110% Fair Play

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IW_Gutschein_110%Magazin_11Euro_85x55mm_RĂźckseite.pdf 4 17.05.2018 14:27:06


3 AUS DER REDA KTION

Editorial Geschätzte LeserInnen! Für großen Jubel in der tapferen Fangemeinde des GAK sorgte kürzlich ein Beschluss der Grazer Stadtregierung: Die Errichtung einer neuen Fan-Tribüne wurde genehmigt – um 1,1 Millionen Euro. Genauso viel also, wie Superstar Neymar nach seinen Steuertricksereien Strafe zahlen musste. Eine Größe, die gerade in ist: Im ersten Quartal dieses Jahres löschte Facebook weltweit genau 1,1 Millionen FakeAccounts. Wie Sie sehen, hat uns diese schwer begreifbare Zahl ein wenig beschäftigt. Den Grund dafür halten Sie genau in diesem Moment in Händen: eine von 1,1 Millionen Ausgaben des 110 %-Magazins! Unseren zweiten Geburtstag feiern wir mit dieser Rekordauflage, die unser Heft zum größten Sport- & Lifestyle-Magazin Österreichs macht. Als Dankeschön für Ihr Vertrauen haben wir uns wieder bemüht, aus 1,1 Millionen möglichen Themen die spannendsten herauszupicken und diese mit 110 % Akribie, Spannung und Kreativität zu garnieren. Somit erwartet Sie gleich auf den ersten Seiten das ausführlich recherchierte Dossier Erst kommt das Pressing, dann die Moral (S. 8–12). Sport-Chef Manfred Behr ist der Frage nachgegangen, ob das Fair Play im Sport unter die Räder zu kommen droht. Aus der Art geschlagen (S. 16–21) ist auf jeden Fall unser Cover-Star Mats Hummels: Der Weltmeister von 2014 antwortet, wo andere schweigen, eckt an, wo sich andere unterordnen, polarisiert, wo andere herumlarvieren. So außergewöhnlich wie dieser Kerl ist auch das, was ein österreichisches Unternehmen in einer kleinen steirischen Ortschaft aufgezogen hat: Der Brutkasten für Superstars (S. 58–61) lockt derzeit internationale Vereine aus Deutschland, den USA und sogar China in das verschlafene Wundschuh. Ziemlich ausgeschlafen hingegen dürften die unbekannten Hauptfiguren des Kriminalfalls Der Coup mit der Coupe (S. 14) gewesen sein, die vor 35 Jahren den einzig wahren WM-Pokal entwendet haben. Wir hoffen, Ihnen mit dieser Ausgabe nicht Zeit zu stehlen, sondern Lesegenuss zu schenken. Und zum Abschluss gibt’s noch eine weitere Neuigkeit: Ab September erscheint das 110 %-Magazin nicht nur in der neuen Millionenauflage, sondern auch in höherer Frequenz – also monatlich. Und wir werden weiterhin 110 % geben, um Ihnen auch in Zukunft besonders viel spannenden Lesestoff zu liefern. Versprochen. Die Redaktion

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Chinatown Soccer Club: Hier spielt man auf Herz-Rasen! Vor 15 Jahren gründete der Wiener Gerhard Stochl in New York den coolsten Club der Welt. Seite 22

Die wahre Weltmeisterschaft E-Gaming bringt sich als neuer Boomsport in Stellung. Wir holen drei Zocker vor den Vorhang. Seite 36

Schatten über Cordoba Aus heutiger Sicht hätte die WM in Argentinien gar nie stattfinden dürfen. Ein brisanter Rückblick. Seite 62

Impressum Herausgeber „Die Presse“ VerlagsGesellschaft m.b.H. & Co KG, Hainburger Straße 33 1030 Wien Medieninhaber & Konzeption Proverbi GmbH Heinrichtsraße 112/EG/018a 8010 Graz Redaktion Christiana Ogunfojuri Manfred Behr Johannes Stühlinger Robert Kropf Social Media Nicola Powell Creative Direction Nicolas Frey Art Direction Isabella Schlagintweit Pepo Poßmann Grafisches Konzept Albert Exergian Fotoredaktion Nini Tschavoll Coverfoto Mats Hummels fotografiert von Nils Schwarz für Hugo Boss Bildbearbeitung Cover Rotfilter Ramona Reuter

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Erst kommt das Pressing, dann die Moral Das Fair Play im Sport droht unter die Räder zu kommen. Neben Doping, Wettbetrug und Korruption könnte die Erfolgszentriertheit der Leistungsgesellschaft zum alles entscheidenden Eigentor werden. Während Soziologen und Philosophen zu einem Selbstreinigungsprozess aufrufen, ziehen Investoren ein Powerplay mit ungewissem Ausgang auf. Text: Manfred Behr Illustration: Nicolás Aznárez

Foto: Getty Images

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ass George Orwell die Zukunft nicht eben in den schillerndsten Farben malte, wissen auch Literaturverweigerer. Die Gegenwart kam bei ihm 1948 aber auch nicht gerade gut weg. Nicht einmal die des Sports: „Ernsthafter Sport hat nichts mit Fair Play zu tun. Er ist verknüpft mit Hass, Neid, Angebertum und Missachtung der Regeln.“ Und in Murphys „Handbuch der Golfgesetze“ steht es schwarz auf weiß: „Der erste Mythos über sportliche Fairness besteht in der Behauptung, es gäbe sie.“ Ganz schön zynisch, aber andererseits: Wenn Fair Play so selbstverständlich wäre – warum müsste man dann landauf, landab Medaillen und Preise dafür ausloben? Als Lisa Theresa Hauser, Österreichs treffsicherste Biathletin, beim Weltcup in Oberhof 2017 ihrer deutschen Konkurrentin Vanessa Hinz versehentlich auf den Skistock trat und selbiger zerbrach, reichte die Tirolerin den ihren ohne zu zögern weiter. Seither kann sie sich vor Nominierungen für Fair-

Paris-St.-Germain-Präsident Nasser Al-Khelaifi sieht den Vorwürfen, gegen das Financial Fair Play verstoßen zu haben, gelassen entgegen.

Play-Awards kaum noch retten. „Hätte ich geahnt, was das auslöst, ich hätte es mir zweimal überlegt“, zeigt sich Hauser nicht angetan von so viel ungewollter Publicity. Sich nicht nur an die Regeln zu halten (formelles Fair Play), sondern dem sportlichen Gegner auch Chancengleichheit einzuräumen, einen partnerschaftlichen Umgang zu pflegen, den Sieg nicht um jeden Preis anzustreben, Haltung in Sieg und Niederlage zu bewahren (informelles 110% FA IR PLAY

Fair Play), gilt als Errungenschaft des englischen Adels im viktorianischen Zeitalter. Der konnte sich diesen gönnerhaften Umgang aber auch leisten. In jedem Fall brauchte und braucht es dafür ein gerüttelt Maß an Ich-, Du- und Es-Kompetenz, vulgo: die Fähigkeit zur Selbstreflexion, zur Empathie bzw. zu rationalem Argumentieren und Urteilen. Blöd nur, wenn die mühsam erlernten Kompetenzen vom Erfolgsdenken im Leistungssport verschüttet werden. Von einer „subversiven Leistungsmoral, die jene belohnt, die die Regeln kreativ umgehen und die missachtet, die sich an sie halten“, formuliert Sportsoziologe Karl-Heinrich Bette. Tatsächlich zeigte eine Langzeitstudie mit jugendlichen Fußballern, dass diese mit fortschreitendem Alter immer häufiger der Aussage zuneigten, Fouls seien nur dann als unfair zu betrachten, wenn sie grundlos begangen werden. Auch beim UEFA-Prestigeprojekt Financial Fair Play, das mit seiner „Break-Even-Rule“ (vereinfacht: nicht mehr ausgeben als einnehmen) auf mehr


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Chancengleichheit abzielte und dem Transfersummenwahnsinn im europäischen Fußball einen Riegel vorschieben sollte, ist das kreative Umgehen zur Paradedisziplin geworden. Bestes Beispiel: die 222 Millionen Euro, die Paris für den Kauf von Neymar Jr. in die Hand bzw. offiziell eben nicht in die Hand nahm. Das katarische Konsortium, das beim französischen Meister die Fäden zieht, ließ den Brasilianer einen Sponsorvertrag unterschreiben, die Transfersumme überbrachten Berater des Spielers. Ein hanebüchener Trick, doch der UEFA sind die Hände gebunden. Das Financial-Fair-Play-Regelwerk gilt spätestens seit diesem Winkelzug als gescheitert. Erst kommt das Pressing, dann die Moral. „Wenn der Sport besser sein will als die Gesellschaft“, meint Juristin Sylvia Schenk, „dann darf er in der Führungsebene nicht ständig seinen Fair-Play-Ansatz selbst unterlaufen, hinter dem zurückbleiben, was in der Wirtschaft längst Usus ist.“ Tut er aber. Gerade in Österreich, wo es immer noch gelebte Praxis ist, dass in den Entscheidungsgremien der Förderinstitutionen Funktionäre darüber bestimmen, wie viel Geld ihrem eigenen Sportverband zustehen soll. Der Philosoph Hans Lenk ortet eine „Spaltung der Moral in eine öffentliche Moral der Lippenbekenntnisse und eine heimliche Erfolgsmoral“. Mit weitreichenden Konsequenzen: „Wenn die Gesellschaft den Erfolg so uneingeschränkt in den Vordergrund stellt, werden rücksichtsloses Erfolgsstreben und betrügerische Taktiken zu sinnhaftem Handeln.“ Eher schon ist es den AthletInnen zuzutrauen, ein Umdenken einzuleiten. Judo-Olympiasieger Ole Bischof: „Kurzfristig kann man meistens gewinnen, wenn man die Regeln bricht. Langfristig aber bricht es einem das Genick.“

Wie viel Fair Play darf man von der WM 2018 erwarten? Kick-Gentleman a. D. Miroslav Klose (re.) kann für keine Lichtblicke mehr sorgen.

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Fotos: Picturedesk, Getty Images

Der Philosoph Hans Lenk ortet „eine Spaltung der Moral in eine öffentliche Moral der Lippenbekenntnisse und eine heimliche Erfolgsmoral“.


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NEU N MAGIC MOMENTS DES FAIR P LAYS MIROSLAV KLOSE Der WM-Torschützenkönig von 2006 ließ 2012 einen per Hand erzielten Treffer für Lazio Rom vom Schiedsrichter annullieren. HAMBLIN & D’AGOSTINO Die beiden 5 000-m-Läuferinnen stürzten im Olympiavorlauf 2016, halfen einander auf und später in den Rollstuhl. Als Anerkennung durften sie im Finale mitmachen. CARLES PUYOL Der frühere Barcelona-Kapitän beeindruckte 2005 gegen Mallorca. Als seine Mitspieler einen Gegner attackieren wollten, der ihm ins Gesicht geschlagen hatte, stellte sich Puyol schützend vor den Übeltäter.

TIMO BOLL Das Tischtennis-Ass verzichtete 2002 bei den Qatar Open auf einen Protest gegen Ma Long, obwohl der im Semifinale seinen Schläger verbotenerweise neu geklebt hatte.

AJAX AMSTERDAM Nachdem Jan Vertonghen gegen Leeuwarden „irrtümlich“ das 3:0 erzielt hatte (Ball nach Behandlungspause zurückgespielt), ließ man den Gegner kampflos zum 3:1 scoren.

JAN ULRICH 2003 wartete der später überführte Dopingsünder auf einem Bergpass geduldig auf seinen gestürzten Konkurrenten Lance Armstrong (ebenfalls gedopt), statt aus dessen Malheur Kapital zu schlagen.

DAVIDE BALLARDINI Der Genua-Coach lief 2013 im Spiel gegen Roma aufs Feld, um einen Angriff seines Teams zu unterbinden – weil er sah, dass ein Roma-Spieler behandelt werden musste.

LARS STINDL Der Ex-Hannover-Stürmer sperrte sich 2012 selbst, indem er den DFB darauf hinwies, dass seine fünfte gelbe Karte ignoriert wurde.

IVAN FERNANDEZ ANAYA Der Spanier merkte beim Crosslauf in Burlada, dass Leader Mutai (KEN) zu früh stehenblieb. Statt zu überholen, zeigte er ihm, wo sich die Ziellinie befand und blieb Zweiter.

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„Wir brauchen Fairness um jeden Preis“ Um die Schattenseiten des Hochleistungssports in Zaum zu halten, setzt Sportsoziologe Otmar Weiß auf den zivilisatorischen Fortschritt: Bildung, Demokratisierung und eine humanistisch geprägte Sozialisierung der nächsten Generationen sollen Doping, Gewalt und Korruption im Sport zurückdrängen.

UNIV.-PROF. DR. MAG. OTMAR WEISS, 65,

Leiter des Instituts für Sportwissenschaft und Universitätssport an der Uni Wien.

Man sagt: Der Sport ist ein Spiegelbild der Gesellschaft. Die ist nun mal äußerst erfolgsorientiert. Ist es da nicht ausgesprochen unfair, ausgerechnet von SportlerInnen lupenreines Fair Play zu fordern? OT MA R W E I SS: Erfolgsorientierung und Fair Play schließen einander nicht aus. Man sieht es in der Champions League, man sieht es im Tennis. Mit wie viel Respekt einander etwa Federer und Nadal begegnen. Das hat Vorbildwirkung, diese Symbolik geht um die Welt. Für die Liste der Gegenbeispiele reicht mein Platz nicht: Doping, Wettbetrug, Fan-Ausschreitungen, Korruption, versteckte Fouls ... Sicher, im Sport gibt es alles, was es auch in der Gesellschaft gibt, nur ist es im Sport sichtbarer. 100 % Fair Play werden wir nie erreichen. Das heißt aber nicht, dass wir nicht jeden Tag danach streben sollten. Aber wie kommen wir diesem Idealzustand näher?

