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Cyberhirn. Eine Verbesserung der Therapie von Lähmungssymptomen nach einem Schlaganfall

Dem Hirn helfen

In einer geplanten Studie wird unter anderem im Landeskrankenhaus Hochzirl eine neue Methode zur Therapie der Lähmungssymptome von Schlaganfallbetroffenen erprobt.

text: Daniel Feichtner | fotos: Franz Oss

dr. Elke Pucks-Faes

Primaria für Neurologie am Landeskrankenhaus Hochzirl – Natters, Standort Hochzirl Es ist später Vormittag, als Verena Mayr mit ihrem Rollstuhl an einem Tisch in einem Therapieraum im Landeskrankenhaus Hochzirl Platz nimmt. Am Kopf trägt die 40-Jährige eine Haube, auf der 64 Elektroden platziert sind. Mit diesen werden ihre Hirnströme gemessen und über einen dicken

Strang von Kabeln und mehrere zwischengeschaltete Geräte an einen Laptop übermittelt. Vor ihr auf der Tischplatte liegt ein blauer Ball.

Kabel und Motoren

Selbst Krankenschwester, kennt die Patientin das grundsätzliche Prozedere einer Therapie. Doch das, woran sie sich heute versucht, ist neu. Mayr hat vor einer Weile einen Schlaganfall erlitten. Seither ist sie im Bereich ihres rechten Armes und Beins gelähmt. Ihre rechte Hand ist es auch, an der ihr Therapeut mehrere Elektroden anbringt und eine Orthese anpasst: ein Stützapparat, der in der Orthopädie normalerweise zur Entlastung, Stabilisierung und Begradigung von Gliedmaßen zum Einsatz kommt. Das Gerät an Mayrs Hand kann allerdings mehr. Bei ihr handelt es sich um ein sogenanntes Exoskelett: Verkabelt und mit Motoren versehen, ist es in der Lage, die Hand der Patientin nicht nur passiv zu fixieren, sondern kann aktiv ihre Finger bewegen.

Bewegung neu lernen

Verena Mayr ist eine von insgesamt zwölf Proband·innen einer geplanten Studie, in der eine neue Therapieform für Schlaganfallpatient·innen erforscht wird. Das grundlegende Prinzip ist bekannt: „Bei einem Schlaganfall werden oft Regionen im Gehirn beeinträchtigt, die für die motorische Steuerung verantwortlich sind“, erklärt

„Die Idee ist, dass das Gehirn wieder lernt, den Bewegungsablauf mit der Intention dazu zu verknüpfen.“

Elke Pucks-Faes

Primaria Elke Pucks-Faes, unter deren Leitung die Studie in die Wege geleitet wird. „Das hat zur Folge, dass die zur Bewegungssteuerung nötigen Signale nicht mehr über die Nerven zu den Muskeln weitergeleitet werden können.“

Absicht als Auslöser

Der bisherige Therapieansatz war, die Bewegungen zu simulieren – sei es durch Therapeut·innen oder durch sogenannte Elektrostimulation, bei der die Muskeln durch elektrische Impulse über aufgeklebte Elektroden angespannt werden – während Patient·innen sich bewusst darauf konzentrieren, die Bewegung zu vollführen. „Die Idee ist, dass das Gehirn wieder lernt, den Bewegungsablauf mit der Intention dazu zu verknüpfen“, beschreibt Pucks-Faes. Dieser Ansatz funktioniert bereits gut, doch in Hochzirl ist man der Überzeugung, dass es Raum zur Verbesserung gibt.

Sichtbare Intention

Im Zentrum der internationalen Studie, die neben Hochzirl auch im Krankenhaus in Sterzing unter der Schirmherrschaft des dortigen Forschungsdirektors Leopold Saltuari durchgeführt wird, steht die direkte Verbindung der

Unterstützt: Die Orthese, die bei der Studie zum Einsatz kommt, fixiert die Hand der Proband·innen nicht nur, sondern bewegt die Finger für sie. Auf dem Bildschirm zeigt ein Balken an, wie die Absicht zur Bewegung langsam steigt, bis ein Schwellenwert überschritten wird.

Konzentration ist alles: Verena Mayr fokussiert sich darauf, nach dem Ball zu greifen. Diese Intention wird über die Elektroden auf ihrem Kopf gemessen.

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Proband·innen nehmen an der Studie teil.

