100 deutsche Häuser 2016

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Architektur Käß Hauschildt (Isolde Käß, Jan Hauschildt) Web www.kaesshauschildt.de Objekt Haus KW Kategorie Neubau, Niedrigenergiehaus / Passivhaus Fassadenmaterial Sichtbeton Fassadenfirma Markus Deuschle Adresse Esslingen Bauherr Privat Planungsbeginn 08/2007 Fertigstellung 08/2009 Nutzfläche 135 m² Kosten EUR 325.000,– Auszeichnungen Beispielhaftes Bauen Kreis Esslingen 2012; Hugo-Häring-Auszeichnung 2011 Fotos Antje Quiram / www.antjequiram.com

Isolde KäSS, Jan Hauschildt

Warum haben Sie Beton als Material gewählt? Das Material stand beim „Haus KW“ noch vor den ersten Entwurfsskizzen fest. Wir haben ausgiebig gebaute Beispiele im Vorfeld besichtigt, um die richtige Ausführung festzulegen. Fasziniert hat uns am Beton, dass es ein monolithisches Material – fast ohne Fügungen – sein kann. Das Gebäude gliedert sich auf diese Weise ausschließlich über die Öffnungen, die in die ansonsten nahtlose Außenhaut eingeschnitten sind. Die Zeichnung der Betonoberfläche entwickelt ein starkes Eigenleben und wirkt natürlich rau. Sie nimmt dem Gebäude das Artifizielle, sodass es sich wie ein Fels in die umgebenden Streuobstwiesen einfügt. Ebenso kommt es dem Wunsch des Bauherrn nach einer robusten und langlebigen Fassade entgegen.

Am Rande eines Neubaugebiets in Esslingen am Neckar erhebt sich ein Monolith zwischen den Ein- und Mehrfamilienhäusern. Wie ein Fels in der Natur wird das Haus aus Sichtbeton von den alten Streuobstwiesen der Gegend umspielt und fügt sich so trotz seiner präzisen und kubischen Form harmonisch in die Umgebung ein. Die schlichte Gebäudehülle strahlt ruhende Massivität aus und unterstreicht durch ihre natürliche Alterung eine zeitlose Beständigkeit. Trotz der eher rationalen Erscheinung sei das Projekt ein Versuchsbau mit ungewissem Ausgang gewesen, wie die Architekten Isolde Käß und Jan Hauschildt erklären. Besonders bei der Konstruktion des Garagendachs, das gleichzeitig als Terrassenfläche genutzt wird, gingen die beiden ein Risiko ein: Das einschalige Dach aus wasserundurchlässigem Beton hielten sämtliche dazu befragten Fachleute für untauglich, da es Risse bekommen und undicht werden würde. Lediglich der mit dem Projekt betraute Statiker befürwortete die Idee und bezeichnete

die Gefahr, dass Risse entstünden, als gering. Zusammen mit den Bauherren entschlossen sich die Architekten schließlich, das Risiko einzugehen. Und tatsächlich ist die Konstruktion bis heute absolut dicht und vervollständigt das Konzept mit seiner robusten Ästhetik. Solche mutigen und im Endeffekt richtigen Entscheidungen sind nur möglich, wenn ein starkes Vertrauensverhältnis zwischen Architekt und Bauherrn besteht, was beim „Haus KW“ in Esslingen zum Glück der Fall war. Allerdings lag die größte Herausforderung nicht in der ​R isikoabwägung, sondern darin, die konstruktive Durcharbeitung der Innendämmung ausführen zu können. Aufgrund des Budgets waren technische Lösungen wie Schaumglas oder Isokörbe nicht durchführbar. Die Lösung lag schließlich in der Aufspaltung des Tragwerks. Es wurde ein innerer Skelettbau konstruiert, der mit der selbsttragenden äußeren Hülle punktuell verbunden wurde – und das Ideal des Steins in der Natur möglich machte. val

Was sind die Besonderheiten bei diesem Projekt? Die Betonfassade ist als selbsttragende Hülle konzipiert. In diese Fassade ist das eigentliche Gebäude als Skelettkonstruktion eingestellt und nur punktuell mit der Fassade verbunden. Hierdurch konnte eine konsequente thermische Trennung zu vertretbaren Kosten erreicht werden. Um den monolithischen Charakter des Materials zu unterstreichen, wurden die Ankerlöcher der Standard-Rahmen-Schalung flächig verspachtelt. Bei der Attika und den Fensterbrüstungen wurde auf Abdeckbleche zugunsten einer Flüssigkunststoffabdichtung bzw. einer Verkieselung verzichtet. Neben den Außenwänden ist auch das Garagendach aus Beton hergestellt. Die Ausführung des Daches mit WU-Beton (wasserundurchlässig) machte zusätzliche Aufbauten überflüssig und führt die Betonoberfläche nahtlos auch über die Terrasse hinweg.

Büro K ä S S H auschildt, S achsen / Haus B aden - W ürttemberg

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