Schon die Kinder müssen Fair Play verinnerlichen – durch permanentes Einüben, am besten durch Wettkämpfe, so früh wie möglich. Nirgends lernt man exekutive Funktionen – wie das Umgehen mit Sieg und Niederlage – besser. Es braucht die richtige Sozialisation, die richtigen Vorbilder. Eltern, Trainer, Lehrer – wir alle sind gefordert bei diesem langwierigen Prozess. Die Mutter schon vor der Geburt, im ersten Lebensjahr, wo es gilt, Geborgenheit und Vertrautheit aufzubauen. Vertrauen ist die Basis von allem. Vertrauen in die Gesellschaft. Wenn ich vertraue, dass mein Gegner nicht dopt, habe ich selbst viel weniger Grund, es zu tun. Viele Doper sehen sich aber gar nicht als Betrüger. Sie reden sich ein, Chancengleichheit herzustellen. Wir sprechen vom Prisoner’s Dilemma: Man glaubt, die anderen dopen, also muss man auch. Halte ich die anderen für sauber, ist die Versuchung trotzdem groß, weil es meine Chancen erhöht. Diese Fragen dürfen sich gar nicht erst stellen. Der Schlüssel dazu sind Sanktionen, aber in einem viel höheren Maß Bildung, Humanisierung, Demokratisierung. Die demokratischen Systeme stehen vielerorts unter Druck, die Humanisierung schreitet auch nicht galoppierend voran. Sind das nicht schlechte Rahmenbedingungen? Ich halte es da mit Norbert Elias, der, zumindest in Europa, seit dem Altertum einen stetigen Demokratisierungs- und Zivilisierungsprozess ortet. Der kann 110% FA IR PLAY

Rückschläge erleiden, so wie jetzt eben, wir können kurzzeitig sogar in die Barbarei zurückfallen, aber der Trend ist ungebrochen. Wir sehen auch im Sport, dass Gewalt zunehmend verdrängt wird. im Boxen, in der Formel 1. Man will keine Toten mehr sehen, die Scham- und Peinlichkeitsschwelle hat sich merkbar verschoben. Der Fair-Play-Gedanke hat vom Sport aus seinen Siegeszug angetreten und mittlerweile Gesellschaft, Wirtschaft und Politik erfasst. Müsste man, um Fair Play zum Durchbruch zu verhelfen, nicht zuerst den Erfolgsdruck abmildern? Zweifellos. Wir brauchen einen Paradigmenwechsel. Weg von: Erfolg um jeden Preis. Hin zu: Fairness um jeden Preis. Wir müssen in der Trainerausbildung stärker auf Ethik fokussieren, da passiert noch viel zu viel an negativer Sozialisation. Frei nach Max Merkel: „Ihr braucht nicht selbst Fußball zu spielen, es reicht, wenn ihr die anderen daran hindert, es zu tun.“ Ganz im Gegenteil muss sich die Erkenntnis durchsetzen: Nur ein durch Fair Play errungener Sieg ist ein schöner, wertvoller Sieg.

Foto: Barbara Mair

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tmar Weiß kennt all die Auswüchse des modernen Spitzensports. Muss er auch. Er ist Sportsoziologe, Österreichs renommiertester. Nebenbei aber auch Humanist und allein schon deswegen unverbesserlicher Optimist. Wenn’s drum geht, Fair Play zum Durchbruch zu verhelfen, ist eine Passage des Special-Olympics-Eids Programm: „Doch wenn ich nicht gewinnen kann, lasst mich mutig mein Bestes geben!“


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DER COUP MIT DER COUPE Die abenteuerliche Geschichte des einzig wahren WM-Pokals: Von den Nazis gejagt. Aus Vitrinen gestohlen. Von einem Kläffer erschnüffelt. Mutmaßlich zu Goldbarren eingeschmolzen. Wenn’s stimmt, muss ein Alchemist am Werk gewesen sein. Wenn nicht, stellt sich die Frage: Wer erfreut sich seit 35 Jahren am Glanz des heiligen Grals des Weltfußballs? Text: Manfred Behr

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Foto: Getty Images

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Brasiliens Kapitän der WM 1970, Carlos Alberto, war der vielleicht letzte Kicker, der die Hand an der Coupe Jules Rimet hatte.

r gilt als begehrteste Trophäe des Sports und bringt knapp fünf Kilo 18-karätiges Gold auf die Waage – allein der Materialwert beläuft sich auf 125  000 Euro. Und doch fehlt es dem FIFA-WM-Pokal an Charisma, an Geschichte, nicht mal ein eigener Name ist ihm vergönnt. Sein Vorgänger konnte mit all dem dienen: die Coupe Jules Rimet, ein Art-Déco-Meisterwerk von Abel Lafleur aus dem Jahr 1929, das die Siegesgöttin Nike zeigte. Hinter ihr waren 1943 schon die Nazis her, durchsuchten die Wohnung des italienischen Verbandspräsidenten Barassi in Cremona, übersahen aber eine Schuhschachtel unter dessen Bett. Futsch war der heilige Gral des Weltfußballs dann 1966 wirklich – gestohlen aus der Westminster Hall. Ein Trittbrettfahrer nutzte die Gunst der Stunde zu einem schusseligen Erpressungsversuch, eine Woche später fand ein schwarz-weißer Collie namens Pickles den Pokal unter der Hecke eines Reihenhauses im Süden Londons. Der Kläffer wurde weltberühmt, mit Filmangeboten überschüttet, strangulierte sich jedoch bedauerlicherweise ein Jahr später beim Versuch, eine Katze auf einem Baum zu stellen, mit seiner eigenen Leine. 1970 fand der Pokal seine letzte Ruhestätte. Statutengemäß im Land des ersten dreifachen Titelträgers – Brasilien. In der Rua da Alfandega zu Rio, Sitz des Verbandes. Dort drangen, beauftragt vom Bankmanager Sérgio Peralta, in den Nachtstunden des 19. Dezembers 1983 Chico Barbudo und Luiz Bigode ein, überwältigten den Nachtwächter und machten sich mit der Trophäe aus dem Staub. Ans Messer lieferte das Trio ein weiterer Strizzi, genannt Broa, der es ablehnte, bei dem Coup mitzumachen, weil sein Bruder just in dem Moment an einem Herzinfarkt verstarb, als Kapitän Carlos Alberto 1970 den Pokal in die Höhe reckte. Auch 35 Jahre später fehlt von der Trophäe jede Spur. Obwohl die Täter mutmaßlich gefoltert und zu je neun Jahren Gefängnis verurteilt wurden. Die Ermittler gingen davon aus, dass der Goldhändler Juan Carlos Hernández, kurz nach dem Diebstahl plötzlich Besitzer eines Luxusappartements, Brasiliens Stolz zu Goldbarren verarbeitet hat. Ganz wasserdicht scheint die Theorie indessen nicht. Hernández hätte dafür alchemistische Fähigkeiten benötigt. Die Coupe Jules Rimet war aus vergoldetem Sterlingsilber gefertigt worden.


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Aus der Art geschlagen Deutschlands Abwehrbollwerk Mats Hummels (29) bedient kaum ein Fußballer-Klischee. Der Weltmeister von 2014 antwortet, wo andere schweigen, eckt an, wo sich andere unterordnen, polarisiert, wo andere herumlarvieren. Dafür nimmt er vom Stirnrunzeln bis zum Shitstorm so manche Empörung in Kauf und grätscht sie mit Sarkasmus weg. Text: Manfred Behr  Fotos: Nils Schwarz

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eltmeister Deutschland. Ein Team, viele Gesichter, ebenso viele Charaktere. Bodenständige wie Thomas Müller. Unergründliche wie Mesut Özil und Ilkay Gündogan, die sich vom wahlkämpfenden Despoten vereinnahmen lassen oder, noch schlimmer, bereitwillig und freudig erregt beim Stimmenfang mitwirken. Hochgradig seriöse wie Manuel Neuer oder Joshua Kimmich. Einfach gestrickte wie Marco Reus, der sich einst dabei erwischen ließ, mit prolligen Benzinschleudern Tempolimits zu negieren, obwohl er lediglich im Besitz eines niederländischen Führerscheins war. Eines gefälschten, sonst wär’s ja nur halb so lustig. Unbedachte wie Julian Draxler, der kurz nach dem Wechsel in seine frühere fußballerische Wahlheimat Wolfsburg befand, das Beste an ihr sei die kurze Zugfahrt nach Berlin. Und es gibt Mats Hummels. Der ist vor allem eines: aus der Art geschlagen. Und zelebriert

dieses Anderssein mit viel Verve – ähnlich wie hierzulande einst Schwimmtorpedo Markus Rogan. Nur ohne dessen Hang zum nervigen Oberlehrer. 4,1 Mio. Freunde auf Facebook, je zwei Millionen Follower auf Twitter und Instagram. Da schlummert massig Potenzial für Shitstorms, wenn man geneigt ist, mehr als ein paar Hashtag-Verpflichtungen abzuarbeiten. Und Mats Hummels ist geneigt. Wenn der Weltmeister von 2014 vom Balkon des Urlaubsdomizils direttissima in den Pool hüpft, sind die Bedenkenträger verlässlich zur Stelle („schlechtes Vorbild!“). Wenn er sich verletzungsbedingt einen Urlaub mit den Kumpels genehmigt, während die DFB-Kollegen für zwei Testspiele schuften, detto („schlechte Einstellung!“). Er kontert dann mit unaufgeregten („Sieht spektakulärer aus, als es ist“) bis leicht sarkastischen Kommentaren („An alle ,Experten‘: Ich habe Schmerzen beim Laufen, Passen und Schießen. Sitzen, Stehen, Hüpfen, ja 110% FA IR PLAY

sogar Liegen geht!“). Den Titel des deutschen Social-Media-Sportlers hat er zwar schon für 2017 abgeräumt, die Formkurve zeigt aber weiter nach oben. Als ihm sein Arbeitgeber Bayern München vor dem Champions-League-Rückspiel bei Real Madrid einen Auftritt bei der Pro7-Show „Beginner gegen Gewinner“ untersagte, twitterte Hummels mit subtilem Humor: „Schade ... Muss mich in der Nahrungskette noch etwas nach oben arbeiten.“ Die Wortgewandtheit dürfte ihm von seiner Mutter in die Wiege gelegt worden sein. Ulla Holthoff war die erste Frau, die ein Spiel der deutschen Bundesliga im TV kommentieren durfte. Die frühere DSF-Fußballchefin gilt auch als Erfinderin des Fußball-Stammtischs „Doppelpass“. Sein Vater Hermann hingegen, wegen dessen Engagement als Jugendcoach beim FC Bayern (wo er u.  a. Thomas Müller und Toni Kroos begleitete) die Familie 1995 von Mainz nach München umgezogen war, versuchte, dem Junior zwei Dinge mitzugeben: seinen eigenen


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M. Humme ls Geboren: 16.12.1988 in Bergisch Gladbach Wohn- und Heimatort: München Größe/Gewicht: 191 cm/90 kg Schuhgröße: 46 2/3 Familienstand: verheiratet mit Cathy, Sohn Ludwig (5 Monate); Position: Innenverteidigung Karrierestationen: 1995–2008 und seit 2016 FC Bayern, 2008–2016 Borussia Dortmund Bundesligaspiele: 279 Länderspiele: 63; Größte Erfolge: Weltmeister 2014, ChampionsLeague-Finalist 2013, viermal deutscher Meister, einmal Pokalsieger, dreimal Supercupsieger Marktwert: 60 Mio. Euro Sonst noch? Testimonial für Hugo Boss, TAG Heuer, Adidas; UNICEF-Botschafter, Mitglied bei Common Goal.

Weg zu gehen nämlich, weil ihn auf diesem keiner überholen könne. Und, ungleich profaner, sich dem großen Ganzen unterzuordnen, immer im Sinne der Mannschaft zu handeln, den Hang zum Plaudertäschchen zu unterdrücken. Wegen jenem fand er sich nach einer gelben Karte für Schiedsrichterkritik stets umgehend auf der Reservebank wieder. Nachhaltig gefruchtet hat die Disziplinierungsmaßnahme nicht. Hummels liebt es, gefragt zu werden – und sei es von den Teamkollegen, denen er die Krawatte binden soll –, er ergreift aber auch gern selbst das Wort, oft in eigener Sache, was ihm mitunter als Aufmüpfig-

„Wundern braucht man sich nicht, dass es kaum noch Spieler gibt, die sagen, was Sache ist.“

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keit und Arroganz ausgelegt wird. Ebenso wie seine Bemühtheit, sich vom eigenen Milieu abzugrenzen, die kluge, intellektuelle Spielart des Fußballers zu geben. Damit muss man als Mitspieler umgehen können, als Fußball-Konsument genauso. „Wenn ich mit dem, was ich sage, schon polarisiere, dann fehlt mir ein Stück weit das Verständnis. In den 80er-Jahren hätte das keinen Menschen aufgeregt. Wundern braucht man sich jedenfalls nicht, dass es kaum noch Spieler gibt, die sagen, was Sache ist, die kritische Themen anpacken. Und die Zahl wird weiter sinken, wenn jedes Wort auf die Goldwaage gelegt, auf mögliche Skandälchen abgeklopft wird“,

Fotos: nilsschwarz.com

Hummels gilt als stilsicher und ist im Team erster Ansprechpartner, wenn’s ums Binden von Krawatten geht.


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befürchtete Hummels einmal in einem „Focus“-Interview. Um an die Zahl der „Skandälchen“ heranzukommen, die seiner Frau Cathy Hummels, ehemals Fischer, in den sozialen Netzwerken „angelastet“ werden, wird der 29-Jährige ohnehin zwei Leben benötigen. Seit elf Jahren ist die Ex-MissFC-Bayern mit dem damaligen Jurymitglied liiert, seit 2015 verheiratet. Wobei Internettrolle im Vorfeld der Hochzeit feixten, sie erwarteten, dass der Womanizer künftig als Mats Fischer auflaufen würde. Daneben gelegen. Seit der WM in Brasilien ist das Shitstorm-Fadenkreuz frontal auf die Trägerin eines Bachelor der Wirtschaftswissenschaft gerichtet. Unverschuldet? Zweifel sind angebracht.

In Malawi mischte sich UNICEF-Botschafter Hummels unters junge Fußballvolk.

Am Karrierebeginn ein großer Grübler, zählt Hummels heute zu den hektikresistentesten Spielern.

