MFG - Das Magazin / Ausgabe 41

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MFG EDITORIAL

St. Pölten - eine Griechische Tragödie, Teil II JOHANNES REICHL

Bei der diesjährigen Oscar-Gegenveranstaltung „Goldene Himbeere“ für die schlechteste Leistung des Jahres ging Gerüchten zufolge auch ein Beitrag aus St. Pölten an den Start, der sich mit den von der Stadt getätigten Derivativgeschäften, der damit zusammenhängenden Klage gegen die Raiffeisen Landesbank sowie mögliche Millionenverluste befasst (siehe auch S. 8-11). Während der schon abgedrehte 1. Teil (über die Jahre 2003-2007) noch unter dem Titel „Die fetten Jahre“ viel Frohsinn verbreitete, hat sich die Handlung im nun präsentierten Teil 2 „Das böse Erwachen“ (ab 2010) zu einer kapitalen griechischen Tragödie (und dies nicht nur wegen der Analogie Griechenland und Bankrott) ausgewachsen. Als besonderer Kunstkniff wird „Das böse Erwachen“ übrigens gleich mittels zwei Genres umgesetzt: Die 1. Hälfte (aktuell zu sehen) kommt als Stummfilm daher – die Protagonisten zelebrieren das große Schweigen. Die Spannung und Nervosität wird dadurch beim zum Zuschauen verurteilten Bürger (der die Chose finanziert) fast ins Unermessliche gesteigert. In der 2. Hälfte soll die Geschichte dann in ein spannendes Gerichtsdrama übergehen, im Zuge dessen die Zuschauer möglicherweise sogar mehr zu hören bekommen, als ihnen lieb ist. Auch der Plot überzeugt: So hat man den aktuellen Stoff in die biblischen Anfänge transferiert, um die Zeitlosigkeit des ewigen Grundkonflikts um Schuld und Sühne herauszuarbeiten. Adam (in der Hauptrolle die Stadt St. Pölten), bezeichnenderweise als der erste Mensch bezeichnet, kann in seiner Naivität nicht vom frohlockenden Apfel lassen, den ihm die Schlange (grandios gespielt von der Bank) anbietet. Dieser verspricht aber auch zu wundersame Dinge, etwa dass einmal eingegangene Schulden durch einen kleinen Biss (als Metapher für Wette) weniger werden können. Und die schönen bunten Charts, ständig steigenden Kurven sowie Aussichten aufs Paradies (als wär Adam nicht schon in diesem, der verblendete dumme Junge) lenken vom Kleingedruckten ab. Aus dieser Grundkonstellation entwickelt sich auch

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die thematisierte Grundfrage: Ist der Verführer, der – seiner Art entsprechend – frohlockt, tatsächlich für den Fortgang der Geschichte verantwortlich, oder nicht doch eher Adam selbst, der seine Triebe, insbesondere jenen der Gier, nicht zügeln kann und die Risken missachtet? Denn vom Apfel zu essen hat ihm ja niemand angeschafft. Andererseits, wenn der Apfel nicht hält, was versprochen wurde? In einer Nebenrolle wird noch Eva eingeführt, die Adam im Unterschied zur biblischen Vorlage nicht anstiftet, sondern im Gegenteil davor warnt, von der verlockenden Frucht zu naschen, weil er sich daran den Magen verderben könnte. („Wir wollten in einer Männerwelt die Schuldfrage nicht auf die Frau abwälzen“, so die Macher über ihre Neuinterpretation). Adam bezeichnet Eva daraufhin verächtlich als Feigling, Bremser, Ewiggestrige, die die schöne Neue Welt nicht versteht. Und Gott? Es ist noch offen, ob er in Form eines Richters als der rettende deus ex machina vom Himmel steigt und Adam erlöst, oder ob er – frei nach Nietzsches Wort „Gott ist tot“ – absent bleibt, und Adam die Suppe selbst auslöffeln muss. Auch ein völlig überraschender Ausgang ist möglich. Obwohl manch Kritiker von einem düsteren Film noir spricht, handelt es sich um eine klassische Tragödie im Sinne Aristoteles. So sind die Hauptprotagonisten von hohem Stande (Politiker, Banker), und sie verfügen über die dementsprechende „Fallhöhe“. Das heißt im schlimmsten Fall wird nicht nur das eingesetzte Kapital, sondern werden sie selbst, ja die ganze Stadt in den Abgrund gerissen. Allen voran gehe es aber bei diesem Lehrstück um „Katharsis“, also die läuternde Wirkung mittels Mitleid und Furcht. Dies dürfte schon jetzt gelungen sein: So schnell wird Adam (die Stadt), selbst wenn er vor Gericht „siegen“ sollte, nicht mehr von derlei Früchten kosten. Und das Publikum? Bei diesem hält sich das Mitleid derweil noch in Grenzen, die Furcht hingegen ist groß. Übrigens wird bereits an eine Fortsetzung gedacht. Ihr Arbeitstitel: „Die fetten Jahre sind vorbei. Geschichte eines Lernprozesses.“

Blattlinie: Das fast unabhängige Magazin zur Förderung der Urbankultur in Niederösterreich Medieninhaber (Verleger): NXP Veranstaltungsbetriebs GmbH, MFG – Das Magazin, Kelsengasse 9, 3100 St. Pölten Herausgeber: Bernard und René Voak Redaktionsanschrift: MFG – Das Magazin, Kelsengasse 9, 3100 St. Pölten; Telefon: 02742/71400-330, Fax: 02742/71400-305; Internet: www.dasmfg.at, Email: office@dasmfg.at Chefredakteur: Johannes Reichl Chef vom Dienst: Anne-Sophie Settele Redaktionsteam: Thomas Fröhlich, Gotthard Gansch, Althea Müller, Michael Müllner, Marion Pfeffer, Thomas Schöpf, Eva Seidl, Anne-Sophie Settele, Beate Steiner, Katharina Vrana. Kolumnisten: Herbert Binder, Thomas Fröhlich, Althea Müller, Michael Müllner, Primadonna, Rosa, Beate Steiner Kritiker: Helmuth Fahrngruber, Thomas Fröhlich, Sandra Haller, Wolfgang Hintermeier, Simon Höllerschmid, Kinga Pietraszewska, David Meixner, Manuel Pernsteiner, Robert Stefan, Markus Waldbauer Karikatur: Andreas Reichebner Bildredaktion: Simon Höllerschmid, Hermann Rauschmayr Art Director & Layout: Mr. Shitaki Hersteller: NÖ Pressehaus Druck- und Verlagsgesellschaft mbH Herstellungs- und Verlagsort: St. Pölten Verlagspostamt: 3100 St. Pölten, P.b.b. Alle Rechte, auch die Übernahme von Beiträgen nach § 44 Abs. 1 und 2. Urheberrechtsgesetz, sind vorbehalten. Alle Angaben ohne Gewähr. Für den Inhalt bezahlter Beiträge ist der Medieninhaber nicht verantwortlich. Internet: www. dasmfg.at

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INHALT

Urban 6

KULTUR 45

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SPORT 72

URBAN 8 12 18 20 22 26 32 34 36 38 44

BET & HIN WENN EINER EINE REISE TUT SPAREFROHE POLITIKER TRANSPARENZ IN DER POLITIK DAS 23-MILLIONEN-GESCHÄFT AUF DER ANDEREN SEITE FACEBOOK.COM/ST.POLITIKER EIN ZEICHEN SETZEN BIS DASS DIE SMS UNS SCHEIDET PARANOIA PARADISE TIERISCHE POLIT-ANSICHTEN

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KULTUR 46 50 56

ISABELLA SUPPANZ HEILE WELT IM 3/4 TAKT SEIN ODER NICHT SEIN

SZENE 60 66 70

ICH BEREUE NICHTS WAS PASSIERT AM SKW? HE‘S GOT THE BLUES

SPORT 72

FRANZ „BIMBO“ BINDER

6 7 45 58 76 77

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...in der Anfang Mai ein grüner Arbeiterkammerrat und (für den Einzug in den Gemeinderat) gescheiterter Bürgerlistenkandidat vor dem St. Pöltner Landesgericht in Hungerstreik tritt. Auf den Spuren eines Mahatmi Gandi wandelnd ist dem medial oft als „Politrambo“ oder „Revoluzzer“ Geadelten, eine gewisse Aufmerksamkeit wohl gewiss. Kesetovic: „Internationale Medien werden den Protest verfolgen, bis zu 20 Leute überlegen mitzumachen.“ Doch gegen oder für was protestiert der vermeintlich arme Mann? „Für Kinderrechte. Richter entziehen den Kindern ihre Väter, das ist eine Form des Kindesmissbrauchs.“ Er selbst führt seit Jahren einen Rechtsstreit („Egal wie, aber ein Richter soll endlich entscheiden!“). Vielen Vätern ginge es ähnlich, „die werden besachwaltert und mundtot gemacht. Mein Hungerstreik ist intensiv überlegt. Wir werden sehen, wie die Justiz in meinem Fall reagiert.“

...in der Politiker einem bisweilen einigermaßen schizophren vorkommen. Solange ein Mitbewerber aktiv ist, schenken die Mandatare der unterschiedlichen Couleur einander verbal gehörig ein. Doch kaum zieht sich einer aus der aktiven Politik zurück, wird er nach dem Motto „Jetzt kann er uns eh nix mehr tun“ plötzlich mit Jubelnachrufen bedacht – wie zuletzt nach dem Rückzug von Susanne Kysela aus der Gemeindepolitik. Plötzlich waren von den politischen Mitbewerbern nur mehr Sätze zu hören wie „Ich danke Susanne Kysela für ihre Arbeit und ihren Einsatz für die Landeshauptstadt“, „Schade, dass ich mit ihr nicht arbeiten konnte“ oder „Sie hat ihren Part perfekt erfüllt“ Nicht dass dies nicht alles stimmte. Kysela hat sich ihre Meriten um die Stadt verdient. Aber hätte man ihr das nicht auch schon während ihrer aktiven politischen Laufbahn ausrichten können? Politiker – ein komisches Volk.

...in der die ÖVP St. Pölten am Ausländer-Populismus-Klavier spielt. So „nutzte“ Vize-Bürgermeister Adl den Raubüberfall auf einen Innenstadt-Juwelier, um eine Verschärfung des Staatsbürgerschaftsgesetzes zu fordern: „Die Staatsbürgerschaft ist kein Geschenk, sondern an Rechte und Pflichten gebunden!“ Dumm nur, dass zwei der Straftäter Ausländer sind. Nur beim dritten handelt es sich um einen 16-Jährigen Inländer mit Migrationshintergrund. Adl: „Das geht nicht gegen Ausländer im Allgemeinen. Der Vorstoß betrifft nur schlimme Verbrechen gegen Leib und Leben oder Hab und Gut. Innerhalb einer Bewährungsphase sollte die Staatsbürgerschaft entziehbar sein.“ Adl weiß aber sicher, dass die Verleihung der Staatsbürgerschaft an klare Bedingungen (z.B. Unbescholtenheit) geknüpft ist. Das einzige, was zählt: Die Verbrecher werden, egal ob In- oder Ausländer, ihrer gerechten Strafe zugeführt werden.

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In was für einer Stadt leben wir eigentlich...


SHORTCUT URBAN

Sack & Asche

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ROCHADEN „Alles dreht sich, alles bewegt sich“, lautet aktuell das Motto in der St. Pöltner Lokalszene. Manch Altbewährtes und Beliebtes wird schon bald aus dem Stadtbild verschwinden, manches verändert sich und es taucht auch Neues auf. Bitter ist der Abtritt einer Legende. Seit 46 Jahren ist das City Café Unterberger in der Kremsergasse Treffpunkt treuer Stammtischrunden und Umschlagplatz für die besten Infos der Stadt gewesen. Nun schließt es seine Pforten für immer. Am 31. März servieren Elfriede und Alice Unterberger dort das letzte Mal Kaffee, Bier und Sekt. Was an diesem zentralen Platz künftig entstehen wird, ist noch nicht fix – Hausbesitzer Andreas Gentzsch hat zwar Pläne, es sei aber noch nichts entschieden. Die Pächter wechseln auch der „Schwarze Adler“ am Herrenplatz sowie das Kulturhaus Wagram. Nachpächter sind noch nicht ausgewählt, wie Immobilienmakler Mario Winkler verrät – daher bleibt derweil alles beim alten, die Gaststätten offen. Auch im ehemaligen Bellini am Mühlweg können Nachtschwärmer ab 21 Jahren wieder das Tanzbein schwingen.

VERSCHLEIERUNGS-TAKTIK Soll sich St. Pölten ein Beispiel an Krems nehmen? „Alle Schulden, die heute gemacht werden, sind Anschläge auf die Generationen danach“, sagt Florian Krumböck, neuer Stadtparteiobmann der Jungen Volkspartei – aus St. Pölten. Genau diese Schulden legt Krems laut Beschluss des Gemeinde-

rates ab sofort offen – und zwar alle, auch die von ausgelagerten Gesellschaften (etwa Stadtwerke oder Immobiliengesellschaften), womit Krems die einzige Gemeinde in Österreich ist, die dies macht. Bürgermeisterin Inge Rinke: „Wir wollen nichts unter den Tisch kehren, sondern uns offen mit der Finanzlage auseinandersetzen.“ Im vergangenen Sommer kritisierte Rechnungshofpräsident Josef Moser, dass die wahre finanzielle Lage der Gemeinden nicht transparent ist. SP-Finanzstaatssekretär Schieder begrüßte im Vorjahr einen Vorschlag der Statistik Austria zu einer gesetzlichen Meldepflicht für alle ausgelagerten Gesellschaften der Gebietskörperschaften. Krems geht voran. St. Pölten schweigt.

„Durch das Fasten des Leibes unterdrückst du die Sünde, erhebst du den Geist, gibst Kraft und Sieg“. Vor solch unerwarteten Nebenwirkungen der nunmehr ausbrechenden spirituellen Fitnesswelle ist seitens Arzt & Apotheker mit keinerlei Warnung zu rechnen. Denn einfach allüberall ist spätestens jetzt Schluss mit lustig: Während selbst in der Nachkriegszeit in der St. Pöltner City noch deren drei Feinkostläden wetteiferten, gibt‘s inzwischen bereits seit Jahren keinen Delikatessentempel mehr & das einzige Geschäft, das sich aus unerfindlichen Gründen mit dem Epitheton ornans Gourmet ziert, gerät zu manchen Tageszeiten zunehmend zum Outlet für Wurstsemmeln nebst Dreh & Trink. Die einzige Fischhandlung in A1-Lage hat mangels Kompetenz von Kunden wie Personal zugesperrt. Das einzige Haubenlokal der Stadt bekommt ebenfalls sein weißes Scherzl ab & wird von Gault Millau so abgewatscht, dass ihm die Haube herunterfällt. In beiden ****Hotels zahlt man als Essensgast, wenn man sich nicht wehrt, zusätzlich noch für’s Parken. Trendig verhält sich auch die Stadtgemeinde: Wegen des Buffets allein geht heutzutage kein Mensch mehr zu einem Bürgermeisterempfang. Ganz zum Unterschied von früher, wo sich die Küche des hochdefizitären städtischen Krankenhauses nie lumpen ließ … Aber wie könnte es anders sein, wo doch alles im Sinne von Hamlet out of joint ist: In einer Zeit, da Bildberichten zufolge dem ranghöchsten Arbeitnehmervertreter des Landes seine Freunde ein fashionables Dinner im exclusivsten Design-Hotel organisieren, in einer solchen Zeit gibt’s nicht einmal mehr fette Domprälaten. Und die haben uns doch früher das Fasten – siehe oben – so nahegelegt.

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Bet and hin? Wenn man dieser Tage Informationen über die Derivativgeschäfte St. Pöltens sowie die Klage der Stadt gegen die Raiffeisenlandesbank Wien Niederösterreich (RLB) einholen möchte, wähnt man sich eher in einem Agententhriller. Top Secret lautet das Motto, die Politiker sind auf Tauchstation.

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Text: Johannes Reichl | Fotos: bernd ege/psdesign/margit power/FOTOLIA.com, Vorlaufer, ZVG

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ur Vorgeschichte: 2003 hat der St. Pöltner Gemeinderat, wie St. Pölten konkret damals berichtete, einem „Grundsatzbeschluss betreffend den [sic] Einsatz von Derivativgeschäften für die Schuldenbewirtschaftung im Bereich der Landeshauptstadt“ zugestimmt. Gemeinderat Werner Janker referierte damals: „Dieses aktive Schuldenmanagement wird bereits von vielen Städten in Deutschland, aber auch Kommunen in Österreich erfolgreich eingesetzt.“ Der "Erfolg" eines Franken-SwapVertrages zwischen Stadt und der RLB, der noch bis ins Jahr 2028 läuft und mit dem St. Pölten Zinszahlungen für Kredite „abgesichert“ hat, hat sich seit 2010 aber ins Gegenteil verkehrt. So schreibt die Wiener Zeitung im Dezember des Vorjahres. „Dem Vernehmen nach entwickelte sich die Kurswette seit Juni 2010 für die Stadt negativ, weil der Kurs des Euro unter der Marke 1,41 Franken liegt. Bis September 2011 soll Sankt Pölten diesen Swap-Verlust durch ein weiteres Derivatgeschäft abgesichert haben, dieser Vertrag soll aber ausgelaufen sein. Künftig könnte die Stadt zumindest drei bis dreieinhalb Millionen Euro pro Jahr berappen müssen, um den Swap-Vertrag einhalten zu können. Bis zum Laufzeitende dürften somit zumindest 50 bis 60 Millionen Euro zusammenkommen. Die tatsächlichen Kosten hängen vom weiteren Frankenkurs ab.“ Aktuell beträgt dieser übrigens 1,20 Euro! Die Stadt hat in Reaktion auf diese Entwicklung nun quasi die Flucht nach vorne angetreten und im Hinblick auf das Zustandekommen des Derivatgeschäfts "Nr. 707843" Klage gegen die RLB eingebracht. Darin wird das rechtmäßige Zustandekommen des Geschäftes infrage gestellt – u. a. sei man nicht ausreichend über die Risken informiert worden, zudem fehlten Genehmigungen. Die Rechtsvertretung hat die Kanzlei Kraft & Winternitz übernommen, welche auch die Stadt Linz sowie 15 weitere Gemeinden in ähnlich gelagerten Fällen vertritt. Linz hatte bereits im Vorjahr seine Hausbank Bawag geklagt und die Zah-

lungen eingestellt. Das Bankinstitut seinerseits konterte daraufhin mit einer Schadenersatzklage in Höhe von fast 419 Millionen Euro! Im St. Pöltner Fall verweist die RLB jedenfalls auf die Rechtswirksamkeit des Vertrages und weist sämtliche Anschuldigungen zurück. Die Justiz ist am Zug. Soviel zur Vorgeschichte, soweit eruierbar. Folgende Fragen wollte MFG im Hinblick auf das vom Magistrat eingesetzte Volksvermögen beantwortet wissen. 1) Wie steht es um den Stand der Derivativgeschäfte und dem Versuch auszusteigen? 2) Wann wurden diese Geschäfte abgeschlossen und auf welchen Zeitraum? 3) Wie stellt sich die Situation zum Status Quo dar? Wie wurde das Jahr 2011 abgeschlossen? 4) Was ist dran von einem möglichen kolportierten Verlust per Laufzeitende von bis zu 500 Millionen Euro im worst case, wenn also die Wette scheitert? 5) Wie laufen die vom Bürgermeister angekündigten persönlichen Gespräche seiner Person mit RLB Direktor Erwin Hameseder, um einen frühzeitigen Ausstieg zu bewerkstelligen? Was würde ein solcher bringen, an Verlust bedeuten bzw. was ist die Zielsetzung dieser Gespräche? 6) Die Stadt hat die RLB geklagt – welchen Inhalt hat die Klage, was will man erreichen? 7) Steht auch zur Dispostion, dass St. Pölten wie Linz die Zahlungen einstellt? 8) Linz hat im November die BAWAG geklagt, diese hat darauf mit einer Gegenklage mit Schadenersatzforderung von über 400 Millionen Euro geantwortet. Befürchtet man das auch in St. Pölten? 9) Sind in St. Pölten – nach Vorbild Linz – regelmäßige Sondersitzungen sämtlicher Fraktionen denkbar, um weitgehend Trans-

parenz zu gewährleisten und gemeinsame Strategien zu entwickeln im Hinblick auf die Derivativgeschäfte?

Als Antwort bekam das Magazin folgendes dürre, offizielle Statment: „Im Finanzausschuss und in den Sitzungen des Gemeinderates wurde strenge Vertraulichkeit in Bezug auf die RLB-Klage hinsichtlich eines Derivativgeschäfts vereinbart. Zudem ist ein Gerichtsverfahren anhängig. Um die vereinbarte Vertraulichkeit und die Rechtsposition der Stadt St. Pölten im laufenden Gerichtsverfahren zu wahren, kann keine Stellungnahme erfolgen.“ Aha! Aha? Zur Beruhigung diverser gestreuter Gerüchte, die wohl in Analogie zur Bawagklage in Linz von besagten 500 Millionen Euro Verlust sprechen (und möge jetzt den Medien niemand Panikmache vorwerfen, wenn man diese Zahlen nicht bereit ist zu entkräften bzw. offenzulegen), trägt die aktuelle „Informationspolitik“ defintiv nicht bei. Da scheint es schon eher so, dass – um es ein bisschen derb auszudrücken – in der Causa „die Kacke gehörig am Dampfen“ ist. Wir waren nicht dabei. Ein weiteres Indiz dafür ist, dass plötzlich niemand mehr so recht dazu stehen mag, dass man das durchaus schon damals als riskant eingestufte Geschäft eingegangen ist. So verweist der Bürgermeister legitimerweise darauf, dass er zum Zeitpunkt des Grundsatzbeschlusses noch gar nicht im Gemeinderat gesessen ist und betont, „dass der Grundsatzbeschluss im Jahr 2003 über die Derivativ- und Swapgeschäfte von allen Fraktionen im Gemeinderat getragen wurde und auch danach haben bis zu den letzten Beschlüssen im Jahr 2007 die SPÖ, die ÖVP und die FPÖ zugestimmt. Selbst die Grünen waren nicht dagegen, sondern haben sich der Stimme enthalten (das STROG, §28, Abs. 4. hält fest: „Stimmenthaltung gilt als Ablehnung.“, Anm. der ReMFG 03.12

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daktion). Der Bürgermeister hierzu aus dem Rathaus. weist außerdem darauf hin, Die anderen Parteien woldass es in seiner Amtszeit len mit der Causa ebenfalls gelungen sei „die Derivativnichts zu tun haben. Nicole und Swapgeschäfte deutlich Buschenreiter (Die Grünen) auf nunmehr fünf zu redustellt dezidiert klar: „Ich muss zieren. Damit konnte das Ridie SWAP Geschäfte der Stadt siko für die Stadt reduziert überhaupt nicht rechtfertiwerden. Das Ziel ist gänzlich gen, da die Grünen nie derauszusteigen!“ Bizarr mutet artigen Finanzspekulationen dann aber doch an, wenn er ihre Zustimmung gegeben durch die Blume versucht, haben“, und Klaus Otzelberden Schwarzen Peter der ÖVP ger (FPÖ) führt aus: „Im Jahr zuzuschieben. „Vor allem 2009 schrillten bei mir die die größte Oppositionspar- Verwettet. In der Goldgräberstimmung des Jahres 2003 setzte St. Pöl- Alarmglocken, als die von der tei im Gemeinderat hat dies ten auf Franken-Kurswetten. Seit 2010 entwickeln sich diese negativ. FPÖ geforderten und vom – wie allgemein bekannt ist Gemeinderat 2007 beschlos– damals immer wieder und mit Nach- tum", formulierte Stadtrat Bernhard senen Risiko-Limits aufs Gröbste druck gefordert.“ Als hätte die SPÖ Wurzer eindeutig zweideutig, und missachtet wurden. Ich forderte als schon jemals irgendetwas, was die fügte hinzu: "Hätte der Gemeinderat Einziger einen sofortigen Ausstieg aus ÖVP gefordert hat, umgesetzt, es sei Information über den Verlust gehabt, diesen riskanten Wetten.“ denn, es hätte sich ohnedies mit den ei- dann wäre wahrscheinlich damals genen Positionen gedeckt. schon ein Ausstieg aus diesen Speku- No more bets please. Und jetzt? Die ÖVP wiederum ließ anlässlich lationsgeschäften diskutiert worden." Herrscht das große Bangen, wie die des Rechnungsabschluss 2010 ausrich- Pech nur, dass zwar tatsächlich ein Klage ausgeht, sowie wohl der Wunsch, ten: „Stadler redet sich immer aus, alle Fehler in einer Tabelle passiert war, das dass man schon damals die heutige Anhätten diese Geschäfte mitgetragen, Ergebnis allerdings sehr wohl das rich- sicht des Nationalrates Anton Heinzl verschweigt aber immer, dass er im Al- tige war (was auch ein einfacher Anruf vertreten hätte, der im Hinblick auf die leingang das Risikolimit stetig erhöht beim zuständigen Magistratsbedienste- Gesamtwirtschaft im aktuellen MFGund die Laufzeit der Geschäfte verlän- ten im Vorfeld geklärt hätte). Die ÖVP Interview meint: „Ich bin ein Anhängert hat.“ hatte 2007 also voll Überzeugung zu- ger der realen Marktwirtschaft – und Vor Weihnachten leisteten sich die gestimmt – das Ergebnis war damals damit bin ich ein Gegner der SpekuSchwarzen dann – in der Annahme, ja auch noch im Plus. Das vermeintlich lanten. Natürlich will keiner kommueinen „Skandal“ sowie ein nachge- nachgereichte Alibi von wegen „na nistische Gleichmacherei! Zuerst muss reichtes Distanzierungsalibi von den wenn wir das damals schon gewusst Leistung erbracht werden, dann kann Swap-Geschäften an der Angel zu ha- hätten, wären wir ja dagegen gewesen“ man sie gerecht verteilen. Aber Geben – einen peinlichen Rohrkrepierer. stürzte wie ein Kartenhaus zusam- winne aus Pseudoluftgeschäften sollten So ortete man bei einem unter die Lupe men. Was blieb war die ungute Duft- in Zukunft unmöglich sein.“ genommenen Derivativ-Geschäft sug- marke „übler Nachrede“, auch wenn 2003 war diese Position allerdings gestiv eine Trixerei des Magistrates, die Stadt eine angedrohte Klage dann auch noch im SP-Stadtparteivorstand, weil in einer Tabelle Vorzeichen ver- doch nicht einbrachte. „Nachdem eine dem Heinzl angehört, sowie jenem der tauscht worden waren. „Es stellt sich Entschuldigung erfolgte, ist die Sache anderen zustimmenden Parteien, offendie Frage, wie irrtümlich war der Irr- endgültig vom Tisch“, verlautet es sichtlich nicht mehrheitsfähig. UND

Unterm Giebelkreuz Keine Informationsflut, aber im Vergleich zur Stadt St. Pölten doch ein geradezu übersprudelnder Quell, stellt die Stellungnahme der RLB dar. Wenig verwunderlich sieht man dort die Causa konträr: „Die Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien (RLB NÖ-Wien) hat dazu eine grundsätzlich andere Rechtsauffassung als die Stadt St. Pölten und legt Wert auf die Feststellung, dass sie als Partner der Stadt St. Pölten zu jeder Zeit und in vollem Umfang ihren erforderlichen und gesetzlich festgeschriebenen Verpflichtungen nachgekommen ist.“ Der Exitstrategie der Stadt, dass man sich zuwenig über die Risken informiert gefühlt habe, wird widersprochen. „Die Vertreter der Stadt

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St. Pölten haben nachweislich sowohl die Mechanismen als auch das Risiko von Swap-Geschäften verstanden, sich darüber laufend detailliert informiert und die Risiken bewusst in Kauf genommen.“ Eine Gegenklage nach BAWAG-Vorbild in Linz scheint aktuell nicht geplant. „Die RLB NÖ-Wien nimmt zur Kenntnis, dass die Stadt St. Pölten die unterschiedlichen Rechtsauffassungen zwischen der Stadt und der Bank hinsichtlich des Zustandekommens des beklagten Swapgeschäftes nun vor einem ordentlichen Gericht klären will.“ Man darf also gespannt sein – Wetten, wie die Causa ausgeht, werden ab sofort angenommen.


BET AND HIN?

Heiteres B-Gericht

Nicht öffentlich? Die Informationssperre rund um die Klage der Stadt gegen die RLB (die Causa wird in der „nicht öffentlichen Sitzung des Gemeinderates“ abgehandelt) sorgt in der Öffentlichkeit für Irritation. Dürfen wir nicht erfahren, was mit unserem Geld passiert ist? MFG wollte von den Fraktionsvorsitzenden wissen: „Wie rechtfertigt Ihre Partei, dass die Causa Derivativ-Geschäfte völlig an der Öffentlichkeit vorbeigespielt wird?“

» Matthias Adl (ÖVP)

„Selbstverständlich muss man die Öffentlichkeit informieren, das ist uns völlig bewusst. Aber rein rechtlich ist das derzeit nicht möglich, weil eine Klage im Laufen ist und wir daher zur Verschwiegenheit angehalten sind, damit durch etwaige Informationen kein Schaden für die Stadt entsteht. Wenn der Rechtsstand aber hergestellt ist, das Thema also öffentlich ist, wird es natürlich auch in der Öffentlichkeit diskutiert werden, und dann wird auch die Frage nach der politischen Verantwortlichkeit geklärt werden müssen.“

»

Nicole Buschenreiter (Die Grünen)

„Selbstverständlich sind die Grünen der Meinung, alle Finanzangelegenheiten in der Öffentlichkeit zu diskutieren – immerhin geht es um den sorgfältigen Umgang mit Steuergeldern. Die SPÖ begründet ihre ‚Geheimhaltungsstrategie‘ mit dem Datenschutz – nur: Da gibt es nichts Privates. Leider sind die Grünen St. Pölten an einen Mehrheitsentscheid gebunden, und das Gesetz bindet uns so an die Verschwiegenheitspflicht. Das einzige, was uns bleibt, ist vor jeder Sitzung, in der die Finanzspekulationsgeschäfte der Stadt auf der Tagesordnung stehen, den Geschäftsordnungsantrag auf eine öffentliche Debatte zu stellen. Dann hoffen wir, dafür eine vernünftige Mehrheit zu finden.“

» Franz Gunacker (SPÖ)

„Ich möchte in diesem Zusammenhang auf die offizielle Stellungnahme der Stadt St. Pölten verweisen, in der klar auf die Verschwiegenheitspflicht hingewiesen wird. Der Vorwurf, die Causa Derivativ-Geschäfte würde an der Öffentlichkeit bewusst vorbeigespielt werden, entspricht nicht den Tatsachen. Es geht vielmehr darum, in einem laufenden Verfahren der Stadt keinen Schaden zuzufügen – genau dafür hat der Gesetzgeber diese Regelung geschaffen. Diese ist allen Fraktionen bekannt und bewusst, und es waren sich alle darin einig, der Stadt keinen Schaden zufügen zu wollen."

» Klaus Otzelberger (FPÖ)

„Punkte, die der SPÖ-Regierung unangenehm sind und die man der Öffentlichkeit verheimlichen will, werden einfach in den nichtöffentlichen Teil der Sitzungen verlegt. Ich bin immer dafür eingetreten, dass die Öffentlichkeit ein Recht hat, über so wichtige Entscheidungen informiert zu werden. Wir können nur hoffen, dass wir durch eine gemeinsame Kraftanstrengung das Schlimmste abwenden können."

– sie bildeten damit in der allgemeinen Goldgräberstimmung des Finanzhypes beileibe keine Ausnahme, sondern handelten wie das Gros der diversen Körperschaften und auch zahlreicher Privatbürger, die auf anderer Ebene mit diversen Franken-Finanzprodukten aktuell ihr blaues Wunder erleben (von den fetten Jahren vorher, die es ebenfalls gegeben hat, spricht keiner mehr). Ob sie alle den „bösen“ Banken und Finanzdienstleistern in die Falle gingen,

wie man es jetzt darzustellen versucht, oder ob sie in ihrer Naivität und Gier die Hinweise auf die Risken einfach nicht zur Kenntnis nehmen wollten, hat im Fall der St. Pöltner Derivativgeschäfte jetzt u. a. die Justiz zu entscheiden. Die Lehren für die Mandatare und der damit zusammenhängende Auftrag im Hinblick auf den zukünftigen Umgang mit Volksvermögen sind jedenfalls eindeutig: „No more bets please!“

Michael Müllner "Die Welt geht unter, sie sperren das Bezirksgericht zu!" Natürlich darf die Opposition gegen Ministerin Karl oder LH Pröll schimpfen. Aber unabhängige Medien wie die „Bezirksblätter“, die sich massiv als Protestplattform instrumentalisieren lassen... wtf?! Mit dem Auto braucht man von Wien nach Athen knapp 19 Stunden. Während es also an anderen Ecken der Welt schon richtig fies kracht, sitzen wir ausgefressenen Österreicher noch gemütlich am Stammtisch und raunzen dagegen an, dass uns der Gerichtsweg künftig nicht mehr nach Neulengbach oder Lilienfeld führt – sondern ins gar so ferne St. Pölten. Nach Postamt und Greißler nun das Gericht! Zig verlorene Arbeitsplätze! Frisch renovierte Gebäude werden leerstehen, im St. Pöltner Gerichtsgebäude sei dafür schon jetzt kein Platz! Darum: Luft holen und mitdenken. Langfristig macht es Sinn Personal an einem Standort zu bündeln. Dieses kann man somit besser einsetzen (bringt dem Bürger mehr Service und den Mitarbeitern mehr Kompetenz). Die anfallenden Allgemeinkosten (Sicherheit, IT ...) verteilen sich besser. Im individuellen Fall des betroffenen Mitarbeiters kann ein Wechsel des Arbeitsplatzes natürlich Vor- oder Nachteil sein. So gesehen versteht man das menschliche Raunzen des Herrn Anwalt, der zukünftig vom Eigenheim nicht mehr schnell mit dem Fahrrad zum Bezirksgericht radeln kann – und vorsorglich den Teufel in Form steigender Anwaltskosten an die Wand malt. Abseits persönlicher Motive, von parteipolitischer Taktik oder plumper Meinungsmache ist die (von Experten seit langem geforderte Schließung) der Bezirksgerichte die einzige erkennbare, nachhaltige Reformbemühung dieses „Sparpakets“. Wer dagegen ist, hat wohl was verpasst.

