Perspektive :New Work


âWas spricht dagegen, Arbeitsprozesse neu zu denken, auszuprobieren und auch wieder zu revidieren, wenn es sich als schlechter herausstellt? Niemand hindert einen daran.â
PATRICK WACHTARZ, IFĂREL EMSR-TECHNIK GMBH & CO. KGSehr geehrte Damen und Herren,
Der Rechner ruckelt, das Internet funktioniert nicht. Der Drucker tut nicht, was er soll. Das kommt Ihnen bekannt vor? HĂ€ufig ist die Lösung einfach: âStecker raus, Stecker wieder rein. Neustart.â Was beim Rechner oder Drucker oft funktioniert, tĂ€te uns in der realen Welt auch gut. Oder? Nach drei CoronaÂJahren mit all den globalen Auswirkungen, den wirtschaftlichen Implikationen mit gestörten Lieferketten, eingebrochenen GeschĂ€ften, zerstörten Existenzen etc. Ein Neustart? Verlockend.
Der UkraineÂKrieg, die damit einhergehende Energiekrise in Europa, schwindelerregende Inflation, neu entfachte alte globale Fronten mit den immer gleichen Verhaltensmustern und Drohungen. Ein Neustart alleine tĂ€te es hier nicht, ein vorgeschaltetes AntivirenÂProgramm â spezialisiert auf Diktatoren und Tyrannen â wĂ€re nötig. Trotzdem verlockend.
Die gesellschaftlichen Debatten in Deutschland rund um Klimakrise, Umbau der Energiewirtschaft, Verkehrswende und VerbrennerÂAus sind vor allem eines: vergiftet. HĂ€ufig ideologisch aufgeladen. Ein Neustart? Nicht verlockend â sondern dringend geboten.
Und unsere Wirtschaft? Unsere Unternehmen? Ein Neustart ist keine Option. VerĂ€nderungen, Updates, 2.0, 4.0 fanden schon immer âim laufenden Betriebâ statt. BedĂŒrfte es weiterer Beispiele, so finden Sie in dieser Perspektive gleich zwei. Zum Begriff ânew workâ haben wir uns mit zwei unserer Mitgliedsunternehmen zum GesprĂ€ch getroffen. Was ein neues Denken bewirken kann, lesen Sie auf den folgenden Seiten.
Ach so, apropos Neustart: Dieses Vorwort hat (noch) nicht ChatGPT geschrieben. Die Fortschritte im Bereich der kĂŒnstlichen Intelligenz aber sind atemberaubend. Neue Chancen â und neue Risiken â warten. Ist das unser aller Neustart?
Ich wĂŒnsche Ihnen eine anregende LektĂŒre der 20. Ausgabe unserer âPerspektiveâ.
Herzliche GrĂŒĂe
Ihr Dirk W. Erlhöfer HauptgeschĂ€ftsfĂŒhrerTARIFPOLITIK
6
Chemie-Industrie
Nötige FlexibilitĂ€t gewonnen â neue Ideen gesucht
8
Metall- und Elektroindustrie
Zwei Jahre Planungssicherheit
9
Papier, Pappe, Kunststoff verarbeitende Industrie Guter Abschluss nach intensiven GesprÀchen
KURZ BERICHTET
10
Arbeitsrecht: Urlaubsverfall
Hinweisschreiben ist das A und O
Arbeitsrecht: Arbeitszeiterfassung
Keine Angst vor der Stechuhr
Arbeitswirtschaft
Netzwerk Gesundheit verbindet Betriebe
Arbeitswirtschaft
Leistungsbeurteilung â strukturiert und systematisch
12
Bildung
Elementares fĂŒr neue Auszubildende
14
Bildung
Der Ausbildungsradar der ArbeitgeberverbÀnde Ruhr/Westfalen
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Kommunikation
Respekt. Freude. Stolz. Die Perspektive Nr. 20
Kommunikation
Das neue AGV-Net
ArbeitgeberverbÀnde
Ruhr/Westfalen
Königsallee 67
44789 Bochum
Fon: (02 34) 5 88 77-0
Fax: (02 34) 5 88 77-70
Mail: info@agv-bochum.de www.agv-bochum.de
Verantwortlich fĂŒr den Inhalt:
RA Dirk W. Erlhöfer
Königsallee 67
44789 Bochum
Redaktion: Alexander FĂŒten, Dipl.-Soz.-Wiss.
Interview mit Frank Hammermeister, Versandmanufaktur GmbH Die Kraft von Rollen in agilen Organisationen
26
Arbeitswirtschaft 4-Tage-Woche kennt nur Gewinner
28
Einzug in ein neues Mindset
Hilfe fĂŒr GeflĂŒchtete aus der Ukraine
Austausch mit der Politik vor Ort
Förderpreis Lehrerbildung
Die starke Stimme aus Bochum
Eine GaststÀtte als Wiege
2022
Grafische Gestaltung: Diekmann Public Relations GmbH, Herne
Druck: SchĂŒrmann + Klagges GmbH & Co. KG, Bochum
Bildnachweis:
â Alexander FĂŒten
â stafftastic GmbH: S. 4 / S. 14â15
â 400V, IndustrieFotografie: Titel / S. 3 /
19 /
22 /
Ihre Ansprechpartner beim AGV
CHEMIE-INDUSTRIE
Entgelterhöhung: Zweimal 3,25 Prozent fĂŒr 20 Monate Die BeschĂ€ftigten der Chemie und Pharmabranche erhalten ab 1.1.2023 in einem ersten Schritt zunĂ€chst 3,25 Prozent mehr Entgelt. Ab 1.1.2024 steigen die Entgelte um weitere 3,25 Prozent. Die AusbildungsvergĂŒtungen steigen entsprechend. Die Laufzeit des Tarifvertrages betrĂ€gt 20 Monate. Die BrĂŒckenregelung von April eingerechnet, betrĂ€gt die Laufzeit 27 Monate. Die bezirklichen EntgelttarifvertrĂ€ge laufen damit bis Ende Juni 2024.
Differenzierung: FlexibilitĂ€t fĂŒr die Betriebe Beide Stufen der Entgelterhöhung sind flexibilisiert. Sie können aus wirtschaftlichen GrĂŒnden jeweils um bis zu drei Monate verschoben werden. Bei roten Zahlen wird die Entgelterhöhung um zwei Monate verschoben, bei einer Nettoumsatzrendite unter drei Prozent um einen Monat. Auf Basis einer Betriebsvereinbarung sind drei Monate Verschiebung möglich.
Einmaliges Inflationsgeld: 3.000 Euro brutto fĂŒr netto Die ChemieÂSozialpartner haben zudem ein einmaliges steuer und beitragsfreies Inflationsgeld in Höhe von 3.000 Euro pro TarifbeschĂ€ftigten vereinbart, das in zwei Tranchen von je 1.500 Euro spĂ€testens zum 31.1.2023 bzw. 31.1.2024 ausgezahlt wird. TeilzeitbeschĂ€ftigte erhalten eine anteilige Zahlung, mindestens aber je 500 Euro. Auszubildende erhalten je Tranche 500 Euro Inflationsgeld. Ziel ist, gestiegene Lebenshaltungskosten fĂŒr die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Branche teilweise auszugleichen, aber dauerhafte Belastungen der Unternehmen zu begrenzen. IGBCE und BAVC nutzen damit den im Rahmen der konzertierten Aktion entwickelten Spielraum fĂŒr die Tarifparteien.
StĂ€rkung der Tarifbindung als gemeinsames Ziel DarĂŒber hinaus wollen IGBCE und BAVC gemeinsam an der StĂ€rkung der Tarifbindung in Deutschland arbeiten. SozialÂ
Die Tarifeinigung im Ăberblick
* flexibilisiert: können aus wirtschaftlichen GrĂŒnden jeweils um bis zu drei Monate verschoben werden
partnerschaft, TarifvertrĂ€ge und Tarifbindung sind Grundpfeiler der Sozialen Marktwirtschaft, die gerade auch in der Krise ihren Wert fĂŒr Wirtschaft und Gesellschaft unter Beweis stellen. Die tiefgreifende Transformation unserer Branche erfordert ebenfalls handlungsfĂ€hige Sozialpartner mit dem Willen zur VerĂ€nderung. In einem strukturierten Prozess werden die ChemieÂSozialpartner im Rahmen der Laufzeit des Tarifvertrages Ideen fĂŒr tarifliche Regelungen zur StĂ€rkung der Tarifbindung auf beiden Seiten entwickeln.
