
4 minute read
Porträt Das Toggenburg als Herzensangelegenheit Verwaltungsrat Stephan Bärlocher
Das Toggenburg als Herzensangelegenheit
Seit 2008 setzt Stephan Bärlocher sein Wissen und seine Erfahrung als Verwaltungsrat der acrevis Bank ein. Zahlen waren sein ganzes Berufsleben lang sein Metier. Doch noch wichtiger ist ihm die enge Zusammenarbeit mit Menschen. Deshalb wird für ihn auch mit 65 noch nicht Schluss sein.
Die Bank Bütschwil war wohl die erste Bank, die Stephan Bärlocher als Kind wahrnahm. Er wuchs im Dorf auf und ist bis heute dem Toggenburg treu geblieben. Damals konnte der heute 64-Jährige allerdings nicht ahnen, dass er einst eine verantwortungsvolle Aufgabe für die «Dorfbank» übernehmen würde, die später in der swissregiobank und danach in der acrevis Bank aufging. «Schon mein Grossvater war dort Kunde, die ganze Familie eigentlich», erinnert er sich.
Bärlocher steht vor dem Fuhrpark der Regio 144 AG in Rüti im Kanton Zürich, dem Rettungsunternehmen für die Region Zürichsee-Oberland-Linth. Hier leitet er Finanzen und Controlling. Diese Bereiche unterstehen ihm auch am Spital Linth in Uznach, seinem anderen Beschäftigungsort, wo er als stellvertretender Spitaldirektor wirkt. Ein Team aus Rettungssanitätern wird gerade zu einem Einsatz gerufen. Konzentriert machen sie sich bereit, jeder Griff sitzt, nach wenigen Sekunden ist das Fahrzeug auf der Strasse.
Er sei der Einzige hier, der keinen Rettungswagen fahren dürfe, aber das sei wohl auch besser so, sagt Bärlocher schmunzelnd. Spricht er über Regio 144, ist ihm anzuhören, dass er stolz darauf ist, ein Teil des Ganzen zu sein. «Die Atmosphäre hier ist eine ganz besondere, die Aufgabe schweisst die Menschen zusammen.» Jeder interessiere sich für den anderen, man unterstütze
sich gegenseitig. Er sei immer wieder beeindruckt von der Leistung, welche die Rettungssanitäter erbringen, «und dennoch haben wir hier am Stützpunkt keineswegs ein gestresstes, hektisches Klima».
Verantwortung teilen, Kompetenzen trennen Der vierfache Vater und dreifache Grossvater stiess 2008 als Verwaltungsrat zur damaligen swissregiobank. Bis zu diesem Frühjahr gehörte er dem Kredit- und Führungsausschuss an, seither ist er Mitglied des Kredit- und Prüfungsausschusses. Beides passt perfekt: Es geht um Zahlen – aber eben auch um Menschen. Stephan Bärlocher erinnert sich, dass seine Aufgabe zu Beginn noch anders aussah als heute. Man habe damals als Verwaltungsrat vertieft in einzelne Kreditgeschäfte geschaut, heute sei das Sache der operativen Organe und nicht des strategischen Gremiums. «Das ist auch richtig so», sagt Bärlocher, «die Verantwortung teilen wir gemeinsam, aber die Kompetenzen sind getrennt.»
Rasante Umwälzungen in vielen Bereichen brachte auch die Digitalisierung. Es sei ihm und seinen Kolleginnen und Kollegen im Verwaltungsrat immer bewusst gewesen, dass es für eine Regionalbank schwierig sei, den digitalen Wandel eigenständig zu realisieren. Deshalb habe man sich früh für die Zusammenarbeit in Netzwerken entschieden. «Es ist wichtig zu wissen, was man selbst kann und was man besser einkauft.» Digitale Instrumente seien Werkzeuge für eine Bank, aber nicht ihr Kerngeschäft.

