Katalog Klementina Golija

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die an Fingerabdrücke erinnern, können auch als bildhafte Labyrinthe interpretiert werden. Im oberen Teil der Komposition ordnet die Malerin manchmal mit dünner Linie gezeichnete größere, klar konzipierte geometrische Formen an, die mit ihrer rationalen Konstruktion auf ewige Verhältnisse in der Welt verweisen. Das bildnerische Vokabular, das Klementina Golija verwendet, ist sorgfältig gewählt, es birgt Geheimnisse, es ist aber auch sehr vielfältig. Für seiner Lesbarkeit bietet uns die Künstlerin Titel von Zyklen (Geographie der Erinnerung, Einblick – Fenster/Auge zur Seele, Zwischenraum, Himmelsschritt, Zeitreise) ebenso an wie die Betitelung einzelner Bilder. Zu den Charakteristika der Bildkompositionen von Klementina Golija zählt auch das spielerische Element, denn einige motivische Akzente erscheinen einerseits figurativ, andererseits als dekorative Elemente. Wie gesagt, die Malerin gestaltet sie in Übereinstimmung mit eigenen Erlebnissen und Empfindungen und verwebt sie feinfühlig in ihren Kompositionen, von denen wir sagen könnten, dass sie sich irgendwo am Übergang zwischen einer geistigen (luftiges, lasurartiges Malen, schwerelose Formen, Lettrismen) und einer materiellen Welt (Verdichten der Farbe, Collage-Applikationen) befinden. Zwischen beiden Sphären pendeln größere, schwebende Formen, die in den meisten Fällen das zentrale Bildmotiv der Kompositionen darstellen.

(K. Golija, publiziert im Folder zur Ausstellung aus dem Zyklus Himmelsschritt, Galerie des Instituts »Jožef Stefan«, Ljubljana, April 2019). Das Raumkonzept der Bilder aus dem Zyklus Zeitreise ist hingegen anders konstruiert, da das vertikale Band dunkler Farbe auf der linken Seite unseren Blick zur Rezeption des Motivs von links nach rechts leitet. Die Bildkompositionen von Klementina Golija entstanden vor allem aus der inneren Erfahrung der Künstlerin, ihrem Fühlen und ihren Empfindungen. Die Bilder sind autonome Kunstwelten, in deren Vordergrund stets intuitiv motivierte Formen, Symbole und Muster angeordnet sind. Die erwähnten Horizontalen darauf verweisen auf einen kontemplativen Typus von Künstlerin. Die Raumkonzepte der Kompositionen, die mit Hilfe eines Kerns zentriert sind, strahlen eine ausgesprochen introvertierte Charakteristik aus, ein Hinweis auf die Konzentration der Künstlerin auf ihre Innenwelt. Unter den bedeutsamsten ikonografischen Elementen ist die Mandorla bzw. das innere Auge hervorzuheben. Auf die selbstbeobachtende Konzeption, die die Malerin mit der Anordnung des bildnerischen Ablaufs herzustellen wünscht, verweist auch die Raumtiefe (der Eindruck, unser Blick könnte ins Unendliche reichen), die am intensivsten im Zentrum der Komposition wirksam wird – die Malerin benennt das als »Blick nach innen«, als eine Versenkung und Reise zu sich also, in das eigene Innere. Rundliche Formen,

Eine ähnlich vermittelnde Rolle zwischen dem Materiellen und dem Geistigen haben auch die dargestellten Leitern und Barken. Der Horizont – die Schnittstelle zwischen Himmel und Erde – verlagert sich in einigen Kompositionen zum Gipfel der stilisierten Formen, die Hügeln ähneln. Klementina Golija gliedert den Bildraum zunächst mit zarten, gedämpften Farben, die mit farblichen, nuancierten Tönen und Abstufungen der Helligkeit über die Bildoberfläche verteilt sind. Den Effekt von Raumtiefe erreicht sie mittels feinster, lasierender Aufträge der Farben. Intensive Rottöne, mit denen Raumfelder bedeckt werden, sowie schwarz gezeich-

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