trÀge
auch
Ruhe in unruhigen Zeiten. Mit einer zweijĂ€hrigen Laufzeit haben sich Arbeitgeber und IG Metall auf einen âLanglĂ€uferâ geeinigt, der den Unternehmen 24 Monate Planungssicherheit gibt. Erst im September 2024 stehen neue Verhandlungen an. Die Einzelheiten der Einigung: Vollzeit ÂBeschĂ€ftigte erhalten eine steuer und abgabenfreie InflationsausgleichsprĂ€mie in Höhe von 3.000 Euro, TeilzeitÂBeschĂ€ftigte erhalten einen Betrag abhĂ€ngig von ihrer vertraglichen Arbeitszeit, mindestens aber 400 Euro. Auszubildende bekommen 1.100 Euro. Die Auszahlung der PrĂ€mie wird auf zwei Tranchen Ă 1.500 Euro verteilt: Sie sind in den Jahren 2023 und 2024 jeweils bis zum
1. MĂ€rz auszuzahlen (von der ersten Tranche 750 Euro spĂ€testens im Januar). Die Unternehmen haben allerdings die Möglichkeit, die Auszahlung jeweils vorzuziehen oder gemeinsam mit dem Betriebsrat nach hinten zu verschieben und damit die kalenderjĂ€hrliche Kostenbelastung selbst zu bestimmen. Die Tarifentgelte werden zum 1. Juni 2023 um 5,2 Prozent und zum 1. Mai 2024 um 3,3 Prozent erhöht, die Erhöhung des im Februar zu zahlenden jĂ€hrlichen Transformationsgeldes (TÂGeld) von 18,4 auf 27,6 Prozent eines Monatsentgelts entfĂ€llt. Das jeweils im Juli ausgezahlte tarifliche Zusatzgeld (T ÂZUG B) in
Die Tarifeinigung im Ăberblick
* kann zeitlich dann geschoben, gekĂŒrzt oder gestrichen werden, wenn ein Unternehmen eine Nettoumsatzrendite von mindestens 2,3 % nicht erreicht
Juli 2023
T-ZUG B* 561,20 âŹ
Höhe von 561,20 Euro in 2023 und 579,70 Euro in 2024 kann zeitlich dann geschoben, gekĂŒrzt oder gestrichen werden, wenn ein Unternehmen eine Nettoumsatzrendite von mindestens 2,3 Prozent nicht erreicht. ZusĂ€tzlich haben sich die Tarifparteien auf einen Prozess verstĂ€ndigt, wie auf eine mögliche Energienotlage wĂ€hrend der Laufzeit des Tarifvertrages schnell und flexibel reagiert werden kann.
Februar 2024
Juli 2024
T-Geld 18,4 % eines Monatsentgelts (Erhöhung entfÀllt)
T-ZUG B* 579,70 âŹ
bis 1. MĂ€rz 2023
InflationsausgleichsprÀmie**
âŹ
24 Monate
bis 1. MĂ€rz 2024
InflationsausgleichsprĂ€mie 1.500 âŹ
** von der ersten Tranche 750 ⏠spĂ€testens im JanuarDer Hauptverband Papier und Kunststoffverarbeitung (HPV) und die Gewerkschaft Verdi haben sich in der fĂŒnften Verhandlungsrunde auf einen neuen Tarifvertrag geeinigt. Der Abschluss gelang nach rund 15ÂstĂŒndigen intensiven GesprĂ€chen in Frankfurt am Main. Insgesamt werden die tariflichen Entgelte um 8,6 Prozent erhöht; auĂerdem gewĂ€hren die Arbeitgeber eine InflationsausgleichsprĂ€mie in Höhe von 2.000 Euro. Zum
1. September 2023 werden die Löhne, GehĂ€lter und AusbilÂ
dungsvergĂŒtungen der BeschĂ€ftigten in der Papier, Pappe und Kunststoffe verarbeitenden Industrie um 5,1 Prozent erhöht; ab
1. August 2024 steigen die Entgelte um 2,1 Prozent. Eine weitere Erhöhung um 1,4 Prozent erfolgt am 1. Dezember 2024. Die InflationsausgleichsprĂ€mie in Höhe von 2.000 Euro wird in zwei Schritten ausgezahlt: 1.000 Euro am 1. Mai 2023 und 1.000 Euro am 1. MĂ€rz 2024; Auszubildende erhalten jeweils die HĂ€lfte des Betrags. Die Einigung sieht eine 24Âmonatige Laufzeit vor.
Der neue Tarifvertrag in der Papier, Pappe und Kunstsoff verarbeitenden Industrie sorgt fĂŒr zwei Jahre Planungssicherheit.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit zwei Urteilen vom 20. Dezember 2022 die Hinweisobliegenheiten fĂŒr Arbeitgeber im Zusammenhang mit UrlaubsansprĂŒchen der BeschĂ€ftigten noch einmal verschĂ€rft. FĂŒr Arbeitgeber unterstreichen die beiden Entscheidungen noch einmal die Notwendigkeit, unbedingt rechtzeitig im Urlaubsjahr jeden einzelnen BeschĂ€ftigten ĂŒber seinen zum Zeitpunkt der Unterrichtung noch bestehenden Urlaubsanspruch aufzuklĂ€ren und aufzufordern, den Urlaub bis zum Ende des Urlaubsjahres zu nehmen. Dies sollte aus GrĂŒnden der Nachweisbarkeit zumindest in Textform geschehen. Einen konkreten Zeitpunkt, bis
Tipp
âWenn Sie Anfang des Jahres ein Hinweisschreiben in Textform aufsetzen und ĂŒber UrlaubsansprĂŒche und deren Verfall informieren, sind Sie auf der sicheren Seiteâ, sagt Alexander Koch. âWie immer gilt: Bei Detailfragen kontaktieren Sie unsere Verbandsjuristen, wir unterstĂŒtzen.â
zu dem die Unterrichtung zu erfolgen hat, nennen weder die beiden aktuellen Entscheidungen noch die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts zur Hinweisobliegenheit in der Vergangenheit. Da es aber der Sinn der AufklĂ€rung ist, die Arbeitnehmenden in die Lage zu versetzen, ihren Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub tatsĂ€chlich auszuĂŒben, ist jeder Arbeitgeber gut beraten, die Unterrichtung so frĂŒh wie möglich, zumindest aber im ersten Quartal des Kalenderjahres durchzufĂŒhren.
Anders als bisher angenommen muss diese Unterrichtung wohl nicht nur auf die Fristen zum Verfall des Urlaubs hinweisen, sondern auch auf die dreijĂ€hrige VerjĂ€hrungsfrist und deren Beginn am Ablauf des Urlaubsjahres. Da das Thema der VerjĂ€hrung bisher noch nicht im Vordergrund richterlicher Entscheidungen stand, ist davon auszugehen, dass nur wenige Unternehmen in ihren Hinweisen diesen Punkt mit aufgenommen haben. Personalabteilungen mĂŒssen daher unter allen UmstĂ€nden in diesem Fall die Hinweise ergĂ€nzen, um zu verhindern, dass ein Verfall oder eine VerjĂ€hrung nicht genommenen Urlaubs im laufenden ArbeitsverhĂ€ltnis nicht eintreten kann.
ARBEITSRECHT: ARBEITSZEITERFASSUNG
Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts im Juni 2022 sind Arbeitgeber verpflichtet, die Arbeitszeiten ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu erfassen. Dabei mĂŒssen die Arbeitszeiten so dokumentiert werden, dass die Einhaltung der zulĂ€ssigen Höchstarbeitszeiten, Pausenregelungen und Ruhezeiten ĂŒberprĂŒft werden kann. Die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung gilt grundsĂ€tzlich fĂŒr alle Arbeit nehmerinnen und Arbeitnehmer, unabhĂ€ngig davon, ob sie Vollzeit, Teilzeit oder in flexiblen Arbeitszeitmodellen arbeiten. Auch fĂŒr HomeofficeÂArbeit besteht eine Verpflichtung zur Erfassung der Arbeitszeit. Das Urteil fĂŒhrt bislang nicht dazu, dass VerstöĂe gegen die Aufzeichnungspflicht sanktioniert werden können. âDer Gesetzgeber ist aller dings dabei, das Arbeitszeitgesetz zu ĂŒberarbeiten. Dort soll es dem Vernehmen nach neben âExperimentierrĂ€umenâ auch neue Regelungen zur mobilen Arbeit und flexiblere Regelungen bspw. zur Ruhezeiten geben. Auch wird die Arbeitszeiterfassung eine zentrale Rolle spielen sollenâ, erklĂ€rt Verbandsjurist Alexander Koch.
Auch wenn das BAG-Urteil fĂŒr Unruhe gesorgt hat: Derzeit gibt es keine Vorgaben, wie Unternehmen die Arbeitszeit zu erfassen haben. âSie können jederzeit fĂŒr Ihr Unternehmen passende Regelungen mit dem Betriebsrat vereinbaren und âVorarbeit leistenâ. Oder aber Sie warten, bis die GesetzesĂ€nderungen im Arbeitszeitgesetz einschlĂ€gig werdenâ, so Alexander Koch.
