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Gratis Tram schlägt Auto

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WOCHE DER VIELFALT

WOCHE DER VIELFALT

Öffis aufwerten, indem sie kostenfrei nutzbar sind? Neuss in Nordrhein-Westfalen ist in etwa so groß wie Innsbruck. Ab 2023 läuft dort ein Pilotprojekt, um die Neusser Innenstadt mit einer gratis Straßenbahn vom Verkehrschaos zu befreien.

Text: Verena Wagner

Neuss

Die nordrhein-westfälische Großstadt Neuss zählt rund 150.000 Einwohner:innen Die Stadt gehört zu den ältesten Städten Deutschlands und ist für ihre römische Vergangenheit und den Rheinhafen bekannt.

Die seit Anfang des Jahres in der Neusser Innenstadt kostenlos nutzbare Straßenbahn ist Teil eines Mobilitätskonzepts, das die Stadt vom Autoverkehr entlasten und den Handel in der Innenstadt ankurbeln soll. Die Kosten belaufen sich auf 226.000 Euro für die einjährige Pilotphase. Finanziert werden soll das Projekt durch höhere Parkgebühren.

Mit einer kostenlosen Straßenbahn in der Innenstadt will die deutsche Stadt Neuss einen Beitrag zum Klimaschutz leisten und Menschen dazu bringen, vom Auto auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen. Außerdem soll der Handel angekurbelt werden, denn die Neusser Einkaufsmeile verläuft im Wesentlichen auf 1,7 Kilometern entlang einer Straße, die nur für Fußgänger:innen und eben die Straßenbahn freigegeben ist. Von Oktober bis Dezember 2022 wurde dazu eine Umfrage durchgeführt. Demnach bewerten mehr als 90 Prozent der Innenstadtbesucher:innen dieses Vorhaben als positiv.

KEIN FAHRSCHEIN NOTWENDIG.

Seit Jänner ist die Neusser Straßenbahnlinie 709 entlang der sieben Haltestellen

Bürgermeister Reiner Breuer

Innsbruck

Was könnte in Innsbruck Impulse setzen, damit Menschen das Auto stehen lassen, wenn sie mehrere Besorgungen in der Innenstadt vorhaben?

zwischen Theodor-Heuss-Platz am Hauptbahnhof und Stadthalle kostenfrei nutzbar. Das Projekt befindet sich derzeit in einer Vorlaufphase. Das Pilotprojekt und damit auch die Zählung der Fahrgastzahlen beginnt erst im August, weil die Rheinbahn momentan an mehreren Tagen die Strecke wegen dringend notwendiger Bauarbeiten sperren muss. Als „Ausgleich“ dürfen die Fahrgäste die Straßenbahn schon kostenfrei benützen. „Wir stellen aber bereits fest, dass die Straßenbahnen voller sind als sonst. Das Angebot wird also augenscheinlich angenommen“, sagt Marc Bohn, Pressesprecher des Bürgermeisteramts Neuss. Die nordrhein-westfälische Großstadt mit rund 150.000 Einwohner:innen liegt Düsseldorf gegenüber auf der anderen Seite des Rhein.

WIE FINANZIERT SICH DAS?

„Wir müssen etwas für den Klimaschutz tun und wollen Bus und Bahn als attraktive

Alternative zum Pkw stärken“, freut sich Bürgermeister Reiner Breuer über die Umsetzung des Projekts. Er hatte im Zuge des neuen Parkraumbewirtschaftungskonzeptes die Idee zur kostenfreien Straßenbahn in der Neusser Innenstadt vorgeschlagen. Die Kosten belaufen sich auf etwa 226.000 Euro und sollen durch städtische Mehreinnahmen aus Parkgebühren ausgeglichen werden, die dafür erhöht wurden. Kostete eine halbe Stunde Parken vormals 1 Euro, steigt der Preis nun auf 1,50 Euro. Der Parkausweis, der für Anwohner:innen bisher für 30 Euro im Jahr zu haben war, verteuert sich von 2,50 Euro pro Monat auf ganze 10 Euro. Die Mehreinnahmen will man vollumfänglich in die Stärkung von Bus und Bahn investieren.

Sollte das kostenlose Fahren gut angenommen werden und Menschen dadurch vermehrt das Auto stehen lassen, könnte das Angebot nach Angaben der Stadt dauerhaft gelten oder weiterentwickelt werden. Die Testphase, in der die Fahrgastzahlen gemessen werden, beginnt im August und läuft dann ein Jahr.

MOBILITÄTSKONZEPT.

Die kostenlose Straßenbahn ist Teil eines umfassenden Mobilitätskonzepts. Dazu gehört auch eine verkehrsberuhigte Fahrradachse, die an den Radschnellweg angebunden wird. In allen städtischen Parkhäusern ist die erste Stunde gratis. Außerdem sollen an den Endpunkten der kostenlosen Straßenbahn-Teilstrecke zusätzlich zum bestehenden Parkplatz an der Stadthalle weitere P&R-Parkplätze und Mobilstationen mit Carsharing und EBikes eingerichtet werden. Damit entstehen weitere Anreize, das Auto am Rande der Innenstadt abzustellen und die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln fortzusetzen.

Ein kostenloses Busoder Straßenbahnangebot könnte ein interessanter Anreiz sein und die Innsbrucker Innenstadt vom Autoverkehr entlasten. Ohne ein umfassendes Mobilitätskonzept geht es aber nicht, wie das Beispiel Neuss zeigt. Parkmöglichkeiten am Stadtrand müssten mit einer kostenlos nutzbaren Teilstrecke ins Zentrum verknüpft werden. Am sinnvollsten wären Park­Points in Kranebitten, Völs oder Hötting West sowie an der Autobahnausfahrt Ost/ DEZ­Areal

DIESE SERIE WIRD DURCH UNTERSTÜTZUNG DES VVT ERMÖGLICHT.

Smarte Lösungen für die Stadt der Zukunft gibt es viele. Die Serie „Hey Innsbruck, schau dir das mal an“ widmet sich Best-PracticeBeispielen aus aller Welt und zeigt, was andere Städte für eine nachhaltige Zukunft tun.

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