geschäftsablauf von einer ganz anderen Seite. Das war spannend.»

Von der Bank ins Altersheim Im Jahr 2010 drängten sich für sie Veränderungen auf. «Einerseits merkte ich, dass ich mit dem dauernden Druck im Bankenbusiness nicht mehr umgehen kann, andererseits verstarb meine Mutter unerwartet.» Das alles sei für sie Anlass gewesen, ihr Leben neu aufzustellen. «Ich wollte nicht mehr in der Bank arbeiten. Ich wollte etwas tun, bei dem der Mensch im Vordergrund steht. Etwas, wo das Soziale vor dem Umsatz kommt.» Sie begann, sich umzuschauen und zu bewerben. Doch das sei gar nicht so einfach gewesen. «Da kam mir aber mein sturer Kopf zugute.» Sie lacht. «So nach dem Motto: Wenn ich etwas will, dann erreiche ich das auch.» Sie besuchte während dieser Zeit eine Weiterbildung zur Personalassistentin. Und das kam ihr zugute, als 2011 im Haus zum Seewadel eine befristete Stelle ausgeschrieben war.

Finanzprojekt umsetzen «Ich fühlte mich hier sofort sehr wohl», betont sie am Tisch im Café Seewadel. «Ich war motiviert und ging jeden Tag gerne arbeiten.» Am Anfang sei es ungewohnt gewesen. «Ich musste mich von der Bank her ziemlich umstellen, denn hier wird viel mehr zusammen besprochen.» Natürlich arbeite man auch leistungsorientiert, «aber auf eine menschliche Art.» 2015 erhielt sie eine Festanstellung und kehrte gewissermassen zurück zu den Zahlen. «Es ging darum, dass wir die Führung der Finanzen, die vorher bei der Gemeinde war, selber übernahmen.» Zusammen mit Rita Schmucki konnte sie dieses Projekt anpacken und umsetzen. «Das war herausfordernd und lehrreich. Wir haben das ganze Finanzierungssystem aufgebaut, eingeführt und auch die nötigen Handbücher erstellt.»

beiden haben in Muri ein Zuhause gefunden. «Und seit bald zwei Jahren bin ich Mutter einer kleinen Tochter.» Daher habe sie ihr Arbeitspensum nun auf 40 Prozent reduziert. «Ich arbeite jetzt in der Lohnbuchhaltung und als Assistentin des Kaders.» Beim Thema Freizeit oder Hobbys meint sie: «Im Moment ist meine Tochter gewissermassen mein grösstes Hobby.» Im Blick auf die Zukunft hoffe sie, dass ihre Tochter einmal eine mutige Frau werde. «Ich habe den Eindruck, dass es heute viele Menschen gibt, die nicht sich selber leben, sondern das, was die Gesellschaft oder das Umfeld von ihnen erwartet.» Und dadurch seien doch viele unzufrieden. «Daher ist es mir wichtig, dass meine Tochter sich dann einmal traut, hinzustehen und zu sich selber zu stehen.»

Der Jakobstopf ist besser bekannt unter dem Namen Jackpot, der amerikanischer Herkunft ist. Dabei handelt es sich bekanntlich um eine Art Sammelgefäss für Lotteriegewinne, an deren Höhe echte Spielernaturen weit eher interessiert sind als am etymologischen Knacken des Ausdrucks Jackpot. Wer es dennoch wissen möchte, erfährt, dass hinter einem Jackpot nicht Jakob, sondern ein anderer Bube steht. Nämlich der Bube aus dem Pokerspiel, bei dem der Geber die Karten an die einzelnen Spieler verteilt und anschliessend alle Beteiligten fragt, ob jemand mindestens zwei Buben (amerikanisch jacks) erhalten hat. Sollte niemand diese Bedingung erfüllen, wird erneut ausgeteilt. Und die getätigten Einsätze bleiben so lange im Sammeltopf in der Mitte des Tisches liegen, bis ein Spieler die Pokerrunde erfolgreich abschliesst und den angehäuften Betrag abräumen kann. In diesem Sinn und Geist hat man die wunderbare Geldvermehrung später auch auf andere Glücksspiele übertragen. (ubo)

Im Spital Affoltern geboren

Matt, 9. Januar. (Bild Irene Magnin)

Serie «Menschen im Säuliamt» In der Serie «Menschen im Säuliamt» berichtet

Sich trauen, zu sich zu stehen Während dieser Zeit hat Pamela Koller ihren Partner kennen gelernt, und die

Marianne Voss in loser Folge aus dem Leben von Menschen – ob jung oder alt, ob berühmt oder unbekannt –, die im Säuliamt wohnen oder im Bezirk ihren Arbeitsplatz haben.

Ilias, 14. Januar.

wetter

Der Kiebitz ist Vogel des Jahres BirdLife Schweiz hat den Kiebitz zum Vogel des Jahres 2019 gewählt. Die bedrohte Art ist auf Unterstützung von Landwirten und Naturschützern angewiesen.

bauernregel «An Fabian und Sebastian fangen Baum und Tag zu wachsen an.»

Bereits im Februar treffen die ersten Kiebitze aus ihren Winterquartieren im Mittelmeerraum in der Schweiz ein. Ende März hört man die Balzrufe der Männchen. Der Name Kiebitz kommt von den Rufen: Kiwit it it kiwit. Kiebitze sind Koloniebrüter, das heisst mehrere Brutpaare brüten nahe beieinander. Damit können sie sich bei der Abwehr von Feinden gegenseitig unterstützen. Mit spektakulären Flügen versuchen die Männchen die Weibchen zu beeindrucken. Sie drehen bis zu neun Mulden am Boden, das Weibchen wählt dann die beste als Nistplatz aus. In das ausgepolsterte Nest legt das Weibchen drei bis vier Eier und bebrütet diese 26 bis 29 Tage. Die plüschigen Kiebitzjungen gehen vom ersten Tag an selbstständig auf

Nahrungssuche. Bei Gefahr ducken sie sich regungslos auf den Boden. Was sich bei natürlichen Feinden bewährt hatte, wird bei Landmaschinen zur tödlichen Gefahr. In mit Pestiziden behandelten Feldern fehlt ihnen das nötige Futter in Form von kleinen Insekten oder Regenwürmern. In trockenen Zeiten verhungern die Jungen, da sich ihre Futtertiere dann in den Boden zurückziehen.

Fast ausgestorben Kiebitze brüteten einst in Feuchtwiesen, welche aber fast alle bis um die Mitte des 20. Jahrhunderts drainiert wurden. Die rund 1000 Brutpaare, die man noch in den Siebzigerjahren zählte, wichen zum Brüten ins Ackerland aus. Weil mit der intensivierten Landbewirtschaftung immer mehr Pestizide gespritzt wurden, reduzierte sich der Bestand in der Schweiz bis 2005 auf 83 Brutpaare. Verschiedene Schutzprojekte mit Landwirten und

Der Kiebitz überlebt dank besserer Zusammenarbeit von Landwirten und Naturschützenden. (Bild Michael Gerber) Ehrenamtlichen haben nun die Wende gebracht: 2018 gab es in der Schweiz wieder 206 Brutpaare, doch ist der Bestand noch zu klein, als dass er sich ohne Massnahmen erhalten könnte. (pd.)


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