ARBEITSWIRTSCHAFT
FĂŒr Gesundheit begeistern â das hat sich ein junges Netzwerk in Herne zum Ziel gesetzt. Dort haben sich mehrere Unternehmen und unterstĂŒtzende Institutionen zum Netzwerk âGesundheit verbindet Bertriebeâ zusammengeschlossen. Die Arbeit beruht auf zwei SĂ€ulen: der UnterstĂŒtzung und dem gegenseitigen Austausch auf der Ebene des betrieblichen Gesundheitsmanagements sowie der gemeinsamen Arbeit auf Ebene der Gesundheitsförderung. Warum das Ganze? Das betriebliche Gesundheitsmanagement von klein und mittelstĂ€ndische Unternehmen steht hĂ€ufig vor der Herausforderung, passgenaue und zielgruppenspezifische Angebote fĂŒr ihre BeschĂ€ftigten zu schaffen. Die gewĂŒnschte Teilnahmequote und Nachhaltigkeit wird hĂ€ufig nicht erreicht. Dabei beschĂ€ftigen kleinere Betriebe zwar weniger Menschen, aber die Belastungen gleichen denen in GroĂbetrieben oder ĂŒbersteigen sie sogar. Ziel ist es, diese HĂŒrden gemeinsam zu ĂŒberwinden.
âAls UnterstĂŒtzer helfen wir mit unserem KnowÂhow und stellen unser Netzwerk beim Thema Gesundheitsmanagement zur VerfĂŒgung. Jedes Unternehmen muss hier seinen eigenen Weg finden, kann sich aber links und rechts gelingende MaĂnahmen abschauenâ, so Verbandsingenieur Martin Fityka. Im Tandem mit den Verbandsjuristen treten die AGVÂExperten so als Ideengeber mit unterschiedlichen Blickwinkeln auf.
Einen strukturierten und systematischen Prozess der Leistungsbeurteilung aufsetzen â klingt kompliziert, ist aber machbar. Diese Erfahrung hat Verbandsingenieur Martin Fityka in einem Mitgliedsunternehmen der chemischen Industrie gemacht. Gemeinsam mit der GeschĂ€ftsfĂŒhrung und dem Betriebsrat entwickelte er ein umfassendes Konzept zur Leistungsbeurteilung. Allerdings nicht, um nach entsprechenden Ergebnissen Leistungen monetĂ€r abzugelten, sondern als Steuerungsinstrument fĂŒr die FĂŒhrungskrĂ€fte im Unternehmen.
âMit dem neu entwickelten Kriterienkatalog können die FĂŒhrungskrĂ€fte das Verhalten, die âsoft skillsâ der BeschĂ€ftigten beurteilen. Zudem kann beispielsweise die Arbeitsweise â selbstĂ€ndig, ohne Anleitung, Transfer von theoretischem Wissen in die Praxis â bewertet und mit der Erwartungshaltung bzw. dem im Unternehmen geltenden MaĂstab abgeglichen werden. âDieses gepaart mit einer FeedbackÂKultur mĂŒndet in einer neuen FĂŒhrungskultur im Unternehmen.
Und der besondere Vorteil: das System ist ĂŒbergreifend einsetzbar und nicht auf einen starren Arbeitsplatz bezogenâ, erklĂ€rt Martin Fityka, der aufgrund seiner Expertise das Wissen aus andere Branchen einbringen konnte. Wer ein Ă€hnliches Konzept im Unternehmen einfĂŒhren möchte, kann sich vertrauensvoll an Martin Fityka wenden.
Leistungsbeurteilung
strukturiert und systematisch
ARBEITSWIRTSCHAFT
In kleinen und groĂen Arbeitsgruppen erarbeiteten sich die Auszubildenden neues Können, das sie in der Ausbildung nutzen können.
âĂbernehmt Selbstverantwortung und Selbstmanagement. Kommt raus aus dem Meckerbereich und werdet Gestalter Eurer UmstĂ€nde.â
JANE OBERLE
Wie ein Sprung ins kalte Wasser. So fĂŒhlt sich der Start der Ausbildung fĂŒr viele jungen Menschen an. Von klaren, geregelten Strukturen mit einem festen Stundenplan hin zu selbstorganisiertem Alltag und selbststĂ€ndiger Arbeit.
Um in der âneuen Weltâ besser anzukommen, haben die ArbeitgeberverbĂ€nde Ruhr/Westfalen einen AzubiÂTag eingefĂŒhrt. Auszubildende vor allem kleinerer Mitgliedsunternehmen fanden den Weg nach Bochum, um elementare Dinge ĂŒber die Rechte und Pflichten in der Ausbildung zu erfahren. Aber auch, um sich der eigenen Rolle bewusst zu werden, ĂŒber die eigene Kommunikation mit Vorgesetzten nachzudenken und um möglichst effizient neue Ausbildungsinhalte zu verarbeiten. Jane Oberle, Trainerin des Next Talents e. V. aus DĂŒsseldorf, fĂŒhrte durch den
Tag, animierte die Teilnehmenden dazu, aus der eigenen Komfortzone zu kommen und sich in der Gruppe einzubringen. Heraus kamen neue (Selbst ) Erkenntnisse, neue âsmarte Zieleâ und eine ganz andere Körpersprache. Und weil das Interesse der Mitglieder bei der Premiere so groĂ war, organisierte Brita Granica, beim AGV zustĂ€ndig fĂŒr die Themen Bildung und Nachwuchssicherung, gleich zwei A zubiÂTage mit je rund 20 Teilnehmenden. Und auch in den kommenden Jahren sollen die AGVÂAzubiÂTage fortgefĂŒhrt werden.
Links: Lars Bergmann, Arbeitsrechts-Experte der ArbeitgeberverbÀnde, brachte den Azubis ihre Rechte und Pflichten wÀhrend der Ausbildung nÀher.
Rechts: Jane Oberle fĂŒhrte durch den Azubi-Tag.
In unserem Kreis der Ausbildungsverantwortlichen tauschen wir uns regelmĂ€Ăig zu Themen rund um die betriebliche Ausbildung aus. In mindestens zwei Treffen âvor Ortâ sind wir bei Mitgliedsunternehmen zu Gast, lernen die dortige Ausbildung kennen und kommen zu praxisrelevanten Fragen ins GesprĂ€ch. Der Austausch untereinander und das Lernen voneinander prĂ€gen dieses Netzwerk. Sie haben Interesse an einem der kommenden Treffen? Sprechen Sie uns an!
Eine Plattform, die fĂŒr mein Unternehmen passende Auszubildende empfiehlt. Die bereits von anderen Unternehmen vorgetestet und fĂŒr gut befunden wurden. âMĂŒsste man erfindenâ, kommt einem in den Sinn. âIst erfundenâ, nennt sich Ausbildungsradar und ist ein Angebot der ArbeitgeberverbĂ€nde Ruhr/Westfalen exklusiv fĂŒr die rund 420 Mitgliedsunternehmen.
Die GrundÂIdee: WĂ€hrend manche Unternehmen noch nach Auszubildenden suchen, haben andere Unternehmen mehr geeignete Bewerber als AusbildungsplĂ€tze. Dieses Ungleichgewicht sorgt dafĂŒr, dass gute und ambitionierte Talente verloren gehen. Mit der Plattform können qualifizierte Bewerber an andere Mitgliedsunternehmen weiterempfohlen werden. Unternehmen, die qualifizierten Kandidaten kapazitĂ€tsbe d ingt absagen mĂŒssen, können diese nun in die Talentsharing Plattform Ausbildungsradar empfehlen. Unternehmen, die wiederum noch dringend Bewerber suchen, können mit den bereits getesteten Talenten Kontakt aufnehmen. Dann können die Bewerber einen verkĂŒrzten Bewerbungsprozess durchlaufen, wovon schlieĂlich alle profitieren. Entwickelt wurde die Plattform vom start  up stafftastic GmbH in Fulda. UrpsĂŒrnglich konzipiert fĂŒr den Chemie  A rbeitgeberverband in Hessen ist die Plattform bereits bundesweit
in vielen ChemieÂSchwesterverbĂ€nden im Einsatz. âWir haben uns entschieden, den Ausbildungsradar fĂŒr alle vier VerbĂ€nde unserer BĂŒrogemeinschaft zu öffnen. Die kaufmĂ€nnischen und viele gewerbliche Ausbildungsberufe sind ĂŒber Branchengrenzen hinweg nahezu identischâ, erklĂ€rt Dirk W. Erlhöfer, HauptgeschĂ€ftsf ĂŒhrer der A rbeitgeberverbĂ€nde Ruhr/Westfalen die BeweggrĂŒnde. Die Plattform lebt vor allem vom Mitmachen. Aktuell sind rund 40 Mitgliedsunternehmen im Ausbildungsradar registriert. âWir haben noch Luft nach obenâ, findet Erlhöfer und appelliert an alle Ausbildungsbetriebe: âDie Registrierung dauert wenige Minuten, die Einbindung in bestehende Bewerberprozesse ist denkbar einfach und bei der Einrichtung unterstĂŒtzen wir unsere Mitglieder. Zudem ist die Nutzung fĂŒr Mitgliedsbetriebe kostenfrei. Es gibt eigentlich keinen Grund, nicht beim Ausbildungsradar mitzumachen.â
40 Mitglieder haben sich bereits fĂŒr den Ausbildungsradar entschieden. 16 junge Bewerberinnen und Bewerber sind dort mittlerweile weiterempfohlen worden. Bequem: mit eingerichteter Hintergrundsuche wird der Nutzer automatisch ĂŒber weiterempfohlene, fĂŒr das eigene Unternehmen passende Bewerberinnen und Bewerber informiert. ausbildungsradar.de/ruhr-westfalen
In einem kompakten Video wird der Ausbildungsradar und seine einfache Anwendung im Betrieb erklÀrt: ausbildungsradar.de/ruhr-westfalen/fuer-unternehmen#video
âWir haben uns entschieden, den Ausbildungsradar fĂŒr alle vier VerbĂ€nde unserer BĂŒrogemeinschaft zu öffnen. Die kaufmĂ€nnischen und viele gewerbliche Ausbildungsberufe sind ĂŒber Branchengrenzen hinweg nahezu identisch.â
16 AGV RUHR/WESTFALEN KURZ BERICHTET
ArbeitgeberverbÀnde Ruhr/Westfalen Perspektive 2003 2004 2005 2006 2007 20 2013 2014 2015 2
AGV Ruhr/Westfalen Perspektive 2012 ArbeitgeberverbÀnde Ruhr/Westfalen Perspektive 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Königsallee 67 44789 Bochum Fon: 0234 88 77-0 Fax: 0234 5 88 77-70 www.agv-bochum.de
196.000 zuvor 216.000 ArbeitsplÀtze verloren.
