Antisexismus Broschüre

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Antisexismusbroschüre

SIE KAM, SAH UND

SIEGTE


SPRACHE SCHAFFT BEWUSSTSEIN Sprache ist als Kommunikationsmittel eines der mächtigsten Instrumente der Menschen, um die Realität zu beschreiben – aber auch zu formen. Sprache und Realität beeinflussen sich also gegenseitig. Es macht demnach einen wesentlichen Unterschied, ob Menschen in der Sprache genannt oder ignoriert werden. Unsere Sprache ist stark männlich geprägt, wodurch die männliche Form als normal und repräsentativ wahrgenommen wird. Ein Beispiel dafür ist das generische Maskulinum, wenn im Plural „Schüler“ anstatt „Schülerinnen und Schüler“ genannt und somit andere Geschlechter unsichtbar gemacht werden. Eine sensible, also reflektierte und realere Verwendung von Sprache ist gefragt. Sprache schafft konstant Bilder in unseren Köpfen, welche die Realität darstellen sollen und unser Denken gravierend prägen. Wir stellen uns etwas anderes vor, wenn von „homosexuellen Schülern“ oder „homosexuellen Schülerinnen und Schülern“ die Rede ist. Eine rein männliche Form kann der realen Begebenheit nicht entsprechen, wenn so viele Menschen dadurch ausgeschlossen werden. Durch die Nennung beider Begriffe „Schülerinnen“ und „Schüler“ soll mehr als 50% der Bevölkerung ihr eben zustehender Platz eingeräumt werden. Eine geschlechtergerechte Ausdrucksweise kann versuchen, alle Geschlechter in der Sprache sichtbar zu machen und ein Mitdenken aller Menschen zu ermöglichen, indem sie Bilder schafft – aber auch bricht. In dieser Broschüre wird deshalb vom so genannten Gender Gap (z.B. Schüler_innen) Gebrauch gemacht. Dieser soll jenen Personen den Platz geben, die sich nicht in das binäre Geschlechtersystem (MannFrau) einordnen können oder wollen. Der Unterstrich soll also aufzeigen, dass es mehr als nur zwei Geschlechter gibt. Ähnlich dazu ist der Gender Star (z.B. Schüler*innen, Schülerinnen*, Schüler*): Der Stern steht, wie die Lücke beim Gender Gap, für die Vielfalt der Geschlechter und soll unter anderem zum Hinterfragen von Normvorstellungen und Rollenbildern anregen.


Einleitung Die Anti-Sexismus Broschüre soll dir als Informationsquelle, Argumentationshilfe sowie Anleitung dienen. In ihr befinden sich verschiedenste Informationen über Sexismus, wie er entsteht und wie er sich ausdrückt – dadurch wollen wir dir die Möglichkeit bieten zu verstehen, wieso Sexismus überhaupt existiert und wie er sich in der Gesellschaft zeigt, um aktiv gegen diesen vorgehen zu können. Gleichzeitig bietet die Anti-Sexismus Broschüre einen Einblick in Feminismus im Bezug auf Schule und Gesellschaft. Um antisexistisches und feministisches Engagement zu unterstützen, findest du am Ende der Broschüre Informationen zu verschiedenen antisexistischen Organisationen, Projekten, Filmen und Büchern.

Aber wieso das Ganze überhaupt? „Frauen* sind doch eh schon gleichberechtigt!” So denken viele, leider ist das doch noch immer nicht Realität. Sexismus und Diskriminierung sind allgemeine gesellschaftliche Probleme und somit auch in der Schule als Teil der Gesellschaft allgegenwärtig.


Frauen* verdienen in Österreich immer noch rund 25 Prozent weniger als Männer*. Im österreichischen Nationalrat ist von 183 Abgeordneten die Minderheit weiblich*. Jede fünfte Frau* wird Opfer von häuslicher Gewalt. Fakten wie diese zeigen, dass Frauen* in unserer Gesellschaft diskriminiert und benachteiligt werden. Doch die Benachteiligung von Frauen* beginnt nicht erst ab dem Erwachsenenalter, sondern schon viel früher. Wir wollen dazu anregen, gesellschaftliche Rollenbilder und Vorurteile zu reflektieren und diese aufzubrechen. Es ist ein längst notwendiger Schritt, gleiche Ausgangschancen für alle zu schaffen. Die Schule muss dieser Aufgabe gerecht werden, also Ungleichgewichten entgegenwirken und ein gesellschaftliches Umdenken fördern. Je früher Menschen lernen, Gleichberechtigung zu leben, desto eher kann diese Realität werden. Gleichberechtigung und Frauen*förderung muss endlich ein Anliegen in der Schule werden! Aktuelle Machtverhältnisse, nicht nur im Alltag und in der Gesellschaft, sondern auch an der eigenen Schule, müssen offengelegt, hinterfragt und aufgebrochen werden.

Viel Spass beim Lesen, Lernen, Diskutieren und Agieren! Deine

www.aks.at


Inhaltsverzeichnis: Seite 3 Seite 4 Seite 4 Seite 5

Zeit, aus der Rolle zu fallen! Man wird nicht als Frau geboren... Sex - Das biologische Geschlecht Gender - Das soziale Geschlecht

Funktionen und Auswirkungen von Rollenbildern Seite 7

Seite 7 Diskriminierung Seite 8 Dominanz von Rollenbildern Seite 9 Funktion von Rollenbildern Seite 10 Freie Wahlmöglichkeit Seite 10 Die Rolle der Medien bei der (Re)Produktion von Rollenbildern Seite 11 Männer* machen Medien Seite 11 Frauen*bilder Seite 12 Frauen* in der Werbung Seite 12 Zeit, aus der Rolle zu fallen!

