MFG - Das Magazin / Ausgabe 61

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MFG EDITORIAL

alternative fakten von Johannes Reichl

Es war einer der Aufreger Anfang des Jahres – das Bekanntwerden der gemeinnützigen „Erwin Pröll Privatstiftung“ bzw. der Umstand, dass diese auch aus Landesmitteln gefördert worden war. Aber immerhin galt es doch bitteschön z. B. eine „Akademie für den ländlichen Raum, in der jungen Menschen die Werte des ländlichen Raums vermittelt werden“, zu gründen … irgendwann. Das hatte nun wirklich nichts Verwerfliches an sich, wie auch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft konstatierte: „Es haben sich keine Anhaltspunkte für eine strafbare Handlung ergeben. Daher gibt es keinen Anlass, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten.“ Dies löste spürbare Erleichterung auch bei zahlreichen anderen Parteien und Körperschaften aus, denn, wie MFG im Zuge akribischer und wochenlanger Recherchen in Zusammenarbeit mit Whistleblowern aus Kasachstan und den Fidschi-Inseln herausgefunden hat, haben auch andere diverse Stiftungen am Laufen! So hat die SPÖ Niederösterreich z. B. schon vor Jahren die „Morgen werd‘ ich Landeshauptmann“Stiftung eingerichtet. Diese sieht u. a. auch die Schaffung einer „Erwin Pröll Akademie – so macht man das!“ in Hainfeld vor, „in der unserer Parteijugend, den roten Falken, gezeigt wird, wie man es auch als Roter zu höchster Machtfülle in Niederösterreich bringen kann.“ Als Umsetzungshorizont wird das realistische Jahr 2058 angegeben – „frühestens, wir sind ja keine Träumer!“ Derzeit sei man ohnedies mit anderen Problemen beschäftigt, gelte es doch einen ernstzunehmenden Spitzenkandidaten für die kommende Landtagswahl 2018 zu finden – was noch unrealistischer erscheint! Die Grünen St. Pölten wiederum haben die Stiftung „Wir selber in Not“ ins Leben gerufen und planen in der „basisdemokratischen Akademie zur guten Hoffnung“ das Kaderpersonal der Zukunft zu schmieden. Ambitioniertes Ziel – bis 2048 soll mindestens ein Jugendlicher pro Jahr in der Akademie geschult werden „es darf im Zweifelsfall aber auch immer derselbe sein!“ Langfristig möchte man auch

auf Landesebene einen Mandatar aus der Hauptstadtregion stellen, was der Landesorganisation aktuell noch völlig absurd erscheint „Immerhin sind urbane Räume, wie wir wissen, nicht gerade das ideale Terrain für grüne Anliegen. Wir fokussieren uns auf wertkonservative, bäuerliche Regionen.“ Aus der Landeshauptstadt St. Pölten wurde übrigens bekannt, dass die sogenannten SWAP Geschäfte mit der Raiffeisen Landesbank Niederösterreich/Wien, die dem Steuerzahler je nach Lesart „praktisch nix“ bis zu „mindestens 45 Millionen Euro“ kosten werden, in Wahrheit im Grundgedanken als gemeinnützige Stiftung angelegt waren, mit dem Zweck „armen notleidenden Banken durch die Unterstützung der Öffentlichen Hand ein bisschen unter die Arme zu greifen.“ In diesem Kontext war auch die Schaffung der „‘Pass auf, was du unterschreibst‘Akademie zur Früherkennung von Risiken im Bankenwesen“ geplant, die aber aufgrund eines Plagiatsvorwurfes den geplanten Stiftungstitel betreffend („Come to the Casino“) abgelehnt worden war. Ja, und auch die FPÖ hat es getan. So wurde bekannt, dass die Blauen die „Gemeinsam unterm Halbmond“-Stiftung eingerichtet haben, welche die Errichtung der „Refugees Welcome-Akademie“ vorsieht. In dieser sollen „weiße junge Männer als Buddies von Asylwerbern mit islamischem Hintergrund ausgebildet werden und ihren Mitbrüdern bei der Integration in die österreichische Gesellschaft helfen.“ „Die Sache ist uns wirklich ein Anliegen – eine Realisierung der Akademie haben wir uns deshalb innerhalb der nächsten 100 Jahre vorgenommen, wir warten nur noch auf eine Lockerung der viel zu strengen Fremden- und Asylgesetze!“ Wenn Sie, werte Leser, jetzt glauben, dass es sich hierbei um Fake News handelt, liegen sie völlig daneben! Das sind bitteschön alles lupenreine alternative Fakten, genau so, wie wir es in der „Österreich-Akademie“ der „MFG Stiftung für unseriösen Qualitätsjournalismus“ gelernt haben. Denn wie lautet dort Lektion 1: „Schlechter Journalismus beginnt damit, dass man guten weglässt.“

Offenlegung nach §25 Medien-Gesetz: Medieninhaber (Verleger): NXP Veranstaltungsbetriebs GmbH, MFG - Das Magazin, Kelsengasse 9, 3100 St. Pölten. Unternehmensgegenstand: Freizeitwirtschaft, Tourismus, und Veranstaltungen. Herausgeber/Geschäftsführer: Bernard und René Voak. Grundlegende Blattlinie: Das fast unabhängige Magazin zur Förderung der Urbankultur in Niederösterreich. Redaktionsanschrift: MFG – Das Magazin, Kelsengasse 9, 3100 St. Pölten; Telefon: 02742/71400-330, Fax: 02742/71400-305; Internet: www.dasmfg.at, Email: office@ dasmfg.at Chefredakteur: Johannes Reichl Chefredakteur-Stv.: Michael Müllner Chef vom Dienst: Christina Bauer Redaktionsteam: Christina Bauer, Thomas Fröhlich, Gotthard Gansch, Sascha Harold, Dominik Leitner, Michael Müllner, Thomas Pulle, Michael Reibnagel, Andreas Reichebner, Thomas Schöpf, Beate Steiner, Thomas Winkelmüller Kolumnisten: Herbert Binder, Thomas Fröhlich, Georg Renner, Dominik Leitner, Michael Müllner, Tina Reichl, Roul Starka, Beate Steiner, Jakob Winter Kritiker: Helmuth Fahrngruber, Thomas Fröhlich, Wolfgang Hintermeier, David Meixner, Clemens Schumacher, Manuel Pernsteiner, Michael Reibnagel, Johannes Reichl, Robert Stefan, Markus Waldbauer Karikatur: Andreas Reichebner Bildredaktion: Elias Kaltenberger, Matthias Köstler, Hermann Rauschmayr Coverfoto: Collage Andreas Reichebner, Fotos: Martin Röll-Wikipedia, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org, Ralf Roletschek/ fahrradmonteur.de; AleXXw/commons.wikimedia.org; pixabay.com, pgottschalk-fotolia.com Art Director & Layout: Mr. Shitakii Korrektur: Anne-Sophie Müllner Hersteller: NÖ Pressehaus Druck- und Verlagsgesellschaft mbH Herstellungs- und Verlagsort: St. Pölten Verlagspostamt: 3100 St. Pölten, P.b.b. Alle Rechte, auch die Übernahme von Beiträgen nach § 44 Abs. 1 und 2. Urheberrechtsgesetz, sind vorbehalten. Alle Angaben ohne Gewähr. Für den Inhalt bezahlter Beiträge ist der Medieninhaber nicht verantwortlich.


INHALT

Urban 7

KULTUR 40

SZENE 60

SPORT 70

URBAN

8 stadt der zukunft 12 Der Mann vom ZWM 18 utopia 20 gelebte neutralität 26 rund ums Rathaus 30 Nächster Metro-Stopp 32 Die Hotel Turbo Twins 34 Im Reich der guten Fee

KULTUR

42 Künstler PETER MINICH 48 Nö landesausstellung

SZENE 62 64

Living in a Box Seelenwelten

SPORT

6 IN WAS FÜR EINER STADT 7 SHORTCUTS URBAN 40 SHORTCUTS KULTUR 60 SHORTCUTS SZENE 74 KRITIKEN 75 VERANSTALTUNGEN

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… in der die aktuell weltweit wohl erfolgreichsten österreichischen Entertainer, Thommy Ten & Amélie van Tass, in St. Pölten geboren wurden und in Krems ihr Österreich-Headquaters haben. Im Vorjahr wurden die amtierenden Weltmeister der Mentalmagie aus 50.000 Bewerbern Nummer 2 bei der mit im Durschnitt 16 Millionen Zusehern pro Sendung weltgrößten Castingshow „America’s got talent“, sie u. a. eroberten das Opernhaus in Sydney, das Planet Hollywood in Las Vegas bis hin zum New Yorker Broadway, wo sie gar für den Wochenumsatzrekord 2016 und die erfolgreichste Zaubershow aller Zeiten sorgten, und ihre im Februar/März durchgeführte „Einfach zauberhaft!“-Tournee durch Österreich, Deutschland und die Schweiz war ein einziger Siegeszug mit ausverkauften Hallen und Standing Ovations allerorts. Was aus heimischer Sicht doppelt freut: In Sachen Management vertrauen die beiden auf das St. Pöltner Unternehmen NXP, das auch die gesamte Tournee produziert und abgewickelt hat! Aufgrund des Erfolges und der Nachfrage wird die Tournee 2018 fortgesetzt, bereits am 29. August lädt man zudem zum „Zauberhaften Open Air“ in Grafenegg!

… in der klammheimlich und ohne Happy End nicht das Stück „Video killed the Radiostar“, sondern „Mediathek killed the Videothek“ gegeben wurde. So hat Ende 2016 die letzte Videothek der Stadt in der Daniel Gran-Straße für immer ihre Pforten geschlossen, „weil der gesamte Videoring in Konkurs gegangen ist“, wie Betreiberin Romy Pohselt erklärt. Ihr Video-Verleih war Teil des Rings, der jetzt mit 112.000 Euro in die Insolvenz geschlittert ist. 2008 hatte die größte österreichische Kette noch 52 Filialen von Vorarlberg bis Wien, zwei davon in der niederösterreichischen Landeshauptstadt, wo Videotheken dereinst noch als „Videopalast“ tituliert wurden. Groß geworden sind die Verleih-Stellen ab den 1980er-Jahren. Jetzt sorgen Amazon Prime, Sky, Netflix und illegale Downloads für dramatische Umsatzrückgänge in einer sterbenden Branche. Und so mussten auch in St. Pölten Zehntausende DVDs und Spiele aus den Regalen geräumt und auf Lkw verladen werden – sie sind Teil der Konkursmasse. Bemerkenswert ist die Zusammensetzung des Bestandes: Rund ein Drittel der bunten Bilder auf den runden Scheiben sind Pornos, ein weiteres Drittel sind DVDs mit Horrorfilmen.

… in der man im städtischen Planschbecken leider nur im Keller duschen kann. Zwar gibt es im Untergeschoß genügend Duschen, aber dort, wo sich die Badegäste halt so aufhalten, in der Schwimmhalle mit ihren drei Becken, ist die einzige Dusche seit rund einem Monat kaputt. Nun wäre es ja schon mal interessant den damaligen Planer zu fragen, welchen Wetteinsatz er gewonnen hat, als er gesagt hat: „Ich plane in der Schwimmhalle nur eine Dusche. Wetten, dass das durchgeht?!“ Doppelt blöd nur, wenn diese dann kaputt geht. Dreifach blöd, wenn die kaputte Armatur noch dazu nicht einfach getauscht werden kann, weil es sich um eine so spezielle Konstruktion handelt, dass das seltene Ersatzteil nicht lieferbar ist. Ebenso mutig wie der damalige Planer wäre es wohl heute die Wasserqualität zu messen – ob wirklich alle brav vorm Baden duschen, wenn sie dazu quer durch das Gebäude laufen müssen? Im Herbst 2018 will die Stadt den um 1,2 Millionen Euro verschönerten Saunabereich neueröffnen. Mit einem Energiecontracting-Vertrag will man in Zukunft auch laufende Energiekosten sparen. Fehlt dann nur mehr die Dusche, zum perfekten Badespaß!

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In was für einer Stadt leben wir eigentlich...


SHORTCUT URBAN

Stier ?

Hebi

Lern-Zukunft

San Francisco hat das Exploratorium, Linz das Ars Electronica Center, St. Pölten schließt mit dem Science Center auf. Denn auf der zweiten Ebene des künftigen Haus der Zukunft (HDZ) in der Heßstraße soll gestaunt, gelernt, gewerkt werden. „Das Science Center als wissenschaftliche DNA des HDZ will aktuelle Fragestellungen auf interaktive und spielerische Weise vermitteln“, sagt Eigentümer Martin Bosch, der an FH-Professor Hannes Raffaseder den Auftrag zur Entwicklung eines Konzepts gegeben hat: Eine High-Tech-Dauerausstellung wird sich mit Wahrnehmung/Verarbeitung/Erfahrung beschäftigen, zeigen, wie analoge und digitale Welten zueinanderfinden und verraten, wie aus Daten Infos werden. Interaktion/ Diskussion/Partizipation werden in der wechselnden Ausstellung zu einem Jahresthema und vor allem für Schulen interessant sein. Genau so wie der Do-it-yourselfBereich, eine High-Tech-Werkstatt mit 3D-Drucker, der als Lab und Pop-Up-Space für die Kreativszene und Studierende konzipiert ist.

WOHNEN IN DER FABRIK Viele St. Pöltner der Generation 50+/bekommen heute noch glänzende Augen, wenn der Name „Fabrik“ fällt. Denn die „Tanzfabrik“ in Radlberg, ab 1983 angesagteste Disco Österreichs, in der Stars wie Falco, Ambros, Fendrich & Co. mit den lokalen „Stars“

Nächte durchfeierten, war damals der Nabel der österreichischen Disco-Welt. Zum edel ausgestatteten zeitgeistigen Vergnügungstempel reiste man samstags per Vespa oder Hubschrauber. Anfang der 1990-Jahre war der Hype vorbei, hie und da ließen Revival-Parties den alten Flair wieder aufleben. Jetzt soll das 1980er-Jahre-Monument zum Wohnhaus umgestaltet werden. Grundriss, Fassade und markantes Leuchtschild sollen erhalten bleiben, Eigentümer Leo Pasteiner möchte in dem Komplex günstiges „Junges Wohnen“ realisieren. Ein Anflug mit dem Hubschrauber ist damit nicht mehr möglich, aber auch nicht notwendig: Vor dem Areal befindet sich eine LupHaltestelle. So ändern sich die Zeiten.

Vielleicht kennen sie ja die Geschichte vom alten Stier hoch auf der Alm. Im milden Licht seiner Jahre versucht er, die Jungbullen zu beruhigen. Ganz aus dem Häuschen sind die, weil unten eben die neuen Kalbinnen ausgeladen werden. „Wenn wir uns nicht rühren und ganz leise sind“, raunt er, „dann bemerken sie uns gar nicht“ … So ähnlich agieren derzeit unsere beamteten Kulturverantwortlichen. 2024 stellt Österreich wieder eine „Kulturhauptstadt Europas“. 2018 fällt die Entscheidung. Seit Monaten trifft sich eine engagierte Plattform beim Vinzenz Pauli, um eine Bewerbung für die Region St.Pölten-Krems vorzubereiten. So, wie seinerzeit ein Landeshauptstadtkomitee in Seelands Extrastüberl Realutopien wälzte. Hört man was aus der Prandtauerstraße – nicht einmal das Echo vom Hauch eines Mucksers. Und vom Land? Mit outgoing Erwin ist denen their masters voice abhanden gekommen. Sollte die Kultur tatsächlich ressortmäßig der Landeshanni zufallen, wird die gleich zum Start ein so ambitioniertes Projekt angehen? 2024 wäre sie dann übrigens eh schon 60 … Ambivalent auch Lilienfeld, Herzogenburg, Göttweig und Melk: schweigende Kirche. Dafür von Böheimkirchen bis Traismauer alles touristisch Feuer und Flamme. Zwei neue Hotels bekäme man ja ohnehin demnächst in der Metropole. Bei einem wird die Rezeption, fast den ganzen Tag über besetzt sein. Für die Frigidität der Hauptstadt dem Thema gegenüber dürften aber schlicht die Finanzen ausschlaggebend sein. Man ist – und da kommen wir zum Ausgang zurück – stier. PS: Das Geld für die neue Landesgalerie mal 2 – und Niederösterreich hätte für alle Zukunft mit der zentralen Kulturregion St. Pölten - Krems ein „fünftes Landesviertel“ (gehabt).

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MFG URBAN

Leben in der Stadt der Zukunft

Urbanisierung ist ein Megatrend: „Städte erfahren eine Renaissance als Lebens- und Kulturform. Die Städte der Zukunft werden vielfältiger, vernetzter, lebenswerter und in jeder Hinsicht ‚grüner‘ sein als wir sie lange Zeit erlebt haben. Vor allem aber wandelt sich das Verhältnis der Menschen zu ihren Städten“, heißt es in einem Glossar des Zukunftsinstituts. Das erfordert eine umfangreiche Reorganisation von Wohnen, Verkehr und Nahversorgung. Daraus ergeben sich aber auch weitere Trends. Plattform-2020-Obmann Josef Wildburger setzt diese in Relation zu den Zukunftschancen für St. Pölten.

TREND: Third Places. Die Homebase der Zukunft ist überall: Dritte Orte sind all das, was sich zwischen dem Heim und dem Arbeitsplatz abspielt – Orte in einer mobilen Gesellschaft, in der man technologisch von „überall aus alles“ machen kann. Bahnhöfe, Flughäfen, Wartebereiche, Shoppingumgebungen, all diese Orte werden stark an Bedeutung gewinnen und somit mit neuen Anforderungen durch ihre Benutzer konfrontiert. Third Place Living impliziert auch eine simple Erreichbarkeit und

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einen leichten Zugang zu dritten Orten. Besonders jenen der Erholung und der Freizeit, die sich nahtlos und flexibel in den Alltag der urbanen Individualisten einfügen. Dabei wird das „Draußen“ und „im -Grünen-sein“ vollkommen neue Angebote bieten. Urban Gardening kreiert neue Oasen der Ruhe auf ehemaligen Brachflächen und Dächern. Parks auf nicht mehr benötigten Gleisanlagen, wie beim Highline Park in New York City, werden zum Treffpunkt für romantische Zweisamkeit über den pulsierenden


TEXT: beate steiner | Fotos: Monicaodo-Fotolia.com, Hermann Rauschmayr

gänger. Vom Zentrum der Innenstadt aus ist in einem Radius von 15 Gehminuten nahezu alles erreichbar. Bahnhof, Busbahnhof und Park & Ride liegen mittendrin. Unsere Plätze und die sie verbindenden Wege spielen daher als „Third Places“ eine ganz besondere Rolle. Ähnliches gilt auch für den öffentlichen Raum, der zum Glück noch zahlreich in ihrer dörflichen Struktur erhaltenen Stadtteile.

TREND: Urban Manufacturing. Der Wunsch nach Individualität und Qualität, ein steigendes Bewusstsein für lokale Wertschöpfung und die zunehmende Nachfrage nach regionalen Produkten schaffen einen neuen Markt für kleine produzierende Handwerksbetriebe in Städten. Sie entwickeln sich zu Geschäftsmodellen jenseits der Nische. Ob Lifestyle-Objekte, Bekleidung, Delikatessen oder Möbel – die Stadt wird dank der Nähe zum Kunden als Produktionsstandort zurückerobert. Wildburger: St. Pölten ist dafür besonders gut geeignet. Wir haben innerstädtisch und im ganzen Stadtgebiet viel Platz, unsere sogenannten „Bodenschätze“. St. Pölten ist flächenmäßig größer als Linz. Alles ist mittlerweile verkehrsmäßig gut vernetzt, bzw. wird es dies in Zukunft bald sein. Unsere Wirtschaftsservicestelle ecopoint unterstützt seit über zehn Jahren diese Entwicklung, wie die Erfolgsbilanz der Ansiedlung und Erweiterung von Klein- und Mittelbetrieben zeigt.

Wir haben innerstädtisch und im ganzen Stadtgebiet viel Platz, unsere sogenannten „Bodenschätze“. JOSEF WILDBURGER

TREND: Urban Mining. Unter Nachhaltigkeitsaspekten werden in Zukunft zunehmend Städte als Quelle für Rohstoffe genutzt. Recycling gewinnt an Bedeutung, und an verschiedensten Stellen werden aus vorhandenen Stoffen neue Produkte hergestellt. Auch Abflusswasser oder Hausmüll zählen mittlerweile zu den wertvollen urbanen Rohstoffen. Wildburger: Es gibt auch in St. Pölten noch viel zu tun, zu erfinden, zu organisieren, … – viel Spielraum für Innovation und regionale Wirtschaftssysteme. Erste Betriebe haben sich, unterstützt von ecopoint, bereits in St. Pölten angesiedelt, z.B. in der Marktgasse.

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Tina Reichl This is a message from St. Pölten! Dear Mr. President! St. Pölten is a big town in the middle of Europe. You will love it. Viele berühmte Persönlichkeiten entspringen dieser Stadt, waren hier oder sind zumindest durchgefahren! You know Napoleon or Mr. Hitler? A great Führer like you. Er hat hier sogar im Hotel Pittner übernachtet. He wanted to make Deutschland great again. Great idea! Massendeportationen, Judenvergasung? Fake news. St. Pölten is a very old city. The oldest city in Austria. You can see many old people in the Festspielhaus. Big house! Very big! And you can hear the best music in the world. Classical music! Fantastic! Es gibt aber auch viele junge Leute in St. Pölten. At the Frequency festival, you can see them drinking, smoking, dancing and pissing in the Traisen. Great fun! Very cool party! You will love it. 50.000 people shouting and making party – so wie bei Ihrer Amtseinführung! No fake news! Really great! We have also great football players. Franz „Bimbo“ Binder was an Austrian football player and coach. Very famous! Aber keine Angst – er war kein Neger. Bimbo was only his Nickname! Im Mittelalter war St. Pölten von einer großen Stadtmauer umgeben. A big wall! Good idea! Sie erwies sich vor 500 Jahren als guter Schutz gegen die Türken. And in St. Pölten you can also see many streets, in every direction. We are really in the heart of Europe. You can drive to Ritzersdorf, Fugging, Wetzlarn, Schweinern and to other cities. So funny! St. Pölten is a beautiful town with many girls. You can see them naked on the Ratzersdorfersee. It‘s absolutely fantastic! We totally understand, its going to be America first, but can we just say: St. Pölten second?

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Foto: Mr. Shitakii/zVg

Wildburger: Eines unserer Alleinstellungsmerkmale: St. Pölten ist die Stadt der Fuß-

ST. PÖLTEN SECOND

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Straßen der Stadt. Urbane Stadtstrände bieten 24h-Instant-Urlaubsfeeling, beispielsweise beim Kopenhagener Harbour Bath. Dort kann man sich mitten in der Stadt, direkt nach einer Shoppingtour, ins kühle Nass stürzen. Das Holzdeck bildet den Rahmen für mehrere Becken. Liege- und Aufenthaltsflächen bietet die angrenzende Uferzone. Die neuen Orte des „Draußenseins“ sind eingewoben in das urbane Leben. Sie bieten Erholung, Freizeit und sind ohne Umstände erreichbar. Natur ist künftig Stadtalltag und wichtiger Bestandteil eines hoch verdichteten, dezentralen Wohnens.

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MFG URBAN

TREND: Urban Farming. Städte stellen sich der Herausforderung nach größerer Nachhaltigkeit. Im Urban Farming sollen neue oder auch brachliegende Flächen zum Anbau lokaler Lebensmittel genutzt werden. Im Rahmen von urban gardening wird auch der einzelne Stadtbewohner, vielfach im Verbund mit anderen, zum „Stadtfarmer“ – ein Gemeinschaftserlebnis. Wildburger: St. Pölten hat ein ausgeprägtes agrarisches Umfeld und ein weiteres Alleinstellungsmerkmal: Gewerbliche und agrarische Flächen im Stadtgebiet können oft gut verknüpft werden. Erste Kombinationsbetriebe nutzen dies bereits erfolgreich. Auch diese Entwicklung wird von ecopoint besonders unterstützt, z.B. durch Flächenbereitstellung am Betriebsgebiet NÖ Central.

TREND: E-Mobility. E-Mobility ist mehr als nur eine neue Antriebsart von Fahrzeugen. Im Wechsel zur E-Mobilität manifestiert sich der veränderte Mobilitätskonsum der Zukunft. In den kommenden Jahren werden wir einen ersten Durchbruch bei den Elektrofahrzeugen erleben. Durch die Digitalisierung des Mobilitätsmanagements wird der Wandel weiter beschleunigt. Wildburger: St. Pölten ist auch dafür bestens geeignet. Durch die großzügige Anlage der Stadt und Innenstadt ist Platz für moderne Verteilsysteme, sowohl für Menschen als auch für Waren. Gerade die urbane Kurzstreckenmobilität wird sich in St. Pölten rasch in diese Richtung entwickeln lassen.

TREND: Bike-Boom. Das Fahrrad erlebt aktuell eine Renaissance und wandelt sich vom Freizeitgerät zum neuen (alten) Verkehrsmittel. Radfahren ist nicht nur ökologisch, kostengünstig und gesund, sondern in Städten mittlerweile oft auch schneller als das Auto oder der öffentliche Verkehr. Wildburger: St. Pölten ist in dieser Hinsicht bereits weit entwickelt. Besonderes Augenmerk muss nun auf allfällige Regelungen und Einrichtungen zur Vermeidung von Konflikten vor allem mit dem Fußgängerverkehr gelegt werden.

TREND: Smart-City. Der Smart-City-Ansatz sucht nach intelligenten Systemen, die auf individuelles Verhalten und individuelle Bedürfnisse ausgerichtet sind. Smart Citys sollen eine ganzheitliche Lösung für verschiedenste Probleme der Stadt bieten und diese durch Verknüpfungen bewältigen. Wildburger: Nicht Alles, was glänzt, ist Gold. Viele Menschen, auch junge, sind mit diesen vernetzten, sogenannten ganzheitlichen Systemen überfordert. Vieles ist noch nicht ausentwickelt. Mit der nötigen Vorsicht angegangen, kann St. Pölten von vielen neuen Ansätzen profitieren, weil die Stadt allgemein ein sehr großes Entwicklungspotential aufweist.

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Stadtentwicklung ist weitaus mehr als simple Raumplanung. Schon 2006 haben wir bei der Erstellung des Masterplans Innenstadt auf diese Mega-


Leben in der Stadt der Zukunft

Wie schaut Ihr persönliches St. Pölten der Zukunft aus? Nach wie vor, wie im Visionspapier beschrieben: • St. Pölten als Centrope Office Stadt, als Hotspot der innovativen und kreativen Klein- und Mittelbetriebe, als Fittest City in dieser Europaregion. St. Pölten als pulsierende kleine Metropole im Umfeld Wiens, modern und lebenswert, traditionsbewusst und kulturaffin, selbstbewusst und weltoffen, urban und mit seinem ländlichen Umfeld eng verbunden. • St. Pölten wächst mit der richtigen Geschwindigkeit und erreicht kritische Größen ohne innere Konflikte, alte und neue Bürger dieser Stadt formen ihre gemeinsame Zukunft. • St. Pölten hat, was Lage und Ressourcen betrifft, nahezu Idealvoraussetzungen, all den Megatrends zu folgen, wie sie die Zukunftsforscher feststellen. Wir müssen allerdings weiter unsere Hausaufgaben machen, nämlich die Schaffung von sich laufend optimierenden Rahmenbedingungen. Das ist ein Prozess, der niemals aufhört, er erfordert planvolles strategisches Vorgehen und ein klares Bild der Zukunft.

trends Rücksicht genommen und ein Bild der Zukunft vor Augen gehabt, das dieser soziokulturellen Entwicklung Rechnung trägt. JOSEF WILDBURGER

TREND: Games. Für Martin Knöll, Leiter der Forschungsgruppe „Digitale Stadtspiele“ an der TU Darmstadt, wird die Stadt der Zukunft bewusster genutzt, weil es in ihr eine spielerische Form der Bürgerbeteiligung gibt. Denn durch Urban Health Games erkennt der User, welchen Einfluss städtische Räume auf das eigene Verhalten haben. Diese Spiele können Anreize schaffen, die alltäglichen Stadträume anders wahrzunehmen und sich aktiv und bewusst hindurchzubewegen. Die Stadt funktioniert hier als Bühne, um Bewegungen möglichst unterhaltend zu inszenieren, zu trainieren und sich bei anderen abzuschauen. Das Game hilft dabei, die Übungen zu lernen, Parcours zu finden und sich mit anderen zu verabreden. Damit kann der Bürger nun auch eine Aussage darüber treffen, wie Stadt überhaupt aussehen soll. Dahinter steckt die Idee, dass das digital unterstützte Spielen noch ein anderes Potenzial mit sich bringt: nämlich das Zusammenkommen der Bewohner im physischen Raum, um sich zu treffen und zu kollaborieren – und im besten Fall gemeinsam die Stadt zu verändern. Wildburger: Spielerisches Lernen und eine spielerische Bewusstseinsbildung sind auch für St. Pölten ein guter Ansatz und eine gute Basis für unser „Fittest City“–Programm.

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MFG URBAN

Der Mann vom ZWM Ein bisschen erinnert es an den Spruch „Am Ende kommt zusammen, was zusammengehört“ – tatsächlich hat sich in den letzten Jahren im Magistrat eine neue „Stabsstelle“ herauskristallisiert, die ein bisschen wie das „Superministerium“ anmutet und zahlreiche Kompetenzen wie Tourismus, Marketing, Grundstücksmanagement etc. umfasst.