15 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 RUHR WESTFALEN
dominieren. FĂŒr WĂ€hler vermischen sich auch internationale Ereignisse mitentschieden. Der Kanzlerkandidat der Bundes-SPD kommt gebĂŒrtig aus NRW. Auch der letzte Kanzlerkandidat der SPD in NRW und war von 2002â2005 sogar MinisterprĂ€siSteinbrĂŒck-Bonus fĂŒr die SPD in NRW gemessen werden. Auch SteinbrĂŒck startete mit ĂŒberbordenden 13 Perspektive 2017 Sie haben die Wahl.
mit Siegmar Gabriel. Fakt ist: Strauchelt Kraft in NRW, dann ist die Bundestagswahl fĂŒr die SPD bereits im Mai verloren. Martin Schulz wirkt auf Zuhörer wie ein vertrauter Basislager der Demokratie, die Politik vor Ort, hat Im Blick auf die Bundespolitik verfĂŒgt der spĂ€tere Langzeit-EU-Parlamentarier ĂŒber den Charme des Anti-Etablierten. Er hatte Perspektive 2016 Faszination Höchstleistung
die 2005 zunĂ€chst NRW an eine schwarz-gelbe Koalition verlor und anschlieĂend auch die vorfristig angesetzte Bundestagswahl. prominent vertreten, ist doch Martin Schulz als SPDder SPD in NRW auf Platz eins fĂŒr den Deutschen Bundestag zieren. Den Namen der Kanzlerin sucht man hier hingegen vergeblich. Sie hat ihren Wahlkreis in Mecklenburg-Vorpommern und fĂŒhrt dort auch die Landesliste an. Das ist keine Randnotiz. Denn mittâLayout-WĂ€hlerâ bekannt. Sie machen die StimmabhĂ€ngig: Wer hier oben steht, wird deutlich eher angekreuzt als weiter unten Platzierte. Das ist sicher SPD in NRW, die zunĂ€chst aber dem Landtagswahltag WofĂŒr steht Schulz inhaltlich? Martin Schulz verschafft der NRW-SPD im LandtagsstĂ€rkste Fraktion im DĂŒsseldorfer Landtag bringt, ist jedoch unklar. Aber Personen machen gerade im Wahlkampf einen besonderen Unterschied. Wer ist fĂŒhrt zu besonderer Aufmerksamkeit. Sie ist die PrĂ€senz keine Mobilisierung. Anders wĂ€ren die vielen Wahlplakate auch nicht zu erklĂ€ren, die einige âFĂŒr WĂ€hler vermischen sich zudem immer mehr die Ebenen der Wahl. So wird auch in DĂŒsseldorf viel stĂ€rker als frĂŒher im Bewusstsein der WĂ€hler ĂŒber Berlin oder auch internationale Ereignisse mitentschieden.â
Er sollte ein Medium werden, dass die vielfĂ€ltigen Leistungen des Verbandes in der gesamten Breite vom Arbeitsrecht ĂŒber die Bildungsarbeit bis zur Arbeitswirtschaft abbildet, dabei einen Ausblick auf Chancen und Herausforderungen gibt sowie Tipps integriert. So war auch der Name fĂŒr das neue Medium schnell gefunden, erinnert sich Dirk W. Erlhöfer: âDer Begriff âPerspektiveâ setzte fĂŒr uns den Fokus auf die Zukunft, auch wenn sich ein Teil des Berichts mit dem jeweils abgelaufenen GeschĂ€ftsjahr beschĂ€ftigt.â
Themen: Von Höchstleistungen bis Zufriedenheit
Die Entstehung jeder einzelnen Ausgabe ist mit Respekt, Freude und Stolz verbunden, beschreibt AGVÂPressesprecher
Alexander FĂŒten die Arbeit an dem Jahresbericht: âJedes Jahr ist unser Ziel, eine groĂartige Ausgabe auf die Beine zu stellen.
Davor haben wir stets groĂen Respekt, denn es gilt, eine Klammer um die Berichtsthemen zu finden, diese um passende Inhalte mit Mehrwert zu ergĂ€nzen und das ganze auch noch visuell attraktiv und zur Klammer passend zu gestalten.â So gehörten zu den ThemenÂK lammern unter anderem Höchstleistungen der AGVÂMitgliedsunternehmen 2016, das groĂe Wahljahr 2017 mit Wahlen in Bund und NRW oder unsere MitgliederZufriedenheitsumfrage 2019. FĂŒten: âEs ist dann immer wieder eine groĂe Freude, die Klammer und den inhaltlichen Spannungsbogen gefunden zu haben.â
Entwicklung zum Magazin-Charakter
Und auch visuell hat die Perspektive ĂŒber die Jahre immer wieder eine Auffrischung erfahren. FĂŒten: âDer Gestaltungsraster, die Typografie und die Bilder sind heute viel luftiger angelegt.
Die AGV Perspektive: Seit der ersten Ausgabe 2004 inhaltlich und visuell stetig weiterentwickelt.
Wir spielen zum Teil mit Typografie und FarbflĂ€chen, haben schnell erfassbare Grafiken und Cartoons integriert. So werden die Seiten optisch spannend und laden zum Lesen ein. Aber trotz aller Weiterentwicklung immer im Look & Feel des AGV.â Im Laufe der Jahre hat sich die Perspektive so von einem klassischen GeschĂ€ftsbericht hin zu einem MagazinÂC harakter entwickelt. âAm Ende der langen Arbeitsphase mit Konzeption, Text, Bildwelt, Layout, Abstimmung und letztendlich Produktion steht dann fĂŒr das gesamte PerspektiveÂTeam vor allem eins: Der Stolz, wieder eine besondere, attraktive Ausgabe auf die Beine gestellt zu haben. So bleibt uns dann noch eine Botschaft an die Leserinnen und Leser: Viel Freude und gute Erkenntnisse bei der LektĂŒre.
âDirekt, schnell, komfortabelâ â so kennen unsere Mitglieder unser Extranet âAGVÂNetâ. In unserem OnlineÂPortal bieten wir eine exklusive Wissensdatenbank fĂŒr mit allen aktuellen Rundschreiben, Arbeitshilfen, Vertragsmustern, Veranstaltungshinweisen und Umfragen.
Im Dezember 2022 ist âDas neue AGV-Netâ online gegangen. Wir haben unsere Plattform nicht nur optisch modernisiert, sondern dem Nutzerverhalten weiter angepasst und eine optimierte Suchfunktion hinzugefĂŒgt. Mit der Suche nach einschlĂ€gigen Begriffen finden die Nutzer so die Information, die sie benötigen, noch schneller und noch komfortabler. Neben den aktuellen Rundschreiben stehen in den verschiedenen Kategorien in gewohnter Weise Arbeitshilfen und Vertragsmuster zur VerfĂŒgung. Auch Anmeldungen zu unseren Veranstaltungen und Seminaren sind mit wenigen Klicks möglich. Erhalten bleibt zudem unser tĂ€glicher AGVNewsletter, der unsere Mitglieder ĂŒber alle tagesaktuellen Rundschreiben informiert. Benefit fĂŒr unser Haus: die Administration lĂ€uft mittlerweile komplett papierlos, alle internen Arbeitsprozesse wurden digitalisiert. Gleiches gilt fĂŒr das Veran
staltungsmanagement.
Arbeitshilfen
Vertragsmuster
alle aktuellen Rundschreiben
Veranstaltungshinweise
Umfragen
Das AGV-Net in neuem Look. Modern, ĂŒbersichtlich und funktional.