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MFG URBAN

Wenn einer eine Reise tut Anton Heinzl ist wohl die Speerspitze der St. Pöltner SPÖ. Seit 40 Jahren aktiv, seit 1998 im Nationalrat – und dank seiner Vorliebe für Außenpolitik und seiner umstrittenen Nordkorea-Connection zuletzt sogar in den Ö3-Nachrichten genannt. Doch wie kommt das eigentlich, dass man in die nordkoreanische Botschaft eingeladen wird? Wie wird man Berufs- und Außenpolitiker? Was macht man den ganzen Tag im Nationalrat, und wie funktioniert die Erdung am Harlander Fußballplatz? Wer Ihren Terminkalender kennt, möchte kaum Job tauschen. Wie schafft man den Politikeralltag?

Ich will mich nicht selbst loben, aber natürlich schafft man das nur durch sehr viel Arbeit. Ich komme höchstens auf fünf freie Wochenenden pro Jahr. Man hat Arbeitswochen im Parlament in Wien, dann wieder Wahlkreiswochen. Aber ich habe Freude daran Menschen zu helfen. Das gibt Energie. Wie bringen Sie den Vorsitz in einer Bezirkspartei mit der „großen“ Außenpolitik unter einen Hut?

Man kann nur dann gute Kommunalpolitik machen, wenn man über den Tellerrand blickt und Zusammenhänge erkennt. Durch den täglichen Kontakt mit den Bürgern – gerade auf der Gemeindeebene – werde ich immer wieder geerdet. Das möchte ich auf keinen Fall missen. Wenn man mich anruft und sich über einen kaputten Kanaldeckel beschwert, dann ruft man den Toni Heinzl an, egal ob der Parlamentarier ist oder Gemeinderat. Schwimmt man nicht eher immer mit Gleichgesinnten im eigenen Saft? Wer bietet denn dem „Herrn Nationalrat“ schon gerne Paroli?

Glauben Sie mir, ich hör genug! (Lacht.) Ein Besuch am Harlander Fußballplatz und ich weiß mehr als 12

nach der Lektüre tausender Studien von Meinungsforschern. Da verschont mich keiner. Ich diskutiere auch leidenschaftlich gerne mit Menschen, die unterschiedliche Meinungen haben. Mit der Zeit erkennt man ja schnell, ob der Andere auf Argumente eingeht oder nur auf ein Streitgespräch aus ist. Die Streiterei erspare ich mir lieber, weil’s eh nichts bringt. Was macht man als Mitglied im „Außenpolitischen Ausschuss“?

Da kann ich stundenlang erzählen. Als sehr kleiner Staat – immerhin haben wir weniger Einwohner als Bayern – machen wir eine sehr gute Außenpolitik. Ein Einsatzbereich für mich ist beispielsweise meine Tätigkeit als Wahlbeobachter im Ausland. Das bringt uns zur leidlichen Frage der Nordkorea-Reise …

Das ist keine leidliche Frage, sondern eine Retourkutsche der ÖVP! Billige Parteipolemik. Wenige Wochen vor der Reise hatte ich eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft zur Thematik Hypo NÖ und Wohnbaugelder geschickt. Die ganze Aufregung ist dafür die Retourkutsche. Seit 40 Jahren hat Österreich diplomatische Beziehungen zu Nordkorea. Unser Botschafter in Peking ist für China und Nordkorea zuständig. In Wien

ist ein nordkoreanischer Botschafter. Ich urlaube eben nicht in einem „Magic Life Club“ in der Türkei, sondern nutze meine Kontakte und interessiere mich beim Reisen für Außenpolitik. Es wurde viel darüber gestritten, ob Sie als Privatperson oder Politiker verreist waren bzw. ob es angebracht war in der Botschaft zu kondolieren. Ihre persönliche Haltung dem Regime gegenüber wurde jedoch kaum thematisiert?

Man kann das Regime natürlich nicht mit unseren westlichen, demokratischen Vorstellungen vergleichen. Mit dem nordkoreanischen Botschafter habe ich mehrfach heftige Streitgespräche geführt – über Themen wie Demokratie oder Menschenrechte. Er


TEXT: Michael Müllner | Fotos: Hermann Rauschmayr, zVg, Nika Hayden, Medienservice St. Pölten

„Ich habe mit dem nordkoreanischen Botschafter heftige Streitgespräche geführt.“

meint, wir würden aufgrund der kulturellen Unterschiede die Lage nicht verstehen. Mit militärischen Mitteln wird man nichts erreichen, darum müssen wir miteinander reden. China stützt das Regime seit Jahren und verlangt jetzt sogenannte „Prosperität“. Darin liegt die Hoffnung auf einen sanften Wandel. Keiner weiß, wie sich die Lage entwickelt, wie weit der KimClan und die militärische Führung Veränderungen zulassen. Offiziell hat mir der Botschafter bei meinem Besuch versichert, dass es innerhalb des Landes keinerlei Spannungen gibt. Wie wird man eigentlich anlässlich des Todes des Staatschefs Kim Jong Il in die nordkoreanische Botschaft eingeladen?

Man baut über Jahre persönliche Kontakte auf. Ich wurde vom Botschafter zu einem Gespräch gebeten, er wollte mich über die neue politische Lage informieren. Abschließend wurde ich gebeten mich in das Kondolenzbuch einzutragen. Ich habe wortgleich die Formulierung von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon übernommen: „Ich wünsche dem gesamten Koreanischen Volk alles Gute für die Zukunft!“ Woher wussten Sie mit welchem Wortlaut der UN-Generalsekretär kondoliert hatte?

Wie gesagt: Ich bin außenpolitisch interessiert und verfolge solche Dinge eben sehr genau. Außerdem hat sogar das offizielle Österreich tiefes Bedauern ausgedrückt und dem Volk kondo-

liert. Ich verstehe darum die Aufregung um meine Person nicht. (Anm.: Siehe Kasten „Erzählungen einer Reise“.) Zurück zum angeblichen Auslöser: Um das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft zur Causa Hypo NÖ ist es sehr ruhig geworden. Wie sehen Sie das?

Als Verfechter des Rechtsstaates mische ich mich als Mitglied der gesetzgebenden Körperschaft nicht in ein Justiz-Verfahren ein. Soweit ich weiß, ermittelt die Staatsanwaltschaft. Auf politischer Ebene muss man unabhängig von der Justiz oder dem Strafrecht fragen, ob es gescheit ist riskante Veranlagungen zu machen. Egal, welche Partei betroffen ist. Man soll sich auf die Realwirtschaft konzentrieren. MFG 03.12

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MFG URBAN

ARBEITSPLATZ. Während einen Stock tiefer im Untersuchungsausschuss Hochegger & Co befragt werden, führt uns Anton Heinzl durchs Parlament.

Vor einem Jahr haben Sie angekündigt dem Patientenanwalt alle Fälle weiterzuleiten, bei denen Leute keinen zeitgerechten orthopädischen OP-Termin bekommen. Wie viele Fälle waren das bisher?

Noch gar keine. Noch haben wir die orthopädische Abteilung im St. Pöltner Krankenhaus ja.

Ihr Protest gegen die geplante Schließung der Orthopädie scheint eingeschlafen zu sein. War es intelligent dieses Thema im letzten Wahlkampf parteipolitisch zu nutzen?

Robert Laimer, Anton Heinzl und Heidemaria Onodi. Wenn der St. Pöltner vom „Rathaus“ spricht, weiß man oft nicht ,ob er die Verwaltung oder die SPÖ meint. Wer hat denn mehr Macht – Sie oder Bürgermeister Stadler?

Natürlich unterscheiden die St. Pöltner zwischen SPÖ und unabhängiger Verwaltung! Aber dass wir keine schlechte Kommunalpolitik machen, bestätigen Wahlergebnisse seit Jahrzehnten. Und lassen Sie mich ganz klar sagen: Es gibt keine Kluft zwischen mir und Stadler. Zwischen uns passt kein Blatt!

Landeshauptmann-Stellvertreter Sobotka, Bürgermeister Stadler, Heidemaria Onodi und ich führen dazu Gespräche. Wir werden einen für beide Seiten tragbaren Kompromiss erreichen. Und niemand muss sich hinter seiner Parteizugehörigkeit verstecken! Jeder kann wissen: Die St. Pöltner Sozialdemokraten sind gegen die Schließung der Orthopädie und haben viele Unterschriften gesammelt.

Hören Sie oft das Gegenteil?

Viele meinen, das Machtzentrum der St. Pöltner SPÖ liegt beim Trio

Sehen wir heuer noch eine vorgezogene Landtagswahl in NÖ?

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Natürlich! Dahinter steckt der politische Mitbewerber. Bekanntlich kann man heute sogenanntes „Dirty Campaigning“ jederzeit kaufen. Aber ich verrate sicher kein Geheimnis, wenn ich Ihnen sage, dass sich Matthias Stadler als Bürgermeister, Heidemaria Onodi als Landespolitikerin und ich als Bundespolitiker regelmäßig in Sechs-Augen-Gesprächen abstimmen.

Das Gerücht gibt es. Eine vorgezogene Wahl wäre für uns kein Drama, aber ich glaube eher nicht. Warum sollte Erwin Pröll mit seiner komfortablen Mehrheit vor März 2013 wählen? Vielleicht weil er will, dass zwischen „seiner“ Landtagswahl und der Nationalratswahl im Herbst 2013 mehr Zeit liegt?

Das wäre ein Argument, mal sehen.

Die S34 ist nach wie vor umstritten. Sie gelten als Befürworter des Projekts und der „Westvariante“. Ist dem etwas hinzuzufügen?

Nein.

Politiker schimpfen dieser Tage gerne gegen „die Wirtschaft“ oder „den Kapitalismus“. Zugleich drückt die SPÖ seit Jahrzehnten der heimischen Wirtschaft einen ökosozialen Stempel auf. Worin liegt also das Problem?

Wir sind in ein neoliberales Wirtschaftssystem eingebunden. Ein Ausbruch daraus gelingt uns nicht mal europaweit, schon gar nicht national. Ich bin ein Anhänger der realen


wenn einer eine reise tut

Marktwirtschaft – und damit bin ich ein Gegner der Spekulanten. Natürlich will keiner kommunistische Gleichmacherei! Zuerst muss Leistung erbracht werden, dann kann man sie gerecht verteilen. Aber Gewinne aus Pseudoluftgeschäften sollten in Zukunft unmöglich sein. In Österreich haben 300 Haushalte 1,5-mal so viel Vermögen wie das ganze Bruttoinlandsprodukt. Leider war mit der ÖVP ein stärkerer Beitrag dieser Vermögenden zur Budgetkonsolidierung nicht möglich. Welchen Einfluss hat Politik auf die Wirtschaft überhaupt noch?

Ich kam 1998 während der Regierung Klimas in den Nationalrat, 1999 wurde gewählt, von 2000 bis 2006 war die SPÖ in Opposition. Die Regierung aus ÖVP und FPÖ verantwortet aus dieser Zeit den größten Sozialabbau der Zweiten Republik. Damals hatten wir in Zeiten der Hochkonjunktur mehr Arbeitslose als heute in Zeiten der Wirtschaftskrise! Darum ist auch die Einbindung der Sozialpartner ein international herzeigbarer Erfolg. Warum verhindert die SPÖ, dass Kinder sehr wohlhabender Familien Studiengebühren zahlen? Was hat das mit der oft zitierten Gerechtigkeit zu tun?

Wir sind für den freien Zugang zur Bildung, weil auch Arbeiterkinder Chancen haben sollen! Das ist das Erbe der Kreisky-Politik, beispielsweise gratis Schulbücher. Ich selbst hätte als Maurer meinen zweiten Bildungsweg nicht ohne diese Politik finanzieren können. Dafür braucht es lediglich ein funktionierendes Stipendiensystem – und schon müssten nur die zahlen, die es sich leisten können.

Weltweit funktioniert kein Stipendiensystem wirklich gut genug. Da nehme ich lieber in Kauf, dass die Millionärskinder gratis studieren, als dass auch nur ein Arbeiterkind durch das Stipendiensystem rutscht und dann doch nicht studieren kann! Einen Stock unter uns tagt der Korruptions-U-Ausschuss, kaum

Anton Heinzl goes Nordkorea. Erzählungen einer Reise. Endlich das Maul halten Seit 120 Jahren unterhalten die Republik Österreich und die Republik Korea diplomatische Beziehungen. Anlass genug gebührend zu feiern. Gemeint ist damit natürlich „Südkorea“. Bei „Nordkorea“ fliegen nämlich eher die Fetzen. „Wirbel: SP-Heinzl trauert um Nordkorea-Diktator“, meinte etwa im Jänner die NÖN. Heinzl did it again, sozusagen. Schon im September 2010 war die Aufregung perfekt, als bekannt wurde, dass Anton Heinzl mit anderen Mandataren und St. Pöltner Parteimitgliedern während einer Privatreise nach Nordkorea Vertreter des Regimes getroffen hatte. Die nordkoreanische Propaganda-Presseagentur vermeldete etwa Anton Heinzl habe ein Geschenk für Kim Jong Il übergeben. Heinzl versteht die Aufregung nicht, immerhin sei es „immer besser miteinander zu reden“, Reise und Geschenk wurden nicht mit Steuergeld bezahlt und: „Niemand muss sich beim Außenminister abmelden, wenn er privat verreist.“ Das Geschenk war übrigens eine CD des Neujahrkonzerts der Wiener Philharmoniker. Emotional passte die folgende Auseinandersetzung zum Krisengebiet Korea, wo seit Jahrzehnten nur ein Waffenstillstand den brüchigen Frieden sichert. Etwas genervt empfahl Heinzl dem ÖVP-Landesgeschäftsführers Gerhard Karner er möge „endlich sein Maul halten, seine Lügen zur privat organisierten und finanzierten Reise werden durch Wiederholung nicht wahrer“. Karner möge seine Vorwürfe doch vor Gericht beweisen oder „dieser Provinzpolitiker soll sich weiterhin hinter seiner Staude verstecken.“

Korrekt. Mehr nicht. Kein Wunder also, dass Heinzls Besuch in der Wiener Botschaft nach dem Tod des nordkoreanischen Diktators Kim Jong Il wieder für Aufsehen sorgte. Im Außenministerium glättet Alexander Schallenberg, Sprecher von Außenminister Spindelegger, die Wogen. Was ein Nationalrat in seiner Freizeit macht, sei seine Sache: „Herr Heinzl hat sich ja nicht als Vertreter Österreichs ausgegeben.“ Und wie steht es um das offizielle Österreich und Nordkorea? Schallenberg: „Unsere Beziehung ist korrekt. Mehr nicht. Zum Tod des Staatschefs haben wir – wie das zwischen Staaten so üblich ist – eine formlose Note geschickt und dem Volk viel Glück gewunschen. Den Tod des Diktators hat die Republik aber nicht bedauert.“ Bürgermeister Matthias Stadler ist wohl nicht traurig, dass er den nordkoreanischen Botschafter Kim Gwang Sop schon im Jänner 2010 – also noch vor der ganzen Aufregung – zu Besuch hatte. Im Rathaus erklärt man den Besuch mit diplomatischen Gepflogenheiten: „Botschafter absolvieren Antrittsbesuche, das ist nichts Besonderes.“ Gesprochen wurde über wirtschaftliche und kulturelle Anliegen sowie die Vertretung der Staatsbürger, auch für Energiethemen haben sich die Nordkoreaner interessiert. Menschenrechte und Atomstreit seien auch ein Thema gewesen. Bevor der Besuch mit einem Stadtspaziergang in der Altstadt und einem Besuch im Landtag (Was sagt da wohl Gerhard Karner dazu?) endete, wünschte Botschafter Kim laut „Goldenem Buch“ der Stadt „weiterhin eine erfolgreiche Entwicklung, dem Volk viel Glück und dem Herrn Bürgermeister viel Gesundheit.“ Letzterer wollte die „Privatreise“ von Anton Heinzl übrigens nicht kommentieren.

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MFG URBAN

WENN EINER eine reise tut

Das ist Anton Heinzl Anton Heinzl wurde am 3. Juli 1953 in Altmannsdorf bei St. Pölten in eine „typische Arbeiterfamilie“ geboren. Mit 12 Jahren begann seine politische Laufbahn „als Sportreferent bei der Sozialistischen Jugend Harland“ (u.a. mit dem späteren Bürgermeister Willi Gruber). Der gelernte Maurer ist seit seinem 18. Lebensjahr verheiratet und hat zwei erwachsene Söhne. Im zweiten Bildungsweg wurde er beamteter Bautechniker beim Magistrat, ließ sich später karenzieren, um den Job als Bezirksgeschäftsführer der SPÖ St. Pölten auszuüben. Nach Stationen als Gemeinderat (10 Jahre) und Stadtrat (6 Jahre) nahm er 1998 das freigewordene SPÖ-Mandat an (als Heidemaria Onodi vom Parlament in die Landespolitik wechselte). Dort ist er Obmann des „Verkehrsausschusses“ sowie u.a. Mitglied im „Außenpolitischen Ausschuss“. 2003 übernahm er den „ehrenamtlichen Vorsitz ohne jeden Bezug“ in der Bezirks-SPÖ. In letzter Zeit trat er als „Verteidiger der ÖBB“ sowie als Befürworter der Rettungsgasse in Erscheinung („Eine richtige Entscheidung, jetzt erleben wir Anlaufprobleme – Exekutive soll strafen!“).

sein Bürger empfindet die Politik als transparent, etwa die Politikereinkünfte. Wie löst man das?

Ich hätte mir nie erträumt, dass ich eines Tages über ein so hohes Einkommen verfügen würde. Die geforderte Transparenz bei den Bezügen gibt es sehr wohl, wir melden unsere Nebenbeschäftigungen. Der SPÖ-Klub hat sogar mal alle Steuerakte an ein Magazin zur Veröffentlichung gegeben. Auf Stundenbasis verdiene ich nicht mehr als ein Facharbeiter. Das ist meiner Meinung nach gerecht. 16

Aber ja, ich denke wir sollten unsere Gesetze im Hinblick auf Transparenz mehr an den Deutschen ausrichten. Fairerweise sage ich dazu, dass ich mir relativ leicht tue, mein Einkommen offenzulegen. Wenn man jetzt einen Selbständigen nimmt, der unterschiedliche Auftraggeber bzw. Kunden hat, dann tut sich der schon schwerer. Immerhin muss ein Mandatar auch einen Plan haben, was er macht, wenn er nicht mehr Abgeordneter ist. Was wäre Ihr Plan für danach?

Das ist einfach, ich würde in Pension gehen. (Lacht.) Demokratiepolitisch scheint die geplante Verkleinerung des Nationalrats problematisch, schon jetzt sind etwa Beamte überproportional stark vertreten…

Man kann schon verkleinern, wenn man die Wahlkreise entsprechend neu definiert und zukünftige Wahlergebnisse sicherstellen, dass eine Stimme überall gleich viel Wert ist. Der Teufel steckt halt wie oft im Detail.


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Sparefrohe Politiker In der Diskussion um „Einsparungspotentiale“ fällt aktuell auch gerne reflexartig das Wort „Verwaltungsreform“. Auch auf Kommunalebene. Wirklich konkret wird man dann aber doch nicht wirklich.

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ürgermeister Matthias Stadler (SPÖ) versucht den Hype rund um die Verwaltungsreform etwas zu dämpfen: „Es handelt sich hier um einen Prozess, der von der Stadt bereits vor Jahren begonnen wurde. Effekte treten natürlich aufgrund von aufrechten Dienstverhältnissen und gesetzlichen Auflagen für behördliche Dienstleistungen, die erst überprüft und entsprechend geändert werden müssten, verzögert auf.“ Konkrete kommunale Leistungskürzungen stehen noch nicht fest. „Wir überprüfen derzeit den Leistungskatalog der Stadt St.Pölten, der über 600 Leistungen umfasst, und werten aus, wo man da etwas kürzen könnte.“ Für die grüne Gemeinderätin Nicole Buschenreiter gilt es vor allem quasi die Betroffenen selbst mit zu involvieren. „Man muss die Beamten mehr einbinden, die wissen meist sehr genau, woran es scheitert, werden aber selten gehört.“ Aus 2 mach 1. Wirklich strukturelles und nachhaltiges Einsparungspotential wähnen viele in einer Zusammenlegung von Magistrat und 18

Bezirkshauptmannschaft (BH). Die ÖVP hatte bereits im Wahlkampf den Vorschlag aufs Tapet gebracht, den Magistrat soweit wie möglich in die BH einzugliedern. Dazu Vizebürgermeister Matthias Adl (ÖVP): „Wir gehen davon aus, damit fünf Millionen Euro einsparen zu können. Mit der SPÖ hat es Gespräche gegeben, die hat allerdings nur die umgekehrte Vorstellung – die Eingliederung der Bezirkshauptmannschaft in die Stadt.“ Was Stadler indirekt bestätigt: „Studien zeigen, dass sich Statutarstädte sehr effizient mit geringem Personalstand verwalten. Was ich mir allerdings vorstellen kann, ist einige Leistungen bürgernäher zu gestalten und in die Gemeinden zu verlagern. Beispielsweise das Ausstellen von Pässen oder auch Führerscheinen.“ Schließlich verweist die Stadt darauf, dass die Möglichkeiten einer Änderung legistisch ohnedies bei Land und Bund lägen – dort müssten entsprechende Gesetze geändert werden. „Die Initiative in der Sache liegt bei Bund und Land, wenn die das wollen, werden wir das umsetzen“, so Stadler lapidar. Eine Initiative

von der Stadt selbst aus, in diese Richtung zu lobbyieren und auf eine Gesetzesänderung hin zu wirken, gibt es offensichtlich nicht. Die ÖVP ist jedenfalls überzeugt, dass aktuell „die absolute rote Mehrheit diesbezügliche Änderungen verunmöglicht.“ Aber auch seitens der Bezirkshauptmannschaft winkt man ab. „Eine Anfrage seitens der Stadt St. Pölten liegt nicht vor“, so Bezirkshauptmann Josef Kronister, und weiter. „Auch wenn der Magistrat St. Pölten die bei weitem kleinere Bezirksverwaltungsbehörde ist – eine Zusammenlegung der Behörden ist für mich kein Thema.“ Gerechte Entlohnung. Ein weiteres Thema, das zuletzt in Diskussion geriet, sind Anzahl sowie Gehalt der Gemeinde- und Stadträte in St. Pölten. Stadtrat Hermann Nonner (FPÖ) kritisiert das gültige Stadtrats-Konzept hart: „Der Stadtrat macht fast nichts! Er beruft die Sitzung ein, die Tagesordnungspunkte sind bereits vorgegeben, und er trägt keine Verantwortung. Durch die Einführung von amtsführenden Stadträten [diese verantworten


TEXT: Sascha Harold | Foto: ARSDIGITAL/FOTOLIA.com

eigene Ressorts. Anm. der Redaktion] könnte auch dem Bürgermeister, der an sich gute Arbeit leistet, Verantwortung abgenommen werden.“ Vizebürgermeister Adl stößt ins selbe Horn und findet, „dass amtsführende Stadträte eine Alternative wären, die aber anscheinend für St. Pölten nicht gewünscht ist.“ Zum Vergleich: Andere Hauptstädte wie Graz, Salzburg oder Linz verfügen über amtsführende Stadträte und kommen hierbei mit zwei bzw. vier Stadträten aus. St. Pölten hingegen braucht elf, deren Jahresgehalt rund 50.000 Euro pro Mandatar beträgt. Nicht zu viel für jemanden ohne Verantwortung? Bürgermeister Stadler relativiert: „In anderen Städten gibt es zwar weniger Stadträte, diese brauchen dafür aber alle ein eigenes Büro mit entsprechendem Personal – das erspart man sich in St. Pölten. Der Bevölkerung kommen amtsführende Stadträte teurer!“, ist er überzeugt. Was noch

nicht die Frage beantwortet, ob man die Zahl der Stadträte nicht prinzipiell kürzen möchte – dies bedeutete jedenfalls eine Ersparnis. Diesbezüglich bringt der Bürgermeister aber auch Demokratieüberlegungen ins Spiel. „Man kann natürlich immer über die Größe von Stadt- und Gemeinderat diskutieren, allerdings stellt sich bei einer Verkleinerung die Frage, ob nicht kleinere Parteien überproportional verlieren.“ Außerdem verweist das Stadtoberhaupt wieder auf die Gesetzeslage. Die Anzahl der Stadträte sei im St. Pöltner Stadtrecht festgeschrieben. Müßig nachzufragen, ob es seitens der Stadt aktive LobbyingBemühungen gibt, das Gesetz in Richtung Reduzierung der Stadtratsposten zu ändern. Grundsätzlich in Ordnung findet auch Nicole Buschenreiter das aktuelle Stadtratssystem, wenngleich sie im Hinblick auf die Bezahlung die Frage aufwirft, ob es notwendig sei, „dass ein nicht-amtsführender Stadtrat mehr

als das Doppelte eines einfachen Gemeinderats bekommt?“ Das Salär eines Gemeinderates (ca. 1100 Euro im Monat) halten übrigens alle Parteienvertreter für angebracht, weil es sich um eine Aufwandsentschädigung handle, die nicht nur versteuert werden müsse, sondern de facto zum größten Teil für die Tätigkeit ausgegeben wird. Vizebürgermeister Adl ist überzeugt, „dass das Gehalt für Gemeinderäte in Ordnung ist, die sich engagieren und für das Volk einsetzen.“ Dass sich Menschen, und somit auch Mandatare und Körperschaften, prinzipiell schwer damit tun, sich quasi selbst wegzurationalisieren oder zu beschneiden, mag in der Natur des Selbsterhaltungstriebes liegen. Auf Bundes- und Landesebene stellt sich die Situation nicht anders dar. Zu wirklichen Verwaltungsreformen, die diesen Namen auch verdienen, scheint man offensichtlich noch nicht bereit – vielleicht geht es uns ja doch noch zu gut.

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Politiker-Test

Beate Steiner Wie wär’s mit einem Aufnahmetest für Stadtparlamentarier? Jeder Zuhörer, der schon einmal in einer Gemeinderatssitzung gelitten hat, kann dieser Forderung nur zustimmen. Also dann – erste Aufgabe für angehende Gemeinderäte: Sinnerfassendes lautes Lesen ohne Stolpern – da disqualifizieren sich schon einige unserer Politiker. Zweite Aufgabe: Die Grundrechnungsarten beherrschen. Nein, das können nicht alle, wie FP-Gemeinderätin Heidelinde Rosskopf beweist: „3 Prozent pro Jahr, das sind ja in 10 Jahren 30 Prozent.“ Dritte Aufgabe: Freie Rede zum jeweils aktuellen Tagesordnungspunkt. Eine schwere Prüfung für Hinterbänkler, denn nicht nur einmal haben Sitzungsbeobachter zuhören müssen, wie ein Abgeordneter/eine Abgeordnete aus den hinteren Reihen sich irrtümlich gemeldet und die falsche Rede vorgelesen hat. Vierte Aufgabe: Kurz erklären können, wie der österreichische Staat ungefähr funktioniert, zum Beispiel der grünen Jung-Gemeinderätin Julia Schneider, der die Polizei vergeblich begreifbar machen wollte, warum der Amtstierarzt nicht einfach Hunde beschlagnahmen kann, wenn irgendjemand dies fordert. Viele Sitze sind nach diesen Kriterien nicht mehr besetzt im Gemeinderatssitzungssaal. Fünfte und letzte Aufgabe: Grundkenntnisse im Stadtrechtsorganisationsgesetz vorweisen. Da wird der Test blöderweise demokratiepolitisch bedenklich. Weil dann nämlich nur mehr ein Triumvirat übrigbleiben könnte im St. Pöltner Stadtparlament.

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Transparenz in der Politik In der Optik kann ein transparenter Körper durchschaut werden. Transparenz in der Politik ist somit eine Metapher – das System durchschauen. Doch wie durchschaubar ist die Politik tatsächlich?

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ermann Nonner (FPÖ) tobte. Er habe bei fünf Sitzungen das Protokoll nicht vorher, sondern erst bei der Sitzung erhalten. Seitens des Magistrats wird betont, dass diese Vorgehensweise „exakt den gesetzlichen Bestimmungen des Stadtrechtsorganisationsgesetzes“ (STROG) entspricht, das im Übrigen ein Landesgesetz und für alle Statutarstädte gültig sei. „Die diesbezüg-

lichen Rechtsvorschriften sind sinnvoll und notwendig, um zum Beispiel rechtliche Interessen von Bürgern zu wahren und/oder Haftungen für die Stadt auszuschließen.“ Das bisherige Vorgehen, Akten bereits vor Sitzungen zu verschicken, sei nur eine Kulanzlösung gewesen. SP-Bezirksgeschäftsführer Robert Laimer (SPÖ) erklärt, dass es wiederholt in Vergangenheit zu Problemen hinsichtlich der Amtsver-


TEXT: gotthard gansch | Fotos: auris/omasz Trojanowski/Fotolia.com

schwiegenheit gekommen sei. Er sieht daher auch keinen Änderungsbedarf an der jetzigen Handhabe: „Die derzeitige Regelung ist gesetzeskonform.“ Bernhard Wurzer (ÖVP) verweist hingegen auf die in seinen Augen erschwerte, ja widersinnige Praxis. „Nun erhalte er erst während der Sitzung seitenlange Akten und müsse diese studieren. Eine seriöse Entscheidung kann daher schwer getroffen werden, weil man keine Rücksprache mehr mit Experten halten kann.“ Der Verweis des Magistrates auf das Stadtrechtsorganisationsgesetz sei für ihn „Blödsinn, weil es handelt sich hierbei nur um Mindestrechte.“ Soll heißen, mehr Service sei umgekehrt ja nicht explizit verboten, könnte also bei gutem Willen durchaus praktiziert werden. Das Problem liege aber grundsätzlich beim STROG, welches noch aus den 90er-Jahren stamme „und daher keine Regelung für eMails enthält.“ Die Grünen wiederum sind gar nicht im Stadtsenat vertreten, weshalb sie auch nicht zu Ausschusssitzungen eingeladen werden und auch keine Unterlagen oder Protokolle zugeschickt bekommen. Für Nicole Buschenreiter tritt hier bereits das Grundproblem bereits zutage: „Transparenz nach Zuschnitt des SP Bürgermeisters bedeutet gezielte Nicht-Information und absolute Erschwernis im Zugang zu Unterlagen und Akten.“ Nonner kritisiert zudem, und deutet damit ein demokratiepolitisches Defizit an, dass man aufgrund der absoluten Mehrheit auf Ausschüsse ohnedies verzichten könne, weil sie nicht öffentlich sind und Anträge mit den Stimmen der SPÖ alleine beschlossen werden können. „Damit fehlt jegliche Transparenz, aber auch Effizienz.“ Transparenz für Bürger. Und wie ist es um die Transparenz für den „normalen Bürger“ bestellt? Laimer verweist darauf, dass alle Gemeinderatssitzungen grundsätzlich öffentlich zugänglich seien, die Bürger zudem im Amtsblatt „St. Pölten konkret“ über die zentralen Beschlüsse informiert werden. Außerdem würde die SPÖ über ihre Homepage auch aktuell in-

formieren. In die selbe Kerbe schlägt Pressesprecher Martin Koutny: „Grundsätzlich werden also die gefassten Beschlüsse durch die Pressestelle im Rathaus umfassend und ausführlich bekannt gemacht, so dass sich die Bürgerinnen und Bürger entsprechend informieren können.“ Man könne sich aber auch direkt in den Abteilungen des Magistrats informieren oder in die Sprechstunden des Bürgermeister kommen. Buschenreiter, „als Newcomerin ernüchtert, was Transparenz und Bürgernähe anlangt“, würde begrüßen, wenn die Tagesordnung plus alle dafür notwendigen Unterlagen auf der Stadthomepage abrufbar sind, „mit zusätzlicher Kommentarfunktion für interessierte Bürgerinnen und Bürger.“ Sie wünscht sich zudem einen Livestream der Gemeinderatssitzungen, was auf Landtags- und Nationalratsebene längst üblich sei. Wurzer will sogar alles veröffentlichen, das nicht die Privatsphäre betrifft. „Die Menschen haben ein Recht darauf zu erfahren, was in der Gemeinde passiert, wer was sagt oder tut. Es ist schließlich ihr Steuergeld. Je höher die Transparenz, desto höher die Akzeptanz.“

In den anderen Statutarstädten Niederösterreichs werden Beschlüsse im Übrigen ähnlich wie in St. Pölten kundgemacht: In Krems, Waidhofen an der Ybbs und Wiener Neustadt werden die wichtigsten Beschlüsse per Presseaussendung sowie online veröffentlicht. In Krems findet man sie zudem im amtlichen Teil des „Stadtjournal Krems“. Ein Livestream wurde schon in Wiener Neustadt geprüft, aus Kostengründen aber nicht implementiert. Ein Beispiel könnte man sich an Wien nehmen, das sämtliche Sitzungsberichte und Protokolle des Gemeinderates online stellt. In der Politiktheorie wie auch der Verhandlungstheorie wird am an sich positiv konnotierten Begriff Transparenz aber auch Kritik geübt. In einem transparenten System seien Politiker versucht, sich als stärksten Interessensvertreter darzustellen. Es werden radikalere Verhandlungspositionen bezogen, die Kompromisse scheitern lassen. Auch kann öffentlicher Druck Abgeordnete zu einer Stimmänderung trotz besseren Wissens bewegen. Ein Mangel an Transparenz fördere bei prekären Themen auch den Freiraum zur Diskussion.