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ie Schlagrichtung offenbart sich dabei im ambitionierten Titel, der „Zukunftsentwicklung“ an die erste Stelle reiht: „Stabsstelle für Zukunftsentwicklung, Wirtschaft und Marketing“. Verkürzt spricht Leiter Christoph Schwarz schlicht vom „ZWM“, und es hat wohl durchaus mit seiner Person selbst zu tun, dass er die diversen Agenden richtiggehend angezogen hat. Spätestens seit er ab 2004 mit ecopoint die Wirtschaftsservicestelle der Stadt aus der Taufe hob und in Folge zu einer Erfolgsgeschichte machte, die ein funktionierendes Scharnier zwischen öffentlicher Hand und Unternehmerschaft etablierte, gilt Schwarz als Hoffnungsträger und Personifikation einer modernen Stadtverwaltung. Dabei ist Schwarz durchaus ein alter Fuchs, werkt er doch bereits fast 30 Jahre für die Stadt und wurde noch während der Gruber-Ära gestählt, zum anderen ist der 49-Jährige ehemalige Spitzensportler aber eben auch Gesicht einer „jungen“ Führungsgarde, die seit einigen Jahren sukzessive nachdrängt und neue Ideen und Denkweisen verkörpert. So hat Schwarz nichts mit dem aussterbenden Beamtentypus gemein, der zunächst einmal 100 Gründe anführt, warum etwas nicht geht, sondern gilt als lösungsorientiert; er ist auch keiner, der dampfplaudernd den Superhero raushängen lässt, sondern sich an Fakten und Ergebnissen messen lassen möchte. Insbesondere ist er aber ein Teamworker, der von Netzwerken viel hält und weiß, dass es dementspre-

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chender Grundstrukturen braucht, damit diese bestmöglich funktionieren und – im Idealfall – einen hohen Output liefern. Dass dabei in einem „hoheitlichen“ Betrieb manches an politischen Befindlichkeiten zerbröseln mag, nimmt er sportlich, wie er überhaupt die Parteipolitik – obwohl seine Materien höchstpolitisch sind und vielfach auf politischen Leitlinien basieren – versucht außen vor zu halten. „Bei uns geht es bestenfalls um Sachpolitik“, stellt er nüchtern fest, und die basiert auf klaren Strukturen. Wie zum Beweis holt er ein Organigramm hervor, anhand dessen wir die Agenden des ZWM durchackern. Und das machen wir jetzt auch – let’s go. Zwillinge. Auffallend auf dem Sheet ist zunächst eine Art Doppel-Helix, die sich aus der Zuordnung der Marketing St. Pölten GmbH an das ZWM ergibt, was sich aus der zum Teil selben Auftragslage erklärt: „Es geht darum, die im Masterplan 2020 formulierten Ziele umzusetzen. Da fahren wir sozusagen parallel – der hoheitliche Arm ist unsere Abteilung, der privatwirtschaftliche jener der Stadtmarketing GmbH unter Matthias Weiländer“, umreißt Schwarz die Grundstruktur. Wobei die privatwirtschaftliche Schiene ein klassisches private-public-Partnership darstellt, seit Kurzem mit städtischem Mehrheitsverhältnis (60%) in der Eigentümerstruktur. Für Schwarz ein logischer

Schritt „weil die Marketing St. Pölten GmbH heute weit über den ursprünglichen Ansatz des reinen City-Marketings hinausgeht“ und damit auch zahlreiche Felder beackert, die eben in Schwarz‘ Resort fallen. Hierarchische Probleme bereitet die Doppelkonstellation nicht. „Wir müssen einheitliche Beschlüsse fassen, das heißt von daher kann sozusagen keiner irgendwelche Alleingänge machen.“ Master Of Money ist freilich Schwarz. Dass es für dessen Einsatz beim Konstrukt der Stadtmarketing GmbH neuerdings keinen Aufsichtsrat mehr gibt, und damit – wie die Opposition zunächst heftig kritisiert hatte – auch kein geeignetes Kontrollinstrumentarium, kann Schwarz so nicht nachvollziehen. „Wir müssen ja jeweils im Juli ein genaues Programm vorlegen, das vom Gemeinderat abgesegnet werden muss. Und an diesen Beschluss haben wir uns selbstverständlich zu halten.“ Damit auch an das dafür zur Verfügung gestellte Budget, das aktuell 1,4 Millionen Euro beträgt – für alle Bereiche des ZWM. „Außerdem müssen wir unsere Arbeit dokumentieren, legen alljährlich einen Geschäftsbericht vor“, betont Schwarz. Was die neue Konstellation aber bringe, sei ein Mehr an Flexibilität. „Ein banales Beispiel. Als der SKN Meister der 2. Liga wurde, haben wir kurzfristig eine Meisterfeier organsiert, die wir im Vorfeld natürlich noch nicht eingeplant hatten – das war vom Ablauf

Wir möchten Grundlagenmaterial schaffen und Potenziale aufzeigen! Christoph Schwarz


TEXT: johannes Reichl | Fotos: Matthias Köstler

ZUSAMMENWACHSEN. Dies scheint ein Leitthema von Christoph Schwarz zu sein. In seiner Abteilung forciert er das Zusammenwachsen

und -denken von Materien wie Wirtschaft, Grundstücksmanagement, Tourismus, Marketing oder Veranstaltungswesen. Netzwerke sind wichtig!

her gar nicht so einfach umzusetzen. Unter den neuen Bedingungen können wir auf derlei Situationen viel leichter reagieren, können Dinge – im Rahmen des vorgegebenen Budgets, das wir selbstverständlich einhalten müssen – umschichten, auch alternativ z.B. über zusätzliche Sponsoringgelder finanzieren.“ Ein langwieriger Institutionenlauf durch sämtliche politsiche Gremien ist bei derlei Angelegenheiten nicht mehr notwendig. Bildung. Auch Bildungsfragen werden neuerdings vom ZWM strategisch mitgedacht. Die Stadt hat diesbezüglich sogar einen eigenen Bildungsbeauftragten installiert, den ehemaligen Siemens NÖ-Vorstandschef Josef Kollarz-Lackenbacher. Dabei geht es nicht – wie Schwarz erklärt – um die Frage der Stadt als Schuler-

halter und dergleichen (Agenden, die in der Schulverwaltung angesiedelt sind), sondern um die Frage der Zukunftsentwicklung und strategischen Ausrichtung in diesem Bereich. „Die Wahrheit ist ja, dass einer Stadt bildungspolitisch vielfach die Hände gebunden sind – wir können z.B. nicht sagen, wir machen jetzt eine Universität. Was wir aber sehr wohl können, ist solides Grundlagenmaterial schaffen und Potenziale aufzeigen.“ Aus diesem Grund wird aktuell ein „Weißbuch Bildung“ erstellt, im Zuge dessen – wohl zum ersten Mal überhaupt in dieser akkordierten Form – eine Erhebung der Bildungspotenziale am Laufen ist, und zwar im Sinne eines Gesamtsamples. Das heißt es geht nicht nur um die Bildungseinrichtungen an sich, sondern auch um darüber hinaus gehende Angebote. „Wir

sind schon selbst gespannt auf die Ergebnisse. Vielleicht liegt dann eine Forcierung des Musikbereichs nahe, da gibt es ja z. B. eine tolle Ausbildung am BORG, die Musikschule etc.; oder man konzentriert sich noch stärker auf den Technikbereich, wo wir die HTL, die FH für Bahntechnologie & Mobilität und ähnliches in der Stadt haben, aber auch sehr potente Unternehmen. Vielleicht ergibt sich aber auch etwas ganz anderes, woran wir jetzt noch gar nicht denken“, möchte Schwarz den Ergebnissen nicht vorgreifen. Jedenfalls gelte es im Fall der Fälle gewappnet zu sein. „Wenn etwa auf Bundesebene die Frage nach einer neuen Universität schlagend wird, möchten wir uns ins Spiel bringen, und zwar auf Basis fundierten, gut aufbereiteten Grundlagenmaterials, an dem man sozusagen nicht so

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leicht vorübergehen kann. Zudem wollen wir – in Analogie zum ehemaligen ‚Wirtschaftlichen Quartett‘ bei ecopoint – eine Art ‚Bildungsweisenrat‘ etablieren, also renommierte Persönlichkeiten gewinnen, die als Fürsprecher auf den verschiedensten Ebenen für St. Pölten als Bildungsstandort lobbyieren.“ EU-Förderungen. Lobbyieren bzw. Fördertöpfe noch besser ausschöpfen möchte man auch auf EU-Ebene – ebenso eine Aufgabe des ZWM. Aktuell am Laufen sind diesbezüglich die Projekte „Smart Pölten & Fittest City“, die seitens der EU in einem ersten Schritt mit bis zu 150.000 Euro unterstützt werden. Kern dabei sind Bürgerbeteiligungsverfahren, etwa – wie im Falle von Smart Pölten – im Rahmen eines konkreten Wohnprojektes. Eine Alibihandlung nach der Facon „wir fragen halt offiziell die Leute, machen dann aber sowieso, was schon fixfertig in der Schublade liegt“, sei das „sicher nicht“, wie Schwarz versichert. „Im Gegenteil, mir schweben auf Sicht so 200-300 Bürger vor, die sich in verschiedenen Bereichen aktiv einbringen.“ Kurzum, es gelte das Potenzial der eigenen Bürger zu heben und noch stärker für die Stadt zu nutzen. In welchen Materien man Partizipationsprozesse jeweils umsetzen kann, müsse sich weisen. Aber gerade im Fall etwa der Revitalisierung alter Siedlungsräume und dergleichen sei dies ein spannender Zugang, „wo die Leute artikulieren können, was ihnen wichtig wäre, was fehlt etc.“ Resultieren aus diesem Prozess sinnvolle Ergebnisse, so darf man auch auf Folge-Förderungen seitens der EU hoffen „und da reden wir dann schon von einer Dreiviertel Million Euro!“ Geld, das Schwarz gerne abschöpfen möchte „quasi, im positiven Sinne, auf Kosten Dritter zum Wohle der Stadt!“

Ecopoint. Das Wohl der Stadt hängt ursächlich, wie Schwarz überzeugt ist, mit einer prosperierenden Wirtschaft zusammen, womit wir zum ecopoint kommen. Die Wirtschaftsservicestelle ist quasi die Mutter aller Schlachten seiner Abteilung. 2004 gegründet, vor allem auch als Schanier zwischen Stadt und Wirtschaft, stellte sie späterhin die Blaupause für die Plattform 2020 dar. Der Servicecharakter besteht darin, dass man Unternehmen bei Grundstückssuchen (bis hin zur Einräumung von Baurecht auf städtische Flächen), Behördenwegen, Fördermöglichkeiten etc. aktiv hilft. Es gilt das onestop-Prinzip – keiner soll mehr auf sich allein gestellt durch den Behördendschungel geschickt werden. Schwarz hält es da frei nach dem Slogan „Geht’s der Wirtschaft gut, geht’s uns allen gut“ und macht einen kurzen Exkurs in die zirkuläre Prosperitätstheorie: „Wenn wir als Wirtschaftsstandort gut aufgestellt sind, bedeutet dies insgesamt mehr Wirtschaftskraft in und für die Stadt. Allein durch Mehreinnahmen aus der Kommunalsteuer, die seit Jahren nach oben geht, ergibt sich für die Stadt finanziell mehr Gestaltungsspielraum, was insgesamt eine positive Weiterentwicklung zur Folge hat.“ Neue Betriebsansiedlungen (ebenso wie das Halten bestehender) haben zudem unmittelbare Auswirkungen auf den Wohn- und Handelsstandort, weil einerseits durch ein höheres und vielfältiges Arbeitsplatzangebot Bürger in der Stadt gehalten werden, andererseits aber auch neue angelockt werden – einerseits als Einpendler, zusehends aber auch als Zuzügler, wie ein Wanderungsplus belegt. Damit wiederum steigt die Kaufkraft und Nachfrage innerhalb der Stadt, „und dies führt zu einer sukzessiven Verbesserung des Gesamt-Angebotes und damit einer Attraktivierung St. Pöltens.“

Im Veranstaltungsservice wird die ganze Eventkompetenz gebündelt. Christoph Schwarz 14

Grundstücksmanagement. War der „ecopoint“ ehemals bei der Baupolizei angesiedelt und damit Teil der Liegenschaftsverwaltung, ist letztere mittlerweile selbst im „Superministerium“ aufgegangen. Für Schwarz stellt die Liaison Wirtschaft-Grundstücksmanagement – im Österreich-Vergleich ein Unikum – den eigentlichen Glücksfall dar, „weil die Materien ja extrem zusammenhängen und das ein zukunftsrelevanter Bereich ist, den man aktiv gestalten muss.“ Aus diesem Grund hat man den „irreführenden Titel ‚Liegenschaftsverwaltung‘ hin zum stimmigeren ‚strategisches Grundstücksmanagement‘ geändert.“ Auf Basis von Stadtentwicklungskonzept, Raumordnung etc. gelte es die Grundstücke akkordiert und planmäßig weiterzuentwickeln und zu verwerten. Zum einen versucht man


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DENKANSTÖSSE. Schwarz lässt für relevante Stadthäuser auch Visionen entwickeln, in der Hoffnung, Besitzer dafür zu begeistern.

Denkanstöße zu verstehen sind. So lässt er etwa bei bestimmten CityImmobilien von Architekten Dachgeschossbauten planerisch umsetzen, um auf die Möglichkeiten der Verdichtung innerstädtischer Flächen zu verweisen. „Und das ist ein absolutes Zukunftsthema, das sehr wichtig für die Stadt ist!“ Ausgestattet mit diesen visionären, aber eben doch in der Grundannahme umsetzbaren Plänen, klappert er dann potenzielle Hausbesitzer ab „für die das vielleicht interessant sein könnte.“

dies über ein aktives Grundstücksmanagement stadteigener Flächen, wobei die Kommune bestrebt ist, durch Ankauf oder auch Grundstückstausch bestimmte Flächen zu erwerben und – im Idealfall – zu größeren Einheiten zu fusionieren, die dann der Widmung gemäß verwertet und auch diversen Investoren angeboten werden können. Zum anderen, weil eine Zusammenfassung nicht immer gelingt und „wir niemanden enteignen“, ist man aber ebenso bestrebt, den Grundstücksbesitzern mögliche attraktive Verwertungsmöglichkeiten bewusst zu machen. In Kürze lädt man zum Beispiel unter dem Schlagwort „Baulandaktivierung“ zu einer Informationsveranstaltung. Was dort passiert, erläutert Schwarz anhand eines Beispiels. „Ich könnte aktuell jeden Tag fünf Baugrundstücke vergeben, weil

die Nachfrage so groß ist – nur wir als Stadt haben nicht immer die passenden Flächen. Vielleicht gibt es aber einen Grundstücksbesitzer, der z. B. ein zwei ha großes, brachliegendes Baugrundstück hat, auf dem man 25 Bauparzellen umsetzen könnte. Dann laden wir diesen ein und eruieren, ob er Interesse an einer diesbezüglichen Verwertung hat. Und so dies der Fall ist, können wir – auf Basis seiner Vorstellungen – als Service unsererseits etwa die gesamte Abwicklung übernehmen, was eine win-win-Situation für alle Beteiligten darstellt.“ Schwarz nimmt sich darüber hinaus auch die Freiheit, dem Abteilungstitel „Zukunftsentwicklung“ entsprechend manch Utopien zu entwickeln, die zunächst noch gar nicht unbedingt auf etwaige gesetzliche Einschränkungen abstellen müssen, sondern eher als

Veranstaltungsservice. Am meisten Staub wirbelte zuletzt die Diskussion um das Büro V auf, dessen Auflösung zunächst nicht die notwendige 2/3 Mehrheit des Gemeinderates erhielt und daher zwischenzeitig als Verwaltungszombie mit Stammeinlage aber ohne Agenden und Personal dahinsiechte. Mittlerweile ist die Auflösung aber vom Gemeinderat abgesegnet worden. Die Agenden sind bereits gänzlich ins ZWM und die Marketing St. Pölten GmbH gewandert und im „Veranstaltungsservice“ aufgegangen. Für Schwarz ein richtiger Schritt. „Das Büro V hat gute Arbeit geleistet, hat eine Reihe von Stadtveranstaltungen bestens durchgeführt, von Stadtball über Ferienaktionen bis hin zum Bluesfestival oder Volksfest. Ebenso führte bisher aber auch die Marketing St. Pölten GmbH Feste durch, außerdem der Tourismus, etwa das Kellergassenfest. Mit dem nunmehr geschaffenen Veranstaltungsservice wird endlich die gesamte Eventkompetenz der Stadt gebündelt – das macht absolut Sinn!“ Schwarz hat aber ebenso die externen Veranstalter im Visier. Diese sollen in Hinkunft einen jeweils fixen Ansprechpartner haben, der sie quasi wie ein Buddy durch den Behörden- und Bewilligungsdschungel begleitet. Zudem sollen etwaige Potenziale bestmöglich zum Nutzen aller ausgeschöpft werden,

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ZUKUNFT. Christoph Schwarz zeigt uns, wo die Stadt in den nächsten Jahrzehnten den Wohnbau Richtung Westen forciert. Der Kaiserwald wird dann nicht mehr am Rand der Stadt, sondern wie ein Centralpark mitten im Wohngebiet liegen.

was in einem ersten Schritt zunächst eine Gesamtübersicht über die diversen Veranstaltungen notwendig macht. „Wenn ein Autohaus z.B. ein Auto am Rathausplatz präsentieren wollte, hat es sich bei der Verkehrsabteilung gemeldet. Jemand, der ein Fest am See durchführen wollte, wurde wiederum bei der Stadtgärtnerei vorstellig – und so weiter. Jetzt hingegen läuft das alles über uns, wir wissen, was passiert.“ Damit kann man aber auch etwaige Potenziale besser ausnutzen: „Vielleicht macht es z. B. Sinn, dass das Auto gleich im Rahmen einer Stadtveranstaltung präsentiert wird und sozusagen nicht als eigener Satellit. Für uns hätte das den Vorteil, einen interessanten Zusatzaspekt bieten zu können, das Autohaus wiederum dürfte sich über höhere Wahrnehmung der Aktion freuen. Oder nehmen wir den Töpfermarkt am Rathausplatz, der eine gute Sache ist, manchmal aber unter zu geringer Fre-

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quenz leidet, weil er fast zu klein für den großen Platz ist. Vielleicht macht es ja Sinn, diesen näher im Umfeld des Domplatzes anzusiedeln, etwa auch an Markttagen – der Töpfermarkt dürfte sich dadurch über höhere Frequenz freuen, und für die Stadt ist es gut, dass die Veranstaltung quasi gut eingesetzt ist.“ Marketing. Gut einsetzen, im Sinne der Minimierung von Streuverlusten, möchte Schwarz auch die Marketingmittel. „In der Vergangenheit hat jeder sein eigenes Ding gemacht – das waren oft gute Sachen, die aber ihre gänzliche Schubkraft nicht entfalten konnten, weil die rechte Hand nicht wusste, was die linke tut. Heute können wir konzertiert und zielorientiert vorgehen und damit das Maximum herausholen.“ Gewährleisten soll dies auch die räumliche Zusammenführung sämtlicher ZWM-Agenden im Schuberthaus in der Rathausgasse,

wo sozusagen alle unter einem Dach vereint sind. Geht es nach Schwarz, soll zudem ein richtiger Newsroom entstehen, „wo sich alle in die Außenkommunikation Involvierten – also auch Bürgermeistersekretariat, Öffentlichkeitsarbeit und eben wir – austauschen und gemeinsame Strategien entwickeln.“ Social Media Beauftragter inklusive, sieht Schwarz doch gerade in den gar nicht mehr so neuen Medien reichlich Aufholpotenzial für die Stadt. „Denken wir z. B. an die Semesterferienaktion. Es mag sinnvoll sein, diese per klassischer Presse-Aussendung an die Medien zu kommunizieren. Ebenso macht es aber auch Sinn, etwa ein Video von den Kindern in Action online zu stellen.“ Oder auf Facebook ... dazu bedürfte es freilich einer eigenen Facebook-Site. Ebenso wünscht sich Schwarz für die Homepage einen Relaunch insofern, dass man als User in Hinkunft auf der Startseite wählen können soll, ob man


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Informationen in Sachen Verwaltung braucht, oder ganz allgemein durch die Stadt und ihre Aktivitäten surfen möchte. Im Hinblick auf die allgemeine Positionierung der Stadt möchte Schwarz St. Pölten v. a. in der Außenwahrnehmung besser „verkaufen“. „In den letzten Jahren hat sich sukzessive ein Selbstbewusstsein der Bevölkerung entwickelt – die Menschen schätzen heute St. Pölten, das war nicht immer der Fall. Jetzt ist es Zeit, unsere Stärken und Besonderheiten auch nach außen zu tragen. Wir müssen nicht mehr im Kabarett für jeden Lacher gut sein, sondern es soll bewusst gemacht werden, wie lebenswert St. Pölten ist, welch tolle Ausstattung wir zu bieten haben – und da können wir mit jeder anderen Hauptstadt mithalten.“ Ganz im Gegenteil stelle die Lage St. Pöltens mittlerweile einen absoluten Standortvorteil dar, „weil wir in der Boomregion Österreichs, dem Osten rund um Wien, liegen. Wir sind jene Hauptstadt, die der Bundeshauptstadt am nächsten liegt – das ist ein Riesenvorteil!“ Einen, den es zu kommunizieren gelte und wofür Schwarz auch das nötige Geld in die Hand nehmen möchte. Kurzum, St. Pölten steht vor einer Imagekampagne, die diesen Namen auch verdient. Wie diese genau angelegt wird, ist noch offen, Schwarz möchte aber „auch Profis mit an Bord holen“, sprich eine Werbeagentur anheuern, „denn wir sind uns sicher nicht zu blöd, uns Know How auch von außen zu holen!“ Tourismus. Auch in Sachen Tourismus möchte Schwarz das Profil weiter schärfen. So soll die Hauptstadt, die Teil des Mostviertel Tourismus ist, „noch stärker als eigene Marke positioniert werden „immerhin weisen wir die meisten Nächtigungen und Ankünfte der Destination auf.“ Dieses

neue Selbstverständnis und –bewusstsein schlägt sich bereits im Namen nieder, ist nunmehr doch nur mehr vom „Tourismus St. Pölten“ die Rede - das bisherige „Tourismusbüro“ hat ausgedient. Schwarz ist dabei durchaus bewusst, dass St. Pölten nie DIE Sightseeing-Destination werden wird, „aber wir haben eine sensationelle Infrastruktur, die uns für anderes prädestiniert.“ So möchte man etwa – die Nähe Wiens nützend – noch stärker den Geschäftstourismus forcieren „und warum soll nicht etwa auch ein CEO die gute Anbindung St. Pöltens nutzen, bevor er sich nach Wien reinquält und dort das Doppelte für die Nacht bezahlt?“ Zudem gelte es die Knotenfunktion St. Pöltens noch stärker zu positionieren – diesbezüglich möchte Schwarz u. a. auch deutsche Busunternehmer ins Visier nehmen. „Aufgrund der Ruhenszeiten würde sich St. Pölten nämlich als guter Hotspot anbieten!“ Von hier aus könnte man die Bundeshauptstadt, ebenso wie Mariazell oder die Wachau erkunden – und das um einiges stressfreier als wenn der Ausgangspunkt Wien heißt“, ist Schwarz überzeugt. Potenzial ortet er ebenso im Hinblick auf den Radtourismus – Mut machen ihm diesbezüglich u. a. die positiven Reaktionen der Teilnehmer des IRONMAN 70.3., den Schwarz mit seiner bestzeit-Agentur seit Jahren in St. Pölten umsetzt. „Die Feedbacks der Radfahrer sind großartig, die erkunden ja schon im Vorfeld oft das Umland. Und unsere Radstrecke wurde von den Athlethen zur schönsten Europas gevoted!“ Dabei gehe es weniger um den Traisentalradweg „denn die Zeiten, da man sich nur dem Asphalt hingibt, sind vorbei“, sondern v. a. auch um das schöne, abwechslungsreiche Umland! Schwarz geht diesbezüglich schon mit einer eigenen Drucksorte schwanger, welche die schönsten Routen für die

Wir sind uns sicher nicht zu blöd, Know How von außen zu holen. Christoph Schwarz

Sportler perfekt aufbereitet zusammenstellen soll. Positiv blickt er auch der Fortentwicklung des Bettenangebotes entgegen „Ich rechne in den nächsten drei Jahren mit mindestens zwei zusätzlichen Hotels“ (s. auch S. 32), wobei das Interesse von Investoren, wie man hört, noch größer ist. Um auch diesbezüglich professionell gewappnet zu sein und einen hohen Service zu leisten, hat die Stadt unter Schwarz eine eigene Broschüre mit möglichen Hotelstandorten samt detaillierten Daten zu Grundstück, Umland & Co. erstellt. „Damit kann sich ein potenzieller Hotelinvestor sofort einen Überblick verschaffen.“ Kurzum – und dies zieht sich wie ein roter Faden durch das Superministierum – Schwarz setzt sehr auf Grundlagen-Arbeit. Er möchte sozusagen nicht unvorbereitet sein und dann, wie immer geartete Schnellschüsse machen, sondern soweit wie möglich akkordiert vorgehen und Synergien nutzen. Dass dabei nicht immer alles gelingen wird, dessen gibt sich Schwarz keinen Illusionen hin. „Dort, wo etwas nicht funktionieren sollte, müssen wir es eben nachjustieren oder etwas ganz anderes ausprobieren“ Diese Einstellung unterscheidet ihn von manch Altvorderem, wurde früher doch vieles aus Furcht, es könnte nicht aufgehen, erst gar nicht in Angriff genommen. Das Ergebnis war braves Verwalten des Bestehenden, aber wenig Innovation und Bewegung, ja im schlimmsten Fall Stillstand. Damit scheint es nun endgültig vorbei zu sein – und das passt ganz gut zur allgemeinen Aufbruchsstimmung der Stadt. „Wir machen Zukunft!“ lautete der Millenniumsslogan St. Pöltens zur Jahrtausendwende. Fühlte er sich damals noch wie ein schales Schlagwort ohne wirkliche Substanz und Plan dahinter an, so hätte er heute etwas Schlüssiges, auch Hoffnungsvolles – und Schwarz ist bereit, den Beweis anzutreten. „Messen Sie uns an den Ergebnissen!“

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UTOPIA

YZMA. Die Wiener Theatergruppe ist noch bis 3. Mai im Landesthater „Utopia“ auf der Spur.

Die Art selbst, wie sie Theater machen, mutet schon „utopisch“ an, auch wenn YZMA einräumen, „dass es diese Form sicher schon gegeben hat.“ In St. Pölten bringt das Ensemble „Utopia“ auf die Bühne und hat damit bereits im Vorfeld dafür gesorgt, dass auch wir uns des Themas annahmen. Woher kommt eigentlich euer Name? YZMA war die böse Hexe aus „Ein Königreich für ein Lama“. Da wir alle große Disney-Fans sind, war relativ rasch klar, wenn schon ein Name für unsere Theatergruppe, dann muss es dieser sein – YZMA ist ja eine sehr prägnante Figur im Film. Unser Gründungsjahr war 2014 – damals haben wir mit „Morsch“ beim Newcomer Wettbewerb des Theaters in der Drachengasse gewonnen und waren eines von vier Stücken, die Teil einer Aufführung waren, die regulär im Spielplan stand. Euer Zugang zum Theater ist ja sehr eigen, könnt ihr den kurz umreißen? Unser Hauptaugenmerk liegt darauf, ein Stück selbst zu entwickeln, das heißt wir gehen nicht von einem fertigen Drama oder Text aus, sondern von einem Thema, das wir in einem mehrwöchigen Prozess – der Recherchephase, Improvisationsphase und Probezeit umfasst – umkreisen. Daraus entsteht erst der eigentliche Text und ganz am Schluss das Stück an sich, das zumeist erst etwa drei Tage vor der Aufführung wirklich fertig ist. Für UTOPIA hatten wir 680 Seiten Rohmaterial zusammengetragen, das wir

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dann letztlich auf rund 90 Minuten eingedampft haben. Wobei ihr diesmal ja insofern eine Ausnahme gemacht habt, dass ihr sehr wohl von einer Textvorlage ausgegangen seid: Thomas Morus‘ Utopia. Wie kam es dazu? Ganz pragmatisch gesprochen: Der Text-Vorschlag kam vom Landestheater, das uns eingeladen hat, dazu etwas zu machen. Da haben wir gern zugesagt, weil Utopie ein Thema ist, das uns selbst sehr fasziniert, ebenso wie wir das heurige Spielplanthema „Die Welt ist groß“ spannend finden und bei Morus auch den Gedanken der Seefahrt. Wir bringen aber nicht den Morus-Text als solchen auf die Bühne, sondern haben wieder ein eigenes Stück entwickelt. Wir haben uns dabei zu Morus hin- und wieder wegbewegt, haben dieses ganze Zwischenreich zwischen der Entstehungszeit des Buches vor 500 Jahren und der Gegenwart, insbesondere auch der niederösterreichischen, ausgelotet und die Frage nach der Zukunft, der Utopie gestellt. Daraus sind zehn Thesen geworden. Auf eurem Weg habt ihr auch zahlreiche realisierte


TEXT: Johannes Reichl | Foto: YZMA/zVg

Utopien – oder wie im Falle Zwentendorfs auch gescheiterte – in Niederösterreich besucht, eure Eindrücke und Ergebnisse lässt ihr in das Stück einfließen. Welche Projekte haben euch am meisten fasziniert? Sehr beeindruckend war etwa das Cohousing Projekt Pomali in Oberwölbling, wo die Bewohner ihren Alltag gemeinsam regeln. Es klingt ja verrückt und ein bisschen esoterisch – aber wenn man dort hinkommt, fühlt man sich mit einem Mal ruhiger. Es herrschen ganz andere Vibes vor und man hat den Eindruck, dass die Menschen einander wohlgesonnen sind, was ja leider nicht überall der Fall ist. Die Bewohner leben nach dem Prinzip der Soziokratur, alle Beschlüsse, welche das Zusammenleben betreffen, müssen einstimmig gefällt werden, jeder hat ein Vetorecht! Zunächst dachten wir, „Bitte, wie soll das denn funktionieren?“ – aber die Bewohner haben uns den Eindruck vermittelt, dass es tatsächlich gelingt, ja dass sie gerade deshalb gelernt haben, sich noch mehr aufeinander zu verlassen, einzulassen und Rücksicht aufeinander zu nehmen. Was bei allen Projekten spannend war, sind die Menschen selbst – die Utopie scheint in den Personen selbst manifest zu werden. Leo Navratil vom Museum Gugging etwa bezeichnet sich selbst als „Utopist“, auch weil die Utopie, wie er sagt, nie abgeschlossen ist. Er hat uns erzählt, gegen welche Widerstände er ehemals ankämpfen musste, aber er hat seinen Traum verwirklicht – das macht Mut!

Klingt sehr politisch und nach einem gehörigen Schuss Gesellschaftskritik. Packt ihr die Moralkeule aus? Nein. Das ist ja kein Lehrstück, wo wir sozusagen mit dem erhobenen Zeigefinger herumrennen. Es ist auch nicht so, dass wir etwa den Rechtsruck als Hauptaspekt thematisieren, wenngleich wir an manch aktuellem Phänomen wie Trump, AfD, Islamischer Staat etc. natürlich nicht vorbeigehen können bzw. gar nicht vorbeigehen wollen. Wir bleiben aber nicht im Gegenwärtigen stecken, sondern versuchen das Ganze vielmehr auch auf eine Metaebene zu heben, wo es um ganz allgemeingültige Themen wie Angst, Liebe, Verantwortung, Familie etc. geht, die jeden einzelnen betreffen. In unseren Stücken kommt auch der Humor nicht zu kurz, alleine schon deshalb, weil es ja aufgrund unseres Zuganges ein sehr assoziatives Stück ist, und da passiert viel Absurdes und Witziges. Außerdem steckt auch viel Selbstironie drin, weil der Text ja von uns ist – das können wir nicht alles zu 100% ernstnehmen bzw. uns selbst so wichtig. Letztlich wollen wir die Besucher unterhalten … und vielleicht ein bisschen zum Nachdenken animieren!

INFO: www.landestheater.net | www.yzma.org

Wobei die von euch besuchten Orte ja keine Utopien mehr darstellen, weil sie schon realisiert sind. Ist es heute schwer, Utopisten zu finden? Das Problem ist, wie wir Utopien heute überhaupt denken können, in einer vermeintlich fertigen Welt mit starren Denksystemen, wie der Kapitalismus eines darstellt. Wie kann man das aufbrechen? Und wie begegnet man den eigenen Ängsten, die dann rasch miteinhergehen. Man kann zum Beispiel locker sagen – um einen Gedanken von Morus aufzugreifen – weg mit dem Privateigentum. Aber das heißt auch, dass man z.B. – ganz banal – nichts mehr schenken kann, weil man ja nichts mehr hat. Will ich das? Wobei es natürlich bei der Utopie darum geht, auch das vermeintlich Undenkbare zu denken. Sie erschöpft sich nicht darin, an ein paar Schrauben zu drehen – weil da sind wir bei Reformen. Sie ist auch kein Baukasten, den man einfach zusammensetzt und dann sagt: So, das ist es jetzt, sondern man muss sich auf den Weg machen, muss das eine oder andere verändern und wird begreifen, dass auch das bisher als unveränderbar Angenommene nicht starr ist. So gesehen hat jede Utopie Auswirkungen auf die Gegenwart. Aktuell ist etwa das Phänomen konstatierbar, dass sich die Rechte des Feldes bemächtigt hat und eine rückwärtsgewandte Utopie verfolgt, die in der Abschottung und Abgrenzung das Heil sieht und den Staat nach ihren Regeln umformen möchte. Dieses Feld gilt es zurückzuerobern.

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Gelebte Neutralität In ihrem neu verabschiedeten Programm spricht die Bundesregierung auch die weltanschauliche und religiöse Neutralität im öffentlichen Raum an. Doch wird diese in Österreich auch gelebt oder ist sie bloßer Vorwand, um die Rechte einzelner Religionsgemeinschaften zu beschneiden?

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as Verhältnis zwischen Staat und Religion steht wieder auf dem Prüfstand. In einem Arbeitsprogramm spricht sich die Regierung unter dem Motto der In­ tegration für die weltanschauliche und religiöse Neutralität im öffent­ lichen Dienst aus und will zudem

Kein Verbot, sondern Neutralität Die Führung der Islamischen Glaubensgemeinschaft schrieb ihren Religionslehrerinnen 1995 vor, Kopftücher zu tragen – in der darauffolgenden Diskussion tauchte schließlich in österreichischen Medien erstmals der Begriff des Kopftuchverbotes auf. Die Diskussion war damals rasch mit der Begründung, dass dies „einen unzulässigen Eingriff in verfassungsgesetzlich geschützte Rechte auf Glaubens- und Gewissensfreiheit“ darstelle, beendet. In Frankreich kam es 2004 zu einem Verbot von auffälligen religiösen Symbolen an öffentlichen Schulen, davon betroffen waren neben dem Kopftuch auch die jüdische Kippa oder größere christliche Kreuze. Der damalige Staatspräsident Jacques Chirac meinte, dass diese Symbole „in einem laizistischen Staat an öffentlichen Schulen keinen Platz“ hätten. 2011 folgte schließlich ein Verbot der Gesichtsverschleierung im öffentlichen Raum, das nach einer Klage auch vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bestätigt wurde. In Deutschland gab es für Lehrerinnen im öffentlichen Dienst in einigen Bundesländern Kopftuchverbote, die aber durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts mit dem Verweis auf Glaubensfreiheit 2015 aufgehoben wurden. Anlässlich des französischen Verbotes meinte die damalige Unterrichtsministerin Elisabeth Gerer noch: „Es ist in Österreich kein Thema, es war nie eines und es wird nie eines sein.“ Derzeit scheint sie zumindest in Bezug auf die Schulen Recht zu behalten, denn die sind aus der Debatte (noch) ausgenommen.