âDer Begriff âPerspektiveâ setzte fĂŒr uns den Fokus auf die Zukunft, auch wenn sich ein Teil des Berichts mit dem jeweils abgelaufenen GeschĂ€ftsjahr beschĂ€ftigt.âDIRK W. ERLHĂFER
âWenn die BeschĂ€ftigten ihre Rollen ausleben und dabei Verantwortung ĂŒbernehmen.â
âEin Arbeitsumfeld schaffen, in dem Mitarbeiter selbstbestimmt und mit einem tieferen Sinn arbeiten und wo die Interessen des Unternehmens mit den Interessen des Mitarbeiters bestmöglich in Einklang stehen.â Diese Antwort spuckt das Internet aus, fragt man es nach dem Begriff und dem Ziel hinter âNew Workâ. Frank Hammermeister wĂŒrde das genauso bestĂ€tigen. Er hat aber noch viel mehr zu erzĂ€hlen und erklĂ€rt im Interview, wie er und sein Team der Versandmanufaktur in Witten Arbeit neu denken und neu organisieren.
Herr Hammermeister, Sie haben in Ihrem Unternehmen in den vergangenen fĂŒnf Jahren die Arbeitsweise radikal umgestellt. Können Sie in wenigen Worten Ihre BeweggrĂŒnde erklĂ€ren?
Unser neues Denken ist aus der Not heraus entstanden. Wir waren sehr unzufrieden damit, auf neue UmstĂ€nde nur reagieren zu können, statt selbst zu agieren. Unser LogistikÂGeschĂ€ft ist geprĂ€gt von der SpontanitĂ€t des OnlineÂHandels mit tĂ€glich wechselnden Bestellspitzen. Dementsprechend sind wir hohen Schwankungen unterworfen. Unsere Entscheidungswege mit Gruppenleitern, Abteilungsleitern und der GeschĂ€ftsleitung waren zu lang und zu trĂ€ge, um dem gerecht zu werden.
Was haben Sie aus dem damaligen Status quo abgeleitet?
Kurz und knapp: Die Verantwortung fĂŒr das TagesgeschĂ€ft gehört an die Basis. 2017 mit damals 60 Mitarbeitern haben wir begonnen, die Verantwortlichkeiten nicht mehr entlang der Prozesskette, sondern auf Kunden bzw. Mandantenebene in
Teams zu regeln. Wo frĂŒher Details mit Abteilungsleitern und GeschĂ€ftsfĂŒhrung abgestimmt werden mussten, sind heute die einzelnen Teams mit den jeweiligen Teambetreuern â der Begriff ist bewusst gewĂ€hlt, denn der Teambetreuer unterstĂŒtzt das Team im Sinne eines Coaches und steuert nicht primĂ€r die Prozesse â verantwortlich fĂŒr einen eigenen Mandantenkreis. Sie organisieren ihre Arbeit selbststĂ€ndig. Das ĂŒbergeordnete Ziel lautet: Ein schneller und guter VersandÂService fĂŒr unsere Mandanten. Wir haben es geschafft, genau dieses Ziel in die Köpfe unserer BeschĂ€ftigten zu implementieren. Alle gemeinsam sind fĂŒr dieses Ziel verantwortlich und jeder trĂ€gt seinen Teil dazu bei.
Gab es zum Start dieses VerĂ€nderungsprozesses ein ĂŒbergeordnetes Ziel?
Wie eingangs gesagt, wollten wir von der Reaktion zur Aktion kommen. NatĂŒrlich wollten wir schneller und wirtschaftlicher werden â und im Sinne der QualitĂ€t besser. Montags morgens sind wir hĂ€ufig immer noch Getriebene mit sehr vielen neuen OnlineÂBestellungen, wir haben aber immense Fortschritte gemacht. Die Teams arbeiten heute sehr souverĂ€n. Mein Sohn Florian und ich haben uns als CoÂGeschĂ€ftsfĂŒhrer zu 95 % aus dem TagesgeschĂ€ft zurĂŒckziehen können. Wir wissen: Unsere Teams packen das.
Das setzt viel Vertrauen voraus.
Vertrauen ist aus Unternehmersicht das A und O. Ohne geht es nicht. Ich habe schon immer gut âloslassenâ können, habe mich mit starken Menschen umgeben, die im Zweifel auch mehr wissen als ich. Projektmanagement ist, was mir liegt. Als Unternehmer haben wir unseren BeschĂ€ftigten einen Rahmen an die Hand gegeben, in dem sie eigenverantwortlich handeln können. Diesen Rahmen muss ich möglichst stabil bauen und der Mitarbeiter muss darauf vertrauen können, sich in diesem Rahmen frei bewegen zu können. AuĂerhalb des Rahmens ist zum Beispiel UnpĂŒnktlichkeit. Wer zu spĂ€t kommt, lĂ€sst sein Team im Stich, ein âNoÂGoâ bei uns.
âKurz und knapp: Die Verantwortung fĂŒr das TagesgeschĂ€ft gehört an die Basis.â
FRANK HAMMERMEISTER
Die Mitarbeitenden kennen genau ihre Rollen und arbeiten auf dieser Basis selbststĂ€ndig. Das sorgt fĂŒr eine höhere Effizienz und mehr Zufriedenheit.
Das TagesgeschÀft im Fulfillment ist in Hochzeiten mitunter sehr eng getaktet. Speziell in diesen Phasen hilft die Entscheidungsfreiheit der Mitarbeitenden, flexibel und schnell auf plötzlich entstehende Anforderungen zu reagieren.
Versandmanufaktur GmbH, Witten Mit ĂŒber 140 Mitarbeitenden bietet die Versandmanufaktur hochprofessionelles Fulfillment fĂŒr Online-Shop-Betreiber. Das Leistungsspektrum reicht von klassischen Lager-, Kommissionierungsund VersandtĂ€tigkeiten inklusive des anspruchsvollen Retourenmanagements bis hin zur Individualisierung und Veredelungen von Waren. Zu letzteren zĂ€hlen Beispielweise die Montage von Komponenten, personalisierte Lasergravuren oder personalisierte handschriftliche GruĂkarten.
Sie als Unternehmer haben viele Freiheitsgrade gewonnen und können sich um Themen wie Personalentwicklung, Unternehmensstrategie etc. kĂŒmmern. Welche Vorteile sehen Sie bei Ihren Mitarbeitern?
Der gewerbliche Mitarbeiter, der aus anderen Unternehmen zu uns findet, ob Seiteneinsteiger oder die gelernte Fachkraft fĂŒr Lagerlogistik, kommt oft aus einer klassischen BefehlsempfĂ€ngerÂMentalitĂ€t. So arbeiten wir aber nicht. Wer nur eintönige Arbeiten verrichtet und stark fremdbestimmt ist, wird nicht glĂŒcklich in seinem Tun. Unser Ansatz ist: in den einzelnen Teams bestimmen die Kolleginnen und Kollegen untereinander, wer welche TĂ€tigkeit ausĂŒbt. Wer im Lager viel gelaufen und kommissioniert hat, wechselt zur Verpackung in eine TĂ€tigkeit am Platz. Zudem haben unsere einzelnen Teammitglieder im Blick, wenn sich in der Prozesskette ein Flaschenhals bildet und unterstĂŒtzen an genau dieser Stelle. Sie ĂŒbernehmen Verantwortung fĂŒr das eigene Team und fĂŒr das groĂe Ganze. Dieses Mindset haben wir mittlerweile in die Belegschaft pflanzen können und merken: Die BeschĂ€ftigten sind zufriedener in ihrem Tun. Und nur so funktioniert es auch.
Die BeschĂ€ftigten identifizieren sich offensichtlich mit ihrer Rolle im Unternehmen. Wie setzen Sie Impulse, dass die Motivation oben bleibt. Dass also bei einem Flaschenhals nicht einfach langsamer gearbeitet wird sondern sich unterstĂŒtzt wird?
Ich kann das gar nicht richtig beschreiben, ich weiĂ nur: die Motivation ist da. Es ist den Kolleginnen und Kollegen nicht egal, wenn Nachschub im Lager fehlt und die Kommissionierer âauf dem Trockenen sitzenâ. Erst kĂŒrzlich sprach ich genau darĂŒber mit einem Mitarbeiter. Seine Lösung: Er möchte einen Staplerschein machen und kĂŒnftig an dieser Stelle unterstĂŒtzen. Dieses GefĂŒhl ist groĂartig, wenn die BeschĂ€ftigten aus ihrer Rolle heraus mitdenken und LösungsansĂ€tze gleich mitliefern. Der Kollege wird also demnĂ€chst eine GabelstaplerÂSchulung erhalten.
Die Identifikation ist ein wichtiger Treiber. Mit dem Unternehmen, mit den zu betreuenden Kunden. Wie stÀrken Sie diese Identifikation?