Frauen*- und Mädchen*förderung in der Schule Seite 13

Seite 14 Die Gläserne Decke in der Schüler_innenvertretung Seite 16 Seite 18

Feminismus

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Gewalt gegen Frauen*

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No means No!

Intersektionalität


AKS-What‘s that? AKS steht für „Aktion kritischer Schüler_innen“. Gemeinsam beschäftigen wir uns in ganz Österreich sowohl mit bildungs- als auch mit gesellschaftspolitischen Themen. Viele junge, engagierte Menschen setzen sich in der AKS für eine Veränderung in der Schule und Gesellschaft ein – ihre Ideen und ihre Arbeit geben den Ausschlag für unsere Aktivitäten. Wir verstehen uns als Organisation von und für Schüler_innen. Nach dem Motto: „Bei uns kannst du nichts werden, bei uns bist du schon wer!“ sind in der AKS alle gleichberechtigt und können sich beteiligen! Wir setzten uns für eine angstfreie, sozial gerechte und demokratische Schule und Gesellschaft ein. Demokratisch Weil wir Schüler_innen, obwohl wir die grösste Berufsgruppe Österreichs sind, noch immer viel zu wenig Mitbestimmung in allen Lebensbereichen haben. Sozial gerecht Weil Bildung vererbt wird, und es dabei vor allem auf die Geldbörse der Eltern ankommt wie unser Lebensweg ausschauen wird und nicht auf persönliche Interessen oder Talente. Angstfrei Weil auch heute noch viele Schüler_innen Angst davor haben, in die Schule zu gehen, weil durch autoritäre Strukturen und Leistungsdruck die Versagensangst verstärkt wird.

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Schule und Gesellschaft Weil wir die Gesellschaft von morgen sind und die Probleme, die es in der Schule gibt, schon dort bekämpft werden müssen.

Regional aktiv Um die Arbeit der AKS an möglichst vielen Schulstandorten zu ermöglichen, gibt es in ganz Österreich Ortsgruppen, in denen verschiedene Veranstaltungen, wie wöchentliche Diskussionsrunden, Workshops und gemeinsame Aktionen stattfinden. Gemeinsam bilden die Ortsgruppen die jeweilige Landesorganisation im Bundesland, die ihrerseits landesweite Workshops, Kampagnen, Aktionen und Veranstaltungen organisiert. Bundesweit vernetzt Wenn wir Schüler_innen zusammenarbeiten und uns vernetzen, können wir Berge versetzen! Deswegen sind wir auch bundesweit stark und erarbeiten gemeinsam österreichweite Forderungen und Kampagnen. Auf grossen Seminaren, Schulungen und Workshoptagen kommen Schüler_innen aus ganz Österreich zusammen und können sich dort austauschen, verschiedene Themen diskutieren und neue Ideen einbringen. Möchtest du auf ein Seminar mitfahren, einen Artikel für den österreichweit grössten Schüler_innen Blog, den “Syntaxblog” schreiben oder einfach einmal bei einer Diskussionsrunde vorbeischauen? Dann informiere dich auf unserer Homepage unter aks.at oder melde dich bei uns unter aks@aks.at.

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ZEIT, AUS DER ROLLE ZU FALLEN!

Während sie das Abendessen kocht, sieht er Nachrichten oder liest Zeitung. Während sie putzt, saugt und wäscht, geht er mit Geschäftsfreunden auf ein Geschäftsessen. Während sie den Kindern bei den Hausaufgaben hilft, kümmert er sich um den nächsten Schritt auf der Karriereleiter. Sie ist zuständig für Haushalt und Kinder, er bringt das Geld nach Hause. So war’s schon immer, und so soll es auch bleiben. Wenn sie sich schon einbildet, selber berufstätig zu werden, so muss sie eben mit der Doppelbelastung einer berufstätigen Hausfrau und Mutter zurecht kommen. Diese Rollenbilder von Mann und Frau werden uns von klein auf beigebracht, immer wieder aufgefrischt und erneuert. Sie bestimmen zu einem wesentlichen Teil Struktur und Aufbau unserer Gesellschaft: Der öffentliche Raum – das heisst Politik, Wirtschaft, Medien – wird

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von Männern* beherrscht. Sie sind im Vordergrund präsent und ziehen im Hintergrund die Fäden. Die Frauen* hingegen sind traditionell für Alltags- und Reproduktionsarbeit zuständig. Ihre Bestimmung ist Hausarbeit und Kindererziehung. Die Grundlage dieser Rollenfestlegungen sind kulturell vermittelte Werte, Prinzipien und oft unbewusste Annahmen. Eine wesentliche Annahme ist die Polarisierung der Geschlechter: Weiblichkeit und Männlichkeit werden als entgegengesetzte Pole betrachtet. Zwar hat sich diese strikte Trennung der Geschlechter in modernen Gesellschaften teilweise gelockert, auch traditionelle Rollenvorstellungen haben teilweise an Bedeutung verloren, vor allem durch die fortschreitende Emanzipation der Frauen*. Um so erstaunlicher ist es allerdings, dass sich bei Befragungen und Untersuchungen auch in den


letzten Jahrzehnten noch immer zeigt, dass Geschlechterrollen nach wie vor weit verbreitet sind.

erkannt, dass es mehr als die binäre Geschlechterordnung gibt.