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ein Vollverschleierungsverbot im öf­ fentlichen Raum durchsetzen. Kon­ krete Gesetzesentwürfe stehen derzeit noch aus, ein Blick auf die derzeitige Praxis lässt zudem fragen, ob akuter Handlungsbedarf besteht. So sind es vor allem Polizei und Justiz, die als Beispiele für die staatliche Neutrali­

tät angeführt werden. Für das Lan­ desgericht St. Pölten ist die Sache schon jetzt eindeutig: „Ich bin der Meinung, dass religiöse Symbole im Gerichtssaal nichts verloren haben“, stellt Andrea Humer, Vizepräsidentin des Landesgerichts St. Pölten, klar. Schon jetzt gibt es im Gerichtssaal


TEXT: Sascha harold, Dominik leitner | Fotos: hermann Rauschmayr, Sepp Gruber/ZVG, natbasil-fotolia.com

keine Kreuze mehr und auch soge­ nannte Schwurgerichtsgarnituren, die zum Ablegen religiöser Eide ver­ wendet werden, sind in der Praxis kaum bis gar nicht mehr im Einsatz. Seit einigen Jahren sind sie deshalb in St. Pölten aus den Gerichtssälen entfernt. Was die Vollverschleierung vor Gericht angeht, hat Humer eben­ falls eine klare Meinung: „Ich kann mir nicht vorstellen einen Prozess zu führen, wo jemand verschleiert ist, ich muss Aussagen in ihrer Ge­ samtheit würdigen, das ist durch die Vollverschleierung nicht möglich.“ Außerdem sei es schon aus Gründen der Identitätsfeststellung notwendig, das Gesicht erkennbar zu machen.

Bei der Polizei ist der Fall ähnlich gelagert, religiöse Kleidung wird großteils schon durch entsprechende Bekleidungsvorschriften unmöglich gemacht. Markus Haindl von der NÖ Landespolizeidirektion dazu: „Das Tragen von anderen Kopfbe­ deckungen als den vorgeschriebenen ist nicht vorgesehen. Bei uns gibt es Menschen mit muslimischem Glau­ bensbekenntnis, das Kopftuch war aber noch nie ein Thema.“ Rechtliche Lage schwierig Das Kopftuch ist in den letzten Jah­ ren immer wieder zum Symbol des Kampfes zwischen staatlicher Sä­ kularisierung und Religionsfreiheit

geworden. Die rechtlichen Bestim­ mungen sind auch im internationalen Vergleich divers und umstritten (siehe Infobox „Kein Verbot, sondern Neutralität“). In Österreich ist dabei die Beziehung zwischen Kirche und Staat grundlegend anders gelagert als bei­ spielsweise in Frankreich. Während dieser als laizistischer Staat auftritt und die Trennung von Kirche und Staat proaktiv betreibt, ist Österreich durch einen Vertrag aus der Zwi­ schenkriegszeit, dem sogenannten Konkordat, seit jeher mit dem Heili­ gen Stuhl im Vatikan verbunden. Das ist auch ein Grund, warum die eben­ falls immer wieder aufkeimende De­ batte um das Kreuz in der Schule

Die Krux mit dem Kreuz In den vergangenen Jahren gab es mehrere Rechtsprechungen zu diesem Thema: 2011 klagte ein niederösterreichischer Vater, da er im Kindergarten seines Sohnes ein Kreuz entdeckte. Der Fall wurde in letzter Instanz vor dem österreichischen Verfassungsgerichtshof verhandelt – dieser lehnte die Klage ab und erklärte „Das Kreuz ist ohne Zweifel zu einem Symbol der abendländischen Geistesgeschichte geworden.“ In Wien setzte hingegen 2013 eine Mutter das Abnehmen des Kreuzes an der Schule ihres Kindes durch. In der Bayerischen Volksschulordnung von 1983 war festgehalten, dass in jedem Klassenzimmer ein Kruzifix (ein Kreuz mit einer Darstellung des gekreuzigten Jesus) oder zumindest ein Kreuz hängen muss. Diese Regelung hatte bis 1995 Bestand – dann erklärte das deutsche Bundesverfassungsgericht diese Teile der Volksschulordnung für verfassungswidrig und nichtig. Anders in Italien: Dort hat eine Mutter zweier Söhne die Kreuze in der Schule als „Verstoß gegen die Religionsfreiheit“ angesehen – und ging damit bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. In der ersten Instanz im Jahr 2009 bekam die Mutter Recht, in der zweiten Instanz vollführten die Richter jedoch eine Kehrtwende: Zwar müsse der Staat bei der Gestaltung des schulischen Umfelds auch die weltanschaulichen Überzeugungen der Eltern beachten, jedoch seien Kreuze nur „stumme und passive Symbole“, die keinen Einfluss auf den Unterricht hätten. Der EGMR überlässt die Handhabung also den einzelnen Staaten.

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WERNER T. BAUER

Scheindebatte

Der Politologe Werner T. Bauer ist studierter Ethnologe und bei der Österreichischen Gesellschaft für Politikberatung und Politikentwicklung beschäftigt. Im Vorjahr legte er seine Studie „Der Islam in Österreich“ vor. Wie ist Ihre Einschätzung zum aktuell debattierten Neutralitätsgebot? Generell ist die Debatte komplex, auch aus juristischen Gründen. Das sieht man etwa in Frankreich oder Deutschland bei den dortigen Kopftuch- und Burkaverboten. Grundsätzlich sollte man unterscheiden zwischen religiösen Symbolen, wie dem Kreuz oder dem Davidstern, und zwischen Kleidungsstücken wie Niqab, Burka und Kopftuch, die vor allem symbolisch aufgeladen sind.

Was halten Sie von den in Diskussion stehenden Verboten? Das Grundproblem ist auf der einen Seite, dass ein Verbot von Kleidungsstücken im Widerspruch zu unserer freiheitlich, demokratischen Rechtsordnung steht. Im Moment wird deshalb versucht Kleidungsvorschriften etwa durch Vermummungsverbote im öffentlichen Raum umzusetzen. Was aber geht und was ein Staat kann und vielleicht auch soll, ist zu beschließen, dass staatliche Bedienstete nach außen hin neutral aufzutreten haben. Es ist aber auch unter Experten – denkt man etwa an ein Kopftuchverbot für Lehrerinnen – umstritten wie weit man dabei gehen soll.

Wird beim Thema Schule das Kopftuch der Lehrerin und das Kreuz an der Wand unterschiedlich bewertet? Die Frage, was Kreuze in Schulen verloren haben, kann man stellen. Was das Kopftuch angeht, begibt man sich mit Verboten jedenfalls auf gefährliches Terrain. Ein Beispiel: Wenn im ländlichen Raum eine Lehrerin im Dirndl unterrichten möchte, Eltern aus einer urbanen Region damit, wegen der symbolischen Bedeutung der Tracht, aber ein Problem haben, sollte man es dann verbieten? Im Grunde geht es um das Terrain zwischen Selbstbestimmung und öffentlich gezeigter Neutralität, Entscheidungen sollten wahrscheinlich im Einzelfall getroffen werden. Die Tendenz, alles regeln zu wollen, ist in diesem Bereich fehl am Platz.

Die Debatte dreht sich derzeit auch um Richter und Polizisten, deren Bekleidung aber ohnehin bereits geregelt ist. Fehlt die Tiefe in der Diskussion? Wie fast alles in Österreich ist es vor allem eine populistische Scheindebatte, um gewisse Boulevardmedien zufrieden zu stellen, beziehungsweise gewissen politischen Parteien den Wind aus den Segeln zu nehmen. Eine wirklich intellektuell fundierte Debatte wird nicht geführt. Mit Verboten löst man Probleme in diesem Bereich jedenfalls nicht. Man sollte eine gewisse Wachsamkeit walten lassen, sich dabei aber nicht auf Äußerlichkeiten beschränken.

schon im Vorhinein zum Scheitern verurteilt ist: Im Religionsunterichts­ gesetz von 1949 findet man erstmals die Regelung, dass in allen Schulen, an denen die Mehrzahl der Schüler einem christlichen Religionsbekennt­ nis angehören, in jeder Schulklasse ein Kreuz angebracht werden muss. In einem weiteren Konkordat zum Schulwesen (für alle öffentlichen 22

Schulen), unterzeichnet 1962, nimmt der Vatikan diese Regelung zur Kenntnis – entmachtet aber im selben Absatz die österreichische Politik: „Eine Änderung dieses Zustandes wird nicht ohne Einvernehmen mit dem Heiligen Stuhl stattfinden.“ Politisch gibt es aber ohnehin en­ den wollendes Interesse, an diesem Zustand etwas zu ändern. Die un­

terschiedliche Bewertung von Kopf­ tuch und Kreuz wird meist mit der historischen Bedeutung des Kreuzes für Österreich begründet (siehe Infobox „Die Krux mit dem Kreuz“). Klaus Otzelberger (FPÖ) stellt daher klar: „Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat vor weni­ gen Jahren festgestellt, dass Kreuze in Schulklassen nur ‚stumme und passive Symbole‘ sind, die für unsere Geschichte, Identität und Kultur ste­ hen.“ Das im Raum stehende Neu­ tralitätsgebot sei daher für ihn auch nicht auf das Kreuz im Klassenzim­ mer zu beziehen. Vizebürgermeister Matthias Adl (ÖVP) schlägt in die­ selbe Kerbe und meint, dass „Kreuz und Kopftuch in keiner Weise mit­ einander vergleichbar“ seien. Franz Gunacker (SPÖ) hält jedenfalls fest, dass „eine strikte Trennung zwischen Staat und Kirche“ in Österreich be­ stehen sollte, am Kreuz im Klassen­ zimmer möchte auch er nicht rütteln. Auf der anderen Seite sei Integration für ihn aber auch „mehr, als nur eine Diskussion über das Kopftuch.“ Dem Sonderstatus des Kreuzes wider­ spricht in der politischen Landschaft St. Pöltens derzeit jedenfalls keine Partei. Markus Hippmann (Grüne) fasst den herrschenden Konsens so zusammen: „Das Kreuz repräsentiert im öffentlichen Raum uns selbst und das wofür wir und unsere westliche Kultur stehen und hat einen anderen Wertstatus als ein Kopftuch.“ Alle religiösen Symbole verbieten Anders sieht das Emel Güzel, die als Lehrerin in der Theodor Körner Hauptschule Sport und Mathematik unterrichtet. Auch wenn die Schu­ len in der Debatte im Moment aus­ genommen sind, findet Güzel, dass auch hier eine strikte Trennung von Kirche und Staat notwendig wäre. Das Kopftuch bei Lehrerinnen sieht sie kritisch: „Lehrer sollten neutral auftreten, das Kopftuch ist für mich aber ein religiöses Symbol.“ Als Ale­ vitin trägt die aus der Türkei stam­ mende Lehrerin selbst auch in ihrer Freizeit kein Kopftuch, unter Kol­ leginnen ist ihr ebenfalls kein Fall


Gelebte Neutralität

Privat oder öffentlich. Im Zuge des Festes der Begegnung stellen Kulturen und Religionen ihre Besonderheiten zur Schau. Auf dem Bild ist ein traditioneller alevitischer Tanz zu sehen.

bekannt – die Ausnahme bilden is­ lamische Religionslehrerinnen. In St. Pölten scheint eine Diskussion über Kopftücher in Schulen, jedenfalls auf­ seiten der Lehrerinnen, nicht notwen­ dig. Beim Thema staatlicher Neutra­ lität darf für sie auch das Kreuz nicht ausgeklammert werden: „Das Kreuz ist kein kulturelles Symbol, sondern ein religiöses. Ich würde ein Gesetz begrüßen, aber für alle. Das Kreuz kann dann ja im Religionsunterricht aufgehängt werden.“ Religion sei für sie strikte Privatsache, ihren Schü­

lern gegenüber möchte sie neutral auftreten. Dem Argument, wonach das Kopftuch ein Zeichen der Un­ terdrückung sei, stimmt sie nicht zu: „Es gibt sicher Fälle, wo ein Kopf­ tuch nicht freiwillig getragen wird, aber es gibt genauso auch viele junge Mädchen, die es aus Überzeugung tragen.“ Die Grenze zwischen kulturellen und religiösen Symbolen ist nicht ein­ fach zu ziehen und in vielen Fällen strittig. Jedenfalls wird mit Verboten in diesem Bereich die Tür zu weit­

Gemeinsame Kultur. Das Fest der Begegnung findet in seiner derzeitigen Form seit 2004 als zweitägiges Festival am Rathausplatz statt. Das nächste Mal ist es am 9. und 10. September.

reichenderen Kleidungsvorschriften aufgestoßen, die Frage, wann Ein­ schnitte in das Selbstbestimmungs­ recht gerechtfertigt sind, ist heikel. Die St. Pöltner Religionsgemein­ schaften betonen jedenfalls das prin­ zipiell gute Einvernehmen und stehen Verboten kritisch gegenüber. Bischof Klaus Küng betont, „dass Staat, Kir­ chen und Religionsgemeinschaften in einem konstruktiven Miteinander stehen.“ Neutralität sei dabei die Grundlage für den „positiven Aus­ tausch aller.“ Auch Mehmet Mercan, Obmann der Alevitischen Glaubens­ gemeinschaft, ist prinzipiell gegen Verbote. Beim Kopftuch hat er eine differenzierte Sichtweise: „Proble­ matisch wird es, wenn Zwang dahin­ ter steckt, in der Praxis ist das aber schwer zu differenzieren.“ Kritisch sieht er, dass sich Verbote in diesem Bereich vor allem gegen den Islam wenden, die Kopfbedeckung ortho­ doxer Juden würde beispielsweise gar nicht thematisiert. Auch der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft Ibrahim Ol­ gun greift das Argument auf: „Eine ‚Lex Islam‘ darf es nicht geben. Falls selbst verklausuliert Bestimmungen Einzug finden, die sich vor allem ge­ gen Musliminnen richten, wäre das aber der Fall. Religionsfreiheit ist nicht verhandelbar.“ MFG 03.17

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MFG URBAN

unsere werte

Gelebte Neutralität

ARTEN der Verhüllung im ISLAM

MICHAEL MÜLLNER

Foto: Markus Mainka-Fotolia.com

Wenn die Cobra Häuser stürmt und mutmaßliche Extremisten festnimmt, dann haben die Sorgen der Welt wohl auch in unser heimeliges Dorf Einzug gehalten. Bevor wir jetzt alle panisch durcheinanderlaufen, sollten wir uns aber noch etwas Luxus gönnen. Wir fürchten uns nicht davor, dass uns beim Wandern der Blitz trifft. Wir blicken dem Tod ins Angesicht, wenn wir uns hinters Steuer klemmen. Wir wissen natürlich Bescheid über diese Wahrscheinlichkeiten und die echten Probleme. Aber davon wird unsere Angst leider auch nicht besser. Vielleicht sind ja ehrliche Worte hilfreich, in unserer Angsttherapie? Ja, wir sind ein Einwanderungsland – seit Generationen. Ja, wir haben das bisher erfolgreich verleugnet – seit langem. Ja, das fällt uns jetzt auf den Schädel – weil wir nicht fähig sind mit Problemen offen umzugehen. Klare Regeln könnten uns helfen. Und Konsequenzen bei Regelverstößen. Meine erste Regel wäre: Wir sollten stolz sein auf unsere Werte. Ich denke da aber nicht an Vollrausch mit 14 und Schweinsbraten im Kindergarten. Sondern eher an die Kombination aus Rechtsstaat und Demokratie. Schon richtig, beide sind echt mühsam. Aber wenn sie im Duett auftreten und gut in Form sind, dann sind die beiden unschlagbar. Dann verkraften wir auch einen ausländischen Politiker, der hierzulande der Abschaffung von Rechtsstaat und Demokratie in seiner Heimat das Wort redet. Wir erlauben Schwachsinn, weil unsere Argumente stärker sind. Weil unser Gesellschaftsentwurf erstrebenswerter ist. Und zum Beweis schicken wir unsere Politiker auf Gegenbesuch, damit sie dort der Freiheit das Wort reden – da wird doch keiner was dagegen haben, oder? Und ja, wem das nicht passt, der muss sich die Frage gefallen lassen, was für eine Rolle er in unserer Gesellschaft eigentlich spielen will.

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Hidschab

Burka

Nikab

Tschador

Konstruktives Miteinander Erfahrung mit dem Zusammen­ leben der Religionen in St. Pölten bringt Sepp Gruber mit. Der Theo­ loge ist als Betriebsseelsorger tätig und organisiert seit Jahren das Fest der Begegnung, bei dem Kulturen und Religionen zusammenkommen. Zwischen Österreich und anderen Ländern sieht er im Verhältnis von Kirche und Staat Unterschiede: „Wir haben in Österreich nicht den radi­ kalen Säkularismus wie in Frank­ reich. Die Gleichwertigkeit aller Religionen muss staatlich gegeben sein!“ Religion ganz aus dem öffent­ lichen Raum zu drängen, wäre für ihn jedenfalls keine Lösung. Anders gelagert sieht er Vollverschleierung: „Die ist sehr wohl ein Symbol einer Unterdrückungsgesellschaft. Beim Kopftuch hingegen ist es nur bedenk­ lich, wenn das in Kindergarten und Volksschule getragen wird.“ In die­ sen Fällen stelle sich die Frage, ob es nicht eher ein politisches Signal der Eltern und Autoritäten sei. Ganz all­ gemein sei das Kopftuch aber auch

aus christlichen Kontexten bekannt, die Beschränkung der Debatte auf ein allgemeines Verbot, mit dem v. a. Muslime belegt würden, ist für Gru­ ber daher verkürzt. „Man bekommt bei Außen- und Innenminister den Eindruck, dass gegen Muslime Politik gemacht wird, und das geht gegen die Religionsfreiheit. Klosterschwestern verbietet man das Kopftuch ja auch nicht. Die Empfindsamkeit ist offen­ sichtlich eine ganz andere, sobald es um muslimische Zeichen geht.“ Die Debatte um Neutralität im öf­ fentlichen Raum kann jedenfalls nur dann seriös geführt werden, wenn Religionen tatsächlich neutral be­ handelt werden. Die Rechtfertigung des Kreuzes mit dessen historischkultureller Bedeutung hinterlässt einen schalen Beigeschmack, wenn man anderen Religionen diese kultu­ relle Bedeutung nicht zugesteht. Ge­ rade der Diskurs um Kopftuch und Kreuz zeigt auch, dass das Verhältnis zwischen Staat und Kirche trotz offi­ zieller Säkularität von ständigen Aus­ handlungsprozessen geformt wird.


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HDZ. Das Haus der Zukunft soll ein Leuchtturm-Projekt im Rathausbezirk werden.

Es geht rund rund ums Rathaus Das Innenstadt-Viertel zwischen Rathausplatz, Heßstraße, Linzer Straße und Promenade formt sich neu. Magistrat und einige private Player formen mit. Die Pläne sind konkret.

I

ntensiv“ ist das Wort dieser Tage im Kontext mit geplanten Bauvorhaben in der St. Pöltner Innenstadt. „Intensive Gespräche“ laufen nämlich über eine Wohnanlage in der Linzer Straße, über das LT1 am Linzer Tor, über das Haus der Zukunft in der Heßstraße und über das Großprojekt am Karmeliterhof. Allesamt Vorhaben, die das umsortierte Rathausviertel in Zukunft prägen werden. Die Pläne dafür sind konkret, manche seit Jahren. Allen Projekten ist auch gemeinsam, dass sie sich zurzeit in einer heißen Phase befinden – und umgesetzt wird, wenn sich diese abgekühlt hat, wenn also die optimierten Verträge unterschrieben, die optimalen Partner gefunden, die beeinspruchenden Anrainer überzeugt und die Eigentumsverhältnisse geklärt sind. Eins ist sicher: In wenigen Jahren wird sich die Altstadt zwischen Rathausplatz, Linzer Straße, Promenade und Heßstraße massiv verändert haben. Denn umgesetzt werden diese Vorhaben ganz sicher. Das Großprojekt am Karmeliterhof. 2010 stimmt der Gemeinderat dem Verkauf des Areals zwischen Promenade, Löwenhof, Karmeliterkloster und Heßstraße zu. Die Projektentwicklungsgesellschaft von Peter Lengersdorff und 26

Michael Rieder soll dort ein Projekt mit Wohnungen und Büros realisieren. Außerdem soll sich das Stadtmuseum in diese Richtung ausdehnen können und eine Tiefgarage die Rathausgarage ergänzen. „Das Projekt lebt“, betonte Michael Rieder damals, „es kann noch wachsen und sich verändern.“ Abgewickelt wurde der Kauf des 6.500 Quadratmeter großen Areals dann 2014. In diesem Jahr waren auch erstmals Wohnungsgenossenschaften am Standort Karmeliterhof interessiert. Denn die Stadt verlangte im Projekt geförderte Wohnungen. Im Sommer 2016 waren

VOR DEM MAUERFALL. Hinter dem Pferd soll das Wohn- und Büro-

projekt „Karmeliterhof“ entstehen und „neues Blut“ in die City bringen.


TEXT: beate Steiner | Fotos: beate steiner, Architekturbüro Pfoser/HDZ

alle rechtlichen Unklarheiten zwischen Stadt und Projektbetreibern beseitigt, neue Wegerechte und Grenzverläufe waren festgelegt. Anfang dieses Jahres sind dann die ersten Baumaschinen zu Sondierungsbohrungen aufgefahren. „Die Vorzeichen für einen zeitnahen Baubeginn stehen gut“, sagt Michael Rieder, „das vorgestellte Projekt wird realisiert, es finden intensive Gespräche mit diversen Investoren und Vertragspartnern statt.“ Das LT1 am Linzertor. Am Linzertor soll als Initialzündung zur Belebung der Linzer Straße auf 3.650 Quadratmetern ein Büro- und Geschäftshaus entstehen, ursprünglich mit dem Möbelhaus Weinhofer im Erdgeschoß, Büros von Rechtsanwalt Anton Hintermeier und der Agentur Living Office sowie Wohnungen. Initial gezündet wurde rasch mit dem Abriss der Maderna-Villa und der Adaptierung des Geländes im Jahr 2011. In den letzten Jahren haben sich die Eigentümerverhältnisse und das Projekt etwas geändert. Kommunikationsberater Martin Bosch ist mit seiner Agentur „Living Office“ aus-, Steuerberater Franz Höchtl eingestiegen. Wie es weitergeht, entscheidet sich in den nächsten Wochen: „Wir führen intensive Gespräche“, bestätigt Eigentümervertreter Anton Hintermeier. Das Haus der Zukunft. Im März 2016 war fix, dass St. Pölten als Gegenstück zum Haus der Geschichte ein Haus der Zukunft bekommt. Als moderne Bibliothek und als niederschwellige Einrichtung, die vom Buch hin zu den Labors führt und Basisbildung erlebbar macht. 3.000 Quadratmeter Fläche sollen da zukunftsorientiert bespielt werden. Dafür wird Architekt Wolfgang Pfoser das „Wesely-Haus“ in der Heßstraße viergeschoßig umgestalten. Im Erdgeschoß soll eine auf neuesten Stand gebrachte Bibliothek einziehen, der Mittelteil wird zum Science-Center, für das FH-Professor Hannes Raffaseder bereits ein Konzept geschrieben hat. Beim Umbau bleibt die für die 1960er-Jahre typische „fragile Wabe“ erhalten, dank des Stahlkonstrukts kann aufgestockt werden, soll sogar ein Planetarium geben. „Das markante Gebäude schreit nach urbanem Inhalt“, ist Eigentümer Martin Bosch von der futuristischen Belebung des ehemaligen Autohauses begeistert. Im Jänner wurden die Grundstücksgrenzen arrondiert und das dahinterliegende Rossmarkstüberl abgerissen. Es machte Platz für einen atriumartigen, multifunktionalen Raum für das kommende Haus der Zukunft. Baustart soll in den nächsten Wochen sein. Vorher gibt es allerdings noch intensive Vertrags-Matches zwischen der Stadt und Eigentümer Martin Bosch, weil geklärt werden muss, in welcher Rolle die Stadt in dieses Projekt einsteigt. Das Wohnprojekt im alten Pressehaus. Ein spektakuläres Wohnprojekt im Zentrum der Stadt wurde im Frühjahr 2015 präsentiert: Eigentümer Immofinanz wollte das Haus Linzer Straße 3-5 zur Wohnanlage mit über 30 Einheiten, inklusive Kinderspielplatz und Tiefgarage umbauen. Entstehen sollten drei verschiedene Gebäudeteile in St.

LINZERSTRASSE. Das als Kleiderbauerhaus bekannte Gebäude, in

dem vor Jahrzehnten der Pressverein residierte, kommt als Wohnhaus zu neuer Bedeutung in der Linzer Straße.

Pölten-typischer Hof-Struktur mit Zwei- bis VierzimmerWohnungen. Das alte NÖ Pressehaus im Fußgängerzonenteil der Linzer Straße, vielen als ehemaliges „KleiderbauerHaus“ bekannt, hatte jahrelang auf eine Revitalisierung gewartet und musste nach der Ankündigung weiter warten. Jetzt kommt jedoch Bewegung in das Projekt: Die Immofinanz hat das Objekt wegen einer„strategischen Neuausrichtung“ Ende 2016 verkauft, bestätigt Unternehmenssprecherin Bettina Schragl: „Objekte, die nicht länger in unser Kernportfolio passen, geben wir ab.“ Käufer der Top-Immobilie ist der Wiener Rechtsanwalt Helmut Rieger, der seit Jahren im Immobilienbereich tätig ist. Rieger will das Projekt wie ursprünglich geplant realisieren. „Wir sind in der Zielgeraden. Im Herbst ist voraussichtlich Baubeginn, wenn wir in den nächsten Wochen alle Genehmigungen bekommen“, so der Investor. Es werde Licht in der „Dark Road of the Town“. Mehr als zwei Jahre ist es her, dass „MFG“ über Hoffnungsschimmer in der Linzer Straße berichtet hat. Das LT1 am Linzertor, das Karmeliterhof-Projekt und die Revitalisierung des Hauses Linzer Straße 10-12 sollten dabei eine Rolle spielen. Letzteres ist in Arbeit, über 400 Quadratmeter Wohnnutzfläche kommen durch die Sanierung dazu, die Stadt als Eigentümer hofft dabei auf einen Domino-Effekt bei anderen Hausbesitzern. Die sind wie die Mieter und die Stadt auch beim Grätzl-Plan gefragt, der neues Leben in die siechende Straße bringen soll. Gemeinsam mit dem Architekten Andreas Aichberger soll ein Konzept entwickelt werden, das „die Aufenthaltsqualität erhöht und die Linzer Straße wieder als Wohnort attraktiv macht.“ Konkret sollen also die Liegenschaften entwickelt und der öffentliche Raum attraktiviert werden. Wesentlich ist für Aichberger die Erdgeschoßzone. „Geschäfte, Kreativberufe, Büros, Lokale – ein guter Mix aus all diesen Bereichen sollte in der Linzer Straße möglich sein. Vieles davon gibt es ja bereits“. Aichberger will noch im Frühjahr die fertigen GrätzelPläne vorstellen. MFG 03.17

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MFG URBAN

Es geht rund rund ums Rathaus

NEUES LEBEN.

Bibliothek, Science Center & Co. im HDZ.

Ein Leitprojekt ist bereits fix beschlossen: Der Eingang der Bühne im Hof wird von der Julius-Raab-Promenade wieder in die Linzer Straße verlegt. Damit ist der Kulturbetrieb wieder besser an das Stadtzentrum angebunden. Gleichzeitig sollen ein überdachter Eingang in den Innenhof und ein größeres Foyer entstehen die Gastronomie bleibt, wie Thomas Gludovatz bestätigt, Geschäftsführer der NÖ Kulturwirtschaft: „Wir leisten damit einen gewissen Beitrag zur Belebung der Linzer Straße. Abgestimmt mit dem Baudirektor der Stadt werden wir die Logistik gut hinkriegen.“ Umgebaut wird während der Sommerpause, eventuell sogar auf zwei Etappen: „Die Bühne im Hof soll weiter organisch wachsen“, so Gludovatz. Magistrats-Rochaden im Rathausviertel. Die Stadtgemeinde selbst ist Eigentümer von insgesamt fünf Liegenschaften in der Linzer Straße und geht nicht nur beim Haus Linzer Straße 10-12 mit gutem Beispiel voran. Auch das Stadtwerkehaus am Linzer Tor wird aufgestockt und ausgebaut, im Sinne des Konzepts für das Rathausviertel. Diese Neustrukturierung der städtischen Verwaltung soll Effizienz und kurze Wege für die Bürger bringen. Die Arbeiten im Stadtwerkehaus sollen bis zum Sommer abgeschlossen sein, berichtet Christoph Schwarz, Leiter der Stabsabteilung „Zukunftsentwicklung, Wirtschaft und Marketing“. Am Linzer Tor einziehen wird dann das Technische Büro des Magistrats, das derzeit in der Prandtauerstraße residiert. Auch das Büro des Abwasserverbandes sowie der Bereich Geoinformation werden hier angesiedelt. Im Haus bleiben wird die Verwaltung der Städtischen Fernwärme. Dann werden die frei werdenden Räume in der Prandtauerstraße umgebaut, denn das Schulamt, das sich derzeit am Rossmarkt befindet, zieht zur Kulturverwaltung. Die Polizei-Inspektion in der Linzer Straße wiederum 28

zieht im Juni zum Bahnhof. In die frei werdende Inspektion auf der Hinterseite des Rathauses ziehen die Bezirksverwaltungsbehörde und die Baupolizei ein. Der Umbau mit Durchbruch zum Rathaus ist bis November geplant. Damit ist dann das Verwaltungshaus in der Josefstraße frei, das das Tauschobjekt für die Linzer Straße 8 ist. Mit einem Durchbruch in die Rathausgasse 2 wurde das Rathaus bereits vergrößert. „Hier werden die ‚außenwirksamen‘ Stellen des Magistrats angesiedelt“, verrät Chris­ toph Schwarz. Er wird dort ebenso sein Büro beziehen, wie die Mitarbeiter des Stadtmarketing, des Tourismus des Convention Bureaus sowie der Wohnservicestelle. „Durch den Durchbruch im 1. und 2. Obergeschoss entsteht ein barrierefreier Zugang vom Rathaus, wo der offizielle Eingang sein wird“, so Schwarz. Die Tourismusstelle wird ins ehemalige Raiffeisen-Reisebüro in der Rathausgasse 2 einziehen. In der Heßstraße ist bereits das Gesundheitshaus mit den Bereichen Gesundheit, Soziales und Wohlfahrt entstanden Der Gestaltung des Rathausbezirks liegt ein Grundsatzbeschluss des Gemeinderates zugrunde, der damit Synergien in der Verwaltung durch räumliche Nähe erzielen will. Die City formt sich neu. Zu obigen Kern-Vorhaben im Rathausviertel kommen noch zahlreiche andere Projekte, die der Altstadt ein neues Aussehen geben werden: Am Neugebäudeplatz werden die Handelsflächen inklusive Tiefgarage revitalisiert. Die alte Gebietskrankenkasse ist bereits abgerissen und weicht Wohnungen. Der Schillerplatz wird attraktiviert und bespielt. All das ist bereits im Laufen, wie die vielen Kräne und Bagger zeigen. Die Innenstadt könnte sich also bis zum Jahr 2020 ziemlich gemausert haben. Denn auch die Projekte, über die noch intensiv gesprochen wird, sollten bis dahin in der Realisierungsphase sein.


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MFG URBAN

Nächster Metro-Stopp:

Stattersdorf

Auch wer 20 Millionen Euro in ein innovatives Leuchtturm-Projekt investiert und damit 133 Arbeitsplätze absichert, ist vor unliebsamen Überraschungen nicht gefeit. Weil Gesetz nun mal Gesetz ist? Oder weil der Amtsschimmel laut wiehert?