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Während besagter Weltmeisterschaft verfasste die Fashionista für die „Bild“ eine Kolumne mit dem sinnstiftenden Titel „Cathy geht Style“ und bekam zusätzlich zu „Spielerfrau“ den Künstlernamen „Soja Latte“ verpasst. Denn dieses Kaffeegetränk, das könne sie beschwören, hat ihren Liebsten von einem grippalen Infekt geheilt. So weit, so platt. Für den Sommer ist ihr erstes Buch angekündigt: „Stark durch Yoga“. War eh höchste Zeit, dass sich jemand dieses Trends annimmt. Auch die Idee, eine eigene Modelinie zu entwerfen – also wirklich! Vom Ehemann immerhin ist überliefert, dass er auf Cathys Fashion-Expertise schwört. Und von der Ehe, es soll nichts Schlimmeres passieren, dass es ihr an Eklats fehlt. Einen solchen witterten einige dafür letzten Oktober, als Bayerns Führungsriege den vierfachen deutschen Meister intensiv befragte, ob Thomas Tuchel, Hummels ehemaliger Trainer bei Dortmund, das Zeug zum Bayern-Dirigenten habe. Die Empfehlung könnte, gemessen am Fortschritt der Verhandlungen, eher verhalten ausgefallen sein. Was trotz einer Aussprache in jüngerer Vergangenheit nicht weiter verwundern würde – Hummels und Tuchel gingen 2016 nicht gerade im Guten auseinander. Das Abwehrbollwerk hatte damals im Pokalfinale gegen seinen neuen Verein nach 78 Minuten signalisiert, ausgetauscht werden zu wollen. Tuchel ließ zwischen den Zeilen anklingen, sein Kapitän hätte womöglich mehr aus sich herausholen können. Ein unfairer Vorwurf, zumal sich wenig später herausstellte, dass sich Hummels einen Muskelfaserriss in der Wade eingehandelt hatte. Auch im Verhältnis zu Deutschlands Nationalteamcoach Jogi Löw war anfänglich der Wurm drin. Hummels fühlte sich nicht ausreichend wertgeschätzt, und als er mutmaßlich wegen öffentlich vorgetragener Kritik ein paar Spiele auf der Bank schmorte, folgerte er messerscharf: „Beim DFB sieht man Kritik nicht gern.“ Ein Statement, das dieser tatsächlich nicht gern sah. Trotzdem entkrampfte das Verhältnis mit Löw zusehends, als Auffassungsunterschiede, wie die Rolle des Innenverteidigers zu interpretieren sei, ausdiskutiert wurden. Löw bevorzugte den kompromisslosen Abwehrrecken, Hummels war gewohnt, offensiv zu verteidigen, sein gutes Auge zu nutzen,

Fotos: Schneider Press/Frank Rollitz, Getty Images

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auch mal Bälle hinter die Abwehr, riskante Pässe zu spielen. Nicht umsonst wählte er auf Twitter den Nickname „Außenrist15“. Der einzige deutsche Verteidiger, der sich bis dahin anmaßte, eine derart feine Klinge in der Spieleröffnung auszupacken, war Franz Beckenbauer gewesen. Mit ein Grund vielleicht, dass DFB-Manager Bierhoff Mats Hummels mittlerweile nur mehr den „Unverzichtbaren“ nennt. Und das ganz ohne ironischen Unterton. Der „Geerdete“ wäre auch durchaus passend. Dafür mitverantwortlich: sein Freundeskreis, der sich seit Jugendtagen nicht verändert hat; eine Clique mit hohem Studentenanteil. In der er kein Fremdkörper geworden ist, auch deshalb, weil er, so sagt er jedenfalls, im Alltag nicht mehr Geld auszugeben pflegt als die Jungs. Den Urlaub einmal ausgenommen. Da hat das Ehepaar Hummels vor einiger Zeit kräftig investiert – in drei Villen mit eigenem Strand im kroatischen Posedarje. Wenn die Hummels gerade ausgeflogen sind, kann sich dort auch das

DFB-Manager Oliver Bierhoff bezeichnet Mats Hummels mittlerweile als den „Unverzichtbaren“. Und das ganz ohne ironischen Unterton. gemeine Volk einmieten – vorausgesetzt, es ist bereit, 455 Euro pro Tag für eine Extraportion Luxus abzuliefern. Den Eltern wiederum hat er den moralischen Imprint zu verdanken, sein eigenes, privilegiertes Leben als solches zu erkennen und dafür zu sorgen, dass das Elend anderswo ein klein wenig gelindert wird. Seit 2014 bringt sich Hummels bei UNICEF als Botschafter ein, hat eine Reihe von bestehenden und zukünftigen

Projekten in Malawi besucht. Eine Schule, die so desolat ist, dass unter einem Baum unterrichtet werden muss. Kinder, die am Unterricht gar nicht teilnehmen können, weil sie für ihre Familie sorgen müssen. Zudem setzt sich Hummels (wie seine Berufskollegen Juan Mata, Giorgio Chiellini, Shinji Kagawa u. a.) für „Common Goal“ ein, spendet ein Prozent seines Gehalts für soziale Fußballprojekte. Darauf hätten auch andere kommen können. Sind sie aber nicht. Weil sie womöglich lieber ausgetretene Trampelpfade benutzen als den ungleich beschwerlicheren, individuellen Weg. Den mit dem Überholverbot. Ungeachtet der latenten, künstlichen Empörung in den sozialen Medien attestieren PR-Experten dem Nationalspieler in Sachen Außenwirkung, in Sachen Außendarstellung, in Sachen sportlicher Entwicklung sowieso, eine Menge richtig gemacht zu haben. Da lässt es sich um vieles leichter verschmerzen, wegen eines Soja Latte durch den Kakao gezogen zu werden.

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HERZRASEN

Gemeinsam mit etwas mehr als elf Freunden hat der Wiener Gerhard Stochl vor 15 Jahren in New York einen Fußballclub gegründet. Heute ist sein Chinatown Soccer Club ein weltweites Phänomen und die vielleicht einzige Hobbymannschaft mit fetten Sponsoren und coolen Merchandising-Artikeln. Text: Johannes Stühlinger

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Fotos: Michael Halsband, Gerhard Stochl

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rgendwie ist’s schon noch recht früh am Morgen. Doch auf dem rund 100 mal 50 Meter großen Flecken Grün in Chinatown, New York geht’s schon bunt zu. Eine Handvoll halbjunger Männer läuft sich warm. Und am Spielfeldrand steht Gerhard Stochl. Der Wiener pumpt noch schnell einen Ball auf, dann kann’s losgehen. Mit dem Training. Was in dem Fall heißt: Schnell drei Mannschaften bilden – und ab geht die Post. Aber: Dribbling- oder Passspiel-Training – Fehlanzeige. Beim „Chinatown Soccer Club“ geht’s um Spiel und Spaß und noch ein paar andere Dinge. Aber sicher nicht um Bravourstücke, Pokale oder Blutgrätschen. Und Gerhard Stochl ist sozusagen der Vater dieser illustren Fußballrunde. Obwohl auf seiner Visitenkarte „Coach“ steht. „Das ist bloß lustig gemeint. In Wahrheit bin ich dafür zuständig, dass jeder sein Trikot anhat, die Gebühren für den Platz rechtzeitig bezahlt werden und immer ein Ball dabei ist. Platzwart also“, schmunzelt der 45-Jährige. Weil: „Die Jungs und Mädls sind manchmal genauso wie mein zweieinhalbjähriger Sohn Lukas.“ Allerdings nur auf dem Fußballrasen. Denn im echten Leben sind die insgesamt gut 50 Mitglieder dieses New Yorker Vereins alles andere als hilflos: Fast alle sind Kreative, die mit ihren Unternehmen ziemlich sehr erfolgreich sind. Hipster im bestgemeinten Sinne. Eben dieser Tatsache ist die Gründung der kickenden Gemeinschaft auch geschuldet. „Adidas organisierte 2002 ein Fußballturnier, das Leute ansprechen sollte, die eben eigentlich keine Fußballer oder Vereinsmeier sind“, erinnert sich Stochl. Genau das fanden er und ein paar Freunde relativ leiwand – und haben mitgemacht. Vielleicht hat dabei aber auch seine rot-weiß-rote Seele mitgespielt: „Ich bin in Wien aufgewachsen, und Fußball war somit immer Bestandteil meines Lebens“, erzählt der „Coach“. Nur das Spielen beim Verein war eben nie so seins. Mit 13 haute er den Hut auf den Ball der Admira. Das ständige Angeschrienwerden vom Trainer ist ihm dermaßen auf die Fußballsocken gegangen, dass er eben aufs Skateboard umgestiegen ist. Auf diesem rollte Stochl bald nach der Schule erst nach Los Angeles und dann weiter nach San Francisco, um schließlich als Fotograf für Skater- und Lifestyle-Shoo-

Dreimal pro Woche vor der Arbeit trifft sich eine hippe Truppe in Chinatown. Zum Kicken.

tings im Jahr 2000 in New York Fuß zu fassen. Und sich plötzlich doch wieder auf dem Rasen, der ihm auf ganz besondere Art und Weise die Welt bedeutet, wiederzufinden. „Wir haben nach dem Turnier gemerkt, dass es einfach Spaß macht. Dann gab es die Option, am Morgen auf dem Platz in Chinatown zu spielen, und heute tun wir das an drei Tagen in der Woche. Immer vor der Arbeit“, erzählt Stochl. Aus diesem spontanen Miteinander entstand schließlich das, was heute vermutlich weltweit einmalig ist: Die Truppe wurde zum Lifestyle-Phänomen! Merchandising-Artikel inklusive. Nicht, weil gewollt, sondern weil passiert. Weil eben das Know-how von Anfang an da war, wie der Fußball-Vater erläutert: „Wir haben Kreativ-Direktoren, Grafiker, Fotografen und Journalisten im Team. Das bedeutet, wir konnten von Anfang an sehr vieles einfach selbst machen.“ Vom Logo angefangen bis hin zu den Dressen. Aber auf einmal stand Adidas vor der Tür und produzierte mit den Burschen des Chinatown Soccer Clubs einen eigenen Fußballschuh. Mit der italienischen Marke Stone Island wurde eine Shirt-Kollektion 110% FA IR PLAY

C HIN AT O W N S OC C E R C L UB

Aus einer Laune heraus wurde der Chinatown Soccer Club vor mehr als 15 Jahren gegründet. Heute ist er der wohl hippste Kultverein der Welt.

MITG LIE DE R Die gut 50 Mitglieder des Clubs sind großteils Fotografen, Designer, Grafiker, Journalisten und – Feuerwehrmänner. AUFN A HME K RIT E RI E N Die Liste derer, die mit von der Truppe sein wollen, ist lang, doch der Kader voll – und somit muss man warten, bis jemand ausscheidet. Doch selbst dann sollte man mit einem der Mitglieder a) befreundet und b) kein Fußballfanatiker sein.


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„Natürlich bietet New York einen guten Boden für uns. Am Ende ist alles nur deshalb so gewachsen, weil jeder mit Herz bei der Sache ist.“

Keine echte Härte, das ist die Devise. StarFotograf Dominic Neitz musste dennoch einmal kräftig einstecken. 110% FA IR PLAY

entwickelt, und mit der Brand Incase ein ganz besonderer Rucksack. „Nachdem wir stets in der Früh vor der Arbeit trainieren, musste das einer sein, in den vom Fußball über Laptop und Hemd alles geordnet Platz finden kann“, schmunzelt Stochl. Eine wahre Sonderanfertigung also. Parallel wuchs die Fangemeinde des CSC, so das Club-Kürzel, und es folgte schließlich sogar ein Pop-up-Store in seiner Heimat – auf dem Wiener Karlsplatz. Kaum verwunderlich, dass sich längst Prominenz hinzugesellt hatte: Schauspielerin und Model Hope Watson gab ein Gastspiel in der Chinatown-Arena, die Starfotografen Peter Sutherland, Pep Kim und Dominic Neitz zählen genauso zur Truppe wie Skateboard-Legende Mark „The Gonz“ Gonzales. Doch auch wenn diese Entwicklungen aufgrund der kreativen Rahmenbedingungen irgendwie logisch erscheinen, können sie allein nicht der Grund für diese ganz besondere Dynamik sein. Das weiß auch Stochl: „Natürlich bietet New York einen guten Boden, und die Truppe vereint viele Skills, doch am Ende ist alles vor allem deshalb gewachsen, weil jeder mit Herz bei der Sache ist.“ Und kein Trainer wild herumbrüllt. Eben dieses Gesamtpaket ließ wohl den Funken überspringen und verhinderte das Zerbröseln der eingeschworenen Gemeinschaft. Der Chinatown Soccer Club ist sozusagen die Konstante inmitten einer sich dauernd neu erfindenden Weltstadt. Nicht nur als System, sondern auch für jeden Einzelnen. „Als wir angefangen haben, waren wir beim Training in der Früh ob so mancher Partynacht nicht auf der Höhe. Heute sind wir es nicht, weil unsere Kinder die Nacht zum Tag gemacht haben“, bringt es Stochl auf den Punkt. Sprich: Auch während sich die Leben der Club-Mitglieder verändert haben, ist der CSC einfach das geblieben, was er eben ist: Heimat. Familie. Und der Grundstein so mancher Karrieren und Jobs. Stochl selbst etwa wäre heute nicht in seiner Managerposition beim internationalen Medienriesen Vice, wäre nicht der CSC gewesen. Ein weiterer Grund, warum er und seine Kumpel drei Mal pro Woche so gern früher aufstehen als die anderen. Um am Ball zu bleiben – privat wie beruflich. Um dort aufzulaufen, wo jeder er selbst sein kann. Auf ihrem persönlichen Herz-Rasen.

Fotos: Peter Sutherland, Kevin Trageser, beigestellt

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W ie die Gr o ß en Man muss nicht in der Champions League spielen, um von Superbrands unterstützt zu werden. Beim CSC reicht der Spirit völlig aus, um coole Partner an Land zu ziehen.

Ein Rucksack, extra für die Bedürfnisse der CSC-Kicker von Incase.

Für den Chinatown Soccer Club fabrizierte Adidas eine limitierte Edition des Top Sala.

... und eigene Kappen. Anlass: das 15-Jahr-Jubiläum des Clubs.

Vom hippen Label Chrystie NYC gibt’s eigene Dressen ...