Kopiermania

Nicht öffentlich

In St. Pölten darf man vor der Gemeinderatssitzung um 50 Cent pro Seite Kopien anfertigen, welche höchstpersönlich geholt werden müssen. Ein Vertreter darf übringes, sehr zum Missfallen der Opposition, nicht geschickt werden. Dazu verlautet es aus dem Magistrat: „Ein Gemeinderatsmandatar wird entsprechend entlohnt und deshalb ist auch zumutbar, dass er sich gemäß den gesetzlichen Bestimmungen Informationen holt.“

Neben öffentlichen Sitzungen gibt es auch solche hinter verschlossenen Türen. Geregelt, wenngleich mit großem Interpretationsspielraum, ist dies im §26 des Stadtrechtsorganisationsgesetz. Demnach ist laut Absatz 1 jede Sitzung grundsätzlich öffentlich. Individuelle Personalangelegenheiten, Angelegenheiten, die Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse oder schutzwürdige Daten betreffen, Angelegenheiten, durch deren öffentliche Behandlung ein wirtschaftlicher oder persönlicher Nachteil für Dritte entstehen könnte und die Erlassung individueller, hoheitlicher Verwaltungsakte müssen nach Absatz 3 nichtöffentlich behandelt werden. Der Bürgermeister kann nach Absatz 4 Gegenstände in eine nichtöffentliche Sitzung verweisen. Auf Antrag eines Zehntels der Mitglieder des Gemeinderats werden die Gegenstände, die für eine nichtöffentliche Behandlung vorgesehen waren, in öffentlicher Sitzung behandelt.

Und wie wird die Chose in anderen Statutarstädten gehandhabt? In Wiener Neustadt z. B. kann Akteneinsicht ab dem Tag der Einberufung (GR, StS, Ausschuss) genommen werden. Die Mandatare müssen persönlich bei der zuständigen Dienststelle vorstellig werden. Die Kopien sind gratis. In Waidhofen wiederum ist Akteneinsicht während des Sitzungsverlaufes im Magistrat möglich. Kostenlose Kopien werden mit Parteivermerk erstellt.

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MFG URBAN

Das 23-MillionenEuro-Geschäft Seit Jahren freut sich St. Pölten über steigende Nächtigungszahlen. Dennoch scheint dem St. Pöltner sein Tourist überaus suspekt. Wer ist denn bitteschön freiwillig Tourist in St. Pölten? Wo doch hierzulande kein Meer brandet und keine Alpengipfel glühen. Und wohin soll die Reise eigentlich gehen? 22


Text: Michael Müllner | Fotos: madochab/johny schorle/Photocase.com

um 5.847 mehr Übernächtigungen gab – das entspricht einem stolzen Plus von 4,10 Prozent. Tourismusbüro-Leiterin Eva Prischl nennt dafür viele Gründe: „Wir haben mit 500 Seminaren und Tagungen über 28.000 Teilnehmer in der Stadt gehabt. Diese BusinessEvents in Kombination mit Großveranstaltungen wie Ironman, Beatpatrol oder Frequency bringen neue Gäste.“

„Die St. Pöltner sollen zu Evangelisten der eigenen Stadt werden.“ Alexander Szöllösy

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m Mai 2011 ging mit dem neuen „D&C Cityhotel“ ein Leitbetrieb für St. Pölten an den Start, der lang gehegte Wunsch nach mehr 4-SterneZimmern war endlich erfüllt. Schon nach wenigen Monaten sorgte sich FPÖ-Gemeinderat Otzelberger um die heimische Hotellerie und forderte eine städtische Werbeoffensive „um ein Debakel zu verhindern“, was für Kopfschütteln sorgte. Nun liegen die Zahlen des städtischen Tourismusbüros am Tisch und belegen immerhin, dass es im Jahr 2011 (verglichen mit 2010)

Jahr über ein Nächtigungs-Plus von 20 Prozent: „Das neue Hotel sehe ich ausschließlich positiv, von einer Konkurrenz kann keine Rede sein.“ Leo Graf schätzt, dass „85 Prozent unserer Gäste einen beruflichen Hintergrund haben oder aufgrund von Großveranstaltungen in der Stadt sind. Die Wirtschaft in St. Pölten ist nach wie vor im Aufschwung, darum können wir nicht klagen.“ Auch mit der städtischen Geschäftemacher. Es gibt aber Tourismuswerbung ist Graf rundum auch ganz profane Gründe. Ein relativ zufrieden: „Sie vertreten die Stadt auf warmer November führte dazu, dass den relevanten Messen, da sind wir viele Bauprojekte saisonbedingt wei- schon sehr gut aufgestellt.“ terliefen und somit Selbst im „Austria blieben Gäste der Trend Hotel MetroBaubranche länger Tourismus: best of NÖ 2010 pol“, dem direkten als im Vorjahr. Das Mitbewerber des 1 Baden 392.971 bringt uns zu einem neuen 4-Sterne-HoSchwechat 2 310.866 zentralen Punkt: tels, freut man sich 3 Bad Schönau 253.724 St. Pölten lebt von über die gestiegene 4 Moorbad Harbach 249.322 Geschäftstouristen Kapazität in St. Pöl5 Vösendorf 219.090 – vom Seminarbesuten. Peter Haidvogl: 6 Krems an der Donau 213.540 cher über den Mon„Wir konnten 2011 7 Sankt Pölten 142.593 teur bis hin zum unsere Auslastung Vertreter. Eine Zieltrotz des neuen HoBad Vöslau 8 140.308 gruppe, die Schättels leicht steigern. 9 Klosterneuburg 137.704 zungen zufolge drei Gerade in den letz10 Reichenau an der Rax 120.813 Viertel der Gäste ten Jahren komausmacht, im tägmen immer mehr lichen Stadtbild aber kaum auffällt. Kulturtouristen in die Stadt, deshalb Um den St. Pöltner Tourismus zu wünschen wir uns für 2012 noch mehr verstehen, muss man sich also vom Großevents – und dafür sind viele Bild des klassischen Familienurlaubers 4-Sterne-Zimmer nötig. Unser Verlösen, der bewaffnet mit Fotoapparat triebsteam ist weltweit unterwegs und und Karohemd die barocke Innenstadt bewirbt dabei auch die Region. Bei oder den Traisentalradweg entdeckt. dieser intensiven Bemühung für zusätzAllgemein gehen Brancheninsider liche Kongresse und Veranstaltungen davon aus, dass mehr 4-Sterne-Zim- wäre uns jede Hilfe willkommen.“ mer zwar kurzfristig die Auslastung in den 3-Sterne-Häusern reduzieren In die Auslage. Doch wohin soll die könnten, aber dass diese neugewon- St. Pöltner Reise überhaupt gehen? Eva nene 4-Sterne-Klientel eher „on top“ Prischl: „Wir haben jetzt zwei Hotels auf die Nächtigungsstatistik drauf- auf 4-Sterne-Niveau, darum kommen kommt – weil eben jetzt Leute in St. wir für größere Veranstaltungen inPölten nächtigen können, die bisher frage und können auch endlich das mangels verfügbarer Zimmer in andere Feld der Busgruppen aktiv angehen. Städte ausweichen mussten. Auch die Bisher hatte das keinen Sinn, weil die Tourismusstatistik belegt einen leich- Kapazitäten gefehlt haben.“ Auch Anten Rückgang der Auslastung in den dreas Purt, Geschäftsführer der Most3-Sterne-Häusern – was freilich auch viertel Tourismus GmbH (von der auch betriebseigene Gründe haben kann. St. Pölten touristisch vermarktet wird) So freute sich beispielsweise Leo sieht in der erhöhten 4-Sterne-KapaGraf vom gleichnamigen 3-Sterne-Ho- zität den Schlüssel zum Erfolg: „St. tel am Bahnhofsplatz im abgelaufenen Pölten ist ein perfekter AusgangsMFG 03.12

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MFG URBAN

Neues Hotel, Nächtigungsplus. Doch welches Ziel erkennen die St. Pöltner Touristiker am Horizont?

punkt für Tagesausflüge ins Mostviertel, die Wachau oder nach Wien. In diesem ‚stop-over-Geschäft’ liegt noch viel Potential. Dank des neuen Hotels kann die Niederösterreich Werbung jetzt St. Pölten auch viel besser in die Auslage stellen.“ Auch Purt ist davon überzeugt, dass St. Pölten mit Veranstaltungen punktet. „Nach wie vor ist den Wenigsten bewusst, wie nachhaltig Großveranstaltungen das Image einer Stadt oder Region verbessern und auch für gewaltige und nachhaltige Wertschöpfung sorgen.“ Anhand von repräsentativen Gästebefragungen sieht man, dass das Mostviertel plötzlich beim „Nachtleben“ sehr gut wegkommt: „Da spielen natürlich auch Events wie das St. Pöltner Frequency mit.“ Ein Gedankenexperiment zeigt die Dimension solcher Events. Würde man die Frequency-Festivalbesucher zur Übernachtungsstatistik zählen, würde St. Pölten diese Statistik mit einem Schlag verdoppeln. Noch spannender werden die Zahlenspiele mit einem Euro-Zeichen davor. 24

Wirtschaftsfaktor. Laut Statistik Austria erzeugt ein Geschäftstourist rund 170 Euro Nächtigungsumsatz, beim Land NÖ geht man von mindestens 95 Euro aus. Nehmen wir an, dass drei Viertel der St. Pöltner Touristen in die Kategorie Geschäftstourist gehören, so liegen wir 2011 bei knapp 23 Millionen Euro – allein Nächtigungsumsatz. Dagegen sind die rund 270.000 Euro an direkten Steuern, die von Beherbergungsbetrieben jährlich an Ortstaxe & Co. in die Stadtkasse gespült werden, geradezu Peanuts. Tourismus als relevanter Wirtschaftsfaktor – auch wenn dies im öffentlichen Bewusstsein kaum verankert ist. Alexander Szöllösy von „progressNETZ“ beschäftigt sich seit bald zwei Jahren im Rahmen eines Forschungsprojektes mit dem niederösterreichischen Zentralraum. Gefördert vom Arbeitsministerium soll eine touristische Modellregion – in diesem Fall St. Pölten plus angrenzende Bezirke – erforscht werden. Die Abschlusspräsentation steht noch aus, aber erste

Aussagen lassen sich machen. Szöllösy: „St. Pölten hat gewaltiges Potential! Vor allem mit einem eigenständigen touristischen Profil ist hier noch viel zu erreichen. Die Geschäftstouristen müssen die Attraktivität und Vielfalt der Region und Stadt entdecken können.“ Kleinkongresse und Seminare seien dabei ein möglicher Zugang. Auch rund um das Europa-Thema könnte man sich positionieren. Wichtig sei laut Szöllösy, dass „man sich mit den richtigen Städten vergleicht, also beispielsweise mit Wels und nicht, wie allzu oft gesehen, mit Wien. Die St. Pöltner sollen zu Evangelisten der eigenen Stadt werden und selbstbewusst nach außen tragen, was es hier zu entdecken gibt.“ Dazu müssen aber noch ein paar Grundsatz-Entscheidungen getroffen werden. Denn im Tourismus scheint es wie im restlichen Leben: St. Pölten fehlt noch immer die Vision – und somit konkrete Ziele. Dem Monteur mag das ja egal sein, der übernachtet in der Stadt, wo er arbeitet. Aber um noch mehr Wertschöpfung mit Seminaren,


Das 23-Millionen-Euro-Geschäft

Kongressen und Messen zu erzeugen, muss die vorhandene Infrastruktur optimal genutzt werden: Neben dem richtigen Hotel zählt auch ein passendes Gastronomie- und Freizeitangebot dazu. St. Pölten erfüllt schon heute viele Punkte, vermarktet diese „Assets“ aber nicht überzeugend. Gerade die Positionierung als urbane Stadt in der Traisenregion, mit Anknüpfung an Wein (in Richtung Wachau) oder Most (in Richtung Mostviertel) könnte im Businessbereich spannende Themen liefern. Oder man gibt dem seit Jahren recht unmotivierten St. Pölten-Claim „Mitten in Europa“ endlich Leben? Urbanes Konzept. Dass so ein „Regionen-Branding“ funktionieren kann, zeigt das Mostviertel. Themen wie das „Dirndl“ im Pielachtal oder die Moststraße passen zu stimmigen Angeboten wie dem „Genießer-Zimmer“. Andreas Purt: „Zu jeder Region gehört die Hauptstadt. Zum vielfältigen Mostviertel gehört das urbane St. Pölten,

das mit eigenem Budget und eigenem Konzept vermarktet wird. St. Pölten spielt etwa beim Traisentalradweg eine große Rolle, der hat viel Potential.“ Insgesamt bewegt die Mostviertel Tourismus GmbH rund 4,5 Millionen Euro, davon 2,5 Millionen als Vermarktungsbudget. St. Pölten ist mit an Bord und zahlt als größte Gemeinde jährlich 38.000 Euro, welche 1:1 wieder zurückfließen. In der Region Mostviertel ist St. Pölten die nächtigungsstärkste Gemeinde. Auch landesweit liegt die junge Hauptstadt auf dem beachtlichen siebenten Platz, nur geschlagen von Krems (Sommerdestination Wachau), Vösendorf (Seminare vor den Toren Wiens), den Kurorten Moorbad Harbach und Bad Schönau sowie Schwechat (Flughafen) und Baden (Kurort). Wohin? Wie die Positionierung St. Pöltens in Zukunft aussehen soll, wenn die Stadt – am besten mit den sehr heterogenen Umlandgemeinden zwi-

schen Dunkelsteinerwald, Traisental und Wienerwald – aus ihren vielversprechenden Chancen mehr machen möchte, ist noch offen. Selbständigere Vermarktung? Eigenständigere Positionierung „innerhalb“ des Mostviertels? Geht man nach den Trinkgewohnheiten der St. Pöltner, so geht die Reise wohl eher in Richtung Wein und zu den Heurigen im Traisental, als zum Most und in Richtung Westen. Visionäre blicken unterdessen nach Oberösterreich, das Linz höchst erfolgreich vermarktet – zum Gewinn für Stadt und Land. Auch die politische Farbenlehre ließe sich auf St. Pölten und NÖ übertragen. Also: Gute Reise! „st. Pöltner Fakten“ 23 Millionen Euro Umsatz erzeugen die Touristen jährlich. In den 1715 Betten wurden im Jahr 2011 exakt 148.437 Übernächtigungen gezählt. Rund 270.000 Euro nahm die Stadt durch direkte Steuern der Beherbergungsbetriebe ein.

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07.02.12 15:31


MFG URBAN

CHRISTIANE TESCHL

Auf der anderen Seite Als ich ins Foyer des ORF Landesstudios NÖ trete, ist Christiane Teschl gerade damit beschäftigt, einen Schreibtisch zu inspizieren. „In meinem Büro wird gerade kurzfristig ein neuer Boden verlegt“, schmunzelt sie. Kurzum, es gilt zu improvisieren – und so finden wir uns schließlich im Büro des Landesdirektors wieder, wo wir über elterliche Prägung, Journalismus und Mutterfreuden plaudern.

Welches Credo verfolgen Sie als Journalistin, als ORF-Chefredakteurin im Besonderen?

Journalismus ist für mich vor allem Geschichten erzählen. Deshalb taugt es mir ja auch im Landesstudio so, weil es bei uns nicht nur um hard news geht, sondern wir auch z. B. über altes Handwerk, schöne Ausflugsziele, Kulturveranstaltungen etc. berichten – uns in dem Sinne austoben können. Und wie steht es um die tagesaktuellen, auch heißen Themen?

Diesbezüglich sehe ich uns als eine Art Primärberichterstatter. Wir berichten natürlich auch über Skandale, wie etwa den Skylink. Es ist wichtig, diese Sachen aufzuzeigen und nicht zu verschweigen. Wir machen den 1., 2. Schritt, aber wir vergraben uns nicht in ein Thema. Das wäre allein zeitlich nicht möglich, und das ist auch nicht die Aufgabe unserer Sendung. Dafür 26

gibt es andere Formate im ORF wie Report, Am Schauplatz und ähnliches. Der scheidende Österreichkorrespondent der Süddeutschen Zeitung Michael Frank meinte unlängst, in Österreich würden die Medien lieber Politik betreiben „statt sie zu beschreiben“. Trifft das auch auf Sie zu?

Also Politik möchte ich in keinem wie immer gearteten Sinn betreiben. Das meine ich nicht negativ. Aber ich stehe sozusagen auf der anderen Seite. Politik und Journalismus haben aber einiges gemeinsam. Zum Beispiel sind beide Berufsgruppen mit einem negativen Image behaftet. Warum ist das im Fall des Journalismus so?

Ganz ehrlich – den schlechten Ruf kann ich nicht ganz nachvollziehen. Möglicherweise mag es am Stil ge-

wisser Boulevardmedien liegen. Ich kann mich erinnern, dass wir einmal über einen Mann in Amstetten berichteten, der sein Kind aus dem Fenster geworfen hatte. Dazu gab es einen Liveeinstieg, wir waren vorort. Als ich am nächsten Tag eine gewisse Zeitung aufschlage, war ich perplex, weil ein ganz anderes Haus zu sehen war, darunter der Text „Hier wurde das Kind aus dem Fenster geworfen!“ So etwas trägt sicher nicht zum guten Ruf des


TEXT: johannes reichl | Fotos: hermann rauschmayr

„Politik möchte ich in keinem wie immer gearteten Sinn betreiben. Ich stehe sozusagen auf der anderen Seite.“

Journalismus bei. Ebenso wenig die Affäre um Abhörprotokolle und Bespitzelung von Promis durch „News Of The World“ in England. Wobei ja gerade die ORF Journalisten durchaus hohes Prestige zu genießen scheinen.

Es zeigt sich jedenfalls, dass bei besonderen Ereignissen oder Krisensituationen, wie z. B. beim letzten Hochwasser oder bei Wahlen, die Leute

verstärkt den ORF einschalten. Da ist offensichtlich ein Vertrauen in die Berichterstattung und Seriosität gegeben. In Deutschland ist Bundespräsident Wulff nicht nur über einen „unsauberen Kredit“ gestolpert, sondern in Folge v. a. auch wegen seines Versuches, die Berichterstattung darüber zu verhindern. Wie ist das so mit politischen Interventionen?

Vorwürfe, dass dieses Phänomen so ausgeprägt sei, wird es immer geben. Ich warne aber schon davor, alles gleich als „Intervention“ einzustufen. Dass Pressesprecher oder Politiker anrufen und sozusagen ihre Geschichten verkaufen möchten, wie jedes andere Unternehmen auch, ist normaler Geschäftsgang. Darin sehe ich noch nichts Unanständiges. Die Frage ist eher, wie ich dann als Redakteur damit umgehe. MFG 03.12

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MFG URBAN

PROTEST. „Ich halte den ORF jedenfalls für unabhängig. Letztlich geht es um die Eigenverantwortlichkeit der Redakteure.“

„Dass Pressesprecher oder Politiker anrufen und sozusagen ihre Geschichten verkaufen möchten, ist normaler Geschäftsgang. Darin sehe ich noch nichts Unanständiges.“

Wobei es im Fall Wulff ja darum ging, dass er die Veröffentlichung des Beitrages verhindern wollte. Ist Ihnen das schon widerfahren?

Ganz ehrlich, das ist mir bislang noch nie passiert.

Der Versuch politischer Einflussnahme wurde auch im Hinblick auf die Bestellung Niko Pelinkas zum Büroleiter von Generaldirektor Alexander Wrabetz vermutet. Nicht zuletzt aufgrund des internen Widerstandes der ORF Redakteure hat Pelinka dann seine Bewerbung zurückgezogen. Wie hat man das im Landesstudio wahrgenommen?

Ich konnte den Protest der Kollegen in Wien nachvollziehen, wenngleich ich als Chefredakteurin des ORF Niederösterreich dazu nichts sagen kann. Ich halte den ORF jedenfalls für unabhängig. Wenn im Zuge der Diskussion 28

Forderungen auftauchten, auch das Redakteursstatut zu ändern, halte ich das für unnötig. Es gibt bereits ein sehr gutes, man muss sich nur daran halten! Ich sehe umgekehrt nämlich durchaus die Gefahr, dass wir sozusagen alles zu Tode bürokratisieren. Letztlich geht es um die Eigenverantwortlichkeit der Redakteure, um das Bauchgefühl – da weiß man schon, was anständig ist und was nicht; was man machen darf und was nicht. Wenn diesbezüglich jeder sensibel agiert, dann ist auch die Unabhängigkeit gewährleistet. Die Unabhängigkeit nehmen die Bürger den Medien im Allgemeinen aber nicht ab. Auch dem ORF NÖ wurde bisweilen das Etikett „Pröll-Funk“ umgehängt.

Den Ruf werden wir auch schwer loswerden. Das rührt zum einen aus den politischen Verhältnissen im Land her, wo wir eine absolute Mehrheit einer


Auf der anderen Seite

Partei haben, zum anderen, dass sich der Landeshauptmann als Zuständiger auch in vielen Bereichen persönlich einbringt – nicht nur auf Landes-, sondern auch auf Bundesebene. Nehmen wir die Eröffnung einer Kulturinstitution. Wenn dort der Landeshauptmann als für Kultur zuständiger Politiker präsent ist, wäre es nicht nachvollziehbar, wenn ich ihn nicht zu Wort kommen lasse. Prinzipiell halte ich vom Sekundenzählen – der war so oft im Bild, der so oft – überhaupt nichts! Die Statistik sagt nichts aus. Relevant ist, ob eine Geschichte seriös gemacht war oder nicht. Daran soll man uns und unsere Unabhängigkeit messen. Was waren bislang die bewegendsten Momente Ihrer Karriere?

Ein Highlight war sicher die letzte Gemeinderatswahl, weil diese das erste Großereignis für mich als Chefredakteurin war. Da war schon eine gewisse Anspannung, zum Glück ist aber alles super gelaufen. Einschneidend war für mich persönlich auch das Hochwasser 2002, als wir vorort waren und übernachtet haben, tagelang den Elementen ausgesetzt, selber „waschelnass“. So nahe am Geschehen kriegt man natürlich viel mehr mit, die Emotionen, die Angst, die Anspannung, als wenn man irgendwo entfernt in einem Studio nur das Material schneidet. Ihre größte Enttäuschung?

Ich wollte einmal zur ZIB 3 als Moderatorin, das war damals aber nicht möglich. Das war schon ein Schmerz, allerdings nicht lange, weil ich dann die Moderation von Niederösterreich Heute angeboten bekommen habe. Ihre Position wird ja oft als Sprungbrett gehandelt. Ihr Vorgänger Richard Grasl ist heute Kaufmännischer Direktor. Haben Sie auch Ambitionen Richtung Küniglberg?

Ich war nie ein Mensch, der Fünf-Jahrespläne schmiedet. Da kann so viel passieren, daher stellt sich diese Frage gar nicht. Wenn man mich irgendwann einmal fragt, und das Angebot gefällt

mir, warum nicht. Aber ich bin ja noch nicht solange in dieser Funktion hier, und sie macht mir sehr viel Spaß. So betrachtet drängt es mich aktuell nicht sehr, mich zu verändern. Sie sind seit kurzem Mutter. Wie gelingt es Ihnen Kind und Karriere unter einen Hut zu bringen?

Zu sagen, es ist ein Honiglecken, wäre gelogen – es bedarf eines hohen organisatorischen Aufwandes, ich schlafe klarerweise weniger – aber das ist es alles wert! Ich habe zum Glück einen super Mann, der mich unterstützt, meine Mama – obwohl sie in Graz wohnt – fährt herauf, wenn Not am Mann ist, und wir haben eine ganz liebe Putzfrau, die sich rührend um die Kleine kümmert und einmal in der Woche aufpasst. Sind Sie nie in die Zwickmühle geraten: Kind ODER Karriere. Keine Panikattacken, wie das alles bewerkstelligbar sein soll?

Natürlich hatte ich während meiner Schwangerschaft so meine „Hormon­ abende“, an denen ich alles schrecklich gefunden habe, aber mein Mann hat mich dann immer beruhigt und gesagt, wir werden – im wahrsten Sinne des Wortes – das Kind schon schaukeln. Und so ist es auch. Ich habe einen tollen Chef, der mich unterstützt, und mit Werner Fetz einen großartigen Stellvertreter, auf den ich mich 100%ig verlassen kann. Und die Alternative stellt sich nicht. Im Fall der Fälle würde ich zugunsten der Karriere sicher nie auf ein Kind verzichten. Inwiefern hat sich Ihr journalistischer Blickwinkel verändert?

Natürlich fallen mir jetzt gewisse Sachen und Themen, die sich um Kind und Familie drehen, mehr auf. So wie ein Linkshänder, der eben auch andere Linkshänder eher wahrnimmt. Und der Arbeitsalltag hat sich verändert – ich arbeite aktuell Teilzeit. Außerdem bin ich relaxter geworden. Ich ärgere mich nicht mehr so über gewisse Dinge, bin nicht mehr so verbissen – da muss schon wirklich etwas Schlimmes passieren.

Steirergirl are very good... Dass Christiane Teschl, Jahrgang 1973, aus Graz kommt, würde man aufs erste „Hinhören“ nicht vermuten. Nach fast 25 Jahren Assimilation in den Untiefen Niederösterreichs und Wiens wurde jegliches steirische Idiom, vulgo „Bellen“ – so sie es überhaupt jemals besessen hat – erodiert. Ebenso wenig hat Teschl als junges Mädchen in der Steiermark wohl vermutet, dass sie dereinst zu den führenden Journalisten Niederösterreichs avancieren würde, auch wenn das Elternhaus eine publizistische Laufbahn durchaus nahelegte: Teschls Vater war lange Zeit Journalist bei der „Südost Tagespost“, später Pressesprecher von Steyr Daimler Puch. „Als Kind hat mir getaugt, dass der Papa so viele Leute kennt – jeder hat gewusst, wer ‚der Teschl‘ ist. Außerdem sind wir, weil er auch das Ressort ‚Motorsport‘ über hatte, immer in den neuesten Testautos vor der Schule vorgefahren.“ Den Drang, deshalb selbst einmal der schreibenden Zunft angehören zu wollen, verspürte sie allerdings nicht. „Ich habe alles aufgesogen, aber nicht in dem Sinne, dass ich das auch einmal werden möchte. Vielleicht war mein Interesse an Geschichten eine unbewusste Folge?“ Auch die Schullaufbahn lässt auf die spätere Berufung keine Rückschlüsse zu. Nach der Volksschule besucht Teschl ein „Gymnasium für Wirtschaftliche Frauenberufe“, im Anschluss verschlägt es den Teenager nach Krems/Donau an die „HTL für Restaurierung und Ortsbildpflege“. Wie das? „Weil es mir ein Berufsberater eingeredet hat, nachdem der Berufseignungstest die Interessen Technik und Kreativität ausgespuckt hat“, lacht Teschl. „Mit 14 habe ich das nicht weiter hinterfragt – da ist man ja obrigkeitsgläubig.“ Dabei möchte Teschl die Kremser Zeit keinesfalls missen, weil sie „ohne Zweifel sehr zu meiner Selbständigkeit beigetragen hat. Und ich habe – unbewusst – gelernt, mich in einer Männerdomäne durchzusetzen.“ Gerade einmal drei Mädchen maturieren in ihrem Jahrgang!

MFG 03.12

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MFG URBAN

Auf der anderen Seite

„Im Fall der Fälle würde ich zugunsten der Karriere sicher nie auf ein Kind verzichten.“

Nach der Matura studiert Teschl in Wien, wo sie nach einem Kurzgastspiel „Technische Chemie“ schließlich am Publizistikinstitut landet. Also doch Journalismus! Allerdings weniger aus idealistischen, denn mehr pragmatischen Gründen. „Ich dachte mir, das Studium ist leicht und geht schnell.“Tja, könnte man ironisch einwenden, so kann man sich täuschen. Tatsächlich sollte es 32 Semester dauern, bis Teschl ihr Magister-Diplom in Händen hält. Freilich nicht etwa, weil sie zur Fraktion „Bummelstudent“ zählt, sondern weil sie nebenbei jobbt. „Ich habe als Wurtsverkäuferin im EMMA-Laden gearbeitet, News auf Messen verteilt, beim Donaufestival geflyert und so Sachen.“ Schließlich landet sie beim ORF NÖ und bleibt, wie man so schön sagt, picken. Der Nebenjob wird zum Brotberuf. Ab 1998 arbeitet sie für den aktuellen Dienst, 2010 avanciert sie zur Chefredakteurin. „Zwischendurch“ heiratet sie ihre Jugendliebe aus der Schulzeit und wird im Vorjahr Mutter. „Ich war früher nie der Typ, der unbedingt ein Kind wollte. Aber jetzt, da Ida da ist, kann ich es mir ohne sie überhaupt nicht mehr vorstellen!“ Für persönliche Freizeit bleibt aufgrund der Doppelbelastung Job und Kind kaum Zeit, Hobbies wie Laufen oder Golfspielen stehen auf Standby, „aber das macht nichts!“ Auch ihre Lesegewohnheiten hat die passionierte Querleserin, „meistens les ich 17 Sachen gleichzeitig“ angepasst – Bücher und Zeitungen werden aufs iPad heruntergeladen und abends im Bett konsumiert, „weil da muss ich nicht das Licht einschalten und weck die Kleine nicht auf.“ Und noch einen Zeitvertreib gönnt sie sich nach wie vor. „Ich stricke!“ Was genau? „Alles Mögliche – Hauben, Schals, Handschuhe. Es wird zwar meist nicht so, wie ich es mir vorstelle, aber ich brauche etwas, um meine Hände zu beschäftigen“, lacht sie. Bleibt zuletzt die „Gretchenfrage“: „Christiane, wie hältst du‘s mit Radio und Fernsehen?“ Diesbezüglich ist Teschl, wenig überraschend, bekennende ORF-Jüngerin. „Im Auto höre ich in der Früh Radio NÖ, danach Ö1!“ Punkto Fernsehen streamt sie sich in der TVthek die ZIB, und manchmal geht sie dem Arbeitgeber dann doch fremd „und zappe einfach so durch.“ Wenn sie nicht ohnedies schon vorher todmüde eingeschlafen ist.

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FÜHRUNGSPOSITION. „Hab mich unter Jungs immer wohlgefühlt.“

Als Frau in einer Führungsposition stehen Sie auch in Sachen Gleichberechtigung an der Front. Wie stehen Sie dazu im „Männerverein“ Medien?

Nachdem ich in eine HTL gegangen bin, wo viel mehr Buben als Mädchen waren, habe ich über das Thema früher eigentlich nie lang nachgedacht. Für mich war es ja ganz selbstverständlich unter Jungs, ich hab mich immer wohlgefühlt. Dass das ein Alleinstellungsmerkmal ist, das ist mir erst viel später zu Bewusstsein gekommen, diese Genderfragen. Ich habe dann – was mehr ein Zufall war – meine Diplomarbeit über Gendering geschrieben. Das war sehr interessant, ich habe selbst viel gelernt, da ist es mir teilweise wie Schuppen von den Augen gefallen, dass wir Ungerechtigkeiten unhinterfragt zur Kenntnis nehmen, die nicht so selbstverständlich sind. Erst da hab ich mir

gedacht, okay, das oder das könnte man anders machen, das ist eigentlich – auch wenn wir es so hinnehmen – ganz und gar nicht so selbstverständlich. Inwieweit nutzen Sie Ihre Führungsposition aus, um auf dieser Front Terrain für die Frauen gutzumachen?

Natürlich versuche ich gewisse Dinge umzusetzen. Es gibt im ORF etwa eine Mentoring-Gruppe, in der ältere Kolleginnen jüngeren helfen, in der man ein Netzwerk bildet. Ebenso einen Frauenstammtisch, eine Art Frauen Taskforce – ich denke, unser Landesstudio entsendet die meisten Frauen dorthin. Und ich bemühe mich, diese reflexhaften Dinge abzustellen. Etwa, dass man zu einer Ballberichterstattung automatisch eine Frau hinschickt, und zu Wirtschaftsthemen einen Mann.


Collage: Kiesel&Klunker fuhrer I Foto Amethyst: Andreas Gießwein, Foto Kiesel: Bernhard Angerer © Landesmuseum Niederösterreich

Foto: Stefan Liewehr © Landesmuseum Niederösterreich

18. März 2012 - 17. März 2013

Landesmuseum

Vielfalt aus Niederösterreichs Boden

Kiesel & Klunker

neue Ausstellung www.landesmuseum.net Di bis So von 9 bis 17 Uhr


MFG URBAN

www.facebook.com/st.politiker

Selbst beharrliche Facebook-Verweigerer wissen heute recht gut über den Platzhirsch im „Social Media“-Wald Bescheid. Scheinbar gibt es vor Facebook kein Entkommen, schon gar nicht für Personen des öffentlichen Lebens – wozu wir wohl auch unsere Lokalpolitiker zählen dürfen. Doch was treiben deren virtuelle Abziehbilder eigentlich so im „world wide web“?

Facebook? Hä?! Facebook ist eine Online-Community zum Pflegen eines sozialen Netzwerks – eben online über das Internet. Als Nutzer erstellt man ein Profil, füttert es mit persönlichen Daten und teilt eigene Inhalte (beispielsweise Fotos oder Statusmeldungen) mit seinen Freunden bzw. der Öffentlichkeit. Facebook wurde 2004 in den USA gegründet, die Firma kündigte im Februar 2012 ihren Börsegang an. Rund 850 Millionen aktive Nutzer machen das Netzwerk zu einem attraktiven Umfeld für Werbung. Damit verdiente Facebook im Jahr 2010 rund 2 Milliarden US-Dollar. Neben der Möglichkeit ein „Profil“ zu erstellen (was laut Nutzungsbedingungen nur echten Menschen unter ihrem echten Namen gestattet ist) können auch Organisationen (Verein, Unternehmen, Markenname etc) eine virtuelle Existenz (sogenannte „Seite“) schaffen. Bei ungefähr 5.000 Freunden ist Schluss, darum wählen Personen des öffentlichen Interesses (wie Politiker, Sportler und Künstler) meist „Seiten,“ auf denen sie eine unbegrenzte Anzahl an „Fans“ haben können. Der populärste Österreicher ist übrigens Michael Niavarani mit 176.904 Fans gefolgt von der Kunstfigur "Robert Heinrich I." mit 118.239 Freunden. Dann kommt schon der erste "echte" Politiker mit 108.668 Freunden – sein Name: HC Strache.