Sex – Das biologische Geschlecht

Man wird nicht als Frau geboren... ... man wird dazu gemacht. Die Werte und Normen, die in unserer Gesellschaft vorherrschen, vertreten wir nicht von Geburt an. Sie werden uns im Laufe unseres Lebens fein und sorgfältig beigebracht: Durch Rollenverteilungen in der Familie, Erziehung und Schulbildung, und in unserem täglichen Leben. Im schulischen Aufklärungsunterricht lernen wir, dass es eine klare, auf biologischen Fakten basierte Geschlechter-Trennung gibt. Manche Menschen werden mit XY, manche mit XX-Chromosomen geboren und haben dann die entsprechenden Genitalien und anderen körperlichen Merkmale. Die moderne Sozialforschung und Medizin spricht jedoch nicht mehr von diesen beiden Kategorien bzw. wurde

Als sex wird im Englischen das biologische Geschlecht bezeichnet, das für die meisten Menschen gleichbedeutend mit dem allgemeinen Geschlechtsbegriff steht. Diese biologischen Prägungen wurden und werden ausserdem auf Verhalten, Charakter und andere psychischen Merkmale umgelegt. So entstanden Geschlechterklischees und Argumentationen wie zum Beispiel vor der Einführung in des Frauen*wahlrechts in England, wo angemerkt wurde, dass Frauen* aufgrund ihrer biologischen Veranlagungen nicht an Politik interessiert sein können. Selbst wenn solche gravierenden Geschlechterzuschreibungen heute nicht mehr gesellschaftsfähig sind, gibt es immer noch ähnliche und nur minimal weniger diskriminierende Verknüpfungen, die vor

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allem Frauen* sagen, was sie tun können und wie sie sich zu geben haben. Reale Auswirkungen haben diese biologistischen Argumente zum Beispiel im Berufsleben: Frauen* sind in Jobs mit „sozialem“ Hintergrund (wie in der Kindergartenpädagogik, in Volksschulen, etc.) überproportional repräsentiert, in handwerklichen Berufen sind sie jedoch kaum zu finden. Dabei gibt es riesige Unterschiede in den einzelnen biologischen Veranlagungen der Menschen beider Geschlechter. Es gibt Frauen*, die grösser sind als Männer*, es gibt Frauen*, die keine Kinder bekommen können und Männer*, die keine zeugen können. Da kommt der nächste springende Punkt: nicht einmal die biologischen Chromosomen und die (der gängigen Meinung nach) dazugehörenden Hormone sind immer fest und klar verteilt und weisen innerhalb von männlich und weiblich zum Teil grosse Unterschiede auf. Dazu kommt, dass ein Prozent der Babys grosse Abweichungen von normierten

männlichen oder weiblichen Körpern aufweisen; 0,1 Prozent dieser Kinder werden sogar operiert, um an eines der beiden angepasst zu werden.

Gender – Das soziale Geschlecht Das Zitat „Man wird nicht als Frau geboren, man wird dazu gemacht“ geht auf die französische Philosophin Simone de Beauvoir zurück, die schon 1949 schrieb, dass die Bedeutung sozialer Diskriminierung so gross ist, dass die Auswirkungen auf die moralischen und intellektuellen Gegebenheiten der Frau* derart tiefgehend sind und dadurch als natürlich angesehen werden. Das bedeutet, sie geht davon aus, dass biologistischen Argumente, welche im vorigen Absatz beispielsweise angeführt wurden, nicht zählen können, da der Eindruck der Gesellschaft auf die Entwicklung der Frau* eine derart wichtige Rolle spielt, dass es nicht nachweisbar ist, wie stark biologische und wie stark soziale Prämissen in das Leben der Frau* eingreifen.

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Durch diese starke und erstmals in dieser Deutlichkeit formulierte These hat Beauvoir eine Welle neuer feministischer Theorien angestossen. Mit dieser neuen Bewegung einher ging und geht die Unterscheidung des sozialen Geschlechtes (auf Englisch Gender) vom biologischen Sex. In der neueren Sozialtheorie bedeutet dies nicht nur, dass es an der Zeit wäre, sich von biologischen Verknüpfungen und dadurch von diskriminierenden Geschlechterklischees zu lösen, sondern auch, dass das Gender frei wählbar ist und nicht mehr binär sein muss. Das heisst, Menschen können sich von den Kategorien Mann/Frau lösen und sich als genderfluid, also zwischen den Kategorien wechselnd, als non-binary, also sich als ausserhalb der Zweigeschlechtlichkeit befindend oder als trans* definieren. Trans* ist hier eine wichtige Beschreibung, da sie im Gegensatz zu Cis steht. Cis ist hier als Übereinstimmung des sozialen Gender mit dem bei der Geburt zugeschriebenen Sex zu

sehen. Ein Cis-Mann ist also ein Mann, der als Baby in die Kategorie „männlich“ eingeteilt wurde. Einem Trans*Mann wurde das weibliche zugewiesen, lebt aber unabhängig von seinen Genitalien als Mann, er wird ebenso von seinen Mitmenschen als Mann gelesen . Wesentlich an dieser Unterscheidung ist vor allem, dass gender eine gesellschaftliche Konstruktion ist, die von Menschen gemacht und aufgebaut wurde. Und dass eben diese konstruierten Rollenbilder genauso von Menschen wieder umgeworfen, dekonstruiert und verändert werden können. Es handelt sich nicht um ein Naturgesetz, wenn Frauen* den Grossteil der Hausarbeit erledigen, wenn sie ihre Berufskarrieren unter-, bzw. abbrechen, um die Kinder zu erziehen, wenn sie um ein Viertel weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen*. Diese und ähnliche Benachteiligungen von Frauen* sind künstlich geschaffene Ungleichverhältnisse, denen gewisse Interessen zu Grunde liegen, und die gewisse Funktionen erfüllen.

