Ausgabe 4_2018: fassadenBAUKULTUR

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BAUKULTUR Zeitschrift des DAI Verband Deutscher Architekten- und Ingenieurvereine e.V.

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Schwerpunkte Geb채udeh체lle Textiles Bauen

AIV Aschaffenburg 2. Aschaffenburger Wohnungsbauforum

AIV Mark-Sauerland Jahreshauptversammlung 2018

M체nsterl채nder AIV 7. Schlaun-Wettbewerb entschieden

BAUKULTUR

fassaden


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Schindler Global Award 2018 Put your skills to test in Mumbai -ยบGDQD (MENQL@SHNMDM YTL 2BGHMCKDQ &KNA@K V@QC HM (MCHDM ร MCDM 2HD TMSDQ www.schindleraward.com

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editorial

BAUKULTUR 4_2018

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LIEBE KOLLEGINNEN UND KOLLEGEN, VEREHRTE LESER UND FREUNDE DER BAUKULTUR, green building – natürlich mit Dach-, Fassaden- und Innenraumbegrünung! Wer versteht unter „green building“ denn wirklich begrünte Gebäude? Gebäude, die eine Dach-, Fassaden- bzw. Innenraumbegrünung haben? Die meisten setzen „green building“ vereinfacht gleich mit nachhaltigem Bauen – und das meist ohne Gebäudebegrünung. Dabei sind Dachund Fassadenbegrünungen nachhaltig. Sie vereinen eine Vielzahl an positiven Wirkungen, die je nach Begrünungsform schon kurzfristig, jedoch bei fachgerechter Pflege und Wartung stets langfristig Bestand haben. Dachbegrünungen in Form artenreicher Extensivbegrünungen sind grundlegender Bestandteil bei der Eingriffs-Ausgleichs-Regelung und helfen, Artenvielfalt in Flora und Fauna auch in dicht besiedelten Gebieten zu erhalten. Begrünte Dächer und Tiefgaragen stehen wieder besonders im Fokus als wichtiger Bestandteil zeitgemäßer Hochwasservorsorge. Auf Dächern lassen sich einfach und vor allem viel Retentionsflächen schaffen. Selbst eine einfache Extensivbegrünung speichert schon etwa 20 l/m² und bei Retentionsdächern und Intensivbegrünungen sind Wasserrückhaltevermögen von 140 l/m² und mehr möglich. Und wenn man jetzt noch beachtet, dass nur etwa 15 % der jährlich gebauten Flachdächer begrünt sind, tun sich ungeahnte Potenziale auf. Bei begehbaren Dachbegrünungen auf Einkaufszentren, Hotelanlagen, Schulen, Kindertagesstätten und Parkhäusern entstehen Spiel- und Sportplätze, Pausen- und Rückzugsräume und Begegnungsstätten. Das Reizvolle für alle Investoren ist, dass der Baugrund für diese weiteren Nutzflächen kostenlos ist. Er wurde ja schon ebenerdig bezahlt und erfährt „oben“ eine „Zweitnutzung“. Und die Kosten der Dachbegrünungen sind bei weitem geringer als die Kosten eines Grundstücks. Dach- und Fassadenbegrünungen geben dem Gebäude eine besondere Note und können in gezielter Abstimmung mit der Architektur der Blickfang sein. Die Begrünung wertet

jedoch nicht nur das einzelne Gebäude (optisch) auf, sie macht bei großflächiger Anwendung ein ganzes Wohngebiet lebenswerter, attraktiver und gesünder: Die Pflanzen mindern den Straßenlärm, sie verdunsten Wasser, befeuchten und kühlen damit die Umgebung und sorgen für ein angenehmeres Stadtklima und binden Feinstaub. Mooswände und Fassadenbegrünungen sind wichtige Bausteine von AntiFeinstaub-Strategien. Um das Bemühen um mehr Gebäudebegrünung zu verstärken, haben sich mit der Fachvereinigung Bauwerksbegrünung e.V. (FBB) und dem Deutsche Dachgärtner Verband e.V. (DDV) zwei renommierte Verbände zusammengetan! Sie sind zum Bundesverband GebäudeGrün e. V. (BuGG) fusioniert! Endlich ist es soweit, und die Akteure der Gebäudebegrünung ziehen an einem Strang und bearbeiten gemeinsam und zielgerichtet die vielen Themenfelder rund um die Dach-, Fassaden- und Innenraumbegrünung. Wir haben mit der Fusion und der Gründung des Bundesverbandes GebäudeGrün e. V. (BuGG) viel Vertrauen und Vorschusslorbeeren bekommen – es soll nun der historische Startschuss sein für die Werbung und Umsetzung von deutlich mehr Grün auf, am und im Gebäude! Es lassen sich bestimmt Kompromisse finden und Architektur und Begrünung miteinander verbinden! Gelebtes „green building“. Wir müssen es nur wollen und offen sein für neue Ideen! Herzlichst Ihr

