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Johanneshaus Bad Liebenzell
from Nota bene 24
by Mateo Sudar

Die Sana-Klinik in Bad Wildbad schließt zum Ende August diesen Jahres. Mit ihren rd. 135 Mitarbeitenden war sie auf Orthopädie und Rheumatologie spezialisiert, aber auch ein wichtiges Standbein für die Notfallversorgung im Oberen Enztal.
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Droht Bad Wildbad eine Investitionsruine?
nota bene sprach mit Anneli Zenker und Manfred Preuss, den beiden Verantwortlichen der MHT-Gruppe



nb: Mit der MHT-Gruppe betreiben Sie in Bad Wildbad das Johanneshaus für psychiatrische Pflege und die Johannesklinik für geriatrische Rehabilitation. Sind Sie von der Sana-Schließung überrascht worden?


Zenker: „Nun, gerüchteweise gab es dieses Thema schon seit mindestens zwei Jahren, aber am Ende hat es doch alle erstaunt, wie kurzfristig dann die in der Sana getroffenen Entscheidungen kommuniziert worden sind.“

Preuss: „Es steht uns nicht an, das Verhalten eines anderen Trägers zu kommentieren, aber zumindest für die betroffenen Mitarbeitenden muss dies ein herber Schlag gewesen sein.“



nb: Wären aus Ihrer Sicht ein längerer Vorlauf sinnvoll oder gar andere Lösungen denkbar gewesen?


Zenker: „Das ist zunächst mal die alleinige Entscheidung des Sana-Konzerns. Aber sehen Sie sich einmal die Situation der von uns geführten Einrichtungen an, des Johanneshauses und der Johannesklinik. Beide bestehen nun seit 22 Jahren in Bad Wildbad. 2010/11 drohte deren Schließung durch die Insolvenz des früheren Betreibers. Auch deren Fortbestand war damals akut gefährdet.“

Preuss: „Gemeinsam mit den Immobilieneigentümern, den heutigen Gesellschaftern der MHT, ist es seinerzeit durch harte Arbeit gelungen, ein Sanierungskonzept zu entwickeln und zu realisieren, das den Fortbestand der
Einrichtungen und vor allem die Absicherung aller Arbeitsplätze ermöglicht hat….“
Zenker: „…was damals kaum einer geglaubt hatte. Inzwischen arbeiten wir mit diesem Konzept bereits seit 10 Jahren und konnten Schritt für Schritt die qualitativen Strukturen von Betreuung und Pflege weiterentwickeln, neue Ausbildungsplätze schaffen und so die Häuser ein Stück weit besser für die Zukunft aufstellen. Zum Wohle aller, der Bewohnerinnen und Bewohner und der Patientinnen und Patienten ebenso wie zur Sicherheit aller Mitarbeitenden.“
Preuss: „Parallel hierzu arbeiten wir mit externen Partnern weiter an den Grundlagen für eine durchgreifende Modernisierung unserer Einrichtungen, was durch die Ereignisse der letzten Jahre, wie Corona, die immer weiter wachsenden Probleme des Fachkräftemangels oder aber auch der im Zuge des Ukraine-Krieges spürbaren drastischen Verteuerung von Energie u.a.m., sicher nicht leichter geworden ist. Aber Probleme sind schließlich da, um überwunden zu werden.“



nb: Im Fall Sana sind doch aber wohl deren Mitarbeitenden ausreichend abgesichert.
Zenker: „Wie man hört, haben die Mitarbeitenden der Sana-Klinik durch Entscheidungen des Landratsamtes eine Perspektive in den Kreiskliniken in Calw und Nagold bekommen…“
Preuss: „…ob das allerdings wirklich Sinn macht, muss sich erst herausstellen…“
Zenker: „…wir wissen zumindest aus Gesprächen mit einzelnen bisherigen Sana-Mitarbeitenden, dass bei weitem nicht alle glücklich über diese Situation sind. Viele hätten gerne ihren Arbeitsplatz in Bad Wildbad behalten.“ Preuss: „Ich sehe hier auch einen Interessenkonflikt zwischen der Stadt und dem Landkreis. Für den Landkreis ist es sicher eine gute Gelegenheit, eventuelle personelle Unterbetzungen in den Kreiskliniken ausgleichen zu können, die Stadt aber hätte ein Interesse daran haben müssen, die Mitarbeitenden in Bad Wildbad zu behalten.“
Anneli Zenker
„Die erforderlichen Fachkräfte stehen am Arbeitsmarkt im benötigten Umfang schlicht nicht zur Verfügung…“
nb: Können Sie das näher erläutern?.