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FUNKTION & AUSWIRKUNGEN VON ROLLEN BILDERN

Diskriminierung

Stereotypisierung/ Entindividualisierung

Im Allgemeinen existieren drei Formen der Diskriminierung:

Eine Person wird zwar wahrgenommen, allerdings überlagert von Vorurteilen und groben Verallgemeinerungen. Sie gehört eben zu einer bestimmten Gruppe, der man mit diesen Vorurteilen gegenüber tritt. Diese Art von Ungleichbehandlung ist teilweise verbunden mit einem gewissen Zweck, der damit verfolgt wird. Frauen* können nicht Auto fahren und schon gar nicht einparken. Sie können nicht logisch denken, sondern sind getrieben von Emotionen. Frauen* finden ihre Erfüllung in ihren Kindern, und: wenn sie „nein“ sagen, meinen sie in Wirklichkeit gar nicht „nein“.

Demütigung/Depersonalisierung Eine Person wird in ihrer Existenz nicht Ernst genommen. Das heisst, sie wird gedemütigt, grundsätzlich in Frage gestellt und als etwas Schlechteres behandelt. Ungleichbehandlung passiert bewusst als Selbstzweck. Die viel zitierte „gläserne Decke“ markiert die unsichtbare Grenze auf der Karriereleiter einer Frau*. Um gleiche Chancen wie die männlichen Kollegen* zu haben, müssen Frauen* zwei- bis dreimal soviel leisten. Ihre Qualitäten als Führungskräfte werden aus Prinzip in Frage gestellt.

Überdeterminierung/ Modellierung Es wird anerkannt, dass die Person „anders“ ist. Gleichzeitig wird aber gefordert, dass diese Person ihr „Anderssein“ ablegt, um der Ungleichheit zu

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entgehen. Diese Art der Anpassung ist aber für diese Person nicht tragbar: Es gibt zwar einen scheinbaren Ausweg aus der Ungleichheit, der aber für die betroffene Person nicht realistisch ist. Um finanziell unabhängig leben zu können und ausreichend für die Pension vorzusorgen, müssen Frauen* arbeiten. Gleichzeitig wird Frauen* der Ausstieg aus dem Berufsleben leicht- und der Wiedereinstieg zur schwer überwindbaren Hürde gemacht. Sexismus bedeutet, dass Frauen* auf vielen Ebenen einen niedrigeren Stellenwert als Männer* einnehmen, weniger Chancen haben und nicht als eigenständige Persönlichkeiten wahrgenommen werden. Alle drei oben beschriebenen Formen der Ungleichbehandlung treffen auf die Situation von Frauen zu.

Dominanz von Rollenbildern Rollenbilder verdeutlichen auf der einen Seite gesellschaftliche Strukturen und Machtverhältnisse, haben aber auch gleichzeitig eine normierende Funktion: Sie formen Menschen. Wer sich an der ihr vorgegebenen Rolle orientiert, wird belohnt – für Verstösse gibt’s Sanktionen: Eine Rüge von der Lehrerin*, Kritik von den Eltern, Ausschluss aus der Klassengemeinschaft... Von klein auf wird Frauen* beigebracht, sich anzupassen und zu gefallen, zu lächeln und sich zu fügen, Aggression wird bei Buben* viel eher geduldet und als selbstverständlicher empfunden als bei Mädchen*. Auch dürfen Buben* lauter werden, sich freier bewegen und ihren Stimmungen intensiver Ausdruck verleihen. Mädchen* dagegen müssen sich ihrem Umfeld anpassen, dürfen nicht aus der Rolle fallen: Sie sollen hübsch aussehen, brav und zurückhaltend sein. Wenn Buben* anecken, ist das ein Zeichen für eine starke Persönlichkeit - wollen

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Mädchen* ihren Willen durchsetzen, so sind sie egoistisch und unwillig. Selten merken Mädchen* und Buben*, Frauen* und Männer*, dass auch ein Leben abseits dieser Stereotype und Ungleichverhältnisse möglich ist: Diese Wertvorstellungen werden von so einer breiten Bevölkerung unhinterfragt getragen und gelebt; Medien und Werbeindustrie verstehen es, sie immer wieder aufs neue aufleben zu lassen. Durch ständige Belohnung und Sanktionen, Fehler und Lehrbeispiele verinnerlichen wir diese Rollen und entsprechen ihnen bald unbewusst und automatisch. Versuchen Frauen* dennoch, aus den Erwartungen auszubrechen, die an sie gestellt werden, werden ihnen genug Steine in den Weg gelegt, sodass sie es sich vielleicht doch wieder anders überlegen.