Dr. Gunter Mann Präsident Bundesverband GebäudeGrün e. V. (BuGG) www.gebaeudegruen.info


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DAI bundesweit

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Kiel

Pinneberg

Grassi Museum für Angewandte Kunst in Leipzig (Foto: Helga Schulze-Brinkop)

DAI Tag 2018 in Leipzig

Osnabrück

Am Samstag, dem 22.9.2018, findet im Grassi Museum in Leipzig der diesjährige DAI Tag statt. Das Programm und das Anmeldeformular sind auf der DAI Web-Seite veröffentlicht. Melden Sie sich bitte schon heute an! Der DAI und die Initiatoren des neu zu gründenden AIV Leipzig freuen sich auf ihre Gäste!

Dortmund

Leipzig (in Planung)

Düsseldorf

Oberhessen

Wiesbaden Aschaffenburg

www.dai.org/veranstaltungen/ verbandstermine

Bamberg

Mainz

Mannheim

Saar

Nürnberg

Folgen Sie dem DAI im Netz: www.dai.org

Freiburg

www.facebook.com/baukultur www.twitter.com/baukultur DAI Mitgliedsverein

https://plus.google.com/ +DaiOrgBaukultur

kein DAI Mitgliedsverein DAI Mitgliedsverein mit Textbeitrag in der vorliegenden Ausgabe

DAI MITGLIEDSVEREINE AIV Aschaffenburg AIV Aschersleben-Staßfurt AIV Bad Hersfeld AIV Braunschweig AIV Frankfurt AIV Hanau AIV Hannover AIV Hildesheim AIV Karlsruhe AIV Koblenz

AIV KölnBonn AIV Konstanz AIV Leipzig (in Gründung) AIV Magdeburg AIV Marburg AIV Mark Sauerland AIV Oberhessen AIV Schweinfurt AIV Stuttgart AIV Ulm

AIV Würzburg AIV zu Berlin Dortmunder AIV Mittelrheinischer AIV Darmstadt Münchener AIV Münsterländer AIV Oberrheinischer AIV Freiburg Oldenburgischer AIV Ruhrländischer AIV zu Essen Schwäbischer AIV Augsburg


inhalt

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Editorial Dr. Gunter Mann DAI bundesweit Inhalt Rubriken Nachrichten Kolumne Bundesstiftung Baukultur Wirtschaft + Recht DAI aktuell Aus dem Präsidium DAI regional AIV Aschaffenburg: 2. Aschaffenburger Wohnungsbauforum AIV Mark-Sauerland: Jahreshauptversammlung 2018 Münsterländer AIV: 7. Schlaun-Wettbewerb entschieden

12–28 12–13 14–15 16–17 18 19–21 22–23 24–25 26–27 28

Schwerpunkt: Gebäudehülle + Textiles Bauen Metallische Haut: Erweiterungsbau für das Landestheater Salzburg Dynamik, Bewegung, Veränderung: Forschungsneubau in Stuttgart Optische Leichtigkeit: Gemeindehaus in der Schweiz Schwarzes Blechkleid: Pelletsilo in Luxemburg Fassaden mit Textilbespannung Raum für Inspiration: Pavillon für die Frankfurter Buchmesse In den Farben des Waldes: Forschungsneubau in Bonn Baumstammschichten von der Rinde bis zum Kern: Forschungsneubau in Frankfurt Sinnstiftender Blickfang: Klosterkirche in der Uckermark

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Advertorials | Anzeigen Rieder Smart Elements GmbH: Wohnensemble in Tirol Schüco International KG: Wohnhaus in Polen Drees & Sommer SE: Plusenergiehaus mit Konzept Hagemeister GmbH & Co. KG: Wohnbauprojekt in Herne Deppe Backstein-Keramik GmbH: Active House in Schiedam Keimfarben GmbH: Putz – ein unterschätztes Fassadenmaterial Fachverband FVHF: Farbe bekennen

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Titel: Deutsches Zentrum für neurodegenerative Erkrankungen DZNE in Bonn (Foto: © Steffen Vogt für wulf architekten)

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nachrichten

Der thyssenkrupp-Testturm in Rottweil dient der Forschung von Hochgeschwindigkeitsaufzügen (Foto: thyssenkrupp Elevator AG)