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Text: MICHAEL MÜLLNER | Foto: stephaniels/fotolia.com

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m St. Pöltner Gemeinderat sind SPÖ, ÖVP, FPÖ und die Grünen vertreten, auf Facebook haben aber nur Grüne und FPÖ eigene Seiten für ihre Stadtparteien eingerichtet. Immerhin sind die führenden Parteivertreter mit eigenen Profilen bzw. Fanseiten mit von der Partie. Bürgermeister Matthias Stadler (SPÖ) kommt auf rund 3.650 Freunde, von den Lokalpolitikern nutzt er sein Facebook-Profil am intensivsten – oder lässt es durch seinen Kommunikationsstab im Rathaus betreuen. Neben unverfänglichen Fotomarkierungen und Lobhudeleien finden sich auch ernsthafte Fragen bzw. Anregungen von Bürgern: Egal ob "Chaos pur" beim Bahnhof zur Rush-Hour, Parkplatzmangel in der Park-&-Ride-Anlage oder nicht vorhandene Tanzlokale für reifere SingleDamen – die Chance, dass Stadler auf ein Posting reagiert, ist groß. So wollte Michael Stern am 9. Dezember vom Bürgermeister wissen, was er von einem Youtube-Video hält, bei dem in einer deutschen Talkshow über „Spekulanten“ und die EuroRettung gestritten wurde. Immerhin nach fünf Tagen antwortete Stadler: „Geschätzter Herr Stern, das kapitalistische System befindet sich in der Tat in einer massiven Krise, die wir nun alle – bis auf die untersten Ebenen – ausbaden müssen. Eigentlich kommt die derzeitige Situation einem Scheitern des kapitalistischen Systems gleich, weshalb ich dafür eintrete, diesem System dringend Einhalt zu gebieten und in die Schranken zu weisen.“ Bei globalen Fragen lehnt sich St. Pöltens Bürgermeister also recht weit hinaus – und sieht den Kapitalismus als gescheitert. Venezuela’s Hugo Chavez sagte das übrigens schon 2005. Da soll einer noch die Politiker als mutlos schelten. Etwas pragmatischer gibt sich Matthias Stadler aber, wenn es um seinen direkten Verantwortungsbereich geht. Auf die Frage, wieso sonntags keine LUP-Busse fahren, erklärt er: „Eine Ausweitung der Betriebszeiten wäre ganz im Sinne der Stadt St. Pölten, ist jedoch derzeit nicht finanzierbar.“ So einfach ist das.

Doch St. Pöltens Politszene bietet noch einen Matthias auf, schauen wir doch zu Matthias Adl von der ÖVP. Seine Facebook-Fanseite kommt auf bescheidene 200 Leute und im Jänner 2011 hatte der Vizebürgermeister gerade mal ein Posting für uns: „Gerade wird im Gemeinderat mal wieder über das Frequency von Seiten der SPÖ polemisiert ... Klar ist: wir freuen uns über und auf das Festival, jedoch muss sichergestellt werden, dass der Müll nach dem Festival wieder weg ist. Ganz einfach.“ Das reicht immerhin für 12 „Likes“. SPÖ und ÖVP verzichten auf eigene Facebook-Seiten ihrer Stadtparteien. Man könnte meinen, dass die Parteien das Internet (noch) den jungen Vorfeldorganisationen überlassen. Die Junge Volkspartei (JVP) und die Sozialistische Jugend (SJ) sind auf Landes- und teilweise Bezirksebene aktiv und schaffen es ihr Netzwerk auch virtuell abzubilden. Die FPÖ ist mit einer eigenen Facebook-Seite für die Stadtgruppe St. Pölten vertreten, bescheidene 111 Fans haben das geliked und lesen dort in erster Linie Statusmeldungen ihres Klubobmanns Klaus Otzelberger. Der publiziert dafür regelmäßig freiheitliche Presseaussendungen und Blog-Einträge auf seiner Website. Die eigentlichen Stärken von Facebook nutzt nur FPÖ-Frontrunner Otzelberger. Bleibt abschließend ein Blick zu den Grünen. Eine offene Gruppe (jeder kann mitmachen) namens „Die Grünen St. Pölten“ kommt auf 100 Mitglieder, auf der Facebook-Seite „Die GRÜNEN St. Pölten“ erfahren rund 130 Fans zumindest gelegentlich etwas halbwegs Neues (beispielsweise, dass Nicole Buschenreiter statt Cagri Dogan als neue Gemeinderätin angelobt wurde). Ist man mit den Grünen Gemeinderätinnen „Nici Buschenreiter“ und „Julia Johanna Schneider“ befreundet, erfährt man etwas mehr über deren (politische) Interessen, rund um den Stadtparteitag Ende Februar kam etwas Leben in die Sache. Von einem Ausschöpfen der Möglichkeiten sind St. Pöltens Politiker generell aber noch einige Klicks entfernt.

Was möglich wäre. Seit letztem Nationalfeiertag ist Bundeskanzler Werner Faymann auf Facebook. Rund 180.000 Euro soll der Bauchfleck, bei dem die Postings nicht so recht rüberkommen wollen, kosten. Scheinbar beherrscht das "Team Bundeskanzler" die „Facebook-Sprache“ nicht: Ein Posting sollte sich eben nicht wie ein Grußwort oder ein Inseratentext für "Krone", "Heute" oder "Österreich" lesen. Der offizielle Bundeskanzler vereint 5.882 Fans auf seiner Seite, die Satire-Seite „Werner Failmann“ schafft locker 13.142 Fans.

HC Strache ist der bei weitem populärste heimische Politiker auf Facebook. 108.668 Fans lesen Einträge wie: „Diese rot-schwarze EU-Sekte, welche unsere österreichischen Interessen permanent ausverkauft, […] wird am kommenden Wahltag die Rechnung präsentiert bekommen! Aus Liebe zur Heimat - FPÖ!“ 1.063 Leuten gefällt dies. Auch ein Foto mit einem vermummten Strache auf Brettern samt Haube und Skibrille findet Anklang. Passender Beitext zum Foto: „Unsere österreichische Bergwelt und Natur ist ein Traum!“. 1.076 Likes. So einfach ist das. Philipp Hummer von www.ninc.at schuf vor Kurzem aus einer spontanen Emotion (gefühlter Kälte) heraus eine der erfolgreichsten Web-Kampagnen hierzulande. "Bitte ÖBB! Lasst bei dieser Kälte über Nacht die Bahnhöfe offen" traf einen Nerv – kalt war uns immerhin allen, und nur zu gut konnte man sich vorstellen, wie lebensbedrohlich dies für die Ärmsten der Armen ist. Schon kurze Zeit später unterstützten Tausende die Seite – und die ÖBB hielten offen. Hummer: "Social-Media-Kommunikation ist keine statische Einbahnschiene, man muss Kampagnen laufenend anpassen, indem man Ideen der Community aufnimmt. Nach einer gut formulierten Erstinformation führt dann eine 'Do you want to know more?'-Funktion interessierte Leute weiter. Jede Kommunikationsstrategie braucht viel Arbeitszeit, darum macht es immer Sinn Profis mit einem Budget auszustatten." In Österreichs Politik findet Hummer "fast nur Negativbeispiele: falsche Kommunikationsstile, peinliche Fauxpas oder mangelnde Transparenz. Die stärksten Pages werden weltweit immer durch die User selbst erschaffen – oft kann die Politik darauf nur reagieren. Da gute Social-Media-Arbeit ehrlich überzeugen muss, kann sie auch nicht nebenbei von einem Praktikanten in der Parteizentrale gemacht werden."

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MFG URBAN

Ein Zeichen setzen

Am 18. Dezember des vergangenen Jahres starb Václav Havel, der sich während des kommunistischen Regimes in der Tschechoslowakei stets für die Menschenrechte einsetzte und als führender Regimekritiker zu den Initiatoren der Charta 77 gehörte. Vor seinem Aufstieg zum Staatspräsidenten setzte sich auch ein Österreicher für den im März 1989 inhaftierten Havel ein: der St. Pöltner Autor Robert Klement. Mit MFG sprach er über seinen damaligen Einsatz am Wenzelsplatz und die folgenden Entwicklungen.

A

us Robert Klements Erzählungen strahlt heute noch die Bewunderung für den damals aufmüpfigen Havel: „Nur sehr wenige haben sich damals getraut, sich aufzulehnen und für ihre Freiheit und ihre Unabhängigkeit einzustehen. Václav Havel war eine Lichtgestalt, während sich nahezu alle anderen der Parole ,totale Anpassung, nur nicht auffallen‘ unterwarfen. Das hat mich damals sehr beeindruckt.“ Doch es blieb nicht bei der Bewunderung. 34

Bereits 1986 schrieb Robert Klement sein Buch „Durch den Fluss“, das sich mit der Flucht von zwei tschechoslowakischen Grenzsoldaten über den Eisernen Vorhang nach Österreich beschäftigt. Durch die Kontakte zur damaligen CSSR-Migrantenszene entstand auch die Idee zur Flugblattaktion, erzählt Robert Klement: „Unter Chefredakteur Hans Magenschab veröffentlichte die Wochenpresse einen Aufruf von über 100 Schriftstellern, Künstlern und Intellektuellen,

die sich für die Freilassung Havels aussprachen. Diesen Aufruf ließ ich von den Migranten ins Tschechische übersetzen.“ Komplize beim gefährlichen Schmuggel der Flugblätter über die Grenze war der KfZ-Werkstätteninhaber Kettinger: „Er versteckte die Flugblätter in einem Hohlraum meines Autos. Damals wurde man total gefilzt an der Grenze.“ Der Zeitpunkt für die Aktion war genauestens geplant: „Zu dieser Zeit fand in Wien gerade eine internationale Konferenz statt, auch


TEXT: Eva Seidl | Fotos: Hermann rauschmayr

Unterstützung. Der St. Pöltner Autor Robert Klement setzte sich für den im März 1989 inhaf-

tierten Václav Havel ein und verteilte etwa 800 Flugblätter am Prager Wenzelsplatz – mit Erfolg.

mit Beteiligung der kommunistischen Staaten. Da habe ich gehofft, dass man sich mit einem Österreicher nicht lange herumschlagen wollen wird.“ Denn eine Verhaftung war gewiss. Etwa 800 Flugblätter konnte Robert Klement am Prager Wenzelsplatz in vier Stunden verteilen, erst versteckt, in Kaffeehäusern und zwischen Telefonbuchseiten. Als er die Flugblätter offen am Wenzelsplatz verteilt, reagieren die Bürger in erster Linie erstaunt. Ein Passant ruft jedoch die Polizei, Klement wird verhaftet und in einen Verhörraum verfrachtet. Doch wie erhofft, weiß niemand, was man mit diesem österreichischen Schriftsteller anfangen soll. Nach 12 Stunden Verhör wird er schließlich wieder auf freien Fuß gesetzt: „Am Ende war das Verhör schon mehr ein lockeres Gespräch“, schmunzelt Klement. „Ich sagte zu dem Beamten, ,sie werden se-

hen, vielleicht ist Havel in einem Jahr schon Unterrichtsminister‘. Das hat natürlich lautes Lachen provoziert. Heute muss ich sagen, ich habe mich geirrt. Václav Havel war bereits drei Monate später Staatspräsident.“ Klements Aktion und seine anschließende Verhaftung lösten das erhoffte Medienecho aus. Klement berichtet: „Ich hab 800 Flugblätter verteilt, damit erreiche ich vielleicht 1.000 bis 1.500 Menschen, das wär auch schon viel gewesen. Aber natürlich war unser Ziel, dass bekannt wird, dass sich ein Österreicher für einen Schriftstellerkollegen einsetzt.“ Als gefährlich hat er seine Aktion nicht betrachtet: „Wenn ich da wochen- oder monatelang eingesperrt geworden wäre, hätte das für das Regime in erster Linie Ärger bedeutet.“ Das Kalkül ging auf. Als geradezu prophetisch kann man heute Klements Roman „Durch den Fluss“ betrachten, in dem er schon 1986 diesen Satz über den Eisernen Vorhang veröffentlichte: „Menschen haben ihn errichtet, Menschen können ihn wieder entfernen.“ Klement heute dazu: „Das war damals völlig

utopisch, da hätte jeder, der sowas behauptet, in die Psychiatrie kommen können.“ Und doch ereignete sich dann schneller als von allen erwartet ein großer Umbruch in der europäischen Geschichte. Seine Aktion betrachtet der Autor nicht als wichtigen Beitrag: „Ich habe nie die Illusion gehabt, dass ich jetzt ins Rad der Weltgeschichte eingreife. Aber dieses kleine Zeichen ist sicher gesetzt worden.“ Auch in weiteren seiner Bücher setzte sich Robert Klement immer wieder für Menschenrechte ein. Sein 2007 veröffentlichter Roman „70 Meilen zum Paradies“ wurde mit dem Staatspreis für Jugendliteratur ausgezeichnet. Er beschäftigt sich mit dem Schicksal zweier Bootsflüchtlinge aus Somalia. „Ich vertrete die Meinung, wer in seiner Heimat von Krieg bedroht ist, der hat auch Recht auf Asyl, was in der Praxis aber leider nicht immer so gehandhabt wird. Eigentlich schreibt das auch die Genfer Konvention vor, die alle europäischen Staaten unterzeichnet haben. Aber oft wird gar nicht gefragt, wo die Flüchtlinge herkommen, sie werden sofort zurückgeschickt.“

Weitere Informationen zum Autor: www.robertklement.com MFG 03.12

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MFG URBAN

Trendy trennen

… bis dass die SMS uns scheidet Die interessanteste Trennung erlebte ich via E-Mail – sie endete mit „mfg Oliver“. Genauso gut hätte „mfg Schwammerl“ da stehen können: Gibt schließlich andere Wege, den Partner loszuwerden, oder? Bloß sind die auch nicht immer stilvoll. Nur: Geht das denn überhaupt?

I

n einer SATC-Folge muss Carrie Bradshaw mit ihren Mädels gar zu – huch! – Gras greifen, um darüber hinwegzukommen, dass ihr Freund via Post-It Schluss gemacht hat. Auch nicht die feine englische Art. (Wie geht die eigentlich? Wie machte Prinz Charles das damals mit Lady Di?) Aber skurrile Trennungsstories gibt es überall: Die 22-Jährige aus meinem Nachbarort z. B., die ihren Freund tatsächlich allein durch die Änderung ihres Beziehungsstatuses auf Facebook kickte und weder

davor noch danach jemals ein Wort darüber verlor. Die St. Pöltnerin Silvia (36) wiederum berichtet vom Sohn des Bürgermeisters „einer ziemlich katholischen Gemeinde“, der mit seiner Ehefrau zur schonenden Scheidung mit Benefit griff: Nach 14 Tagen gemeinsamen Urlaubs gab es gleich nach der Rückkehr ins seit 20 Jahren traute Heim ratzfatz Auszug und Scheidung. Hier hatte Einverständnis geherrscht. Was aber, wenn einer der beiden die Trennung nicht gelten lassen will?

Rettung? Wer die Beziehung retten will,

kann auch professionelle Partnerberatungen in Anspruch nehmen. www.partnerschaftsberatung.at

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TEXT: Althea Müller | Fotos: robert kneschke/nina malyna/FOTOLIA.com, REICHL

Last Exit: Schlüsseldienst Melanie (28) hat sich recht lapidar und nicht weniger clever von einem jähzornigen Ex, der nicht von ihr lassen wollte, getrennt. Step 1: Man schicke ihn mit Augenaufschlag Semmeln holen. Step 2: Man bestelle flugs einen Express-Schlüsseldienst. Step 3: Man erkläre dem später mit einer Ladung krosser Semmeln vor der Tür Stehenden durchs neu montierte Schloss nochmals, dass es aus ist. Step 4: Man sitze dessen Wutanfall hinter der nun top gesicherten Tür ganz entspannt aus. Nachdem sich Birgit (30) aus Baden nach vielen Monaten zum Schritt der Auflösung ihrer dreijährigen Beziehung entschieden hatte, ging eine ganz andere Story los: Der Mann blühte zum Once more with Feeling-Gentleman auf. Hatte er sie davor kaum noch angesehen, so terrorisierte er sie nach dem Schlussstrich mit perfiden Geschenken: Ein VIP-Ticket für den Opernball. Eine USA-Reise. Wenn sie ihm nur noch eine Chance gäbe … Und: Nein. Natürlich hat Birgit sich nicht zurückkaufen lassen … Nervenaufreibend verlief die Scheidung der Salzburgerin Maria (35): Ihr arbeitsunwilliger Noch-Mann lamentierte vor dem Scheidungsrichter, dass die sich Trennende im Unrecht und er unverstanden und geschieden keinesfalls lebensfähig wäre. Hintergrund war natürlich das liebe Geld. Gut, dass der Monolog den Richter kalt ließ. Böse, böser, Handy Bina aus St. Pölten-Umgebung hat mit 31 Jahren auch schon einiges erlebt: „Die Härte war, als er mir beim gemeinsamen Radfahren plötzlich sagte: ‚Hey, in dem Bau dort müsste die Wohnung sein, in die ich bald ziehen kann!‘“ Durch die Blume schaut anders aus. Doch auch die zweite Trennungsgeschichte, die sie mir erzählt, ist eher Holzpfosten denn liebevolles Loslassen: „Als ich ein Wochenende in München war, rief er an, um mir zu sagen, dass er gerade am Ausziehen ist. Bin also in einen Single-Haushalt zu-

rückgekommen. Das einzig Gute war, dass ich einen Pulli von ihm behalten konnte, weil ich den in München grad anhatte. Ansonsten hat mich sein Abgang damals seelisch ruiniert.“ Ebenfalls nicht leiwand, was mir ein Herr (41) aus Lilienfeld berichtet: „Wir waren vier Jahre zusammen. Eines Abends rief sie an, meinte, dass sie heute bei ihrer Mutter schlafe. Ich wollte wissen, warum. Sie warf mir vor, sie einzuengen. Ich erfuhr dann drei Wochen nur über Bekannte, was sie machte. Danach kam eine SMS, dass sie sich ihre Sachen holen würde. Eine Erklärung bekam ich nie, sie sagte nur, „dass alles meine Schuld sei.“ Es geht auch anders Mein Paraderocker-Freund R. G. Kooper dagegen wusste schon mit 16, dass auch eine Trennung in Liebe erfolgen kann: Er schrieb den Song „Es ist aus“ und zählte in den Strophen alle Gründe auf, die nicht schuld waren – nur der Refrain lautete „… aber trotzdem: es ist aus, es tut mir leid“. Als die zukünftige Ex den nur scheinbar achtlos liegengelassenen Text fand und fragte, ob das Lied für sie sei, bejahte er. Statt Tränen gab es Rührung – und 1996 kam „Es ist aus“ sogar aufs Debütalbum seiner Punkband „Vollmacht“. DAS ist mal eine gute Geschichte! Warum? Weil man mit Aktionen wie dieser zeigt, dass einem der andere trotz allem immer noch wichtig genug ist, um sich mit Zeit, Respekt und Liebe zu verabschieden. Anstatt mit einem gelben Zettel am Kühlschrank …

Trennung in Zahlen 2010 wurden durchschnittlich 1.454 Scheidungs-Klagen/-Anträge pro Monat eingebracht. Die Gesamtscheidungsrate 2010 war im Bundesländervergleich in Wien mit 49,4% am höchsten, in OÖ mit 36,7% am niedrigsten. Der älteste Mann (91) ließ sich nach 52jähriger Ehe von seiner Frau (82) scheiden. Die älteste Frau (85) trennte sich nach 59 Ehejahren vom 84jährigen Mann. Eine Siebzigjährige trennte sich nach drei Jahren Ehe vom 28jährigen Partner.

Dates

Althea Müller Das Ritual des Datens hat wahrscheinlich ein drogensüchtiger Schriftsteller erfunden, im Keller seiner Eltern. Dates sind nämlich, wenn man mal die, äh, 25 überschritten hat, Gift. Überhaupt heute: Erst erfolgen Hunderte Andeutungen über Mail, SMS und Chat, bevor man sich – unter Verlust mehrerer Zacken der polierten Krone – endlich auf ein Treffen einigt. Dann wird mühsam ein Termin gefunden (da muss ich arbeiten! Da bin ich trainieren! Da rette ich Waisenkinder! Da ist The Closer im Fernsehen!) sowie ein passender Ort (je nach Date einer, wo einen niemand oder jeder sieht), und dann – Date: Blödes unbehagliches Aneinandervorbeireden über Dinge, die keine Sau interessieren. Während man sich gegenseitig anstarrt und innerlich Haken setzt auf der beziehungsrelevanten Checkliste: Aus dem interessanten Mann mit breiten Schultern zum Anlehnen wird flugs ein Milchbubi mit Vaterkomplex und Angst vor Vögeln, aus der aufregenden SingleFrau ebenso rasch eine labile Ziege ohne Perspektive, dafür mit Essstörung. So nützt man die Zeit dann halt damit, Mails am Handy zu beantworten und zu hoffen, dass der andre bald heim muss ... Wenn man erst lang und breit ein Date ausmachen und durchstehen muss, besteht sowieso keine Chance auf Liebe, basta. Weil die kommt unangemeldet und ohne sich Gedanken zu machen – mitten in der Nacht, trotz Sturmwarnung, mit einem Grinser im Gesicht. Und dann ist es wurscht, ob man grad den Cargofetzen mit Loch am rechten Knie anhat und ungeschminkt ist. Weil’s perfekt ist. Liebe: Kann so einfach sein. Muss so einfach sein.

MFG 03.12

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MFG URBAN

Paranoia Paradise Haben Sie sich schon einmal überlegt, was diese eigenartigen Kondensstreifen am Himmel tun, bevor das Wetter plötzlich umschlägt? Was es mit den UFO-Sichtungen im Waldviertel auf sich hat? Und wer wirklich hinter der Krise steckt? Alles nur krause (Verschwörungs-)Theorien? Anders gefragt: Wie viel Wahrheit nehmen wir denn tatsächlich wahr? „Alles, was du siehst, existiert nicht. Alles, was du nicht siehst, ist die Wahrheit.“ (Emilio Varelli, ital. Architekt)

Im neuen Buch von Umberto Eco „Der Friedhof von Prag“ wird Weltgeschichte als Abfolge von Verschwörungstheorien interpretiert. So genannte Geheimgesellschaften, meist nur in der Fiktion bestehend, wie auch größere, tatsächlich existierende Personengruppen dienen laut Eco als Projektionsfläche individueller sowie politisch und religiös motivierter Machenschaften. Sündenböcke, denen man die Schuld an allem geben könne, was nicht rund laufe, würden gesucht und gefunden, um von eigenen Unzulänglichkeiten wie auch gezielten Machtspielchen abzulenken. Alles gefälscht, so Eco. Stimmt so nicht, meint etwa Dietmar Haslinger, erfolgreicher Musik-Veranstalter („Weltenklang“) und Miterfinder des St. Pöltner Höfefestes. Globale Verschwörungen seien keine Erfindung, sondern Realität. Sogar aufs Wetter würden sie sich auswirken. Was auch nachzuprüfen sei. 38

Erich von Däniken geht noch einen Schritt weiter. Für ihn ist die gesamte Geschichte der Menschheit nicht vom Wirken außerirdischer Mächte zu trennen. Was also? Oder, um mit der Performancekünstlerin Laurie Anderson zu fragen: „What is behind those curtains?“ Und was hat das alles mit St. Pölten zu tun? Das MFG wagt einen beherzten Blick hinter die Vorhänge dessen, was uns gemeinhin als „Wirklichkeit“ verkauft wird. Und befragt einige Menschen, die sich auf die eine oder andere Weise mit derlei intensiver beschäftigt haben: den in Melk lebenden Journalisten und Co-Autor des Buches „Chemtrails“ Peter Hiess, den Wiener Verschwörungstheorie-Experten und Herausgeber der „Paranoia-Chroniken“ Daniel Krcal, den Leiter der Topographischen Sammlung des Landes Niederösterreich Ralph Andraschek-Holzer und, in einem Exklusivinterview, den Alien- und Altertumsforscher Erich von Däniken. Und last but not least Dietmar Haslinger, der mit seinen Aussagen, die hierorts nicht ganz unumstritten sind, das Ganze eigentlich ausgelöst hat.


Text: Thomas Fröhlich | Fotos: zvg

Also in medias res: Verschwörungstheorien, Mind Control, Wettermanipulationen, UFO-Sichtungen! Oder, um mit dem vor etwa 900 Jahren lebenden persischen Assassinenführer Hassan I Sabbah zu sprechen: „Nichts ist wahr, alles ist erlaubt.“ „Was es tatsächlich gibt, ist ein relativ weit zurückreichender Plan zur Weltherrschaft einer sehr kleinen Elite, der aktuell in der Endphase seiner Ausführung ist“, meint Haslinger. Und das habe natürlich Auswirkungen auf uns alle, ob wir das wahr haben wollen oder nicht. „Mit reißerischen Termini wie ‚Verschwörungstheorien' oder ‚Weltverschwörung' fange ich allerdings wenig an“, ergänzt er. „Es gibt keine groß angelegte Weltverschwörung, weil es keine homogen agierende Elite gibt“, widerspricht Krcal. Was es allerdings gebe, sei ein Wechselspiel vieler kleiner bis mittelgroßer Verschwörungen. Und ein Plan bestehe auch, „der der Weltgemeinschaft, in eine bestimmte Richtung zu gehen. Und die heißt zwangsläufig Globalisierung.“ „Aber natürlich gibt’s Weltverschwörungen!“, korrigiert Hiess freundlich, aber bestimmt. „Zum Beispiel die der katholischen Kirche, die mit einer erfundenen Figur angetreten ist, Menschen zu unterdrücken.“ Die von Krcal beschworene „Weltgemeinschaft“ halte er für etwas bewusst Konstruiertes. Und natürlich werde an einer neuen Weltordnung gearbeitet, „da steht schon eine kleine Elite dahinter, die dann zum Beispiel bei den Bilderberger-Treffen beschließt, wie's weiter gehen soll. Aber das ist halt Politik. Weil: Unsere Politiker sind eh nur Marionetten.“ Dass da kleine Gruppen wie die Freimaurer dahinter stünden, glaube er nicht. Haslinger hingegen setzt noch eins drauf: „Die Weltgeschichte der letzten 300 Jahre wurde zu einem großen Teil von einigen Clans geschrieben, die mittels Geheimbünden – wie z. B. der Freimaurer – und so genannten Interessensvertretungen – wie z. B. der Bilderberger – ihre Herrschaft über diesen Planeten wie ein unsichtbares Spinnennetz ausgedehnt haben.“ Und überall sehe man die selben Familiennamen wie Rothschild und Rockefeller, ob in den großen Medienunternehmen, in Banken wie der einflussreichen USamerikanischen Privatbank FED oder, eingeheiratet, in den – immer noch bedeutenden – Königshäusern. Was es nun mit diesen Freimaurern und Bilderbergern auf sich hat? Andraschek-Holzer sieht’s historisch – und recht gelassen: „Die ‚Bilderberg-Konferenzen’ sind jährlich stattfindende Treffen von Politikern, Ökonomen und Kulturschaffenden. Seit 1954 abgehalten, dienen sie dem Gedankenaustausch über aktuelle Fragen. Noch weniger geheimnisvoll, aber auch nicht gerade marktschreierisch orientieren sind die Freimaurer. Diese Bruderschaft – heute auch schon Damen aufnehmend – sieht sich Werten wie Humanität und Toleranz verpflichtet. Seit dem 13. Jahrhundert in Logen organisiert, halten sie Rituale ab, deren Charakter ihnen bis heute den Unwillen kirchlicher Institutionen beschert. Bei uns sind sie seit dem 18. Jahrhundert vertreten und fanden in Persönlichkeiten wie Mozart prominente Mitglieder.“ Generell sei Vorsicht geboten, da

Vorbehalte gegen Freimaurer und Ähnliches nicht selten im Dienst antisemitischer Haltungen stünden: „Networking ist nicht gleichzusetzen mit vorsätzlicher ‚Weltverschwörung’ – wie hätten ohne das Knüpfen gesamteuropäischer Verbindungen die Fugger im 16. Jahrhundert ihr Finanzimperium aufgebaut? Und sie waren unanständiger Weise weder jüdischer Herkunft noch Freimaurer! Zusammenkünfte globaler Führungskräfte wie die Bilderberg-Konferenzen wiederum haben mit den Freimaurern eines gemeinsam: Verschwiegenheit. Doch auch Verschwiegenheit bedeutet nicht gleich getarnte Verschwörung.“ Hiess sieht das Ganze pragmatisch, wiewohl bedenklich: „Es gibt heute nur noch eine Supermacht. Und die will halt eine Einheitswelt.“ Und er konkretisiert: „Früher, als es den Ostblock noch gab, wurden wir im Westen in bescheidenem Luxus gehalten, um den Kommunisten etwas entgegen halten zu können. Heute ist das nimmer nötig.“ Lohndruck, der auch über Zuwanderung erzeugt würde, und ein Vegetieren an der Armutsgrenze seien die Folgen. „Und wenn'st in Pension bist, stirb bitte früh!“ „Wir haben eben keine bedingungslose, sondern eine gelenkte Demokratie, die noch dazu gerade zu einer sanften Diktatur umgebaut wird“, findet Krcal: „Eine Art Belohnungsdiktatur, in der man mit billigen Konsumartikeln abgespeist wird.“ Allerdings schränkt er ein: „Doch ist mir die immer noch lieber als eine Diktatur, in der man gleich eingesperrt oder umgebracht wird, wenn man etwas Abweichendes sagt.“ Mit der Meinungsfreiheit sei es allerdings auch nicht weit her, so Hiess: „’Geht's der Wirtschaft gut, geht’s uns allen gut' – ein Riesenschwachsinn! Und die Leute glauben's, Dietmar Haslinger.

"Die Weltgeschichte der letzten 300 Jahre wurde zum Großtteil von einigen Clans geschrieben."

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MFG URBAN

Peter Hiess, "Verschwörungstheoretiker" aus Leidenschaft.

"Als Denksport ist das wunderbar. Das

scheinbar Unmögliche denken, den eigenen Realitätstunnel zumindest zeitweise zu verlassen – das kann nichts Schlechtes sein. "

weil es ihnen von den Mainstream-Medien eingetrichtert wird. Wer wie ich in den Medien arbeitet, weiß, dass man nichts glauben sollte.“ Eine „ganz normale“ Verschwörung also? „Der so genannte Nichtraucherschutz zum Beispiel ist ja auch nur ein Ablenkmanöver“, findet Krcal. „Da betreibt man eine Gängelung, um von wirklich wichtigen Themen wie der längst überfälligen Regulierung der Märkte abzulenken.“ Und alle ließen sich laut Hiess vor den Karren spannen, allen voran die selbst ernannten Gesundheitsapostel, „die sind ja die Blockwarte von heute. Als Raucher, Trinker oder Übergewichtiger bist ja beinahe schon ein 'Volksschädling'.“ Die von Haslinger ebenfalls vermutete „Mind Control“ via Wellen von Mobiltelefonen, WLAN und Sendemasten hingegen sei laut Krcal gar nicht notwendig: „Die Medien, etwa Smartphones, sind mitunter hochpotente legale Suchtmittel, die den Blick auf die reale Welt radikal einengen können. Zusätzlich tragen die von ihnen transportierten Inhalte auch zur Desinformation und Verblödung bei.“„Man braucht sich nur anschauen, wie die Leute heute übers Handy gebückt durch die Gegend wackeln,“ so Hiess. Gehirnwäsche pur, dagegen sei „1984“ ein Lercherlschas. Und was hat es jetzt mit dem Wetter auf sich? Jeder hat ja schon einmal die Kondensstreifen am Himmel gesehen, die sich irgendwie anders, langsamer als gewohnt auflösen. „Und auf die sich dann auch schon einmal ein davor strahlend blauer Himmel plötzlich verfinstert“, schildert Hiess, der gemeinsam mit Chris Haderer vor einigen Jahren das Buch „Chemtrails – Verschwörung am Himmel?“ verfasst hat. Ein gutes Stichwort für Haslinger, der übrigens schon seit einigen Jahren das Fernsehen verweigert und sich statt40

dessen lieber an Bücher hält: „Chemtrails sind keine Kondensstreifen, sondern Chemikalien, die in großen Höhen von Flugzeugen abgeworfen würden, um ‚Wetter zu machen’.“ Nebst Weiterem, Schlimmerem. Pure Science Fiction? „Nein,“ sagt Hiess. „Es gibt Wettermanipulation. Das US-amerikanische Militär hat das ja selbst zugegeben. Das sind Experimente ...“ „ … die allerdings in letzter Zeit weniger geworden zu sein scheinen“, setzt Krcal fort: „Überhaupt sind Chemtrails ein Verschwörungsthema, das ich aufgegeben habe“, gibt er zu. „Ich hab' nimmer entspannt zum Himmel schauen können.“ Chemtrails über St. Pölten? Andraschek-Holzer winkt ab: „Naturwissenschaftliche Experimente, noch dazu militärischer Provenienz, sind gern konsumierte Nahrung für menschliche Phantasie. Hier verbinden sich elitäres Wissen – wer kann höhere Physik schon nachvollziehen? –, Geheimhaltung und laienhaft Beobachtetes zu einer nicht immer glücklichen Mischung.“ Krcal sieht das anders: „Manche glauben, dass man mit Chemtrails HAARP-Wellen weiterleiten kann. Offiziell ist HAARP ein Ionosphären-Forschungsprogramm, de facto ist es ein Antennenverbund, der auf einem Tesla-Energiekonzept aufbauend zur Kommunikation mit U-Booten oder etwa der Suche nach Erdölvorkommen genutzt wird. Viele Länder besitzen mittlerweile solche Anlagen.“ Man könne damit sehr wohl auch Kommunikation stören, sogar Erd- oder Seebeben auslösen und mit den freigesetzten Wellen Bewusstsein beeinflussen und verändern, ist Hiess hingegen – wie Haslinger – überzeugt. Vom Himmel zurück zur Erde. „Die Viren für AIDS, Vogelgrippe etc. stammen aus US-Labors, in denen nach dem Zweiten Weltkrieg massenweise Eugenik-'Spezialisten' aus dem Dritten Reich Unterschlupf und Beschäftigung fan-


Text: Thomas Fröhlich | Foto: ZvG

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Interview Erich von Däniken

Die Wahrheit ist irgendwo da draußen

Erich von Däniken ist sich sicher: Die Geschichte der Menschheit ist auch eine Geschichte der Außerirdischen. Diese seien nämlich vor ewigen Zeiten und drei Tagen in direkten Kontakt zu den Menschen getreten. Anlässlich seines Auftritts im VAZ am 8. März gewährte er dem MFG ein Interview. Waren die Götter wirklich Astronauten? Sie beschäftigen sich schon seit Jahrzehnten mit den „Göttern, die eigentlich Astronauten waren.“ Was war die Initialzündung dafür, dieser Thematik gleichsam Ihr Lebenswerk zu widmen?