Funktion von Rollenbildern Warum sollten Männer* für die Rechte von Frauen* kämpfen? Anders gefragt: Warum sollte jemand Macht und Einfluss abgeben, ohne dazu gezwungen zu werden? Sexismus und Diskriminierung der Frau* hat eine machtpolitische Funktion: Männer*seilschaften müssten plötzlich fähigen und talentierten Frauen* den Platz räumen. Die unbezahlte Haus- und Pflegearbeit, die zum grösst� ten Teil von Frauen* erledigt wird, wäre plötzlich auch Männer*angelegenheit. Somit kommt ein ökonomischer Faktor der Frauen*unterdrückung zum Tragen. Die auf den vorherrschenden Rollenbildern basierende Ungleichberechtigung ist ausserdem das erste Lernfeld für gesellschaftliche Unt e rd r ü c k u n g s v e r h ä l t n i s s e : Gerechtigkeit ist relativ, im Vordergrund stehen tradierte Normen und Werte. Nicht jede Person muss in gleichem Mass respektiert werden, es gibt eben „Bessere“ und „Schlech-

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tere“. Haben die jungen Mädchen* und Buben* das einmal verstanden, ist der Schritt zu anderen Bereichen der Unterdrückung (z.B. Rassismus) nicht mehr weit.

anderen Licht erscheinen. Obwohl also eigentlich freie Wahlmöglichkeiten bestehen, nehmen Frauen* und Männer* grossteils die ihnen zugeteilte Rolle wahr.

Freie Wahlmöglichkeit?

Die Rolle der Medien bei der (Re)Produktion von Rollenbildern

Immer noch besuchen Mädchen* in erster Linie Haushalts- und Elementarpädagogik-Schulen, in technischen Schulen ist der Grossteil der Schüler_innen männlich. Frauen*berufe wie Friseurin, Verkäuferin, Sekretärin sind schnell zu identifizieren, ebenso ist er der Firmenchef oder Automechaniker. Und immer noch werden über 90% der Kindererziehungszeit von Frauen* wahrgenommen, obwohl es theoretisch möglich wäre, die Karenz halbe-halbe aufzuteilen. Allein die formale Gleichstellung und Wahlfreiheit der Frauen* führt also nicht unbedingt zu einer Aufhebung von geschlechtsspezifischen Schul- und Berufslaufbahnen, sondern lässt sie nur in einem

Ein kurzer Streifzug durch Fernsehen, Film und Printmedien: James Bond, der sich wagemutig von einer Hochhauswand zur nächsten schwingt und Frauen en masse verführt. Arnold Schwarzenegger, der wie schon einige Male zuvor mit viel Action und Gemetzel die Welt vor dem Untergang bewahrt. In den Nachrichten sind es Trump, Putin & Co, die die politischen Weichenstellungen setzen und die globalen Geschicke lenken. Bei etwas genauerer Betrachtung werden nun auch die Frauen sichtbar, die sich in der Medienlandschaft tummeln: Jennifer Lopez, Barbara Karlich und Frauke Ludowig begeistern mit Körper, Trends, Skandalen und Beziehungsproblemen in ihren Filmen, Talkshows

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oder Gossip-Magazinen. In Musikvideos hüpfen halb bekleidete Tänzerinnen* über den Bildschirm, Werbungen präsentieren Frauen* als Sexobjekte, Hausfrauen, Mütter oder als frustrierte einsame Karrierefrauen. Je öfter diverse (Rollen)Bilder von der Medienlandschaft aufgegriffen und verwendet werden, umso nachhaltiger und konsequenter ist der Einfluss dieser Klischees – auch wenn mit diesen Stereotypen heute oft sehr unterschwelliger und subtiler gearbeitet wird als früher. Durch die tägliche Versorgung mit Information haben Medien auch die Möglichkeit, einer Gesellschaft Werte und Leitbilder vorzugeben.

Männer* machen Medien Wie diese Werte und Leitbilder aussehen, hängt einerseits von gesellschaftlichen Normen und Rollenbildern ab, zu einem grossen Teil allerdings auch davon, WER sie gestaltet. Von dem_der Eingetümer_

in eines Mediums bis zu den Abteilungschef_innen und Redakteur_innen ist der Journalismus bis heute ein männlicher Beruf geblieben. Der Grossteil der weiblichen Redakteurinnen*, der bei den Zeitungen, Fernseh- und Radiostationen fuss fassen kann, ist auf wenige Ressorts beschränkt: Familie, Gesundheit, Mode und Garten. Die einflussreichen Themen wie Politik, Wirtschaft und Sport sind in männlicher Hand.

Frauen*bilder Die unterschiedliche Darstellung von Frauen* und Männern* zieht sich durch sämtliche Medien. Männer* werden in Aktion dargestellt, sie sind diejenigen, die die Handlung vorantreiben und spannend machen. Frauen* übernehmen im Gegensatz dazu oft den Zuhörerinnen*part, sie handeln gefühlsbetont, freundlich und schlichtend. Während der Mann* meist als beruflich erfolgreicher Familienernährer dargestellt wird, versorgt die Frau* den Haushalt

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und erfüllt den ästhetischen Anspruch der Zuschauer_innen. Es werden zwar durchaus berufstätige Frauen* gezeigt, doch vorwiegend in Nebenrollen. Probleme wie massive Doppelbelastung aufgrund des Jobs, Haushalts und der Beutreuung der Kinder finden keinen Weg auf den Bildschirm. Bei diversen Fernsehkonfrontationen strukturieren Frauen* in der Rolle der Moderatorinnen* die Gespräche und treten als schlichtende Instanz auf – nicht selten sind sie dabei als Moderatorin* die einzige Frau* in einer Politiker_innenrunde. Die eingeladenen Diskutant_ innen und Expert_innen mit Fachwissen und Kompetenz sind meist Männer*.

Frauen* in der Werbung Besonders stark werden diese Rollenklischees in Werbungen überzeichnet: der Grossteil der Frauen*, die in den Spots über den Bildschirm hüpfen, sind entweder anlehnungsbedürftig und unselbstständig

oder romantisch und verführerisch. Die offensichtliche Reduzierung auf schmückende Objekte, die den beworbenen Gegenständen gleichgesetzt werden, ist dabei unübersehbar. Die wenigsten Darstellerinnen* wirken erfahren und selbstbewusst.