Symposium Textile Architektur Am 10.9.2018 findet in Rottweil das 5te Symposium Textile Architektur statt. Im Rahmen der Veranstaltung und der begleitenden Ausstellung sollen neue Themenfelder des Textilen Bauens ausgelotet werden. Veranstaltungsort ist der im Oktober 2017 eröffnete Testturm der thyssenkrupp Elevator AG. Der Veranstalter – das Kompetenz-Netzwerk Textile Architektur – informiert umfänglich über die Möglichkeit des Bauens mit innovativen Textilien/Folien und deren hochwertiger Verarbeitung. Eine Anmeldung ist erforderlich. www.textile-architektur.de Transparente Fassaden und Fensterkonstruktionen sind heute sehr komplexe Bauteile, die einer Vielzahl von Anforderungen gerecht werden müssen, auch im Hinblick auf die konstruktive, technische und räumliche Einbindung. Dies bedingt hohen planerischen Aufwand hinsichtlich Gestaltung, Komfort, Systemauswahl sowie der Ausbildung der Details und Schnittstellen. Ziel eines Seminars am 19.7.2018 im Haus der Architekten, Stuttgart, ist es, Grundlagenwissen zu festigen und wesentliche Anforderungen hinsichtlich Funktionskriterien und Detailausbildungen zu erkennen und zu vertiefen. www.akbw.de

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von Prof. Johannes Kister hat sich für Barkow Leibinger aus Berlin und ihre Trumpf Smart Factory in der Nähe von Chicago entschieden. Die Tragwerksplanung stammt von Knippers Helbig aus Berlin. „Die archaisch anmutende Vierendeel-Konstruktion ist in ihrer unbehandelten Oberfläche ein imposanter räumlicher Abschluss, der in dem dunklen, metallischen Glanz der Halle eine architektonische Präsenz verleiht, die so ganz anders ist, als ein Hightech-Showroom auf den ersten Blick vermuten lässt“, so die Jury. www.bauforumstahl.de Der 39. Deutsche Stahlbautag findet vom 11.–12.10.2018 in Duisburg statt. Auf dem Programm stehen Vorträge für alle Beteiligten der gesamten Prozesskette, die beim Bauen mit Stahl zusammenwirken, sowie viel Raum zum Netzwerken und persönlichen Austausch. Am zweiten Veranstaltungstag bietet der Tag der Stahl.Architektur Beiträge renommierter nationaler und internationaler Architekten. www.deutscher-stahlbautag.com

Preis des Deutschen Stahlbaues 2018 Die Jury des diesjährigen Deutschen Stahlbau-Preises unter Vorsitz

James Turrell, einer der wichtigsten Künstler unserer Zeit, widmet seit mehr als 50 Jahren sein gesamtes Schaffen der Auseinandersetzung mit der (Im-) Materialität und Wahrnehmung von Licht als künstlerischem Medium. Er flutet begehbare Räume mit Licht, das sich in sanfte Farbenmeere ergießt oder in intensiv glühenden, manchmal diffus sphärischen Lichtnebeln seine Materialisierung findet und den Betrachter an seine Wahrnehmungsgrenzen bringt. Die Möglichkeit, sich anhand eines Gegenstands oder räumlicher Grenzen visuell zu verorten, hebelt Turrell aus. Die Ausstellung im Museum Frieder Burda in Baden-Baden zeigt bis zum 28.10.2018 Schlüsselwerke aus den verschiedenen Schaffensphasen des Künstlers. www.museum-frieder-burda.de

Vorführ- und Vertriebszentrum für den Werkzeugmaschinen- und Laserhersteller TRUMPF in der Nähe von Chicago (Foto: Simon Menges)

James Turrell, Ganzfeld Apani, Museum Frieder Burda, 2018 (© James Turrell, Foto: Florian Holzherr)

Ron Arad auf dem Sessel Big Heavy (1989), im Hintergrund der Rietveld Chair (1990) und der Stuhl Little Heavy (1989) (Foto: © Vitra Archiv)

Ron Arad: Yes to the Uncommon! Von Ready-made-Sesseln aus alten Autositzen bis hin zu innovativen Karbonfasermöbeln: Die Arbeiten von Ron Arad überschreiten stets die Grenzen des Konventionellen. Die Ausstellung im Vitra Design Museum in Weil am Rhein bietet bis zum 14.10.2018 einen Überblick über sein breitgefächertes Werk. Neben frühen Metallmöbeln sind auch neuere Modelle zu sehen, bei denen Arads experimenteller Ansatz in die Serie übertragen ist. Die Ausstellung zeigt die ungezügelte Energie seiner Entwürfe und offenbart zugleich überraschend funktionale Details. www.design-museum.de Waagerechte Bäume Über eine Fassade der Universität Hohenheim schlängelt sich neuerdings ein Weg. Stauden, Sträucher und kleine Bäume ragen