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DER PLATZHIRSCH Sobald die Fußball-WM ihre Schatten vorauswirft, läuft Adidas im Duell mit Dauerrivale Nike verlässlich zur Höchstform auf. Millionenbudgets werden geschnürt, um die Top-Nationen am sich zu binden. Doch nun scheinen die sport- und geopolitischen Entwicklungen die ehernen Gesetze ein Stück weit auszuhebeln. Text: Manfred Behr

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Fotos: Getty Images

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ngela Merkel konnte zufrieden sein: Gerade das erste WM-Trikot geschenkt bekommen, 89,95 Euro gespart. Und überhaupt: die Nummer vier – wie passend. Schließlich ist Deutschland vierfacher Weltmeister. Und die Kanzlerin hatte soeben ihre vierte Amtszeit begonnen. Nette Geste irgendwie. Wenn eine WM naht, weiß man bei Adidas, was zu tun ist. Da läuft man zur Hochform auf. Schon aus Tradition. Seit 1970 (und noch mindestens bis 2030) stellt man als offizieller Sponsor den Spielball zur Verfügung. Meist hatte man putzige Namen parat: Brazuca, Jabulani, diesmal, na ja, Telstar 18 (Bild unten). Und wieder hat man die Nase vorn im Wettstreit mit Nike, wer mehr WM-Teilnehmer ausrüsten darf (12:11). Ein einziges Mal, 2014, konnten die Amerikaner den Spieß umdrehen (9:10), am Ende aber hat man sich in Herzogenaurach erneut ins Fäustchen gelacht. Weil im Finale mit Deutschland und Argentinien erstmals seit 1990 zwei Adidas-Nationen um den Titel zangelten. Um den sechsten der letzten 38 Jahre. Drei Millionen Deutschland-Trikots wechselten damals den Besitzer. Gut für Umsatz und Gewinn, der Aktienkurs brach dennoch um 15 Prozent ein. Aus lauter Sorge, dass die fetten Jahre nun vorbei sein könnten. Diesmal dürfte die Euphorie gleich von vornherein ausbleiben: Die russische Kaufkraft liegt infolge der Sanktionen und des Ölpreisverfalls darnieder. 100 der 700 Adidas-Filialen mussten schließen, statt wie früher zehn entfallen derzeit gerade noch drei Prozent des Gesamtumsatzes auf den einstigen Hoffnungsmarkt. Im ersten Quartal 2018 rasselte der Umsatz noch einmal um 16 % nach unten, obwohl der Gastgeber zur WM-Kundschaft zählt. China und die USA hingegen, ungleich unabhängiger vom Fußball-Business, boomen mit Wachstumsraten jenseits der 20  %. Auch die FIFA meldet rund um die WM schleppende Geschäfte – erst die Hälfte der Marketingpakete ist verkauft. Das hat sich der Welt-Fußballverband nach dem Korruptionsstakkato der letzten Jahre allerdings selbst zuzuschreiben. Und Wladimir Putin, dem der investitionswillige Teil der Welt auch schon mal gewogener war. Die WM ist offensichtlich nicht mehr die Goldgrube von früher. Und Katar 2022

HINTERGRUND LAUF TITEL

EIN FALL FÜR ZWEI Nike und Adidas, die 80 % des weltweiten Fußballgeschäfts beherrschen, statten 23 der 32 WM-Teilnehmer und de facto alle Turnierfavoriten aus. Im Head-toHead zeigt sich: Die Amerikaner sind den Deutschen nach nur 25 Jahren im Fußballbusiness nahegerückt, das Überholmanöver will aber nicht so recht gelingen.

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B RA N C HE N PRIMUS Gründung: 1971; Mitarbeiter: 74 400; Umsatz 2017: 29,1 Mrd. Euro; davon Fußball: 2,0 Mrd.; börsennotiert seit: 1980; Kurssteigerung seit 05/17: 30 %; Börsenwert: 94 Mrd. Euro; WM-Titel seit 1978: 1 (Brasilien 2002); WM-Ausrüster für: Brasilien, Frankreich, Portugal, England, Kroatien, Polen, Nigeria, Südkorea, Australien, Saudi-Arabien.

DIESMAL DÜRFTE DIE EUPHORIE VON VORNHEREIN AUSBLEIBEN. DIE RUSSISCHE KAUFKRAFT LIEGT DURCH SANKTIONEN UND ÖLPREISVERFALL DARNIEDER.

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FUSSBA LLPRIMU S Gründung: 1948; Mitarbeiter: 60 617; Umsatz 2017: 21,3 Mrd. Euro; davon Fußball: 2,8 Mrd.; börsennotiert seit: 1995; Kurssteigerung seit 05/17: 11,5 %; Börsenwert: 51 Mrd. Euro; WM-Titel seit 1978: 6; WM-Ausrüster für: Deutschland, Spanien, Argentinien, Kolumbien, Belgien, Mexiko, Russland, Schweden, Ägypten, Marokko, Japan, Iran.

wird den Trend noch verstärken. Zudem poppen immer mal wieder die Geister der Vergangenheit auf. So soll das FBI angeblich sanften Druck auf Nike ausüben, den zuletzt 400 Mio. Euro schweren Zehn-Jahres-Deal mit dem brasilianischen Fußballverband nicht mehr zu verlängern. Grund dafür dürften etwaige Schmiergeldzahlungen bei der Anbahnung der Kooperation gewesen sein. Das Urbarmachen anderer Spielwiesen dürfte gerade Nike nicht schwerfallen. Der Konzern aus Oregon ist in den US-Kernsportarten American Football und Basketball tief verankert. Zuletzt hat man, ein absolutes Novum, mit LeBron James einen Werbevertrag auf Lebenszeit geschlossen. Trotzdem: So imageträchtig ist die Bühne einer Fußball-WM für Adidas und Nike dann schon noch, um der Konkurrenz nur Brosamen zu vergönnen. Kein anderer Player hat mehr als zwei Nationen im Portfolio. Besonders Puma, von Rudolf Dassler, dem Bruder von Adidas-Gründer Adi, aus der Taufe gehoben, kam ziemlich unter die Räder, rüstet statt zuletzt acht WM-Teilnehmer nur mehr die Schweiz und Uruguay aus. Unter anderem, weil das einstige Flaggschiff Italien auf Grund lief und auch Österreich alsbald vom rechten Kurs abkam.


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FAIR KLEIDET Wussten Sie, dass die Modeindustrie nach der Ölindustrie den größten Beitrag zur Umweltverschmutzung „leistet“? Das bedeutet, dass wir der Erde erheblichen Schaden zufügen, weil wir schnell und stylisch von A nach B kommen wollen. Dabei gibt es Alternativen, die mindestens genauso cool, aber dafür weniger schädlich sind. Sehen Sie selbst. Text: Christiana Ogunfojuri

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Saub e r e J e an s Dass pro Jahr circa zwei Milliarden Jeans weltweit produziert werden, ist nur eines von vielen Zeichen dafür, dass Denim aus unseren Kleiderschränken nicht mehr wegzudenken ist. Schließlich ist der „blue dream“ praktisch, vielseitig und schnell gestyled. Aber für die Umwelt der schlimmste Albtraum. Bis zu 11 000 Liter Wasser werden für die Entstehung einer (!) Jeanshose gebraucht. Ganz zu schweigen von den Pestiziden. Marken wie Nudie Jeans, Kings of Indigo und G-Star Raw möchten dem entgegenwirken und produzieren Jeans mit mehr Nachhaltigkeit.

Nat ur fas e r n Heutzutage ist es nicht mehr ganz so leicht, auf Plastik zu verzichten. Das künstliche Material versteckt sich überall – auch in unserer Kleidung. Aber dort lässt es sich dank Etiketten zumindest leicht auffinden. Wenn Sie der Umwelt etwas Gutes tun möchten, lassen Sie Teile aus petroleumbasierten Materialien (wie Polyester und Nylon) hängen und greifen stattdessen lieber zu Bio-Baumwolle und anderen Naturfasern. So werden nicht bei jedem Waschgang 1 000 Mikrofasern aus Kunststoff ins Meer geschwemmt, und Ihre Haut wird es Ihnen auch danken!

Up c yc l i n g / Re c yc l i n g Schnell, stylisch, schön ist die Devise vieler Fast-Fashion-Marken. Dass Mutter Natur dabei auf der Strecke bleibt, ist für eben diese nebensächlich. Dabei gäbe es viele Möglichkeiten, aus alten Teilen neue zu machen. Mit ein bisschen Geschick und der Hilfe des Internets spart man sich Geld und bekommt dafür individuelle Teile, die im Zweifelsfall kein(e) andere(r) hat. Das ist viel cooler als Kleidung zu kaufen, die dafür konzipiert ist, nicht länger als ein Jahr zu halten.

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( Nic h t so) Go ldige Zeit e n

Pelz frei

Der Preis für Gold ist hoch, und damit meinen wir nicht den monetären. Indigene Völker werden aus ihrer Heimat verdrängt, weil das Land als besonders ertragreich gilt. Währenddessen landen Quecksilber und andere Chemikalien im Wasser, nachdem man sie benutzt hat, um Gold von Erz zu trennen. Ein harter Schlag für die Natur, dem jetzt immer mehr Schmuckproduzenten entgegenwirken. So auch die britische Schmuckdesignerin Arabel Lebrusan. Sie produziert nur mit Fairtrade- und Fairmined-Gold und verlangt nicht mehr oder weniger als jedes andere Schmucklabel.

Nur weil „pelzfrei“ draufsteht, ist nicht gleich „pelzfrei“ drin. Ja, wir wissen, dass dieser Satz widersprüchlich ist. Aber Sie verstehen, worauf wir hinauswollen, oder? Immer wieder passiert es, dass Marken den kaum noch sichtbaren Unterschied ausnutzen und ihren Kunden heimlich Echtpelz verkaufen. Seien Sie also ruhig misstrauisch, wenn Sie sich beim Shoppen nicht sicher sind. Recherchieren Sie einfach nach – und im Zweifelsfall greifen Sie zu etwas ganz anderem.

ANZÜ GLICH Seit 2009 produziert das heimische Modeunternehmen in einer Schneidermanufaktur in Peru. Über 20 gehörlose Frauen schaffen dort nachhaltige Mode, die sich sehen lassen kann. www.anzueglich.at

GR ÜNE ERDE Wer bei Grüne Erde vorbeischaut, wird mehr als ökologische und faire Einrichtungsgegenstände finden. Hier gibt’s nämlich auch Mode und Kosmetik. Auch da sinken die Ansprüche nicht: Was Mutter Natur schadet und unter schlechten Bedingungen produziert wurde, hat bei dieser Marke nichts zu suchen. www.grueneerde.com

AVO C A DO STO RE Von der Mode bis hin zu Küchenutensilien: Alle 70 000 Produkte, die es im Avocadostore zu kaufen gibt, sind grün. Nicht umsonst ist er der größte Marktplatz für Fairtradeprodukte im deutschsprachigen Raum. www.avocadostore.at

MA RG A RE T & HE RMIO NE Gar nicht fischig ist das Wiener Label Margaret & Hermione. Hier wird stylische Bademode und Sportswear aus Fischernetzen, die im Meer herumtreiben und katastrophale Auswirken auf die Umwelt haben, gemacht. www.margarethermione.com

A RME DA N G E LS Die Kölner Fairfashion-Brand kreiert und verkauft nicht nur qualitative und nachhaltige Mode, sondern bietet auch eine umweltfreundliche Viskose-Alternative an: EcoVero. Vegan ist das Unternehmen zwar nicht, aber dafür vorbildlich ökologisch. www.armedangels.de

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VIDEO STATT PFEIFERL? Bei der WM in Russland ist er erstmals ganz groß da: der Videoschiedsrichter. Strittige Situationen werden also mittels Video analysiert und womöglich neu entschieden. Das polarisiert: Viele freuen sich über mehr Fair Play, andere sorgen sich um die Seele des Fußballs. Text: Johannes Stühlinger

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ange wurde diskutiert, jetzt gibt’s für Schiedsrichter erstmals bei einem internationalen Turnier Unterstützung durch Videoaufzeichnungen. Eine Realität, die Robert Sedlacek, Vorsitzender der Schiedsrichterkommission des ÖFB, grundsätzlich positiv sieht: „Der Großteil der Schiedsrichter befürwortet den Einsatz moderner Technik, auch die meisten Vereine sind dafür offen“, weiß der Fachmann. Schließlich gehe es bei der Sache vor allem darum, mehr Fairness zu schaffen – genauso wie es mit der kaum debattierten und somit längst akzeptierten digitalen Torlinientechnik gelungen ist. Bei dieser erkennt der Computer, ob der Ball im Tor ist – oder eben nicht. Allerdings versteht der 63-Jährige die Kritik am Videobeweis durchaus: „Man muss schon genau überlegen, in welchen Situationen und in wie vielen diese Option auch gezogen werden soll.“ Schließlich sei es aus seiner Perspektive durchaus positiv, dass es im Fußball eben nicht immer nur Schwarz oder Weiß gäbe. In seinen Augen wäre es schade, wenn etwa die auf ein Spiel folgenden Diskussionen am Stammtisch abebben würden. Doch bis – so wie schon in Deutschland – diese Technik auch in Österreich zum Einsatz kommt, wird noch etwas mehr Zeit vergehen: „Wir sehen die WM als Testlauf, von dem wir alle lernen können“, so Sedlacek. Außerdem sei die Realisierung vor allem auch eine Frage der personellen Ressourcen, die erst geschaffen werden müssten. Sollte es jedoch irgendwann so weit sein, plädiert er jedenfalls für einen „goldenen Mittelweg“. Wie dieser aussehen kann, wird sich zeigen. Vielleicht auf so manchem WM-Video aus Russland.

Robert Sedlacek, Vorsitzender der Schiedsrichterkommission des ÖFB, spricht sich dafür aus.