Als – bei den Jesuiten – katholisch erzogener junger Mensch kam ich auch zur Bibelpassage am Heiligen Berg, in der Gott zu Moses spricht. Gott fährt hernieder mit Rauch, Feuer und Gestank. Da dachte ich mir: Von welchem Gott reden wir da eigentlich? Ich bin ein gläubiger Mensch, immer noch, aber „mein“ lieber Gott braucht kein Fahrzeug, das qualmt und stinkt. Und da andere Religionen ja auch so komische Geschichten haben, wurde ich neugierig.

Wie sieht' mit den angeblichen UFO-Sichtungen der letzten Jahre aus? Glaubwürdig? Humbug?

Ich hab' noch nie welche gesehen. Ich hab' das Gefühl, wenn der Däniken kommt, rauschen die ab. (lacht) Der größte Teil dieser Sichtungen ist erklärbar – ohne Außerirdische. Es gibt gute wissenschaftliche Abhandlungen darüber, die halt keiner liest, weil es eben wissenschaftliche Abhandlungen

(unterbricht) Alles Blödsinn! Ich selbst hab' genug Vorträge bei Freimaurern gehalten. Und die machen keine Verschwörungen.

Also, ich hab' schon auch Blödsinn geschrieben. In meinem ersten Buch z.B. berichtete ich von einem metallenen Pfeiler, der in Neu Delhi steht – der rostete nicht. Ich sagte: „Vielleicht eine außerirdische Legierung.“ Inzwischen rostet das Miststück. Ich habe mich also – in bestem Glauben – geirrt.

Warum haben die Menschen etwas getan, was nur aus der Luft zu sehen ist? Da ist etwa ein Mutterraumschiff, vielleicht auf der Suche nach Energie. Roboter entnehmen möglicherweise Bodenproben. Landebahn brauchten die keine. Aber ein paar Menschen sehen das. Und wollen den Besuchern fürderhin Zeichen geben.

(lacht laut) Na ja, großteils sind sie hilfreich. Aber sie können auch anders. Z. B. hat der „liebe“ Gott Sodom und Gomorrha kaputt gemacht. Und im indischen Mahabharata-Epos wird über Vernichtungen gesprochen, die an einen Atombombenabwurf erinnern. Glauben Sie an Weltverschwörungen? An Geheimgesellschaften, die de facto die Welt beherrschen, die ...

Gibt es alte Theorien Ihrerseits, von denen Sie heute sagen: „Jetzt weiß ich's besser!“

Sie erwähnen diese kilometerlangen Linien im Wüstensand in Peru, die geometrischen Raster unterm antiken Griechenland. Wieso sollen das Beweise für Außerirdische sein?

Wieso sollen sich die Außerirdischen uns gegenüber eigentlich friedlich verhalten? Da beobachten sie uns, manche paaren sich gleich – und dann müssen sie ansehen, was wir in unserer Mischung aus Gier und Blödheit mit diesem Planeten anstellen.

Gibt es etwas, was Sie uns auf den Weg mitgeben wollen?

sind. Hildebrand von Ludwiger, der sehr seriös ist, meint nur, von Zeit zu Zeit taucht offenbar etwas auf, was uns beobachtet. Geht im Dezember 2012 die Welt unter?

Selbstverständlich geht die Welt nicht unter. Das Problem ist: Man hat den Maya-Kalender auf den christlichen Kalender umgerechnet. Da stimmt ja nicht einmal das Geburtsdatum von Jesus – das hat man einfach einem heidnischen Fest drüber gestülpt.

Ja. Ich zeige nur Dinge, die jeder überprüfen kann. Vor 2500 Jahren etwa schrieb Herodot im 2. Band seiner Historien, unter der großen Pyramide von Gizeh befinde sich ein See und darin liege ein Sarkophag. „Unmöglich!“ meinten die Fachleute. Doch Herodot hatte recht. Ich hab' den See fotografiert – samt Sarkophag. Derselbe Herodot behauptete auch, die Priester in Ägypten hätten ihm gesagt, vor 11.340 Jahren seien die Götter auf der Erde gewesen. Alles Unsinn? Nein. Ich kann mit eindrücklichen Bildern belegen, dass in Ägypten gewaltige, megalithische Anlagen existieren, die älter sind, als es die herkömmliche Ägyptologie zulassen will. Also: Glauben Sie mir gar nichts. Überprüfen Sie's! MFG 03.12

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PARANOIA PARADISE

UFO-MANIA. Daniel Krcal: "Ein ganz geringer Prozentsatz bleibt aber ungeklärt und deutet darauf hin, dass wir tatsächlich besucht werden."

den“, erklärt Haslinger: „Die Pharmaindustrie ist, so wie auch die Waffen- und Nahrungsmittelindustrie, ebenfalls in den Händen dieser wenigen Clans.“ Und derzeit würde an einem ganz besonders aggressiven Virenstamm gearbeitet, der auch in einem zu erwartenden Krieg gegen den Iran und mögliche Verbündete zum Einsatz komme könnte. „Kann ich mir nicht vorstellen“, weist Krcal derlei zurück: „Lässt sich nicht kontrollieren. Es gibt zwar Züchtungen – und es gibt auch Anschläge mit diesen Bakterien, zum Beispiel den Anthrax-Anschlag auf einen demokratischen Senator. Aber im großen Stil? Unmöglich.“ Und Hiess: „Es gibt keinen Viren- und Bakterienkrieg, sondern einen Medienkrieg.“ Und wie verhält es sich mit den immer wieder aufs Neue (nicht nur im Waldviertel) kolportierten UFO-Sichtungen? Andraschek-Holzer reagiert etwas spöttisch: „Nun werden auch die UFOs bemüht! Was sie mit einer angeblichen Weltverschwörung – oder sind´s mehrere? – zu tun haben sollen, erschließt sich mir ebenso wenig wie der Zusammenhang zwischen Nichtraucherschutz und globalem Manipulationswillen. Zumindest aber hoffe ich, dass wenigstens Außerirdische sich jeglicher Suchtmittel enthalten.“ Was bei den anderen nicht auf ungeteilte Zustimmung trifft. „Die allermeisten können auf irdische Ursachen zurückgeführt werden, darunter sehr viele militärische Experimente", vermutet Krcal: „Ein ganz geringer Prozentsatz, vielleicht 0,01%, 42

bleibt aber ungeklärt und deutet darauf hin, dass wir tatsächlich besucht werden. Ob dies nun mythologische, interdimensionale oder außerirdische Wesen sind, wissen wir aber nicht.“ Was ja bei zehntausenden Sichtungen allerdings immer noch recht hoch sei, bemerkt Hiess. Ausschließen solle man gar nichts: „Ich halt's ja mit Fox Mulder aus der Akte X: ‚I want to believe.' Wär' ja schön, wenn wir nicht alleine in dem blöden Universum wären.“ Und Hiess subsumiert recht bodenständig: „Die meisten tatsächlichen Verschwörungen sind ja viel unspektakulärer: Erst waren z. B. die Glühbirnen eh super, und über Nacht sind sie dann ganz böse und schädlich und müssen umgehend gegen die neuen Heilsbringer, die Energiesparlampen, ausgetauscht werden. Beim ‚Arabischen Frühling' ist das ja auch nicht viel anders.“ Krcal meint abschließend: „All diese Theorien sind letztendlich Abwandlungen jener Tatsache, dass der Mensch eben auch korrupt ist und hinter dem Rücken anderer Vereinbarungen trifft.“ Hiess grinst sich eins: „Aber als Denksport ist das wunderbar. Das scheinbar Unmögliche denken, den eigenen Realitätstunnel zumindest zeitweise zu verlassen – das kann nichts Schlechtes sein.“ In diesem Sinne: Watch the skies! Denn: Nur weil Sie möglicherweise paranoid sind, heißt das noch lange nicht, dass sie nicht hinter Ihnen her sind.


KULTURVEREIN der STADT HERZOGENBURG R & S MUSIK KG

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SAMSTAG, 28.4.

Anton Rupp Sporthalle Herzogenburg

Beginn: 20 Uhr Einlass: 19.00 Uhr

Kartenvorverkauf in allen oeticket-Verkaufsstellen, oeticket-hotline 01/96096, www.oeticket.com, allen Volksbanken in NÖ, bei R &S MUSIK KG (02782/85716) und im Tourismusbüro Herzogenburg. Ermäßigung für VB-Clubmitglieder

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11.5. VAZ St. Pölten Fr | 20.00 Uhr

Kartenvorverkauf: In allen oeticket-Verkaufsstellen - oeticket hotline 01/96096, www.oeticket.com, in allen Raiffeisenbanken in W und NÖ im VAZ St. Pölten (02782/71400), ticket@nxp.at sowie bei R & S MUSIK KG (02782/85716)


MFG URBAN

TEXT: Beate Steiner | Foto: hermann Rauschmayr

Tierische Polit-Ansichten

W

as haben Hunde-Attacken und Polit-Attacken gemeinsam? Zweitere rechtfertigen erstere, ist St. Pöltens Grün-Gemeinderätin Julia Schneider überzeugt, wie sie nach einem Hundekampf mit tödlichem Ausgang vorzeigte.

scheiterte. Polizei und Magistrat konnten der Grünen Gemeinderätin nicht nachhaltig erklären, wie das so läuft im Rechtsstaat mit Zuständigkeiten und Anzeigen (siehe Info-Box) – also kam sie zu dem Schluss: „Eine Verwaltungsreform in Bezug auf Eignung der

in die unterste Schublade menschlichen Miteinanders.“ Und schadet dem guten Ruf des Tierheims.

Beamten wäre sinnvoll!“ Der tragische Hundekampf war auch Anlass für eine politische Beißattacke der Grünen Gemeinderätin: Sie warf dem ehemaligen Landtagsabgeordneten und jetzigen Leiter der städtischen Präsidialabteilung Willi Stiowicek vor, als politischer Günstling und nicht aus Liebe zu den Tieren Tierschutzvereins-Obmann zu sein – wofür sie sich angesichts einer Klagsdrohung entschuldigte. Willi Stiowicek nahm die Entschuldigung Schneiders an, betonte allerdings: „Einen so tragischen Vorfall wie eine Hundequälerei zum Anlass zu nehmen, politisches Kleingeld zu machen und in einem genauso aggressiven wie inkompetenten Rundumschlag gegen Behörden und den Tierschutzverein vorzugehen, ist ein Griff

liches Miteinander, für sie sind Hunde Familienmitglieder – so erklärt sie ihren Rundumschlag. Für die überzeugte Vegetarierin ist der respektvolle und artgerechte Umgang mit Tieren unabdingbar. Was aber ist artgerecht in der grünen Welt der Julia Schneider? „Wer ein Tier seinen Freund nennt, weiß dass Tiere fühlen wie wir es tun“,

Für Julia Schneider hat das Miteinander von Mensch und Tier allerdings die selbe Priorität wie mensch-

TIERLIEBE. Auf Augenhöhe mit ihrem

Maxi, den sie aus einem zypriotischen Hundelager gerettet hat – Julia Schneider.

Das abendliche Gassi-Gehen hatte für einen St. Pöltner Innenstadt-Hund tragisch geendet – er wurde auf der Heßstraße von einem Auto überfahren, weil er vor zwei Kampfhunden davongelaufen war. Julia Schneider sorgte sich dann um den Pitbull und den Staffordshire-Terrier, die ihren Promenaden-Begegner gebissen hatten und durch deren aggressives Verhalten der kleine Hund panisch davon und direkt in den Hundehimmel gelaufen war. Der Pitbull war nämlich von seinem Herrl mit einem Baseballschläger malträtiert worden, als er auf den kleinen Hund losging. Schneider forderte den Amtstierarzt auf, gegen den „Tierquäler“ vorzugehen – und startete eine tour de force durch heimische Amtsstuben – an der sie heldenhaft 44

Info-Box Der Tierschutzverein kann niemandem ein Tier wegnehmen. Allerdings kann jeder beim Amtstierarzt oder bei der Exekutive anzeigen, wenn er den Verdacht der Tierquälerei hegt. Der Amtstierarzt überprüft die Vorwürfe, kann dem Halter die Hunde bei begründetem Verdacht wegnehmen.


SHORTCUT KULTUR

Besinnungs-Los

Thomas Fröhlich

Alles bewegt Festspielhausintendant Joachim Schloemer startet im Herbst in seine letzte Saison – diese wird er mit einem Bigbang beenden, der noch einmal all dies verdichtet zum Ausdruck bringt, was ihm von Anfang an ein Anliegen war: Das Festspielhaus, Kulturinstitutionen im allgemeinen, nicht als passiv zu konsumierende Musentempel, sondern als Orte kreativen In- und Outputs, der Besucher als aktiver Protagonist. So hat das Festspielhaus nunmehr – inspiriert vom Community-Dance-Projekt „Sum of Parts“ des Sadler’s Wells Theatre London – das Tanz- und Musikprojekt “alles bewegt” aus der Taufe gehoben. „Wie in London werden wir mit Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen und Senioren unterschiedlicher Herkunft zusammenarbeiten“, verrät Schloemer. Über ein Jahr lang werden die Teilnehmer in diversen Communities regelmäßig mit professionellen Choreografen und Musikern zusammenarbeiten. Der Output aus diesem Prozess wird schließlich zu einem großen Ganzen zusammengefasst und im Mai im Festspielhaus uraufgeführt. http://allesbewegt.wordpress.com

Fotos: Nick Mangafas, af photo/Fotolia.com, zVg

223 Dieser Tage legt Manfred Wieninger sein neuestes Buch „223 oder Das Faustpfand“ im Residenz Verlag vor. Der bekannte Essayist und Verfasser zahlreicher Reportagen über die „Untiefen Niederösterreichs“ sowie nicht minder erfolgreiche Krimi-Autor (Marek Miert-Reihe) hat in seinem neuesten Ouevre quasi einen Brückenschlag zwischen beiden Genres geschaffen. Im als „Ein Kriminalfall“ bezeichneten Buch spürt er der Ermordung von 223 jüdischen Zwangsarbeitern

in Persenbeug/Donau im April 1945 nach, zu einem Zeitpunkt, als in Wien bereits die 2. Republik ausgerufen war und Adolf Hitler Selbstmord begangen hatte. „Dass ein kleiner NS-Gendarm, wenn auch fast am Ende des Krieges, aber doch mitten im sogenannten Dritten Reich offizielle, polizeiliche Ermittlungen gegen ein Mörderkommando der Waffen-SS beginnt, hat mich am Stoff am meisten fasziniert. Ich habe mich bemüht, die historischen Fakten zu 100% umzusetzen bzw. niederzuschreiben. Möglichst wenig Fiktion war mein Ziel!“ Wieninger dokumentiert einen einzigartigen Fall österreichischer Kriminalgeschichte. Ein Buch über Irrsinn, Verdrängung, Niederträchtigkeit und Mut.

Endlich! Seit Aschermittwoch ist auch der diesjährige Leilei-Alptraum zu Ende. Die Pappnasen- und Frohsinnauf-Kommando-Apokalypse hat zumindest für ein Jahr Pause, sofern nicht vorher doch die Welt untergeht. Zwar herrscht inzwischen eh zwölf Monate lang durchgehend Ballermann urbi et orbi, medial abgefeiert von der Lobotomisierungs-Internationale RTLATVPROVOXundCo – aber rein theoretisch befinden wir uns momentan in der so genannten Fastenzeit. Schon einmal davon gehört? Hat was zu tun mit schrecklich uncoolen Dingen wie Besinnung, Nachdenklichkeit und – ja, ich sprech‘s jetzt aus: Verzicht. Und zwar freiwillig. Denn manchmal tut‘s einfach gut, wenn man sich nicht permanent alles reinschraubt, was so des Weges kommt. Damit will ich jetzt nicht‘s gegen den stilvollen Exzess gesagt haben, der dem Leben mitunter erst die Würze zu geben vermag. Aber dazwischen auch einmal innehalten und feststellen, ob man überhaupt noch Boden unter den Füßen hat (oder schon, wie in den klassischen Zeichentrickfilmen, längst in der Luft hängt und das halt nur nicht gemerkt hat) – das kann was. In St. Pölten gibt’s diesbezüglich übrigens schon seit Jahren die „Fastenbesinnung“ im Dom und im Sommerrefektorium der Diözese, ein stimmiger Mix aus bildender Kunst und Literatur, zusammengestellt von der Autorin Doris Kloimstein. Diesmal ist „Verwandlungen“ das Thema – und auch NichtKatholiken (wie der Schreiber dieser Zeilen) finden da immer wieder Beherzigenswertes, Besinnliches. Denn wie meinte schon der kanadische Regisseur David Cronenberg vor einiger Zeit? „Silence is the new loud.“ Also ein wenig Ruhe bitte! Danke.

MFG 03.12

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MFG KULTUR

Von Theatermachern und Höhlenmenschen Von „Endzeitstimmung“ ist im Landestheater Niederösterreich keine Spur, auch wenn der Abschied von Isabella Suppanz nach sieben Jahren künstlerischer Leitung zusehends näher rückt. Noch blickt man in die Zukunft – wie wir mit ihr gemeinsam.

D

ie Hausherrin selbst bringt was zu Ende gehen zu lassen“, oder ob dieser Tage mit Feydeaus es nicht doch auch, wie Fama streut, „Einer ist der Dumme“ ihre andere sphärische Gründe gegeben letzte Inszenierung heraus. Als ich sie hat. Wie auch immer, Fakt ist, dass in ihrem Büro aufsuche, geht sie mit Suppanz großartige Arbeit geleistet Mitarbeitern gerade Details für die hat. Doch wollen wir an dieser Stelle nächste Produktion durch. Business keine Rückschau halten – dies wird as usual sozusagen, auch wenn Isa- völlig zurecht noch zur Genüge gebella Suppanz auf meine Frage nach schehen – sondern vielmehr nach ihihrer Gefühlslage einräumt, dass „da ren Zukunftsplänen fragen. natürlich Wehmut mit daAbschied und Aufbei ist. “ Sieben Jahre sind Nach Dienstschluss. bruch. Nach sieben schließlich eine lange Zeit. „Ich habe sehr viele Jahren verlässt Isabella Ich kann mich noch gut Pläne“, so Suppanz. En Suppanz das Landestheater Niederöstererinnern, als ich damals detail verraten möchte reich, das sie zu einer mit der Intendantin ein sie diese aber noch nicht. der führenden Bühnen Antrittsinterview führte Eine nahtlos anknüpÖsterreichs aufgebaut und sie ihre Vision vom fende Theaterleitung an hat. Landestheater, das gerade einem anderen Haus als schale Morgengabe im Zuge der schließt sie jedenfalls aus. „Ich werde Krankenhausübergabe von der Stadt jetzt sicher nicht gleich von A nach B ans Land quasi mitverscherbelt wor- gehen, sondern möchte zunächst einden war, darlegte. Sieben Jahre später mal Reisen unternehmen, insbesonmuss man mit Respekt konstatieren, dere Theaterreisen!“ Wobei sie sich dass ihr praktisch alles aufgegangen dabei auf eine fast vergessene Erfahist. Sie hat das Landestheater St. Pöl- rung freut: War sie nämlich in den ten überhaupt erst ernstzunehmend letzten Jahren sozusagen immer mit auf der Landkarte der deutschspra- voreingenommener Intendantenbrille chigen Theaterszene verankert, die auf der Nase unterwegs, so kann sie Auslastung auf über 90% geschraubt. sich in Zukunft wieder völlig unvorDas macht ihr so schnell keiner nach. eingenommen oder, wie es Suppanz Und so hört man dieser Tage nicht formuliert „viel entspannter“ dem selten, wie etwa aus dem Mund des Theatervergnügen hingeben. „Die gute ehemaligen St. Pöltner Festspielhaus- Nachricht ist, dass ich mich sehr daIntendanten Michael Birkmeyer, der rauf freue“, spielt sie darauf an, dass mir zufällig in einem Supermarkt über ihre Liebe zum Theater keinesfalls erden Weg läuft, die irritierte Frage „Wie loschen ist. „Es gibt keine Ermüdungskann man die Suppanz nur gehen las- erscheinungen!“ Sehr wohl aber große sen?“ So empfinden es viele, wobei Neugierde, die Theaterszene nunmehr nicht eindeutig ist, ob die Theaterma- aus kritischer Distanz unter die Lupe cherin nun freiwillig geht, was ihre zu nehmen, „für mich persönlich heeigene Sprachregelung nahelegt, wenn rauszufinden, wie es mit dem Theater sie meint „dass da natürlich Wehmut weitergeht.“ Als Bekennerin zu einem ist, wenn man für sich beschließt, et- Haus mit fixem Ensemble kann man 46

erahnen, in welche Richtung Suppanz Gedanken gehen. Ebenso aus der Tatsache, „dass ich ‚Theatertheater‘ nicht mag“, wie sie offen bekennt. Vielmehr geht es ihr auch um einen volksbildenden Charakter. „Theater muss greifbar sein, Antworten geben. Es hat eine gesellschaftliche Funktion!“ Wenn man die Theatermacherin so voller Esprit reden hört, darf man jedenfalls aufatmen und mutmaßen, dass sie dem Theaterbetrieb nicht auf Dauer abhanden kommen wird. Jetzt ist aber erst einmal „Frei-Zeit“ angesagt. In verstärktem Maße möchte Suppanz ihren großen Leidenschaften nachgehen: „Musik, Malerei, Archi-


TEXT: Johannes Reichl | Foto: peter mayr

tektur, Film, Theater, Menschen, Kinder – das sind meine Lebensthemen“, verrät sie. Beschäftigungen, die sie nicht oberflächlich ausüben, sondern in die Tiefe ergründen möchte. „Ich habe jetzt z. B. wieder mit der Lektüre alter Bücher begonnen. Wenn man sich darauf wirklich einlässt, kann das für ein Buch ein Jahr dauern! Oder im Bereich der Musik lese ich die Partituren, weil ich ihre Struktur verstehen möchte – dafür braucht man Zeit!“ Zeit, die gnadenlos fortschreitet. „Ich fürchte, dass ich all das, was ich tun möchte, in einem einzigen Leben gar nicht unterbringe“, meint Suppanz sodenn nachdenklich und fügt mit

einem Hauch Bitterkeit hinzu. „Das ist schon auch irgendwie ein Fluch.“ Insbesondere der Fluch der Vielbegabten – Suppanz ist etwa auch Flötistin. Frieden zu finden ist deshalb schwer, denn sobald man das eine abgeschlossen hat, fordert das nächste seine Aufmerksamkeit ein. Blockiert dies nicht auch in gewisser Weise? „Nein, das nicht“, schüttelt Suppanz den Kopf, „aber ich empfinde diesen Umstand dennoch nicht gerade als beglückend. Es ist leider nicht so, dass ich etwa eine Briefmarkensammlung habe, in der mir vielleicht noch zwei, drei Marken fehlen. Und wenn ich diese dann endlich finde, zufrieden bin.“

Es bleibt sozusagen immer etwas zu tun, ein Ende gibt es nie. Für den Künstler ist dies Fluch und Segen zugleich, denn umgekehrt speist er gerade aus dieser Diskrepanz seine Produktivität und Energie. Wobei Suppanz auf meine Frage hin, ob sie ein Energiebündel sei, abwinkt. „Ich bin eher eine Grüblerin, eine Leserin. Wenn irgendwo mehr als sechs Personen zusammenstehen, dann weiß ich nicht recht, was ich machen soll. Da bin ich eher der Höhlenmensch.“ Dann aber einer mit enormen intellektuellen und kreativen Output, der viel Licht und Glanz für St. Pölten gebracht hat. MFG 03.12

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MFG KULTUR

Text: JOHANNES REICHl | Fotos: zvg

Indiana Jones beim Barockfestival Andreas Martin

N

Hasso Felsing, Obmann des neugegründeten „Fördervereins des Barockfestivals St. Pölten“ sowie leidenschaftlicher Fan und Kenner Alter Musik, ist begeistert. „In Österreich gibt es für Alte Musik vier wichtige Festivals. ‚Die Woche für Alte Musik‘ in Innsbruck, ‚Resonanzen‘ in Wien, die ‚Barockmusiktage‘ in Melk und das ‚Barockfestival St. Pölten!‘“

ach sechs Jahren seines Bestehens ist das Festival, das – wie die künstlerische Leiterin Caroline Berchotteau verrät – „von Jahr zu Jahr gewachsen ist und eine Auslastung von 85-90% aufweist“, sozusagen im Olymp angekommen. „Ich kenne die Stammgäste bei den anderen Festivals – immer häufiger treffe ich die­se nun auch bei Konzerten in St. Pölten“, verrät Felsing. Das Geheimnis des Erfolges liegt wohl in einem gediegenen Mix aus spannenden, immer wechselnden und vielfach authentischen Räumlichkeiten, hochkarätigen Künstlern sowie einer – durchaus als innovativ zu nennenden – Programmierung begründet. „Heuer steht das Zusammentreffen zwischen europäischem Barock und seinem Einfluss bzw. seiner Wechselwirkung zu außereuropäischen Kulturen im Mittelpunkt.“ Soll heißen, dass das Barock nicht nur in Europa seine musikalischen Spuren hinterließ, sondern ebenso in Südamerika, Afrika oder Asien. Wer hätte etwa gedacht, dass der chinesische Kaiser anno dazumal Cembalo spielte? Bemerkenswert

ist dabei, dass andere Kulturen selbstverständlich auch eigene Ergebnisse des Barock hervorbrachten – wie man sich im Rahmen des Festivals überzeugen wird können, wenn etwa chinesische Texte und chinesische Musikelemente die vermeintlich abendländische Musik durchdringen, oder wenn arabisches und jüdisches Kulturgut sich in die christliche Musik der damaligen Zeit verwoben hat. Eine Synthese und Harmonie, die man sich auch für die Religionen und Kulturkreise als solche in realiter wünschen würde. Der diesjährige Ansatz „Dialog der Welten“ trägt jedenfalls einen pionierhaften Zug. „Als Liebhaber alter Musik und Kenner diverser Festivals könnte ich mich nicht entsinnen, dass dieser Zugang schon einmal gewählt worden ist“, erklärt hierzu Bürgermeister Matthias Stadler. „Wir beschreiten damit 2012 völliges Neuland!“ Caroline Berchotteau ist es jedenfalls gelungen, jene musikalischen Spezialisten, die sich mit dieser Thematik intensiv auseinandersetzen, jene Grenzgänger zwischen alt und neu, zwischen verschiedenen Kulturen, ja – die Jäger

des verlorenen Schatzes sozusagen – zu engagieren. „Jean Christoph Frisch etwa hat sich in diesem Bereich sehr verdient gemacht, ist immer auf der Suche und wird deshalb gerne als Indiana Jones der Alten Musik bezeichnet“, schmunzelt die gebürtige Pariserin. Künstler aus der Schweiz, Österreich, Spanien, Frankreich wandeln ebenfalls auf diesen Spuren, renommierte Namen wie La Baroque Nomade, Accentus Austria, Pierre Pitzl, Lautist Andreas Martin oder die Geschwister Lesaulnier finden sich unter den Protagonisten des diesjährigen Festivals. Ein Festival, das – wie Stadler betont – für die Stadt aber nicht nur einen künstlerischen Output bedeutet, sondern auch viel mit Selbstverständnis zu tun hat. „St. Pölten ist eine Stadt, die sich stark der Gegenwart und Zukunft verpflichtet fühlt. Zugleich sind wir uns aber auch unserer Wurzeln und Traditionen bewusst – und da spielte das Barock eine ganz wesentliche Rolle.“ Eine, die sich auf hochkarätige Weise nicht nur in der Architektur, sondern auch in Form des Barockfestivals als lebendiges Erbe erweist.

Barockfestival St. Pölten | „Dialog der Welten“ | 9. - 23. Juni 2012 | www.barockfestival.at Ensemble XVIII-21 Le Baroque Nomade

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MFG ADVERTORIAL

Auf zu neuen Ufern Präsident Lothar Fiedler

Tonkünstler-Konzertmeister Vahid Khadem-Missagh begeisterte Jung und Alt

Stradivahid begeisterte Im Zuge seiner „Familienschiene“ lud der Förderverein Kulturbezirk seine Mitglieder samt Enkeln und Kindern zum magischen „Stradivahid-Abend“ ein. Tonkünstler Konzertmeister Vahid Khadem-Missagh nahm dabei Erwachsene wie Kinder auf eine atemberaubende, mystische und spannende Reise rund um eine berühmte Geige und ihren sagenumwobenen Teufelsgeiger mit. Ein kurz-

weiliger, unterhaltsamer wie musikalisch toller Nachmittag! „Uns als Förderverein Kulturbezirk ist es wichtig, auch für die jüngsten Gäste sowie Familien spannendes Programm zu bieten – ganz im Sinne, dass wir selbst eine große Familie sind, die Jung wie Alt zusammenbringt. Stradivahid war diesbezüglich ein ganz starkes Zeichen!“, so Obmann Lothar Fiedler.

Die nächsten Highlights Zum ersten Mal ist der Förderverein, seitdem die Bühne im Hof als neues fixes Mitglied in die FördervereinsFamilie aufgenommen wurde, zu Gast in St. Pöltens legendärer Kulturinstitution. Am 16. März gastiert Wolfgang „Fifi“ Pissecker mit seinem Programm „Ich kenn Sie! Wer sind Sie?“, im Zuge dessen er seine Erlebnisse vom Jakobsweg verarbeitet hat. In der Pause werden Mitglieder in der VIP Lounge zu einem Glas Sekt geladen. Fulminant verspricht auch die Tanztheaterproduktion „The Most Incredible Thing“ im Festspielhaus am 13. April zu werden. Starchoreograf Javier de Frutos hat für Jung und Alt Hans Christian Andersons Märchen „Das Unglaublichste“ zu einer grandiosen Tanzrevue verarbeitet. Und – ebenfalls sensationell – die Pet

Erster Besuch des Fördervereins Kulturbezirk in der Bühne im Hof: Wolfgang „Fifi“ Pissecker am 16. März

Shop Boys, Heroen des Popbusiness, haben dafür die Musik geschrieben! Die wechselvolle Geschichte Nieder­ österreichs seit dem Revolutionsjahr 1848 können die Mitglieder des Fördervereins Kulturbezirk dann im Rahmen der exklusiven Preview „Ein Land im Zeitraffer“ im Landesmuseum am 13. Mai nachvollziehen.

Es erfüllt uns mit großer Freude, durchaus auch mit Stolz, dass wir mit unseren neuen Institutionen die Idee des Kulturbezirks sozusagen über die örtlich bindenden Grenzen des baulichen Kulturbezirks hinaus in die gesamte Stadt tragen. Das Landestheater Niederösterreich am Rathausplatz ist nun ebenso Teil unserer Familie, wie die Niederösterreichischen Nachrichten – nicht nur St. Pöltens Leitmedium, sondern jenes des gesamten Bundeslandes. Und, als jüngsten „Sproß“, dürfen wir nun die Bühne im Hof in unserer Mitte willkommen heißen. Der Kulturbezirk erstreckt sich nunmehr bis in die Linzerstraße! Gerade die Bühne im Hof rund um ihre geniale und nimmermüde Intendantin Mimi Wunderer stellt dabei ein ganz außergewöhnliches Mitglied dar, denn mit diesem Kulturbetrieb nahm die Idee des Kulturbezirks selbst, die Idee einer bemerkenswerten Kulturoffensive für St. Pölten in gewisser Weise ihren Anfang und Lauf. Es wurde schon oft gesagt, und muss doch immer wieder wiederholt werden: Die Bühne im Hof war der erste umgesetzte Stein im auch vom Land intensiv mitgetragenen Kulturmosaik für St. Pölten, damit auch für das Land selbst. Noch bevor das Regierungsviertel oder der Kulturbezirk eröffneten, wurden hier schon großartige Kulturveranstaltungen abseits des Mainstreams umgesetzt und bereicherten die Kulturlandschaft. In meinen Augen schließt sich damit nach über 20 Jahren ein Kreis, ja, es ist auch eine klare Botschaft damit verbunden: Der Kulturbezirk ist vor allem eine Idee, an der jede unserer Institutionen, aber auch jedes einzelne Mitglied teil hat und sie laufend weiter spinnt. Ein spannender, ein für jeden einzelnen auch bereichernder Weg!

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Genießen Sie unsere exklusiven Vorteile (Ermäßigungen in den Institutionen des Kulturbezirks sowie den Partnerhäusern, Previews, Künstlertreffs, Ausflüge etc.), egal ob als Privatperson, Firma, Familie oder Jugendlicher. Nähere Information: Tel. 02742 / 908080-812, www.kulturbezirk.at

MFG 03.12

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MFG KULTUR

Heile Welt im ¾ Takt Schunkeln und der Disco-Fox sind wieder modern! Schlager und Volksmusik beherrschen die Charts. St. Pölten ist da keine Ausnahme. Die Landeshauptstadt hat nicht nur zahlreiche Künstler wie Chris Heart, Simone und Lolita hervorgebracht, auch eventtechnisch hat sich St. Pölten zur echten Schlagerhochburg gemausert, die regelmäßig von den Größen der Szene bespielt wird.

