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STÖRFAKTOR FRAU
Wir haben die Vorkommnisse der letzten Gemeinderatssitzungen – Stichwort Janine Bex, Baby und Bier – zum Anlass genommen, herauszufinden, wie die im Gemeinderat vertretenen Fraktionen den Status quo in Sachen Gleichstellung, Sexismus und Familienfreundlichkeit beurteilen.
Politik vs. Familie
Nicht nur mangelnde Karenzlösungen machen es nach wie vor schwer, Politik und Familie unter einen Hut zu bringen, vor allem für Alleinerzieher:innen und Eltern ohne großes Supportnetzwerk. Besonders in der Kommunalpolitik, wo viele Politiker:innen zusätzlich einem Vollzeitjob oder zumindest einer Nebentätigkeit nachgehen, werden Sitzungen und informelle, aber für Entscheidungsfindungen relevante Treffen häufig so eingeplant, dass auch Berufstätige Zeit haben –zum Beispiel abends, wenn Kinderbetreuungseinrichtungen bereits geschlossen haben.
Wer sich die Gemeinderatssitzungen der aktuellen Periode anschaut, wird schnell feststellen, dass es sich bei der Innsbrucker Lokalpolitik um ein hartes Pflaster handelt: Es wird gestritten, gedemütigt und gescholten, und das häufig auf persönlicher Ebene. Besonders im Fokus stand in den letzten Sitzungen Janine Bex. Die stellvertretende Klubobfrau der Grünen hat vor Kurzem ihr drittes Kind bekommen und nimmt dieses auch mit in die Sitzungen. Nicht unbedingt zur Freude ihrer Kolleg:innen: Aussagen verschiedener Mandatar:innen legen nahe, dass ein Kind in ihren Augen keinen Platz im Gemeinderat hat, sondern zu Hause sein soll – zusammen mit der Mutter. Dass das aufgrund der auf der Kommunalebene fehlenden Karenzlösung für Politiker:innen gar nicht so einfach möglich ist, wird dabei ignoriert.
RÜCKSCHRITT.
Bex war schon 2019 mit Baby im Gemeinderat. Auch damals bemerkte sie, dass viele ihren Entschluss, sich nicht zwischen Mutterschaft und Politik zu entscheiden, skeptisch sahen, offene Anfeindungen blieben aber aus. „Damals war das versteckter, hinter vorgehaltener Hand. Es ging immer um die Frage, ist das wirklich gut für das Baby, und diese Bewertung, ist man eine gute Mutter“, erzählt sie. Vier Jahre später ist die Situation anders: Die Gemeinderätin wird persönlich angegriffen und kritisiert, besonders oft auch von Männern – häufig mit der Implikation, dass sie das Kindeswohl nicht im Auge habe und eine schlechte Mutter sei. Manche drohten gar, die Behörden einzuschalten. Für Bex ist der Innsbrucker Gemeinderat damit der Spiegel einer Gesellschaft, die noch nicht annähernd so weit ist, wie man es sich 2023 wünschen würde: „Mir kommt vor, als Frau kann man es nie gut machen. Du bist eine schlechte Mutter, wenn du die Kinder mitnimmst, du bist eine schlechte Mutter, wenn du sie nicht mitnimmst. Und du bist eine schlechte Frau, wenn du dich gegen Kinder entscheidest. Es hat immer wer was zu sagen, kommentieren, bewerten.“
Da die Äußerungen im Gemeinderat nicht durch konkrete negative oder besorgniserregende Vorfälle ausgelöst wurden, sondern allem Anschein nach „nur“