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CONTRA

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später ist es dann aufgrund des Videobeweises doch keiner. Was hat das auf den Zuschauerrängen für Auswirkungen? Ich habe Sorge, dass dieses abrupte Zerstören von Emotionen am Ende zu Aggressionen führen könnte.“ Und diese gelte es doch eher zu unterbinden. Da sei es dem 43-Jährigen lieber, mit mancher Fehlentscheidung eben leben zu müssen. „Weder das Leben noch der Fußball ist fair – so ist das nun mal“, sagt er schmunzelnd und betont gleichzeitig, dass andere Methoden – wie die Torlinientechnik – sehr positiv für das Rasenspektakel seien. Auch habe die Videotechnik gewiss ihre Berechtigung, etwa um Tätlichkeiten, die hinter dem Rücken des Schiedsrichters passieren, zu enttarnen. Jedenfalls mahnt Djuricin die Verantwortlichen zu einem besonders hohen Maß an Sensibilität und ist gleichzeitig froh, selbst nicht in entscheidender Funktion sein zu müssen. Weil: „Echt heikel!“

Fotos: istock, GEPA, Günther Schatzer

eine große Freude mit der bevorstehenden Einführung digitaler Schiriassistenz hat Goran Djuricin. Allerdings schickt der Cheftrainer des SK Rapid gleich voraus: „Ich bin natürlich der Meinung, dass alles, was der Fairness dient, gut ist. Auch muss der Fußball mit der Zeit gehen.“ Aber eben nicht unbedingt so, wie es nun Realität wird. Dies hat für ihn mehrere Gründe: „Wenn wir alles zerpflücken, führt das irgendwann in eine Richtung, die dem Sport aus meiner Sicht nicht gut tut.“ Außerdem sei selbst der Videobeweis am Ende kein Beweis: „In Deutschland erlebt man das jetzt schon: Sogar nach der Durchsicht mancher Videoaufzeichnung gibt es danach immer wieder unterschiedliche Meinungen.“ Hierbei würde sich das moderne System ad absurdum führen. Seine größte Sorge jedoch gilt den Fans und deren Reaktionen: „Da pfeift der Schiedsrichter Elfmeter, und zehn Sekunden

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Kein großer Fan des Videoschiedsrichters: Goran Djuricin, Cheftrainer SK Rapid


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Wer zahlt, schafft an Der Siegeszug von E-Gaming hält unvermindert an. Nun sollen endlich auch für die FIFA-Zocker goldene Zeiten anbrechen. Doch während Österreichs Profis der Champions League entgegenfiebern, könnte juristisches Ungemach drohen. Text: Manfred Behr  Fotos: Oliver Gast

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Rapid-Profi Mario Viska (31) und sein verlängerter Arm auf dem Spielfeld.

ie vier Grand-Slam-Turniere im Tennis. Die Boxkämpfe Mayweather gegen McGregor sowie Joshua vs. Klitschko. Und aus. Schon auf Rang sieben in der Liste der Sportwettkämpfe mit dem meisten Preisgeld scheint 2017 „The International“ auf, der höchstdotierte E-Sport-Event der Welt und das prestigeträchtigste Kräftemessen in „Dota 2“ (ein Echtzeit-Strategiespiel). Insgesamt wurden letztes Jahr in Seattle 24,7 Mio. Dollar ausgeschüttet, 23,1 davon zahlte die Community selbst über „Battle Passes“ ein. Mit „League of Legends“, „Smite“ und dem Ego-Shooter „Halo 5: Guardians“ liegen drei weitere E-Games mit ihrer Weltmeisterschaft preisgeldmäßig vor der Tour de France (2,3 Mio. Euro). Weit abgeschlagen: der Bereich der Sportsimulationen. Der Sieger des FIFA eWorld Cup 2018 in Paris kassierte nicht ganz so stattliche 200 000 Euro. Die Zeit der „Taschengelder“ sollte aber bald der Vergangenheit angehören. Neben WM, EM, Global Series, virtueller Bundesliga (Deutschland) und eBundesliga (Österreich, seit 2017) scharren eine Menge neue Formate in den Startlöchern: Premier League, Major League Soccer und – ziemlich sicher schon 2019 –

Champions sowie Europa League. Der bisherige Rechteinhaber Konami verzichtete, EA Sports hat offenbar das Rennen gemacht. Zudem leisten sich immer mehr reale Klubs ein eigenes Team für die virtuelle Welt. Bis zu 10 000 Euro pro Monat werden als Grundgehalt bezahlt – ohne Prämien, ohne Sponsoren. In Österreich stehen derzeit drei Profis – für ein bisschen weniger Geld – bei Bundesligaklubs unter Vertrag: Mario Viska (Rapid), David Klapil (Austria) und Andres Torres (Salzburg). Wobei Routinier Viska viel Pionierarbeit leistete. „Ich bin seit zwölf Jahren Profi, seit zehn kann ich davon leben“, erzählt der 31-Jährige, der zuletzt als „Legionär“ bei Schalke 04 unter Vertrag stand und mittlerweile auf sechs deutsche und fünf österreichische Meistertitel, zwei dritte Plätze bei Europa- und einen vierten bei Weltmeisterschaften verweisen kann. Viska, gewissermaßen der Grandseigneur der heimischen Szene, hat seinen Aktionsradius mittlerweile um das Management junger Spieler und eine Trainingsakademie erweitert. „200 Spieler zwischen zwölf und 65 durfte ich bisher trainieren. Die Hälfte wollte sich einfach einmal mit mir messen, etwa ein Viertel will als E-Sportler Fuß fassen.“

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David Klapil (Austria) gilt als besessener Trainierer. Während der Sommerpause will er maximal zwei Wochen aussetzen.

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Kopfsache. David Klapil blickt auf eine durchwachsene erste Profisaison zurück.

So geht Derby! Rapid & Austria in friedvoller Eintracht bei unserem Foto-Shooting.

Dafür hilfreich: Reaktionsschnelligkeit, gute Hand-Augen-Koordination, Spielübersicht, Ausdauer, Disziplin. David Klapil etwa betritt beinahe täglich sein „Büro“ im VIP-Bereich der neuen Generali Arena. Sein Werkzeug: drei Monitore, ein PC, eine PlayStation, ein Mikrofon und eine Webcam zum Streamen. Der 25-Jährige gilt als besessener Trainierer, bis zu sechs Stunden übt er Spielzüge, Tricks. „Ich bin ein selbstkritischer Typ, habe mir in meiner ersten Saison viel Druck auferlegt. Das ging zum Teil nach hinten los, der Kopf spielt in unserem Sport eine große Rolle.“ Die Community erweist sich dabei auch nicht immer als hilfreich: Neidgefühle sind an der Tagesordnung. Klapil ist als Ex-Triathlet und -Tennisspieler eher die Ausnahme, viele Zocker haben eine Fußballvergangenheit, manche sogar eine -gegenwart. Mario Viska ist beim FC Inzers-

dorf aktiv, Andres Torres (23) kickte unter Coach Toni Polster bei der Wiener Viktoria. „Ich habe zwar mittlerweile ein kleines FIFA-Bäuchlein bekommen, halte mich aber trotzdem fit. Wichtig ist, dass du die Freude am Zocken behältst. Wenn du dich quälen musst, um zu trainieren, ist es besser, du gehst spazieren“, ist Torres überzeugt. Was sonst noch anzuraten ist? Ein Sponsor! Die internationale FIFA-Karriere kann nämlich sonst schnell zum Minusgeschäft werden. Denn anders als in Österreich, wo im 85er-Modus (alle Spieler gleich stark) gespielt wird, tritt man international mit einem Ultimate Team an, kauft sich seine Formation zusammen. In einer Art Panini-Modus. Man erwirbt Päckchen um drei Euro von EA Sports, in der Hoffnung, Ronaldo, Messi oder einen anderen Kapazunder zu erwischen. Bei so genannten Lightning Rounds, bei denen eine begrenzte Zahl seltener Pakete für dann 20 oder 25 Euro in den Markt gepumpt wird, soll der Spieleentwickler binnen Minuten regelmäßig Millionenbeträge lukrieren. Ein Lootbox-Konstrukt, das beispielsweise in Belgien juristisch bekämpft wird, weil es stark an ein Pay-to-Win-System angelehnt ist, das dem Glücksspielgesetz unterliegen muss. Derzeit fiebert die Szene der Präsentation von „FIFA 19“ von 9. bis 11. Juni in Hollywood entgegen. Österreichs Profi-Trio ist wild entschlossen, mit der neuen Version richtig durchzustarten. „Letzten Herbst waren wir alle auf die neue eBundesliga fokussiert, haben den Beginn der WM-Qualifikationsphase ein wenig verschlafen“ gibt David Klapil zu. In der Folge ging die Weltmeisterschaft ohne Österreich über die Bühne. So realitätsnah muss die virtuelle Welt ja dann doch nicht sein.

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F IFA , L oL & C o. : Ol y mpia in Sic h t

Die ewig junge Frage, ob E-Gaming Sport, Geschicklichkeitsspiel oder einfach nur Zeitverschwendung sei, ist noch immer nicht zweifelsfrei beantwortet. Nun aber hat das Olympic Council of Asia (OCA) erst einmal Fakten geschaffen: E-Sports werden bei den Asienspielen 2018 in Jakarta ihr Debüt als Demonstrationswettbewerb feiern, vier Jahre später in Hangzhou werden sie offiziell ins Programm aufgenommen. Welche der 46 Videospiele, die als E-Sports klassifiziert sind, zum Zug kommen, ist noch nicht geklärt. So weit ist es mit der Akzeptanz in unseren Breiten noch nicht, obwohl auch die verstocktesten Traditionalisten an diesen Zahlen nicht vorbeikommen: Weltweit wurde 2017 um ein Preisgeld von 82 Mio. Euro gespielt. Als bestverdienender

Profi gilt der Deutsche Kuro „KuroKy“ Takhasomi mit einem erspielten Preisgeld von bisher drei Millionen Euro. Weltweit verfolgen 165 Millionen Menschen E-Sports regelmäßig, 40 % davon sind selbst keine Gamer. Die Zahl wird 2020 auf 286 Mio. steigen. Weltweit betrachtet war „League of Legends“ („LoL“) 2017 mit knapp 100 Millionen SpielerInnen pro Monat das beliebteste E-Sports-Spiel, „FIFA“ (12,3 Mio.) folgte auf Platz sechs. Als spielstärkste Nation hat sich Deutschland etabliert, die Stars der Szene aber kommen aus England: Bis vor Kurzem galt der Weltmeister von 2017, Spencer „Gorilla“ Ealing, als unangefochtene Nummer eins, hart bedrängt von Rising Star Donovan „DhTekKz“ Hunt, ein 16-jähriges Wunderkind an der Xbox.

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FACEBOOK GEGEN FANBLOCK Eines steht fest: Die Fußball-WM in Russland wird weltweit für Euphorie sorgen. Weniger erfreulich hingegen ist die Situation bei Österreichs Bundesligaklubs: Alle kämpfen mit schwindenden Zuschauerzahlen und ihre Fanklubs mit Nachwuchssorgen. Schuld daran sollen die sozialen Netzwerke sein. Text: Johannes Stühlinger

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s gibt einen guten Grund, warum viele Fußballklubs die Rückennummer 12 an keinen ihrer Spieler mehr vergeben: Sie soll den Fans vorbehalten bleiben, dem so genannten „12. Mann“. Das unterstreicht die Wichtigkeit, die Fans und Fanklubs für ihre jeweilige Mannschaft haben. Man zollt ihnen so Respekt. Doch genau dieser 12. Mann bleibt in der heimischen Liga immer öfter zu Hause, statt in der Fankurve für Wirbel zu sorgen. Das besagt die aktuelle Besucherstatistik der Bundesliga für die Saison 2017/2018. Fast jeder Verein weist heuer ein durchaus kräftiges Minus im Vergleich zur Vorsaison auf. Ein unerfreuliches Ranking, das offenbar in keinem Zusammenhang mit der Spielstärke der Mannschaften steht – selbst die drei starken Spitzenklubs sind vom Fanschwund massiv betroffen: So weist Red Bull Salzburg ein Minus von –13,71 % auf, Puntigamer Sturm Graz liegt bei – 5,58 %, und der SK Rapid Wien verzeichnet –12,01 %. Und das ist kein nationales Phänomen, wie der Blick über die Grenzen bestätigt. Deutsche Vereine kämpfen genauso mit schwindenden Zuschauerzahlen wie jene im Heimatland des Fußballs selbst: In England ist das Problem sogar so groß, dass BBC eine eigene Studie in Auftrag gab und 1 000 Fans von 200 Vereinen in der Altersgruppe 18 bis 24 Jahre befragen ließ. Fazit: Für etwa drei Viertel sind soziale Medien die Informationsquelle Nummer eins, wenn es um Fußball geht. Andere Angebote sind nur für etwa ein Viertel von Relevanz. Mittlerweile hätten auch einschlägige Applikationen auf Smartphones das Fernsehen als Informationsquelle abgelöst, wie aus der Studie hervorgeht. Vor dem Hintergrund der abnehmenden Anzahl an jungen Fans, die regelmäßig ins Stadion gehen, ergibt sich derzeit im Vereinigten Königreich eine Konstellation, in der sich immer mehr junge Menschen vom Fußball gar ganz abwenden. Außerdem gibt die Studie einen wenig erfreulichen Ausblick in die Zukunft: Entwicklungen wie jene, dass man mittels Virtual-Reality-Brille ein Fußballspiel live verfolgen kann, dürften den Negativtrend dramatisch verstärken. Warum sollte man noch eine mühevolle Reise auf sich nehmen, um im Stadion vor Ort sein zu können?

Einer der wenigen Vereine, deren Anhängerschaft treu ist und nicht abzuwandern droht: St. Pauli in Deutschland.

Deutsche Vereine kämpfen genauso mit schwindenden Zuschauerzahlen wie englische. Deshalb hat die BBC eine Studie in Auftrag gegeben.

Aber zurück nach Österreich. Hierzulande bestätigen Fanklub-Verantwortliche – zumindest hinter vorgehaltener Hand – gröbere Nachwuchssorgen. Ein Fanklubgründer aus Salzburg sagt etwa: „Mir kommt es so vor, als ob die Salzburger Fans nur dann ins Stadion kommen, wenn der Gegner einen echten Namen hat.“ Und das Magazin „11 Freunde“ geht mit dem Spitzenklub besonders hart ins Gericht: „Der österreichische Serienmeister fristet ein trauriges Dasein in der Bedeutungslosigkeit, ohne richtige Fans, ohne echte Emotionen, ohne wirkliche Gegner, ohne greifbare Mission.“ Tatsache ist jedenfalls, dass diese Entwicklung bei den Verantwortlichen naturgemäß für intensives Stirnrunzeln sorgt. Vor allem aber bei Cupsieger Sturm,

der eine der besten Saisonen der letzten Jahre gespielt hat, steht man vor einem Rätsel. Geschäftsführer Günter Kreissl: „Natürlich sind wir enttäuscht. Denn das, was sich alle wünschen, nämlich dass Sturm gut performt, gelingt uns ja. Wir würden uns freuen, wenn die Leute das honorieren würden, indem sie ins Stadion kommen“, schüttelt er ratlos den Kopf und spekuliert über mögliche Hintergründe: Wahnsinnskälte im Frühjahr, ein schlechter Start in die Saison, mangelnde Spannung aufgrund zu großer Punkteabstände zwischen Verfolger und verfolgter Mannschaft. Seitens der Fanklubs hingegen beruft man sich auf die BBC-Studie und macht die sozialen Netzwerke, allen voran Facebook, als übermächtige Gegner aus.