Bankgeschäfte als Vertrauenssache Bei der Digitalisierung gehe es zudem nicht nur um technische, sondern auch um ganz grundsätzliche Fragen: «Wie viel Digitalisierung erträgt die Kundschaft?» Für die jüngere Generation sei der Einsatz moderner Hilfsmittel selbstverständlich. Aber eine Bankbeziehung sei nach wie vor eine Vertrauenssache, für viele Kundinnen und Kunden sei es immer noch schön, ein direktes Gegenüber zu haben. Denn geht es um einen Kredit oder eine Hypothek, komme vieles auf den Tisch, das man im Alltag niemandem erzähle. Das sei im Grunde ähnlich wie bei seiner Tätigkeit im Spital Linth, «Krankenakten macht man ja auch nicht öffentlich».
In seine Rolle als Verwaltungsrat fand Stephan Bärlocher vor rund 13 Jahren schnell. Dabei half ihm, dass er nach der Handelsmatura einst bei einer Bank gearbeitet hatte. Mit 40 wechselte er ins Gesundheitswesen, er wurde zum Verwalter des Spitals Wattwil gewählt. Die Anfrage habe ihn damals gleichermassen überrascht und gefreut. Den Wechsel habe er nie bereut, denn der Gesundheitsbereich sei ideal für jemanden, der gerne mit Menschen arbeitet. Bis 2012 engagierte sich Bärlocher zudem als Parlamentarier im St. Galler Kantonsrat – und setzte sich dort nicht zuletzt für das Toggenburg ein.
Schwärmen vom Toggenburg Dieses ist für ihn weit mehr als nur ein Wohnort, es sei «eine Herzensangelegenheit». Seine Frau stammt aus Walenstadt, und der einzige Streitpunkt zwischen ihnen sei gelegentlich die
Es geht um Zahlen – aber eben auch um Menschen: Stephan Bärlocher, seit 2008 Mitglied des acrevis Verwaltungsrats.
Frage, welche Ansicht der Churfirsten die Vorder- und welche die Rückseite sei, so Bärlocher lachend. Ernster wird er, wenn er angesprochen wird auf den Ruf des Toggenburgs als «serbelnde» Region, den man hin und wieder vernimmt. Der Strukturwandel in den 70er-Jahren rund um Textil- und Landwirtschaft habe wohl keine Gegend so hart getroffen wie das Toggenburg. «Angesichts dessen haben wir uns aber eigentlich gut erholt, und ich bin auch zuversichtlich, was die Zukunft betrifft.»
Die Region biete beim genauen Blick viele Vorteile. Wattwil als Zentrum sei gut erschlossen und erreichbar, die Umfahrungsstrassen seien ein Segen. «Und ausserdem ist es einfach sehr schön bei uns», fügt Bärlocher an. Vor allem für jemanden wie ihn, der gerne wandert, Velo fährt und mit den Langlaufskiern unterwegs ist. «Das kann man bei uns alles in nächster Nähe tun.» Wohnen, wo andere Ferien machen: Der bei Immobilienfirmen gern geäusserte Spruch trifft aufs Toggenburg zu. Stimme das Wetter, fahre er sogar dann und wann mit dem Velo zur Arbeit. Rund 25 Kilometer sind das, aber sie haben es in sich – immerhin liegt der Ricken dazwischen.
Aktiv auch nach 65 Stephan Bärlocher nähert sich einer besonderen Marke, dem Alter von 65 Jahren. Von einem allzu plötzlichen Ende aller Aktivitäten hält er aber nichts. Er plant, über die offizielle Pensionierung hinaus noch zwei Jahre für Regio 144 zu arbeiten. Auch als Verwaltungsrat von acrevis will er bis auf Weiteres weitermachen: «Solange ich gesund bin, mache ich es gerne.» Wichtig sei aber, dass er nicht einfach präsent sei, sondern der Bank einen Mehrwert bringe. «Und ob ich das tue, das müssen andere definieren, nicht ich selbst.»