ZunĂ€chst sind die einzelnen Teams â bestehend aus fĂŒnf bis 18 K olleginnen und Kollegen â in der Regel fĂŒr nur zwei bis acht Kunden zustĂ€ndig. Eine ĂŒberschaubare GröĂe also. Wir haben hier noch einen âGroĂfamilieneffektâ. Die Teammitglieder kennen sich untereinander und die Eigenarten der zu betreuenden Mandanten. Das sorgt bereits fĂŒr eine hohe Identifikation. Wir spielen zudem Bewertungen der OnlineÂShopper â also der Kunden unserer Kunden â aus dem Internet in die Teams. Positives Feedback und Reaktionen der Endkunden in den sozialen Medien sind direkte WertschĂ€tzung fĂŒr unsere A rbeit. Zudem erlebe ich bei dem Thema gerade einen ganz neuen Transformationseffekt: Ich bin mittlerweile soweit raus
âDieses GefĂŒhl ist groĂartig, wenn die BeschĂ€ftigten aus ihrer Rolle heraus mitdenken und L ösungsansĂ€tze gleich mitliefern.â
aus dem TagesgeschĂ€ft, dass ich die QualitĂ€t der geleisteten Arbeit eines Einzelnen im Team nicht mehr ehrlich wertschĂ€tzen kann. Das habe ich auch so kommuniziert. WertschĂ€tzung fĂŒr die tĂ€gliche Arbeit dĂŒrfen unsere Mitarbeiter nicht mehr von der GeschĂ€ftsleitung erwarten, denn das wĂ€re geheuchelt. Ich kann nicht mehr abschĂ€tzen, wann die Teams gute Arbeit leisten.
Ein schwieriger Effekt fĂŒr Sie?
Ein StĂŒck weit schon. Aber das Team kann sich heute selber feiern! Die Teambetreuer ersetzen an dieser Stelle als Unternehmensvertreter die GeschĂ€ftsleitung und können â da sie dicht an und in ihren Teams wirken â genau diese Aufgabe der ehrlichen WertschĂ€tzung hervorragend ĂŒbernehmen.
Welchen Tipp haben Sie fĂŒr Unternehmer, die sich auf einen Ă€hnlichen Weg begeben möchten?
Das Wichtigste: man muss auf diesem Weg viel in eine gute Fehlerkultur investieren. Wir haben auch viel experimentiert, viele MaĂnahmen getestet und wieder verworfen. Sehr hilfreich ist zudem der Blick von auĂen. Der Austausch mit anderen gleichgerichteten Unternehmen sowie eine methodische Begleitung waren elementar. Die einzelnen MaĂnahmen und Prozesse haben wir so lange eng begleitet, bis sie etabliert waren. Und: Sobald das der Fall ist, muss man als GeschĂ€ftsfĂŒhrer auch loslassen können.
FRANK HAMMERMEISTERDer erste Schritt als Unternehmer ist also, sich klarzumachen: Was kann ich? Was kommt auf mich zu?
Nein, das glaube ich nicht. Man kann sich den Weg an sich nicht vorstellen. Das ist illusorisch. Wenn ich vorher gewusst hĂ€tte, wie steinig der Weg ist, wĂ€re ich deutlich demotivierter an die Sache herangegangen. Eine GrundnaivitĂ€t hat uns gutgetan. Man sollte eine Vision davon haben, wie man arbeiten möchte, aber keinen konkreten Weg skizzieren. Es kommt eh anders, als man denkt. Das ist fĂŒr methodisch denkende und stringent arbeitende Menschen unbefriedigend. Es gibt aber zu wenig empirische Daten, die man auswerten könnte. Das ist eben âNew Workâ.
Dieser Text steht anstelle der Manuskriptfassung. Er hat inhaltlich keinerlei Beziehung zu Dieser Text steht anstelle der Manuskriptfassung.
âDas Wichtigste: man muss auf diesem Weg viel in eine gute Fhlerkultur investieren.â
Dipl.-Ing. Frank Hammermeister machte sich 1997 mit einem Beratungsunternehmen fĂŒr Prozessoptimierung in der Intralogistik selbststĂ€ndig, aus dem heraus die Versandmanufaktur GmbH entstanden ist. Bis heute liegt sein Fokus auf der Optimierung logistischer GeschĂ€ftsprozesse. Die Erkenntnis, dass Prozesse nur dann funktionieren, wenn die darin involvierten Menschen mit innerer Ăberzeugung daran mitarbeiten, hat ihn 2017 zur awisu* gebracht, deren Aufsichtsratsvorsitzender Frank Hammermeister heute ist.
* Der awisu Think-and-Do-Tank (www.awisu.de) ist eine gemeinnĂŒtzige Genossenschaft, deren Thema die zukunftsfĂ€hige Gestaltung von Zusammenarbeit in Unternehmen ist. Mitglieder sind mittelstĂ€ndische Unternehmerinnen und Unternehmer unterschiedlichster Branchen, die sich hier zum Austausch zu neuen Formen der Arbeit treffen.
Ein bisschen Automatisation, eine Prise Digitalisierung, eine Ausweitung der Betriebszeit bei gleichbleibendem Personaleinsatz und das Ganze gepaart mit autark arbeitenden Maschinen und der EinfĂŒhrung einer 4-Tage-Woche.
Ein Angebot, bei der Arbeitgeber und Arbeitnehmer wohl im Gleichklang âWollen wirâ antworten wĂŒrden. Genau das ist aktuell bei einem Mitgliedsunternehmen auf Vorschlag von Verbandsingenieur Dirk ZĂŒndorff im GesprĂ€ch. Die Voraussetzungen im Unternehmen sind prĂ€destiniert dafĂŒr: gleich sieben Maschinen können bis zu acht Stunden autark â lediglich mit UnterstĂŒtzung eines Roboters â arbeiten. Statt wie bisher in einem Zweischichtsystem von 6â13.30 Uhr und von 13.30â21 Uhr könnte in einem neuen System von 6â15.30 Uhr und von 15.30â01.00 Uhr die 4ÂTageÂWoche eingefĂŒhrt werden â bei gleichzeitiger Ausweitung der Produktionszeiten. Denn von 1 Uhr bis 6 Uhr kann die Maschine autark weiterlaufen.
âDie BeschĂ€ftigten hĂ€tten in diesem Modell z. T. drei aufeinander folgende Tage frei. Das muss nicht immer das klassische verlĂ€ngerte Wochenende Freitag/Samstag/Sonntag sein, sondern können auch andere Tage seinâ, erklĂ€rt Dirk ZĂŒndorff. Aktuell liegt der BetriebsvereinbarungsÂEntwurf auf den Schreibtischen der GeschĂ€ftsfĂŒhrung und des Betriebsrates. Vorteilhaft wĂ€re das Modell fĂŒr beide Seiten. âIn der aktuellen Debatte um die richtige âWorkÂLifeÂBalanceâ könnte man von einem Paradebeispiel sprechen. Die Beratungen zum Thema Flexibilisierung von Arbeitszeiten und Schichtmodellen nimmt zu, hier ist ein klarer Trend zu erkennenâ, sagt Dirk ZĂŒndorff mit Blick auf die Beratungspraxis.
Weiteres Beispiel: bei einem Logistiker im ChemieÂBereich soll ĂŒber ein Anreizsystem ein Schichtmodell auf Basis des Personalbedarfs entstehen. âDort mĂŒssen Spitzen abgedeckt und arbeitsplatzĂŒbergreifende Arbeiten verrichtet werden, je nach Arbeitsaufkommen. Den Personaleinsatz möglichst flexibel planen zu können, wird im Sinne der Effizienz immer wichtiger. Schichtmodelle können dies abdecken, mit den richtigen Anreizen â wie der 4ÂTageÂWoche â ein Gewinn fĂŒr beide Seitenâ, so ZĂŒndorff.
âDie Beratungen zum Thema Flexibilisierung von Arbeitszeiten und Schichtmodellen nimmt zu, hier ist ein klarer Trend zu erkennen.â
DIRK ZĂNDORFF
So könnte es zukĂŒnftig öfter aussehen: ein mögliches Schichtmodell in einer Vier-Tage-Woche.
âUnsere Besprechungsinseln sind bewusst nicht nur fĂŒr Meetings ausgelegt, sondern bieten unseren Mitarbeitenden die Möglichkeit, sich zum Beispiel fĂŒr Planungsaufgaben einmal vom Tagesarbeitsplatz zu lösen und so schon durch die RĂ€umlichkeit eine andere Perspektive zu erhalten.â
Henrich KleyboldtNeue WĂ€nde fĂŒr eine neue Denke? Ganz so einfach war es nicht, was die IFĂREL EMSR-Technik GmbH & Co. KG mit Sitz in Herne im vergangenen Jahr durchlebt hat. Der Umzug in eine moderne Zentrale mit offenen und doch schalldĂ€mpfenden BĂŒroflĂ€chen, kreativ gestalteten RĂŒckzugsorten und neuen digitalen Möglichkeiten der Zusammenarbeit fĂŒhrte zu einem neuen Miteinander, einem neuen Geist, einem neuen Mindset. Im Interview erklĂ€ren GeschĂ€ftsfĂŒhrer Henrich Kleyboldt und Personalleiter Patrick Wachtarz, was âneue Steineâ bewirken können.