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FA N S IN ZAHLEN Zuschauerstatistik der österreichischen Bundesliga für die Saison 2017/18 (Stand: 14. Mai 2018) im Vergleich zur letzten Saison: FC RE D B ULL SA LZ B UR G : –13,71 % SK PUN T IG A ME R ST URM G R A Z: –5,58 % SK RA PID W IE N : –12,01 % LASK : (Aufsteiger, keine Vergleichszahlen) FC FLY E RA LA RM A DMIR A : –14,90 %

Gerade junge Fans bleiben verstärkt den Stadien fern.

geteilten Inhalte eben oft sehr intelligent verpackte Wunschinhalte von Sponsoren und Vereinsführung. Gleichzeitig würden von Fanklub-Mitgliedern gerade im Web oftmals unsympathische Extreme offenbart, Gewaltgedanken etwa. „Das schreckt die meisten Fans ab, sie wollen nicht in irgendeine Ecke gestellt werden.“ Die größte Stärke der Fanklubs sieht Götz darin, als eine Art Korrektiv der Vereine aufzutreten: „Gerüchte, Skandale und echte Geschichten – damit könnte man Fans wieder an sich binden.“ Denn das

BE RN D KRON AWE TTE R

Der langjährige Chefredakteur von „Sturm Online“ sieht in den digitalen Welten für Fanklubs mehr Chancen als Gefahren.

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FK AUST RIA W IE N : –11,07 % C ASHPO IN T SC R A LTAC H : –19,12 % RZ PE LLE TS WAC : –25,51 % SK N ST. PÖ LT E N : –28,81 %

liefert kein digitales und diversen Unternehmensregeln unterliegendes Spieleroder Vereinsprofil. Kronawetter sieht für die organisierte Anhängerschaft ebenso nicht nur einen Gegner in Facebook: „Das Miteinander, das ein Fanklub bietet, kann keine digitale Welt liefern. Vielmehr kann man aber die Netzwerke nutzen, um sich besser zu organisieren und sich selbst als Fangemeinde wieder interessanter zu machen“, so der 42-jährige Grazer. Sprich: Für den 12. Mann hat die letzte Stunde noch lange nicht geschlagen. Doch dafür muss wohl auch dieser lernen, mit der Zeit zu gehen. Und das, bevor es fünf vor zwölf ist.

Fotos: Getty Images, Alois Lipp

Bernd Kronawetter, Kenner von Sturm Graz und einst langjähriger Chefredakteur von „Sturm Online“: „Die Problematik ist mir bekannt, und ich kann mir einen Zusammenhang zwischen Social Media und Fan-Gemeinde durchaus vorstellen“, bestätigt er. Schließlich käme der Einzelne über digitale Kanäle inzwischen viel einfacher und viel näher an seine Stars heran als über die Fanklubs. Man könne direkt in Kontakt treten und bekomme Einblicke, die kein Fanklub gewähren kann. Gänzlich nüchtern analysiert Social-Media-Profi Stephan Gustav Götz von der Agentur MediaBrothers die Situation: „Die Sportkommunikation wurde unter anderem mit den sozialen Netzwerken um vieles professioneller. Man hat erkannt, dass man als Verein seine Fans direkt erreichen und sie auch noch mit sehr gut aufbereiteten und gefilterten Inhalten bespielen kann.“ Als Anhänger eines Klubs bekommt man also bei den digitalen Profilen von Vereinen und Spielern das Gefühl, näher zu sein. Es würde suggeriert, dass die Gatekeeper, die sonst zwischen Fanklubs und Vereinen stehen, ausgeschaltet werden. Doch in Wahrheit sind die auf Facebook und Co.

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46 PORTRA IT

VODKA’S COMING HOME Was braucht man, um die WM in Russland so richtig genießen zu können? Vodka natürlich. Nur gut, dass seit Kurzem ein junger Österreicher waschechten Kartoffelvodka brennt. Mitten in Niederösterreich. Text: Johannes Stühlinger

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uss originaler Vodka wirklich aus Erdäpfeln hergestellt werden? Das, liebe Trinkspielfreunde, ist mehr Legende als Realität. Aber: Tatsächlich wird das kräftige Gesöff zumindest in den Ländern, die dafür berühmt sind, zumeist aus den braunen Knollen destilliert. Kurz: Die Russen schwören auf Kartoffeln als Grundlage für ihr Nationalgetränk. In unseren Breiten hingegen wird er größtenteils aus Getreide hergestellt. Bis jetzt jedenfalls. Denn derzeit mischt ein junger Mann aus DeutschWagram mit dem ersten österreichischen Kartoffelvodka den Markt auf: Andreas Horvath mit seinem „Kartoff Vodka“. Bereits beim „World Spirits Award 2014“ heimste er damit die Goldmedaille ein, und inzwischen wird in gut 50 österreichischen Bars und Lokalen sein „russisches Wasser“ in feine Cocktails gerührt und geschüttelt – Tendenz steigend. Darunter sind auch bereits klingende Namen wie jener des Wiener Sternerestaurants „Blue Mustard“. Und das kommt nicht von ungefähr: „Vodka aus Kartoffeln hat eine leichte Süße, ist weicher am Gaumen – was man an den Schlieren im Glas erkennt – und eignet sich besonders gut für Cocktails“, erläutert der 26-jährige Lebensmitteltechnologe. Sein großes Glück: Er musste sich an den stimmigen Geschmack seines Produkts nicht erst herantasten: „Ich fülle ein altes Familienrezept ab“, schmunzelt er. Denn: Horvath ist das Destillieren sozusagen in die Wiege gelegt. Schon seine Großeltern hatten eine kleine Landwirtschaft im Burgenland und brannten unter anderem eigene Schnäpse, seine Eltern setzten weiter auf diesen Geschäftszweig. Andreas Horvath hat nun aus dieser Basis eine junge Lifestylemarke kreiert und eine zeitgeistige Philosophie beige-

mengt. Diese besagt: Nur österreichische Lebensmittel verwenden, diese veredeln und sie in einer modernen, hochwertigen und innovativen Ausstattung anbieten. Ein Zugang, den der junge Unternehmer übrigens in den USA gelernt hat. Schließlich hatte er schon mit zarten 20 Jahren seine Firma „Horvath’s Spezereyen Kontor“ nicht nur in Polen, sondern vor allem auch in New York erfolgreich hochgezogen. Hauptziel: das Familien-Produkt berühmt zu machen – was ihm gelungen ist. Aber warum ist der Geschäftsmann mit dem besonderen Spirit nun trotzdem wieder zurück im kleinen Österreich? „Ich hab’ es schade gefunden, dass der Vodka meiner Eltern nur in den USA bekannt ist, aber dass wir in Österreich nicht auch auf unseren Vodka setzen“, klärt er auf. Und weil seine Familie aber nicht nur Premium-Vodka abfüllt, gibt’s inzwischen auch schon Gin ( ja, auch aus Kartoffeln) und Haselnussvodka. Wer also nicht auf Vodka abfährt, darf auf andere Kartoff(el)-Destillate ausweichen. Auch wenn man dabei womöglich den WM-Gastgeber kränkt.

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Fotos: beigestellt

AN D RE AS H ORVATH

Nachdem er in den USA den Vodka seiner Familie populär machte, ist der 26-Jährige nun dabei, den heimischen Spirituosenmarkt aufzumischen.


47 LAUF TITEL

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TIPP

48 DAS JÜNGSTE GERICHT

So kann man Schwarzwurzeln auch mit einem Schnellkochtopf entsaften: Dreifuß einsetzen, Wasser rein und Auffangbehälter auf den Dreifuß stellen. Den gelochten Einsatz mit den Wurzeln in den Topf geben und bei offenem Ventil erhitzen. Vom Herd nehmen und abkühlen lassen. Fertig!

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49 DAS JÜNGSTE GERICHT

Hart, aber fair Es gibt wohl kein Lokal, das so brutal darauf achtet, nur regionale Produkte zu verwenden wie das „Nobelhart & Schmutzig“ in Berlin. Micha Schäfer ist für uns somit der fairste Chef der Welt. Und serviert uns heute: Spargel. Text: Johannes Stühlinger Fotos: Marko Seifert & Caroline Prange

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ie Philosophie von Micha Schäfer ist gnadenlos: In seine Küche kommen ausschließlich Zutaten aus der Region. Das ist in seinem Fall die Gegend rund um Berlin. „Wir nennen unsere Küche ,brutal lokal‘. Folglich gibt es bei uns weder Pfeffer noch Zimt, keine Zitronen, Vanille, keine Schokolade und erst recht keinen Thunfisch“, präzisiert der Sternekoch vom „Nobelhart & Schmutzig“. Also hat er sich ein Gericht überlegt, deren Zutaten auch wir in Österreich brutal regional bekommen können: Spargel und Schwarzwurzel. Schäfer: „Weißer Spargel ist ein Produkt, das wie kein zweites für deutsche Küche steht.“ Er ist stolz darauf, dass sein Spargel von einem Hof stammt, der ohne Plastikfolie für schnelleres Wachstum auskommt und mit Pferdemist

düngt. Derartig fairen Spargel findet man auch in Österreich. Tipp: Brandenstein Spargel (www.biospargel.at). Aber nun zum Rezept: Los geht’s mit der Schwarzwurzel. Diese gut waschen und entsaften. Den Saft durch ein Sieb passieren und so lange reduzieren, bis eine Paste entsteht. Dieser Prozess kann mehrere Stunden dauern! Nun den Spargel schälen und aus den Schalen mit etwas Salz einen Spargelfond kochen. Den Spargel anschließend sechs Minuten bei 60 Grad im Spargelfond garen, sodass er noch etwas Biss hat. Im Anschluss mit Goldleinöl marinieren und leicht salzen. Schon geht’s ans Anrichten: Den Spargel so heiß wie möglich auf einen warmen Teller legen. Einen Löffel Schwarzwurzelreduktion, etwas Echt-Gundelrebe dazu und so schnell wie möglich servieren. Guten Appetit! 110% FA IR PLAY

EINK AUFSLISTE FÜR 4 PERSONEN 8 Stangen Spargel (laut Originalrezept vom Hof „Teltower Rübchen“) 6 kg Schwarzwurzeln Goldleinöl (laut Originalrezept von der Ölmühle an der Havel) 24 Blätter Echt-Gundelrebe 1 Prise Salz (laut Originalrezept von der Saline Luisenhall)


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RUSSIAN CHIC Die Russen sind gekommen, um zu bleiben – was die Modewelt betrifft. Und die kann sich sehen lassen, wie man anhand der vier JungdesignerInnen erkennt, die wir Ihnen hier vorstellen. Aber erraten Sie, wer welchen Look kreiert hat? Text: Christiana Ogunfojuri

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Anastasia Dokucheva

Alexandr Rogov

Alena Akhmadullina

Vika Gazinskaya

Mit dem Ausdruck „dezent“ kann Neo-Designerin Anastasia Dokucheva nicht viel anfangen. Sie liebt es weiblich, bunt und vor allem futuristisch.

Bei Rogov treffen Knallfarben auf Pastelltöne und die Schickeria auf hippe Streetwear. Zusammen ergibt das eine Kollektion für Frauen, die sich etwas trauen.

„Märchenhaft“ beschreibt Alena Akhmadullinas Stil am besten. Was soll man sich sonst von jemandem erwarten, der mit Goldapplikationen und edlen Stoffen arbeitet?

Weiblichkeit und ein Hauch Vintage-Chic machen die Kreationen von Vika Gazinskaya aus. Hier wird schnell klar: An der Liebe zum Detail wurde nicht gespart.

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Wussten Sie, ... dass es eine Mercedes-Benz Fashion Week Russia gibt? Bevor sie eine offizielle Modewoche wurde, war sie eine Eventreihe, bei der russische Designer ihre Kollektionen vorstellen konnten. Seit dem 9. Feburar 2011 ist sie offiziell eine Fashion Week, die auch schon Größen wie Vivienne Westwood und Jeremy Scott angezogen hat.

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Fotos: Getty Images

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Mit sportlicher Unterstützung des Hervis Sports Club.

In unserer neuen Serie holen wir Sportlerinnen und Sportler vor den Vorhang, die zwar nicht berühmt sind, aber ungewöhnliche Geschichten zu erzählen haben. Und den Ankick macht: FußballKapitänin Valerie Thiele. Text: Johannes Stühlinger Fotos: Marko Mestrovic

ZUSAMMEN DURCH DICK UND DÜNN

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rgendwie war sie schon immer am Ball. Also am Fußball. Als kleines Mädchen bereits jagte sie dem runden Leder hinterher. „Es hat mir einfach Spaß gemacht“, schmunzelt Valerie Thiele. Und diese Freude ist geblieben – heute ist die 25-Jährige Kapitänin des SV Prutting, direkt an der deutsch-österreichischen Grenze nahe Salzburg. Eine in diesem Fall buchstäbliche Grenzsituation, die für die Amateursportlerin aber in ziemlich allen Lebensbereichen existiert: Sie lebt in Deutschland, arbeitet und studiert in Salzburg. Und sie 110% FA IR PLAY

hat mit ihrem Damenteam in den letzten Jahren auch auf dem Rasen so manche Grenzerfahrung gemacht: „Wir sind vor zwei Jahren von der Landesliga in die Kreisliga abgestiegen“, erinnert sie sich. Allerdings nicht etwa mit einem Seufzen, sondern mit einer Bestimmtheit in der Stimme, die so viel bedeutet wie: „Wir steigen aber nächste Saison sicher wieder auf!“ Tatsache jedenfalls ist, dass sie und ihre coole Damen-Elf auch im Moment der Niederlage nicht den Kopf hängen ließen. „Es ist immer leicht, im Erfolg zusammenzustehen. Aber bei einem Misserfolg gelingt das eben nicht so einfach“, sagt sie, stolz darüber, dass ihre Ladys in Wahrheit noch enger zusammengerückt sind. Ein Phänomen, das vielleicht wirklich eine weibliche Stärke ist und ihre Frauschaft vermutlich von vielen Mann-

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„Frauen sind einfach härter im Nehmen. Wir brauchen kein Theater auf dem Rasen.“


Valerie liebt FuĂ&#x;ball. Vor allem aber liebt sie ihr Team.


