
4 minute read
Von Datenströmen und Katzenfotos
Künstliche Intelligenz im Außenhandel
Von Datenströmen und Katzenfotos
Advertisement
Daten, Daten, Daten: Sie sind allgegenwärtig und begegnen uns im Alltag überall. Die Datenmenge erschlägt den Menschen mitunter. Nicht so die IT: Sie lebt von riesigen Datenmengen. Ein Gespräch mit Daniel Schüler über die Chancen, die in Daten und Künstlicher Intelligenz liegen – und über Zukunftsvisionen und Katzenfotos.
Ganz themen- (und corona-) konform treffe ich mich mit Daniel Schüler zum Interview digital in einer Videokonferenz. Wir reihen uns also ein in den endlosen Datenstrom, der sich täglich um den Erdball spannt.
Über das Thema Einreihen werden wir im Zusammenhang Außenhandel und Warennummern auch sprechen, denn Daniel Schüler ist Entwickler und Produktmanager beim Softwareunternehmen AEB. Sein Spezialgebiet: Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen. Seine Vision: Den Außenhandel mit Softwareprodukten noch einfacher machen. Will er dabei ganz auf den Menschen verzichten? Dazu später mehr.
Künstliche Intelligenz hat in den letzten Jahren eine wahre Renaissance erlebt. Mehrere Zettabytes an Daten werden jährlich um den Globus geschickt. Ein Zettabyte hat 21 Nullen. Für Menschen nicht mehr überschaubar – für intelligente Maschinen schon. Und notwendig. Denn damit ein künstliches neuronales Netz überhaupt funktionieren und arbeiten kann, erklärt Daniel Schüler, braucht es Daten, Daten und nochmal Daten. Abermillionen davon. Um beispielsweise eine Katze auf einem Foto erkennen zu können, muss ein „intelligentes System“ erst einmal Millionen Fotos sehen, auf denen eine Katze abgebildet ist.
Künstliche Intelligenz, Maschinelles Lernen und Deep Learning – Alles eins?
Keineswegs. Vielmehr sind Maschinelles Lernen und Deep Learning aus der akademischen Disziplin Künstliche Intelligenz entstanden. Seit den 1950er Jahren beschäftigen sich Forscher mit künstlich lernenden Systemen. Daraus entstand das Maschinelle Lernen als Teilgebiet. Dieses ist eine Technologie, die Muster in Datensätzen erkennt und mit Hilfe von Algorithmen eigenständig Lösungen generiert. Die Regeln werden dabei vom Menschen vorgegeben. Das künstliche Wissen entsteht durch Erfahrung und Wiederholung. Die neueste Entwicklung in diesem Bereich ist Deep Learning. In dessen Fokus stehen künstliche neuronale Netze.
Nummer mit extremem Einfluss
Katzenfotos gibt es im Außenhandel nicht, dafür aber Zolltarifnummern. Diese sind acht- bis elfstellig und damit zig-fach kombinierbar. Die richtige Zolltarifnummer zu finden, ist vermutlich einer der zentralen Schmerzpunkte im Außenhandel. So formuliert es zumindest Daniel Schüler. Es ist nicht nur aufwendig und kompliziert, sondern erfordert zudem extrem viel Fachwissen und Produktverständnis.
Die komplexe Nomenklatur tut ihr übriges. Dabei hat die richtige Warennummer einen extremen Einfluss – immerhin orientieren sich auch die Präferenzregelungen zur Ein- und Ausfuhr an der richtigen Nummer. Schnelligkeit und Prozesssicherheit durch Künstliche Intelligenz: Das ist möglich, weil die Technologie durch Daten und Wiederholung lernt. Sie kombiniert also Erfahrung mit neuen Informationen und kann so Hilfestellungen anbieten – zum Beispiel in Form der Zolltarifnummer.
Neuronale Netze für den Außenhandel
Komplexe Bestimmung, eine große Datenbasis und Beschleunigung durch Erfahrung – klingt geradezu nach einem idealen Einsatzort für Software, die ständig dazulernt. Ist auch so, bestätigt Daniel Schüler. „Mein Ziel ist es, mit der richtigen Software individuelle neuronale Netze im Außenhandel zu spannen“, beschreibt er seine Vision. „Gerade im E-Commerce bremst die Zolltarifnummer und wir können mit Machine Learning den Prozess unterstützen und beschleunigen. Das hilft, dem Kunden seine Ware so schnell wie möglich zur Verfügung zu stellen.“
Schnelligkeit und Prozesssicherheit durch Künstliche Intelligenz: Das ist möglich, weil die Technologie durch Daten und Wiederholung lernt. Sie kombiniert also Erfahrung mit neuen Informationen und kann so Hilfestellungen anbieten – zum Beispiel in Form der Zolltarifnummer.
Daniel Schüler, AEB SE
Individuell wie das eigene Unternehmen
Bei AEB findet sich derartige Künstliche Intelligenz in der Software Product Classification. Das Besondere: Sie ist auf unstrukturierte Daten optimiert und kann so auch Materialbeschreibungen mit einbeziehen. In der Praxis heißt das für Unternehmen: Langfristig können sie mit Hilfe intelligent lernender Software nicht nur schneller ihre Produkte einreihen, sondern auch ihre internen Prozesse optimieren und automatisieren. Denn die Software und das darauf aufbauende neuronale Netz sind so individuell wie das Unternehmen selbst. Es basiert nur auf den eigenen Daten und kann so auch innerhalb eines Unternehmens Synergien schaffen – etwa in Form einer gemeinsamen Wissensbasis und Datenbank im Import und Export.
Maschinelles Lernen bei AEB
Seit 2010 setzt AEB im Bereich Product Classification auf Künstliche Intelligenz. Was als klassischer Entscheidungsbaum anfing, ist mittlerweile ein künstliches neuronales Netz. Auf Basis individueller Kundendaten schlägt die Software eine Liste mit Zolltarifnummern vor, die dem Produkt entsprechen können. Das ist aber nur der Anfang. Weitere Produkte mit Künstlicher Intelligenz sind geplant. Vor allem im Bereich E-Commerce ist die Technologie spannend.
Infos und Demo zur Lösung www.aeb.com/classification
Daniel Schüler, AEB SE
Wo bleibt der Mensch?
Und wo bleibt in diesem Zusammenspiel aus Software und Daten der Mensch? Hat er überhaupt noch einen Platz? Daniel Schüler lächelt: „Ersetzt wird der Mensch nicht. Er wird nur effizienter – mit Hilfe von intelligenten Maschinen.“ Ein künstliches neuronales Netz werde zwar immer besser, das Gehirn des Menschen bleibe aber dennoch unverzichtbar.
Denn auch wenn Maschinen lernen: Die Qualität der dafür notwendigen Daten wird weiter vom Menschen bestimmt werden. Es gilt, so Daniel Schüler: „Je besser die Daten, desto besser das Ergebnis. Und diese kommen weiter vom Menschen.“ Es ist also nicht Mensch gegen Maschine – sondern Mensch mit Maschine. Zusammen im Dickicht der Zolltarifnummer, damit das Einreihen in Zukunft noch besser und schneller funktioniert.
Die Autorin: Anna Radermacher ist freiberufliche Redakteurin und Content Marketing Managerin – für AnachB schreibt sie über Themen, die den Außenhandel gerade beschäftigen. Meistens online, gerne aber auch mal für Print.