Fassaden-Garten in Hohenheim (Foto: Universität Hohenheim/C. Schmid)

waagerecht aus der Fassade und drehen sich um die eigene Achse. Dank GraviPlant-Technik ist es dem Startup-Unternehmen Visioverdis gelungen, Gebäudefassaden durch eine MehrSchicht-Begrünung für Großpflanzen zu erschließen. Die Pflanzen spenden Schatten und kühlen durch Verdunstungskälte. Sie filtern Luft und dämmen Verkehrslärm. Und durch erhöhte Rotation könnten sie sogar Luft verwirbeln, was zusätzlich zur Smogableitung beitragen könnte. www.visioverdis.com


kolumne

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FAHRRADMOBILITÄT ALS SCHLÜSSEL FÜR EINE MENSCHENGERECHTE STADT Die Bundesstiftung Baukultur hat vom 3.–4.5.2018 zur Baukulturwerkstatt nach Karlsruhe eingeladen. Unter dem Titel „Stadt und Fahrradmobilität“ diskutierten rund 100 Teilnehmer, welche Potenziale der Umbau der Verkehrsinfrastruktur für die Baukultur birgt. Das geflügelte Wort vom menschlichen Maßstab ist in den Fachdebatten über die Städte der Zukunft in aller Munde. Was das gute Leben in der Stadt ausmacht und wie es sich realisieren lässt, war allerdings noch nie in Stein gemeißelt. Seit jeher sind die Vorstellungen davon dem gesellschaftlichen Wandel unterworfen, wie sich an der Abfolge städtebaulicher Paradigmen nachvollziehen lässt. Vielerorts melden Stadtbewohner heute Ansprüche gegenüber dem Automobilverkehr an. Sie wünschen sich andere Verkehrsflächen und -konzepte, um sich mit dem Fahrrad sicher und schnell durch die Stadt zu bewegen – und finden bei den Verantwortlichen der Kommunen immer öfter Gehör. Die Vorteile liegen dabei auf der Hand: Fahrradfahren ist geräuscharm, verursacht keine Emissionen und ist platzsparender als der motorisierte Individualverkehr. Dass die Baukulturwerkstatt zur Fahrradmobilität nach Karlsruhe führte, kam nicht von ungefähr. Die Stadt, in der Karl von Drais vor über 200 Jahren das Fahrrad erfand, ist heute durch eine gesamtstädtische Mobilitätsstrategie zu einer der fahrradfreundlichsten Kommunen Deutschlands geworden. Den Teilnehmern präsentierte die Stadt Karlsruhe sich neben einer herzlichen Gastgeberin als ein ebenso anschauliches Praxisbeispiel, das bei Stadtführung und Radtour unter kenntnisreicher Anleitung erkundet wurde. So ließ sich nicht nur lernen, wie das Prinzip der Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmer im öffentlichen Verkehrsraum städtebaulich verwirklicht wird, sondern auch unmittelbar erfahren, wie sich so gestaltete öffentliche Räume für ihre Nutzer anfühlen. In einem Vorabendkolloquium erläuterte Prof. Dr. Anke Karmann-Woessner, Leiterin des dortigen Stadtplanungsamtes, das Karlsruher Verkehrskonzept. „Fahrradfahren allein löst nicht die Mobilitätsfragen, denen wir heute gegenüberstehen.“ Vielmehr bedürfe es eines integrierten Gesamt-

rechts Teilnehmer der Baukulturwerkstatt in Karlsruhe (Foto: Bundesstiftung Baukultur / Bernd Seeland)

konzepts, so Karmann-Woessner. Peter Cachola Schmal und Stefanie Lampe vom Deutschen Architekturmuseum (DAM) in Frankfurt stellten einige Beispiele fahrradfreundlicher Städte vor, die in der Ausstellung „Fahr Rad! Die Rückeroberung der Stadt“ am DAM gezeigt werden. Am Werkstatttag diskutierten die Teilnehmer in den drei Werkstatträumen „Mobilitätskonzepte“, „Mensch und Fahrrad“ sowie „Fahrradstadt machen“ konkrete Projekte wie Fahrradparkhäuser oder die Einrichtung von Fahrradschnellstraßen. Die Diskussionen und Vorträge haben gezeigt, welche Chancen in der Fahrradmobilität auch für die Baukultur liegen: Wenn Mobilität und bauliche Gestaltung – sei es auf Stadtoder Architekturebene – viel mehr und radikaler miteinander verschränkt werden, gewinnt der öffentliche Raum an Qualität. Dazu bedarf es auch eines intensiveren Dialogs der Disziplinen. Bereits in der Anfangsphase von Stadtentwicklungsund Mobilitätsprojekten sind Experten aus allen beteiligten Disziplinen einzubinden. Durch das Teilen guter Beispiele und die Kommunikation über Strategien können funktionierende Modelle auf Übertragbarkeit hin überprüft, angepasst und verbreitet werden. Wenn somit die Fahrradmobilität in all ihren Facetten von der Stadt- über die Verkehrsplanung bis in die Architektur gedacht wird, kann sie auch als Katalysator für Baukultur werden! Mehr Informationen sowie Videomitschnitte der Veranstaltung unter: www.bundesstiftung-baukultur.de Die nächste Baukulturwerkstatt „Neue Orte“ findet vom 4.–5.7.2018 in Kiel statt. Auch dazu finden Sie weitere Infos auf unserer Homepage. Sabrina Ginter, Michael Lesch


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wirtschaft + recht

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§§ Die in Berlin, München, Frankfurt und Wien ansässige Kanzlei Zirngibl Rechtsanwälte Partnerschaft mbB ist Premiumpartner des DAI. Zu ihren bundesweiten Arbeitsschwerpunkten zählen das Immobilien-, Bau- sowie das Vergaberecht.