E

s ist ein kalter Freitagabend im Februar. Der Wind peitscht durch die Gassen. Eigentlich jagt man bei dieser Stimmung keinen Hund mehr vor die Tür. Trotzdem – oder vielleicht gerade deshalb – pilgern am selben Abend tausende Menschen ins St. Pöltner VAZ. "Die Stars der Volksmusik" sind heute zu Gast und die Stimmung könnte ausgelassener nicht sein. Die Show ist – wie so oft bei Volksmusik und Schlager – ausverkauft. Überraschend ist, dass alle Altersgruppen vertreten sind. Sagt man doch diesem Genre eine gewisse Verstaubtheit nach und belächelt den künstlerischen Wert. Zum Schlager hat jeder seine Meinung, aber auch der schwärzeste Metaller steht schon mal mit zwei Promille auf der Skihütte und schwingt sein Bier und Tanzbein im ¾ Takt. Schlager ist die Wohlfühljacke, in die man sich reinkuscheln kann und die wärmt. Kurz – es ist ein Phänomen, das die Jahre überdauert hat und heute unbestritten ein Revival erfährt. Aber woher kommt der Hype? Liegt es am selbsternannten Volks Rock’n’Roller Andreas Gabalier, der nicht nur die Teenieherzen höher schlagen lässt oder sehnt sich Herr und Frau Österreicher

„Der Künstlerberuf zählt sicher nicht zu den einfachsten“ Simone 50


Text: GoTTHARD GANSCH, MARION PFEFFER | Fotos: Ariola/Sony Music, ZVG, Simon höllerschmid, Koch universal music

einfach nach den Melodien und Texten, wo die Welt noch in Ordnung ist? VAZ Geschäftsführer René Voak beobachtet das Phänomen schon länger: „Schlager hat sich im Laufe der letzten Jahre in ein positiveres Licht gerückt. In unseren Hallen waren von Beginn an alle Musikrichtungen vertreten, von Volksmusik bis zur Rockmusik. Schlager spielt aber eine ganz wesentliche Rolle, so hat zum Beispiel Andreas Gabalier lange Zeit die Ticketcharts des VAZ angeführt.“ Wichtig ist Voak aber, mit Ressentiments zu brechen: „Man muss beim Schlager die Vorurteile abbauen. Die, die den Durchbruch schaffen, sind hervorragende Musiker und meist jahrelang, wenn nicht gar jahrzehntelang bereits in der Musikbranche. Bei manchen Künstlern ist es wie bei den Rockstars – da gibt es minutenlange Drumsolos, dann zeigt der Bassist, was er kann, und der Gitarrist haut auch noch in die Saiten.“ Dass gerade St. Pölten so Schlager-narrisch ist, ist auch historisch gewachsen. „St. Pölten ist tatsächlich eine Schlagerhauptstadt: Wenn sie Station einer Tournee ist, sind die Besucherzahlen immer an oberster Spitze zu finden. Auch von Veranstalterseite ist St. Pölten eine Hochburg. Viele Künstler kommen aus St. Pölten. Dies alles sollte man aber nicht nur an einer Musikrichtung festnageln. St. Pölten ist generell eine sehr musikalische Stadt. Das liegt wahrscheinlich auch an der größten Musikschule Niederösterreichs. Die Stadt ist ein Melting Pot verschiedenster Musik­richtungen. Sie ist ein guter Nährboden für Musik.“ Viktor Mayerhofer, seines Zeichens Direktor der Musikschule, kennt die musikalischen Seiten der Stadt genau: „Am beliebtesten ist die Popularmusikschiene. Da gibt es wahnsinnig viele Sänger und viele Bands. Echte Schlagersänger werden nicht ausgebildet, das will die heutige Jugend nicht. Wenn sie im Schlagergeschäft landen, ist das meist Zufall“, weiß Mayerhofer, der eine genaue Definition von Schlager vermisst: „Lolita war zum Beispiel eine echte Schlagersängerin, heutzutage findet man so etwas gar nicht mehr. Aber Musik entwickelt sich ja

auch weiter.“ Mit Voak stimmt er aber natürlich überein – St. Pölten ist sicher eine Musikstadt. Das weiß auch Walter Egle, Konzertpromoter und Kopf der Showfactory, der Größen wie Gabalier, Helene Fischer, Semino Rossi und Kastelruther Spatzen unter Vertrag hat. „Die Niederösterreicher sind sehr gesellige Leute, die mit der Musik aufgewachsen sind. Radio Niederösterreich bietet im Gegensatz zu Ö3 den heimischen Künstlern noch eine Plattform. Das ist sicher mit ein Grund, warum hier die Konzerte so schnell ausverkauft sind. Zur Zeit sind sechs deutschsprachige Lieder in den Top Ten der österreichischen Songcharts. Das ist kein Zufall. Die Leute sehnen sich nach einer Entschleunigung in unserer hektischen, Social Media geprägten Zeit“, so Egle.

„Wer die Musik und die Künstler belächelt, ist meist selbst erfolglos“ Walter Egle

Schlager scheint für diese Generation der passende Soundtrack zu sein. Egle zeichnet sich auch verantwortlich für die Österreich-Konzerte von internationalen Stars wie U2 und Bruce Springsteen, sieht aber in der Professionalität keinen Unterschied: „Wer die Musik und die Künstler belächelt, ist selbst meist erfolglos. Der Erfolg gibt den Schlagerstars recht. Wie bei jedem Genre gibt es gute und schlechte Musik. Man muss schon was können, um im Schlager Fuß zu fassen und vor allem sich halten zu können. Da kann man marketingmäßig featuren, was man will: Wenn der Künstler nicht authentisch ist, wird er auf Dauer nichts reißen.“ Den aktuellen Hype erklärt sich Egle ganz einfach: „Die Musikbranche ist ein ständiger Fluss. Es muss immer etwas Neues her. Der Schlager hat sich weiter entwickelt. Junge Künstler wie eben Andreas Gabalier sind frisches Gemüse – eine neue Suppe. Das macht neugierig.“

An der Spitze zu bleiben ist alles andere als einfach. Das weiß auch Simone Stelzer-Kreissl. Nach ihrem Songcontest-Auftritt in den 80ern hat es für die gebürtige Herzogenburgerin einige Hochs und Tiefs in ihrer Karriere gegeben. „Ich glaube, es ist nicht härter oder weniger schwer, als in anderen Genres. Das Musikbusiness hat sich in den letzten Jahren sehr verändert und entwickelt sich laufend weiter. Ich genieße meinen Beruf sehr, aber der Künstlerberuf zählt sicher nicht zu den einfachsten. Wer dafür geschaffen ist, zeigt sich nach und nach durch eine natürliche Auslese. Mir imponieren Künstler, die über viele Jahre ihren Standard halten können“, lässt Simone den Kampf im Business, oben zu bleiben, durchklingen. Nach ihren ersten musikalischen Versuchen als Popsängerin, war es schließlich der Schlager, der es mit ihrer Gesangskarriere gut gemeint hat. „Nach meinen Anfängen als Popsängerin wurde mir ein Schlager Komponist vorgestellt, der mir dann Demos geschickt hat. Die Songs haben mir spontan sehr gut gefallen, weil sie unheimlich viel Emotionen in mir ausgelöst haben. All das waren aber keine seichten, oberflächlichen Lieder, wie ich sie so ein bisschen im Hinterkopf als ‚Schlager‘ in Erinnerung hatte, sondern romantische eingängige Melodien mit Tiefgang. Ich hab mir gleich gedacht: Das kann ich gut weitergeben und in die Welt hinaustragen!“, erzählt Simone von ihren Anfängen. Der Erfolg gibt ihr recht: „Plötzlich ist die Nachfrage nach meiner Musik stark gestiegen und ich habe viel mehr Feedback bekommen. Das hat mich selbst sehr berührt und glücklich gemacht.“ Auch wenn sie mittlerweile nicht mehr in Herzogenburg daheim ist, sind die Auftritte in der Heimat etwas ganz Besonderes: „Das Publikum in St. Pölten liebt ja Schlager und ich muss sagen einen meiner schönsten und emotionalsten Auftritte hatte ich in Herzogenburg im Freizeitzentrum gemeinsam mit Andy Borg. Sogar einige Schulfreunde waren dabei und die Stimmung war top, obwohl ich schon nervöser war als sonst, weil es in meiner Heimatstadt war.“ MFG 03.12

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MFG KULTUR

teraktion mit dem Publikum, die Autogrammstunden nach den Konzerten. Außerdem gibt es im Schlagerbereich eine riesige Konkurrenzsituation.“ Ein völlig anderes Bild vom Happy Peppi Schlager Business zeichnet Local Hero Chris Heart. Selbst seit Mitte der 90er im Schlager-Biz ist er schon ein alter Hase im Geschäft und kennt die Höhen und Tiefen genau. Nach dem Motto „Ohne Mari ka Musi“ sei das Schlager-Geschäft beinhart und eines der falschesten überhaupt. „Ich bin damals zufällig in die Szene reingerutscht.

Chris Heart

„Schlagerfans wollen immer alles von dir“ Chris Heart

Schlagerhochburg. "St. Pölten ist tatsächlich eine Schlagerhauptstadt: Wenn sie Station einer Tournee ist, sind die Besucherzahlen immer an oberster Spitze zu finden", erklärt VAZ-Boss Voak.

Was die eingefleischten SchlagerFans besonders zu schätzen wissen, ist die Tatsache, dass ihre Idole Menschen zum Anfassen sind. So hat man stets das Gefühl, die Schlagerstars teilen ihr Leben mit den Fans. Man denke an die jährliche Hansi Hinterseer-Hüttenwanderung oder auch an die vielen privaten Anekdoten, die etwa Marc Pircher bei seinen Auftritten zwischendurch zum Besten gibt. „Ich kenne einige meiner Fans sogar persönlich, da sie seit Jahren treu zu meinen Auftritten kommen.“ Ein unangenehmes Gefühl hatte sie noch nie: „Ich denke man kann gut vermitteln, wenn man sich 52

zurückziehen möchte und das steuern“, beschreibt Simone die Beziehung zu ihren Fans. Auch René Voak weiß um die Treue der Fans: „Die Fans fahren ihren Stars bei allen Konzerten hinterher. Es gibt Leute, die seit der allerersten Stunde, zu jedem Schlagerevent ins VAZ kommen. Es gibt Fans, die warten bereits vormittags mit dem Autogrammbüchlein, mithilfe dessen sie seit Jahren verschiedenste Autogramme ergatterten, vor unserem Haus. Das geht durch alle Altersklassen. Nichtsdestotrotz ist es ein kritisches Publikum. Musikalisches Können ist wichtig, aber auch das Menschliche. Die richtige In-

Christian Deix (Bruder des Karikaturisten Manfred) hat mich in den 90ern entdeckt. Ich habe dann ein Jahr mit den ‚Zärtlichen Chaoten‘ Musik gemacht, bevor ich solo unterwegs war.“ Unterstützt wurde er von Patrick Lindner und Andrea Fendrich. Chris hat bis 2002 zigtausend Alben verkauft und ist bis zu 200 Abende pro Jahr auf der Bühne gestanden. Am Anfang ist alles toll, man hebt ab, weil der Erfolg so gut schmeckt, aber: „Das hältst du auf die Dauer nicht aus. Ewig musst du perfekt aussehen, perfekt lächeln und perfekt sein. Du bist für die Fans derjenige, der das perfekte Leben vorgaukeln muss, damit die Welt in Ordnung ist. Das ist nicht ehrlich. Niemandem geht es ununterbrochen nur super. Aber das ist Schlager.“ Der Druck vom Management steigt. „Ich hätte einmal beinahe meinen Plattenvertrag verloren, weil ich mir die Haare abgeschnitten habe. Was ich mir dabei gedacht hätte, mein Äußeres zu verändern, haben sie mich gefragt“, erinnert sich Chris an die damalige Zeit. Als er beim Grand Prix der Volksmusik mit dem Lied „Nur der Wind singt heut sei oides Lied“ starten soll, hat er seine Grenze erreicht. „Ich hab das damals im Studio so schlecht eingesungen,


Heile Welt im ¾ Takt

dass alle gleich gemerkt haben: Gö, der will das nicht!“, beschreibt Chris die damalige Situation, „Stell dir vor, ich hätte das gewonnen! Dann hätt ich nur mehr solche Dinge gesungen und wär in der Schublade verschwunden. Ein lustiges Bild: Ich im Trachtenjopperl beim Musikantenstadl! Übrigens: Nix gegen Trachtenjacken, die gefallen mir schon. Aber die Musik … Ich war schon immer der etwas andere Schlager-Sänger und meine Fans wissen das auch.“ Irgendwann hat er die Nase voll vom Druck, der zwanghaft heilen Welt und der Neidgesellschaft in der Szene. Deshalb hat sich Chris 2002 von der Bühne zurückgezogen. Aber in den Fingern juckt es den Entertainer doch. Absolute Bühnenabstinenz ist nichts für ihn und so spielt er nebenbei in Rockbands, nimmt dazwischen wieder Schlagersongs auf, die im Radio nach wie vor ihre Wirkung nicht verfehlen und macht bei Oldiesabenden den DJ wie etwa regelmäßig im Fliegerbräu. „Seit einem Jahr habe ich wieder einen Vertrag und freu mich schon auf neue Schlager-Lieder“, erzählt Chris nicht ohne Funkeln in den Augen. Wie jetzt? Also doch Schlager? „Eine Welt ohne Schlager kann nicht funktionieren. Das ist ein Phänomen wie Elvis. Jeder steht drauf in der richtigen Situation. Stell dir eine Skihütte, ein Zeltfest oder eine Hochzeit um 2 Uhr früh ohne Schlager vor. Das ist unmöglich!“ Allerdings lässt er sich

„Gute Musiker und gute Texte finden immer ihr Publikum“ Lukas Ascher

heute nicht mehr verbiegen und macht nur mehr die Dinge, die ihm gut tun. „Ich mache nur mehr, was mir passt. Ich frage mich nicht mehr, was wäre, wenn ich damals dran geblieben wäre und ob ich die Mega-Karriere gemacht hätte. Ich würde mich auch heute wieder so entscheiden. Authentisch sein, ist das Wichtigste“, gibt Chris zu bedenken. Angesprochen auf das St.

Stimmen aus dem VAZ

» Hans, Traude, Hans und Hermi, in den 40ern und 50ern

Wir hören alle gerne Radio Niederösterreich. Die Melodien und Texten sind sehr schön. Vor allem die Damen sind große Fans von Marc Pircher und Andreas Gabalier.

» Monika und Sarah Haibl

Monika: Sarah hat sich die Konzertkarte zum Geburtstag gewünscht, weil sie so ein großer Marc Pircher Fan ist. Ich mag seine Musik sehr gern, weil man so toll abschalten kann. Überall gibt es so viele Probleme, aber im Schlager findet man schöne Melodien und besinnliche Texte. Sarah: Ich bin schon lange ein Fan von Marc Pircher. Ich mag die vielen Instrumente und die Melodien. Dazu tanze ich auch gerne.

» Franz, 48

Das war ein Geburtstagsgeschenk. Mir gefällt die Musik, ich höre auch gern Radio Niederösterreich. Früher habe ich oft Schürzenjäger gehört. Junge Frauen könnten mehr da sein, aber die sind wohl mehr fürs Rockige (lacht).

» Sigi, 50

Ich begleite meine Mutter, das ist ein Weihnachtsgeschenk. Mir gefällt die Musik nur bedingt bis nicht. Das trifft einfach meinen persönlichen Geschmack nicht. Aber frag mich nachher nochmal, vielleicht gefällt es mir ja doch?! Jetzt mach ich Milieustudien wie in den Diskotheken.

» Romana, 20, und Andi, 28

Wir mögen beiden keinen Schlager, wir hören Metal. Wir wollen die Karten verkaufen, nicht einmal geschenkt wollen wir das hören. Auf die heutige Gesellschaft treffen die Themen, die der Schlager besingt, einfach nicht mehr zu. Das ist Realitätsverdrängung, da wird alles in Zuckerwatte verpackt. Mein Bruder (22) hört gerne Schlager, da weiß ich aber nicht warum.

MFG 03.12

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MFG KULTUR

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Interview Andreas Gabalier

„Hinter Andreas Gabalier steckt Andreas Gabalier“

Wenn Mädels im Teenager-Alter unisono mit Damen jenseits der 50 zu kreischen beginnen, junge Burschen die „Krachlederne“ sogar in Wien stolz zur Schau stellen, dann kann das eigentlich nur mit Andreas Gabalier zu tun haben. In Österreich führt momentan kein Weg an dem selbsternannten Volks Rock’n’Roller vorbei. 2011 hat er mehr Alben als Lady Gaga in Österreich verkauft, seine Konzerte füllen die größten Hallen des Landes bis zum Bersten und auch aus den Top Ten ist Gabalier nicht mehr wegzudenken. Ob er die Rettung der Volksmusik ist und wie er sich das „Phänomen Andreas Gabalier“ erklärt, erzählt der „Steirer-Bua“ am besten gleich selbst: Wie haben Sie zur Volksmusik gefunden und warum fasziniert Sie diese Musikrichtung?

Die Musik fasziniert das Publikum und bei meiner Musik ist die Basis die volkstümliche Musik, die sich zum Volks Rock'n'Roll entwickelt hat. Und es freut mich sehr, dass es auch den Leuten so gefällt. Sie nennen sich auf Ihrem neuen Album "Volks Rock'n'Roller". Was beinhaltet dieser Terminus und was unterscheidet einen Volks Rock'n'Roller von einem Volksmusikanten?

Es hat sich einfach so entwickelt und aus dieser Kombination aus volkstümlicher Musik und Rock'n'Roll wurde der VolksRock'n'Roll – wirklich geplant war das nicht, aber so ist es ja oft, oder? Sie haben durch Ihre Musik einen neuen Hype der Volksmusik ausgelöst. Wie erklären Sie sich das? Sehen Sie sich als Retter oder Botschafter der Volksmusik?

Die Volksmusik funktioniert seit vielen Jahren ausgezeichnet, sonst würden Interpreten wie Kastelruther Spatzen, das Nockalm Quintett und die vielen anderen erfolgreichen Sängerinnen und Sänger nicht schon so lange im Business erfolgreich unterwegs sein. Meine Musik ist eine neue Farbe, die den Menschen hoffentlich auch so lange gefallen wird.

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Wieviel Industrie steckt hinter Andreas Gabalier?

Hinter Andreas Gabalier steckt Andreas Gabalier. Ich bin so wie ich bin und ich verstelle mich nicht, um jemand zu sein. Und ich glaube, das spüren auch die Leute, dass ich es ehrlich meine. Einige Ihrer Texte sind sehr heimatbezogen. Auch Ihr Styling und z. B. die Pose auf Ihrem Album erinnern manche an nationalistische Zeichen. Ist das Zufall und Hirngespinst oder bewusste Marketing-Strategie?

Ich freu mich sehr, dass die Tracht wieder stark im Trend liegt und ich mich in meiner Heimat Österreich sehr wohl fühle. Das hört man eben auch in meiner Musik. Da die Musik von mir ist, ist es also mein Hirngespinst (lacht). Wie gehen Sie mit dem heftigen Interesse um Ihre Person um?

Ganz normal, denke ich. Wenn man sich aussucht, auf eine Bühne zu gehen, muss man damit rechnen, dass man eine gewisse Popularität erreicht. Das gehört dazu. Wie sind die Resonanzen aus dem Ausland? Ist der deutschsprachige Raum die (Ihre) Grenze der Volksmusik?

In Deutschland habe ich gerade für mein Album "Herzwerk" Gold bekommen, das freut mich natürlich sehr. Mal sehen, wo mich die Musik noch hinführt. Wie beurteilen Sie den Nachwuchs in Ihrem Genre? Eine breite Front oder eher die Ausnahme?

Es gibt viel Talent und es ist sehr schade, dass es den "Grand Prix der Volksmusik" nicht mehr gibt, der ja auch für mich ein wichtiges Sprungbrett gewesen ist. Aber Talent setzt sich immer durch, nur die Gelegenheiten dafür werden immer weniger.

Gibt es ein starkes Konkurrenz-Denken unter Ihren Musik-Kollegen?

Wenn wir uns bei Konzerten oder TV Shows treffen, ist es immer ein freudiges Wiedersehen. Oder auf den Tourneen ist es oft eine riesen Hetz! Das macht schon viel Spaß mit den Kollegen zu musizieren.


Heile Welt im ¾ Takt

Pöltner Pflaster sieht er die Sache kritisch: „Als Prophet ist man im eigenen Land oft weniger wert. In St. Pölten bin ich der Taxi-Chris.“ Damit spielt er auf sein Unternehmen „Taxi mit Herz“ an. Die Fan-Situation beurteilt er etwas anders als Simone. Sich abzugrenzen, fällt ihm schwer. „Schlager-Fans wollen alles von dir haben. Die wollen dich anfassen, da kommen ganze Busse und belagern dein Haus. Damit tu‘ ich mir schwer“, gesteht der Künstler. Trotzdem kann er sich ein Leben ohne Bühne nicht vorstellen. Aber nicht nur Schlager und Volksmusik sind im Aufwind. Besonders die deutsche Sprache erfreut sich größerer Beliebtheit. Immer mehr junge Künstler trauen sich, deutsch und Mundart zu verwenden. Was eine Zeit lang eher als uncool galt, steht jetzt für Qualität. Lukas Ascher sieht ganz klar eine Sehnsucht nach den Wurzeln, der Tradition: „Mundart, das ist unser Alltag. Das sind wir – das bin ich. Wenn ich auf die Bühne gehe, dann bin das ich und das kann ich mir nicht auf Englisch vorstellen.“ Mit seinem Projekt „lukascher“ verbindet er unterschiedlichste Musikeinflüsse wie Reggae, Rock und Volksmusik mit deutschen Texten. Den Anspruch eine Lawine wie Gabalier auszulösen, hat er nicht: „Das ist geschicktes Marketing und es steckt viel Geld dahinter. Diesem Druck will ich mich nicht aussetzen.“ Er räumt aber ein, dass das derzeitige Schlager-Revival für deutschsprachige Musik eine Lanze bricht. „Das, was zählt, ist Qualität. Gute Musiker und gute Texte finden immer ihr Publikum.“ Was gut und schlecht ist, beurteilt jeder für sich selbst. Geschmäcker sind eben verschieden. Salganik von der Columbia Universität in New York fand aber heraus, dass eine Art Gruppenzwang verantwortlich ist, welche Songs Hits sind und welche nicht – also doch nicht ganz so verschiedene Geschmäcker.

HEILE WELT. Schlager ist die Wohlfühljacke, in die man sich reinkuscheln kann und die wärmt.


MFG KULTUR

Sein oder Nichtsein Noch immer wird das V im „Büro V“ bisweilen fälschlicherweise als römische Zahl interpretiert und mit 5 übersetzt. Dabei steht es für V wie Veranstaltung, handelt es sich doch um die, in eine eigene GmbH ausgelagerte Veranstaltungs- und Eventagentur der Stadt St. Pölten. Diese stand zuletzt wider Willen im Mittelpunkt.

S

o echauffierte sich FP-Gemeinderat Klaus Otzelberger angesichts des Umstandes, dass Stadtfest und Stadtsilvester seitens der Stadt eingespart werden, über die Höhe der diesjährigen Dotierung für die Büro VLeistungen. „Laut Antrag im Gemeinderat beträgt die Gesamterfordernis für das Büro V 536.000 Euro. Effizient würde das Büro V dann arbeiten, wenn es ohne Subventionen außer den gesetzlich geregelten Förderungen aus56

kommt.“ Büro V Chef Peter Puchner verstand die Welt nicht mehr und erläuterte, dass die Zuschüsse notwendig seien, da fast alle Veranstaltungen unterdotiert seien und Sponsorengelder akquiriert werden müssen, „zudem werden Mieten und Eintrittsgelder wieder an die Stadt rückgeführt – und wir arbeiten nicht gewinnorientiert! Herr Otzelberger soll mir eine Firma zeigen, die solche Aufträge übernehmen würde.“ Im Hinblick auf den in

der Diskussion ebenfalls diskutierten Hauptstadtball, den Otzelberger als „Selbstläufer, der sich auch ohne Subventionen rechnen müsste“, bezeichnete, entgegnete Puchner, „dass Herr Otzelberger von der Materie keine Ahnung hat und es nicht der Mühe wert findet, sich zu informieren.“ Die Freiheitlichen, die als einzige im Gemeinderat dem Beschluss nicht zustimmten, gingen aber noch einen Schritt weiter, und stellten die Sinnhaftigkeit des Büro V per se in Frage. „In Zeiten wie diesen, in denen man überall sparen muss, darf auch das Büro V kein Tabu-Thema sein. Es stellt sich die Frage der Notwendigkeit einer solchen Gesellschaft. Irgendwelche Eröffnungen und Einweihungen könnten auch die entsprechenden Abteilungen selbst machen, dazu benötigt man kein eigenes Veranstaltungsbüro.“


TEXT: Sascha Harold | Fotos: Gekon/nyul/fotolia.com

BÜRO V Das Büro V ist seit 2004 als eigene GmbH aus dem Magistrat ausgelagert. Ausschlaggebend waren u. a. steuerrechtliche und budgettechnische Gründe, zudem kann die Arbeit durch die GmbH-Konstruktion marktadäquater gestaltet werden. Das Büro V wurde für das Jahr 2012 von der Stadt mit der Abwicklung von Osterferienaktion, Volksfest, Sommerfestival, Christkindlmarkt sowie Vorarbeiten für den Landeshauptstadtball 2013 beauftragt. Zudem wickelt das Büro V diverse Veranstaltungen für den Magistrat (z. B. Eröffnungen u.ä.) ab und ist auch am freien Markt als Dienstleister aktiv.

Könnte man wohl, es stellt sich allerdings die Frage, was damit gewonnen wäre? Die Abteilungen müssten dafür ebenso Personal und Ressourcen abstellen – man wäre damit einfach nur in jenem Stadium, in dem das Büro V ehemals ohnedies schon gewesen ist: Eine eigene Sektion der Kulturabteilung, mit dem Nachteil, dass man in die Gebarung weniger Einblick hätte. Das ist nämlich u. a. ein Vorteil der GmbH – ein Mehr an Transparenz, wofür auch ein Aufsichtsrat, in dem die Gemeinderatsfraktionen vertreten sind, als Gralshüter fungieren. Und alles über externe Agenturen abwickeln? Auch eine Option, ob tatsächlich aber kostengünstiger, bleibt ebenfalls fraglich. Vizebürgermeister Matthias Adl (ÖVP) ortet auch Nachteile. „Im Großen und Ganzen leistet das Büro V gute Arbeit, und es ist frag-

lich, ob die Zusammenarbeit mit den Behörden so reibungslos funktionieren würde, wenn die Aufträge Externe übernehmen.“ Auch die Grünen haben kein Problem mit dem Büro V, wobei Nicole Buschenreiter anregt, Veranstaltungen der Stadt grundsätzlich auszuschreiben. „Das Büro V kann sich dann ja an einer solchen Ausschreibung beteiligen.“ Und sie geht die Diskussion eher programmatisch an. „Meiner Meinung nach sollten Nischenveranstaltungen wie etwa das Barockfest, das sich alleine durch Sponsorengelder nicht verwirklichen lassen würde, gefördert werden“, so die Mandatarin. Damit trifft Buschenreiter eher den Nerv der Bevölkerung. Denn auch viele Bürger stießen sich mehr an der Tatsache, dass Stadtsilvester und Stadtfest einfach gestrichen wurden, denn an der für sie sekundären Frage, wer diese umsetzt. Das heißt die Stadt wird prinzipiell überlegen müssen, welche Veranstaltungen sie für St. Pölten aus öffentlich-gesellschaftlichem Interesse heraus für wichtig erachtet, welche davon sie – unter Berücksichtigung der Abwicklungsoptionen und Kostenstruktur – selbst veranstalten soll, bei welchen sie private-publicpartnerships eingeht und als aktiver Partner mit dabei ist, und bei welchen sie als passiver Förderer auftritt. Modelle gibt es hierzu viele. Manche Städte, wie z. B. Graz, verzichten auf ein eigenes Stadt-Veranstaltungsbüro. Teilweise werden Kulturveranstaltungen über die Trägervereine organisiert und vom Kulturressort subventioniert. „Wir haben im Zuge einer Budgeteinsparung 2003 Veranstaltungsbereiche abgegeben“, erläutert Kulturamtsleiter Peter Grabensberger, verweist aber auch darauf, dass es diverse GmbHs im Grazer Kulturbereich gebe. Andere Städte wiederum betreiben, wie St. Pölten, eine eigene Veranstaltungsgesellschaft, wenn man etwa an die „stadt wien marketing GmbH“ oder die „Kultur Marketing Event – Wiener Neustadt GmbH“ denkt. Egal, welches Modell man favorisieren mag, entscheidend ist letztlich nur eines: Effizient muss es sein!

Relax

Primadonna Ich liege im XL Bademantel (Einheitsgröße in Wellnesshotels) im „Fühldich-wohl“ Ruheraum, klappe die Liege nach hinten und mein Buch auf. „Ah!“ Leicht benebelt von den Schwefeldämpfen, der Unterwassermusik und all den Massagedüsen im Whirlpool fühle ich mich frisch und völlig relaxed. Nicht so mein Liebster! Ob beim Schwimmen im wohlig dampfenden Außenbecken oder im Dampfbad – so eine Therme ist für ihn keinesfalls eine Oase der Entspannung! Denn sobald ich unter Wasser zärtlich meine Beine um ihn schlinge oder ihn im Whirlpool auch nur am Oberschenkel streichle, heißt es sofort: „Greif mich ja nicht an!“ Und das nur, weil er dann halt noch ein paar Minuten länger im Wasser bleiben und an tote Fische (Hä?!) denken muss. Auch anderen Männern dürfte es ähnlich ergehen, denn sobald eine heiße Blondine sich der Saunatüre auch nur nähert, richten sie ihre Blicke auf den Boden oder starren apathisch auf die Saunauhr! Ein ansonsten eher untypisches Verhalten! Als Frau muss man trotzdem immer auf der Hut sein! Tipp: Niemals zu nahe an einer Umkleidekabine oder einer Infrarot-Kammer vorbeigehen! Der Liebste ist nach einem halben Tag Therme meistens schon so scharf, dass ihn selbst der Gedanke an Sex unter der Kaltwasserdusche nicht mehr bremsen kann. Fast könnte er mir schon leid tun, aber als er dann abends, nach diesem herrlichen Dinner mit Nachspeisenbuffet(!) allen Ernstes seine Hand auf meinen Bauch legt und sich voll Leidenschaft in meine Speckröllchen krallt, kann ich nur lauthals protestieren: „Greif mich da ja nicht an!“ Sex in der Duschkabine – okay, aber nach einem 5-Gang-Dinner? Das hat wirklich nichts mehr mit Relaxen zu tun!

MFG 03.12

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SHORTCUT SZENE

Rosa’s Rosinchen

Rosa

Kurz vor meinem 36. Geburtstag am 5. März wollte es also nicht sofort in die Köpfe meiner italienischen amici gehen, dass eine Rosa Ende 35 noch nicht vorhatte, Nachwuchs in die Welt zu pflanzen. Zugegeben, der richtige Mann dafür hat sich Rosa auch noch nicht vorgestellt und die Ansprüche an den einen und einzig Richtigen werden nicht geringer, nur weil die Geburtstagsjahresringe unerbitterlich weiter und weiter ihre Kreise ziehen. Also war ich plötzlich mit fürsorglich besorgten Freunden aus der Vergangenheit konfrontiert, die mich randvoll mit Mitleid ganz nah an sich drücken wollten, um mir so mitzuteilen, dass sich noch alles zum Guten wenden könnte. Nur wollen sollte Rosa halt möglichst bald. An dieser Stelle und für alle: Rosa hat noch Zeit ihre kleinen Rosinchen auszubacken. Und allen Freundinnen, die ihr gerade eure wunderschönen prallen Kugelbäuche spazieren tragt und frisch geschlüpfte Kindermäuler füttert, sei gesagt: Rosa braucht noch Übung. Denn Übung macht bekanntlich die Meisterin.

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STIMMEN Am 19. April startet der Klangturm St. Pölten in seine neue Saison, die ganz dem Motto „Stimmen“ verschrieben ist. Zahlreiche interaktive Medieninstallationen sollen neue und spannende Zugänge gewähren, wie Kurator Hannes Raffaseder verrät. „Die Audio-Installation ‚Mund:Art‘ ermöglicht zum Beispiel ein Spielen mit unterschiedlichen Dialektwörtern, bei ‚Maul?Trommel‘ wiederum werden Rhythmen mit menschlichen Lauten erzeugt und bei ‚ein.stimmen‘ kann man auf eine ganz neue Art in die faszinierende Klangwelt von Chören eintauchen.“ Ein besonderes Anliegen Raffaseders ist auch die Einbindung von Jugendlichen. „Wir wollen vor allem den vielen Jugendlichen ein buntes Programm und ein möglichst nachhaltig wirksames Erlebnis bieten. Daher wurde bereits im Vorfeld die Zusammenarbeit mit Schulen weiter ausgebaut. So wird an der HTL St. Pölten und am BORG Horn genauso intensiv an Installationen für die neue Ausstellung gearbeitet wie an der Fachhochschule St. Pölten.“ www.klangturm.at

ACTA AD ACTA? Am 25. Februar wurde anlässlich des europaweiten Protesttages gegen das Anti Counterfeiting Trade Agreement (ACTA) in St. Pölten ein sogenannter „Paperstorm“ veranstaltet, der über das umstrittene Antipiraterie-Abkommen informieren sollte. „So mancher hat sich zum ersten Mal damit ausein-

andergesetzt, was sich der nationale Gesetzgeber sowie die EU-Kommission als gläsernen Bürger und Konsumenten des Digitalzeitalters im Dienste der Industrie vorstellt“, erklärt Veranstalter Claus Pfleger. „Das Ziel, die Aufmerksamkeit auf dieses wichtige Thema zu lenken, wurde mit über 1.000 verteilten Flyern absolut erreicht.“ Ziel des Vertrages ist es, den Schutz von geistigem Eigentum zu gewährleisten. Zu den Befürwortern zählen u. a. Plattenfirmen oder Filmstudios. Kritiker hingegen sehen mit ACTA eine Einschränkung der Meinungsfreiheit vor allem durch stärkere Kontrolle von Inhalten im Internet heraufdämmern und kritisieren die Umgehung der Öffentlichkeit. www.stopp-acta.at

Fotos: ChaotiC_Photography/Fotolia.com, Daniel Hinterramskogler, zVg

Rosa war kurz aus dem Lande, um Freunde aus jungen Zeiten und Jahren wieder zu treffen. Und als wir uns dann nach einer gefühlten Ewigkeit von Gesicht zu Gesicht, von Falte zu Falte so gegenüberstanden, ließen Fragen wie „Sag mal Rosa, bist du verheiratet?“ oder „Sag mal Rosa, wie viele Kinder hast du denn schon?“ nicht allzu lange auf sich warten. Ich kam mir vor wie Daniela Katzenberger beim 10. Interview über ihre neue Schuhkollektion. Die Antworten und der Gesichtsausdruck waren immer dieselben, zufriedengestellt hat Rosa damit aber nicht wirklich jemanden.