Preuss: „Gerne. Ich bin aufgrund meiner knapp 50jährigen unternehmerischen Erfahrung im Sozial- und Gesundheitsbereich zutiefst davon überzeugt, dass ein Neuanfang im bisherigen Gebäude der Sana, für welche Nutzung auch immer, ohne die Einbindung der bisherigen Mitarbeitenden schlicht unmöglich ist. Niemand wird an einem Standort wie Bad Wildbad eine neue Versorgungseinrichtung angehen, wenn er mit der Personalakquise von Null an beginnen muss. Erst recht nicht in der aktuellen Marktsituation…“
Zenker: „…wenn wir eine freigewordene Fachkraftstelle nachbesetzen wollen, benötigen wir inzwischen nicht selten Monate. Das ist überall in Deutschland nicht anders. Die erforderlichen Fachkräfte stehen am Arbeitsmarkt im benötigten Umfang schlicht nicht zur Verfügung…“
Preuss: „…und denkt man dies konsequent weiter, so besteht die Gefahr, dass mit Abzug aller Mitarbeitenden vor Ort in Bad Wildbad an prominentester Stelle mitten in der Innenstadt eine Investitionsruine entstehen könnte. Dies kann nicht im Interesse der Stadt liegen.“
nb: Wie man inzwischen weiß, wurden seitens der Stadt im Vorfeld doch eine Reihe von grossen regionalen und überregionalen Trägern angesprochen.
Zenker: „Angeblich, aber mit uns als verbleibendem größten ortsansässigen Träger hat man jedenfalls keinen Kontakt aufgenommen.“
nb: Sie haben in Ihren zehn Jahren viel in der Sadt bewegt, allein die Bad Wildbader GeriatrieForen oder die sieben Jahre Winterzauber beweisen Ihr großartiges Engagament. Wie fühlen Sie sich, wenn Sie nun so gar nicht gefragt werden?
Zenker: „Dies liegt nicht in unserer Hand, sondern in der Verantwortung des Landkreises. Wie wir inzwischen informiert worden sind, wird es eine Art Bieterverfahren für das Gebäude geben und es soll wohl auch schon verschiedene Interessensbekundungen hierfür geben…“
Preuss: „…und wir wünschen uns zum Wohle der Stadt aufrichtig, dass ein solches Verfahren den erhofften Erfolg bringen wird. Das ändert aber nichts an unseren grundsätzlichen Bedenken.“
Preuss: „Das ist sicher keine Frage persönlicher Befindlichkeiten. Nein, ich denke es ist ein Affront gegenüber un-
seren Mitarbeitenden, die durch ihre engagierte Arbeit seit 22 Jahren einen wichtigen Beitrag für den Erfolg des Gesundheitsstadortes Bad Wildbad beitragen. Diesen Mitarbeitenden gegenüber wäre es eine Frage der Wertschätzung und des Respekts gewesen.“
Zenker: „Man darf auch nicht vergessen, ein leeres Sana-Gebäude schadet nicht nur dem Ansehen des Gesundheitsstandortes Bad Wildbad, darunter werden in der Folge auch alle anderen verbleibenden Einrichtungen leiden.“
nb: Werden Sie sich an diesem Bieterverfahren beteiligen?



Zenker: „Wir beteiligen uns grundsätzlich nicht an Wettbewerben, Ausschreibungen oder sonstigen Bieterverfahren oder ähnlichem…“
Manfred Preuss
„Ich sehe hier auch einen Interessenkonflikt zwischen der Stadt und dem Landkreis…“
nb: Wie sollte es nach Ihrer Ansicht jetzt weitergehen?
Preuss: „…wir stehen aber immer gerne für konkrete Problemlösungen in Kooperation mit allen beteilgten Partnern und Behörden zur Verfügung, wenn dies erforderlich und gewünscht ist…“
Zenker: „…wie gesagt, gewünscht muss es schon sein.“
nb: Ich danke Ihnen für das Gespräch.
Das Gespräch führte Sabine Zoller