NEUES AUS DEM... ...Grundstücks- und Immobilienrecht

...Vergaberecht

Zielfindungsphase und Akquise

Eignungskriterien gehören in die Bekanntmachung

Architekten werden oft ergebnisoffen beauftragt. Das zu errichtende Gebäude wird erst im Rahmen der Vertragsabwicklung konkretisiert. Häufig erwartet der Bauherr sogar, dass sämtliche Architektenleistungen im Hinblick auf die Konkretisierung des Gebäudes und die Ermittlung der zu dessen Errichtung erforderlichen Kosten vom Architekten vergütungsfrei als Akquiseleistung erbracht werden. Selbst wenn der Architekt in solchen Fällen von vorne herein mit Leistungen der Leistungsphasen 1 bis 9 beauftragt wird, ist nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 23.04.2015 – VII ZR 131/13) der Vertrag nur im Hinblick auf die Vereinbarung zur Erbringung der Leistungen gemäß Leistungsphase 1 wirksam, im Übrigen soll der Vertrag unwirksam sein und allenfalls darüber gerettet werden, dass von einem stillschweigend vereinbarten Leistungsbestimmungsrecht des Bauherrn ausgegangen wird. Der Bauherr hat das Recht, das Leistungssoll im Zuge des Planungsfortschrittes zu definieren.

Die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Veröffentlichung werden in der Vergabepraxis nicht immer erfüllt. Auch wenn es sich dabei vermeintlich nur um bloße „Formalia“ handelt, kann ein unbedachter Umgang mit den einschlägigen Vorschriften zu unangenehmen Folgen für den öffentlichen Auftraggeber führen.

Für diese Problemkonstellationen soll nun der neue § 650 p Abs. 2 BGB eine Lösung bieten. Soweit die wesentlichen Planungsziele bei Vertragsschluss noch nicht vereinbart sind, hat der Architekt eine Planungsgrundlage zur Ermittlung seiner Bauaufgabe zu erstellen und diese nebst Kosteneinschätzung dem Bauherrn zur Zustimmung vorzulegen. Der Bauherr hat nach § 650r BGB ein Sonderkündigungsrecht nach Vorlage der Unterlagen und muss nur die Leistungen vergüten, die bis zum Zeitpunkt der Kündigung erbracht wurden. § 650 p Abs. 2 BGB macht zwar in Verbindung mit § 650 r BGB deutlich, dass die Erstellung eines grundlegenden Konzepts zu vergüten sein kann. Im Ergebnis wird es aber dabei bleiben, dass die Vergütung der Erstellung des Planungskonzepts und sonstiger Architektenleistungen einen entsprechenden Vertragsschluss voraussetzt. Das OLG Frankfurt hat in seinem Urteil vom 17.05.2017 – 29 U 183/16 zuletzt festgehalten, dass in der Regel von einem entgeltlichen Auftrag auszugehen ist, wenn Architektenleistungen erbracht wurden und der Bauherr diese verwertet. Dabei sind allerdings immer alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, und der Architekt muss den Vertragsschluss nachweisen. Es bleibt daher dringend anzuraten, zu erbringende Leistungen und die entsprechende Vergütung schriftlich zu vereinbaren. Rechtsanwältin Dr. Eva Luig

So geschehen im Vergabeverfahren, welches dem Beschluss der VK Nordbayern vom 15.02.2018 – RMF-SG21-3194-3-1 zu Grunde lag. Der Auftraggeber hatte bezüglich der Eignungskriterien in der Auftragsbekanntmachung lediglich angegeben: „Eignungskriterien gemäß Auftragsunterlagen siehe: https://www.(...)“. Unter dem Link waren diverse Dateien als Teile der Vergabeunterlagen zu finden. Eine Datei enthielt ein Formblatt, in der sich der Bieter zur Einreichung von bestimmten Referenzen zum Nachweis seiner Fachkunde verpflichtete. Nachdem der Bieter andere Referenzen einreichte, wurde sein Angebot ausgeschlossen. Laut Vergabekammer erfolgte der Ausschluss des Angebots wegen fehlender Referenzen zu Unrecht. Denn die Referenzen wurden nicht wirksam gefordert. Der Auftraggeber muss die Eignungskriterien und die geforderten Nachweise den potenziellen Bietern im Voraus bekannt geben. Das Mitteilungsmedium ist in der Regel die Auftragsbekanntmachung. Der Verweis auf ein später in den Vergabeunterlagen zu findendes Formblatt ist nicht ausreichend. Wenn auf ein Formblatt verwiesen werden soll, muss sich in dem Bekanntmachungstext ein direkter Link befinden, über den ohne weiteres das Formblatt geöffnet und ausgedruckt werden kann. Grundsätzlich sind die Eignungskriterien in der Auftragsbekanntmachung aufzuführen. Der Interessent soll auf einen Blick und aus der Auftragsbekanntmachung erkennen können, ob er als Wettbewerbsteilnehmer in Betracht kommt oder ob er sich eine Befassung mit den Vergabeunterlagen von vornherein ersparen kann. Dieser Zweck ist erfüllt, wenn er mit „einem Klick“ von der Auftragsbekanntmachung zu den gewünschten Informationen oder dem entsprechenden Formblatt kommt, nicht jedoch, wenn er erst nach den Informationen suchen muss. Rechtsanwalt Fin Winkelmann, LL.M.