54 COM M UNITY

Schrittweise wieder nach oben: Nach dem Abstieg in die Kreisliga ist das Ziel klar definiert – Aufstieg! Bald! Unbedingt!

schaften unterscheidet. „Generell bin ich der Meinung, dass Frauen viel ehrlicheren Fußball spielen als Männer“, führt Thiele aus. „Wir brauchen kein Theater auf dem Rasen. Wer einen Haken kriegt, rennt weiter und legt keine spektakuläre Schwalbe hin. Frauen sind einfach härter im Nehmen.“ Jede läuft bedingungslos für die andere, und wenn die dritte Halbzeit anbricht, unternimmt man miteinander ganz privat etwas. Diese Aspekte sind in Summe der Grund, warum sich Valerie immer wieder gern nach der Arbeit oder der Uni bloß fürs Training ins Auto setzt und über die Grenze düst. „Ich bin keine Einzelkämpferin, ich mag es, wenn man gemeinsam an einem Strang zieht. Dieses Miteinander genieße ich einfach“, gibt sie eine Art persönlichen Spielbericht. Nachsatz: „Mir ist auch nicht ganz klar, warum Fußball nach wie vor so eine Männerdomäne ist.“ 110% FA IR PLAY

Egal, bei welchem Wetter und zu welcher Uhrzeit: Die Damen vom SV Prutting sind stets am Ball.

Und was, wenn es manchmal aus Zeitgründen einfach nicht klappt, nach Deutschland zum Training zu rasen? „Kein Sport geht nicht“, schmunzelt sie und hat für sich in Salzburg längst ganz moderne Möglichkeiten gefunden, um abseits des Fußballplatzes gemeinsam Sport machen zu können: „Es gibt inzwischen wirklich lässige digitale Sport-Communitys.“ Interaktive Gruppen, in denen sie, für welche Sportart auch immer, stets Trainingspartnerinnen und -partner findet. Einziges Credo bei ihrer Sportartwahl: Ein Ball muss im Spiel sein. Egal, ob Badminton, Volleyball oder Basketball – die junge Sportlerin ist für jeden Spaß zu haben. „Das Schöne daran ist, dass man auf diese Art und Weise sehr einfach neue Kontakte knüpft.“ Aber ihre größte Leidenschaft wird stets dem Fußball gehören. Ihrer eigenen Community. Dem Team, das sich nicht im Web, sondern auf dem Rasen gefunden hat.

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DAS WM-RANKING Das Feld der Russlandstarter könnte bunter kaum sein. Ein starkes Indiz: von Verteilungsgerechtigkeit bis Truppenstärke – jedes der 32 Teilnehmerländer scheint auf zumindest einer unserer elf Shortlists auf. Am öftesten: Nigeria (siebenmal). Und ausgerechnet Debütant Island, das einwohnerärmste Teilnehmerland ever (330 000), gewinnt in vier Kategorien. Fruchtbarkeitsrate (197) Nigerias Frauen führen die WM-Wertung mit im Schnitt 5,13 Kindern (Erster: Niger mit 6,62) an, Österreich (1,47) kommt in der Gesamtwertung nicht über Rang 179 hinaus.

13

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Nigeria

Südkorea

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Senegal

Polen

41

190

Ägypten

Kroatien

84

187

Panama

Japan

88

184

Argentinien

Serbien

Human Development Index (186 gerankt) Den Wohlstandsindikator der UNO führte 2016 zum achten Mal in Folge Norwegen an, die WM-Teilnehmer sind mit zehn in den Top-20 stark vertreten. Österreich fände sich als Gesamt-23. auf Rang zwölf wieder.

Demokratieindex (165) Bei den weltweit nach strenger Auslegung 75 Demokratien sind die WM-Finalisten mit 26 überproportional vertreten. Auch Österreich könnte als 15. spielend mithalten.

Vermögensverteilung (126 gerankt) Der Ungleichheitsquotient deutet auf Zweierlei hin: Südamerika hat ein Gerechtigkeitsproblem, Österreich hätte als Zehnter einen Podiumsplatz inne.

2

157

Island

Saudi-Arabien

3

148

Schweden

Iran

5

133

Dänemark

Russland

8

128

Australien

Ägypten

9

107

Schweiz

Nigeria

Truppenstärke (173) Die Truppenanzahl der 32 Finalisten kann sich, wenn man drauf steht, sehen lassen. Russland hat 1,2 Mio. SoldatInnen unter Waffen, Österreich läge als 85. im hinteren Drittel.

2

160

Australien

Senegal

3

150

Schweiz

Nigeria

4

119

1

119

4

117

Deutschland

Marokko

Schweden

Brasilien

Russland

Senegal

5

109

7

116

6

108

Dänemark

Ägypten

Belgien

Kolumbien

Südkorea

Panama

9

95

11

114

9

106

Island

Tunesien

Dänemark

Panama

Ägypten

Dänemark

15

112

12

105

Schweiz

Mexiko

Iran

Kroatien

17

109

13

98

Kroatien

Argentinien

Frankreich

Uruguay

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57 STATISTIK

Weltfriedensindex (162) Unter den 75 friedfertigsten Ländern finden sich 24 WM-Teilnehmer – und Österreich als Vierter. Auch das untere Ende der Skala ist mit Russland prominent besetzt.

1

150

Island

Russland

3

148

Portugal

Nigeria

5

145

Dänemark

Kolumbien

9

142

Schweiz

Mexiko

10

139

Japan

Ägypten

Gender Gap (142) Die Kluft der sozialen Geschlechter (wirtschaftliche Chancen, politische Teilhabe etc.) schließt sich nur langsam. Fortschritte registriert man in Afrika, Österreich stagniert auf beschämendem Niveau (57.).

1

136

Island

Iran

5

135

Fotos: istock

Schweden Saudi-Arabien 11

133

Frankreich

Marokko

12

131

Deutschland

Ägypten

14

122

Dänemark

Nigeria

Emotionsindex (151) Gallup untersucht die Häufigkeit von Gefühlsregungen – der WM-Gastgeber geht in den Keller lachen, Kolumbien zeigt Temperament, Österreich läge als 68. im Mittelfeld.

Was Österreich zum WM-Starter fehlt? Mehr Meer! Um sechs Punkte bzw. drei Plätze haben Alaba, Arnautovic & Co. die Direkt-Qualifikation für Russland verpasst – eine Welt. Abseits des Rasens jedoch weist Österreich fast alle Merkmale auf, die das Gros der WM-Teilnehmer auszeichnet. Rechtsverkehr (29 von 32)? Check! Katholizismus als verbreitetste Religion (17 von 32)? Check! Top-Werte im Globalisierungs-, Weltfriedens-, Demokratieindex? Klar doch! Aber: 30 WM-Teilnehmer (32 minus Serbien, Schweiz) haben ein Meer vor der Haustür. Und wir? Nur die Woge der Begeisterung.

Staatsschulden (164) Zwölf WM-Nationen finden sich unter den 40 höchstverschuldeten Ländern. Einsame „Spitze“: Japan mit 227,7 % des BIP. Auch kein Ruhmesblatt: Österreich (80,2 %) als 138. Unter den Qualifizierten ergäbe das lediglich Platz 24.

1

164

Saudi-Arabien

Japan

15

158

Iran

Portugal

16

153

Nigeria

Belgien

18

150

Russland

Spanien

20

149

Peru

Frankreich

Mordrate (194) Mit 31,4 Morden je 100 000 EW liegt Kolumbien zwei Drittel besser als Honduras, aber richtig schlecht. In Island hingegen passierte 2012 nur ein Mord, Österreich ist Neunter.

3

181

Island

Kolumbien

5

171

Japan

Mexiko

11

165

Schweiz

Panama

13

164

Deutschland

Brasilien

14

137

Spanien

Nigeria

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5

148

Kolumbien

Russland

7

131

Costa Rica

Südkorea

13

122

Peru

Kroatien

16

111

Spanien

Serbien

21

100

Frankreich

Marokko

Globalisierungsind. (186) Die WM-Teilnehmer sind überdurchschnittlich an der Verdichtung internationaler Beziehungen beteiligt. Österreich wäre als Gesamt-Vierter WM-Musterschüler.

3

153

Belgien

Iran

5

103

Schweiz

Nigeria

6

99

Dänemark

Senegal

7

87

Schweden

Argentinien

8

81

England/GB

Tunesien


58 STORY

Brutkasten für Superstars Hinter verschlossenen Türen im hintersten Winkel der Steiermark und vor der Öffentlichkeit verborgen, rollt seit wenigen Monaten eine Hightech-Trainingsanlage die Fußballwelt neu auf. Wir haben einfach angeklopft.

Fotos: Getty Images, skills-lab.com

Text: Johannes Stühlinger

Kommen schon bald viele kleine Ronaldos aus Wundschuh? Sieht ganz danach aus!

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59

H

aben Sie schon einmal von Wundschuh gehört? Wenn Sie nicht zufällig das südsteirische Umland besser kennen, dann vermutlich eher nicht. Es ist ein idyllisches Örtchen südlich von Graz. 1 475 Einwohner sind registriert, und die bis dato wohl einzige lokale Attraktion sind die Wundschuher Teiche, wo die Steirer gern baden gehen oder Segeln lernen. Und genau dieses verschlafene Nest wird nun zur Brutstätte für Kicker von Weltformat. Für kleine Ronaldos, Messis oder Hummels. Und nein, das ist jetzt keine journalistische Übertreibung. Aber alles der Reihe nach. Trotz der eher überschaubaren Urbanität Wundschuhs ist hier ein echter Wirtschaftsplayer angesiedelt: eine Zweigstelle der Grazer Firma Anton Paar GmbH. Das Unternehmen entwickelt und produziert Präzisionslaborgeräte, hochgenaue Prozessmesstechnik und liefert maßgeschneiderte Automations- und Robotiklösungen im großen Stil in die ganze Welt. Sprich: nahezu 3 000 Angestellte. Chef des Unternehmens ist der 58-jährige Manager Friedrich Santner – ehemaliger Aufsichtsratsvorsitzender des SK Puntigamer Sturm Graz. Und genau hier fängt die Kugel an zu rollen: Ob seines Fußball-Faibles hatte

STORY

Santner nämlich die Idee, das Know-how seiner Firma zu nutzen, um ein wahres Hightech-Trainingszentrum zu errichten. Eines, das modernste Technik nutzt, um Spieler auf Vordermann zu bringen. „Wir haben vier Jahre lang konzipiert, entwickelt und schließlich in einer Industriehalle begonnen, die Anlange zu errichten“, strahlt heute Michael Lang, Chef dieser wohl bahnbrechenden Unternehmung. Seit wenigen Monaten stehen die Türen zum so genannten skills.lab inzwischen Trainern und Spielern offen – und wurden auf Anhieb eingerannt.

Tatsache ist, dass es so eine Anlage noch nicht gab. Nämlich nirgendwo. Dementsprechend groß ist das internationale Interesse.

Neben Vereinen wie Sturm, WAC und NK Maribor war auch schon der ÖFB auf dem Kunstrasen, der die Fußballzukunft bedeuten soll, unterwegs. Aber was wirklich zählt, sind natürlich internationale Delegationen, die seither nach Wundschuh pilgern: Fußballverbände aus Deutschland, Belgien und Abu Dhabi waren inzwischen da, ebenso wurden bereits Delegationen von deutschen, italienischen, spanischen, englischen, slowenischen, polnischen und sogar chinesischen Top-Klubs in Wundschuh gesehen. Stellt sich also, verdammt noch mal, die Frage: Was können die Steirer, was der Rest der Welt offenbar nicht kann? Vereinfacht ausgedrückt ist das skills.lab eine kleine Fußballarena, die mit modernsten Kameras, Beamern und hochpräzisen Ballmaschinen ausgestattet ist. Jeder, der das Feld betritt, wird auf der Stelle vom Computersystem erfasst und nicht mehr aus den Augen gelassen. Nun stehen ungefähr 250 digital gesteuerte Trainingseinheiten zur Verfügung, die der jeweilige Spieler in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden durchlaufen kann. Dabei werden Gegenspieler in das Spielfeld projiziert, Bälle mit bis zu 120 km/h in allen möglichen Höhen je nach Modul so abgefeuert, dass reale Spielsituationen generiert werden. Modernste Soundsys-

Das digitale System analysiert jede Bewegung des Spielers. Und jeden Schuss.

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60 STORY

teme simulieren außerdem die Stressfaktoren eines knallvollen Stadions. „Unser Ziel war es von Anfang an, das System so spielnah wie möglich zu machen“, erzählt Lang. Um das zu gewährleisten, wurde eine Grazer Fußballlegende hinzugezogen: Der einstige Sturm-Torhüter Roland Goriupp achtet seit Beginn penibel

komplett objektiv bewertet zu bekommen. Gleichzeitig ist auch die Wissenschaft auf diese neue Technologie aufgesprungen: Studien der „WHU – Otto Beisheim School of Management“ und der Harvard University sind bereits im Laufen. Tatsache also ist, dass es eine derartige Anlage bis dato einfach noch nicht gab. Nämlich nirgendwo. Dementsprechend groß ist das internationale Interesse an dem Hightech-Labor für Superstars von morgen. Und das Geschäftsmodell auch genau darauf ausgelegt: So kommen die Anfragen von internationalen Vereinen, Städten, aber auch privaten Investoren, die ein eigenes skills.lab in Verbindung mit einer Sportanlage betreiben wollen. Mehrere derartige Projekte sind bereits in der Planungsphase – für wen genau, bleibt vorerst jedoch ein gut gehütetes Betriebsgeheimnis. Auf jeden Fall lassen die vielen Signaturen auf der „Wall of Fame“ des steirischen skills.labs den Schluss zu, dass wohl China, Abu Dhabi, die USA und Deutschland schon bald im offiziellen Kundenportfolio dieses Gamechangers aufscheinen dürften. Und spätestens dann ist Wundschuh vermutlich zumindest in der Fußballwelt nicht mehr bloß ein kleines Nest in der Steiermark, sondern der Brustkasten für die Superstars von morgen.