Herr Kleyboldt, Ihr Unternehmen hat im vergangenen Jahr ein neues BĂŒrogebĂ€ude in Herne bezogen. Was können âneue Steineâ bewirken?
KLEYBOLDT: Unser altes VerwaltungsgebĂ€ude, von 1850 bis in die 1960er Jahre Wohnhaus meiner Familie, war renovierungsbedĂŒrftig, nicht mehr zeitgemÀà und einfach âverstaubtâ. Der Umzug war dringend nötig. Mit der Planung reiften gleichzeitig neue Gedanken, wie wir zusammenarbeiten möchten. Wir haben dazu interne Workshops gemacht. Mit dem Umzug ist dann endgĂŒltig ein neuer Geist entfacht worden, das wĂŒrde ich schon sagen.
WACHTARZ: Die CoronaÂZeit war auch fĂŒr uns ein Treiber. Planung, Neubau, Workshops und neue Anforderungen aufgrund der CoronaÂPandemie griffen eng ineinander. Wir haben viele interne Prozesse weiter digitalisiert, unsere Kommunikation ist
âDas neue GebĂ€ude unterstĂŒtzt uns mit seinem Möglichkeiten im Denken und Umsetzen von neuen Arbeitsprozessen.â
Patrick Wachtarzdirekter geworden. Und mit einer modernen Telefonanlage sind die Kolleginnen und Kollegen sowohl in der Zentrale als auch jene, die als Handwerker bei unseren Kunden arbeiten, jederzeit mobil erreichbar. Ob im BĂŒro, im mobilen Arbeiten oder auf der Baustelle: Es gibt im Idealfall nur noch eine Rufnummer, wir unterscheiden das nicht.
Und das trifft den Zeitgeist?
WACHTARZ: Absolut. Als Personalleiter bin ich auch mitverantwortlich fĂŒr das Recruiting. Da merken Sie: mobile Arbeit, ortsunabhĂ€ngiges Arbeiten wird bei jungen Performern als selbstverstĂ€ndlich vorausgesetzt. Dies als Mindset im Unternehmen einzufĂŒhren, ist wichtig, um als Arbeitgeber attraktiv zu sein. Die Frage: âWie erreiche ich den Kollegen jetzt?â ist bei uns obsolet. Jede und jeder ist schnell greifbar. Ăbers Telefon â oder per Mail.
FĂŒr âNew Workâ muss die richtige Infrastruktur gegeben sein? Wie schĂ€tzen Sie die aktuelle Situation ein? Sind die allermeisten Unternehmen schon soweit?
KLEYBOLDT: Als IFĂREL haben wir in den vergangenen Jahren viel investiert. Nicht nur in das GebĂ€ude, vor allem in die Menschen und in die Technik. Wir sehen uns gut aufgestellt.
WACHTARZ: Bei dem Thema spielen Datensicherheit und mobile DatenverfĂŒgbarkeit eine wichtige Rolle. Unsere Daten liegen beispielsweise auf einem zentralen Server in Herne und nicht mehr auf den Laptops unserer Kolleginnen und Kollegen im AuĂeneinsatz. Im mobilen Arbeiten habe ich die identische Arbeitsumgebung wie im BĂŒro. Wegen unserer dezentralen BaustellenÂStruktur arbeiten wir seit weit ĂŒber zehn Jahren auf diesen sogenannten âvirtuellen Rechnernâ. Unsere IT kann auf unsere Laptops zugreifen, sie bei Verlust sperren oder löschen.
âMobile Arbeit, ortsunabhĂ€ngiges Arbeiten wird bei jungen Performern als selbstverstĂ€ndlich vorausgesetzt.â
PATRICK WACHTARZ
Die âopen spacesâ der neuen Unternehmenszentrale von IFĂREL fördern die Kommunikation der Mitarbeitenden untereinander.
Dipl.-Ing. Henrich Kleyboldt stammt aus einer alteingesessenen Herner Familie, die unter anderem die Firma IFĂREL und den NWB Verlag gegrĂŒndet hat. Er hat Elektrotechnik in Darmstadt studiert und war vor seinem Einstieg in das Familienunternehmen bei SIEMENS tĂ€tig. Seit 2003 ist Henrich Kleyboldt GeschĂ€ftsfĂŒhrer des Unternehmens.
Patrick Wachtarz ist als Personalfachkaufmann IHK seit 2013 in der IFĂRELPersonalabteilung tĂ€tig. Seit 2016 ist er Personalleiter und verantwortet in dieser Funktion unter anderem die Personalentwicklung, bei der es um die strukturierte, fachliche Fortbildung wie auch um die Entwicklung der Unternehmenskultur geht.
In GesprÀchen mit Kollegen aus anderen Unternehmen kommen viele Nachfragen zu unseren konkreten Prozessen. Da merke ich: Die anderen sind meist noch nicht soweit.
Merken Sie aufgrund der genannten Punkte einen Vorteil im Recruiting?
WACHTARZ: Wir haben definitiv Benefits, mit denen wir punkten können. Das moderne BĂŒro mit âopen spacesâ, kurzen Kommunikationswegen, flexibler und mobiler Arbeit etc. In einigen Berufen ist es natĂŒrlich auch fĂŒr uns schwierig. Versuchen Sie mal, einen Elektriker zu finden. Der Markt ist praktisch leer, die Suche nach FachkrĂ€ften gestaltet sich weiter und zunehmend schwierig. Junge Arbeitssuchende werden sich zukĂŒnftig auch nicht mehr bewerben. Die mĂŒssen wir ĂŒber andere Wege finden und von uns ĂŒberzeugen.
Hatten Sie vor dem Umzug eine Vision von agiler Arbeit, ânew workâ bzw. einem neuen Miteinander?
KLEYBOLDT: Am Anfang stand der Wunsch nach mehr Kommunikation und kĂŒrzeren Wegen zwischen den Abteilungen. Wir haben in den Workshops mit Mitarbeitenden intensiv ĂŒber die Anforderungen an unsere neue Arbeitsumgebung diskutiert und den fĂŒr uns passenden Weg gefunden. Allein das gemeinsame Bekenntnis dazu fĂŒhrt ja schon zu der positiven Grundstimmung. FrĂŒher saĂen wir in sehr verwinkelten BĂŒros, die Mittagspausen wurden meist allein oder in kleinen Gruppen verbracht. Heute machen alle zusammen im Casino Mittagspause und kommen ins GesprĂ€ch. Das sorgt fĂŒr eine
neue Gruppendynamik. Diese Dynamik nutzen wir nun und arbeiten in Workshops weiter an der Frage, wie wir noch besser zusammenarbeiten können.
Und haben sich die Erwartungen erfĂŒllt?
WACHTARZ: Auf jeden Fall. Es wird offener miteinander umgegangen. Bei Problemen lief die Kommunikation abteilungsĂŒbergreifend hĂ€ufig ĂŒber den Vorgesetzten. Das war in vielen FĂ€llen langwierig und umstĂ€ndlich, weil die Vorgesetzten die Detailtiefe nicht hatten und zusĂ€tzliche Kommunikation nötig war. Das haben wir heute so nicht mehr.
KLEYBOLDT: Was das Mindset angeht: Wir nennen unseren Neubau in Herne bewusst Zentrale und nicht mehr Verwaltung. Wir verwalten hier nicht. Hier laufen alle FĂ€den zusammen. Das geht soweit, dass wir unsere zentrale Mailadresse geĂ€ndert haben. Vermeintlich kleine Dinge mit groĂer Wirkung.
Gab es zu Beginn des Weges auch Vorbehalte der BeschÀftigten?
WACHTARZ: Change ist immer mit Vorbehalten behaftet. Der Umzug wurde nicht von allen nur positiv gesehen. Wir haben aber dafĂŒr gesorgt, die Kolleginnen und Kollegen von Anfang an in den Prozess mit einzubinden. Bei VerĂ€nderungsprozessen ist das âeinfach mal machenâ hĂ€ufig das Problem. Was spricht dagegen, Arbeitsprozesse neu zu denken, auszuprobieren und auch wieder zu revidieren, wenn es sich als schlechter herausstellt? Niemand hindert einen daran.
âHeute machen alle zusammen im Casino Mittagspause und kommen ins GesprĂ€ch. Das sorgt fĂŒr eine neue Gruppendynamik. â
HENRICH KLEYBOLDT
KLEYBOLDT: Wir waren ganz bewusst mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Zentrale bereits in der Bauphase mehrmals in dem neuen GebĂ€ude und haben uns die Fortschritte angesehen. So konnte man sich gedanklich bereits mit dem eigenen neuen Arbeitsplatz anfreunden. Auch wieder eines der vermeintlich kleinen Dinge mit groĂer Wirkung.
Was auffĂ€llt: Sie haben durch die offene, glĂ€serne Bauweise viel Platz. Eine Folge der mobilen Arbeit? Oder bewusst groĂzĂŒgiger Planung?