Ansprechpartner Berlin: RA Lars Robbe, Tel.: 030–880331–231, Fax: 030–880331–100, Mail: l.robbe@zl-legal.de, www.zl-legal.de Ansprechpartner München: RA Dr. Ulrich May, Tel.: 089–29050–231, Fax: 089–29050–290, Mail: u.may@zl-legal.de, www.zl-legal.de


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DAI aktuell | DAI regional

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AUS DEM PRÄSIDIUM Das DAI Präsidium arbeitet derzeit intensiv zusammen mit den Gründern des AIV Leipzig. Im Zusammenhang mit dem DAI Tag am 22.9.2018 in Leipzig und der parallelen Auslobung des Max-Pommer-Preises als Nachwuchspreis des neuen Vereins sind dort eine Menge Aufgaben zu erledigen. Das DAI Präsidium hat sich vor kurzem im Rahmen einer Telefonkonferenz ferner über eine Reihe von Punkten ausgetauscht: Erstens die Vorbereitung des DAI Regionaltreffens Süd in Stuttgart am 25.6.2018, wo auch ein Besuch des Stuttgarter Bahnhofs auf der Agenda stand. Zweitens Abstimmungen mit der Bundesstiftung Baukultur – hier fand am 28.5.2018 ein Pressegespräch im Zusammenhang mit dem Beginn der zweiten Amtszeit des Vorstandsvorsitzenden Reiner Nagel zum 1.5.2018 statt, zu dem auch der

Verfasser dieser Zeilen eingeladen war. Drittens ist laufend Gesprächsbedarf zu den aktuellen Themen rund um das Planen und Bauen. So fand beispielsweise am 29.5.2018 in Berlin die Pressekonferenz des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat zusammen mit der Wohnungswirtschaft zum Thema serielles Bauen statt. Im Mai hat der DAI als Mitveranstalter eines Workshops zur Trinkwasserhygiene auch diesen Bereich erneut inhaltlich unterstützt. Bereits 2017 wurden zwei Veranstaltungen zu diesem Thema in Würzburg und Hamburg durchgeführt. Der Workshop am 23.5.2018 in Dresden wurde federführend vom Wirtschaftsverlag Gesundheit durchgeführt. Udo Sonnenberg

AIV Aschaffenburg

2. ASCHAFFENBURGER WOHNUNGSBAUFORUM Nach dem 1. erfolgreichen Aschaffenburger Wohnungsbauforum im November 2016 hatte der AIV Aschaffenburg am 24.4.2018 erneut zu einem Forum eingeladen. Der Wohnungsmarkt der 70.000 Einwohner zählenden Stadt Aschaffenburg ist trotz steigender Baufertigstellungen und zahlreicher Projektentwicklungen angespannt. Die Bevölkerungsentwicklung des Oberzentrums verläuft positiv, auch weil Aschaffenburg in der Metropolregion Frankfurt RheinMain gute Zukunftschancen eingeräumt werden. Bilanz ziehen war daher eine zentrale Fragestellung des 2. Aschaffenburger Wohnungsbauforums. Rund 120 Teilnehmer aus allen Bereichen des Bauwesens, der Banken, sozialer Institutionen und der Politik diskutierten darüber, ob die Weichen für mehr bezahlbaren Wohnungsbau in der Stadt Aschaffenburg und der Region des Bayerischen Untermains richtig gestellt werden konnten. Das 2. Aschaffenburger Wohnungsbauforum diskutierte diese Fragestellung aus den Blickwinkeln der Projektentwicklung, des sozialen Wohnungsbaus, des Mietmarktes und aus der Perspektive der Immobilieneigentümer. Auf dem Podium saßen Hellmut Metzing, MIB-Wohnbau Aschaffenburg GmbH, Jürgen Steinbach, Stadtbau Aschaffenburg GmbH, Marc Faust, Haus- und Grundbesitzerverein Aschaffenburg und Umgebung e.V. und Christof Walter, Deutscher Mieterbund Aschaffenburg und Umgebung e.V. Bernd Keßler, der 1. Vorsitzende des AIV Aschaffenburg und Stadtentwicklungsreferent der Stadt, verdeutlichte, dass der Wohnungsbau sich verstärkt den Schwellenhaushalten zuwenden muss, da diese aufgrund der explodierenden Mieten und stark gestiegener Baukosten immer mehr Schwierigkeiten bekommen, sich angemessen mit Wohnraum zu versorgen. Dirk Kleinerüschkamp, Vorstandsmitglied des AIV Aschaffenburg und Leiter des Stadtplanungsamtes, stellte bilanzierend fest, dass die in Aschaffenburg bereits in Bau und Planung befindenden Projekte nicht ausreichen, den