S

upermärkte sind glücklicherweise auch nicht mehr das, was sie mal waren. Scheußliche Fliesen, kaltes Neon-Licht in unterkühl­ ten Gängen – das ist vorbei. Allerorts werden dieser Tage neuerrichtete Konsumtempel eröffnet: freundlich und hell, damit die Brieftasche der Konsumenten schön locker sitzt. Auch der „Metro Cash & Carry Markt“ im Norden der Stadt hat die besten Jahren hinter sich, ein Neubau steht an. Glaubt man den Darstellungen der Metro-Geschäftsführung, so wird der derzeit in Bau befindliche Großmarkt in der Stattersdorfer Hauptstraße 1 tatsächlich alle Stücke spielen. Die Verantwortlichen sprechen von einem „internationalen Leuchtturmprojekt“, da es sich um einen extrem energieeffizienten und nachhaltigen Großmarkt handeln soll. Die Fassade aus thermobehandeltem Fichtenholz soll höchsten ökologischen Ansprüchen genügen, das Gebäude wird rundum verglast, Tageslicht soll so künstliches Licht sparen. Beheizt wird nur bis in etwa zwei Meter Höhe, darüber kann es ja auch ruhig kühler sein – immerhin lagert man in der luftigen, kühleren Höhe die Waren. Gekühlt wird auch nur mehr dort, wo es wirklich nötig ist, also in den Regalen und nicht mehr in ganzen Gängen. Beheizt wird der Markt mit der Abwärme der Kühlgeräte. Am Dach liegt natürlich eine Photovoltaikanlage, die den gesamten Energiebedarf des Marktes liefert. Zudem wird auch für die Augen des Kunden ein „attraktives Einkaufserlebnis“ auf 8.500 Quadratmetern Verkaufsfläche versprochen, weg vom „klassischen Industriebau mit grauen Böden“ hin zu großzügigen Empfangsbereichen mit einem Bistro und Holzelementen, die Wärme in den Markt bringen. 20 Millionen Euro investiert Metro für den St. Pöltner 30

Prestigebau – gleichzeitig ein Prototyp für zukünftige Märkte des Konzerns. Derart hochtrabende Pläne freuen natürlich auch die Stadtverantwortlichen. Bürgermeister Matthias Stadler betonte bei einer Projektpräsentation anlässlich des Spatenstichs im September 2016, wie stolz er sei, dass dieses „herausragende Projekt in St. Pölten umgesetzt“ wird. Vorbildwirkung für andere Unternehmen, ein Signal hier in St. Pölten zu investieren. Nicht zuletzt wären die 133 MetroArbeitsplätze durch den Neubau abgesichert und die Arbeitsbedingungen würden sich verbessern. Stolpersteine Umso fassungsloser war man dann wohl bei Metro, als die NÖ Landesregierung rund um den Jahreswechsel den Baubescheid der Stadt St. Pölten aufhob. Die Folge war ein Baustopp für das Großprojekt, der ambitionierte Zeitplan mit der erhofften Eröffnung im Mai 2017 schien obsolet. Doch warum war die vom St. Pöltner Bürgermeister erteilte Baugenehmigung der Landesverwaltung ein Dorn im Auge?

Es ging um die Widmung des Grundstücks. Dieses sei als „Bauland Industriegebiet“ gewidmet – ein Großmarkt sei aber ein Gewerbebetrieb, der gehöre ins „Bauland Betriebsgebiet“. Eine Umwidmung, die der St. Pöltner Gemeinderat Ende November 2016 mit einer Neufassung des Flächenwidmungsplanes auch auf den Weg gebracht hatte – jedoch lag dieser Akt noch an anderer Stelle bei der Landesregierung und wartete auf deren Segen. Eine noch nicht rechtskräftige Umwidmung als Stolperstein für so ein Prestigeprojekt? Die städtische Baubehörde richtete sich mit einer 23-seitigen Beschwerde gegen den Aufhebungsbescheid an das Landesverwaltungsgericht. Was die nächste Frage aufwarf: Hat diese Beschwerde nun aufschiebende Wirkung und darf Metro bis zur Entscheidung des Gerichts weiterbauen? Auch hier gingen die Meinungen der Juristen im Land und im Rathaus auseinander. Nach einiger Aufregung lag es dann am Landesverwaltungsgericht, informell eine Lösung anzustoßen. Landesrat Tillmann Fuchs erklärte Anfang Februar: „Laut Lan-


TEXT: Michael Müllner | Fotos: Ralf Geithe - Fotolia.com, Johannes Reichl

Was war das nun? Bleibt die Frage, was war das nun? Korrekte Arbeit, wie es sich für Verwaltungsbehörden gehört, die an Gesetze gebunden sind? Oder juristische Pflanzerei unter Zuhilfenahme von Spitzfindigkeiten auf Kosten eines privaten Handelskonzerns, der 20 Millionen Euro investiert und 133 Arbeitsplätze alleine in einer Gemeinde sicherstellt? Am Höhepunkt der Streiterei zwischen Stadt und Land konnte man sogar zwischen den Zeilen tiefgreifendes Misstrauen raushören. Wenn der Landesrat den Bürgermeister auffordert, den Baustopp gefälligst durchzusetzen – sonst würde man ihn wegen Amtsmissbrauchs belangen. Oder wenn der Bürgermeister dem Landes-

rat aufzählte, wo (am Land) überall Gewerbebetriebe im Industriebauland problemlos genehmigt wurden – nur um in diesem, konkreten Fall (in der Stadt) plötzlich „eindeutig übers Ziel zu schießen.“ Bei Metro zeigt man sich erfreut, aber auch abwartend. Geschäftsführer Arno Wohlfahrter richtet aus, dass die Verantwortlichen bei Metro „sehr froh darüber sind, dass die rechtlichen Themen zwischen St. Pölten und dem Land rasch geklärt werden konnten und der Markt mit einigen Wochen Verzögerung Ende Juni eröffnet werden kann.“ Offensichtlich ist aber auch, dass die eingetretene Bauverzögerung wohl einen beträchtlichen finanziellen Schaden für den Großhändler darstellt. Zu den möglichen Konsequenzen gibt man sich beim Handelskonzern noch abwartend. Metro lässt seine Experten derzeit prüfen, ob die Causa ein Nachspiel hat. Wohlfahrter: „Die Höhe eines möglichen Schadens – verur­sacht durch den aus unserer Sicht nicht nachvollziehbaren Baustopp – gilt es mit Sachverständigen zu beurteilen, um gegebenenfalls notwendige rechtliche Schritte einleiten zu können.“ Bis dahin wird am Baustellengelände noch fleißig gewerkt, schließlich soll der Großmarkt nun rasch eröffnen. Ende gut, alles gut?

Rechtskräftig. Auch bei einem Projekt wie dem neuen Metro-Markt nahmen es die Be-

shopping real

Beate Steiner Online Shoppen ist öde. Zuhause isoliert vorm Bildschirm sitzen und mittels Suchkriterien einen pinken Pulli oder blitzblaue Schuhe finden, kann gar nix. Das ist wie Essen am Bildschirm oder ins Kochbuch schauen, kein wirklicher Genuss. Durch die Stadt schlendern, die kuschelige Wolle eines leuchtrosa Pullovers fühlen oder das duftende Leder strahlend blauer Pumps riechen, beim angeregten Gespräch mit einer netten Verkäuferin, eventuell mit einem Glaserl Prosecco in der Hand — das hat was. Das ist ein sinnliches Erlebnis, wie ein feines Picknick in der Blumenwiese. Und Shoppen in der Wirklichkeit hat nur Vorteile. Man kann zum Beispiel überraschend schöne Dinge finden in den St. Pöltner Geschäften, die sicher passen oder vor Ort passend gemacht werden. An denen kann man sich unmittelbar freuen, weil sie sofort ihren neuen Besitzer oder dessen Heim schmücken. Wenn andrerseits der Misanthrop daheim ein paar Mal auf den Apple klickt und damit eine Bestellung auslöst, dann muss er warten, bis der Postmann oder die Packerlfrau klingelt, was die nicht immer zur richtigen Zeit tun. Also muss der Online-Shopper sich meist mit dem Auto zur Packerlstelle oder Post begeben, einen Parkplatz suchen, sich in die Schlange vorm Postschalter reihen, seinen Platz vor Dränglern verteidigen, dem grantigen Mann hinter dem Schalter einen gelben Zettel reichen, das Packerl mit nachhause nehmen, auspacken, den Karton entsorgen oder das nicht passende Teil wieder einpacken, sich zur Post begeben, sich anstellen und so weiter und so fort. Natürlich muss der Versandkäufer auch die Versandkosten zahlen, der Stadtshopper kann diese in einen gemütlichen Kaffeehausbesuch investieren. Und das ist natürlich alles andere als öde.

Foto: Shopping - Fotolia.com

desverwaltungsgericht oblag es uns als Behörde, ob wir aufschiebende Wirkung zuerkennen. Diesen Spielraum nützen wir natürlich gerne und sofort.“ Gesagt, getan. Metro durfte somit auf eigenes Risiko weiterbauen. Zwischenzeitlich hat sich die ganze Streiterei rund um die falsche Widmung und den unrechtmäßigen Baubescheid wohl gelegt: Der neue Flächenwidmungsplan weist das Metro-Grundstück als Betriebsgebiet aus – und zwar seit Anfang März auch rechtskräftig.

amten genau: Die Baugenehmigung hilft nicht, wenn die Flächenwidmung noch falsch ist.

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MFG URBAN

Die Hotel Turbo Twins Was kommt heraus, wenn ein gestandener Discokönig und ein erfolgreicher Versicherungsunternehmer gemeinsame Sache machen? St. Pöltens erstes Low Budget Hotel, das Manfred Hinterberger und Alex Meder in der Rödlgasse umsetzen.

W

obei Low Budget sich v. a. auf die Kampfpreise für die Kunden bezieht, während das Hotel selbst dahingegen in punkto Ausstattung wohl manch alten Vierstern-Schuppen blass aussehen lassen wird. „Wir möchten die Zimmer stylisch und hochwertig gestalten, wobei das Hauptaugenmerk auf Komfort liegt. Die Leute sollen sich einfach wohlfühlen“, so Meder. Gelingen soll dies auf rund 18 Quadratmeter/Zimmer, gratis wlan inklusive. Wie bei Low Budget Hotels üblich wird es einen 24Stunden-Check-In/Check-Out Automaten geben, darüber hinaus möchten die beiden Neo-Hoteliers 32

aber auch während der Betriebszeiten des Lokals eine „Rezeption“ anbieten „wo man ebenfalls ein- und auschecken kann und einem bei etwaigen Fragen weitergeholfen wird.“ Womit wir schon beim zweiten spannenden Feature des Hotels sind: Im dritten Stock wird nämlich klassisch Frühstück für die Gäste serviert … also „nix“ mit Runterwürgen ekelhaften Automatenkaffees oder eingeschweißten Chemie-Gebäcks wie es in ähnlichen Einrichtungen Usus ist. Zudem wird die Gastronomie aber ein eigenständiges Standbein darstellen, insofern, dass sie nicht nur den Hotelgästen zur Verfügung steht, sondern

ein prinzipiell neues Lokalangebot im Süden darstellen wird – im Übrigen auch schon beim Frühstück! Wer die diesbezügliche infrastrukturelle Gastro-Wüste im Southvillage kennt, weiß, dass dies dem Stadtteil nur gut tun kann – zumal das Lokal mit einem besonderen Asset aufwartet: einer rund 160 Quadratmeter großen Dachterrasse im dritten Stock, aufgrund der Südausrichtung viel Sonnenschein inklusive! „Das wird glaub ich die erste Lokal-Dachterrasse in St. Pölten überhaupt“, mutmaßt Hinterberger, und auch wenn er schmunzelnd zugibt, dass es keine RooftopBar mit Blick auf Empire State oder Stephansdom sein kann, so darf man bei guten Bedingungen zumindest mit einem Ausblick in die Voralpen rechnen, Ötscherblick inklusive – ja auch nicht schlecht! Angebotsmäßig


TEXT: Johannes Reichl | Foto: Elias Kaltenberger

• Investitionssumme: ca. 2,5 Millionen Euro netto • 50 Zimmer • 100 Betten • Zimmergröße ca. 18 qm • 4.000 qm Grundstücksfläche • 450 qm bebaute Fläche/Etage

wird es neben Getränken und dem einen oder anderen Drink auch kleine Snacks und Speisen geben. „Das Sortiment soll dabei nicht 0815, sondern innovativ sein, wie überhaupt das Gesamtambiente mit fetzigen Akzenten aufwarten wird“, verspricht Meder. Der Grundansatz lautet auch hier „urban style“, den man einerseits mittels der Einrichtung oder rundum Glaswänden erreichen möchte, andererseits ebenso über coole Angebote, „die sich aber noch im BrainstormingStadium befinden!“ Ideen wie etwa Barbecue bei Sonnenuntergang klingen jedenfalls schon recht vielversprechend. Eröffnet werden soll das Hotel, so alles nach Plan läuft, im Frühjahr 2018, wobei die beiden der Stadt in punkto Kooperation, Behördenabwicklung und Betreuung Rosen

lieber frühling!

Roul Starka Komm jetzt und schiebe deine ersten Schneeglöckerl durch die Erde. Den Ratzersdorfersee bitte wieder abtauen, wir brauchen ihn im Sommer schön warm zum Schwimmen und Plantschen. Irgendwo am Traisenstrand sollen mich ein paar Palmkatzerl finden und zart an der Wange streicheln. Mit deinen Grashalmen will ich wieder schmusen, in den Himmel schauen und mit der Sonne flirten. Die zwinkert dann zurück, und mit einmal herumdrehen auf deiner Wiese bin ich König zwischen Spratzern und Viehofen. Lass mich zwischen deinen weißen Wolken neue Pläne finden, zieh mir hoch die Winterjalousien in meinem Hirn. Erklär mir endlich den Unterschied zwischen Primeln und Schlüsselblumen, so ganz ohne Google, nur wir zwei – und diesem schönen Gefühl, wieder Kind zu sein. Lieber Frühling, häng neue Blüten auf die Kastanienbäume in der Handel Mazzetti-Straße, leuchte mit deinen Forsythien, lass mich leise Rilke-Gedichte aufsagen. Das erste Erdbeereis will ich mit dir schlecken, meinen Hund an der Traisen streicheln, und mir aus der Kindheit bekannte Steine ins Wasser plumpsen hören. Frühling. Schon deinen Namen aussprechen macht glücklich. Leuchte mit deiner ganzen Kraft meiner Frau auf ihren Rücken, die jammert schon wieder. Meinen Bauch mach wieder kleiner, schick mich auf die Rudolfshöhe, pack mich bei der Eitelkeit. Solltest du ein paar neue Lieder parat haben, bitte direkt in meine Klaviertasten. Am besten gleich mit Text, mir selbst ist ja noch nie etwas eingefallen, ich tu immer nur so. Ah ja, sehr wichtig: Mach es bald wieder warm, dann ziehen sich die schönen Mädchen wieder kurze Rockerl an, das ist sehr gesund für Körper und Geist. Lieber Frühling, sei vernünftig und komm!

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Foto: Kichigin - Fotolia.com

Hard Facts

streuen. „Egal ob ecopoint, Tourismus oder der Bürgermeister höchstpersönlich, alle ziehen voll mit und unterstützen uns großartig“, betont Meder. Am augenscheinlichsten wurde dies etwa, als es galt, ein Alternativgrundstück zu finden, weil die Realisierung am ursprünglich ins Auge gefassten Areal nicht umgesetzt werden konnte. „Die Stadt hat uns aktiv bei der Grundstückssuche geholfen“, so Meder. Zugeschlagen hat man schließlich beim städtischen Grundstück in der Rödlgasse, das die Stadt im Baurecht mit Kaufoption an die Investoren vergibt. Bleibt zuletzt noch die Frage, wen die beiden denn gerne im Hotel begrüßen würden – Stichwort Zielgruppe. „Im Grunde genommen wird es querbeet gehen – vom Geschäftstouristen über den Arbeiter bis hin etwa zu Gästen des benachbarten VAZ“, schätzt Hinterberger. Aber auch Radtouristen möchte man ansprechen, „immerhin liegen wir praktisch fast direkt am Traisental- und damit Donau­ radweg“, so Meder, ebenso hat man Bustouristen im Visier „weil St. Pölten in diesem Segment immer stärker boomt.“ Vom Erfolg des neuen Hotels sind die beiden jedenfalls überzeugt, auch aufgrund ihres – wenn man es so formulieren möchte – Best of-Prinzips. „Wir haben mindestens 20 Low Budget Hotels getestet, haben dort genächtigt. Aus all diesen Eindrücken und Erfahrungen haben wir versucht, für unser Projekt sozusagen die besten mitzunehmen!“ Herausgekommen ist am Reißbrett, quasi ein Hybrid – ein Low Budget Hotel mit hohem Qualitätsanspruch und Service, weshalb Meder zuversichtlich in die Zukunft blickt. „Ich denke, wenn Low Budget Hotels in Pöchlarn, Purgstall, Wieselburg, Herzogenburg oder im tiefsten Waldviertel funktionieren, warum sollte dies dann nicht auch in der Landeshauptstadt der Fall sein.“ Wie zuversichtlich man ist, legt übrigens ein Blick auf die Pläne nahe – im Falle überdurchschnittlichen Erfolges ist bereits eine Erweiterungsfläche für das Hotel eingezeichnet.

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MFG URBAN

Marina WATTECK

Im Reich der guten Fee Ein bisschen kommt man sich vor, als würde man das Reich der guten Fee betreten. Während mir draußen der kalte Jännerwind bei minus elf Grad um die Ohren pfeift, empfängt mich in Marina Wattecks Wohnung behagliche Gemütlichkeit und eine Wärme, die nicht etwa aus den Heizungsrohren kommt, sondern dem Wesen der Gastgeberin sowie ihren Manifestationen entspringt.

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edämpftes, flackerndes Kerzenlicht, sanfte Farbtöne, rote schwere Teppiche, schön drapierte Obst- und Konfektschalen, verschnörkelte Kommoden, thron­ artige Fauteuils, in die man sich „vertiefen“ kann, über Bilder, und Bücher… ja, hier lässt es sich aushalten, und man kann nachvollziehen, wenn ORF-Lady Marina Watteck von ihrem „Refugium“ spricht, „wo man ganz für sich sein kann. Solche Räume braucht jeder Mensch – da bin ich in gewisser Weise ein Fan der Verweigerung. Ich lasse die Welt einfach draußen.“ Nach einem hektischen Arbeitstag im Funkhaus voll Dauerbeschallung, Kommunikation 34

und Informationsflut kann es dann auch schon mal vorkommen, dass sie ebenso das Handy verschmäht „aber nicht aus Antipathie gegen den Anrufer, sondern einfach weil ich quasi ‚ausgeredet‘ bin.“ In solchen Momenten möchte Watteck einfach nur Ruhe, genießt eine Tasse Englischen Tee oder vielleicht ein Gläschen Champagner, der immer im Kühlschrank steht, blättert in einem der Bücher oder widmet sich ihren Mitbewohnern, die auf verträumte Namen wie Mimibelle, Bröselito oder Pipistrello hören. „Katzen sind ja gute Erzieher – sie zwingen dich regelrecht zur Ruhe, weil sie Hektik, laute Geräusche verabscheuen.“

Promi der Promitime Für einen Moment erwische ich mich bei dem abstrusen Gedanken, dass es sich bei den Vierbeinern vielleicht um verzauberte Personen handeln könnte, zumal sie einen sehr „menschlichen“ Gestus – Mimibelle beklagt sich etwa laut mauzend, dass ich offensichtlich ihren Lieblingsplatz eingenommen habe – an den Tag legen. Womit wir wieder bei der guten Fee wären, und das Bild ist ja wirklich stimmig – Marina Wattecks Liebenswürdigkeit und Hilfsbereitschaft, ihr „Zaubern“ eines angenehmen Umfeldes, sind legendär! Gerade dieser ganz besonderen ist es zu verdanken, dass in mittlerweile


TEXT: johannes Reichl | Fotos: Matthias köstler, kRAL VERLAG/zvg

rund 3.400 Folgen von Promitime auf ORF Niederösterreich so gut wie alles, was Rang und Namen hat, im Studio zu Gast war. „Nur Peter Alexander konnten wir leider nicht mehr begrüßen“, trauert sie um den bereits verstorbenen Publikumsliebling. Andere „Helden ihrer Kindheit“ konnte sie hingegen vors Mikro bringen, wenn es bisweilen auch einer gewissen Hartnäckigkeit, „nie aber Läs­ tigkeit“ bedurfte. „Gert Voss etwa habe ich fünf Jahre lang versucht, für die Sendung zu gewinnen, bei Felix Mitterer waren es sogar sieben!“ Irgendwann hat es dann aber doch geklappt, im Falle von Mitterer etwa, als er nach Niederösterreich zog, wovon Watteck dank ihres guten Netzwerks bereits früh Wind bekam. Womit wir bei einem weiteren Ass im Ärmel der ORF-Moderatorin sind. Liebenswürdigkeit allein würde nämlich nicht ausreichen, Watteck ist schlicht auch eine sehr gute Journalistin, die penibel recherchiert und noch das hochhält, was man gemeinhin als Seriosität bezeichnet. „Ich achte die Privatsphäre unserer Gäste, und das wissen sie auch.“ In ihrer Sendung wird niemand zum Seelenstriptease gezwungen oder vorgeführt, die Promis fühlen sich wohl und geschützt … und geben gerade deshalb oft sehr viel mehr preis als bei anderen Talkmastern. Das ist auch ein Ergebnis vertrauensbildender Maßnahmen, die Watteck in der Regel schon im Vorfeld der Sendung in der ORF Kantine ergreift, die sie augenzwinkernd „Beichtstuhl“ nennt, „weil alles, was hier besprochen wird, auch hier bleibt!“ Letztlich gehe es darum, sich auf das Gegenüber einzulassen. „Die Basis jeden Vertrauensverhältnisses ist doch, dass man sich einander aufrichtig zuwendet, dem anderen mit Respekt und Höflichkeit begegnet.“ Für Watteck ist dieses Prinzip nicht nur in der Arbeit gültig – wo

Berühmte Vorfahren. Z.B. der Bildhauer Herbert Haseltine, hier bei der Arbeit mit dem spanischen König Alfonso XIII 1914.

sie im Übrigen nicht nur die Superstars interessieren, sondern „schlicht Menschen, die mich durch das, was sie tun, beeindrucken“ – sondern allgemeiner Lebensvollzug. Sie hält es diesbezüglich mit einem Filmzitat aus Billy Wilders „The Appartement“: „‘Try to be a Mensch!‘ Es geht nicht darum, welcher Abstammung du bist, welche Ausbildung du genossen hast oder dergleichen, sondern schlicht darum, ein ‚Mensch‘ zu sein. Das ist es auch, was mich an meiner Arbeit fasziniert – ich möchte hinter die Fassade blicken, möchte den Menschen dahinter kennenlernen.“ Den „einfachen Leuten“ fühlt sie sich dabei oft näher als den vermeintlich „Wichtigen“. „In Gesellschaft von lackierten, präpotenten Karrieristen fühl ich mich unwohl, da bin ich dem Straßenkehrer oder Schafhirten hundertmal näher!“ Von Watteck Dabei könnte man etwaige Standesdünkel im Falle Wattecks, wenn schon nicht gutheißen, so doch nachvollziehen, wäre sie in Monarchiezeiten doch noch als waschechte

Je mehr man über seine Vorfahren weiß, desto mehr erfährt man auch über sich selbst! MariNA WATTECK

Adelige „von Watteck“ durchgegangen. Um den Titel verdient gemacht hatte sich Urgroßvater Josef, der Feldmarschallleutnant in der k.u.k Armee gewesen war und es bis zum Präsidenten des Obersten Militärgerichtshofes der Monarchie gebracht hatte. Auch mütterlicherseits fließt blaues Blut durch Wattecks Adern, geht diese Linie doch auf das Geschlecht der Toggenburgs zurück „die ursprünglich aus der Schweiz stammen.“ Der „Glamourfaktor Adel“ als solcher interessiert Watteck in Sachen Familienhistorie dabei nur eingeschränkt, vielmehr geht es ihr um die prinzipielle Frage der Herkunft, ebenso einmal mehr darum, wer diese Menschen, diese Vorfahren eigentlich waren, welche Schicksale sich dahinter verbergen. „Jede Familiengeschichte ist interessant und spannend“, ist sie überzeugt „und je mehr man über seine Vorfahren weiß, desto mehr erfährt man auch über sich selbst!“ So betrachtet lässt sich vielleicht auch Marina Wattecks Originalität zu einem Teil genetisch herleiten, immerhin wimmelt es in der Familienchronik nur so von spannenden Vorfahren. Da ist etwa Jan Rosenauer, der im 18. Jhdt. den Schwarzenbergischen Schwemmkanal quer durch Böhmen baute und dessen Pläne dann viel später die MFG 03.17

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MFG URBAN

Grundlage für die Errichtung des Suez-Kanals waren; oder die Linie der Familie Haseltine, die in die USA und nach Großbritannien führt. Aus ihr gingen namhafte Künstler wie der amerikanische Landschaftsmaler William Stanley Haseltine oder dessen Sohn Herbert hervor, der es als Bildhauer – insbesondere von Tier­ skulpturen – zu Berühmtheit brachte, aber auch als Celebrity – u.a. als Trauzeuge der Hochzeit von Cary Grant mit Woolworth-Erbin Barbara Hutton 1942 – Einzug in die Gazetten seiner Zeit fand. Friedrich Graf von Toggenburg wiederum hinterließ als Politiker Spuren, war er in der Monarchie doch nicht nur – wie bereits sein Vater – Statthalter von Tirol und Vorarlberg, sondern ging auch als der letzte Innenminister der Donaumonarchie in die Geschichte ein. „Außerdem war er 1916 Augenzeuge des Mordes an Ministerpräsident Karl Graf von Stürgkh und in Folge für die Arretierung des Täters verant36

Katzen sind gute Erzieher – sie zwingen dich regelrecht zur Ruhe. MarIna WATTECK wortlich, indem er Friedrich Adler einen Sessel auf den Kopf schlug.“ Ebenfalls bemerkenswert ist Vorfahre Wenzel Swatek, der als der größte Antiquitätenhändler der Monarchie galt und u.a. mit Arthur Schnitzler befreundet war, der ihn im Drama „Das Weite Land“ verewigte. An schillernden Persönlichkeiten mangelt es also wahrlich nicht, ebenso wenig aber – „da hat es mich fast umgehauen beim Blick in die Heiratsmatrikeln“ – an einem St. Pölten Bezug! So fand Watteck im Zuge ihrer genealogischen Forschungen heraus, dass Urgroßvater Josef 1886 in Pottenbrunn geheiratet hatte! Die Nachfahrin selbst wuchs zunächst im Lungau auf und verbrachte viel Zeit in Bozen im Palais Toggenburg, „standesgemäß“ wie man so schön sagt. „Als Kind habe

ich überhaupt nicht verstanden, warum andere Kinder kein Kindermädchen haben“, schmunzelt sie, ebenso wenig, dass die Kinder im Salzburger Lungau sie aufgrund ihrer Sprache für eine Deutsche hielten. Eine emotionale Barriere stellte das aber nicht dar. „Ich bin gemeinsam mit den Bauernkindern durch die Wälder gezogen, meine beste Freundin stammt aus dieser Zeit.“ Die Kinder hatten große Freiheit, wie sie sich erinnert, zugleich legten die Eltern aber Wert auf Disziplin, Benehmen und Respekt. „Zum 12 Uhr Mittagsläuten mussten wir mit gewaschenen Händen pünktlich bei Tisch sitzen.“ Dann wurde Konversation getrieben „das gepflegte Tischgespräch war meinem Vater wichtig.“ Dabei ging es aber weniger um hochtrabende Themen, „sondern er warf oft Fragen in den


Im Reich der guten Fee

Raum in der Art: ‚Warum glaubt ihr darf man einen Hendl-Haxn mit der Hand essen?‘ oder ‚Habt ihr schon mal von Wilhelm Busch gehört?‘ Mein Vater war überzeugt, dass man mit jedem ins Gespräch kommen muss, und sei es noch so oberflächlich. Sprachlosigkeit hingegen empfand er als das Allerschlimmste – das war eine richtige Schule der Kommunikation, die wir da nichts ahnend mit auf den Weg bekamen.“ Und wohl auch die Wiege für Marina Wattecks eigenen Umgang mit Sprache, die sie nicht oberflächlich als unreflektiertes Werkzeug betrachtet, sondern als bewussten Ausdruck der Persönlichkeit. „Bei Sprache kenne ich keinen Spaß“, gesteht sie. Anglizismen etwa sind ihr ein absolutes Gräuel, „die verstehen die meisten Leute gar nicht, und wenn ich eine Einladung bekomme, wo von der ‚Performance mit anschließendem Fingerfood‘ die Rede ist, stellen sich mir schon die Haare auf. Warum formuliert man das bitte nicht auf Deutsch?“ Auch im Beruf ist sie auf einen respektvollen Umgang mit Sprache bedacht und im ORF-Landesstudio als „regelrechte Sprachpolizei verschrien.“ Insbesondere die Wahrung des österreichischen Idioms ist ihr eine Herzensangelegenheit „weil da geht’s auch um Identität, darum, wer wir sind.“ So ist es schon vorgekommen, dass sie junge österreichische Schriftstellerinnen aufgrund ihres nasalen Hochdeutsch provokant gefragt hat, „wie lange sie denn schon in Deutschland leben?“, und wenn eine junge Kollegin von einer „Tüte Maroni redet, bekomm ich blutende Ohren und muss sie einfach darauf hinweisen, dass das bei uns immer noch Stanitzl heißt. Im Geschäft ist es auch nicht die Einkaufstüte, sondern das Sackerl! Wir haben so zauberhafte Ausdrücke im Österreichischen – denken wir etwa an das ‚Äutzerl‘. Wie viel das ist, kann keiner erklären, aber jeder weiß es, ganz intuitiv. Solche Ausdrücke muss man pflegen! Denn wenn sie einmal verloren sind, sind sie verloren – für immer!“

Lesen und gelesen werden Auch die Liebe zur Literatur, zum Erzählen wurde Marina Watteck schon in ihrer Kindheit mit auf den Weg gegeben. „Mein Vater war ein großartiger Geschichtenerzähler. Er musste mir als Kind auch immer vorlesen, bis er eines Tages meinte, das das jetzt zu viel wird und ich selbst lesen lernen müsse.“ So kam es, dass Watteck schon vor Schuleintritt die ersten Bücher verschlang, eine Leidenschaft, der sie sich bis heute unübersehbar hingibt. Rund 3.000 Bücher bevölkern ihre Wohnung bis in die tiefsten Winkel und die höchsten Höhen, die Bandbreite reicht dabei schwerpunktmäßig von deutscher Gegenwartsliteratur und deutscher Literatur der Zwischenkriegszeit über Lyrik bis hin zu englischsprachiger Literatur. „Ich liebe etwa die amerikanischen Erzähler!“, bekennt sie. Die Bücher – im Übrigen auch die französischen und italienischen – liest sie allesamt im Original. Sogar eine eigene Abteilung nur mit englischsprachigen Krimis füllt ein ganzes Regal hinter mir – „dass mir keiner Agatha Christie verschmähe!“, mahnt Marina Watteck schmunzelnd ein. Die Buchkinder, die beileibe kein bildungsbürgerliches Pseudo-Be­ hübschungs-Accessoire darstellen, sondern die Watteck allesamt gelesen hat, stellen dabei freilich auch eine räumliche Herausforderung mit unterschwelligem Konfliktpotential dar. „Ich sollte ja eigentlich gar keine mehr kaufen“, räumt sie ein, wohlwissend, dass dies aber unmöglich einzuhalten ist, „weil es einfach zu viel gute Literatur gibt!“ Da helfen auch selbstauferlegte Kasteiungen wie etwa ein online-Bestellverbot während der Fastenzeit wenig. Effektiver, aber freilich schmerzhafter, gehen da schon Ausmusterungen vonstatten. „Ich habe sicher schon gut 2.000 Bücher hergegeben, und manch schöne Gesamtausgabe ist aus Platzgründen zerlesenen Taschenbüchern gewichen“, seufzt Marina Watteck, aber immer wieder schneien dann doch neue, kunstvoll verzierte Gesamtausgaben herein „die ich ha-

Beruflicher Werdegang Marina Watteck ist staatlich geprüfte Kindergärtnerin, „den Job habe ich aber nie ausgeübt.“ Stattdessen beginnt sie schon parallel zu den Abschlussprüfungen in einer Salzburger Buchhandlung zu arbeiten „wo ein gutes Drittel meines Gehaltes immer gleich bei der Firma verblieben ist, weil ich ständig Bücher gekauft habe.“ Während der Salzburger Jahre werkt sie zudem bisweilen auch als DJ im Salzburger Schwulenclub ‚Sonderbar‘ „wo ich v. a. Oldies, Swing & 80er-Sachen aufgelegt hab – das ging von Lou Reed bis Bing Crosby.“ In Folge ist sie in verschiedensten Berufen tätig, arbeitet etwa für eine Werbeagentur, ist Mitgestalterin einer Dalí Dauerausstellung in Wien oder werkt für Preiser Records. Journalistisch „heuert“ sie zunächst im Printbereich an, wo sie u.a. für Magazine wie „Stern“, „Basta“, „Wienerin“, „Diva“ schreibt. Monika Lindner, in ihrer Funktion als ORF Landesintendantin, holt sie schließlich zum ORF Niederösterreich, wo Marina Watteck zunächst im Marketing beginnt, schließlich aber beim Radio landet und als Redakteurin sowie Moderatorin selbst zur „Marke“ wird. Bis heute macht Watteck Beiträge zu verschiedensten Themen, springt bisweilen bei „Nahaufnahme“ ein und ist v.a. als Seele der Sendung „Promi-Time“ bekannt, die täglich von 11-12 Uhr ausgestrahlt wird und unter ihrer Ägide zu einem Flaggschiff des Landesstudios avancierte. „Nebenbei“ schreibt sie Bücher und liebt es, etwa als Moderatorin von Podiumsdiskussionen oder im Rahmen von Lesungen auf der Bühne zu stehen „weil im Grunde genommen bin ich eine Rampensau!“

ben muss.“ Marina Watteck ist freilich nicht nur leidenschaftliche Leserin, sondern hat sich auch als Autorin bereits einen Namen! So hat sie die 2015 erschienenen Memoiren von Bibiana Zeller „Bitte lasst mich mitspieMFG 03.17

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MFG URBAN

len“ geschrieben. „Dafür habe ich gefühlte acht Tonnen Tagebücher von Bibiana durchgeackert, wo viel über Rollenwünsche, Verletzungen, Geldangelegenheiten und ähnlich Alltägliches stand, dazwischen aber auch immer wieder wahre Perlen auftauchten, die ich Wort für Wort übernehmen musste.“ Insgesamt dauerte die Arbeit am Buch eineinhalb Jahre lang, „wobei ich mich beim Schreiben als Person komplett zurückgenommen habe, wirklich versucht habe, alles aus den Augen Bibianas zu sehen.“ Das Ergebnis überzeugte nicht nur die Schauspieler-Legende „die sich darin wiedergefunden hat“, sondern etwa auch deren Freunde, die anerkennend attestierten, „dass das tatsächlich die Stimme Bibis ist, die aus diesem Buch spricht!“ Ich mein ja nur … Nach dieser Erfahrung einigermaßen ausgelaugt, hielt sich das Bedürfnis, ein weiteres Buch zu schreiben, vorerst in Grenzen. Es ist letztlich der Beharrlichkeit Robert Invancich vom Kral Verlag zu danken, dass Watteck im vergangenen Herbst dann aber doch mit „Ich mein ja nur … Hintergründige Geschichten einer alleinerziehenden Katzenmutter und hingebungsvollen Tante“ schriftstellerisch nachlegte. „Früher hatten wir im Radio die Rubrik ‚Aus dem Leben‘, für

Marina Watteck: „Ich mein ja nur …“ Kral Verlag 2016.

