Schreibaffären

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Katrin Langmuth

Quallenburger

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Günter war verstimmt. Vor seinen Augen war Jakob mit einem erstickten Röcheln zusammengebrochen. Seit der ersten Werbeaktion hatte der Teenager das Probieren der neuen Sorten übernommen und die Quallenburger, wie Günter die Brötchen mit marinierten Meerestieren werbewirksam genannt hatte, in rauen Mengen verschlungen. Zuerst nur wegen der kostenlosen Mahlzeiten, später mit Begeisterung verzehrte er sogar den Nomura extrasuperscharf, das Highlight seiner inzwischen zehn Angebote. Jakob war zweifellos einer der besten und treuesten Kunden – gewesen. Nach seinem Abschluss hatte Günter bald erkannt, dass er als Sozialpädagoge keine Zukunft hatte. Auch mit seinen – durchaus reizvollen – Gedichten und Kurzgeschichten war der Kühlschrank nicht zu füllen. Einmal durfte er beim Hähnchengrill aushelfen und dieser Job gefiel ihm. Tranchiermesserscharf hatte er geschlossen, dass er sich nur mit erfrischend neuen Ideen eine Nische auf dem Fast-Food-Markt erobern konnte. Gefragt war ein Billigprodukt, das sich auch Arbeitslose und Schüler leisten konnten. Die Leute, übersättigt mit Pizza, Döner und Bratwurst, war­teten nur auf ein at­trak­ tives Angebot wie seines. Eine dän­ ische Fischereige­ nos­senschaft, die hocherfreut war, den Beifang zu Geld machen zu können, lieferte die fangfrischen Qual­ len tiefge­fro­ren. Zum Glück nicht aus Quallen - Nürnberger Rostbratwürste

Die Geschäfte liefen gut, um nicht zu sagen glänzend. Der Standort am östlichen Ufer des Wöhrder Sees war perfekt gewählt, neben den 115


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