Wohnungsbedarf bis 2030 zu decken. Er liegt bei ca. 4.000 neuen Wohnungen. Der Bereitstellung von Bauland und der Nachverdichtung muss daher höchste Priorität eingeräumt werden. Nicht vernachlässigt werden darf aber auch die Bestandspflege bestehender Quartiere, die kostengünstige Wohnungen bieten. Die Bestandshalter, insbesondere die Wohnungsbaugesellschaften, müssen verstärkt in die Modernisierung und Wohnumfeldgestaltung investieren.

Podiumsteilnehmer des 2. Aschaffenburger Wohnungsbauforums (v.l.n.r.): Bernd Keßler, Armin Eisert, Marc Faust, Christof Walter, Jürgen Steinbach, Hellmut Metzing


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DAI regional

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Erklärung des AIV Aschaffenburg anlässlich des 2. Wohnungsbauforums

Moderiert wurde die Veranstaltung durch Armin Eisert, den früheren Geschäftsführer der IHK Aschaffenburg. Bei der lebhaften Diskussion der Podiumsteilnehmer wurden die stark steigenden Baulandpreise kritisiert. Flächenknappheit führt zu einem so starken Preiswettbewerb, dass kostengünstiger Wohnungsbau oft nicht mehr möglich ist. Die Teilnehmer plädierten daher übereinstimmend für eine Reform der Bodenpolitk. Die Wohnungsfrage ist allerdings nicht ausschließlich eine Frage des Neubaus. Der Bestandspflege muss künftig noch mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden. Der Haus- und Grundbesitzerverein Aschaffenburg und der Deutsche Mieterbund Aschaffenburg setzen sich daher für ein nachvollziehbares und justiziables Mietrecht ein. Eine Erklärung des AIV Aschaffenburg anlässlich des 2. Wohnungsbauforums benennt Prinzipien und Ziele, von denen sich die Teilnehmer eine Stärkung des Wohnungsbaus versprechen. Dirk Kleinerüschkamp

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Es muss – vor allem in den Ballungsräumen – mehr und dichter gebaut werden. Aschaffenburg ist Bestandteil eines solchen Raumes. Es braucht eine größere Vielfalt an Wohnungen. Wohnungen für so genannte Schwellenhaushalte müssen verstärkt gebaut werden. Die technischen und energetischen Vorgaben für den Wohnungsbau müssen für die nächsten 10 Jahre reduziert werden. Der Mieterschutz muss gelockert werden, damit Vermieten für private Vermieter attraktiv bleibt. Das Mietrecht muss für jedermann verständlich und durchschaubar sein. Das Bauland für bezahlbaren Mietwohnungsbau muss verbilligt werden. Das Erbbaurecht sollte wieder verstärkt zur Anwendung kommen. Das Wohnungsproblem kann nur mit einer veränderten Bodenpolitik gelöst werden. Es braucht öffentliche Bodenbevorratung und eine Grundsteuerreform, die verhindert, dass fertiges Bauland nicht genutzt wird.

AIV Mark Sauerland

JAHRESHAUPTVERSAMMLUNG 2018 Am 25.4.2018 fand die diesjährige Jahreshauptversammlung des AIV Mark Sauerland statt. Nach einem Vortrag von Prof. Dr. Jutta Albus von der TU Dortmund über ressourceneffizientes Bauen kam das Plenum zu den üblichen Regularien, die diesmal mit einem Wechsel im Vorstand verbunden waren. Als neuer 1. Vorsitzender fungiert nun H.-Rainer Becker, der von der Funktion des 2. Vorsitzenden aufrückt. Neu in das Vorstandsgremium treten Dr. Volker Selter als 2. Vorsitzender und Friederike Demski als Geschäftsführerin ein. Eine mittlerweile 15 Jahre währende Kontinuität gewährleistet Dr. Manfred Gropp in seiner Funktion als Kassenwart. Auch werden Prof. Daniel Thulesius und Michael Rabe ihre Tätigkeit als Kassenprüfer weiterführen, ergänzt durch Thorsten Rau als neuer stellvertretender Kassenprüfer. Auf eigenen Wunsch verlassen Georg Thomys (ehem. 1. Vorsitzender) und Anna Kramps (ehem. Geschäftsführerin) den Vorstand, beide bleiben dem Vorstandsbeirat aber weiterhin treu. Mit der aktuellen Besetzung sind erneut verschiedenste Professionen im Vorstand vertreten (Architektur, Bauingenieurwesen, Geologie), was dem erfolgreichen interdisziplinären Ansatz des AIV Mark Sauerland entspricht. Die Aufgabe des neuen Vorstandes wird es sein, den erfolgreich eingeschlagenen Weg kontinuierlich fortzuentwickeln. Der demographische Wandel macht auch vor der Vereinsarbeit nicht halt, sodass ein Schwerpunkt sein wird, den AIV zukunftssicher aufzustellen und auch für jüngere Mitglieder attraktiv zu machen. Hierzu soll auch die Zusammenarbeit mit den Hochschulen verstärkt werden. Übrige Schwerpunkte werden weiterhin die fachliche Fortbildung der Mitglieder und das Mitwirken bei aktuellen städtebaulichen und berufspolitischen Themen sein. Genannt sei hierbei insbesondere das „Integrierte Stadtentwicklungskonzept“ (ISEK), zu dem sich der AIV explizit einbringen wird. Aber auch die bekannte Veran-