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MFG SZENE

Ich bereue nichts Wenn es nach Tezcans Soylus Vater gegangen wäre, hätte der Spross ja der erste türkischstämmige Arzt in St. Pölten werden sollen. Allein, Soylu schmiss das Studium und machte sich auf seinen eigenen Weg auf: „Ich bereue nichts!“

U

nd seine Gäste sind schon gar nicht traurig darüber, die Stadt noch das Land haben je den eigentlichen Wert des denn mit Verlaub: Soylu wäre zwar vielleicht ein EGON erkannt, was es für die Kultur in St. Pötlen leistet. guter Arzt unter vielen geworden, aber – so behaupDas EGON ist zu 50% ein Kulturbetrieb. Ohne Unterstütten wir jetzt mal salopp: Er ist ein noch besserer Wirt! zung ist gute Kultur in der Form aber nicht zu erhalten.“ Auch, oder vielleicht gerade deshalb, weil ihm, als er vor Vom Land Niederösterreich fühlt er sich indirekt sogar über einem Jahrzehnt auf der Baustelle des heutigen EGON existenziell angegriffen, weil es in seinen Augen die Mitbeschuftet, nicht wenige ganz in Freundschaft wissen lassen: werber übermäßig hochrüstet. Das Fass zum Überlaufen „Tezcan, du hast einen Vogel!“ Mag sein, was die Risiken bringt diesbezüglich der Beschluss eines komplett neuen betrifft. Soylu – der zu diesem Zeitpunkt schon sieben Jahre Veranstaltungssaales für das Cinema Paradiso, das auflang das „Mittendrin“ führte – hat aber vor allem eine Vigrund seiner ähnlichen Programmierung – wie es auch sion: „Ich wollte eine Mischung aus Lokal und Veranstalandere Szeneveranstalter in St. Pölten empfinden – eine öftungslocation eröffnen, einen Jazzkeller, wie es sie auch in fentlich subventionierte Konkurrenz darstellt, die die nicht Wien gab.“ Als ihm auf seiner Suche nach einer oder in Relation weniger subventionierten Mitgeeigneten Location die "Langmann Melly" bewerber unter Druck bringt. „Ich hab mich geangeboten wird, schlägt Soylu zu. „Das Lokal fragt, nach welchen Kriterien läuft das ab? Wer hat alles geboten: Den Keller, den Innenhof, das ist förderwürdig und warum, wer nicht? Waschöne Gewölbeambiente.“ Freilich, bedurfte rum bekommt der eine soviel, und der andere, es erst vieler Strapazen, Mühen und schlafloser obwohl der dasselbe macht, so wenig?“, schütNächte, um aus dem alten Wirtshaus St. Pöltens telt Soylu den Kopf. „Obwohl das Land weiß, vielleicht schönstes Beisl zu gestalten. Nicht dass es bestehende Institutionen mit gutem ohne Stolz resümiert Soylu heute: „Es ist letztRenommee und Potenzial gibt, richten sie z.B. endlich genau so geworden, wie ich es mir vordas Café Publik neu ein!“, verweist er auch auf gestellt hatte.“ Er verheimlicht aber auch nicht, einen anderen Betrieb. Das Cinema Paradiso dass der Weg ein steiniger war – auch aufgrund ist für Soylu überhaupt „das Paradebeispiel für einer gewissen Naivität zu Beginn. „Der AufMisswirtschaft von Fördergeldern, wo man eiEGON. Wirt aus Leidenwand war extrem. Ich hatte es baulich unternen Privatbetrieb massiv fördert, weil man dort schaft: Tezcan Solyu schätzt und mich finanziell verschätzt.“ Zahlhalt offensichtlich Einfluss hat. Um mich nicht reiche behördliche Auflagen treiben die Ausgaben weiter in falsch zu verstehen. Das Cinema Paradiso gehört gefördert, die Höhe, das anvisierte Budget läuft aus dem Ruder, zumal aber in einer gesunden Relation zu allen. Ich habe versucht Soylu wider Plan das Ganze allein „stemmen“ muss, nachzu ergründen, woran die Abneigung mir gegenüber liegt – dem sich sein ursprünglicher Kompagnon absentiert hat. war ich zu aufdringlich? Glauben sie, dass ich die falsche Trotzdem eröffnet das EGON (die Legende sagt, dass der politische Farbe habe? Vielleicht wollten sie mir auch nicht Name – nachdem man keinen passenden finden konnte – ins Gesicht sagen ‚Sie heißen nicht Gruber sondern Sogenau das zum Ausdruck bringt: Ein Gasthaus Ohne Naylu.‘ Ich verstehe es bis heute nicht!“ Nachsatz: „Vielleicht men) vor genau 10 Jahren. Die Hütte ist knackevoll, St. braucht man auch einfach nur gute Beziehungen.“ Pölten ab sofort ein Stück urbaner und um einen KulturVor ca. einem Jahr zieht Soylu jedenfalls in Sachen Kulbetrieb reicher. „Wir waren nie nur ein Lokal, sondern imturprogramm die Reißleine. „Ich habe mich persönlich – bis mer auch ein Kulturbetrieb!“, betont Soylu. Das Publikum auf wenige Ausnahmen – aus dem Veranstaltungssektor kommt, bei unbekannteren Acts bleibt der Hype aber aus. komplett zurückgezogen und stelle den Keller nur mehr für „Kulturmäßig hab ich St. Pölten damals wohl überschätzt. Kulturveranstaltungen zur Verfügung.“ Als befriedigend Natürlich gab es viele, die gesagt haben ‚Das ist super, wir empfindet er das nicht, weil er gerne selbst „experimentiekommen!‘ Nur so viele waren es dann doch nicht.“ Die ren würde. Ich kann sozusagen nicht mehr das bringen, was Folge ist, dass sich Soylu programmatisch umstellen muss, einzigartig, selten, spannend ist.“ Aber das Risiko sei zu weil er sich finanziell zu verbluten beginnt. Von der öffenthoch, und so gehören ehemalige EGON-Reihen wie Musilichen Hand fühlt er sich dabei im Stich gelassen. „Weder kerfesitval, Bluesfestival, Frühjahrsfestival oder auch der 60


Text: Johannes Reichl | Fotos: Simon Höllerschmid, tezcan Soylu

„Das EGON spricht für sich selbst!“

MFG 03.12

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MFG SZENE

Förderungswürdig Im Hinblick auf die unterschiedlich hohe Förderung diverser (Jugend/Szene) Kulturinitiativen in St. Pölten richtete MFG folgende Fragen an die Abteilung Kunst und Kultur des Landes NÖ. 1. Nach welchen Kriterien erfolgt die Vergabe von Kultursubventionen des Landes NÖ? Wonach richtet sich die Höhe? 3. Wie sind die bisweilen großen Unterschiede zwischen geförderten Einrichtungen, die zum Teil ähnliche Programmierungen machen, zu erklären – z. B. in Sachen Kleinkunst cinema paradiso gegenüber EGON oder Seedose? 4. Werden die Vergaben vorort gescoutet und auf ihre Relevanz geprüft? Wie verschafft man sich ein Bild – was z. B. rechtfertigt 27.500 Euro für LAMES gegenüber Veranstaltern wie EGON, Seedose etc., die 1/3 davon bekommen? 5. Warum werden manche Förderansuchen wie z. B. vom Warehouse, die vergleichbares Programm wie etwa Café Publik oder Club3/Cinema Paradiso machen, abgelehnt? 6. Inwieweit wird die Gesamtszene einer Örtlichkeit berücksichtigt, so dass die Förderung eines Protagonisten nicht zu einer Konkurrenzierung anderer Betreiber führt? Abteilungsleiter Hermann Dikowitsch übermittelte hierzu folgende Stellungnahme: „Ein mannigfaltiges Kulturgeschehen kann nicht nach rein betriebswirtschaftlichen Prinzipien ermöglicht werden, sondern bedarf der Unterstützung durch die öffentliche Hand. [...] Die Förderung der Unabhängigkeit und der Freiheit von Kunst und Kultur stehen dabei im Zentrum. Aus Sicht der Abteilung Kunst und Kultur ist die Begleitung und Beratung von Projektträgern ein wichtiges Anliegen, um eine ziel- und zweckorientierte Verwendung der Mittel zu gewährleisten. Die Vergabe von Kulturförderungen des Landes Niederösterreich erfolgt nach den Kriterien des Niederösterreichischen Kulturfördergesetzes 1996 und den dazu erlassenen Richtlinien. Kulturförderung soll demnach kein starres Regulativ sein, welches das Kulturleben in den Regionen beeinflusst. Die Kulturförderung soll Rahmenbedingungen schaffen, die kulturelle Vielfalt ermöglichen und das kreative Potential zur Entfaltung bringen. Die Landesförderung dient auch der Unterstützung privater Kulturinitiativen und soll zugleich die kulturelle Eigenständigkeit des Landes Niederösterreich stärken. Daher wird jedes Förderansuchen einer Einzelprüfung unterzogen. Die künstlerische Qualität des Projektes, die regionale Impulskraft sowie der Finanzierungsbedarf sind Bemessungsgrundlagen für die Fördervergabe. Das Ziel der Förderung ist nicht die Gleichbehandlung im Sinne der Ausschüttung gleich hoher Förderbeiträge, sondern individuell abgestimmte Förderungen, die ein vielfältiges kulturelles Schaffen ermöglichen sollen."

Förderung ausgewählter Anbieter Kulturinitiativen und Jugendkultur LAND

Niederösterreich

CINEMA Paradiso EGON HÖFEFEST LAMES SEEDOSE

62

200.000,(+ 280.000,- für Bau Saal 3)

STADT

St. Pölten

42.150

(+ 180.000 für Bau Saal 3)

9.500,-

7.000,-

8.600,

5.000,-

27.500,-

3.000,-

7.300,-

2.000,-

EGON WIRD ZEHN 22-03 10-Jahres-Speciall mit DJ TOMMYGUN

23-03 EGON BACKSTAGE BAND & FRIENDS Ein Birthday-Special unserer heißbegehrten Hauscombo, die gemeinsam mit Musikerfreunden das EGON zum Jahrestag rockt!!!

24-03 10-Jahres-Special mit DJ Gernot Strauss & Rian Brightside

Jazzherbst der Vergangenheit an. Ohne Zweifel ein kultureller Substanzverlust für St. Pölten, wenngleich im EGON nach wie vor tolle Veranstaltungen stattfinden und der Keller seinesgleichen sucht. Auch aus der Initiative „Bühnenwirtshäuser“ hat sich der Wirt mehr oder weniger aus Protest zurückgezogen. „Damals hatte ich kurz den Eindruck, dass ich jetzt endlich die Anerkennung für all die geleistete Arbeit bekomme. Fakt ist aber, dass diese Vereinigung in der Form für das EGON keinen Sinn macht – ich hatte eher das Gefühl, dass man instrumentalisiert wird. Was bringt es, wenn ein Amstettner weiß, was wir im EGON machen, oder ein St. Pölten, was sich in Zwettl abspielt.“ Auch wenn aus diesen Ausführungen eine gewisse Frustration und Enttäuschung nicht zu überhören ist, stellt Soylu dezidiert klar, dass „ich noch immer mit Leidenschaft dabei bin. Es gibt so viele Dinge, die für mich schön sind, mich geprägt und bereichert haben: die Gespräche mit den Gästen, das Schmähführen – da ist auch sehr viel Persönliches drin. Und was andere mittels finanziellen Mitteln schaffen, machen wir hier eben mit Persönlichkeit wett.“ Das spürten die Gäste, und so verweist Soylu nicht ohne Stolz darauf, dass das Lokal nach wie vor funktioniert und über all die Jahre das hohe Niveau halten konnte. „Der höchste Lohn ist das positive Feedback der Gäste und der Künstler, die das


ICH BEREUE NICHTS

Out of Türkiye Eigentlich treffen wir einander ja, um über 10 Jahre Egon zu plaudern. Schließlich landen wir aber auch beim Thema „Integration“, zumal Tezcan Soylu ja gerne als „Paradebeispiel gelungener Integration“ vor den Vorhang gebeten wird – was durchaus auch irgendwie mit dem EGON zu tun hat.

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Lokal, die Veranstaltungen, das gute Service schätzen. Die Leute gehen auch nach 10 Jahren noch immer gern her, weil wir eine gewisse Beständigkeit bewiesen haben. Das EGON ist immer noch das EGON! Es spricht für sich selbst!“ Und seine persönlich schönsten Erinnerungen? „Puh, das ist schwierig. Da sind so viele – zum einen natürlich die unzähligen Momente mit den Gästen, veranstaltungsmäßig hatten wir den Gitarristen von Supertramp da, die Imperial Crowns wollten nur mehr im EGON spielen, die WM- und EM-Übertragungen sind sensationell, und natürlich die Eröffnung vor 10 Jahren, die unglaublich berührend war!“ Beim Gedanken an damals wird Soylu einen Moment lang sentimental. „Das war damals ein so ein riesengroßer Schritt für mich persönlich. Ich hätte mich auch ruinieren können“, erinnert er sich. „Aber nach 10 Jahren kann ich sagen: Ich hab es richtig gemacht!“ Wobei da auch ein großer Wermutstropfen ist. „Eine Schattenseite war, dass ich mich zu sehr und zu ausschließlich auf die Arbeit konzentriert habe, während ich das Privatleben hintangestellt habe, auch die Familie. Das bedauere ich", sagt er nachdenklich. „Aber sonst ist das EGON eine Erfolgsgeschichte!“ Dem ist nichts hinzuzufügen, außer „Alles Gute zum Geburtstag EGON und dir, lieber Tezcan, vielen Dank für deine großartige Gastfreundschaft und die schönen Stunden in deinem Lokal!“

ein Vater ist 1970 nach St. Pölten gekommen und hat in der Glanzstoff zu arbeiten begonnen – er gehörte damals zu den ersten Gastarbeitern in der Stadt überhaupt“, erinnert sich Soylu an die Anfänge seiner Familie in Österreich. Die Republik suchte damals Gastarbeiter wie einen Bissen Brot (und betrieb u. a. eigene Anwerbestellen direkt in der Türkei oder Jugoslawien), um die österreichische Wirtschaft erfolgreich am Laufen zu halten – was dieser Bevölkerungsgruppe nebstbei eigentlich bis heute nie gebührend gedankt wurde. Die ersten zwei Jahre hält Emin Soylu allein die Stellung, dann erst kann er seine Familie nachholen. Ein Ereignis, das sich dem damals siebenjährigen Tezcan fest ins Gedächtnis eingebrannt hat. „Das war an einem 12. Februar. Ich bin sofort in die Schule gekommen, und da saß ich nun als schwarzer Bub in der letzten Reihe – meine Geschwister und ich waren die ersten Türken in der Volksschule Viehofen.“ Ins kalte Wasser gestoßen sozusagen, wobei Soylu nicht unglücklich über den Aufbruch nach Österreich war. „Ich habe die Schule in der Türkei gehasst! Dort gab es noch Prügelstrafe“, erinnert er sich, und auch an seine Form von Rache. „Als ich raus bin, war ich so glücklich, dass ich meine Schulbücher verbrannt habe!“ Mit Österreich verknüpft der Bub jedenfalls die Hoffnung, dass jetzt alles schöner, besser, anders wird. Dies erfüllt sich anfangs aber nur zum Teil, denn vor allem das Anderssein wird ihm rasch und belastend bewusst. „Das war schon eine schlimme Erfahrung, zu spüren, dass du anders bist, irgendwie nicht dazugehörst, keine Freunde hast.“ Der Unterschied ist dabei ein kultureller, sprachlicher – der Bub kann noch kein Wort Deutsch – sowie sozialer gleichermaßen. „Da prallten Welten aufeinander. In der Türkei waren wir sozusagen alle auf dem selben Level, alle waren gleich arm. Hier war ich in jeder Beziehung anders. Das Gewand, die altmodischen Schuhe, das Spielzeug, das ich nicht hatte. Natürlich die Sprache. Ich war völlig isoliert, bin irgendwie nicht rangekommen.“ Dabei machte er durchaus rasche Fortschritte, „in der vierten Klasse hatte ich schon einen Vorzug“, auch ein Netzwerk aus engen Freunden entsteht. Trotzdem bleibt Soylu als Bub eher schüchtern und zurückgezogen. Aus heutiger Sicht verweist er auf eine grundsätzliche Doppelbödigkeit, die ein bisschen an eine doppelte Mühle erinnert. „Das Gefühl des Andersseins geht ja zum einen von dir selbst aus, ebenso bekommst du es aber auch MFG 03.12

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MFG SZENE

OUT OF TÜRKIYE

mustern. Andere seiner Freunde wiederum gehen den umgekehrten Weg. „Ich habe türkische Freunde, die in ihrer Jugend viel unterwegs waren, in Discos gingen etc. Nach ihrer Heirat haben sie ihr Leben aber plötzlich komplett umgedreht und begonnen, sehr traditionell zu leben.“ Soylu sieht dies wertneutral, beides muss in einer offenen Gesellschaft möglich sein. Die Gründe dieses „Rückzuges“ ortet er in einem logischen Bedürfnis nach Geborgenheit. „Es ist für jeden Menschen wichtig zu wissen, wohin man gehört.“ Für Menschen mit „Migrationshintergrund“ ist aber gerade das oft schwierig. Sie geraten quasi zwischen die Fronten, eine Rollen- und Identitätskonfusion ist die Folge: Bin ich Türke? Bin ich Österreicher? Bin ich beides? Jemand, dem das Gefühl der Zughörigkeit nicht vermittelt werden kann – und es sei nun völlig dahingestellt, ob aus eigenem oder Fremdverschulden, „der verankert sich umso mehr in seiner Tradition, seiner Religion, dem, was er kennt und was ihm Heimat darstellt“, ist Soylu überzeugt. Damit sind wir wohl bei einem Grundaspekt der Integrationsdebatten angekommen, wobei Soylu prinzipiell davon überzeugt ist, „dass DIE Integration, von der immer alle groß reden, in Wahrheit nur über Generationen funktioniert.“ All die Navratils, Kokoschkas und wie sie alle heißen sind bester Beweis dafür. Letztlich geht es darum, eiDie Anfänge. Im Alter von sieben Jahren kommt Tezcan Soylu nach nander gegenseitig abzuholen. Was Soylu in den Debatten Österreich. Im Bild mit seinem Onkel am St. Pöltner Rathausplatz 1973. am meisten stört ist „dieser Stehsatz ‚Ihr müsst euch anpassen!‘ Wie soll das etwa ein Kind anstellen, wenn es schon ununterbrochen vermittelt.“ Auch in Form von offenem grundsätzlich schwer zu verkraften ist, nicht dazuzugehöFremdenhass. Die demütigendste Erfahrung diesbezüglich ren, es den Eindruck hat, keine Chance zu bekommen?“ macht Soylu, als er in einem Supermarkt eines Diebstahls Gerade hier müsse der Staat, die Gesellschaft ansetzen. verdächtigt wird und sich ausziehen muss – selbstredend, „Aktuell haben die Jugendlichen wenig Perspektiven. Sie bedass er nichts gestohlen hat. Aber es hätte ja sein können, kommen nur Forderungen um die Ohren geworfen: Macht bei den Ausländern weiß man ja nie. Verbale Attacken gedies, macht das, lernt Deutsch. Der Staat müsste aber auch hören ebenfalls zum Alltag. „Wir waren lang die Sündenvermitteln ‚Ihr seid anerkannt, seid hier zuhause, gehört böcke – die Tschuschen, die Polen, die Kümmeltürken“, dazu und werdet gleich behandelt.‘“ Konkret fordert Soylu verweist er auf eine ungustiöse Grundmentalität der Bevöletwa mehr Lehrstellen, ebenso müsse die Integrationsarbeit kerung. „Aktuell sind es halt die Banker und die Griechen.“ in den Schulen „wo zum Glück schon viel passiert“ noch Trotzdem geht er seinen Weg und emanzipiert sich. Das weiter flexibler gestaltet werden. Schließlich einschneidendste Erlebnis, ja eine Art „Erschlägt er vor, dass Kinder, die nicht Deutsch weckungserfahrung“, bedeutet die Matura. "Wenn ich mich können, „schon ein Jahr vorher in den Kin„Wenn ich mich nicht täusche, war ich der nicht täusche, war dergarten gehen, um die Sprache lernen!“ erste Türke in St. Pölten, der maturiert hat. ich der erste Türke All dies würde Erfolg zeitigen. Für Soylu Das war für mein Selbstbewusstsein enorm in St. Pölten, der mawar es ein weiter Weg vom isolierten türwichtig. Damals hatte ich zum ersten Mal das turiert hat." kischen Gastarbeiterkind zum integrierten Gefühl, dass ich jetzt mit den anderen auf Auösterreichischen Wirten, der sich seiner Wurzeln bewusst genhöhe stehe, ganz abgekoppelt von meiner Ursprungskulist. Er hat sich aus der Doppelmühle befreit, weiß wer er ist. tur.“ Kurzum, dass er dazugehört und respektiert wird. Jedenfalls sehr österreichisch. „Jetzt ist für mich das Schöne Zugleich kommt er an einem Punkt an, dem sich – wie er und in gewisser Weise auch die Genugtuung, dass ich das überzeugt ist – jeder Mensch mit anderem kulturellen BackGefühl habe, ich kann auch schimpfen, kritisieren und ground stellen muss. „Irgendwann musst du eine Entscheiöffentlich meine Meinung sagen wie alle anderen, selbst dung fällen, wie du leben möchtest. Du musst dich zu einer wenn ich ‚optisch‘ noch immer ein Türke bin und mich die Lebensweise bekennen, beides gleichzeitig geht nicht.“ Leute bisweilen mit gebrochenem Deutsch anreden“, lacht Das heißt nicht, dass Soylu deshalb mit seiner Familie er. Nachsatz, was als Beleg manifester Integration betrachbricht. „Wir sind schon eingefleischt. Ich respektiere meine tet werden mag: „Das hat sicher auch mit dem EGON zu Eltern, die Tradition – die ich zum Teil auch mitlebe, das ist tun!“ Das eben mehr als „nur“ ein Lokal ist – nicht nur für schon eine wichtige soziale Sicherheit“, aber er emanzipiert die Gäste, sondern auch für Soylu selbst! sich in gewisser Weise auch von den traditionellen Lebens64


MFG ADVERTORIAL

WAREHOUSE MÄRZ Der Frühling klopft bereits an die Tür und wir begrüßen die wohl schönste Zeit des Jahres mit zahlreichen Events im Warehouse.

VIERMALVIER = DREI VIERMALVIER wird am 17. März drei Jahre alt und das wird kräftig gefeiert. Als Geburtstagsgeschenk servieren wir JAMES RUSKIN, die Techno Legende aus England! Flankiert von zahlreichen Locals wie Starkstrom, Stereoflex, Senfwerk live und vielen mehr, verspricht dieser Abend ein ganz besonderer zu werden.

STARKSTROM

DANCE ADDICT New club in town! Bei Dance Addict am 23. März gibt es nur das Feinste aus Indie und Electro auf zwei Floors aufs Ohr. Das bayrische Duo BEEF THEATRE haut euch dreckigen Electro um die Ohren. Unterstützt werden die Jungs von den Lokalmatadoren von THE SHIT IS COMING HOME, den LAZY JERKS und NAPALM DAVE. Auf dem zweiten Floor hosted by INDIE HEROES unterhalten FRIEDA P., KARRERA und @U.K.SHION. Be there! BEEF THEATRE

COTTAGE CLUB Zum 25. Geburtstag des beliebten Cottage Club erwartet euch ein Surprise Act. Supported von den Residents LITTLE JOHN und DANIEL PRUNDIANU sind heiße Beats im frühlingshaften März garantiert. Visuals zum Ab- und Eintauchen kommen von FLEXcraft. Put your dancing shoes on!

PROGRAMM MÄRZ 09.03. ELECTRONIC NIGHT 10.03. BEST OF…HIP HOP & 80ies 16.03. SV B.O.R.G. GSCHNAS 17.03. VIERMALVIER = DREI 23.03. CHRISTINE HÖDL live 23.03. DANCE ADDICT 24.03. TBA 30.03. PIELACHTOLA HUND RELEASE PARTY 31.03. COTTAGE CLUB

MFG 03.12

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MFG SZENE

Was passiert am Skw?

Die Wirklichkeit hat nicht nur ein Gesicht. Sie hat, wie am Beispiel der Künstlergruppe „lames“ sowie der Initiative Sonnenpark ersichtlich, mindestens drei Gesichter und Sichtweisen, die drei Realitäten sichtbar werden lassen.

Wirklichkeit I

die der „lames“ Künstler

„lames“ residiert seit 12 Jahren im Park am Spratzerner Kirchenweg 81 - 83. Allerdings gibt es derzeit keine Infos unter www.lames.at – und kein Leben im Park. Gibt’s die „lames“-Künstler überhaupt noch und auch die Initiative Sonnenpark? „Sehr wohl“, sagt „lames“-Obfrau Agnes Peschta. Der „tote“ Internet-Auftritt und die winterliche Idylle täuschen – hinter den Kulissen wird eifrig gewerkt. Der Park wird frühlingsbedingt aus dem Winterschlaf erwachen und die gecrashte Homepage soll bald wieder darüber Auskunft geben, was „lames“ heuer plant. Etwa wie jedes Jahr das Künstlerfest „parque del sol“, diesmal vom 1. bis 5. August, aber wie immer mit dem Hintergedanken, dass es das letzte sein könnte. Denn der Verein hat das Grundstück und die Häuser nur bis auf Widerruf von der Stadt zur Verfügung gestellt bekommen. Und der Widerruf ist bereits erfolgt. Eine Wohnungsgenossenschaft hat das Areal erworben, der Park soll Wohnungen weichen, die Künstler übersiedeln. „lames“ ist allerdings überzeugt, dass die befristete mündliche Aufenthaltsbewilligung in einen Vertrag mit der Stadt verwandelt werden könnte. Weil: Die Künstler haben die desolaten Häuser teilweise renoviert, haben das Areal bepflanzt und betreut, haben dort viel verändert. „Wir arbeiten seit 12 Jahren an dem Park und haben schon zahlreiche Preise dafür bekommen“, betont Vorstandsmitglied Markus Weidmann. Und: „Es ist schlimm, dass wir nie die Sicherheit hatten, hier bleiben zu dürfen, das sollte nicht sein in einem Kulturfeld, das sich doch etabliert hat.“

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Wirklichkeit II

die der Stadt und der Wohnungsgenossenschaft

Die „lames“-Aktivitäten ändern nichts an den nach wie vor gültigen Vorgaben der Stadt: Die Wohnungsgenossenschaft hat einen gültigen Vertrag, der dann schlagend wird, wenn das Grundstück lastenfrei übergeben wird – das heißt ohne „lames“-Häuser, ohne Künstler und ohne Bäume. Aus dem Magistrat heißt es: „Die rechtliche Lage ist klar.“ Das bedeutet: „Es wird gebaut“, wann auch immer. „Es war nie davon die Rede, dass der Spratzerner Kirchenweg nicht verbaut wird und dass ‚lames‘ das Areal unbefristet zur Verfügung gestellt bekommt, wir haben das nie in Aussicht gestellt“, stellt Bürgermeister Matthias Stadler klar. Wobei er die Initiativen und Leistungen von „lames“ sehr schätze, betont Stadler, weshalb man auch ein Alternativareal seitens der Stadt angeboten hat: „Dem Verein wurde deshalb das Brunnenfeld als alternativer Standort angeboten – das ist nach wie vor aufrecht.“ Dass die Künstler dieses Angebot nicht annehmen, sei ihm nicht verständlich. Für „lames“ ist eine Trennung zwischen dem Park und der Künstlergruppe zwar denkbar, wie die Wiener (!) Obfrau Agnes Peschta konstatiert, „aber ich komm grundsätzlich wegen des Gartens und wegen des Vereins – wenn es den Park nicht gäbe, würde ich in Wien bleiben – der Park lockt Künstler an aus vielen anderen Städten!“


TEXT: BEATE STEINER| Fotos: HERMANN RAUSCHMAYR

Wirklichkeit III

die der Nachbarn am Spratzerner Kirchenweg

Vor circa einem Jahr haben auch die Nachbarn den Park „entdeckt“. Sie haben die Initiative „St. Pölten braucht Parkplatz“ gegründet und tausende Unterschriften gesammelt, damit der Sonnenpark, der seit Jahren als Bauland gewidmet ist, nicht verbaut wird und weiterhin grün bleibt. Außerdem gibt es Nachbarschaftsfeste und es soll bald einen Masterplan, eine gemeinsame verschriftlichte Vision von „lames“ und der Sonnenparkinitiative geben, der zu Pfingsten beim Sonnenparkfest präsentiert werden soll. Die „lames“- und Sonnenpark-Aktivisten hoffen, dass ihr Plan die Stadt davon überzeugt, die Baupläne ad acta zu legen. „Die Wohnbaugenossenschaft könnte woanders bauen“, sagt Vorstandsmitglied Daniela Prommer, „eine winwin-Situation wäre ganz einfach.“ Es gibt aber auch die umgekehrte Sichtweise. Ein derart attraktives, stadtnahes und traisennahes Grundstück, die es selbst in St. Pölten nicht wie Sand am Meer gibt, würde für zahlreiche Familien auch wert- und qualitätsvolles Wohnen bedeuten. Es gibt eben viele Wirklichkeiten, die jede für sich schlüssig erscheint.

Kabelnetz der Satellit täglich um 19:00 Uhr, auf und www.p3tv.at A1-TV

zu sehen im

Regionalfernsehen für den Zentralraum von NÖ

über über


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FH ST. PÖLTEN

Website

mit anderen Augen betrachten „Alle achten auf das Design einer Website, aber niemand denkt an Menschen mit Sehschwäche.“ Die Medientechnik-Studentinnen der FH St. Pölten Lisa Gringl und Carina Skladal haben sich mit der Barrierefreiheit von Websites beschäftigt und für die St. Pöltner Jugendberatungsstelle Ampel eine neue, jugendliche Website konzipiert – barrierefrei.

W

er an das Internet denkt, hat unendliche Möglichkeiten im Kopf: aufregende Designs, Fotos, kreative Schriftarten, Farben. Selten wird daran gedacht, dass Menschen mit Sehschwäche, Blinde oder Farbenblinde sich darin nicht oder sehr schlecht zurechtfinden. „Unser Projektauftrag war für die Jugendberatungsstelle Ampel eine Website zu erstellen. Wichtige Kriterien waren ein jugendliches, frisches Design, Anbindung an das Social-Network Facebook und Barrierefreiheit“, erklären Carina Skladal und Lisa Gringl. Die Badenerin und die Kärntnerin lernten einander beim Studium Medientechnik an der FH St. Pölten kennen. Im dritten Semester gestalteten sie gemeinsam mit zwei Studienkollegen www.ampel.at neu. Technisch schöne Umsetzung „Wichtig ist es, dass die Website nicht nur schön für User ist, sie sollte auch technisch schön umgesetzt sein“, so Lisa Gringl. Und Carina Skladal ergänzt: „Blinde bekommen eine Website von einem ‚Reader‘ vorgelesen. Deshalb ist es wichtig, dass Bilder nicht IMG_208 heißen. Da kann sich niemand etwas vorstellen. Wenn das Image einen Alternativtext wie beispielsweise ‚Gruppenbild des Beratungsteams' erhält, wissen alle, was darauf ist.“ Weiters legte das Projektteam großen Wert darauf, dass das Design gleich und anschaulich bleibt, selbst wenn die Schriftgröße skaliert wird. Mittels Test-Programmen aus dem Internet wurde die Website dann 68

auf Herz und Nieren geprüft. „Da wurde geschaut, ob Kontraste passen, sodass Menschen mit einer BlauSehschwäche trotzdem noch alles erkennen“, beschreibt Lisa Gringl die Vorgangsweise. Auch die Sprungmarken wurden überprüft, denn wenn Blinde nicht den ganzen Inhalt lesen wollen, müssen sie immer wieder zum Hauptmenü gelangen können. KundInnen-Wünsche mehr als erfüllt „Das Team der Jugendberatungsstelle war sehr zufrieden mit unserer Arbeit und begeistert über das neue Design. Wir haben zusätzlich einen User-Guide erstellt und eine Einschulung abgehalten, sodass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter selbst die Website warten können“, ist Carina Skladal stolz auf die geleistete Arbeit. Über das Studium an der FH St. Pölten sind sich beide einig: „Es ist schön, dass wir in unserer Ausbildung einen Schwerpunkt wählen können. Wir schätzen die persönliche Betreuung und dass wir eine ‚Rund-um-Ausbildung‘ bekommen“, so die Studentinnen. Prämiert wurde das Projekt bei der Projektevernissage der FH St. Pölten. In der Kategorie „Interaktive Medien“ konnte die Studierendengruppe den ersten Platz erzielen. Mehr Informationen über das Studieren an der FH St. Pölten gibt es bei den Tagen der offenen Tür am Freitag, 23. März 2012 von 14:00 bis 19:00 Uhr und am Samstag, 24. März 2012, von 9:00 bis 15:00 Uhr.

Die neue Website der Jugendberatungsstelle Ampel erstrahlt nicht nur in frischem Design, sondern ist nun vor allem barrierfrei.

