frist von sechs Monaten zu beachten, sofern nicht Materiengesetze kürzere oder längere Fristen vorsehen (§ 291 Abs 1 BAO; § 38 Abs 1 VwGG). Einen Antrag auf Fristsetzung durch den VwGH kann stellen, wer im Verfahren vor dem VwG als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt zu sein behauptet (Art 133 Abs 7 B-VG),24) was auch die belBeh aus dem Verfahren vor dem VwG jedenfalls nicht explizit ausschließt.25) Gegenstand eines Fristsetzungsantrags kann nicht jedwede Säumnis eines VwG mit der Vornahme irgendeiner Verfahrenshandlung sein, sondern nur die Säumnis mit der Erlassung einer „Entscheidung“ iS einer Enderledigung.26) Die Säumnis, die mit dem Fristsetzungsantrag bekämpft werden kann, kann sich somit auf die Erlassung eines Erkenntnisses oder eines Beschlusses des VwG beziehen.27) Die Säumnis bei der Vornahme „schlichter“ Verfahrenshandlungen kann demgegenüber nicht mittels eines Fristsetzungsantrags bekämpft werden.28) Eine „Entscheidung“ bedeutet aber nicht allein eine meritorische Entscheidung, sondern auch eine Entscheidung rein verfahrensrechtlicher Art, sodass eine Entscheidungspflicht auch für den Fall zu bejahen ist, dass ein Rechtsmittel bloß zurückzuweisen ist.29)
2. Die Entscheidungsfrist allgemein Die Entscheidungsfrist beginnt zu laufen: & im Bescheidbeschwerdeverfahren: mit Vorlage der Beschwerde durch die Finanzbehörde beim VwG; & im Säumnisbeschwerdeverfahren: mit Ablauf derjenigen Frist, die zuvor vom VwG der säumigen Finanzbehörde gesetzt wurde; also mit demjenigen Zeitpunkt, in dem die Entscheidungszuständigkeit von der Finanzbehörde auf das VwG übergegangen ist (vgl § 284 Abs 2, 3 BAO). Nach Ablauf der Entscheidungsfrist ist ein Fristsetzungsantrag grds unbefristet an den VwGH zulässig, solange über den Parteienantrag noch nicht entschieden wurde.30)
3. Einbringung des Antrags Einzubringen ist der Fristsetzungsantrag beim Verwaltungsgericht (vgl § 30 a Abs 8 VwGG). Er hat eine Darstellung des maßgebenden Sachverhalts zu enthalten, also alle diejenigen Angaben, die erforderlich sind, um glaubhaft zu machen, dass die Entscheidungsfrist des VwG abgelaufen ist; das Begehren hat darauf zu lauten, dem im Antrag zu bezeichnenden VwG eine Entscheidungsfrist zu setzen (vgl § 38 Abs 3 VwGG). Das VwG hat daraufhin zu prüfen, ob sich der Antrag zur Behandlung eignet (dh ob die Prozessvoraussetzungen vorliegen, vgl § 30 a Abs 1 iVm Abs 8 VwGG)31) und ob die formellen und inhaltlichen Erfordernisse des Fristsetzungsantrags erfüllt sind (§ 30 a Abs 2 iVm Abs 8 VwGG). Sind die Prozessvoraussetzungen nicht gegeben, ist der Antrag zurückzuweisen. Im Fall eines Form- oder Inhaltsmangels hat ein Mängelbehebungsauftrag „unter Setzung einer kurzen Frist“ zu ergehen, für dessen Nichterfüllung die Zurückziehung des Antrags fingiert wird (§ 38 a Abs 2 VwGG). Im Übrigen hat das VwG den Fristsetzungsantrag unter Anschluss der Akten des Verfahrens
vorzulegen und ggf anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt.32)