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Im Reich der guten Fee

BÜCHERLIEBE. John Miles sang einst „Music was my first love“. Im Falle Marina Wattecks waren es eindeutig Bücher – und sie sind es bis heute geblieben.

die ich immer wieder Kurzbetrachtungen aus dem Alltag beisteuerte – das waren so Ein-Minuten-Beiträge über Sachen, die mir selbst passiert sind. Die haben Robert Ivancich so gut gefallen, dass er immer gedrängt hat, daraus müssen wir ein Buch machen!“ Biss der Verleger lange auf Granit, ließ sich Marina Watteck schließlich doch erweichen. Das Buch ist eine Sammlung voll witziger, lebensnaher Anekdoten – allein die Selbstbeschreibung Wattecks am Cover lässt schon den Grundzugang erahnen: „‘Ich lebe mein eigenes Klischee‘, sagt die Autorin und ORF NÖ-Redakteurin Marina Watteck. Sie ist Single, jenseits 50, gewichts­elastisch, Halterin von zwei bis drei Katzen, leidenschaftliche Tante, liebt Rosen und Bücher. Hausfraulich teilbegabt, handwerklich eine Niete, dafür ist sie mit viel Fantasie und Witz ausgerüstet und damit kämpft sie sich durch den Alltag, in dem durchaus einiges los ist.“ Letztlich wollte Marina Watteck, auch wenn ihr der englische Ausdruck nicht gefallen wird, ein Feelgood-Buch schreiben – und das ist ihr gelungen. „Das größte Kompliment hat mir eine Leserin gemacht, die zuletzt schwere Schicksalsschläge durchmachen musste: ‚Als ich im Krankenhaus war, hat

mich dein Buch aufgeheitert und ich konnte wieder lachen!‘“ Darum geht es Watteck, wie sie bekennt – um Unterhaltung, um das Rausholen aus dem Alltag, gerade indem sie diesen in kurzen, witzigen Sequenzen zum Thema macht. „Man muss im Leben über sich selbst lachen können, und ich glaube, in meinen Geschichten können sich einfach viele Leute wieder erkennen. Damit gewinne ich wohl keinen Nobelpreis, aber wenn jemand das Buch nicht gelangweilt zur Seite legt, sondern sich amüsiert, bin ich schon sehr zufrieden!“ Und dazu hat Marina Watteck auch allen Grund, denn dass sie ihre Leser ebenso wie u.a. auch ihre unzähligen Hörer auf ORF NÖ erreicht, dass sie ihnen Momente der Zerstreuung ebenso beschert wie interessante Einblicke in die Welt der Stars, ist unbestritten. Ja mehr noch, kraft ihrer Persönlichkeit schafft sie es immer wieder so etwas wie magische Momente heraufzubeschwören, die einen einfach mit einem guten Gefühl zurücklassen. Und so verlasse auch ich das Reich der guten Fee mit einem Lächeln auf den Lippen, dem selbst das grausige DepriWetter, das mich draußen vor der Tür wie ein alter Bekannter empfängt, nichts anhaben kann und das noch ein schöne Zeit lang anhält.


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SHORTCUT KULTUR

Verdachtsmomente

Thomas Fröhlich

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Kunsthauptstädter

Im Anfang war das Wort ... „St. Pölten braucht eine Galerie!“ Ausgesprochen wurden diese von Karl Heinz Maringer im Jahr des Herren 1977, und der damals 30-Jährige ließ seiner vermeintilch vollmundigen Ankündigung Taten folgen. Während St. Pölten in den 70ern mit allem, nur sicher nicht mit Kunst, schon gar nicht moderner assoziiert wurde, stieß Maringer dieses Tor für die Stadt nachhaltig auf und sorgte damit für frischen Wind. Ihm war es als erstem zu danken, dass große Namen wie Hans Staudacher, Arnulf Rainer, Markus Prachensky, Alfred Hridlicka, Franz Ringl, Kiki Kogelnik, Hermann Nitsch uvm. nicht nur abstrakte Namen aus den Medien blieben, sondern konkrete Künstler, deren Werke in der Galerie Maringer ausgestellt wurden oder die selbst vorbeischauten. Wie urteilte St. Pöltens Kulturdoyen Herbert Binder: „Dank Karl Heinz Maringer war St. Pölten schon zehn Jahre vor dem Landtagsbeschluss eine Kunsthauptstadt.“ Dank ihm wird sie es auch künftig bleiben.

Im Kinohimmel … … findet man sich buchstäblich bei Luigi Cozzis quietschbunter Hommage an den großen Filmpionier Georges Méliés, „Blood on Méliés’ Moon“. Cozzi, bei uns eher unbekannt, in Italien gefeierter Kult-Regisseur, -Autor und Ge-

schäftsführer des römischen „Profondo Rosso“, eines Ladens vollbepackt mit Filmdevotionalien abseits des Mainstreams, gibt sich am 25. März im Cinema Paradiso die Ehre, sein neuestes Werk persönlich vorzustellen: eine beseelte (Low Budget-)Vision eines Kinofreaks und -kenners, vollbepackt mit märchenhafter Fantastik, unter die Haut gehenden (!) Horrorfilmzitaten, augenzwinkernd präsentierter Mystik und schön schwarzem Humor mit Regisseur und Drehbuchautor Cozzi in der Hauptrolle als er selbst. Beim wichtigsten europäischen Fantastikfestival in Sitges gab’s bei der Uraufführung Standing Ovations. In St. Pölten findet die einzige Vorführung im deutschsprachigen Raum statt. La cinema é bella!

Fotos: Bartkowski - Fotolia.com, zVg

Sie sind verdächtig. Ja, Sie, der oder die Sie soeben diese MFG-Ausgabe lesen. Sie brauchen sich gar nicht umdrehen – hinter Ihnen ist niemand (zumindest NOCH nicht, he he!). Schon alleine, dass Sie dieses Heft in der Hand halten, macht Sie verdächtig: nämlich der Bereitschaft, sich offenbar mit unterschiedlichen Meinungen zu beschäftigen. Vielleicht sogar einer wie auch immer gearteten Differenzierung fähig zu sein. Gut Recherchiertes über „alternative Fakten“ zu stellen. Zu einem leeren Glas „leeres Glas“ zu sagen, auch wenn Ihnen in einem der so genannten sozialen Netzwerke mit untergriffigem Nachdruck erklärt wird, es handle sich eindeutig um ein volles, da das leere nur eine Erfindung mexikanisch-chinesischer Freimaurer sei. Und eins ist halt auch sicher: Es sind nicht nur die mit den ganz blöden Frisuren, die Ihnen ratzfatz ein X für ein U vormachen wollen, weil ihnen das U ideologisch grad nicht in den Kram passt. Auch mancher im kuschligen Boboville eingebetteter Berichterstatter übt sich lieber in der schönen Kunst der Auslassung, wenn sich die Wahrheit wieder einmal nicht politisch korrekt verhält. Dummheit kennt bekanntlich keine politischen Lager. Drum freut’s uns doppelt, dass Sie uns lesen. Auch (oder weil) wir nicht alles über einen Kamm scheren und hemmungslos glattbügeln (zumindest geben wir uns Mühe, jawohl!). Aber wie gesagt: Das macht Sie verdächtig – nämlich den Pöbelkaisern und ihren Krakeelern NICHT auf den Leim zu gehen. Was Selbigen wiederum gar nicht passt. Seien Sie also auf der Hut! Nachdenken kann in der Zwischenzeit nämlich ernsthaft Ihre Gesundheit gefährden. Und da helfen dann weder Packungsbeilage, Arzt oder Apotheker.


ADVERTORIAL FESTSPIELHAUS ST. PÖLTEN / BÜHNE IM HOF

Weltpremiere mit Flamenco-Superstar Israel Galván

Sevilla meets St. Pölten Am 06. Mai sonnt sich das Festspielhaus St. Pölten im Glanz eines andalusischen Ausnahmetänzers! Der Superstar des zeitgenössischen Flamenco Israel Galván präsentiert im Rahmen einer Arbeitsresidenz seine brandneue Kreation und veranstaltet mit „LA FIESTA“ ein rauschendes und glanzvolles Fest mit neun tanzenden Stimmen und singenden Körpern. Not to be missed!

Grunge-Pop made in Austria

Grammyprämiertes Jazz-Idol

Das aufstrebende heimische Trio Schmieds Puls präsentiert am 11. Mai sein zweites Album „I care a little less about everything now“ OnStage im Festspielhaus! Souverän, elegant, dezent, mucksmäuschenstill und extrem laut, zart besaitet und doch mächtig!

Chick Corea, lebende Jazz-Legende mit rekordverdächtigen 63 GrammyNominierungen, gibt am 27. April neben Klassikern aus eigener Feder brandneue Kompositionen aus seinem aktuellen Album „Trilogy“ im Festspielhaus zum Besten.

Das erste Mal … … tat’s noch weh – trällerte weiland Matthias Waggershausen im Duett mit Viktor Lazlo. In der Bühne im Hof ist zum Glück das glatte Gegenteil der Fall! Jeder neue Künstler, der erstmals dem St. Pöltner Publikum präsentiert wird, sorgt in der Regel für Begeisterungsstürme. Auch im Falle folgender zwei Produktionen wird dies nicht anders sein.

So landet am 17. März der „Blonde Engel“ mit seinem Programm „Der Rest ist Geschichte“. Der Linzer Liedermacher, dessen Markenzeichen nackter Oberkörper, goldene Leggings und Engelsflügel sind, gilt spätestens seit seinem Top 3 Platz bei der Großen Comedy Chance als einer DER Shootingstars der heimischen Kabarettszene. In der Bühne im Hof wird er mit gewaltigem Wortwitz, exzelltentem Gitarrespiel und sonorer Bassstimme eindrucksvoll beweisen, warum.

Ebenfalls „das erste Mal“ in der Bühne im Hof ist es für Erika Stucky und Markus Hering. Sie präsentieren am 4. Mai ihr schon im Wiener Konzerthaus umjubeltes Programm „Und ewig jodelt der Bergdoktor“. Hering liest dabei aus BergdoktorGroschenromanen, Stucky sorgt für den passenden Soundhintergrund – samt Jodeln selbstredend!

www.buehneimhof.at Infos und Tickets unter www.festspielhaus.at |

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MFG KULTUR

Zum 90. Geburtstag des St. Pöltner Ausnahmekünstlers PETER MINICH

Vom Harlander Wirtshaus auf die Bühnen der Welt!

Er war einer der größten Opern-, Operetten- und Musicalsänger, die Österreich je hervorgebracht hat, ein Publikumsliebling und Star: Am 29. Jänner wäre Peter Minich 90 Jahre alt geworden. Das Stadtmuseum St. Pölten gedenkt des gebürtigen Harlanders mit einer großen Sonderausstellung.

HARLANDER BUA. Schon früh entdeckt

der kleine Gustav (!) seine Liebe zur Musik, als Erwachsener wird er als Peter zum Star, etwa als Henry Higgins in „My Fair Lady“ (l.).

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ir schreiben das Jahr 1964. Nach einer Darbietung der „Gräfin Mariza“ in der Wiener Volksoper trifft Meisterregisseur Alfred Hitchcock mit den Sängerinnen und Sängern der Aufführung zusammen. Peter Minich steht dem Charakterkopf Hitchcock gegenüber, offenbar amüsiert man sich und versteht sich gut. Das Bild, ein überraschender Fund im Nachlass des 2013 verstorbenen Peter Minich, zeigt, dass der damals 37-jährige Künstler Minich in der Volksoper etabliert ist, ja einer der Stars, der den ganz Großen seiner Zeit – wie eben Alfred Hitchcock – auf Augenhöhe begegnete. 42

Out of Harland Doch alles der Reihe nach, denn begonnen hatte das Leben des späteren Stars in einfachen Verhältnissen, im St. Pöltner Industrievorort Harland. Geboren wurde er als Sohn der Wirtsleute Stephanie und Gustav Minich am 29. Jänner 1927. Er wurde nach dem Vater Gustav getauft, den Künstler(vor)namen Peter legte er sich erst zu Beginn seiner künstlerischen Karriere zu! Sowohl der Gesangsverein „Traisenwelle“, bei dem der Vater aktiv war, als auch der Harlander Sportklub bei dem Gustav sen. das Tor hütete, schickten Glückwunschbriefe zur Geburt des Stammhalters. Die Fußballer sahen

im kleinen Gusti übrigens den künftigen Torhüter des Vereins … Von den ersten Tagen seines Lebens an existieren höchst aufschlussreiche und aussagekräftige Fotografien – so zeugen die Bilder aus seiner Kindheit und Jugend von einem sehr innigen Verhältnis zu seinen Eltern. Eine Nähe, die auch auf späteren Fotos, die Peter Minich mit seinem Vater und seiner Mutter zeigen, noch zu erkennen ist. Auch die Liebe zur Musik ist dem kleinen Peter schon auf all den Bildern anzusehen, die ihn mit seiner Ziehharmonika zeigen. Im Strudel des Zeitgeschehens Aber auch zeitgeschichtlich hoch dramatische Ereignisse verbinden sich mit seiner Kindheit. Die Zeitumstände im Österreich der 1930er Jahre sind schwierig. Es waren jene Jahre, als die Demokratie zu Grabe getragen wurde und im Februar


TEXT: thomas Pulle | Fotos: STADTARCHIV ST. PÖLTEN/ZVG, Votava; Palffy/minic

1934 – auch in St. Pölten – verfeindete politische Lager gegeneinander kämpften. Peter Minich erlebte als Kind diese gesellschaftlichen Umstürze hautnah. Der Vater wurde im Zuge der Ereignisse des Februar 1934, des sozialdemokratischen Aufstandes gegen den Austrofaschismus, zunächst in St. Pölten und anschließend in Wöllersdorf interniert. Fotos, Dokumente, Briefe und eine Postkarte, die der siebenjährige Bub seinem Vater ins Lager schrieb, zeugen von der dramatischen Zeit, die den Vater von seiner Familie separierte. Die Liebe zur Musik wurde von Vater Minich übrigens auch unter widrigsten Umständen gepflegt. In einem scherzhaften Geburtstagsgruß seiner ebenfalls internierten Freunde wird er als „Heldentenor des Wöllersdorfer Anhaltelagers“ bezeichnet. Ein mehr als deutliches Zeichen, dass auch im Lager kräftig gesungen wurde! Vom Wirtshaus auf die Bühne Für Hans-Dieter Roser, der die Begleitpublikation zur aktuellen Ausstellung im Stadtmuseum schrieb, war das Milieu, in das Peter Minich hineingeboren wurde, von entscheidender Bedeutung für den später eingeschlagenen Lebensweg: „Ein Wirtshaus ist eine Stätte der Kommunikation – und damit im weiteren Sinne mit dem Theater verwandt. Denn auch Theater kann nicht existieren, wenn es zu keiner Kommunikation zwischen Bühne und Publikum kommt. So nimmt es nicht wunder, wenn ein theatralisch und musikalisch begabtes Kind sich bereits in jüngsten Jahren im Wirtshaus vor Publikum zu produzieren begann – nicht zum Unbehagen von Vater Gustav, der ebenso gern gesungen hat, mehr zum Ärger von Mutter Stefanie. Sie wollte, dass ihr einziger Sohn einmal ,etwas Ordentliches‘ werde.“ Diesem Wunsch hat Peter Minich zunächst entsprochen, indem er ein Studium an der HTL Mödling begann – zeitlebens war er technisch sehr interessiert, zum Beruf machte er aber doch die Kunst! Er begann ein Schauspielstudium

am Wiener Horak-Konservatorium, gleichzeitig mit ihm studierten später bekannte Schauspielgrößen wie Nadja Tiller und Edd Stavjanik. Mit Beginn des Studiums im Jahr 1946 begann er ein Tagebuch zu führen, das sich bis heute erhalten hat und das höchst interessante Einblicke in die frühen Jahre der Karriere Peter Minichs erlaubt. Nach ersten Theater-Erfahrungen in Studenten-Aufführungen, als Eleve am Burgtheater und in einer ersten (Sprech-)Rolle an der Volksoper wurde er ab 1951 vom damaligen Intendanten Hans Knappl an das St. Pöltner Stadttheater engagiert. Die Theaterjahre in seiner Heimatstadt sollten entscheidende auf seinem künstlerischen Lebensweg werden. Knappl animierte den jungen Minich seine Stimme weiter ausbilden zu lassen und besetzte ihn daraufhin immer mehr in Operettenrollen. Er erlebte dort das „totale Theater“, wie er 1987 in einem Interview sagte: „Aber ich habe ja, als ich in St. Pölten den Posa spielte, auch den Goethe in ‚Friederike‘ und den Schubert im ‚Dreimäderlhaus‘ gesungen. Und war dabei sehr glücklich, denn das war für mich das totale Theater. Man hat sechzehn Stunden dort verbracht und im und für das Theater gelebt. Das war eine Einheit für mich und eigentlich, nachträglich betrachtet, meine schönste Zeit.“

ANFÄNGE. Im Stadttheater St. Pölten brilliert Minich als Marquis Posa.

Bilderbuchkarriere - der international gefeierte Star Schöne Zeiten hatte Minich allerdings nach seinem Abgang aus St. Pölten 1953 noch viele vor sich – zunächst ging er nach St. Gallen, wo er zwei Jahre blieb, von 1955 bis 1960 schlug er in Graz seine Zelte auf, dort lernte er auch seine erste Frau Lore Bauer kennen, mit ihr gemeinsam feierte er am Grazer Opernhaus viele Erfolge. Untrennbar verbunden ist sein Name mit der Wiener Volksoper – dort wurde er zum großen Star, in fünf Jahrzehnten bestritt er nicht weniger als 2.715 Abende auf

DIE FLEDERMAUS. Unvergessen sind Minichs Darstellungen in Johann Strauss‘ Operette „Die Fledermaus“, hier im kongenialen Duo mit Karl Dönch.

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MFG KULTUR

Vom Harlander Wirtshaus auf die Bühnen der Welt!

STAR. Minich avanciert zum absoluten Top-Star der Volksoper, Stars wie Alfred Hitchcock (l.) besuchen seine Vorstellungen, nachher trifft man sich zum entspannten Small Talk.

der Bühne am Währinger Gürtel. Gastspiele seiner Bühne führten ihn u.a. nach Japan, Russland und Amerika. Hunderte Male konnte man ihn in seinen Paraderollen an der Volksoper bewundern – dem Eisenstein in der „Fledermaus“, dem Higgins in „My fair Lady“, dem Petrucchio in „Kiss me Kate“ oder dem Danilo in „Die lustige Witwe“. Die Großen seiner Zunft standen mit ihm gemeinsam auf der Bühne – Fred Liewehr, Karl Dönch, Fritz Muliar und Gerhard Klingenberg spielten ebenso mit ihm wie Renate Holm, Dagmar Koller, Helga Papouschek und natürlich seine zweite Frau Guggi Löwinger, die oftmals zu seinen Gesangspartnerinnen zählten.

Die Popularität Peter Minichs erkannte auch das Fernsehen schon früh – er spielte in den ersten Fernsehoperetten der 60er Jahre und war gern gesehener Stammgast vieler Musikshows der 70er oder 80er Jahre. Egal ob Anneliese Rothenberger oder Heinz Conrads, Peter Frankenfels oder Heinz Schenk einluden – Peter Minich verkörperte unvergleichlichen Charme und zeitlose Eleganz, sowie großes musikalisches Können! Nicht nur seine Fans verehrten ihn abgöttisch – auch die Großen seiner Zunft haben ihn geliebt. Marcel Prawy war zeitlebens nicht nur ein großer Bewunderer der Minich´schen Kunst, sondern auch ein persönlicher Freund. Der Jahrhundert-Komponist

Robert Stolz nannte ihn liebevoll „Mein Caruso“ und auch zu Stolz´ Witwe Einzi hatte Minich ein sehr inniges Verhältnis. Mit sehr persönlichen Worten widmete sie Minich 1980 ein Heft mit Liedern ihres Mannes: „Dem prachtvollen Sänger und genialen Interpreten der RobertStolz-Lieder Kammersänger Peter Minich in tiefster Bewunderung und ewiger Dankbarkeit.“ Im Jahr 2013 verstarb der Künstler in Wien, bis zuletzt hatte er ein Domizil in Perschenegg besessen, wo seine Eltern eine Jausenstation betrieben hatten, nachdem sie aus Harland weggegangen waren. Er war seiner alten Heimat bis zum Schluss treu geblieben und war auch immer wieder gerne in St. Pölten zu Gast gewesen. Seine Heimatstadt hatte ihm schon 1976 den höchsten Preis verliehen, den sie für Künstler zu vergeben hat, den Jakob-Prandtauer-Preis.

AUSSTELLUNG Peter Minich – Ein Leben für die Kunst Stadtmuseum St. Pölten, Prandtauerstraße 2 Ausstellungsdauer: bis 14. Mai 2017 Öffnungszeiten: Mittwoch bis Sonntag 10.00 – 17.00 Uhr. Führungen auch außerhalb der Öffnungszeiten. Tel. 02742/333-2643

www.stadtmuseum-stpoelten.at Zur Ausstellung erschien eine Publikation von Hans Dieter Roser mit Beiträgen von Gerhard Klingenberg und Felix Brachetka.

BILDER EINER AUSSTELLUNG. Das Stadtmuseum St. Pölten zeichnet in seiner Ausstellung das Leben Peter Minichs nach, von den Anfängen in Harland samt Jausenstation (r.), über die visuelle Veränderung vom Kind zum Mann in den „1.000 Gesichtern des Peter Minich“ (l.).

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MFG ADVERTORIAL

ANZ ST. PÖLTEN

Kultur in der Arbeiterkammer Bühne frei für den Kultur.Punkt am AK-Platz 1! Ab März finden im top-modernen Veranstaltungssaal der Arbeiterkammer Niederösterreich in der Herzogenburger Straße wieder hochkarätige Kulturveranstaltungen statt. Den Auftakt macht Otto Schenk mit seinem Programm „Selten so gelacht“ am 16. März, gefolgt von Ramesh Nair & Lukas Perman und Gerald Pichowetz. Neu in diesem Jahr sind Lesungen von bekannten Kaberettisten und KrimiautorInnen, wie z. B. Joesi Prokopetz, Eva Rossmann oder Claudia Rossbacher. Karten für AK-Mitglieder kosten maximal 21 Euro, auch ÖGB-Mitglieder und PensionistInnen profitieren von vergünstigten Tickets. Für Schüler­ Innen, Lehrlingen und StudentInnen kostet das Kultur-Ticket maximal 15 Euro.

Die nächsten Kultur-Termine im Kultur. Punkt im ANZ St. Pölten

Otto SCHENK

Lukas Perman & Ramesh Nair

Eva Rossmann

16. März: Otto Schenk mit „Selten so gelacht“. Der Meister des Humors paart literarische Perlen mit seinen besten Szenen aus TV und Film. 5.April: Joesi Prokopetz mit „Giraffen können nicht husten“. Eine kabarettistische Loesung. 13. April: Lukas Perman & Ramesh Nair mit „The Gentlemen of Swing“. Was macht einen Gentleman aus? Lukas Perman und Ramesh Nair widmen sich essenziellen Fragen des Lebens und unsterblichen Songs. 18. Mai: Gerald Pichowetz „Sachen zum Lachen“ Ein heiterer und satirischer Abend mit Werken heimischer Dichter. 7. Juni: Eva Rossmann, „Gut aber tot“ – Eintritt frei. Fleisch essen kann gefährlich sein, Vegan leben auch.

Infos & Ticket-Online-Reservierung noe.arbeiterkammer.at/kulturpunkt

Mail

kulturticket@aknoe.at


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Alfred Komarek

hereinspaziert – Manege frei! Verlorene, vergessene und verdrängte Orte. In St. Pölten verbergen sich derer mehr, als man meinen könnte. Genau diesen ist Alfred Komarek in „Wo bist du hin entwichen?“ auf der Spur. Ein Stück, das er aktuell fürs diesjährige Bürgertheater des Landestheaters schreibt.

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ulisse für das Stück wird ein „Zirkus“ sein – ob sich dazu der Theatersaal selbst in eine Manege verwandelt oder gar eigens ein blau-rot gestreiftes Zirkuszelt aufgestellt wird, ist noch in Schwebe. Für Komarek werden damit jedenfalls Kindheitserinnerungen wach: „Wenn sich ein Zirkus von der Weite nur gezeigt hat, war ich schon nicht mehr zu halten und wollte mich mit den Artisten anfreunden“, erzählt er mit einem Hauch Nostalgie in der Stimme: „Ich selbst wär‘ dank meiner beiden linken Hände ja eher für den Clown geeignet, aber auch nur für einen traurigen.“ Die Idee mit dem „Zirkuskniff“ hatte Regisseurin Nehle Dick, die das Stück mit rund 50 St. Pöltnern erarbeitet. Ihr Einfall löste das Problem, jeden Ort des Stücks besuchen zu müssen, „weshalb ich ihr virtuell um den Hals gefallen bin“, so Komarek lachend, „weil auf der Bühne kann man vieles machen, aber im Zirkus alles!“ Ein stehender Wanderzirkus sozusagen. Wie im Zirkusleben ist auch in der

„Wo Bist du hin entwichen?“ Bürgertheater-Produktion 2017 Landestheater Niederösterreich Termine Fr. Do. Mi. Mi.

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TEXT: Thomas Winkelmüller | Fotos: Elias Kaltenberger

Geschichte der Stadt nicht alles perfekt. „Sündhafte Unschuld, das Hin und Her zwischen Schmähtandlerei und wirklichem Können, das macht das Ganze für mich interessant“, verrät Komarek seinen Zugang zu St. Pöltens Historie. Seit der Arbeit an dem Stück kommt er gut fünf Mal im Monat in die Stadt, recherchiert oder spaziert einfach nur durch die Stadt, „die eine herrliche Möglichkeit bietet, sich völlig zu verirren.“ Sein Lieblingsort ist dabei übrigens der Viehofner See, dessen Charme er als „einen schwebenden Zustand zwischen Melancholie und Freizeitwelt mit ein bisschen Idylle“ beschreibt. Schmunzelnd fügt er hinzu: „Und gleichzeitig gibt’s eine Jausenstation, wo man sich wohl fühlen kann.“ Mein Freund St. Pölten Bewusst besuchte Komarek St. Pölten das erste Mal vor 20 Jahren, als er für das ‚Diners Club Magazin‘ eine Geschichte über die Stadt schrieb. Damals war sie „ein nicht allzu pul-

KOMAREKS ST. PÖLTEN. „... wie ein nicht aufgeräumtes Wohnzimmer.“

sierender Ort.“ Dementsprechend fiel sein Artikel aus. „Pointiert erzählt man aber ja nur über einen Freund“, erklärt der Autor mit einem schelmischen Grinsen. Als St. Pölten einige Jahre später Stadt-Jubiläum

feierte, wurde Komarek eingeladen, auf Basis seines damaligen Artikels eine Rede zu halten. Als er darauf hinwies, dass „es schon eine etwas bösartige Geschichte war“, kam die überraschende Antwort: „Ja grade deswegen rufen wir sie ja an!“ Damals begann ihn St. Pölten zu interessieren, ein Zustand, der bis heute anhält. „Heute fahre ich sehr gerne nach St. Pölten. Wie in ein nicht aufgeräumtes Wohnzimmer, das ja bekanntlich sehr gemütlich ist.“ Seit Komareks Rede hat sich St. Pölten stark verändert. Heute fragt er sich, was sein Stück zu diesem Prozess beitragen wird: „Mich interessiert, wie viel so ein Theaterstück mit winzig kleinen Impulsen bewirken kann. Wenn das Werk vorbei ist, wird mich die Neugierde herbringen.“ Ob „Wo bist du hin entwichen?“ die St. Pöltner so viel Nostalgie verspüren lassen wird, wie ein Zirkuszelt den jungen Alfred Komarek, wird sich im Mai zeigen. Wir sind jedenfalls gespannt!


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Reden oder Richten? Versöhnen oder vergelten? Fragen oder foltern? Heuer entführt uns Niederösterreichs Landesausstellung ins südliche Waldviertel. Im Schloss Pöggstall sollen Jung und Alt der Frage nachgehen, was eigentlich die gesellschaftlichen Regeln ausmacht, nach denen wir leben. Und was uns heute von längst vergangenen Zeiten unterscheidet – oder auch nicht.