Alle Proband·innen sind chronisch betroffen: Ihre Schlaganfälle liegen mehr als 6 Monate zurück und eine

spontane Verbesserung

dank der Regenera-

tionsfähigkeit des

Gehirns ist nicht mehr zu erwarten. Hirnströme mit der motorisierten Orthese an Mayrs Hand: Angeleitet durch ihren Therapeuten, beginnt sie sich darauf zu konzentrieren, erst den Arm zu strecken und dann nach dem Ball zu greifen. Was sie nicht sieht, ist der hinter ihrem Rücken platzierte Laptop. Auf dessen Bildschirm wächst zusehends ein blauer Balken – die Visualisierung ihrer Intention zur Bewegung, die sich in ihrem Gehirn aufzubauen beginnt. Sobald die Anzeige einen Schwellenwert überschreitet, wechselt die Farbe zu Rot. Zugleich wird die Orthese ausgelöst: Die Mechanik beginnt, die Finger der Patientin zu bewegen. Ihre Hand schließt sich. Unterstützt wird sie dabei zusätzlich durch Elektrostimulation, die auch die zum Greifen nötigen Muskelgruppen aktiviert.

Feedback und Belohnung

„Dadurch simulieren wir den gesamten Ablauf der Bewegung“, erklärt PucksFaes. „Von der Absicht über das Anspannen der Muskeln bis hin zum eigentlichen motorischen Ereignis, nur eben in die einzelnen Abschnitte unterteilt.“ Aber anders als bisher dient als „Auslöser“ nicht die Aufforderung des Therapeuten, sondern die messbare Absicht im Gehirn. Von dieser Koppelung erwarten sich die Mediziner·innen einiges: Zum einen helfe sie den Patient·innen, das bewusste Vollziehen einer Bewegung zu trainieren, beschreibt die Primaria. „Zum anderen gibt es einen nicht zu verachtenden Belohnungseffekt: Man konzentriert sich und die Bewegung, die eben noch unmöglich erschien, wird möglich, und man sieht,

Insgesamt dauert die Therapiesitzung rund 45 Minuten, in denen Mayr den Bewegungsablauf immer wiederholt und so ihrem Gehirn neu beibringt, die Greifbewegung auszuführen.

wie sie passiert.“ Damit kommt es zu einem Feedback-Effekt, der zusätzlichen Erfolg bringen könnte.

Hightech, international

Neben der Entwicklung der Orthese, die im französischen Lausanne designt worden ist, war auch das Filtern der Hirnströme eine große Herausforderung. Um das System einsetzen zu können, mussten die Entwickler·innen erst unter den unzähligen elektrischen Impulse in unserem Gehirn jene isolieren, in denen sich die Absicht zur Bewegung manifestiert. „Zusätzlich mussten wir die Studie so entwerfen, dass sie aussagekräftig ist“, meint Pucks-Faes. Dazu wurden die Proband·innen in zwei Gruppen unterteilt: eine, bei denen die Analyse der Hirnströme die Orthese steuert, und eine, bei der sie ohne den gemessenen Schwellenwert ausgelöst wird. Welche Patient·innen dabei in welcher Gruppe sind, wissen die Behandler nicht. Die Studie ist also doppelt verblindet. Die Daten werden verschlüsselt an die Universität in Essex weitergeleitet und dort ausgewertet. „Nur so können wir garantieren, dass die Ergebnisse nicht verfälscht werden“, sagt sie.

Fünfmal wöchentlich

Nach rund 45 Minuten hat Verena Mayr ihre erste Therapiesitzung hinter sich – mit erstaunlichem Erfolg, insbesondere dafür, dass es ihr erstes Mal war. Etwas anstrengend sei es gewesen – aber auch einen spielerischen Aspekt habe die Therapie, meint sie. In den kommenden Wochen wird sie an je fünf Tagen mit der Orthese trainieren und ihrem Gehirn auf diese Art und Weise neu beibringen, ihren rechten Arm wieder zu benutzen.

Mensch und Maschine

Pucks-Faes setzt große Hoffnungen in die erweiterte Form der Therapie. Dabei ist der Einsatz von Maschinen grundsätzlich nichts Neues in Hochzirl. „Wir ergänzen die konventionelle Therapie bereits seit Jahren mit Robotik –

Die ProbandInnen werden 5 Tage

pro Woche für 3 Wochen

mit der Orthese trainieren.

Insgesamt sind 30 Monate

für die Dauer der Studie vorgesehen.

und konnten damit auch die Resultate deutlich verbessern.“ Aber der Ansatz und die Möglichkeit, Patient·innen die Kontrolle zu übergeben, eröffne völlig neue Perspektiven. Einen Therapeuten ersetzen könne das aber nicht. Im

Gegenteil. Die Arbeit mit Patient·innen sei unersetzlich und wichtiger denn je: „Zur individuellen Anpassung der Maßnahmen ebenso wie zur Unterstützung, aber vor allem auch zur Motivation und dazu, den Kampfgeist unserer Patient·innen zu erhalten“, ist sie sich sicher. „Und kombiniert mit derartigen neuen Ansätzen wird uns das erlauben, noch einmal mehr das Rehabilitationspotenzial auszuschöpfen und damit optimale Resultate zu erzielen.“

„Man konzentriert sich und die Bewegung, die eben noch unmöglich erschien, wird möglich, und man sieht, wie sie passiert.“

Elke Pucks-Faes

Sorgenfrei an morgen denken

© Schedl

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