4. Parteistellung Im Verfahren über den Fristsetzungsantrag kommt Parteistellung nur dem einzelnen Antragsteller zu (§ 21 Abs 3 VwGG).33) Dies ist unproblematisch, weil die Entscheidungskompetenz in der jeweiligen Rechtssache weiterhin beim VwG verbleibt. Die Zuständigkeit zur Entscheidung der Rs kann also auch bei fortgesetzter Säumnis des VwG nicht länger auf den VwGH übergehen.34)
5. Verfahren über den Fristsetzungsantrag beim VwGH Der VwGH hat die vom Antragsteller glaubhaft zu machende Prozessvoraussetzung der Säumnis zu prüfen (vgl § 38 Abs 3 Z 4 VwGG), wobei eine mündliche Verhandlung nicht vorgesehen ist.35) Wird ein Fristsetzungsantrag gestellt, obwohl keine Säumnis vorliegt, ist dieser Fristsetzungsantrag vom VwGH ohne weiteres Verfahren und in jeder Lage des Verfahrens in nicht öffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen (§ 38 Abs 4 iVm § 34 Abs 1 und 3 VwGG). Dem VwG ist dagegen im Rahmen der Vorprüfung der Prozessvoraussetzungen die Zurückweisung wegen Nichtvorliegens einer Säumnis verwehrt. Nach Aufforderung durch den VwGH hat es stattdessen die Möglichkeit, sich zu dieser Frage zu äußern (vgl § 38 Abs 4 Satz 2 letzter Teilsatz VwGG).36) 24) Die Voraussetzungen für die Einbringung eines Fristsetzungsantrags stimmen im Wesentlichen mit denen der bis 31. 12. 2013 bestehenden Säumnisbeschwerde an den VwGH überein, sodass auf die dahingehend ergangene Rsp zurückgegriffen werden kann; vgl Thienel, Die Kontrolle der Verwaltungsgerichte erster Instanz durch den Verwaltungsgerichtshof, in Holoubek/Lang (Hrsg), Die Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz (2013) 331 (356). 25) Allerdings ist der BAO kein Antrag der Finanzbehörde zu entnehmen, der beim Verwaltungsgericht der Entscheidungspflicht unterliegen würde; vgl aber etwa Art 148 c B-VG. 26) Vgl Köhler, Der Zugang zum VwGH in der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit, ecolex 2013, 589 (595). 27) Thienel in Holoubek/Lang 345. 28) Vgl Thienel in Holoubek/Lang 343: Dies ist nur im Wege der Geltendmachung der Verletzung der Entscheidungspflicht hinsichtlich einer Zwischen- oder Enderledigung möglich. 29) Vgl VwGH 28. 6. 2007, 2005/16/0187. 30) Vgl schon Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit (1983) 97; VwGH 30. 8. 2005, 2003/01/0381. 31) Negative Prozessvoraussetzungen sind bspw Fristversäumnis oder Unzuständigkeit des VwGH. 32) Vgl Köhler, ecolex 2013, 595. 33) Vgl Grill/Kettisch, Das Verfahren vor dem VwGH, in Ehrke-Rabel (Hrsg), Rechtsmittelverfahren in Abgabensachen (2013) Rz IV/155: Parteistellung kommt, jenseits der Handlungspflichten in Entsprechung von § 38 Abs 4 VwGG, auch dem Verwaltungsgericht nicht zu, dessen Säumnis vom Antragsteller behauptet wird. 34) Vgl Thienel in Holoubek/Lang 378: Eine Entscheidung in der Sache durch den VwGH kann in Anbetracht der verfassungsgesetzlichen Grundlage vom einfachen Gesetzgeber gar nicht vorgesehen werden. 35) § 39 VwGG sieht die Möglichkeit einer mündlichen Verhandlung nur für das Revisionsverfahren vor. 36) § 38 Abs 4 Satz 2 letzter Teilsatz VwGG ist somit als lex specialis zu § 30 a Abs 8 VwGG zu verstehen, der ja gem § 30 a Abs 1 VwGG auch bloß „sinngemäß“ anzuwenden ist; dies müsste auch den explizi-
SCHWERPUNKT
ABGABENVERFAHREN NEU
taxlex 2014
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