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Zuger Presse · Zugerbieter · Mittwoch, 17. Mai 2017 · Nr. 19
THEMA DER WOCHE
Der Präsident des Vereins Ernst Christen (von links) und der Präsident der Baukommission Karl Karrer beim Spatenstich des Neubaus in Inwil im Jahr 1974. Bilder: PD
Die Eröffnung des Zuwebe-Standorts Inwil im Jahr 1977 stösst bei der Bevölkerung auf grosses Interesse. An der Feier nahm auch alt Bundesrat Dr. Hans Hürlimann teil.
Die Mechanik war eines der ersten Arbeitsangebote der Zuwebe. Armin Blattmann (von links) und Loris Zanazzi schneiden 1986 am Standort Inwil Metallstangen für einen Kundenauftrag zu.
Eine Aufnahme in der neuen Werkstatt am Standort Bösch in Hünenberg aus dem Jahr 2001: Peter Stadlin (von hinten links), Andreas Tschappu, Nino Romeo, Patrick Hersche (links), Karl Fischer (vorne Mitte) und Albert Hugener (rechts).
Interview
«Meine Anliegen werden ernst genommen» Daniel Schneider lebt und arbeitet bereits seit 40 Jahren in der Zuwebe und ist Sohn von Gründungsmitglied Josef Schneider, welcher im Jahr 2015 verstarb. Jeannine Villiger
Warum hat Ihr Vater die Zuwebe vor 50 Jahren mitgegründet? Es gab damals im Kanton Zug nichts für Menschen mit Behinderung. Durch mich kam er auf die Idee. Weil er bei der IV arbeitete, wusste er, welche Eltern behinderte Kinder hat ten und konnte gemeinsam mit ihnen nach einer Lösung su chen. Ich erinnere mich, dass er nach der Arbeit abends oft noch an Sitzungen gegangen ist und erst spät nach Hause gekommen ist. Welche Arten von Aufträgen hat die Zuwebe früher ausgeführt? Wir machten Bilderrahmen, verpackten Toilettensteine und fertigten in der Metallwerk statt Cheminéegeschirr. Aus
serdem gab es immer auch eine Beschäftigung für jene Personen, die mehr Betreuung brauchten.
Hattet ihr im Arbeitsbereich immer genug Arbeit zu erledigen? Zu Beginn hatten wir genü gend Arbeit, erst später kam es zu Lücken. Sehr starke Mit arbeiter verdienten 7 Franken pro Stunde. Schwächere Perso nen hingegen nur 70 Rappen. Man bekam den Lohn immer Mitte und Ende Monat. In welchen Arbeitsbereichen hatten Sie gearbeitet? Zuerst im Hausdienst. Ich konnte überall schnuppern, aber die Arbeit in der Küche war mir zu stressig. Ich weiss noch, ich musste für 80 Perso nen gedämpfte Tomaten vor bereiten. Dafür brauchte ich 1,5 Stunden. Das geht doch nicht! Nach den Sommerferien wurde ich Pöstler für die inter ne Post. Konnten Sie in der Zuwebe eine Ausbildung machen? Ich entschied mich für eine Ausbildung in der Werkstatt.
Ich konnte zum Teil auch boh ren an der Maschine. Nach einem Jahr kam der Berufsbe rater, und wir entschieden uns für ein zweites Jahr Ausbil
«Ich entschied mich für eine Ausbildung in der Werkstatt.» Daniel Schneider dung. Während der Lehre wohnte ich auf einer Wohn gruppe der Zuwebe. In der Aus bildungszeit durfte man nicht am Freitag nach Hause, son dern erst am Samstag nach dem Frühstück. Zurück sein musste man am Sonntagabend. Jene, die am Freitag bleiben mussten, versammelten sich um 12.45 Uhr im Fernsehzimmer, um zu besprechen, was am Abend unternommen werden soll.
Hatten Sie ein Mitspracherecht bei der Wahl der Arbeit? Ich konnte immer mitent scheiden bis auf einmal, da mussten wir Eisen in den Ma
schinenraum bringen, da war ich überfordert damit. Ich habe einfach gemacht und nichts gesagt!
Sie sind pensioniert. Wie sieht Ihr Alltag aus? Ich besuche am Montag, Dienstag, Mittwoch und Frei tag das Atelier Wohnen Plus. Dort kann ich Neues auspro bieren und persönlichen Inte ressen nachgehen. Ich zeich ne gerne, schleife Steine und musiziere. Wir machen auch Biografiearbeit im Atelier Wohnen Plus und setzen uns mit der Vergangenheit ausein ander. Was schätzen Sie an der Institution Zuwebe? Als ich noch zu Hause bei meinen Eltern gewohnt habe, habe ich in der Zuwebe nicht so viel erzählt. Ich war eher schüchtern. Seit ich in der Zu webe lebe, hat sich das geän dert. Ich schätze es, dass ich offen reden kann und meine Anliegen ernst genommen werden. Das Betreuungsper sonal sucht mit mir nach Lö sungen, wenn es ein Problem gibt. Das finde ich gut.
Der damals 18-jährige Daniel Schneider machte eine Ausbildung in der Zuwebe-Werkstatt. Heute ist er frühpensioniert und lebt in einer Wohngruppe der Zuwebe in Inwil.