Zeit, aus der Rolle zu fallen! All das scheint ein vorgegebenes System zu sein. Eines, das kaum Veränderungen zulässt. Deshalb ist es umso wichtiger, sich gegen all diese Vorschriften und Sanktionen zu wehren. Auch wenn man alleine wirken mag, auch wenn es oft schwer ist, und viele Steine im Weg liegen, darf man sich nicht entmutigen lassen. Ohne den ersten Schritten von Seiten der Frauen*, wird alles in der herkömmlichen Ordnung bleiben. Denn es müssen die Frauen sein*, die aufstehen und für sich eintreten!

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FRAUEN*-& MÄDCHEN*FÖRDERUNG IN DER SCHULE

Anstatt gesellschaftliche Missstände zu reproduzieren, eignet sich der schulische Rahmen, um diese kritisch zu hinterfragen. Daher ist die Bewusstseinsbildung direkt in der Schule ein wichtiger Prozess. Ein Ansatzpunkt sind die Schulbücher. Schüler_innen werden von Schulbüchern geprägt, die wiederum derzeitig gesellschaftliche Normen widerspiegeln. Hier werden oft Stereotypen reproduziert und gefestigt. Eine Auseinandersetzung mit Stereotypen in Schulbüchern reicht jedoch nicht aus. Es braucht ebenfalls eine weitere Sensibilisierung von Schulbuch-Autor_innen, Lehrpersonen und Schüler_innen. Ein nächster Schritt wäre, die reflexive Koedukation verstärkt anzuwenden - also das gemeinsame Unterrichten von Buben* und Mädchen* geschlechtersensibel anzugehen. Geschlechtergetrennter Unterricht

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stellt ein Element dieser dar. Mit dem Modell der reflexiven Koedukation soll die koedukative Praxis weiterentwickelt und neu gestaltet werden. Ziel ist es, ein gleichberechtigtes Zusammenleben und –lernen der Geschlechter zu erreichen, sowie geschlechtsstereotype Rollenzuweisungen aufzulösen und alle notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten sowohl bei Mädchen* als auch bei Jungen* zu fördern. An vielen Schulen wird Genderbeauftragten kein Platz eingeräumt die meisten Schüler_innen wissen nicht, dass es so eine Person an ihrer Schule gibt - oder es gibt sie de facto gar nicht. In Folge dessen kommt auch die diesbezügliche Sensibilisierungsarbeit zu kurz. Der Handlungsspielraum von Genderbeauftragten muss ausgebaut werden, denn nur so kann bewusst Aufklärungsarbeit an Schulen geleistet werden.


Die Gläserne Decke in der Schüler_innenvertretung Die AKS erhebt jählich im Rahmen des SV-Genderreports die Geschlechterverhältnisse in der österreichischen Schüler_ innenvertretung – auf Schul-, Landes- und Bundesebene. Obwohl es mehr weibliche Schülerinnen* als männliche Schüler* gibt, gibt es immer mehr männliche Schulsprecher*, Landesschulsprecher* oder Bundesschulsprecher*. Es läss sich schon auf Schulebene das Phänomen der Gläsernen Decke erkennen. Eine Methode, um mehr Frauen* in die Vertretungsgremien zu bringen, ist die Einführung einer Frauen*quote auf allen Ebenen der Schüler_innenvertretung. Diese würde garantieren, dass mehr Schülerinnen* in der SV/LSV/BSV vertreten sind, und so ihre Kompetenz beweisen können, sowie auch Schülerinnen* repräsentiert werden. Dadurch würde einerseits der Idee, Frauen* hätten weniger Führungskraft und andererseits dem Fehlen weiblicher* Vorbilder effektiv entgegengewirkt werden.

Eine Quotierung soll nicht das Ziel darstellen, sondern dient vielmehr als Mittel, um ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis sicherzustellen. Eine zusätzliche Regelung, dass auf einen männlichen Schulsprecher* nicht erneut ein Mann* folgen kann, würde das Problem der überwiegenden Mehrheit männlicher (Landes-)Schulsprecher* lösen.  Es ist uns wichtig, aufzuzeigen, dass die Schule kein von gesellschaftlichen Mechanismen abgetrennter Raum ist und sich gesellschaftliche Benachteiligungen, Missstände und Diskriminierungen auch in der Schule abzeichnen. Politischer Bildung wird in unserem System immer noch nicht die Relevanz entgegengebracht, die ihr zusteht. In der Sekundarstufe II der allgemeinbildenden höheren Schulen gibt es noch nicht einmal ein eigenes Fach für Politische Bildung. Dabei ist es wichtig, dass die Schule auch ihrem politischen Bildungsauftrag nachkommt und Jugendliche zu kritischen und sensiblen Menschen macht, die beste-

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henden Ungleichheiten und Machtverhältnissen entgegenwirken. Und nicht nur das: Gleichberechtigung muss von der Schule ernstgenommen und im Alltag gelebt werden. Sexismus und männer*dominierte Strukturen dürfen keinen Platz haben. Die Reproduktion gesamtgesellschaftlicher Verhältnisse in der Schule führt dazu, dass junge Menschen schon früh ein männer*dominiertes Vertretungs- und Politikverständnis vermittelt bekommen – nicht nur in der politischen Sphäre, sondern auch in ihrem eigenen Umfeld. Diesen Umstand gilt es zu verändern! Daher ist es wichtig, direkt an den Schulen anzusetzen und sich verstärkt für die Aufhebung von Geschlechterungleichheiten einzusetzen. Denn nur eine progressive Schule kann eine Gesellschaft schaffen, in der allen die gleichen Chancen zustehen!