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s ist wieder so weit. Alle zwei Jahre lädt das Land Niederösterreich in eine entlegene Region zur Landesausstellung. Heuer ist das Waldviertel dran, genauer gesagt das südliche Waldviertel, die Region rund um das frisch renovierte Schloss Pöggstall. Und so macht es sich das Land nördlich der Donau dieser Tage gemütlich auf der großen Bühne – mit dem Wallfahrtsort Maria Taferl, der Franz-Ferdinand-Heimstätte Artstetten, der Ysperklamm oder dem 1062m hohen Peilstein sind auch ein paar nahegelegene Sehenswürdigkeiten rasch gefunden. Eine Landesausstellung soll mehr sein, als nur ein frisch renoviertes Gebäude mit alten Dingen hinter neuen Schaukästen. Etwa ein nachhaltiges Entwicklungsprogramm für eine Region, wie der künstlerische Leiter des Unterfangens, Kurt Farasin, im Interview auf Seite 50 ausführt. Doch auch die Ausstellung selbst hat Großes vor. Denn hinter dem Titel verbirgt sich Stoff, der richtig aufbereitet gar nicht sperrig, sondern höchst spannend sein kann. 48

Einen Bogen spannen. Wie kommt man denn auf die Idee, eine Landesausstellung über Rechtsgeschichte zu machen? Meine Einstiegsfrage an Ausstellungskuratorin Elisabeth Vavra ist weder schroff noch unhöflich gemeint. Man kann ja nicht bestreiten, dass viele Menschen mit Rechtswissenschaften nichts Alltägliches, nichts Praxistaugliches verbinden – sondern eher akademische Wortklauberei. Und dann das Ganze noch im historischen Kontext? Für einen Sonntagsausflug mit Oma und den Kids? Elisabeth Vavra lacht. Die Frage hat sie wohl erwartet, also beginnt sie mir zu schildern, was mich erwartet, wenn ich die Ausstellung besuche. Es geht um einen Bogen von heute in die Vergangenheit, um die Fragen: Woher kommen wir? Wohin gehen wir? Also nicht um ein historisches Konzept, bei dem man sich mit Urkunden und Gesetzessammlungen abmüht, sondern um eine Herangehensweise, bei der die ganze Familie unterhalten und zum Nachdenken angeregt wird. „Das Schloss besteht aus vielen eher kleinen Räumen, darauf haben wir aufgebaut. Es gibt mehrere Abschnitte, denen gewisse Räume zugeordnet sind. Jeder Raum hat sein Thema, man kann es aktiv entdecken. Nicht nur anschauen und lesen, sondern auch ausprobieren und erfassen“, erzählt Vavra. Rad der Zeit. Dem eher lesefaulen Besucher genügt wohl der großgeschriebene Haupttext eines Raumes bzw. eines


TEXT: MICHAEL MÜLLNER | Fotos: mh90Foto-Fotolia; hubert Neufeld, Stefanie Hilgarth, Martina Siebenhandl, Kathrin Froschauer, La/Zvg

Themas – etwa wenn die Frage gestellt wird, ob denn das Recht tatsächlich für alle gleich ist. Wie kam es überhaupt zu dieser Idee, wann entstanden Gerichte im heutigen Sinn? Wie wird heute Recht gesetzt – und wie war das früher? Wer sich interessiert findet zusätzliche Informationen. So bestimmt jeder sein Tempo, vertieft sich bei Fragen, die einen mehr bewegen, oder lässt manche Abschnitte auch eher links liegen. Den Ausstellungsmachern ist wichtig, dass man als Besucher aktiv wird, dass man sich nicht berieseln lässt, sondern sich auseinandersetzt. Ein schönes Beispiel ist das Rad des Schicksals: Man wählt eine Tat, beispielsweise Ehebruch. Dann dreht man am Rad der Zeit und schaut, welche Strafdrohung es für diese Tat gab. Strafkataloge haben sich mit der Zeit massiv geändert, genauso wie die Werte und Weltanschauung der Menschen. Doch nicht nur das Jahr ist relevant, auch der Ort. Welche Strafe erwartet uns heute in Österreich – und welche beispielsweise in einem islamisch geprägten Land? Für alle gleich. „Gerade bei diesem Thema war uns immer klar, dass wir wirklich gleiches Recht für alle schaffen müssen“, meint Kuratorin Vavra. Gemeint ist Inklusion für möglichst alle Besucher. Niemand soll wegen einer körperlichen Einschränkung vom Besuch ausgeschlossen sein. Das geht über Rollstuhl und Rollator hinaus, erfordert etwa die Einbindung von Hörstationen für Sehbehinderte, Tastobjekte, Thermofolien, Brailleschrift, Texte in Gehörlosensprache. Auch ein Konzept für „Leichter Lesen“ wurde umgesetzt, alle Inhalte sind auch so aufbereitet, dass Menschen sie verstehen, die weniger gut lesen können, etwa weil sie einen geringeren Wortschatz haben bzw. auf einfache, leicht verständliche Sprache angewiesen sind, weil sie beispielsweise noch nicht so lange deutsch sprechen. Das Ziel ist, dass Besucher mit ganz unterschiedlichen Bedürfnissen während der Ausstellung in Kontakt kommen und dass sie ein gemeinsames Ausstellungserlebnis haben. Auch Kinder sollen nicht nur in einzelnen Räumen oder zu ausgewählten Zeiten ihren Spaß haben, die ganze Ausstellung soll für die ganze Familie funktionieren, denn: „Landesausstellungen sind für Familien – und gerade Kinder müssen etwas erleben können“, so Vavra. Am Pranger. Recht und Geschichte, das gleitet oft ab ins übliche Verdächtige. „Im Schloss Pöggstall gab es seit ewig eine Folterkammer, wir sind aber nicht der Versuchung erlegen, alles darum zu konzipieren“, verrät Vavra. Ein schaurig-schönes Folterknecht-Programm darf man also nicht erwarten. Nicht nur, weil man

SCHLOSS PÖGGSTALL. Anfangs musste das Schloss richtiggehend freigelegt werden, nun soll es zum belebten Ortszentrum werden.

nicht ins Triviale abgleiten wollte, sondern auch aus wissenschaftlichen Gründen, wie Vavra erklärt. Die Gesetzessammlung Maria Theresias enthielt präzise Anleitungen zur Folter. Das klingt für uns heute fürchterlich, damals war es aber revolutionär modern. Nicht jeder durfte einfach irgendwie drauflos foltern, sondern es gab endlich klare, verbindliche Regeln. Wie weit unsere heutigen Bilder oft von der damaligen Wirklichkeit abweichen, zeigt sich etwa auch an einer Replikation des Villacher Prangers, die in Pöggstall ausgestellt wird. Am Pranger wurde für jede Tat die zugehörige Strafe eingraviert. Der Pranger stand im Ortszentrum, somit wusste jeder, welche Pein droht, wenn er Recht bricht. Überraschend jedoch: Aus Villach ist kein einziger Fall überliefert, dass tatsächlich jemand einmal am Pranger stand. So manches Schauermärchen der „guten, alten Zeit“ ist eben nicht unbedingt repräsentativ, sondern überrascht, wenn es erst im zeitlichen Kontext eingeordnet wird. Und genau das will die Ausstellung. Hier und Jetzt. Die Ausstellung soll auch zum Nachdenken anregen, erklärt Vavra an einem weiteren Beispiel: „Früher gab es im mittelalterlichen Dorf ein Büchlein mit zwölf Seiten. Da standen alle Regeln drauf, die Gesetz waren. Das hat lange Zeit sehr gut funktioniert, die Richter haben nur selten im Jahr getagt. Für die Ausstellung habe ich versucht herauszufinden, wie viele Gesetze heute in Österreich gelten. Das konnte mir aber niemand sagen. Es war unmöglich eine Zahl herauszufinden.“ Auch sympathische Sonderwege regen zum Nachdenken an, etwa der Dorfrichter aus Gößl im Salzkammergut. Seit dem Mittelalter wählen die ortsansässigen Bauern jährlich aus ihrer Mitte einen Dorfrichter – bis heute. Gibt es Streit, lädt dieser ins seit 1616 bestehende Wirtshaus Veit. Dort wird dann so lange diskutiert, bis das Problem außergerichtlich gelöst ist. Die Ausstellung zeigt also auch, wie wir Men-

Landesausstellungen sind für Familien – und gerade Kinder müssen etwas erleben können. Kuratorin Elisabeth Vavra MFG 03.17

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MFG KULTUR

KURT FARASIN

Wenn sich Fremde plötzlich Fragen stellen Mit der Landesausstellung im südlichen Waldviertel heben Kurt Farasin und sein Team eine relativ unbekannte Region auf die Bühne. Doch wie gelingt heute eine Ausstellung für die ganze Familie? Und was, außer zig Millionen an Spesen, soll bleiben, wenn die Karawane weiterzieht? Welche Ziele setzen Sie sich mit einer Ausstellung?

In Wahrheit ein Regionalentwicklungsprojekt?

Unsere Ausstellungen sollen Prozesse anstoßen – vor allem im ganz Persönlichen. Die Objekte in der Ausstellung sollen uns eine Geschichte erzählen. Mit einer Ausstellung soll man nicht den Scheinwerfer auf einen Punkt richten, sondern man soll ihn im Raum herumgehen lassen, von Mensch zu Mensch. Mit dem Thema „Alles was RECHT ist“ möchten wir zurückblicken, aber auch Antworten für die Zukunft suchen. Wir wollen einen Dialog fördern und stellen darum viele Fra­ gen. Der Besucher merkt rasch, dass er Teil des Themas ist. Wir sind ein zeitaktueller Begegnungsraum. Weniger theo­ retisch ausgedrückt: Das Schönste ist für mich, wenn sich zwei Fremde in einem Raum plötzlich Fragen zur Ausstellung stellen. Das wollen wir erreichen, dass man nachdenkt, diskutiert und für sich selber auch Werte und Positionen findet.

Man darf also mehr erwarten, als ausgestellte Gesetzestexte?

Sicher. Vor drei Jahren haben wir begonnen vor Ort zu ar­ beiten. Wir haben die Menschen eingeladen uns zu erzäh­ len, was sie mit dem Ausstellungsort und ihrer Region ver­ binden. Wo beginnt und endet überhaupt die relevante Region, das „südliche Waldviertel“? Welche Orte und Se­ henswürdigkeiten sollen wir vor den Vorhang stellen. Die idyl­ lische „Servus-TV“-Landschaft oder die extrem hohe Dichte an Hausgärten beispielsweise. Über diesen langen Prozess zeichnete sich ein zunehmend klares Bild ab, was „unsere Region“ ist. Dann findet man Partner – ein paar hundert Menschen, die sich einbinden, rund 70 Betriebe, die mitmachen. Es gibt laufend Veranstaltungen, die sich um die Entwicklung der Region dre­ hen. Außerdem haben wir sechs „Waldviertelstationen“ identifiziert, auf welche man in der Region be­ sonders stolz ist und die wir den Be­ suchern ans Herz legen. Es gibt so viel zu entdecken. Das wollen wir ja generell von unseren Besuchern. Wenn Sie eintreffen, bekommen sie ein „Los geht’s“-Heft in das sie rein­ zeichnen können. Wir geben Ihnen Zur Person Eigenverantwortung beim Entde­ Kurt Farasin ist künstlerischer Leiter der Schallacken des Schlosses, beim Blick in die burg und verantwortet auch die NÖ-LandesLandschaft und natürlich auch bei ausstellungen, für welche er seit 2011 tätig der Ausstellung selber.

Natürlich, wir haben uns schon mehr einfallen lassen, um verschiedene Aspekte darzustellen und die Be­ sucher aktiv einzubinden. Vor dem Recht sind wir ja alle gleich, darum war uns auch gerade bei diesem Thema die Einbindung aller Bevöl­ kerungsgruppen ein ganz zentrales ist. Frühere Stationen waren beim ORF in der Anliegen. Das beginnt damit, dass Entwicklungsabteilung (etwa Konfetti-TV) und man auch Menschen mit Einschrän­ Macht es wirklich Sinn alle bei den „Heimat“-Sendungen. Dabei entstand kungen ermöglicht, die Ausstellung zwei Jahre 40 Millionen in eine seine Leidenschaft „Menschen in der Region zu erleben. Es gibt auch Texte in schwache Region zu pumpen? Für sprechen zu lassen“. „leichter Sprache“, damit sich jeder einen Sommer? Und danach leerinformieren kann. Wir machen kein stehende Veranstaltungsräume? klassisches Kinderprogramm – unserer Meinung nach sollen Es handelt sich um eine echte Regionalentwicklung. Da­ Kinder nicht in die Kinderschiene wegpädagogisiert werden rum überlegt man ja so intensiv, was die Region einzigartig sondern die Familie soll gemeinsam die Ausstellung spiel­ macht und welche Stärken sie in Zukunft besser ausspielen erisch erleben und begreifen. Dann kann man nach dem soll. Es geht um die Analysearbeit in den Jahren davor, aber Besuch am Weg zum Wirten im Auto auch darüber diskutie­ es geht auch ganz stark um die Jahre danach, was man ren, wenn man das Gleiche erlebt hat. aus diesem Potential macht, wie die regionalen Partner und die einzelnen Menschen davon profitieren. Das muss die Er­ folgslatte für uns sein, nicht so sehr die Anzahl der Ausstel­ Die Fahrt zum regionalen Wirten ist sehr wichtig? lungsbesucher. Ich sage immer, die Landesausstellung von Unbedingt, wir wollen die Region einbinden. Ein Beispiel ist, April bis November ist das Bühnenprogramm für die Zukunft dass „normale“ Menschen aus der Region durch die Aus­ der Region. Wir teilen dabei das Erreichte mit den Gästen, stellung führen werden. Sie sind natürlich entsprechend ge­ aber es geht um viel mehr, nämlich um den gemeinsamen schult, aber sie bringen auch ihre eigene Biographie mit, die Weg in der Zeit nach der Landesausstellung. Und wenn wir örtliche Verankerung, den authentischen Bezug zum süd­ hören, dass etwa Annaberg seit zwanzig Jahren erstmals kei­ lichen Waldviertel. Dieses Beispiel zeigt: Wir stellen uns be­ nen Rückgang bei der Bevölkerungszahl hat, dann ist das für wusst unter das Thema, wir verteilen kein Herrschaftswissen, mich eine direkte Auswirkung der letzten Landesausstellung. sondern wir wecken Interesse.

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Reden oder Richten? Versöhnen oder vergelten? Fragen oder foltern?

BEGEGNUNGSRÄUME. Eine Ausstellung soll mehr können, als alte Dinge herzuzeigen. Fragen sollen gestellt, Geschichten erzählt werden. Das Schloss selbst wurde aufwändig renoviert. Als Dank förderte es dafür neue Erkenntnisse über seine, besser: unsere, Geschichte zu Tage.

schen miteinander umgehen, wie wir unseren gemeinsamen Raum gestalten, wie unsere Regeln entstehen, wie wir uns Lösungen suchen, wenn es Probleme gibt. Auch kritische Themen der jüngeren Vergangenheit und Gegenwart werden nicht ausgespart. „Am Unrecht teilhaben“ hinterfragt die NS-Zeit. Wie kam es zur staatlichen Gewalt, welche Rolle spielte die Justiz? Aber auch, welchen Handlungsspielraum hatten die Täter. Anhand von drei Täterrollen erkennt man unterschiedliche Verhaltensweisen: Jeder traf seine Entscheidung – mit unterschiedlichen Auswirkungen, die man als Besucher leicht nachvollziehen kann. Doch auch das Hier und Jetzt bleibt uns nicht erspart. Bei „Leben gegen Leben“ wird gefragt, welche Mittel ein Rechtsstaat in Extremsituationen anwenden darf. Oder welchen Wert Menschenrechte haben. Am Boden wird skizziert, wie groß laut internationalen Standards eine Zelle für einen Menschen mindestens sein muss. Verglichen wird dies etwa mit den Mindestabmessungen, die wir für einen PKW-Parkplatz vorsehen.

Millionen für die Zukunft. Rund 23 Millionen Euro wurden vom Land in die Vorbereitung des Projekts investiert. Neun Millionen etwa in die Renovierung des Schlosses Pöggstall, noch mal neun Millionen Euro für die Modernisierung des regionalen Straßennetzes, vier Millionen in Infrastruktur der Marktgemeinde und nochmal eine Million in kleinere Projekte in der Region. Heuer werden sechs Millionen Euro für den Ausstellungsbetrieb bereitgehalten, etwa für die rund 100 Mitarbeiter, die den Besuchern helfen sollen, das Thema aber auch die Region zu entdecken. Ein Megaprojekt, gerade für eine wenig beachtete Region, in der zur Einstimmung auf die Ausstellung auch viele private Betriebe Mut gefasst haben und in ihre Betriebe und Angebote kräftig investiert haben. In ein paar Jahren werden wir wissen, ob sich das Megaprojekt rentiert hat und eine nachhaltige Entwicklung der Region gelungen ist – dann nämlich, wenn wir aus dem Stegreif wissen, warum man für einen Ausflug unbedingt ins einmalige, südliche Waldviertel fahren muss. Mit der Landesausstellung ab April könnte man schon mal einen Anfang machen.

FAKTEN Landesausstellung „Alles was RECHT ist“ 1. April bis 12. November 2017, täglich 9 bis 18 Uhr.

Wo? Schloss Pöggstall, Hauptplatz 1, 3650 Pöggstall.

Worum geht’s? Über die Spielregeln unserer Gesellschaft.

Was macht man noch? Das südliche Waldviertel entdecken.

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Frauen, die auf Männer schauen Reine Frauenausstellungen sind kaum vorhanden im Kunstbetrieb, der sich nach wie vor fest in Männerhand befindet, von der Kuratierung bis zur Künstlerpräsenz. Ingrid Loibl, Edith Haiderer und Margareta Weichhart-Antony machen sich aber daran, tradierte Muster zu durchbrechen. Sie luden 19 Künstlerinnen ein, einen Blick auf Männer zu werfen.

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uf Männer schauen – schon allein der Formulierung wohnt eine besondere Mehrdeutigkeit inne. Im Spannungsfeld zwischen einer konservativen Interpretation des von Generation zu Generation überlieferten Leitgedankens, einen Mann hegen und zu pflegen, und der reversierten Schaulust, dem erotischen Blick auf Männer, liegt Raum genug, sich dieser Aufgabe zu widmen. „Das Thema war schnell da“, so Margareta „mux“ Weichhart-Antony, die gemeinsam mit Ingrid Loibl und Edith Haiderer die Idee bei einer Unterhaltung anlässlich einer Kunstschau entwickelte. 52

„Es ist ein nicht übliches Thema, nur Frauenansichten in den Mittelpunkt zu stellen, den Blick einmal umzudrehen, aber wir sind emanzipiert genug“, formuliert es Haiderer. „Dabei gibt es die Beobachtung des anderen Geschlechtes aus einer Metaebene genauso wie den individuellen, direkten Blick auf Männer“, zeigt Loibl unterschiedliche Betrachtungen auf. Und diverse Positionen darf man sich von den 19 Künstlerinnen, die letztendlich im Dokumentationszentrum für moderne Kunst in St. Pölten ab 26. April ihre Exponate einer Konfrontation zur Verfügung stellen werden, durchaus erwarten. 19 verschiedene

Zugänge von Frauen aus drei Generationen. Keine Ausstellung von Freundinnen. Bewusst wurde auf nachvollziehbare Qualität geschaut. „Etablierte Künstlerinnen sind genauso dabei wie aufstrebende Kunstschaffende. Es ist jetzt keine Ausstellung unter Freundinnen“, so die drei unisono. Im Vorfeld wurde offenkundig, nicht alle Künstlerinnen können etwas mit diesem Motiv anfangen. „Wir haben einige Absagen erhalten, etwa von abstrakten Künstlerinnen oder auch von einigen Kreativen, die mit dem Thema nichts zu tun haben wollten“, so die drei Ausstellungsmacherinnen. Aussagen, wie „ich habe noch nie auf Männer geschaut“, waren in den Ablehnungsgründen durchaus dabei. Gefahr, dass „frau“ sich outet, ist der Aufgabe immanent, die eigene Position exponiert zur Schau zu stellen.


TEXT: Andreas Reichebner | Fotos: Elias kaltenberger

Ein Mannsbild zum Schauen so bunt wie ein Pfau so mächtig und schlau ist er nicht schön in seiner Pracht wie für die Frau gemacht Evi Benescha „Bilder sagen ja über die Künstlerin selbst sehr viel aus“, weiß Loibl, die beim ambitionierten Projekt als Kuratorin fungiert. Während sich Weichhart-Antony um gestaltungstechnische Belange kümmert, tritt Haiderer als Organisatorin auf. Trotzdem werden natürlich alle wichtigen Entscheidungen in der Gruppe getroffen. Wert gelegt wurde auch auf einen, wenn auch frei interpretierten Bezug der Künstlerinnen zu St. Pölten. Ebenso wie die Diversität der einzelnen Künstlerinnenpersönlichkeiten sind auch die verschiedenen Techniken der zu sehenden Exponate. Fotografie findet ebenso wie Installationen, Plastik, Grafik neben klassischer Malerei Platz. Die ungeheure Bandbreite der künstlerischen Zugänge offenbart sich auch in den Texten der 19 Künstlerinnen, die für den Katalog, der zur Ausstellung erscheinen wird, geschrieben wurden. Je eine Doppelseite wird dabei für Werke und einen angefügten Text einer Künstlerin aufgewendet. Satirisch, ironisch oder kunstgeschichtlich historisch, nachdenklich oder zukunftsorientiert, bewegen sich sowohl Gedanken als auch Kunstwerke im Spannungsfeld Mann und Frau, in der Wechselbeziehung Nähe und Distanz. Deutlich wird dabei, dass sich künstlerische Positionen nicht auf die bloße Umkehrung oben erwähnter Schaulust männlicher Provenienz herunterbrechen lassen. Der männliche Akt ist trotz provokantem Titels nicht alleiniges Anschauungsmaterial, eher Randerscheinung

künstlerischer Ausdrucksmöglichkeit. Viel differenzierter gehen da Frauen zur Sache. Ob mit der Vision eines, wenn auch nur temporär zu erreichenden paradiesischen Zustandes zwischen Mann und Frau spielend oder auch eindeutig feministische Ansätze als Standpunkt erklärend, die Spannungsbreite ist eine große, die hier von den 19 Künstlerinnen aufgebaut wird. Zukunft ist weiblich. Ingrid Loibl bringt da ein Zitat der Feministin Gerlinde Schilcher sinngemäß ins Spiel: „Wir wollen nicht die Hälfte des Kuchens, wir wollen einen ganz anderen.“ Künstlerinnenpositionen verstehen die drei Frauen nicht als bloßen Austausch der handelnden Personen, vielmehr geht es ihnen, speziell hier im Zusammenspiel männlicher und weiblicher Sichtweisen, um neue Wege im Zusammenleben. Getreu dem Motto des Zukunftsforschers Matthias Horx „Die Zukunft ist weiblich“ untersucht man auf künstlerische Art und Weise verschiedene Thesen, die divergente Richtungen verfolgen. „Frauen haben vielleicht ganz andere Ideen, wir wollen nicht das Gleiche, es geht uns nicht um Kampf und Vernichtung. Vielleicht gibt es ja Lösungen im Zusammenleben zwischen Mann und Frau, die für beide Seiten gut sein können“, so Loibl, die sich gesellschaftspolitisch zukunftsorientiert zeigt „Wo wollen wir hin?“ Um besagten Blick auf Männer zu werfen, bedienen sich die ausstellenden Künstlerinnen eines unterschiedlichen Erinnerungsschatzes.

FRAUENANSICHTEN. Edith Haiderer (links) und Ingrid Loibl (oben) möchten den Blick umkehren und tradierte Muster brechen.

Christa Dietl etwa untersucht in ihren Exponaten ihr aus den Beobachtungen einer Heranwachsenden im elterlichen Wirtshaus entwickeltes Männerbild, während Linda Partaj mit ihrer Betrachterinnenrolle als aktiver Teil des Geschehens auch auf Identitätssuche ist. Silvia Fembek wiederum prüft unter anderem anhand eines Simon de Beauvoir Zitates „Man kommt nicht als Frau zur Welt, man wird es“ verschiedene Rollen von Töchtern. Ingrid Loibl sieht die eigene innere Freiheit, die es ihr erlaubt Nähe und Distanz selbst zu bestimmen und „auch den Abstand, von dem aus sich mein Blick auf Männer richtet.“ Ihren Blick auf die Ursprünge der Religion, „die die Frauen, ihre Weiblichkeit, Fruchtbarkeit und lebensschenkende Funktion hochachteten, richtet Ingrid Reichl in ihrer kulturhistorisch beeinflussten

Wir Frauen tun gut daran, mehr und liebevoller auf uns selber zu schauen und uns mehr um uns selber zu kümmern. Dann wird sich auch unser Blick auf Männer entspannen können. Elisabeth Temnitschka MFG 03.17

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MFG KULTUR

Arbeit und bei Evi Leuchtgelbs Installation eines Fingersensors „Ekey X0110“ können Ausstellungsbesucherinnen und -besucher assoziativ genau das Rollenbild einnehmen, in dem sie sich gerade selbst befinden. Heiter gibt sich die Gestaltung der Ausstellungseinladung, viele Krawatten, „unumstritten ein Symbol für den Penis“ (mux), in differenten Magentatönen. Ob die Gefahr besteht, mit einer rein von Frauen gestalteten Ausstellung, Männer auszuschließen und dadurch gleiche männliche Sichtweisen zu übernehmen, darüber dürfen sich die Betrachterin und der Betrachter ab 26. April im Stadtmuseum St. Pölten in einer spannenden und interessanten Schau den Kopf zerbrechen.

Frauen, die auf Männer schauen

KRAWATTEN. Ein Thema, das Männern an den Kragen geht - nicht nur in der Einladung zur Ausstellung bedient sich Margareta Weichhart-Antony dieser Symbolik.

Unter gut verdienenden Künstlern sind nach wie vor hauptsächlich Männer, hier haben wir noch eine Dominanz der Männer. Ingrid Loibl

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Music Center VOAK & BRANDSTETTER Jörgerstrasse 43 | 3108 St. Pölten Tel. & Fax: 0 27 42 / 257 227

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Freunde der Kultur St. Pölten

STANDING OVATIONS Das Frühlingsprogramm 25. März Landestheater Niederösterreich Wie es euch gefällt

9. April Festspielhaus St. Pölten Domkantorei St. Pölten: Johannes Passion

20. April Stadtmuseum Besuch der Sonderausstellung aus dem Nachlass von Peter Minich

5. Mai Landestheater Niederösterreich Die Eroberung des Goldenen Apfels

31. Mai Landestheater Niederösterreich Bürgertheater: Von verschwundenen Orten „Wo bist du hin entwichen?“ Zauberort Festspielhaus (v.l.n.r.): Bettina Probst (Voith Paper), Lothar Fiedler (Präsident Freunde der Kultur St. Pölten), Brigitte Fürle (künstlerische Leiterin Festspielhaus) 20 Jahre Festspielhaus St. Pölten ist ein wahrlich besonderer Anlass zum Feiern – nicht nur für die Institution selbst, sondern für die gesamte Stadt und das Bundesland, ja für ganz Österreich! Damals vor 20 Jahren wurde in der noch jungen Landeshauptstadt ein kultureller Meilenstein gesetzt, der seine Wirkung, die man sich von ihm erhofft hatte, nicht verfehlte: Heute zählt Klaus Kadas grandioser Bau aufgrund der wunderbaren, ja magischen Momente, die darin passieren, zu den allerersten Adressen Österreichs in Sachen Kultur. Wie viele grandiose Vorstellungen durfte ich bereits im Festspielhaus erleben, welch unglaubliche Vielfalt – von klassischer Musik bis hin zu modernem Tanz – und immer alles auf höchstem Niveau! War ich früher ausschließlich als Besucher zu Gast, so hat sich der Zugang zum Haus durch meine Funktion als Präsident der Freunde der Kultur St. Pölten noch gewandelt. Heute fühle

ich mich auch ein bisschen als Teil des Festspielhauses, und das ist ein schönes Gefühl! Zahlreiche Vorstandssitzungen haben wir schon im Festspielhaus durchgeführt, treffen einander zumeist im sogenannten „Wohnzimmer“, einem Besprechungsraum, der selbst auf dieser Ebene sozusagen genau das vermittelt, was das Haus ausmacht: Seele. Man fühlt sich einfach behaglich, angenehm, willkommen im Festspielhaus. Es weht ein besonderer Wind durch dieses Haus, der vom Gebäude selbst ebenso ausgeht wie von jenen, die dort arbeiten, sei es in der Organisation, als künstlerisch Verantwortliche oder als Künstler. Jeder selbst ist beseelt von diesem Haus und trägt umgekehrt zu dessen Seele bei! Für uns als Verein ist das Festspielhaus ein Geschenk des Himmels, das uns ebensolche „himmlischen“ Momente beschert. Erst am 16. Februar durften wir etwa einem grandiosen Abend unter dem Titel „Yiddish Rhapsody“ mit

dem Sirba Octet und unseren Tonkünstlern unter Yutako Sado beiwohnen. Wir wurden zu standing ovations hingerissen, so großartig war das Gezeigte, und solch standing ovations möchte ich im übertragenen Sinne auch jetzt für das Festspielhaus machen: Ich gratuliere allen, die dieses Haus zu dem gemacht haben, was es ist, zum 20-jährigen Bestehen – und ich sage vor allem eines, als Gast wie auch als kleiner Teil dieser wunderbaren Einrichtung: DANKE! Ihr Lothar Fiedler (Präsident Freunde der Kultur St. Pölten) Mitglied werden und die zahlreichen

Vereinsvorteile (Exklusivveranstaltungen, Previews, Künstlertreffen, Exkursionen, Ermäßigungen uvm.) genießen. Anmeldung und Infos unter 02742/908080-600, foerderverein@kulturbezirk.at

iNFORMATIONEN

www.kulturbezirk.at, Tel.: 02742/908080-600 MFG 03.17

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MFG KULTUR

Trauriger Tiger toastet Tomaten Am 27. März macht die Wanderausstellung „Buchstäblich Anders“ in der Niederösterreichischen Landesbibliothek Station. Die Initiative „Zeit Punkt Lesen“ holt damit ausgefallene AlphabetBücher aus aller Welt nach St. Pölten. Wir sprachen mit Nicole Malina-Urbanz, Abteilungsleiterin für Leseförderung von „Zeit Punkt Lesen“, über die Hintergründe. Was darf man sich von dieser Ausstellung erwarten? Es handelt sich um eine Wanderausstellung, die in der Internationalen Jugendbibliothek in München zusammengestellt wurde. Es werden insgesamt 80 Bücher in 22 Sprachen zu bestaunen sein, wobei die Grundausstellung noch durch Werke der Niederösterreichischen Landesbibliothek erweitert wird. Egal ob Englisch, Spanisch, Französisch, Arabisch aber auch Koreanisch, es sind viele Sprachen quer durch die Welt vertreten. Es werden verschiedene ABC-Bücher, alle mit einem anderen Fokus, zu sehen sein. Einerseits gibt es klassische ABC-Bücher in verschiedenen Sprachen, andererseits Bücher mit Wortspielen, Wortreihen und Nonsens-Reimen wie zum Beispiel „Trauriger Tiger toastet Tomaten“. Das ist besonders witzig, wenn man sich die Ausstellung mit kleinen Kindern anschaut, diese finden daran

großen Gefallen. Alphabetbücher haben viele Illustratoren dazu inspiriert sehr kreative Umgänge zu finden und es sind auch wirkliche Kunstbücher entstanden. Teilweise auch Pop-Up Bücher mit denen ganz neue und einzigartige Welten entstehen.

AUSSTELLUNG

Zu den Büchern der Ausstellung wird es auch begleitende Workshops geben? Ja, wir erweitern die Ausstellung mit einer gestalterischen Ebene und vielen Mitmach-Stationen. Die Bücher werden nicht nur einfach im Regal stehen, sondern die Besucher-

„Buchstäblich anders. Ausgefallene Alphabet-Bücher aus aller Welt“ 27.3.2017 – 31.5.2017 NÖ Landesbibliothek

www.zeitpunktlesen.at

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Die Bücher kommen ja aus aller Welt, sind in verschiedenen Sprachen verfasst – welche kulturellen Unterschiede oder auch Gemeinsamkeiten kann man finden? Viele Gemeinsamkeiten! Besonders ist es, dass eben immer dieser kreative Umgang eingebaut wird. Egal um welche Sprache es sich handelt, es sind immer spielerische Elemente verankert. Diese sind natürlich kulturell geprägt, beispielsweise mit irgendwelchen Sprachwitzen, die vielleicht nicht eins zu eins ins Deutsche übersetzbar sind, aber in anderen Sprachwelten geflügelte Worte sind. Wovon wir auch überzeugt sind, ist die Vielfalt, das Gemeinsame und auch diese gemeinsame Vielfalt zu feiern, die wir ja auch hier in Österreich haben. Das Thema der Vielfalt und auch der sprachlichen Vielfalt ist in Österreich ja auch topaktuell. Wir haben bunte Klassen und dementsprechend auch viele Expertinnen und Experten für verschiedene Sprachen, die ja auch ihr Fachwissen bei der Ausstellung kundtun können.

innen und Besucher werden auch dazu animiert, etwas damit zu tun. Es wird ein Schreiblabor geben, wo man selbst verschiedene Fantasiealphabete zusammenstellen kann. Bei den Workshops fahren wir eigentlich zwei Schienen. Es gibt eine klassische Schiene, die sich an Kindergärten und Schulklassen richtet. Es werden ganz bewusst auch Kindergärten angesprochen, weil lesen ja eigentlich nicht erst in der Schule beginnt, sondern ab der Geburt. Es geht auch sehr stark um das Vorlesen innerhalb der Familie und um das Lesen von Bildern, deshalb gibt es ja auch diese vielen Pappbilderbücher ab null Monaten. Und es wird zahlreiche öffentliche Workshops geben – zum Beispiel laden wir den Autor Willy Puchner ein oder Renate Habinger vom Kinderbuchhaus Schneiderhäusl. Und Renate Stockreiter, zugleich auch unsere Ausstellungsgestalterin und Künstlerin, wird sich mit Kindern ab dem Volksschulalter Fantasiealphabeten widmen. Früher war Lesen ein haptisches Erlebnis – man hatte das Buch oder die Zeitung in der Hand, heute lesen wir auch am Tablet oder E-Reader. Manche sprechen vom Ende der Kulturtechnik. Also wir finden, dass analoges und digitales Lesen gleich viel wert ist. Die Hauptsache ist doch, dass gelesen wird. Es ist noch nie so viel geschrieben und gelesen worden wie heute! Trotz aller Studien, die uns immer das Gegenteil beweisen wollen, trauen wir uns das zu behaupten. Das Lesen ist, wie alles andere auch, im Fluss, und es gibt kein gutes oder böses Lesen, sondern es spielt alles zusammen. Was jedoch unserer Meinung nach sehr wichtig ist, ist der kritische Umgang mit Quellen. Man sollte sich bewusst sein, woher Informationen kommen und inwieweit ihnen vertraut werden kann. Es ist nicht nur die Lesekompetenz die


TEXT: corina muzatko | Fotos: johannes gold

Schlüsselkompetenz, sondern auch die Medien- und Informationskompetenz sind essenziell! Hat das digitale Zeitalter das Leseverhalten verändert? Das Lesen geht oft nicht mehr so in die Tiefe. Wir haben heute jedoch das Glück, zumindest in Österreich, dass wir uns Informationen von überall ohne Zensur holen können, was ja nicht selbstverständlich ist. Zugleich wird die Informationsflut aber auch gefiltert, denn unsere Zeitressourcen sind immer knapper und man ist verleitet weniger in die Tiefe zu gehen. Es ist sehr wichtig sich Räume zu schaffen, wo man sich wieder vertiefen kann. Man liest anders, weil auch viel mehr Lesemöglichkeiten zur Verfügung stehen. Wie bei jeder technologischen Veränderung gibt es einerseits große Chancen und andererseits muss man darauf achten, dass man auch Kritik an Quellen übt. Wenn alles verfügbar ist, muss man sich be-

Analoges und digitales Lesen sind gleich viel wert, es gibt kein gutes oder böses Lesen! Nicole Malina-Urbanz

wusst werden, dass man kritisch mit den Informationen umgehen muss und nicht nur einer Quelle blind vertrauen kann. Man sollte die Informationen mehrerer Quellen immer vergleichen und sich auch ein Bild über die Plausibilität machen. Wer ist Ihrer Meinung nach verantwortlich für die Weitergabe des Kulturgutes Lesen an die nächsten Generationen? Alle! – und ganz im Kern die Familie! Lesen und Bildung werden zu einem Teil vererbt, und wenn Zuhause viel gelesen und auch vorgelesen wird, wenn überhaupt Medien verfügbar sind – egal ob Bücher, Zeitschriften oder auch ein Tablet – wenn es einem vorgelebt wird, ist es viel einfacher auch Freude daran zu entwickeln.