KLEYBOLDT: FlexibilitĂ€t in der Gestaltung unserer RĂ€ume war ein weiteres wichtiges Kriterium fĂŒr unseren Neubau: schon in der Planungsphase haben sich unsere Organisation und unsere Prozesse mehrfach verĂ€ndert. Zum Beispiel haben wir jetzt keine zentrale Planungsabteilung mehr, die Planungen finden
in den Betriebsabteilungen vor Ort beim Kunden statt. So sind tatsĂ€chlich einige ArbeitsplĂ€tze leer. Ein neues Mindset bedingt aber auch, dass man viele FreiflĂ€chen und RĂŒckzugsorte erhĂ€lt. Allerdings ĂŒberlegen wir bereits, ob wir wieder enger zusammenrĂŒcken und eine Etage vermieten.
Haben Sie einen Tipp fĂŒr Unternehmer, die ihr Arbeitsumfeld, ihre Arbeitsweise umstellen möchten?
KLEYBOLDT: Bei uns waren die rĂ€umlichen VerĂ€nderungen Grundvoraussetzung fĂŒr den angestoĂenen VerĂ€nderungsprozess. Unsere BeschĂ€ftigten denken heute anders, es hat buchstĂ€blich âKlickâ gemacht. Das war unser Weg und hing vor allem mit unseren alten RĂ€umlichkeiten zusammen. Auch wenn ich davon ĂŒberzeugt bin, dass eine rĂ€umliche VerĂ€nderung und die technische Ausstattung einen ChangeÂProzess unterstĂŒtzen,
Ăber IFĂREL: Seit ĂŒber 90 Jahren erbringt IFĂREL Industrieservices von der Planung ĂŒber Montage, Inbetriebnahme bis zur Instandhaltung. Nahezu 700Â Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sorgen in der deutschen Prozessindustrie in den Bereichen der Elektro-, MSR- sowie Automatisierungs- und Prozessleittechnik fĂŒr einen reibungslosen Betrieb. Im Mai 2022 ist IFĂREL mit 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in die neue Zentrale umgezogen.
ist es aus meiner Sicht jedoch noch wichtiger, sich mit FĂŒhrung und Kommunikation im Unternehmen, mit der Kultur auseinanderzusetzen.
WACHTARZ: Bei uns haben die BeschĂ€ftigten gemerkt: Der Vorbehalt gegen den Umzug war unbegrĂŒndet, es hat alles sehr gut funktioniert und diese Erfahrung bewirkt einen anderen Umgang mit weiteren ChangeÂProzessen. VerĂ€nderung ist manchmal gar nicht schwer und tut auch nicht zwangslĂ€ufig weh.
âUnsere BeschĂ€ftigten denken heute anders, es hat buchstĂ€blich
âKlickâ gemacht.â
HENRICH KLEYBOLDT
Mit groĂer Sorge blickten die ArbeitgeberverbĂ€nde Ruhr/Westfalen mit ihren rund 420 Mitgliedern im MĂ€rz 2022 auf den Angriffskrieg Russlands in der Ukraine. Um konkrete Hilfe vor Ort und bei in der Region ankommenden FlĂŒchtlingen aus der Ukraine zu fördern, beschlossen alle vier VerbĂ€nde der BĂŒrogemeinschaft zusammen ein Spendenvolumen von 250.000 Euro. Die beiden ersten Tranchen von jeweils 50.000 Euro gingen dabei an ein ĂŒberregionales und ein regionales AktionsbĂŒndnis. âWir möchten mit den Spenden Hilfsleistungen im
Kriegsgebiet genauso unterstĂŒtzen wie FlĂŒchtlinge, die in der Region Mittleres Ruhrgebiet ankommenâ, erklĂ€rte Dirk W. Erlhöfer die BeweggrĂŒnde im MĂ€rz des vergangenen Jahres. Im Laufe des Jahres wurden so viele Initiativen, Projekte und Hilfsaktionen unterstĂŒtzt. âDas Geld ist dort angekommen, wo es benötigt wird. Bei den Menschen, die ihre Heimat verlassen mussten. Der Krieg dauert noch immer an, wir hoffen alle, dass dieses sinnlose Töten bald ein Ende hatâ, so Erlhöfer.
Der Austausch mit der Politik, vor Ort in unserem Verbandsgebiet, aber auch landes und bundesweit ĂŒber unsere Dachver bĂ€nde, sind Kern unserer Arbeit. AGVÂHaupt geschĂ€ftsfĂŒhrer Dirk W. Erlhöfer ist regelmĂ€Ăig in GesprĂ€chen zu Themen wie Tarifpolitik, So zialpolitik und allgemeinen Wirtschaftsthemen. So traf er im vergangenen Jahr unter anderem Alexander Vogt, Landtagsabgeordneter der SPD aus Herne und tauschte sich zu aktuellen The men aus.
Bereits zum 11. Mal wurde im Oktober 2022 der âFörderpreis Lehrerbildungâ verliehen, gestiftet von den ArbeitgeberverbĂ€nden Ruhr/Westfalen. Angesprochen waren Lehramtsabsolventinnen und âabsolventen der UniversitĂ€tsallianz Ruhr (RuhrÂUniversitĂ€t Bochum, TU Dortmund, UniversitĂ€t DuisburgÂEssen), die besonders praxisorientierte Masterarbeiten im Wintermsemester 2021/2022 oder Sommersemester 2022 hervorragend abgeschlossen haben. In der Förderlinie MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) erhielt Farhad Razeghpour von der RuhrÂUniversitĂ€t Bochum den Förderpreis. Er setzte sich in seiner Masterarbeit âSTACKÂAufgaben im AnalysisÂUnterrichtâ im Fach Mathematik mit computerbasierter
Gestaltung und Auswertung von Mathematikaufgaben auseinander. In der Förderlinie Geistes  und Gesellschaftswissenschaften setzte sich Alexandra Warda von der RuhrÂUniversitĂ€t Bochum durch. In ihrer Masterarbeit âDas Unsichtbare sichtbar machenâ â Das scheinbar UnregelmĂ€Ăige
regelgeleitet lehren und lernenâ lautete die zentrale Hypothese: Wenn SchĂŒler innen das PrĂ€teritum mithilfe eines Algorithmus lernen, nimmt die prozentuale Fehleranzahl bei der Bildung starker Verben ab. In einer Unterrichtsreihe mit FĂŒnftklĂ€sslern konnte Sie diese Hypothese bestĂ€tigen.
Vor 75 Jahren, genauer gesagt am 9. Januar 1948, wurde in Bochum der âWestfĂ€lische Arbeitgeberverband fĂŒr die chemische Industrie, Sitz Bochum e.V.â gegrĂŒndet. 44 Unternehmer machten sich auf den Weg ins Parkhaus im Bochumer Stadtpark, um âder stĂ€rker werdenden gewerkschaftlichen Bewegungâ nach dem zweiten Weltkrieg etwas entgegenzusetzen und die Interessen der Unternehmer zu bĂŒndeln. Nach ĂŒber sieben Jahrzehnten ist der Verband heute stĂ€rker denn je, ist mit ĂŒber 160 Mitgliedsunternehmen eine starke Stimme. Der Gewerkschaft â und der Politik â gegenĂŒber.
Eine Bierlaune war es nicht, aus der heraus 12 Unternehmer aus Bochum, Herne, Wattenscheid, Recklinghausen und Hattingen am 4. Dezember 1947 bei einem ersten Treffen beschlossen, einen gemischt gewerblichen Arbeitgeberverband grĂŒnden zu wollen. Das Treffen fand zwar in der SchlegelÂBrĂ€uGaststĂ€tte in Bochum statt, nach einigen Ăberlegungen stand jedoch das (bier )ernste Vorhaben fest: Wir grĂŒnden einen Allgemeinen Arbeitgeberverband Bochum. Also trafen sich am 10. Februar 1948 ĂŒber 30 Unternehmer im Parkhaus im Bochumer Stadtpark â und grĂŒndeten den heutigen Arbeitgeberverband RuhrÂLippe, der 2023 sein 75ÂjĂ€hriges Bestehen feiert.
RA/SyndRA
Dirk W. Erlhöfer HauptgeschĂ€ftsfĂŒhrer
RA/SyndRA
Thomas Rosenke Stellv. GeschĂ€ftsfĂŒhrer Tarif und Recht
Ass. jur. Astrid Wimmer Tarif und Recht
RA/SyndRA
RA/SyndRA, FA f. ArbR
Martin Beckschulze Tarif und Recht
Alexander Koch Tarif und Recht
RA Lars Bergmann Tarif und Recht
RAin LL.M. Juliane Imig Tarif und Recht
Dipl.-Inf. (FH)
Martin Fityka Arbeitswirtschaft
Dipl.-Ing. Dirk ZĂŒndorff Arbeitswirtschaft
Brita Granica M.A. Projektkoordination Bildung
Dipl.-Ing. Christel Hentschel Kommunikation
Digitale Medien
Dipl.-Soz.-Wiss. Alexander FĂŒten Pressesprecher Kommunikation
Wir bedanken uns bei allen ehrenamtlichen Unternehmens vertretern fĂŒr ihr Engagement.