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FEMINISMUS

Ein_e Feminist_in ist einer Person, die an die soziale, politische und ökonimische Gleichheit der Geschlechter glaubt. - Chimamanda Ngozi Adichie

Feminismus ist. Der Feminismus stellt ein wichtiges gesellschaftspolitisches Element dar, auf dessen Grundlage für Gleichberechtigung zwischen Frauen* und Männern* gekämpft wird und der geschlechtsspezifischen Benachteiligung von Frauen* entgegengewirkt werden kann. Im Laufe der Zeit hat die feministische Bewegung viel erreicht, wie zum Beispiel das Wahlrecht oder den offenen Hochschulzugang für Frauen*. Doch es gibt immer noch viele Bereiche, in denen wir von Gleichberechtigung weit entfernt sind. Frauen* verdienen weniger als Männer und die Geschichte und Errungenschaften von Frauen* werden in

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der Schule kaum thematisiert. Aber auch in vielen anderen Bereichen sind wir noch weit entfernt von fairen Strukturen. Deshalb ist es vor allem wichtig, dass sie eine kritische Jugend für den Feminismus und die Gleichstellung von Frauen* und Männern* stark macht. Denn nur gemeinsam kann eine gleichberechtigte Schule und Gesellschaft entstehen, in der wir gerecht behandelt werden!

Feminismus muss. • Interessen und Rechte aller Frauen* vertreten • Aufbrechen des binären Geschlechtssystems bewirken • Heteronormativem Verhältnis zwischen Mann* und Frau* entgegenwirken Eine der wichtigsten Aufgaben des Feminismus ist es, das Denken in Schubladen und das Ausgehen von einem System,


das auf zwei Geschlechtern, nämlich Mann* und Frau*, aufbaut, sowie die heterosexuelle Beziehung zwischen Mann* und Frau* als die einzige Möglichkeit sieht, aufzulösen. Es gibt viele verschiedene und individuelle Lebensformen und persönliche Identitäten, die weder vorgeschrieben, noch in eine duale Struktur gezwängt werden können. Dennoch leben wir in einer Gesellschaft, in der alle in eine Definition gedrängt werden. Menschen, die das nicht tun können oder wollen, werden von vielem ausgeschlossen. Dabei ist es doch logisch, dass jedes Induviduum seine eigene Identität hat und es deshalb überflüssig ist, von einem binären Geschlechtssystem auszugehen, dem sich alle fügen müssen. Es ist wichtig, Vielfalt zuzulassen und heteronormative Strukturen aufzubrechen.

Feminismus soll. • Rollenbilder aufbrechen • Gleichberechtigten Geschichtsunterricht ermöglichen • Gleichberechtigten Sexualkundeunterricht ermöglichen Auch in der Schule gibt es sexualisierte Gewalt an Schülerinnen*, die sich unbeachtet und unkommentiert wiederholt. Themen, wie die Geschichte der Frau*, werden vernachlässigt und die Errungenschaften von starken Frauen* werden im Geschichteunterricht auf das Gebären von Kindern reduziert. Der Sexualunterricht thematisiert vordergründig den heterosexuellen Mann* und lässt damit den Grossteil der Schüler_innen aus. Der Unterricht könnte viel spannender und ansprechender sein, würden vorgeschriebene Rollenbilder thematisiert und dekonstruiert werden. Deshalb ist es notwendig, auch in der Schule auf die Wichtigkeit des Feminismus hinzuweisen und Gendermainstreaming, z.B. in Form von Genderbeauftragten, an jeder Schule zu forcieren!

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Feminismus bekämpft.

gänglichen Kampf zur Gleichberechtigung aller impliziert. Der Kampf um Gleichberechtigung muss das Anliegen aller sein, denn von einer gleichbereichtigen Welt profotieren wir alle.

• Männer*dominierte Strukturen • Gewalt gegen Frauen* Ein weiteres Ziel des Feminismus ist es, den bestehenden, strukturellen und in Institutionen tief verankerten Benachteiligungen und Diskriminierung von Frauen* entgegenzuwirken. Frauen* werden im Job auf verschiedene Arten benachteiligt. Sei es die schlechtere Bezahlung für gleiche Arbeit, die schwereren Aufstiegschancen in hohe Positionen, sexistische Bemerkungen oder Gewalt am Arbeitplatz. Mehr dazu findest du im Kapitel Gewalt gegen Frauen*.

Feminismus verbindet. Wer behauptet, das Ziel des Feminismus ist es, Männer* zu benachteiligen und Frauen* die Weltherrschaft in die Hände zu legen, liegt falsch. Die Geschichte liefert uns den Beweis dafür, dass der Feminismus und die Forderungen nach Gleichheit von Relevanz für alle sind und einen unum-

Intersektionalität Diskriminierung ist keine einspurige Strasse. Viele Menschen sind von mehreren Diskriminierungsformen gleichzeitig betroffen – eine schwarze Frau* erlebt z.B. Sexismus und Rassismus nicht getrennt voneinander. Man muss sich Diskriminierung also eher wie eine Kreuzung (englisch: intersection) vorstellen, bei der verschiedene Diskriminierungsformen miteinander verbunden sind. Genau das sagt der Begriff Intersektionalität aus. Für und muss Feminismus immer intersektional sein und darf nicht nur für weisse, heterosexuelle Frauen* kämpfen, sondern für alle Frauen*!