Welchen Stellenwert hat Lesen für Sie ganz persönlich? Für mich ist Lesen sehr essenziell – es ist einerseits Informationsgewinn aber auch Entspannung. Also wenn man sich mit einem Roman zurückziehen kann und einfach mal vom Alltag loslassen und sich in eine Geschichte vertiefen kann. Die Abenteuer im Kopf beim Lesen regen sehr die Fantasie an. Lesen ist die Schlüsselkompetenz, damit wir überhaupt am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Vor allem wenn man es unter dem erweiterten Lesebegriff versteht, wird einem bewusst, wie wichtig Lesen ist. Wenn wir jetzt beispielsweise nach Japan kommen, würden und die Informationsschilder oder Verkehrstafeln nicht lesen könnten, wären wir aufgeschmissen. MFG 03.17

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MFG KULTUR

TEXT: johannes REichl | Foto: Werner Jäger

BÜRGErMEISTER Matthias Stadler

Die Sache mit dem Commitment St. Pölten erstellt gemeinsam mit Umlandgemeinden eine „Kulturpotenzial-Studie“ – die Hoffnung mancher, dass damit auch schon indirekt an einer Bewerbungsgrundlage für die Europäische Kulturhauptstadt 2024 gearbeitet wird, könnte verfrüht sein. Wir sprachen mit dem Bürgermeister über den Status Quo. Welchen Hintergrund hat die Studie, die St. Pölten gemeinsam mit den Umlandgemeinden in Sachen „Kulturpotenzial“ finanziert? Allgemeines Eruieren von Synergien oder tatsächlich explizite Grundstoßrichtung „Kulturhauptstadt“? Die Aufgabe der Studie im Auftrag der sechs Gemeinden ist es, das kulturelle Profil und die vorhandenen Potenziale von St. Pölten, Herzogenburg, Wilhelmsburg, Traismauer, Böheimkirchen und Ober-Grafendorf zu erheben und darzustellen. Darauf aufbauend sollen die Gemeinsamkeiten im Bereich Kultur analysiert werden, wobei die thematischen Schwerpunkte der gesamten Region St. Pölten dargestellt werden sollen. In weiterer Folge sollen daraus die Potenziale des kulturellen Feldes abgebildet werden. Dies kann beispielsweise die Bereiche Stadtentwicklung, Kultur/Kulturtourismus, kulturelle Teilhabe, Wandel der Identitäten, internationaler bzw. europäischer Kulturaustausch, Integration u. ä. betreffen. Welche Rolle spielt dabei das Thema Kulturhauptstadt 2024? Spielt es eine? Die Studie soll in erster Linie Grundlage für eine mögliche künftige Zusammenarbeit und Strategieentwicklung der sechs Gemeinden und ihrer gemeinsamen Region sein, sie soll aber auch die Chancen, respektive Sinnhaftigkeit der Bewerbung der Region als europäische Kulturhauptstadt 2024 prüfen. Wie sieht in dieser Frage die Achse zu Krems aus – gibt es diesbezüglich Einbindungspläne in eine etwaige Bewerbung? Krems ist im Zentralraum ein wichtiger und in Wahrheit unverzichtbarer Partner! Stimmt Sie die Aussage der designierten Landeshauptfrau, etwaige Möglichkeiten um die Bewerbung St. Pöltens ernsthaft prüfen zu wollen, zuversichtlich? Ich habe die Aussage von Frau Mikl-Leitner nicht persönlich gehört, wie ich der NÖN vom 28.2. aber entnehmen kann, war die Antwort auf die Frage ein neues Landesveranstaltungszentrum und die Kulturhauptstadt betreffend sehr offen gehalten („Natürlich ist dabei auch die mög58

liche Bewerbung als Kulturhauptstadt ein Thema. Sobald ein Konzept und eine Kalkulation am Tisch liegen, werden wir das genau prüfen.“ ÖVP-Aussendung vom 24.2., Anm.d.Redaktion) Wenn die Kulturhauptstadt bzw. Kulturhauptstadtregion St. Pölten eine Chance haben soll, wird man ein klares Bekenntnis vom Land Niederösterreich und vom Bund brauchen! Wird man, wie gefordert, ein fertiges Konzept samt klarem Kostenrahmen erarbeiten, das man den potenziellen Fördergebern dann vorlegen kann? So ja, bis wann? Wie ich schon mehrfach betont habe, ist die Studie, die Anfang Juli fertiggestellt sein soll, eine wichtige Grundlage für eine Bewerbung, sie ist aber nicht allein ausschlaggebend für die Bewerbung. Ohne die Bereitschaft des Landes hier mitzuziehen, wird eine Bewerbung illusorisch sein. Daher macht es auch nicht viel Sinn, mit einem fertig ausgearbeiteten Konzept, das man ja nicht so nebenbei macht, beim Land zu erscheinen, um dann zu hören, dass man diesbezüglich ganz andere Vorstellungen hat. So etwas muss meines Erachtens von Anfang an gemeinsam angegangen werden, sonst geht da gar nichts. Wie beurteilen Sie die Chance, dass sich St. Pölten bewerben wird? Möchte das offizielle St. Pölten sich überhaupt bewerben? Natürlich würde ich eine Bewerbung als Chance für unsere Stadt sehen. Und wir haben auch eine tolle Kulturszene, die sich in Richtung Bewerbung sehr aktiv engagiert. Dennoch werden die Ergebnisse der Städte-Studie wichtige zusätzliche Hinweise bringen, die berücksichtigt werden müssen, und ohne ein Commitment mit dem Land wird – wie bereits gesagt – hier sicherlich nichts gehen.


n LI V E e rl e b e

SHOWHIGHLIGHTS IM VAZ IN ST. PÖLTEN

30.03.2017

So., 2. 4. 2017 JÖRG DEMUS

Klavier

So., 7. 5. 2017 FRITZ KARL Tango de Salón

So., 21. 5. 2017 JUNGE MEISTER

Sehnsucht nach Liebe Tour 2017 LIVE mit Band

03.05.2017 Stadtsaal im Cityhotel D&C Beginn: 19:30 Uhr Info und Karten: Magistrat der LH St. Pölten / Fachbereich Kultur und Bildung Prandtauerstr. 2, 3100 St. Pölten Telefon: 02742 333-2601

2016•2017

Monika Martin Die große

SCHLAGER PARTY Original FEIERN

SIE N

MIT IHRE

26.05.2017 • live •

Stars

SEMINO ROSSI NIK P. & BAND VANESSA MAI

FANTASY MELISSA NASCHENWENG HANNAH VINCENT GROß

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SHORTCUT SZENE

fake news?

Dominik Leitner

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STARBUCKS

Nun hat also auch St. Pölten sein erstes Starbucks Café, oder genauer, die „Starbucks Lounge“ – und zwar funkelnagelneu im Hollywood Megaplex. Diese stellt zugleich eine Österreichpremiere dar, wie Megaplex-Inhaberin Felicitas Hueber verrät: „Starbucks ist an uns herangetreten und hat uns als exklusiven Kino-Partner auserkoren. Unsere Lounge in St. Pölten ist damit der erste Starbucks in einem Kino in Österreich überhaupt.“ Die Huebers zeigen damit Flagge, wie sie es im Vorjahr bereits „mit dem Einbau des weltweit besten Kinosystems IMAX“ taten – mit Erfolg. „Die Entwicklung des Megaplex in St. Pölten war nicht zuletzt dank dieses Schrittes sehr positiv. Daher investieren wir gerne weiter in den Standort, um noch attraktiver und am Puls der Zeit zu sein!“ Als nächstes „knöpfen“ sich die Huebers das Foyer vor: „Der gesamte Bereich Haupteingang, Kassen und Kinobuffet wird modernisiert und einem Facelifting unterzogen!“ Kinoherz, was willst du mehr?

Im Süden nichts Neues Nach der großen Freude bei Aktivisten im Vorjahr, dass der Sonnenpark nun doch als Grünoase im Süden der Stadt erhalten bleibt und bis auf weiteres nicht Wohnbauten weichen muss, ist ein fixes Vertragsgerüst für die Zukunft

nach wie vor ausständig. Zwar wurde bekannt, dass der Verein „Sonnenpark - Park der Vielfalt“ einen Pachtvertrag für den gesamten Grünraum und der Verein „LAMES“ für die Betriebsstätte (Gebäude und Hof) erhalten sollen, „fertige Verträge liegen uns aber noch nicht vor“, wie Sonnenpark-Obmann Markus Weidmann bestätigt. Selbige seien allerdings, wie Thomas Kainz seitens der Stadt betont, bereits „in Ausarbeitung.“ Andi Fränzl von LAMES ist jedenfalls zuversichtlich, dass die künftigen „klaren Verhältnisse eine große Chance darstellen, dieses spannende Projekt noch mehr zum Blühen zu bringen!“ Derweil wird weitergearbeitet wie bisher – am 26. März etwa lädt man zum Frühlingserwachen!

Fotos: Pixel 2013 Pixabay/CC0, Sebastian Wegerbauer/zVg-Sonnenpark, zVg Hollywood Megaplex

Man muss Florian Klenk nicht unbedingt mögen. Aber als Beobachter der österreichischen Politik- und Medienszene kommt man nicht umhin, Klenk als einen der besten seines Faches zu bezeichnen. Dass aber seine erste Geschichte im Jahr 2017 eine derart große werden würde, hat wahrscheinlich nicht einmal er selbst gedacht. Bereits am Tag vor dem Erscheinen der Printausgabe des Falters rückte der ÖVP-Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner zur Verteidigung aus. Die Geschichte sei „Fake News“, vermeldete er und bezichtigte Klenk des bewussten Anpatzens und Skandalisierens einer lupenreinen „Dr. Erwin Pröll Privatstiftung“. Das Problem: Wer sich so verteidigt, hat vor irgendetwas Angst – und die Geschichte bekam dadurch eine deutlich höhere Reichweite. Noch skandalöser wurde es, als auch Wolfgang Sobotka, immerhin Innenminister der Bundesrepublik, diese Geschichte ebenfalls als „Fake News“ bezeichnete. Der Skandal daran ist, und hier zitiere ich Lukas Sustala von NZZ.at: „Fake News sind, was sie sind: Lügen.“ Florian Klenk hat recherchiert, interviewt, nachgefragt – gelogen hat er dabei kein einziges Mal. Dass staatstragende Politiker einen Journalisten wegen einer kritischen Geschichte derart diskreditieren, ist unwürdig und peinlich. Dabei sollte doch gerade die ÖVP in Niederösterreich genügend Erfahrung mit „richtigen“ Fake News haben. Denn gewisse Gerüchte rund um Landeshauptmann Erwin Pröll halten sich seit Jahren, werden weitererzählt, weil man ja etwas gehört habe. Klenk war dabei der einzige Journalist, der nachrecherchierte. Und erklärte, wie Martin Blumenau sich auf fm4 erinnert, dass die Geschichte „der allerbeste Beleg dafür [sei], dass ein Gerücht nicht deshalb wahrer wird, weil alle fest dran glauben wollen.“


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FacHhochschule ST. PÖLTEN

Erfolgreicher Start ins Berufsleben Die Fachhochschule St. Pölten steht für praxisgeleitete Hochschulausbildung und wissenschaftliche Expertise. Rund 2.880 Studierende erhalten eine qualitätsvolle akademische Ausbildung in den Departments Medien & Wirtschaft,

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von Praxisprojekten oder Praktika kennenzulernen. Daher sind AbsolventInnen der FH St. Pölten am Arbeitsmarkt sehr gefragt: Die Beschäftigungsquote liegt laut AMS-Erhebung (12/2015) über dem Durchschnitt österreichischer FHs.

alumni.erfolgsgeschichten Fabian Knauseder (Absolvent Medienmanagement (BA) und Media Management (MA)) • Aktuelle Position: Produktmanager bei der ProSiebenSat.1 PULS 4 Gruppe

Kerstin Blumenstein (Absolventin Medientechnik (BA) und Digitale Medientechnologien (MA)) • Aktuelle Position: Researcher am Institut für Creative\Media/Technologies (IC\M/T) der FH St. Pölten

Fachhochschule, weil … für mich aufgrund der oftmals hohen Anzahl an Universitätsstudierenden, die auf nur eine Lehrperson stoßen, die Auswahl einer FH ein Schlüsselkriterium war.

Fachhochschule, weil ... ich hier meine bevorzugte Studienrichtung gefunden habe. Außerdem sind Praxisnähe und die modernste technische Ausstattung der Studios und Labore sehr wichtig.

Der Berufseinstieg war für mich … sehr einfach. Ich war in der glücklichen Lage, nach meinem Abschluss drei Jobangebote bekommen zu haben. Im Nachhinein betrachtet entschied ich mich goldrichtig, und so begann meine Karriere bei der ProSiebenSat.1 PULS 4 Gruppe in Wien.

Der Berufseinstieg war für mich … sehr einfach. Ich bekam bereits während des Masterstudiums die Möglichkeit, als Junior Researcher zu arbeiten.

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MFG URBAN

Living in a Box

Zwölf Jahre musste das Gymnasium in der Josefstraße auf den Beginn der Renovierungsarbeiten warten. Seit dem Vorjahr wird endlich gebaut, Lehrer und Schüler logieren derweil in einer Containerschule. Der 18-jährige Nick Gruber ist einer von ihnen.

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ie Gerüchte, dass umgebaut werden soll, gibt es seit ich da bin und schon viel, viel län­ ger“, erzählt Nick, während er durch die weißen, engen Gänge der Contai­ ner schlendert. Seit 2013 geht er im BG/BRG Josefstraße zur Schule. Da­ mals hieß es, das Gebäude wird spä­ testens renoviert sein, wenn er seine Matura macht. Jetzt ist es für ihn so­ weit, fertig ist das Gymnasium noch nicht. Nick realisierte den Umbau das erste Mal so richtig, als er mithalf die Tierpräparate und Skelette aus dem alten Biologietrakt wegzuschaf­ fen: „Da hab ich gemerkt, langsam kommt das Ganze in Schwung.“ Ein halbes Jahr später betrat er also 62

die Containerschule. Hier würde er sein letztes Jahr verbringen und matu­ rieren. Zu den Räumlichkeiten selbst fiel ihm in diesem Moment nur das Wort „trist“ ein. Auf den ersten Blick sah er nicht viel außer den weißen, identischen Containerklassenräumen, eng aneinander gereiht und eine lär­ mende Baustelle nebenan. Für die renovierte Schule stellt sich die Direktorin Silvia Klimek das kom­ plette Gegenteil vor: „Große, helle Klassen und ansprechende, offene Pausenräume für projektbezogenes Lernen.“ Sie bezeichnet das Kom­ mende gerne als „die Schule des 21. Jahrhunderts“. Die Planung dafür ge­ schah im Kern bereits unter Zeitlho­ fer, umsetzen wird sie nun Klimek.

Warten lohnt sich Eine Frage, die sich jedem Schüler irgendwann einmal aufdrängte: Wa­ rum dauert das so lange? Obwohl manch abstruse These herumgeisterte, ist die Antwort recht unspektakulär: fehlendes Geld und Bürokratie. Im Schulentwicklungsprogramm, kurz SCHEP, gab es in der ‚Prioritätsklasse 3‘ einige renovierungsbedürftigere Schulen – etwa die HBLA Türnitz oder das BRG Kremszeile. Das Minis­ terium zog Letztere im Zeitplan vor. Alle Schulen gleichzeitig umzubauen wäre nicht finanzierbar gewesen, zu­ dem verbrauchte der HTL-Ausbau in St. Pölten mehr Kapital als geplant. „Rückblickend ist es die ganze Zeit am Geld gescheitert“, resümiert Zeitl­ hofer. 2011 wurde das Gym-Projekt endlich genehmigt, die Planungsar­ beiten durch die Architekturagentur PLOV ZT und die Bundesimmobilien­ gesellschaft begannen aber erst 2014.


TEXT: Thomas Winkelmüller | Fotos: Thomas Winkelmüller, PLOV/ZVG

IMPROVISATION. Alle Schüler turnen während des Umbaus in der Landessportschule. „Für uns als Sport-Klasse war das nicht schlimm, weil wir vorher eh dauernd dort waren“, sagt Nick Gruber. Die neuen Turnsäle werden im Herbst in Betrieb genommen.

Dafür wird das Gymnasium rund­ umerneuert: Das Gebäude soll außen metallgrau, bei der Unterführung in die Garderoben in einem Beerenfarb­ ton designt werden. In einem neuen Trakt entstehen mehrere Klassen, Chemie-, Biolgie- und Physiksaal sol­ len völlig neu ausgestattet werden. Raucherhof wird es keinen mehr geben, dafür wird die Hausschuh­ pflicht wieder eingeführt. Während der schriftlichen Matura werden die Bauarbeiten übrigens vorübergehend eingestellt. Einige dieser Details kennen viele Schüler gar nicht, auch Nick nicht: „Wir haben einen Plan, wie es unge­ fähr ausschauen wird, wissen aber

nur begrenzt über den Bau Bescheid. Zu uns sickert sowas selten durch.“ RIP Speckstangerl und Salzbrezen Mittlerweile bemerkbar machen sich dafür die kulinarischen Neuerungen. Die Leberkäsesemmel gibt es nach wie vor, doch der Jausenverkauf des Schulwarts wurde durch ein vielfäl­ tigeres, gesünderes Buffet ersetzt. An­ ders sei es „nicht mehr zeitgemäß“, so die Schulleitung. Das Gymnasium setzt nun auf größere Auswahl, aller­ dings zu höheren Preisen. Käsestan­ gerl bekommen die Schüler in der Cafeteria nur noch doppelt so teuer, das soll sich aber demnächst ändern. Dem alten Kaffeeautomaten wird

Nick nicht nachweinen: „Jetzt gibt es eine Kaffeemaschine mit Kapseln. Der Kaffee kostet zwar mehr, schmeckt aber auch danach.“ Zusammen meistern Schüler und Lehrer die alltäglichen Schwierig­ keiten, die ihre Containerklassen mit sich bringen. „Wenn wir Versuche machen, müssen wir die Rauchmelder mit Gummihandschuhen abdichten, um einen Alarm zu vermeiden“, er­ zählt Nick lachend. Über die schwü­ len, stickigen Räume beklagt er sich zwar, sonst gibt er sich aber zufrieden: „Es ist eine tolle Zwischenlösung. Eine normale Schule für die Matura würde ich bevorzugen, eh klar, aber die Container funktionieren!“ Wie die Schule fertig ausschauen wird, kann man bisher nur aus Skiz­ zen und Animationen erahnen. Eines ist im Falle des BG/BRG St. Pölten dafür sicher: Gut Ding braucht Weile!

Die Bauarbeiten Baubeginn: Sommerferien 2016 Bauende: April 2018 / mit Wegräumarbeiten der Container Sommer 2018 Kosten: ca. 25 Millionen Euro Bauherr und Eigentümer: Bundesimmobiliengesellschaft (BIG)

Lage: Rohbauarbeiten wurden abgeschlossen, Fenster werden eingebaut.

Container: 297 PRAKTISCH WIE NEU. Das Gymnasium wird nach dem Um- und Ausbau wohl wie eine komplett neue Schule wirken. Direktorin Silvia Klimek freut sich auf „große, helle Klassen!“

Abbruchmaterial: rund 9.000 Tonnen

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MFG SZENE

MARTIn ROTHENEDER

Seelenwelten Seit vielen Jahren ist Martin Rotheneder nicht mehr aus der St. Pöltener bzw. österreichischen Musikszene wegzudenken. Hat er doch zum einen unzählige eigene Projekte, zum anderen auch jene anderer Musiker mit seiner Gitarre bzw. seiner Stimme bereichert. Aktuell lässt Rotheneder mit dem Album „I Believe in Rainbows“ seines neuen Soloprojekts Soulitaire von sich hören.

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tarman, I Am Cereals, The Black Riders oder Ben Martin. Das sind nur einige der musikalischen Stationen Martin Rotheneders. Was all diesen Projekten gemeinsam war, ist, dass sie (zumindest live) mit diversen Mitmusikern dargeboten wurden. Bei Soulitaire, dem Acoustic Indie-Folk-Nachfolge-Soloprojekt von Ben Martin, ist dies alles ein wenig anders. Bei Liveauftritten steht Rotheneder ganz alleine auf der Bühne. Zusätzlich zu seiner Stimmer nur mit Akustikgitarre, Verzerrerpedal und Gitarrenverstärker ausgestattet. Auch beim Songwriting und Aufnahmeprozess funktioniert Soulitaire etwas anders als herkömmliche Bandprojekte. Post Armageddon Songwriting Früher war Vorproduktion immer das große Thema und mit der wichtigste Schritt im Aufnahmeprozess. Mit den Jahren machte Rotheneder jedoch die Erfahrung, „dass das Demo eigentlich immer mehr Feuer hatte als das Endprodukt, weil darauf immer der erste Funke eingefangen war.“ Mittlerweile verzichtet er daher komplett auf Demos. „Alles, was man am Album hört, wird live genauso umgesetzt. Außerdem“, so ergänzt er „wurde versucht, alles in einem Take aufzunehmen!“ Am Anfang dieser Methode – und damit von Soulitaire – stand eine kaputte Kindergitarre mit nur vier Saiten, die Rotheneder fand und darauf den Song „In Between This Noise“ nur mit mit einer Batterie als Slide und dem Handy als Aufnahmegerät einspielte. Das Ergebnis schaffte es direkt, und ohne weitere Bearbeitung auf das Album, weil Rotheneder den Hörern das für den Song ausschlaggebende Gefühl vermitteln möchte. „Meine Lieder behandeln immer eine 64


TEXT: Michael Reibnagel | FotoS: christoph Haiderer

emotionale Befindlichkeit. Wenn sich ein Grundgefühl über längere Zeit hält, merke ich irgendwann, dass ein Song darin steckt“, so Rotheneder. Textliche und musikalische Ideen entstehen dann parallel, meist beim Spazierengehen. Dass die Natur prinzipiell eine sehr große Rolle spielt, merkt man spätestens beim Hören des Albums „I Believe in Rainbows“. Beim Schreiben seiner Texte verwendet Rotheneder eine ganz spezielle Erzählperspektive, die er selbst Post Armageddon Songwriting nennt. „Wenn man fast aus einer schwierigen emotionalen Situation draußen ist und man optimistisch in die Zukunft blickt“, erklärt der Singer-Songwriter. „Ich lerne etwas aus der Situation und überlege, was mir diese sagt und was ich daraus mitnehmen kann.“ Diesen grundpositiven Ansatz hört man heraus, wobei Rotheneders Texte zum Teil auch politisch angehaucht sind. St. Pölten Fan und Förderer Eine weitere große Inspirationsquelle für Rotheneder ist seine Heimat St. Pölten. Hier spürt er „einen gewissen positiven Vibe“, der einen ermutige, Neues auszuprobieren. „St. Pölten ist ein Ort, an dem viele Dinge schon funktionieren, die anderswo so nicht greifen würden“, ist er überzeugt. Dabei ist für ihn wichtig, dass dies nicht nur im Untergrund passiert, sondern auch von der Stadt mitgetragen wird. „Es herrscht hier eine positive Grundstimmung, was für mich sehr inspirierend und eine gute Basis ist, um ein kreatives Leben zu führen.“ Ein Teil dieser Basis ist auch Rotheneder selbst, ist er doch seit 2012 künstlerischer Leiter des Freiraum und bemüht sich in dieser Funktion, Bands und Künstler aus der Region tatkräftig zu unterstützen. „Der Freiraum soll aber auch ein Ort für Dinge sein, die anderswo keinen Platz finden, beispielsweise künstlerisch wertvolle Projekte, die wirtschaftlich vielleicht so nicht umsetzbar wären“, so Rotheneder. Was er am Freiraum besonders schätzt, ist das Teamwork sowie die Motivation jedes einzelnen Mitarbeiters, die man regelrecht spürt.

BRÜCKENBAUER. Martin Rotheneder baut nicht nur künstlerisch Brücken, sondern als künstlerischer Leiter des Freiraum auch solche zwischen Künstlern, Publikum und Generationen.

Rotheneder spricht deshalb auch von der Freiaum-Familie, deren gutes Klima nicht zuletzt auf das Konto von Freiraum-Leiter Wolfgang Matzl gehe sowie der Möglichkeit, eigenverantwortlich arbeiten zu können. Diese positiven Vibes würden auch das Publikum und die auftretenden Bands spüren. „Die sind bei uns oft positiv überrascht: Nicht nur, weil sie ein warmes Essen bekommen, sondern auch, weil wir ihnen gleich nach dem Auftritt eine DVD mit einem fertigen Mitschnitt des Konzerts in die Hand drücken können“, verrät er. Das Team selbst halte sich dabei immer im Hintergrund, ist aber stets zur Stelle und in diesem Sinne „subtil bemüht“. Öffnung War der Freiraum zu Beginn Rotheneders künstlerischer Leitung noch klassisch als „Jugendkulturhalle“ definiert mit dementsprechendem Klientel, so hätte sich die „Altersgrenze“ mittlerweile verschoben. „Es findet immer wieder das eine oder andere Schmankerl statt, das auch für eine ältere Zielgruppe interessant ist“, so Rotheneder. Selbst Bürgermeister Matthias Stadler sei des Öfteren zu Gast, und zwar nicht nur in offizieller Mission, „sondern durchaus auch gerne mal

privat.“ Fragt man Rotheneder nach seinen persönlichen Highlights der letzten fünf Jahre im Freiraum, dann purzeln viele Namen und Projekte aus seinem Mund, vom „Hair-Revival“ bis hin zu diversen Benefizveranstaltungen. Aber auch die Franz Füxe würde er bei jedem ihrer Auftritte genießen. Martin Rotheneder ist halt doch auch ein Mann der Extreme, und wenn es bei einer Band so richtig abgeht, kann er schon zum Wiederholungstäter werden. Und er ist ein absoluter Brückenbauer – nicht nur zwischen Musikern und dem Publikum, sondern auch zwischen den Generationen. Dieses Brückenbauen, auch hin zu eigenen Seelenwelten, schlägt sich nicht zuletzt in seiner eigenen Musik nieder – egal ob alleine als Soulitaire oder im Bandgefüge.

martin rotheneder Live 17.03. Frei.Raum gemeinsam mit Bobby Slivovsky beim Benefizkonzert für Dunja Holzknecht und ihren Sohn Luca im

01.04. BarRock Cover-Abend, feat. Hennes im BarRock

05.10. Cinema Paradiso Soulitaire

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MFG ADVERTORIAL

PERFEKT FÜR KIDS & FAMILIEN! HAPPY BOWLING-TARIF. Unschlagbare 2,00 Euro (vor 18:00 Uhr) oder 3,00 Euro (nach 18:00 Uhr) pro Bowlingspiel! Mit dem Happy BowlingTarif sparen Schüler, Lehrlinge, Studenten, Präsenz- und Zivildiener von Montag bis Mittwoch (ausgenommen an und vor Feiertagen).

UNSERE APPETIT-ANREGER!

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NIEDERÖSTERREICH CARD Inhaber einer Niederösterreich Card erhalten ein Bowlingspiel gratis! Wir kooperieren in der Saison vom 1. April 2016 bis 31. März 2017 mit der Niederösterreich Card. Bitte beachten Sie, dass pro korrekt eingelöster Karte nur ein Spiel gratis ist. Weitere Spiele werden zum regulären Tarif berechnet. Die Leihgebühr für Bowlingschuhe beträgt 2,50 Euro. Da für Kinder unter sechs Jahren keine Niederösterreich Card erworben werden kann, bieten wir pro eingelöster Karte ein Freispiel für ein Kind bis zu 5 Jahren an. Bitte beachten Sie, dass bei der Einlösung der NIederösterreich Card ein gültiger Lichtbildausweis vorzuweisen ist. Informationen zur Karte finden Sie auf www.niederoesterreich-card.at!

Öffnungszeiten Täglich geöffnet ab 14:00 Uhr! Montag bis Mittwoch: 14:00 bis 23:30 Uhr Donnerstag: 14:00 bis 00:30 Uhr Freitag: 14:00 bis 02:00 Uhr Samstag: 14:00 bis 02:00 Uhr Sonntag: 14:00 bis 23:00 Uhr Vor Feiertagen bis 02:00 Uhr geöffnet!

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DIE ZUKUNFT IN DIE HAND NEHMEN! Im Wintersemester 2015/16 studierten in Österreich rund 330.000 Menschen an einer Fachhochschule, Privatuniversität oder öffentlichen Universität. Und auch im kommenden Herbst werden sich wieder Tausende junge Menschen anschicken, ein Studium in Angriff zu nehmen. Dabei hat man die Qual der Wahl: Alleine die österreichischen Fachhochschulen bieten mittlerweile über 620 verschiedene Studiengänge an, das Studienangebot der Universitäten ist vielfältigst. Wohin sich also wenden, welches Studium passt zu mir und welche Berufsperspektive bietet es? Nachfolgend stellen sich einige der Top-Ausbildungsstätten unseres Landes in aller Kürze und Prägnanz vor – quasi Appettitanreger, die zu einer tieferen Auseiandersetzung einladen, etwa durch einen informativen Besuch vor Ort oder im Internet. Donau-Universität Krems

Master-Studium neben dem Job Mit rund 9.000 Studierenden und 20.000 AbsolventInnen aus 93 Ländern ist die Donau-Universität Krems einer der führenden Anbieter von Weiterbildungsstudien in Europa. Das gesamte Lehrgangsprogramm und alle Infos rund ums berufsbegleitende Studium finden Sie im neuen Studienführer für 2017/18. Sichern Sie sich jetzt Ihr kostenloses Exemplar unter www.donau-uni.ac.at/studienfuehrer! info@donau-uni.ac.at / www.donau-uni.ac.at

FH Vorarlberg

Die FH Vorarlberg in Dornbirn ist eine österreichische Fachhochschule. In den Bereichen Wirtschaft, Technik, Gestaltung und Soziales werden rund 1.300 Studierende in Bachelor- und Masterstudiengängen ausgebildet. Darüber hinaus hat sich an der FH eine über fachliche und geographische Grenzen hinweg erfolgreiche Forschung entwickelt. Die FH Vorarlberg kooperiert intensiv mit der regionalen Wirtschaft und lokalen Institutionen. www.fhv.at

Privatuniversität Schloss Seeburg

Studieren, wo es am schönsten ist! Ein österreichweit einzigartiges semi-virtuelles Lernkonzept, individuelle Betreuung sowie außergewöhnliche Schlossräumlichkeiten unweit des Wallersees – mitten im Herzen des Salzburger Seenlandes genießen derzeit mehr als 680 Studierende die Vorteile der Ausbildung an der Privatuniversität Schloss Seeburg. Bachelor- und Masterstudiengänge werden in den Bereichen BWL, Wirtschaftspsychologie und Sport- und Eventmanagement angeboten. www.uni-seeburg.at

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Fotos: zVg, FH Vorarlberg, Privatiuniversität Schloss Seeburg, WIFI, FH JOANNEUM, Kránitz József

Studieren mit Forschungen


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New Design University St. Pölten (NDU)

QUERDENKER GESUCHT!