Schriftproben: Die „Wall Of Fame“ im skills.lab kann schon nach wenigen Monaten mit ziemlich coolen Namen punkten. Fotos: beigestellt, Johannes Stühlinger, skills-lab.com

Die beiden Masterminds des skills.lab: Chef Michael Lang und Tormann-Legende Roland Goriupp.

darauf, dass die einzelnen Funktionen und Sequenzen des skills.labs so authentisch wie möglich sind. Mit Erfolg. Michael Lang erinnert sich: „Bei den ersten Trainingseinheiten mancher Profis wird das System oftmals als großes Computerspiel gesehen. Nach einigen Bällen erkennen die Spieler jedoch recht schnell die hohe Trainingseffizienz und sind vom System und den Möglichkeiten stets überzeugt.“ Doch das skills.lab will weit mehr sein als eine reine Trainingsstätte, bei der sich Spieler untereinander in Ranking-Listen battlen können. Lang und sein Team haben von Minute eins an weitergedacht: Die ständig digital erfassten Daten jedes Kickers werden stets mit jenen von vorangegangenen Einheiten verglichen. Somit ist es nicht nur möglich, die Steigerung des Einzelnen darzustellen – sondern auch eine unerwartete und für das freie Auge womöglich gar nicht erkennbare Verschlechterung. „Hiermit können Trainer frühzeitig gewarnt werden, ob bei ihrem Schützling etwas nicht stimmt. Ob etwa eine Überlastung gewisser Körperteile kurz bevorsteht.“ Verletzungsprävention – so lautet hierbei die Devise. Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, dass Vereine, bevor sie einen Spieler kaufen, diesen eben nach Wundschuh schicken, um seine Leistungsfähigkeit

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61 STORY

s k ills .lab • Die skills.lab-Anlage in Wundschuh kann von Privatpersonen sowie Profis alleine oder in Kleingruppen gebucht werden. • Eine 30-minütige Einheit kostet im Schnitt 59 Euro. • Jede Einheit kann als Videomitschnitt bereitgestellt werden. • eigens entwickelte Präzisionsballmaschine • Animierte Gegenspieler sorgen für reale Spielsituationen. • In der digitalen Wand integrierte Sensoren und Kameras ermöglichen exakte Analysen. • Das Spielertracking mittels Lasertechnik kommt gänzlich ohne Chipbänder aus. • Mehr Infos unter: www.skills-lab.com.

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62 HINTERGRUND

Schatten über Cordoba Schon vor 40 Jahren gastierten die besten Kicker des Planeten zwecks Kür des neuen Weltmeisters in einem autoritär regierten Land. Heute herrscht weit-gehend Einigkeit: Die WM 1978 in Argentinien hätte, aller „I-werd-narrisch“-Nostalgie zum Trotz, niemals stattfinden dürfen. Text: Manfred Behr

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63 HINTERGRUND

Junta-Chef General Jorge Rafael Videla, Argentiniens Stürmer Leopoldo Luque & Kapitän Daniel Passarella (v. li.).

S

Foto:Getty Images

omos dereches y humanos. – „Wir sind rechtschaffen und menschlich.“ Auf einen großen Teil der über 70 000 ArgentinierInnen, die während der Eröffnungsfeier der WM 1978 im River-Plate-Stadion von Buenos Aires blau-weiß-blaue Fähnchen schwenkten, mag der darauf gedruckte Schriftzug zugetroffen haben. Auf die Staatsspitze in der Ehrenloge, die die Verteilung veranlasst hatte, gewiss nicht. Präsident Jorge Videla hatte sich zwei Jahre zuvor an die Macht geputscht und keinen Hehl daraus gemacht, worauf er seinen Schwerpunkt legen werden würde: „Es werden so viele Menschen wie nötig sterben müssen, um dieses Land wieder sicher zu machen.“ 30 000 hielt der Junta-Chef offenbar für angemessen. 30 000 Desaparecidos (Verschwundene), die meist von Polizisten in Zivil aus ihren Wohnungen verschleppt, in einem von 340 Konzentrationslagern mit elektrischen Schlagstöcken, durch Waterboarding, Kampfhunde oder simulierte Exekutionen gefoltert und in den meisten Fällen erschossen, die Leichen zerstückelt, vergraben oder auf einem Sportplatz verbrannt wurden. Auch gerne praktiziert: die Entführten unter Drogen zu setzen, mit dem Hubschrauber auszufliegen und aus großer Höhe lebendig in den Atlantik oder auf Mar del Plata zu stoßen. Die Opfer waren Mitglieder linker Gruppierungen, bald aber auch StudentInnen, GewerkschafterInnen, KünstlerInnen, jüdische Menschen, AnwältInnen, Befreiungstheologen. Die, die mit dem Leben davonkamen, mussten an einem „Umerziehungsprogramm zur Wiedererlangung der westlichen und christlichen Werte“ teilnehmen. So kamen ausgewählte InsassInnen des nur 700 Meter vom River-Plate-Stadion 110% FA IR PLAY


64 HINTERGRUND

Berti Vogts machte seinem Spitznamen „Terrier“ auch politisch alle Ehre. Im Hintergrund: Deutschland-Sargnagel Krankl.

Wladimir Putin freut sich bereits auf seine nächste große Bühne als Gastgeber der Fußball-WM ab 14. Juni 2018.

entfernten und größten KZ (in dem sich ein besonders umtriebiger Folterknecht den „Künstlernamen“ „Menguele“ zugelegt hatte) in den Genuss, sich mit Anstaltschef Acosta nach Argentiniens Finalsieg über die Niederlande unters Volk zu mischen. „Es sollte uns zeigen, wie glücklich die Menschen mit der Militärregierung sind. Ich begann zu weinen, weil es sich anfühlte, als würde die Diktatur noch Jahrzehnte bleiben. Es hätte mir nichts genützt zu schreien: ,Ich bin eine Verschwundene!‘ Es hätte niemand interessiert, ich hatte buchstäblich aufgehört zu existieren“, erinnert sich Miriam Lewin, eine damals 19-jährige Studentin. Die argentinische Gesellschaft hat die Tage der nationalen Verzückung nie 110% FA IR PLAY

sachlich aufgearbeitet. Vielleicht auch, weil Gesten der Solidarität die Ausnahme blieben. Gesten wie die der Platzwarte, die den untersten Teil der Torstangen schwarz bemalten und die Fragen der Regierungsvertreter nach dem Warum lapidar mit „Tradition“ vom Tisch wischten. „Wir fühlen uns schuldig, weil wir keine Antworten haben. Wie konnte geschehen, was geschah? Wie konnten wir so egoistisch sein, so ausgelassen feiern, während andere litten?“, fragt Sportjournalist Ezequiel Fernández Moores, der zu dem nüchternen Schluss kommt: „Die WM war eine Auszeichnung für die Diktatur.“ So wie die WM 2018 eine Auszeichnung für das autoritäre Regime Putins sein wird. Heute wie damals hält sich die Entrüstung in Grenzen. Anders als in Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und Schweden wurde ein möglicher Boykott 1978 in Österreich nicht einmal thematisiert. Der spätere Teamchef Josef Hickersberger erinnert sich: „Wir hatten uns 20 Jahre nicht mehr qualifiziert, innerhalb des Teams war jeder entschlossen zu fahren.“ Vor Ort sprangen vor allem die strikten Sicherheitsvorkehrungen ins Auge. „Sobald sich unser Bus in Bewegung setzte, wurde er von je zwei Autos vorne und hinten eskortiert. Im Bus saßen zwei Polizisten mit Maschinengewehren. Wenn wir wegen eines geschlossenen Schrankens warten mussten, standen die draußen mit ihren Waffen im Anschlag. Die Angst vor Anschlägen war allgegenwärtig.“ In deutschen Medien gingen die Wogen ungleich höher. Vielleicht auch, weil sich unter den 30 000 Desaparecidos 100 Deutsche befanden. Die Spieler hingegen verstörten mit unverhohlenem Desinteresse und kaltschnäuzigem Zynismus. „Belasten tut mich das nicht, wenn dort gefoltert wird. Wenn ich zum Einsatz komme, habe ich andere Probleme“, meinte Manni Kaltz. Wie wahr: Eines

Fotos: Picturedesk, Getty Images

„Wie konnte geschehen, was geschah? Wie konnten wir so egoistisch sein, so ausgelassen feiern, während andere litten?“


65 HINTERGRUND

bestand darin, in Cordoba gegen Hans Krankl Land zu sehen. Klappte nicht, der Goleador degradierte den HSV-Verteidiger auf dem Weg zum 3:2-Siegestreffer zum staunenden Zuschauer. DFB-Teamkapitän Berti Vogts wiederum hatte schon 1977 aufhorchen lassen, als er nach der Ermordung von Arbeitgeberpräsident Schleyer die Todesstrafe für RAF-Terroristen gefordert hatte. Eine Entgleisung, die von Argentiniens Militärjunta begeistert aufgenommen wurde. Vogts, im Duell mit Österreich Schütze eines Eigentors, legte vor Ort noch eins drauf: „In Argentinien herrscht Ordnung. Ich habe noch keinen einzigen politischen Gefangenen gesehen.“ Den Vogel schoss die deutsche Teamführung ab, die den nach Argentinien ausgewanderten Hitler-Verehrer und Weltkriegsgeneral Hans-Ulrich Rudel empfing. DFB-Präsident Hermann Neuberger setzte Kritik daran vorsichtshalber mit einer „Beleidigung aller deutschen Soldaten“ gleich. Neben dem Staatsterror wurde die WM auch von der „offensichtlichsten

politischen Manipulation seit Berlin 1936“ (Fernández Moores) überschattet: Die Generäle hatten längst registriert, dass ihnen die Euphorie über die Leistungen der Nationalelf, die sich keineswegs als Marionette der Staatsführung verstand (Teamchef Menotti stand sogar der Kommunistischen Partei nahe), in die Karten spielte. Deshalb wurde Argentiniens entscheidendes Duell gegen Peru kurzerhand nach hinten verlegt. Die Albiceleste wusste somit vor dem Anpfiff, dass sie für den Finaleinzug vier Tore werde schießen müssen. In der Kabine des Außenseiters wurden vor dem Spiel nicht nur Präsident Videla, sondern auch Henry Kissinger (der einzige US-Außenminister, der sich für Fußball UND lateinamerikanische Diktatoren begeistern konnte) gesichtet. Angeblich sollen 50 Mio. Dollar für Perus Machthaber Bermúdez, eine Getreidelieferung über 35  000 Tonnen und dreimal 20 000 Dollar an ausgewählte peruanische Spieler den Weg ins Endspiel geebnet haben.

Vier Tage später zogen Hunderttausende unter „Ganamos, Ganamos“-Sprechchören („Wir haben gewonnen“) durch die Straßen von Buenos Aires. Heute jedoch würden selbst manche 78er-Helden die Sternstunde gern vergessen machen. Sturm-Ass Leopoldo Luque: „Mit dem Wissen von heute kann ich nicht sagen, dass ich stolz auf unsere Siege wäre. Wir hätten diese Weltmeisterschaft nie austragen dürfen.“ Gut möglich, dass der WM-Titel lebensverlängernd auf das Regime wirkte. Vier Jahre danach fühlte man sich trotzdem bemüßigt, die Nation mit einem weiteren dreisten Coup hinter sich zu einen – dem Angriff auf die Falklandinseln. Mit der entschlossenen Reaktion Großbritanniens hatte man allerdings nicht gerechnet. Nach zehn Wochen, marschierten britische Truppen in Port Stanley ein. Am gleichen Tag starteten Diego Maradona & Co. ihre Mission „Titelverteidigung“ bei der Fußball-WM in Spanien – mit einer Niederlage im Eröffnungsspiel gegen Belgien. Die Militärs hatte das Glück verlassen. Ein Jahr später waren sie bereits Geschichte.

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66 KOLUM NE

Fairness kann sehr unfair sein Das Leben ist unfair. Aber nicht immer zu deinen Ungunsten. Über die Schwierigkeit, fair und gerecht zu sein.

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ROBE RT KR OP F

Journalist und Gründer der Insiderei – einer Reiseplattform für Menschen, die schon überall waren und alles kennen. Oder das zumindest glauben.

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Foto: Tina Herzl

as Leben ist nicht fair. Gewöhn dich daran. Deshalb sind diese Zeilen auch nicht fair. Weil: In einer fairen Welt würde eine Altenpflegerin annähernd so viel verdienen wie ein Fußballer. In einer fairen Welt würden Mann und Frau das Gleiche verdienen. In einer fairen Welt würden amerikanische Wahlen fair ablaufen – mal ganz abgesehen von vielen anderen Ländern –, und es verhandelt nicht ein Mann, der 130 000 Dollar für Sex zahlt, mit einem anderen durchgeknallten Typen, der in Nordkorea Atombomben baut, über den Weltfrieden. Die Welt ist nicht fair, gerecht auch nicht. Fairness ist die Kunst, sich in den Haaren zu liegen, ohne sich die Frisur zu zerstören. Ein sehr schönes Bild. Immer schön hadern, immer schön jammern, dass alles so unfair und ungerecht ist. Grundsätzlich steht mir mehr zu, ich bekomme zu wenig von allem. Und eigentlich sind alle anderen schuld, dass es mir nicht besser geht. Aber nur nicht allzu viel verändern, alles beim Alten lassen. Veränderung ist ein mühsamer Prozess. Bei sich selbst zu beginnen, ist immer das Schwierigste: Zahle ich nach dieser Kolumne meiner philippinischen Putzfrau der Fairness wegen zwei Euro mehr pro Stunde? Kaufe ich in Zukunft nur noch zu Tode gestreichelte Hühner im Bio-Supermarkt? Warum kaufe ich nicht mehr Obdachlosen-Zeitungen? Habe ich mich genug für Geflüchtete eingesetzt? Oder habe ich nur darüber geredet, wie furchtbar das alles ist, damit ich mich gut fühle? Beim Reden. Das Ergebnis ist nicht überraschend: Ich bin nicht fair, gerecht auch nicht. Es kommt noch perfider: Das Leben ist ungerecht. Aber nicht immer zu deinen Ungunsten. Die schwierigste Übung ist es, der Versuchung zu widerstehen, aus dem Nachteil anderer einen Vorteil für sich zu machen. Der Kellner hat drei Getränke auf der Rechnung vergessen. Klärst du ihn auf? Fragen, die viele Fragen aufwerfen. Antworten? Ich habe es ja am Anfang schon gesagt: Diese Zeilen sind nicht fair. Kleiner Nachsatz: Beim Thema Fairness wird es immer gleich so ernst. Moralinsauer, staatstragend. Das ist an sich schon unfair – der Fairness gegenüber. Das hat sie sich wirklich nicht verdient.


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