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GEWALT GEGEN FRAUEN*

Physische/körperliche Gewalt Wenn man „Gewalt gegen Frauen*“ hört, kommt einem_einer oft ein blaues Auge oder eine gebrochene Rippe in den Sinn. Diese Art von aktive Gewaltanwendung ist nichts als eine Machtausübung. Es geht von schlagen, würgen und stossen bis hin zu Feminziden (Frauen*morden) – die Zahl dieser steigt in Österreich von Jahr zu Jahr an.

Psychische/seelische Gewalt Diese Form der Gewalt ist viel subtiler als die körperliche, warum sie oft nicht als Gewalt wahr genommen wird. Beleidigungen, Drohungen und Stalking sind Formen psychischer Gewalt.

Sexualisierte Gewalt An Missbrauch, Belästigung und Vergewaltigung ist nicht sexuelles – diese Taten werden vom Täter sexualisiert. Dies ist

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nicht auf natürliche Triebe zurückzuführen, sondern auf eine ganz klare Ausübung von Macht. Mehr dazu im Kapitel „No means No“.

Strukturelle Gewalt Es gibt nicht nur Gewalt, die von einer Person ausgeht, sondern auch Gewalt, hinter der eine gewisse gesellschaftliche Struktur steckt. Der schwedische Forscher Galtung hat struktuelle Gewalt 1978 zum ertsen Mal so beschrieben: „Gewalt liegt dann vor, wenn Menschen so beeinflusst werden, dass ihre aktuelle somatische und geistigeVerwirklichung geringer ist als ihre potenzielle Verwirklichung.. Gewalt ist das, was den Abstand zwischen dem Potentiellen und dem Aktuellen vergössert und die Verringerung dieses Abstandes erschwert.“ Gesellschaftliche Benachteiligung von Frauen* ist demnach Gewalt


– struktureller Sexismus ist Gewalt. Frauen*leisten weltweit ca. zwei Drittel aller Arbeit, verdienen aber trotzdem weniger als Männer (Gender Pay Gap), sind viel seltener in Führungspositionen vertreten (Gläserne Decke) und bilden den Grossteil der in Armut lebenden Menschen.

Was alle Formen der Gewalt eint, ist, dass der Grossteil der Täter_innen Männer* und der Grossteil der Opfer Frauen* sind. Patriarchale Machtstrukturen bilden die Basis der Gewalt.

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NO MEANS NO!

„Consensual sex“ is just sex. To say that implies that there is such a thing as „non consensual sex“, which there isn’t. That’s rape. That is what it needs to be called. There is only sex or rape. Do not teach people that rape is just another type of sex. They are two very separate events. You wouldn’t say „breathing swimming“ and „non breathing swimming“, you say swimming and drowning.

Grenzüberschreitungen sind leider für viele Personen, vor allem für Frauen*, immer noch Alltag. Um unangenehme Situationen und mögliche traumatische Folgen zu vermeiden, ist es wichtig, bei jeder Handlung ausreichend zu kommunizieren. Ideen wie das Zustimmungskonzept und das Konsensprinzip stellen Möglichkeiten dar, um einen respektvollen Umgang miteinander zu ermöglichen.

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Potentielle Grenzüberschreitungen können verhindert werden! Hier ist es von grosser Bedeutung, auf die eigenen Grenzen und die der anderen Person/en zu achten. Alle sollten in der Lage sein, die Situation der Beteiligten einschätzen zu können. Eine sexuelle Handlung fängt für jede Person woanders an - Unsicherheit kann jedoch durch Fragen beseitigt werden. Jede Person hat ihre individuellen Grenzen, daher: besser zu viel als gar nicht fragen! Konsens bedeutet, dass alle Teilnehmenden mit dem Geschehen einverstanden sind und sich wohl fühlen. Auch wenn Personen in einer Beziehung oder öfter intim sind, hat kein Mensch das Recht, über den Körper anderer zu bestimmen. Es muss ausserdem darauf geachtet werden, ob das Gegenüber zurechnungsfähig ist. Personen unter dem Einfluss von Alkohol oder anderen Drogen


können möglicherweise nicht mehr zustimmen. Aber auch weitere psychische oder physische Zustände können die Zurechnungsfähigkeit beeinflussen. Kommunikation ist hier die einzige Lösung! Wer eine sexuell übertragbare Krankheit hat, sollte darüber reden. Ausserdem sollten sich alle im Klaren sein, ob und wie verhütet wird. Wenn eine Person schweigt, heisst das nicht, dass sie mit dem Vorgehen einverstanden ist. Wenn keine Zustimmung mehr gegeben oder diese zurückgenommen wird, muss dies akzeptiert werden. Zustimmung kann auch nicht unter Druck, wie z.B. dem ständigen Fragen nach Sex oder Drohungen gegeben werden. Nein heisst Nein bzw. nur Ja heisst Ja! Es ist wichtig, respektvoll miteinander umzugehen – respektiere also sowohl Identität und Sexualität als auch die individuellen Grenzen anderer! Eine sexuelle Handlung darf nur mit Zustimmung von allen Beteiligten passieren!

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Impressum MHV: Aktion kritischer SchĂźler_innen Amtshausgasse 4, 1050 Wien +43523124331 Redaktion: Noomi Anyanwu und David Kopelent Layout: Nomi Munkh


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