Die St. Pöltener Privatuni bietet innovative Bachelor- und Master-Studiengänge im Bereich Gestaltung an: z. B. Informationsdesign, Innenarchitektur, Produktdesign und vieles mehr. Sie zeichnet sich durch persönliche Betreuung aus und legt viel Wert auf die Verbindung von Theorie und Praxis. Die NDU sucht kreative Köpfe, die bereit sind, über den Tellerrand zu blicken – und schon heute die Gestaltungsprozesse der Zukunft erlernen wollen. info@ndu.ac.at / www.ndu.ac.at

FH JOANNEUM

FH Campus Wien

STUDY YOUR DREAM

Zukunft mit Bildung gestalten

An den sechs Departments für Angewandte Informatik, Engineering, Gesundheitsstudien, Bauen, Energie & Gesellschaft, Medien & Design sowie Management bietet die FH JOANNEUM über 45 Bachelor- und Master-Studien sowie sieben postgraduale Master-Studiengänge an.

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www.fh-joanneum.at

Die FH Campus Wien bietet rund 30 Masterstudien- und -lehrgänge in den Bereichen Applied Life Sciences, Bauen und Gestalten, Gesundheit, Public Sector, Soziales und Technik an. Die Studierenden wirken an Forschungs- und Entwicklungsprojekten mit und lernen wissenschaftliche Denkweisen. www.fh-campuswien.ac.at

Studieren

an der FH OÖ. 60 Bachelor- und Masterstudien stehen in Hagenberg, Linz, Steyr und Wels zur Auswahl. Mit praxisnahen Inhalten. Und mit Aussichten, die mehr als vielversprechend sind. 10 englischsprachige Studiengänge und 260 Partnerhochschulen weltweit bieten viele internationale Perspektiven. 99 % unserer Alumni haben einen Job. 95 % empfehlen das Studium weiter. 77 % sind überdurchschnittlich zufrieden. Informatik | Medien | Kommunikation | Soziales | Life Sciences | Management | Umwelt | Technik www.fh-ooe.at |

#MEHRERREICHEN


MFG SPORT

Ümit Korkmaz

Böse Geister wird’s hier schon keine geben, oder? Der Eurofighter von 2008, Üüümit Korkmaz, ist beim SKN St. Pölten stationiert. Wie es dazu kam, kann er gar nicht genau erklären. Es war Gefühlssache. Im Gespräch mit dem MFG-Magazin äußert er auch ein Anliegen: Er hätte gerne mehr Familien in Österreichs Stadien.

R

üüückblende: Im Sommer 2008 herrscht Europhorie unter den österreichischen Fußball-Fans. „Unser“ Nationalteam ist erstmals bei einer EM-Endrunde dabei, weil Österreich und die Schweiz selbige gemeinsam veranstalten. Die Ernüchterung folgt gleich in der Gruppenphase und kumuliert mit dem Ausscheiden gegen Deutschland im dritten Spiel. „Unser“ einziges Tor erzielt der aus Kroatien stammende Ivica Vastic aus einem Elfmeter, was ZDF-Analyseexperte Jürgen Klopp 70

angesichts dessen fortgeschrittenen Alters und des strammen Vollzugs so kommentiert: „Da hat er sich jetzt aber 38 Jahre lang vorbereitet auf diesen Schuss.“ Die Kronenzeitung titelte gar: „Ivo, jetzt bist Du ein echter Österreicher.“ Dem aus der Türkei stammenden Rapidler Ümit Korkmaz hatte das Organ von Anfang an akzeptiert. Die österreichischen Fans lieb(t)en den wieselflinken Flügelspieler ohnehin. „ÜÜÜ“-mit schallte es bei seinen Tempodribblings durch das Oval des Happel Stadions. Korkmaz

BRING YOUR FAMILY. Ümit Korkmaz verrät im Gespräch mit MFG, dass er gerne mehr Familien auf der Tribüne der NV Arena sehen würde!

nutzte die große Bühne und wechselte nachher in die deutsche Bundesliga. Zurüüück: Achteinhalb Jahre später, nach den Stationen Eintracht Frankfurt, VfL Bochum, FC Ingolstadt und Rizespor und zahlreichen Verletzungen ist Korkmaz wieder daheim in Österreich, lebt in Wien und kickt für den SKN St. Pölten. Wie es dazu kam? „Irgendwie habe ich es gespürt, dass es St. Pölten wird“, sagt


TEXT: Thomas Schöpf | Foto: SKN/Bernhard Herzberger

er, „ich weiß auch nicht, warum.“ Die Mama, er und seine Familie wollten einfach nur wieder heim, und sein Freund Andreas Dober hatte ihm auch schon ein bisschen was über den SKN erzählt gehabt. Sein Manager, der Linzer Max Hagmayr, erledigte den Rest. „Die Nähe zu Wien ist ein Zuckerl, mehr nicht“, hält der 31-jährige Pendler fest. „Ich weiß gar nicht, ob ich gegen St. Pölten schon einmal gespielt habe.“ Mit den Profis von Rapid jedenfalls nicht. Aufgenommen wurde er hier herzlich, sowohl von der SKN-Familie, als auch von vielen Fans. Nur ein paar Unverbesserliche verglichen ihn mit Andreas Ivanschitz, der einst von Rapid zum Erzrivalen Salzburg gewechselt war, und meinten es sei eine Art Verrat an Rapid für einen anderen Verein in Österreich zu spielen: „Aber was soll ich machen?

Soll ich meinen Beruf aufgeben?“ Er fühlt sich nach wie vor als Rapidler und schaut auch gerne mal der Vienna oder dem Wiener Sportklub in der Regionalliga Ost bei Heimspielen zu. Fit gehalten hat er sich beim Wiener Stadtligisten FC Karabagh, eine Zeit lang sogar gemeinsam mit dem urlaubenden Besiktas-IstanbulKapitän Veli Kavlak und dem vereinslosen Ex-Rapidler Yasin Pehlivan: „Die spielen dort gar keinen schlechten Fußball, haben einen Vereinschef aus Aserbaidschan, der sich sehr gefreut hat, dass wir mittrainieren, und bei den Heimspielen kommen sogar 1.000 Zuschauer“, schwärmt Korkmaz und trägt plötzlich ein persönliches Anliegen vor: „Das möchte ich schon einmal sagen, dass in Deutschland die Fußballer über allen anderen Sportlern stehen. Da wirst du auf der

Irgendwie habe ich es gespürt, dass es St. Pölten wird! Ümit Korkmaz

Straße sofort erkannt, die haben einen ganz hohen Stellenwert, und es sitzen in den Stadien ganze Familien. Das fehlt hier. Das ist schade. Es muss ja nicht jeder ein Riesen-Fan sein und ständig reinbrüllen.“ Diese Atmosphäre vermisst er, auch wenn es seit 2008 schon etwas besser geworden sei. St. Pölten gefällt ihm generell ganz gut. „Überall war ich aber noch nicht, muss ich zugeben, vor allem in der Innenstadt. Böse Geister wird’s hier aber schon keine geben, oder?“ Gleich in seinem ersten Pflichtspiel bei der 0:2-Niederlage des SKN St. Pölten bei Red Bull Salzburg hat sich Korkmaz am Oberschenkel verletzt und war gleich wieder zu einer längeren Pause gezwungen. Rüüückschlag ist das keiner: „Da habe ich schon Schwierigeres überwunden.“ Zunächst gilt es mit dem SKN das Abstiegsgespenst zu vertreiben. Nächste Saison darf es dann vielleicht ein bisserl mehr sein. Bis Sommer 2018 gilt sein Vertrag.


MFG SPORT

Der SKN erfindet sich schon wieder neu Die Basis für eine mittelfristig gesicherte Zukunft hat der SKN St. Pölten mit seinen mittlerweile 14 strategischen Partnern gelegt. Künftig sollen Investoren das Klubbudget beim Hire and Fire-Klub auf über zehn Millionen Euro pro Jahr anheben.

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5 personelle Veränderungen hat der SKN St. Pölten im Spieler-Kader der Profis seit dem Meistertitel in der Ersten Liga vergangenen Mai vorgenommen. Im Oktober tauschten die „Wölfe“ den Chef-Trainer. Jochen Fallmann ersetzte Karl Daxbacher zunächst interimistisch und seit dem 23. Dezember fix. Co-Trainer wurde erst Thomas Nentwich (anstelle des beförderten Fallmann), dann wurde es für den beruflich doch zu sehr eingedeckten Nentwich auf Weisung von Sportdirektor Frenkie Schinkels Marcel Ketelaer. Vorher hatte mit Christoph Muezell schon ein weiterer AssistenzTrainer den Verein verlassen; und mit Alexander Marchat wurde auch noch ein Videoanalyst eingestellt. Bis dahin stand diese Tätigkeit auf der Agenda von Maskottchen „Lupo“ alias Harald Schmid. Marchat war es auch, der die weltweit für Schlagzeilen sorgende Schlägerei zwischen Daniel Lucas Segovia und Alhassane Keita um die Ausführung eines Elfmeters im Testspiel gegen Mannsdorf filmte und somit für den Bildbeweis für deren fristlose Entlassung sorgte. Die wiederum hatte den Erwerb von Mittelstürmer Lonsana Doumbouya zur Folge, der knapp vor Ende der Transferzeit seine Vertragsauflösung beim schottischen Ligaschlusslicht Inverness provozierte und somit ablösefrei zum SKN wechseln konnte. Obwohl es auf dem Personalsektor 72

FERNSEHGELDER. Nicht zuletzt auch wegen der Fernsehgelder kann SKN-Coach Jochen Fallmann auf einen derart großen Kader zurückgreifen.

des SKN zugeht wie auf einem türkischen Bazar, fährt das Wolfsrudel in der Ära Fallmann kontinuierlich wertvolle Punkte ein im Abstiegskampf. Seit der Radlberger am Ruder ist, haben die „Wölfe“ in elf Meisterschaftsspielen satte 17 Punkte eingefahren, dazu noch Sturm Graz im Achtelfinale des ÖFB-Cups daheim niedergerungen. „Spielerisch glanzvoll ist es nicht, was wir derzeit abliefern“, gibt Offensivspieler Manuel Hartl zu, „aber darum können wir uns dann kümmern, wenn der Klassenerhalt geschafft ist, jetzt zählen nur die Punkte.“ Auf dem holprigen Geläuf der NV Arena vermag ohnehin kein Team einen gepflegten Kick aufzuziehen. Laut Umfrage unter den Spielern ist es der schlechteste Rasen der Bun-

desliga; und wird nach dem Ende der Meisterschaft ebenso ausgetauscht wie im April der Rasen des Trainingsplatzes der Wölfe. Selbst Erwin Pröll kann ersetzt werden. Die größte Herausforderung des Klubs wird jedoch der Abgang von Erwin Pröll als Landeshauptmann von Niederösterreich. Seine Weisungen haben den Stadionbau überhaupt erst ermöglicht und auch bei dem einen oder anderen wichtigen Sponsor hat der Edel-Fan und Schinkels-Spezi die sprichwörtliche Rutsche gelegt. Generalmanager Andreas Blumauer relativiert: „Der Herr Landeshauptmann hat uns zunächst sehr geholfen, war zuletzt aber nur mehr Gast bei uns in der NV Arena.“ Dessen Nachfolge-


TEXT: Thomas Schöpf | Foto: SKN/Bernhard Herzberger

rin hat er noch nicht kennen gelernt. „Ich freue mich aber, Frau MiklLeitner schon bald bei uns begrüßen zu dürfen.“ Blumauer hat sich sogar das ehrgeizige Ziel gesetzt, bis 2020 das Vereinsbudget von derzeit kolportierten vier Millionen Euro auf einen zweistelligen Millionenbetrag pro Saison anzuheben und will für Investoren die Türe weiter aufstoßen. „Das heißt aber nicht, dass die bei uns mitentscheiden dürfen. Das werden weiterhin nur die strategischen Partner“, stellt er ebenso gleich klar. 14 sind es aktuell, die für den regelmäßigen Austausch mit dem SKN unabhängig vom Sponsoring ihrer Firmen noch extra einzahlen und dafür bei diversen Weichenstellungen dabei sein dürfen. Die Investoren sollen an Spielerrechten beteiligt werden und diverse Marketing-Zuckerl des Klubs als weitere Gegenleistung bekommen, wie

das bereits bei der Rückholung von Publikumsliebling Cheikhou Dieng passiert ist. Der Offensivspieler wurde im vergangenen Sommer an den türkischen Top-Klub Medipol Basaksehir verkauft und im Jänner für ein halbes Jahr leihweise zurückgeholt. Dessen mittlerweile fünf Mal so hohes Gehalt stemmen nun z. T. andere. Transferbeteiligungen verbietet die FIFA freilich ebenso wie die Mitsprache von Sponsoren oder „Gönnern“ beim Transferziel der Fußballer. Diese Vorgabe gilt es tunlichst zu umkurven, sonst ist mit schlimmsten Konsequenzen seitens des Fußball-Weltverbandes zu rechnen. Keinerlei Beanstandungen befürchtet Blumauer auch bei der bevorstehenden Lizenzvergabe seitens der österreichischen Bundesliga, hier habe man die Hausaufgaben schon alle rechtzeitig erledigt. Wie interessant ausgewählte Spieler

des SKN für Dritte sind, hängt freilich vorrangig vom Klassenerhalt ab. Der Marktwert von Aushängeschild Dieng ist beispielsweise alleine durch die Rückholung gefallen, da er sich zuvor in der höher eingeschätzten türkischen SüperLig auch aufgrund von Verletzungen (noch) nicht durchsetzen hat können. Jener von Kevin Luckassen ist hingegen gestiegen, weil er mit Doumbouya nun nur mehr einen Mittelstürmer vor sich im Kader hat, nachdem Segovia und Keita rausgeworfen worden sind. Die große Fluktuation beim Hire and Fire-Klub garantiert zumindest ständig wechselnde Kurse, und wie hat Blumauer doch so schön gesagt: „Wir sprechen mit Menschen, die Geld haben, aber nicht von klassischen Werbeflächen profitieren. Das sind Leute, die sonst Aktien kaufen und bewusst ein Risiko eingehen.“

Der Herr Landeshauptmann hat uns zunächst sehr geholfen, war zuletzt aber nur mehr Gast bei uns in der NV Arena. Andreas Blumauer 2x RAPID IN DER NV ARENA!

SCHNELL TICKETS SICHERN!

SKN : SV RAPID MEISTERSCHAFTS-HEIMSPIEL:

Wochenende, 1./2. April 2017* CUP-HEIMSPIEL:

Mittwoch, 5. April 2017 20.30 Uhr * Die genaue Beginnzeit (zu Redaktionsschluss noch nicht bekannt) entnehmen Sie bitte den Medien.

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MFG KRITIKEN

ZUM HÖREN

Manshee, mikeSnare, Thomas Fröhlich, Dr. Schramek, Rob.STP, Dr. Ray B. (von links nach rechts)

Mit ihrem Debütalbum „Dumb Blood“ haben die britischen Grunge-Pop-Punks Vant einen echten Überraschungserfolg gelandet. Zwischen lässig schepperndem Garage Rock, feinfühligen Indierock-Momenten, dem Schmutz des Grunge und energetischen Punk‘n‘Roll-Spitzen spielen sich Vant durch eine pulsierende Hit-Sammlung, die eher nach dem stürmischen Höhepunkt einer länger gewachsenen Karriere als dem Debüt einer jungen Nachwuchshoffnung klingt.

Prisoner RYan adams

80 Songs hat Ryan Adams angeblich für sein neues Oeuvre zur Auswahl gehabt, 12 Tracks hat er dann auf „Prisoner“ gebannt. Der Titel ist dabei wörtlich zu nehmen – Adams outet sich als Gefangener der Liebe, genau darum dreht es sich auf dem neuen Longplayer. In Adams Fall v. a. eher jene der ramponierten, desillusionierten Sorte – der gute Mann wurde 2015 geschieden, das Album war auch Selbstherapie. Musikalisch gemahnt das Album stark an Bruce Springsteen. Kein Nachteil!

ZUM SCHAUEN

Manshee, C. Schuhmacher

A THOUSAND SKIES Clap!Clap!

Wow. Auf beinahe jeden Release des Black Acre-Label aus Bristol sei ein Auge geworfen: So auch auf Cristiano Crisci‘s zweites Album „A Thousand Skies“. Im Fokus des italienische Produzenten steht das dichte Verweben von afrikanischem Samplematerial mit zeitgemäß-urbanen Klang- und Rhythmusstrukturen. Treibend perkussiv und souverän abgemischt brettert einem da eine Ideen-Stampede entgegen, die einen mitreißt – ehe man‘s sich versieht.

ANSA x BODY&SOUL Hundat Prozent

Egal ob Battle oder Feierei, ob mit der Vamummtn Crew oder auf Solopfaden – beim Ansa bleibt bestimmt kein Auge trocken! Ähnlich präsentieren sich die Sounds der St. Pöltner Breakbeat- Zampanos Body & Soul, die seit geraumer Zeit heimische wie internationale Tanzböden aufmischen. Mit vereinter Schlagkraft will man den Homeboys das Raven und den Drum&Bass Heads das Bouncen lehren. Das ist die erste Single – more to come.

ZUM SPIELEN Christoph Schipp

Reflection Brian Eno

Der Altmeister des Ambient beehrt die Welt wieder mit einer begnadet entschleunigten Musiktapete. Nichts, was man nicht schon in den 1970-ern/1980ern von ihm vernommen hat – und dennoch ist’s mehr als nur Electronica-Nostalgie: Zeitlos schöne Klangschleifen mit null Prozent Kitschanteil setzen sich im Kopf des Zuhörers fest. Kann man 24 Stunden durchgehend hören & irgendwie klingt’s immer anders. Für die beatfreie Fastenzeit …!

Mother‘S Cake

No Rhyme No Reason ... Auf ihrem dritten Studioalbum liefern Mother‘s Cake, wenig überraschend, wieder das, was man nach den beiden Erstlingswerken erwarten durfte: eine gute Mischung aus Prog und Psychedelic Rock, aber auch Funk und Soul. Damit ziehen einen die drei Tiroler von Anfang an in Ihren Bann, von dem man nicht mehr losgelassen wird, so dass man nach dem letzten Song des Albums gleich wieder von vorne starten muss.

ZUM LESEN

J. Reichl, W. Hintermeier

T2 – Trainspotting

Horizon – Zero Dawn

Aufregend war es immer

1996 landete Danny Boyle mit seiner Low-Budget-Produktion “Trainspotting” einen Überraschungshit. 21 Jahren später kehrt Renton aus Amsterdam zu seinen früheren Freunden nach Edinburgh zurück, die er damals um ihren Anteil an 16 000 Pfund Drogengeld geprellt hat. Rentons bester Freund Sick Boy, ein erfolgloser Kleingauner verzeiht, der cholerische Gewalttäter Begbie aber kennt keine Gnade ...

Den Entwicklern von Guerilla Games ist es gelungen, ein wahres Meisterwerk zu schaffen, bei dem so gut wie alle Spielelemente vollkommen gerechtfertigt sind. Jeder Aspekt der Heldin Aloy und ihrer postapokalyptischen Welt ist liebevoll gestaltet und gut durchdacht. Die Story ist spannend, die Nebenmissionen überraschend und die motivierenden Kämpfe gegen die vielseitigen und toll designten Maschinen haben taktische Tiefe.

Er ist eine moralische Instanz und Österreichs geachtetster Journalist. Anlässlich seines 90. Geburtstages wurde Portisch „Spannend war es immer“ neu aufgelegt. Staunend lauscht man, wenn Portisch über die Unabhängigkeit des Journalismus ausführt, sich mit Populismus bis hin zu Trump auseinandersetzt und erklärt, warum man die Entscheidung über den Brexit nicht dem für Populisten anfälligen Volk hätte überlassen dürfen.

Danny Boyle

Ghost in the Shell

GUERILLA GAMES

Hugo Portisch

Gareth Edwards

MICROSOFT STUDIOS

HALO WARS 2

Düsterbusch City Lights

In einer naher Zukunft sind alle Menschen zu Cyborgs geworden, nur noch ein Teil ihres Hirns, ihre Persönlichkeit, ist menschlich geblieben. Diese „Ghost“ genannten Zellen sind das wichtigste Element in der künstlichen Hülle, der „Shell“. Scarlett Johansson als einzigartiger Hybrid aus Mensch und Cyborg macht sich auf die Suche nach dem Puppet Master, einem Hacker, der die Stadt in Atem hält.

Ausgerechnet der Abstecher ins Echtzeit-Strategie-Genre bringt neues Leben in die Welt von Halo. Die Kampagne bietet abwechslungsreiche Missionen und eine gut erzählte Handlung, die prächtige Unterhaltung bietet. In Sachen Multiplayer zieht Halo Wars 2 ebenfalls alle Register. Mit „Blitz“ bietet „Halo Wars 2“ eine tolle Möglichkeit, temporeiche Partien zu absolvieren, die Einsteiger und Fortgeschrittene motivieren können.

Der Autor, in einem kleinen Dorf in der DDR geboren, erzählt sein eigenes Leben: Im sozialistischen Sinn erzogen, will er nicht wie viele andere über die Grenze fliehen, sondern träumt davon, sein Dorf zu einem angesagten Treffpunkt für New-Wave- Musik zu machen. Er trotzt allen Widerständen des Regimes, holt Bands aus dem Westen, lässt diese illegal auftreten und kämpft so nebenbei noch mit Widrigkeiten des DDR-Alltages.

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Alexander Kühne

Fotos: zVg

Vant

Dumb Blood


MFG VERANSTALTUNGEN

HIGHLIGHT VAZ St. Pölten

THE MANHATTAN TRANSFER

Anfang der 70’er Jahre fuhr Tim Hauser aufgrund mangelnder Engagements noch Taxi, dann gründete er die heute berühmteste Vokalformation der Welt: The Manhattan Transfer! Was das Quartett von Beginn an ausmachte, war die Verquickung von Jazz, Swing & Pop. Sie waren nie nur in einem Genre zuhause, in jedem aber Meister ihres Faches. Wenig verwunderlich, dass Manhattan Transfer bislang acht Grammy Awards eingefahren hat! Zahlreiche Hits wie „The Boy From New York City“ oder „Route 66“ gehen auf das Konto von The Manhattan Transfer. 7. April 2017

19.03.

Pete Belcher

Der Cliniclown serviert eine ungewöhnliche Mischung aus Schauspiel, Pantomime und Objekttheater ohne Sprache: Bei der Arbeit eines schlecht gelaunten Müllmanns kippt eine Tonne um und – hoppla! – ein Haufen Altmetall purzelt heraus. Er beginnt damit zu spielen – und plötzlich wird die Tonne zum Menschenfresser. kindertheater

Bühne im Hof

31.03.

Koenig

Lukas König alias Koenig schließt laut dem Falter Hip Hop mit Techno kurz. Und tatsächlich lockt der Künstler mit seiner einzigartigen Mixtur aus experimenteller Musik und tanzbaren Hip Hop- und Techno-Sounds garantiert selbst den lahmsten Zuschauer aus der Reserve. Mit verrücktem KostümFeuerwerk und Multitasking-Performance zieht er nun in den Bann. Konzert

Frei:raum

09.04. Domkantorei St. pölten

20.04.

Anders als die kontemplative Matthäus-Passion spitzt die JohannesPassion den Bericht um Jesu Gefangennahme und Kreuzigung auf sein Wesentliches zu. Bach stellt sein Können hier ganz in den Dienst des Evangeliums und erweist sich als vollendeter Künstler. Es musizieren hochkarätige SpezialEnsembles unter der Leitung von Domkapellmeister Otto Kargl.

Der Journalist Thomas Weber liest im Cowörk Krumböck in Gerersdorf aus seinen beiden Büchern „100 Punkte Tag für Tag“ und „Ein guter Tag hat 100 Punkte“. Gleichzeitig erscheinen im Frühjahr zwei Buchtitel in der neuen herausgegebenen Buchreihe „Leben auf Sicht“. Zusätzlich zur Vorlesung wird es eine Diskussion und eine Bio-Produkte-Verkostung geben.

Konzert

21. – 23.04.

festspielhaus

WISA MESSE

Riesiges Rahmenprogramm, TopThemen und natürlich wie immer ein vielfältiges Angebot. Die WISA ist einmal mehr die erste Adresse für Bau- und Sanierungswillige und all jene, die ihre eigenen vier Wände noch schöner gestalten möchten. Mehr als 400 Aussteller präsentieren ihre Neuheiten. Das Ganze wieder mit einem großem Vergnügungspark. Messe

VAZ St. pölten

Vorlesung

25.05.

Thomas Weber

Jörg Demus wird in allen Standardwerken über die bedeutendsten Klavierinterpreten unserer Zeit angeführt, hat mit den größten Musikern unserer Zeit konzertiert und vielleicht die größte Anzahl an CDs unter all seinen Kollegen aufgenommen. Er verfügt über ein sensationelles Gedächtnis, um das ihn die Kollegen rund um den Erdball beneiden. Konzert

Ctiyhotel

06.04.

der nino aus wien

Der Meister des verschrobenen Wiener Lieds präsentiert exklusiv im Cinema Paradiso als Niederösterreichische Premiere sein neues Album „wach“. 60 Minuten lang unterhält das Quartett Nino Mandl (Vocals, Gitarre), Raphael Sas (Gitarre, Piano), pauT (Bass, Karinette) und David Wukitsevots (Drums), ergänzt um Gastmusiker Lukas Lauermann (Cello), das Publikum. Konzert

Cinema Paradiso

VAZ ST. PÖLTEN

KONZERTE | EVENTS | MESSEN | KONGRESSE

GererSdorf

Lernwerkstatt Fest

Es erwartet sie ein ganztägiges Familienprogramm, Mitmachangebote, Markttreiben, Kulinarik, Musik, Tanz & Theater. Weiteres beginnt um 14:00 Uhr das Symposium „Bildung reloaded: Welche Bildung braucht die Zukunft? – Selbstbestimmung­, Kreativität und Industrie 4.0“. Abgerundet wird das Ganze mit der Theateraufführung: „Ein Sommernachtstraum“. FEST

JÖRG DEMUS

02.04.

SA 25.03. // 20:00

UWE KRÖGER & PIA DOUWES FR 31.03. // 20:00

ERICH VON DÄNIKEN FR 07.04. // 19:30

THE MANHATTAN TRANSFER SA 29.04. // 20:00

ANDY LEE LANG & THE SPIRIT Tickets im VAZ St. Pölten, ticket@nxp.at, www.vaz.at, 02742/71 400 in allen Raiffeisenbanken, Geschäftsstellen von www.oeticket.com und unter www.noen.at/ticketshop

WASSERSCHLOSS

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Fotos: Luiza PUIU, Hanna Partaj

AUSSENSICHT

UTOPIA ST. PÖLTEN – NIEDERÖSTERREICHs HAUPTSTADT 2050 GEORG RENNER

Aufgewachsen in St. Pölten, emigriert nach Wien, Redakteur beim „profil“

„Vor 30 Jahren dachte man noch, die Ostregion werde schrumpfen.“

„Uni-Standort St. Pölten, das Mini-Bologna des Alpenvorlandes.“

„Prognosen sind schwierig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen“ geht das geflügelte Wort – und 30 Jahre sind stadtplanerisch eine Ewigkeit. Nur zum Vergleich: 30 Jahre zurück, Ende der 1980er, gingen alle vorhandenen Prognosen davon aus, dass Wien und der Ostregion Jahrzehnte der Schrumpfung bevorstünden. Es kam durch den Kollaps des Ostblocks, EU-Beitritt und viele andere Faktoren völlig anders, wie wir heute wissen – und täglich an den Wachstumsschmerzen einer der dynamischsten Regionen Europas laborieren. Insofern sind stadt- und raumplanerische Entscheidungen, deren Folgen viele Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte prägen werden, immer ein Tasten im Dunkeln: Wie will man etwa Verkehrsflächen vernünftig planen, wenn schon in fünf Jahren autonome Fahrzeugflotten die Regel sein könnten – vielleicht aber auch erst in 50? Unter diesen Voraussetzungen kann eine Vision von „St. Pölten 2050“ im besten Fall ein „educated guess“ sein. Unter diesen Voraussetzungen – hier ist meiner: St. Pölten wird 2050 größer sein müssen als heute – und vernetzter. Um eine sinnvolle Raumplanung – wo sind die dichten Bevölkerungszentren, wo die Betriebsgebiete, wo die Erholungsräume – zu ermöglichen, sind die größeren, ebenfalls wachsenden Umlandgemeinden, also zumindest Böheimkirchen, Pyhra, Wilhelmsburg, Ober-Grafendorf und Herzogenburg – politsch Teil der Stadt geworden, um diese organisch zusammengehörende Einheit steuern zu können. Verbunden sind sie über ein zeitgemäßes Nahverkehrssystem, etwa einen erweiterten LUP oder eine hochtaktige Schnellbahn, die im dichten Stadtgebiet zur Stadt- oder sogar Straßenbahn wird. Der Trend, dass Industrie- und mittelständischen Betriebe in die Zentralräume ziehen, wo die gut ausgebildeten Fachkräfte zu finden sind, wird sich fortsetzen: St. Pölten wird wohl weiter mehr Arbeitsplätze als Einwohner haben. Was sich nicht ändern wird? Das Regierungsviertel. Das wird noch immer ein Fremdkörper sein. Schon fast aus Tradition. 76

JAKOB WINTER

Der Wilhelmsburger ist Redakteur des Nachrichtenportals NZZ.at

Was hat die norditalienische Stadt Bologna mit der Zukunft St. Pöltens zu tun? Sehr viel – hoffentlich. Wer in den Sommermonaten schon einmal in Bologna war, weiß: Dort ist es nicht nur unerträglich heiß, die Straßen sind auch weitestgehend leergefegt. Kein Wunder: Gut ein Viertel der knapp 400.000 Einwohner sind Studenten, eingeschrieben an der städtischen Universität, der drittgrößten des Landes. Sie kommen aus allen Winkeln Italiens, ja aus ganz Europa, um an der berühmten Uni zu studieren. Den Sommer verbringen sie meist in den Dörfern und Städten, in denen sie aufgewachsen sind. In Italien ist Bologna aufgrund des akademischen Eifers unter dem Spitznamen la dotta bekannt. Zu Deutsch: die Gelehrte. Ein Ruf, den wohl viele Städte gerne für sich in Anspruch nehmen würden – Universitätsstadt müsste man sein. Bologna profitiert gleich mehrfach: Die junge, gebildete Zielgruppe belebt die vielfältige Lokalszene, lockt Kulturevents und hält die Stadt trotz ihrer mittelalterlichen Bauten frisch. Universitätsstadt – das wäre doch auch was für St. Pölten. Freilich, Bologna hat ein paar Jahre Vorsprung, die Uni besteht dort seit dem 11. Jahrhundert. Die St. Pöltner Fachhochschule folgte erst gut 900 Jahre später, 1995. Die Angebote beschränken sich vorerst auf Nischen, etwa Sozialarbeit, Medienwirtschaft oder Design. Und der langsame Ausbau des Angebots wird derzeit nur mittels Privatunis forciert. Das kann sich die Mehrheit der Studierenden nicht leisten. Und wer sich in den populären Fächern wie Jus oder Medizin einschreiben will, dem bleibt ohnehin nur der Weg nach Wien. Dabei wäre der Bedarf an Studienplätzen bitter nötig: Die Bilder der übervollen Hörsäle in der Bundeshauptstadt machen regelmäßig die Runde, Studenten drängen sich dort auf den Sitzbänken zusammen und müssen zur Not sogar auf den Fußboden ausweichen. Warum also nicht die großen Standorte entlasten und im flächenmäßig größten Bundesland einen eigenen Uni-Standort aufbauen? In St. Pölten, dem Mini-Bologna des Alpenvorlandes.


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