Das Projektteam Lisa Gringl, Rene Jagerberger, Carina Skladal und Thomas Ederer (v. l.n.r) der FH St. Pölten.

Website

www.fhstp.ac.at


Probier doch mal was Neues aus!

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www.lasertron.at


MFG SZENE

TEXT: Anne-Sophie Settele| Foto: ZVG

He’s got the Blues Mit 12 Jahren begann der St. Pöltner Musiker klassische Gitarre zu lernen, ein Jahr später wechselte er zur E-Gitarre. Nach sieben Jahren folgt der Einstieg in die erste Band als Sänger und kurz darauf als Gitarrist. Heute ist Mika Stokkinen aus der österreichischen Blues-Szene nicht mehr wegzudenken.

ich will gar nicht mehr verlangen.“ Gagen wie sie beispielsweise die Rolling Stones verlangen, findet Stokkinen abartig. Für eine Konzertkarte 150 Euro zu bezahlen kommt für ihn persönlich nicht in Frage. „Ich spiele lieber 80mal um weniger Geld als 40mal um mehr Geld – und das meine ich wirklich so. Man kann auch ohne viel Geld glücklich werden.“ Viel

S

einen Künstlernamen verdankt Michael Stockinger einem Bandkollegen aus den Anfangszeiten seiner ersten Formation. „Damals war gerade der Formel 1-Fahrer Mika Häkkinen aktuell und so ist dann alles irgendwie entstanden“, erzählt Mika. Heute ist er 38 Jahre, seit 10 Jahren verheiratet und schon fast eine St. Pöltner Blues-Legende. Ob beim Summer Blues Festival in St. Pölten oder in einem Wiener Szene-Club – der St. Pöltner ist in ganz Österreich unterwegs. Sein Publikum ist mit ihm mitgewachsen. „Man sagt ja, Blues ist für ein sterbendes, überaltertes Publikum. Meine Fans sind so ab 35 Jahren aufwärts bis 85.“ Wie er „auf den Blues gekommen ist? „Eine lange Geschichte“, wie er selbst sagt. Vom Gitarrenunterricht weg über diverse Schulbekanntschaften bis zum Kennenlernen der Mojo Blues Band führte das eine zum anderen. Vorbilder hat er massenhaft, u. a. TBone Walker, Frank Sinatra oder B. B. King. Seine Songs sind von der Sorte „Blues meets Rock’n’Roll“ und stammen aus seiner eigenen Feder oder sind Covers, die er mit seiner persönlichen Note versieht. „Es gibt so viele Lieder, die ich alle gerne spielen möchte, daher lege ich keinen Wert darauf unbedingt 30 Lieder im Jahr selbst schreiben zu müssen.“ Mit den Jahren wuchs somit auch das musikalische Repertoire. Heute kann er mit seiner Mika Stokkinen Band ca. 300 Nummern aus dem Stegreif spielen.

Präsentation der neuen CD „Oh Baby…!“ am 13. April im EGON St. Pölten (Fuhrmannsgasse 15, 3100 StP)

BLUES MEETS ROCK‘N‘ROLL. Mit seiner Mika Stokkinen Band ist der St. Pöltner in ganz Österreich unterwegs. Nach fast vierjähriger Pause gibt es seit kurzem ein neues Album.

Musik verbindet. Stokkinen ist Vollblutmusiker, aber kein Vollzeitmusiker. Seinen Lebensunterhalt verdient er sich als Diplomkrankenpfleger. „Vollzeit Musiker zu sein wäre nichts für mich. In der Arbeit hab ich vor ca. acht Jahren auf 20 Stunden reduziert, damit ich einfach rundherum mehr Zeit habe. 40 Stunden arbeiten würde nicht mehr gehen, da bräuchte ich ein strenges Zeitmanagement. Von der Musik alleine leben geht aber auch schwer und will ich nicht. Außerdem ist der Beruf auch eine gewisse Erdung für mich.“ Mika ist bescheiden, was das Geld betrifft. Von dieser „unsäglichen Profitgier“, wie er es bezeichnet, hält er nichts. „Ein Kollege sagte mal zu mir ´Du verlangst viel zu wenig für deine Auftritte´. Aber

mehr stehe der Kontakt zu den Leuten für ihn im Vordergrund. Back to the roots. Mika Stokkinen lebt nach wie vor in St. Pölten.„Ich wohne gerne hier. St. Pölten ist eine nette kleine überschaubare Stadt.“ Live erlebt man ihn mittlerweile aber nur noch selten in der Landeshauptstadt, u. a. beim Summer Blues Festival, das heuer am 21. Juli am Ratzersdorfer See stattfindet. Gemeinsam mit Charly Furthner ist er für den künstlerischen Teil verantwortlich, den administrativen Teil hat das Büro V über. „Also ich bin da wirklich sehr froh über die Zusammenarbeit. Da bin ich ein St. Pöltner Patriot und finde es gut, wenn man bei solchen Sachen zusammenarbeitet.“

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MFG SPORT

der mit dem damischen Schuss Franz "Bimbo" Binder

100 Jahre wäre er vor kurzem geworden, der legendäre St. Pöltner Kanonier Franz „Bimbo“ Binder (* 1. Dezember 1911; † 24. April 1989). Bei Sturm 19 hat der Wunderstürmer aus dem „Glasscherbenviertel“ seine Karriere begonnen, fuhr zu den Auswärtsspielen auf dem Anhänger eines Traktors mit. Später blieb für Binder selbst der Intercity aus Wien außerplanmäßig in Hütteldorf stehen, wenn der Zugführer wusste, dass der „Bimbo“ vom Training rasch heim nach St. Pölten will. 72


Text: Thomas Schöpf | Fotos: privatarchiv binder

A

ls wir am 30. April „Ja, warum?“ Der Fremde 1939 im Tschamim Anzug entgegnete: „Ich merpokal gegen möchte Sie bitten, mit mir Bayern München in Münheute noch nach Wien zu chen spielten und 5:2 gefahren, ich bin der Sekretär wannen, glückte es mir, mit vom Sportklub Rapid. Wir einem Torball das Netz zu interessieren uns nämlich zerreißen. Und die biederen für Sie.“ Der minderjähMünchener beglaubigten rige Franz holte sich noch mir es, indem sie mir ein die Erlaubnis von der vom Lichtbild des zerrissenen Fußball begeisterten Mama Netzes verehrten. ‚Damit und bekam schließlich seidaß Dir’s kaner abstreiten nen ersten „Profivertrag“ kann, was D’ für an damit einem Grundgehalt mischen Schuß g’macht von 200 Schilling, was dahast, an damischen’ sagten mals rund dreiviertel eines sie lachend. Das hat mich ST. PÖLTNER BUA. Binder wuchs in den "Zehn Häusern" am Mühlweg auf. Industriearbeiter-Lohnes damisch gefreut“, berich- Mit 15 Jahren (5.v.l.) debütierte er in der Kampfmannschaft von Sturm 19. ausmachte. Ein Jahr spätete St. Pöltens bester Fußter wollte man ihm den baller aller Zeiten, Franz „Bimbo“ Vertrag auf 100 Schilling kürzen, aber Binder, immer wieder gerne seinem Binder im Stadtmuseum Trainer Edi Bauer riss das Ruder für Sohn Franz Binder Junior. „Aber er Anlässlich des 100. Geburtstages des seinen Schützling rum, der Vertrag war fair genug zuzugeben, dass er ein berühmten St. Pöltner Kanoniers präsenblieb bestehen und eine einzigartige intaktes Tornetz nie hätte durchschie- tiert das Stadtmuseum St. Pölten noch bis Karriere nahm ihren Lauf. ßen können. Diese Geschichte passt ge- 1. April die Sonderausstellung „‘Bimbo‘ Beim Sportklub Rapid – der schon Binder Shootingstar“. Ausstellungskurator nau zu ihm, dessen Charakter und sa- Thomas Lösch über die Besonderheiten als Kind sein Traumklub war - wurde genhafte Schusskraft einmalig waren“, der Schau. „Es ist die erste große AusstelBinder sechs Mal österreichischer berichtet der Junior in seinem Buch lung zum Leben „Bimbo“ Binders überSchützenkönig; 1937 bis 1941 fünf Franz „Bimbo“ Binder – ein Leben für haupt. Ein Großteil der Exponate, die ja Mal in Folge, was bis heute Europaden Fußball. Kurioserweise glaubte der so gut wie alle aus seinem Privatbesitz rekord ist! Sechs österreichische Meistammen, sind zum ersten Mal in der Schiedsrichter damals an einen Fehl- Öffentlichkeit zu sehen. Gut möglich also, sterschaften und einen Cupsieg durfte schuss und wollte Abstoß geben. Auf dass wieder 100 Jahre bis zur nächsten er als Fußballer mit den Hütteldorfern Drängen von Rapid-Kapitän Binder Ausstellung vergehen.“ feiern. Einmalig war der deutsche Meischaute er sich das zerschossene Netz Am 14. März, 18 Uhr hält Franz Binder Justertitel 1941 mit dem unvergesslichen an, und entschied dann auf Tor. 4:3-Erfolg im Endspiel in Berlin gegen nior einen Vortrag über seinen Vater. Folglich wurden Binder ob seines Schalke 04. Die Westfalen, berühmt strammen Schusses immer wieder für ihren „Schalker Kreisel“ (ein Kurzneue „zerschossene Tornetze“ angepassspiel, das heutzutage als „Onedichtet; und ein regelrechter Mythos Von Sturm 19 zu Rapid und zur Touch-Fußball bezeichnet würde), entstand. „Bimbo“ selbst führte sein deutschen Meisterschaft. Ge- waren haushoher Favorit und führten Schuss-Talent nicht nur auf die Kraft, lernt hat er das Kicken bei Sturm 19 gegen Rapid recht bald 3:0. Die Zusondern hauptsächlich auf seine gute St. Pölten, wo der Bub aus den „Zehn schauer schrieen schon hämisch „9:0! Technik mit dem Rist zurück. Ihm ge- Häusern“, den Werkswohnungen der 9:0! 9:0!“, weil Schalke vorher Adlang es auch, den Lederball so zu tref- Glanzstoff, schon mit 15 Jahren in mira 9:0 zerlegt hatte, doch sie hatten fen, dass jener nach einigen Metern die der Kampfmannschaft debütierte. Der ihre Rechnung ohne den „Bimbo“ geFlugbahn leicht veränderte – auf diese um vier Jahre ältere Bruder Odo (als macht: Die „Ostmärkler“ drehten die Weise erzielte Binder unzählige Frei- „Binder I“ geführt) war Abwehrchef Partie dank drei Binder-Toren schließstoßtore. Im November 1931 kam er und Franz („Binder II“) schoss vorne lich noch auf 4:3 für Rapid. Für Binder im Freundschaftsspiel gegen Soproni Tor um Tor. Das sprach sich rasch der Höhepunkt seines Sportlerlebens, Vasutas nach der Pause beim Stand um und eines Tages im Sommer 1930 vor 95.000 Zuschauern gelang ihm in von 6:3 für Rapid rein. Das Spiel en- stand vor dem Buben aus dem St. Pölt- acht Minuten ein lupenreiner Hattrick dete 11:3 nach fünf (!) Freistoßtoren ner „Glasscherbenviertel“ - der gerade und am Ende feierten fast alle im Stavon Binder. Bevor der 1,90m große mit einem Freund nachschauen wollte, dion nur noch Rapid. Am Pokal „Vikund 90kg schwere Bomber zur Aus- was im Kino läuft - ein überaus fein toria“ fehlte das Namensschild für den führung antrat, brüllten die Zuschauer gekleideter Herr und fragte: „San Sie SK Rapid, zwei frische Schraubenlöschon „Tor! Tor! Tor!“ net der Binder?“ Franz antwortete: cher waren aber vorhanden – man MFG 03.12

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04.

MFG SPORT

Binder in Zahlen SPIELE

TORE

244

271

Wiener Cup

35

66

Mitropacup

10

13

Deutsche Meisterschaft

17

25

Deutscher Pokal

19

33

A-Team Österreich

19

16

Österreichische Meisterschaft

B-Team Österreich Wiener Auswahl

2

2

15

25

„Ostmark“-Auswahl

9

8

Deutsche Nationalmannschaft

9

10

379

469

Gesamt

Die besten Torschützen der Welt (basierend auf Daten vom Weltfußballverband FIFA in Verbindung mit den jeweiligen Landesverbänden) 1. Arthur Friedenreich (BRA) 1.329 Tore (1909 bis 1935) 2. Edson Arantes do Nacimento PELÉ 1.283 Tore (1956 bis 1977) 3. Franz “Bimbo” Binder 1.155 Tore (1930 bis 1949) Es wurden alle Tore inklusive Freundschaftsspiele berücksichtigt.

Binder hält die Weltrekord-Torquote von 1,24 Treffern pro Pflichtspiel. hatte schon Schalke 04 montiert gehabt und für Rapid war nicht einmal ein Schild vorbereitet worden. Im „Wunderteam“ mit Sindelar und im reichsdeutschen Team mit Fritz Walter. Während des Zweiten Weltkriegs durfte sich freilich selbst ein Ausnahmekönner wie Binder nicht nur auf das Kicken konzentrieren. Er diente als Sanitäts-Kraftfahrer in der Sanitätskompanie 1/82 und musste u.a. das Elend bei den schweren Schlach-

Titel als Spieler von Rapid: 6x österreichischer Meister (1935, 1938, 1940, 1941, 1946, 1948), 1x österreichischer Cupsieger (1946), 1x deutscher Meister (1941), 1x deutscher Cupsieger (1938), 6x österreichischer Schützenkönig (1933, 1937 bis 1941) Titel als Sektionsleiter und Trainer von Rapid: 4x österreichischer Meister (1946, 1948, 1951, 1964), 2x österreichischer Cupsieger (1946, 1976), 1x Zentropacup-Sieger (1951) Titel als Trainer vom 1. FC Nürnberg: 1x Meister süddeutsche Oberliga (1957) 1x Vizemeister süddeutsche Oberliga (1958) Titel als Trainer von PSV Eindhoven 1x Vizemeister Niederlande (1962)

ten um Kursk und Orel miterleben. Gegen Kriegsende landete Binder im Kriegsgefangenenlanger von Kufstein, das unter französischer Aufsicht stand. Der Kommandant kannte Binder aus Freundschaftsspielen von Rapid in Frankreich und recht bald wurde wieder gekickt. Binder avancierte zum Kapitän des FC Kufstein und kümmerte sich auch um Organisatorisches. Nach dem Krieg feierte er 1946 als Aktiver noch ein „Double“ mit Rapid, also Cupsieg (mit einem 2:1-Finalerfolg

VOLLBLUTSTÜRMER. Ob per Fuß oder per Kopf: Wenn Binder an den Ball kam, klingelte es meistens im Gebälk. Mit 1155 Toren ist er drittbester Torschütze der Welt in der ewigen Bestenliste.

gegen die Vienna, dank zwei BinderToren) und Meistertitel in einer Saison; und einen weiteren Meistertitel 1948. In der Nachkriegszeit kamen oft über 50.000 Zuschauer zu den Meisterschaftsspielen ins Wiener Stadion. In der Saison 1945/46 verkaufte Rapid über 800.000 Eintrittskarten. Vom Nationalteam verabschiedete sich Binder im Oktober 1947 mit 36 Jahren standesgemäß als Kapitän und erzielte auch in seinem letzten Spiel (2:3 gegen die CSR) ein Tor. Insgesamt brachte er es im österreichischen Team auf 19 Spiele und 16 Tore. Für die reichsdeutsche Nationalmannschaft unter Sepp Herberger erzielte er in neun Spielen zehn Tore und spielte u.a. an der Seite von Helmut Schön (Weltmeister-Trainer 1974) und Fritz Walter (Weltmeister 1954). Im österreichischen „Wunderteam“ der 30er-Jahre unter Hugo Meisel stürmte Binder als linker Verbinder u.a. mit Josef Bican, Anton Schall, Karl Zischek, vor allem aber auch mit dem unvergesslichen Matthias Sindelar, den sie aufgrund seiner schmächtigen Statur den Spitznamen „Der Papierene“ verpassten. Binder bekam seinen Spitznamen „Bimbo“ im Zuge einer Nordafrika-Tournee verpasst, als er sich mit seinen Mannschaftskollegen in Marseille im Kino „Der Wüstensturm“ anschaute. In jenem Film rannte ein großer, farbiger Soldat namens Bimbo zu einem Fort und für Binders RapidKollegen war sofort klar, wer ab sofort

So

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04.5201Wr.Neustad-ArenaNov 10.521St.Pölen-VAZ 27.10 2St.Pölen-VAZ 08.120 Wr.Neustad-ArenaNov

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Der mit dem damischen schuss

ihr „Bimbo“ ist. Binder kam mit seinem Markenzeichen auf Anhieb gut zu Recht und sagte später einmal: „Der in dem Film hat ja wirklich genau mein’ Schritt gehabt.“ Als Rapid brasilianisch spielte. Als Trainer feierte Binder auch im Ausland Erfolge, unter anderem mit dem 1. FC Nürnberg, TSV 1860 München, PSV Eindhoven oder Jahn Regensburg. Die wahrscheinlich größte sportliche Errungenschaft gelang ihm aber noch als Sektionsleiter bei Rapid, als er nach einer Brasilien-Tournee gemeinsam mit Trainer Hans Pesser das „brasilianische System“ (Kernpunkte: konsequentes Decken und elastisches Zusammenwirken aller Mannschaftsteile) einführte; und von Wacker Wien den genialen Mittelfeldstrategen Gerhard Hanappi (später Architekt des gleichnamigen Stadions) weglotste. In der Saison 1950/51 zerlegte Rapid die Nachzügler Elektra (11:0), Wiener Neustadt (7:1) und Steyr (6:1), gewann gegen die Austria 7:5 und 3:1 und wurde am Ende mit nur einer Niederlage in 24 Spielen mit einem Torverhältnis von 133:40 Meister. Diese Quote wurde bis heute nicht einmal annähernd erreicht. Obendrein feierte Rapid – mit Spielern wie dem Torhüter Walter Zeman, den Abwehrrecken Ernst Happel und Max Merkel, den Stürmern Robert und Alfred Körner sowie Robert Dienst, und eben Hanappi - den Gewinn des Zentropacups 1951, der allerdings nur aus

Kartenvorekaufbeial noetick -Vorvekaufstel n,Ticketorn -Vertibstel n(z.BRaifesnbaken),MdiaMrkt, Libro,telfonischunter01/96 sowieuntrw .oetick .omInfosundweitr Eventsu erw .showfactory.a S H O W

LEGENDÄR. Mit einem lupenreinen Hattrick schoss Binder im Berliner Endspiel 1941 den SK Rapid Wien zum 4:3 Erfolg gegen Schalke 04 und damit zum deutschen Meistertitel.

einem Halbfinale und Finale bestand. „Leider gab es damals noch keinen richtigen Europacupbewerb“, sagt Binder Junior, „Rapid hat damals zu den besten drei Teams in Europa gezählt.“ Von Rapid wäre sein Vater als Spieler nur zu einem Klub ins Ausland weggegangen, nämlich zu Arsenal: „Er hat immer gesagt, die spielen genau wie Rapid“ Die größte Stärke von Trainer Binder, sagt Sohn Binder, sei jene gewesen, eine Mannschaft aufzubauen. Oft haben dann andere geerntet: So wurde der 1. FC Nürnberg im Jahr nach Bin-

F A C T O R Y

der bundesdeutscher Meister (1961) und PSV Eindhoven im Jahr nach Binder niederländischer Meister (1963). „In Holland haben wir uns als Familie sehr wohl gefühlt, aber den Papa hat es wieder zu Rapid und in die Wiener Kaffeehäuser zurückgezogen“, erinnert sich Binder Junior. 1976 holte Binder schließlich seinen letzten Titel mit Rapid. „Der war auch typisch“, so der Sohn, „geholt haben sie ihn während der Saison, um dem drohenden Abstieg zu entgehen, am Ende hielten sie die Klasse und waren Cupsieger.“

P R Ä S E N T I E R T

M A R EK LIEBER BERG PR E SEN TS

Erstmals auf

Solotournee mit Band!

Nova

T our!

E d l s e er P i r c her H i r t e LIVE 2012

AZ 03.05.2012 St.Pölten - VAZ 10.05.2012 St. Pölten - VAZ 27.10.2012 St. Pölten - VAZ na 04.05.2012 Wr. Neustadt - Arena Nova Nova - MICHAEL FLATLEY TRITT NICHT PERSÖNLICH AUF -

15.11.2012 Wr. Neustadt - Arena Nova 16.11.2012 St. Pölten - VAZ

Zauber der Weihnacht

Auch 2012 wieder auf großer Tour!

Nockalm Quintett · Die Edlseer Markus Wolfahrt · Marc Pircher Die Mölltaler · Michael Hirte

07.12.2012 St. Pölten - VAZ 08.12.2012 Wr. Neustadt - Arena Nova

Kartenvorverkauf bei allen oeticket-Vorverkaufsstellen, Ticketcorner-Vertriebsstellen (z.B. Raiffeisenbanken), Media Markt, Libro, telefonisch unter 01/96096 sowie unter www.oeticket.com. Infos und weitere Events unter www.showfactory.at


MFG KRITIKEN

ZUM HÖREN

Manshee, mikeSnare, Thomas Fröhlich, S. Haller, Rob.STP, Höllerschmid (von links nach rechts)

From Eagle To Sparrow

Ein tolles neues Album muss sich nicht durch besondere Innovation, aufgeblasene Sounds auszeichnen. Nein, es dürfen auch leise Töne sein, die man vielleicht nicht gleich hört, dafür aber nie wieder aus dem Kopf bekommt. Wieder streift der Schwede durch skandinavische Wälder – Gitarre in der Hand, Mundharmonika in der Jeansjackentasche. Hier wird der Singer/Songwriter-Folk in den Mittelpunkt gerückt und auf das Wichtigste reduziert: Stimme, Text und Saitenzupfen.

Ben Howard Every Kingdom

Der 22-jährige Brite Ben Howard ist das Talent schlechthin. Sein brillantes Debütalbum „Every Kingdom“ ist eine Bereicherung für jeden Gemütszustand. Die zarten Klänge seiner Gitarre und melancholisch angehauchte Songs mit tiefgründigen Texten laden zum Augenschließen und Tagträumen ein. Every Kingdom hat alles zu bieten, was das Herz begehrt: Ruhigen, gefühlvollen Folk bis hin zu harmonievollen Popsongs. Rein hören und begeistert sein!

ZUM SCHAUEN

Manshee, Kinga Handlhofer

DOCTOR L

The Great Depression Endlich ordiniert er wieder, der franko-irische Medicus aus der Pariser Banlieue: Zum aktuellen akustischen Aderlass hat er angesehene musikalische Fachärzte aus Lagos, New York, London, Paris, Berlin und Bamako beigezogen. Und die (keine Geringeren als Voodoo John, Asa, Antibalas, Unknown Poets, David Walters, Tony Allen u.a.) veredeln diesen quietschvergnügten Bastard aus Groove, spoken word, rap und analoger/elektronischer Instrumentierung noch mal gehörig.

NERO

Crush On You Rob Swire – Mastermind von Pendulum – hatte es offenbar satt, mit seinem monströsen Band-Setup weiterhin auf Tour zu sein, zumal sich der durchschlagende Erfolg außerhalb Englands nicht so recht eingestellt hat. Die Pendulum Band ist nun auf Stand-By, an deren Stelle tritt sein neues Evil-Electro Projekt „Knife Party“, das für reichlich Furore gesorgt hat und Skrillex & Co. Konkurrenz machen wird. Neben einer EP liegt auch ein formidabler Remix von Neros Hitsingle „Crush On You“ vor.

ZUM SPIELEN Markus Waldbauer

BRute

Matterman St. Pölten als (Death/Thrash-) Metal-Hochburg ist wohl bekannt. Aber auch zeit- und schnörkelloser Hardrock/ Heavy Metal gedeiht prächtig. Das Trio „Brute“ vereint alles, was gut, laut und räudig ist. Irgendwo zwischen Led Zep, AC/DC und frühen Megadeth angesiedelt kracht uns „Matterman“ entgegen – in einer zum Niederknien gediegenen Produktion, gebraut nach dem Reinheitsgebot Gitarre & Bass & Drums. Fährt ein wie Tabasco.

The Summer Set Everything‘s Fine

Es scheint, als ob „The Summer Set“ vor der Entscheidung stehen was für eine Art von Band sie sein wollen. Das 11 Track Album „Everything´s Fine“ ist nicht das, was man sich nach „Love Like This“ erwarten würde. Der Opener „About a Girl“ ist passend betitelt und zeigt im Wesentlichen die Stimmung für den Rest der Platte - musikalisch als auch textlich. Das bedeutet nun nicht, dass das Album schlecht ist, im Gegenteil, es ist anders, ruhiger und erwachsener.

ZUM LESEN

H. Fahrngruber, W. Hintermeier

Eine dunkle Begierde

The Elder Scrolls V: Skyrim

Der Westen und der Rest der Welt

Marisa lebt bei ihrer Mutter in der ostdeutschen Provinz. Rechtsextreme Tätowierungen zieren ihren Körper. Mit ihrer Clique verprügelt sie Fahrgäste im Regionalzug, worauf ihr Freund Sandro verhaftet wird. Nach einem Streit der Clique mit zwei jungen Asylbewerbern, tritt einer der Ausländer den Außenspiegel von Marisas Auto runter und der inzwischen entlassene Sandro kauft sich eine Pistole …

Skyrim ist episch in jeder Art! Das Spiel erzählt eine unglaubliche und mystische Geschichte über Drachen, Zauberer, Elfen und schräger Fantasygestalten. Es zieht unweigerlich jeden in seinen Bann, der in diese weitläufige und mittelalterliche Welt voller Abenteuer eintaucht und sich nur schwer wieder trennen kann. Hier ein gratis Tipp: Die Zeit beim Zocken im Auge behalten … Top!

Die Vorherrschaft des Westens scheint zu Ende zu gehen. Die „Killerapps“, die den Vorsprung begründeten, finden sich in den Bereichen Wettbewerb, Wissenschaft, Eigentum, Medizin, Konsum und Arbeit. Der ökonomische Vorsprung wird immer kleiner oder ist in manchen Bereichen gar nicht mehr vorhanden, wenn man die gewaltige wirtschaftliche Dynamik etwa im asiatischen Raum betrachtet.

David Cronenberg

das gibt ärger

Star Wars:

Niall Ferguson x

thomas raab

Joseph McGinty Nichol

The Old Republic

Der metzger bricht das eis

Was passiert, wenn sich zwei Geheimagenten in eine Frau verlieben? Das gibt Ärger. Mit High-Tech Überwachung, modernster Taktik und einem Waffenarsenal, mit dem man ein Land in Schutt und Asche legen könnte, wird die Frau (liebevoll) umworben. Jeder hat seine eigene Taktik, nur wird die aufgehen? Action-Komödie trifft Romanze – es werden also sowohl Mann als auch Frau mitgerissen …

Hier zur Abwechslung mal was von der Star Wars Ecke: Ein erzählerisch ansprechendes und mit viel Star Wars-Flair ausgestattetes, inhaltlich sehr konservatives online-Rollenspiel für den eingefleischten Fan der Reihe. Kurzbeschreibung: Altbewährtes in ein neues Kostüm gepackt ohne große Innovationen aber dennoch mit Charme. Ein episches Abenteuer.

Obwohl sich die Zufälle im neuen Metzger-Roman häufen und die handelnden Figuren wieder maßlos überzeichnet sind, hat Thomas Raab ein pointiertes Stück Heimatdichtung geschaffen. Besonders gefällt seine kritische Betrachtung der Praktiken des Wintertourismus in den heimischen Alpen, die in einen spannenden und lustigen Krimi eingeflochten sind.

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Fotos: zVg

KRISTOFERM ÅSTRÖM


MFG VERANSTALTUNGEN

HIGHLIGHT

Warehouse St. Pölten

CHRISTINE HÖDL – „PURE“-TOUR „Sitting here with lots of fear, I don`t know what will happen the next year” So lautet eine Zeile aus „The Key To Be Free“, der aktuellen Single von Christine Hödl. Als sie diese Zeile schrieb, hatte sie wohl nicht den geringsten Verdacht, dass sie als Siegerin der ORF Show „Die Große Chance“ hervorgehen würde. Mit ihrer Debut-CD „Pure“, die nach nur sechs Verkaufstagen GOLD Status erreichte, geht sie jetzt auf Tour. Christine Hödl ist eine Vollblut-Musikerin und Singer-Songwriterin – mit einer starken Stimme! Als hätten Alanis Morissette, Melissa Etheridge, 23. März 2012 Janis Joplin und Sheryl Crow zusammengelegt …

Bis 31. 03.

DIE NERVENSÄGE

Ein lebensmüder Fotograf. Ein Profikiller. Wie diese beiden aufeinander treffen, warum man bei diesem Aufeinandertreffen nicht mehr aus dem Lachen herauskommt und wer von den beiden die „Nervensäge“ ist, zeigt PERPETUUM noch bis 31. März, jeweils Freitag und Samstag, immer 20.00 Uhr im ehemaligen Forumkino in St. Pölten. THEATER

FORUM-KINO

21. 03.

piano & More

Ein besonders stimmungsvolles und poetisches Programm ist mit zwei Topsolisten aus Italien angekündigt: Pianist Maurizio Barboro und der Oboenvirtuose Alberto Cesaraccio interpretieren abwechselnd brillante Klaviermusik und ausgewählte romantische Oboen-Klavier-Stücke, z.B. reizende Musik über “Grillen” und “Heuschrecken”! konzert

stadtsäle

16. 03. firestorm im frühling

16. 03.

MATHIAS RÜEGG

18. 03.pasiÓn de buena vista

Damit wir euch die Zeit bis in den Sommer verkürzen, gibt’s am 16. März 2012 das „FireStorm Rocks“ in der Pielachtalhalle, sponsored by Sparkasse NÖ Mitte West AG. Das DJ-Duo „NovaRadio“ sorgt für Partystimmung und wird vor allem unser junges Publikum (Eintritt ab 16 – Ausweiskontrolle) begeistern. Beginn und Einlass ab 21 Uhr, Eintritt: AK € 4,–

MATHIAS RÜEGG, Gründer und Leiter des VIENNA ART ORCHESTRA, trifft mit seinem Studentenensemble des IPOP der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien auf die Musik von THELONIOUS MONK. Rüegg, der „Jongleur der Musikgeschichte“ begibt sich mit seinen Studenten auf eine musikalische Reise in die Jazz-Gegenwart.

Nicht nur 250.000 Besucher in über 25 Ländern waren von „Pasión de Buena Vista“ begeistert. Auch das Publikum in St. Pölten war nach der Show im Jahr 2011 derart angetan, dass es nun zu einem Zusatzkonzert am 18. März im VAZ St. Pölten kommt. „PASIÓN DE BUENA VISTA“ entführt Sie auf die Straßen Kubas und vermittelt Ihnen pure Lebensfreude!

party

ober-grafendorf

04. 04.

Maquie wird 8

Der Club MAQUIE ist einer jener KultClubs, in dem schon unsere Eltern gefeiert haben. Von Altersschwäche fehlt aber jede Spur. Am 4. April feiert der Club seinen 8. Geburtstag nach dem ReOpening. Die DJs Leiwand, Ro und One Million sorgen für den richtigen Beat. Besonderes Geschenk für die treuen Gäste: Longdrinks von 21.30 – 23.00 Uhr um € 0,80. party

club maquie

KONZERT

CAFÉ PUBLIK

vaz

music & dance

VAZ ST. PÖLTEN

KONZERTE | EVENTS | MESSEN | KONGRESSE

SO 18 03. // 19.00

PASIÓN DE BUENA VISTA MI 16.05. // 20.00

Fotos: zVg

19.-22. 04.

wisa

48.000 Besucher Jahr für Jahr können einfach nicht irren – die WISA St. Pölten ist der größte Impulsgeber für die heimische Wirtschaft in Niederrösterreich. Und die öffnet vom 19. bis 22. April 2012 zum 30. Mal wieder ihre Pforten. Mehr als 500 Aussteller präsentieren ihre Neuheiten. „Man schaut ja, bevor man baut …“, so WISA-Boss Frank Drechsler. MESSE

vaz

16. 05.

festwochen

Die diesjährige Eröffnung der St. Pöltner Festwochen bestreitet der Musikverein 1837. Orchester und Chor der St. Pöltner Institution haben sich dafür ein fulminantes „Best Of“ Konzert vorgenommen. So stehen u. a. der Gefangenenchor aus Nabucco, Gershwins „Rhapsody in Blue“, Bizets „Habanera“ aus Carmen u.v.m. am Programm. konzert

STEFANIE WERGER FR - SO 20. - 22. 07.

BEATPATROL FESTIVAL SA - SO 11. - 12. 08.

OLDTIMER- & TEILEMARKT DO - SA 16. - 18. 08.

FM4 FREQUENCY FESTIVAL Tickets im VAZ St. Pölten, ticket@nxp.at, www.vaz.at, 02742/71 400, in allen Raiffeisenbanken und oeticket-Geschäftsstellen, 01/96 0 69

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MFG 03.12

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Reich(l)ebners Panoptikum

NACHHILFE. Aufgrund unübersehbarer Teilleistungsschwächen einiger Mandatare wird dringend Nachhilfe in folgenden Fächern gefordert: Flüssiges und sinnerfassendes Lesen, Reden für Anfänger, Grundrechnungsarten, Staatsbürgerkunde, Einführung ins STROG.

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Josefstraße 70/72 3100 St.Pölten

St. Pölten-Süd, Landsbergerstraße/ Handel Mazzetti-Straße Niedrigenergie-Wohnungen

St. Pölten-Nord, Otto Glöckel-Straße Niedrigenergie-Wohnungen

Altlengbach-Leitsberg, Tullner Straße Niedrigenergie-Wohnungen und Reihenhäuser

Beste Qualität, beste Lagen: Die Wohnungsgenossenschaft St. Pölten schafft in ganz NÖ zukunftsweisende Wohnprojekte.


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