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Kleine Sendung, großer Aufwand?
Importabwicklung
Kleine Sendung, großer Aufwand?
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Ab 1. Juli ist für Import-Sendungen mit einem Warenwert unter 22 Euro Einfuhrumsatzsteuer zu entrichten. Zudem müssen diese elektronisch beim Zoll angemeldet werden. Was müssen Unternehmen beachten?
Die Regelung war EU-ansässigen Onlinehändlern ein Dorn im Auge: Für Warensendungen aus einem Drittstaat mit einem Wert bis 22 Euro musste bisher keine Einfuhrumsatzsteuer gezahlt werden. Davon profitierten vor allem Anbieter aus dem Ausland. Und der EU entgingen jährlich Einnahmen in Millionenhöhe.
Doch mit der Steuerfreiheit dieser „Low Value Consignments“ (Kleinsendungen) ist ab Mitte des Jahres Schluss. Dann tritt die zweite Stufe des Digitalpaketes in Kraft. Damit soll einer systematischen Unterfakturierung entgegengewirkt werden. Ursprünglich sollten die Reformen der EU bereits ab Januar 2021 greifen. Wegen der Coronakrise wurde diese auf Mitte des Jahres verschoben.
Zollfreiheit bis 150 Euro bleibt bestehen
Mit dem Wegfall der 22-Euro-Grenze sind auch Unternehmen verpflichtet, Kleinsendungen beim Import elektronisch zu melden. Allerdings bleiben diese weiterhin zollfrei – und zwar bis 150 Euro.
Für Kleinstsendungen ist sogar eine Ausnahme von der Anmeldepflicht vorgesehen: Im Jahressteuergesetz 2020 ist eine neue Mindestgrenze in der Zollverordnung (§23 Abs. 1) gezogen worden, die ab dem 1. Juli 2021 gilt. „Einfuhrabgaben […] werden nicht erhoben […], wenn sie bei der Einfuhr von Sendungen mit einem Sachwert von höchstens 150 Euro weniger als 1 Euro betragen.“ Damit bleiben Importsendungen unter fünf Euro Sachwert laut dem Paragrafen zu Kleinbeträgen weiterhin von der Mehrwertsteuerpflicht befreit.
Mehrwertsteuer gesammelt entrichten
Im Dezember 2020 stellte die EU-Kommission mit dem Leitfaden „Importation and Exportation of Low Value Consignments“ UZK-konforme Wege vor, wie der hohe Anstieg an Importmeldungen gelöst werden kann. Der Leitfaden ergänzt die bestehenden Erklärungen zur Mehrwertsteuer im E-Commerce-Umfeld und konkretisiert das Modell des Import One Stop Shops (IOSS).
Der IOSS ermöglicht es Lieferanten aus Drittländern, über eine EU-weit einzige MwSt-Nummer die fällige Mehrwertsteuer in den EU-Mitgliedstaaten der jeweiligen Empfänger zu entrichten. Damit bleibt die Sendung für den Empfänger einfuhrumsatzsteuerfrei.
Dieses Modell ist nur für das B2C-Umfeld vorgesehen. Alternativ können Post- und Kurierdienste im Rahmen der „Special Arrangements“ Sendungen in direkter oder indirekter Vertretung des Empfängers anmelden. Die Mehrwertsteuer wird dann vom Empfänger an den Post- oder Kurierdienst gezahlt, die die Mehrwertsteuer monatlich gesammelt abführen.
Zollmeldungen effizient durchführen
Für die Einfuhranmeldung ist vorgesehen, dass nur ein superreduzierter Datensatz (H7) notwendig ist. Dieser muss für Sendungen bis 150 Euro nur die Daten enthalten, die zur Erhebung der Mehrwertsteuer erforderlich sind. Ausgenommen von diesem Verfahren sind verbrauchsteuerpflichtige Waren oder Sendungen, die Verboten und Beschränkungen unterliegen.
Die deutsche Zollverwaltung plant, diese AnmeldeMöglichkeit mit ATLAS-IMPOST im ATLAS Release 10.0 für die Einfuhr umzusetzen. Dies wird technisch als Webservice mit der Nachrichtenart APK (Anmeldungen von Post- und Kuriersendungen von bis zu 150 Euro) angeboten. Laut Zollverwaltung ist der Produktivbetrieb frühestens ab Januar 2022 geplant. Die Zertifizierungsphase beginnt voraussichtlich ab Oktober 2021.
Eine Lücke bleibt
Organisatorisch bleibt für Unternehmen damit eine Lücke zwischen der Umsetzung von ATLAS-IMPOST und der Verpflichtung, alle Kleinsendungen anzumelden. Hier schlägt der EU-Leitfaden Übergangsregelungen vor, denen die nationalen Behörden folgen können.
Grundsätzlich bleibt allen Beteiligten weiterhin die Möglichkeit offen, auch für Kleinsendungen eine vollständige Einfuhranmeldung abzugeben. Jedes Unternehmen, das bereits Importanmeldungen z. B. über Import Filing: ATLAS von AEB durchführt, kann dies natürlich auch für Sendungen unter 22 Euro erledigen. Alternativ wird im EU-Leitfaden vorgesehen, eine vereinfachte Zollanmeldung abzugeben. Diese Option ist in Deutschland an eine Bewilligung geknüpft und der Verpflichtung, die fehlenden Daten in einer ergänzenden Zollanmeldung monatlich an den Zoll nachzumelden.
Umsetzung konkret ab Juli 2021
Die Generalzolldirektion hat erste Informationen zu den Übergangsregelungen herausgegeben. Geplant ist, dass ATLAS Einfuhr zum 1. Juli 2021 angepasst wird. Für das ATLAS Release 9.1 ist in den technischen Nachrichten zu Einzelzollanmeldungen bereits der Hinweis auf die Meldung des IOSS vorgesehen. Außerdem wird durch die Generalzolldirektion eine Lösung außerhalb einer elektronischen Meldung angedacht. Die IHK Rhein-Neckar meldet auf ihrer Website dazu einen Workflow:
Hierzu sollen Unternehmen einzelne Sendungen in Form von sogenannten „Manifesten“ (Excellisten) bündeln und an die Zollverwaltung übermitteln. Auf Basis dieses Manifests soll dann ein zusammengefasster Abgabenbescheid erstellt werden. Die GZD bittet diejenigen Unternehmen, die ein hohes Importvolumen von Sendungen bis 22 Euro haben bzw. ab dem 1. Juli 2021 erwarten, um zeitnahe Kontaktaufnahme per E-Mail an DVA2.gzd@zoll.bund.de. Insofern sind Unternehmen je nach Aufwand gut beraten, Kontakt zur GZD herzustellen oder auf ihr zuständiges Hauptzollamt zuzugehen.
Die Autorin: Als es in Sachen ATLAS 2009 in die heiße Phase ging, ist Kerstin Ullrich zur AEB gekommen. Als Redakteurin der „AEB Community“ ist sie für praxisrelevante Neuerungen und Kundenfragen rund um Zoll und Außenwirtschaft verantwortlich.