staltungsreihe „Der Blaue Tisch“ mit Themen zur Gestaltung der Umwelt und der Baukultur soll eine Fortführung erfahren. Das wichtigste Ziel des AIV Mark Sauerland ist es, neben den bisherigen fachlichen und gesellschaftlichen Veranstaltungen und Reisen die Phase AIV 2.0 einzuleiten. Dies bedeutet, dass sich der Verein den Möglichkeiten des Internets noch weiter öffnet und darüber auch den bisher willkommenen und erfolgreichen Erfahrungsaustausch mit jungen Architekten, Ingenieuren, Baufirmen und Handwerksfirmen sowie mit Studierenden intensivieren wird. H.-Rainer Becker

Neuer Vorstand des AIV Mark Sauerland (v.l.n.r.): Dr. Manfred Gropp, Friederike Demski, H.-Rainer Becker, Dr. Volker Selter


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Mßnsterländer AIV

7. SCHLAUN-WETTBEWERB ENTSCHIEDEN Unter Vorsitz von Prof. Martin Korda aus MĂźnster wurde am 20.4.2018 in MĂśnchengladbach Ăźber die Preisträger des 7. Schlaun-Wettbewerbs „Inneres Gladbachtal“ entschieden. 9 Preisrichter hatten 54 Arbeiten in den Fachrichtungen Städtebau und Architektur von 42 verschiedenen deutschsprachigen Hochschulen und Fachhochschulen zu bewerten. Das Wettbewerbsgebiet des Fachbereichs Städtebau lag zwischen dem Untersuchungsbereich des Rahmenplans „Abteiberg“ und dem Impulsprojekt „Seestadt mg +“. Der Gladbach war das Ăźbergeordnete verbindende Element zwischen den verschiedenen Plangebieten. Ein 1. Preis wurde nicht vergeben. Der 2. Preis ging an Alexandra Liening, Carina Brandl und Amelie Kessler von der HSR Rapperswil, Schweiz. Das Preisgericht stellte u. a. lobend fest: „Die Arbeit schafft durch kleinteilige, städtebauliche Reparaturen ein geordnetes Stadtbild. Bestechend ist hierbei die Idee, durch die Aufständerung der Bahnlinie neue Freiräume zu schaffen, diese multifunktional als Aufenthaltsraum zu nutzen und miteinander zu vernetzen.“ Das Wettbewerbsgebiet der Architekten bestand aus dem Berliner Platz und dessen näherem Umfeld. Das ehemalige Hallenbad und das GWSG-Gebäude sollten Ăźberplant und Nutzungen fĂźr BĂźro und Dienstleistungen sowie Wohnnutzungen in unterschiedlicher GrĂśĂ&#x;enordnung entwickelt werden. Der 1. Preis ging an Martina Jany und Florian Krieg aus Leipzig. „Die Arbeit hat mit dem Gedanken der Perlenkette eine leichte und lockere Antwort auf die geschlossene Randbebauung des Bestandes gefunden. 5-eckige zueinander angeordnete Solitärbauten erstrecken sich von der Rathenau- bis zur LĂźpertzen StraĂ&#x;e“, so die WĂźrdigung des Preisgerichts.

unten 2. Preis Fachbereich Städtebau: Alexandra Liening, Carina Brandl und Amelie Kessler aus Rapperswil unten rechts 1. Preis Fachbereich Architektur: Martina Jany und Florian Krieg aus Leipzig

Aufgrund der ausgesprochen anspruchsvollen Aufgabe waren die Teilnehmer stark gefordert. Erfreulich sei auch die ausgewogene regionale Verteilung der Preisträger von Hamburg im Norden bis Rapperswil in der Schweiz, so der Sprecher des Schlaun-Forums e.V. Dr. Wolfgang Echelmeyer. In diesem Jahr waren HauptfĂśrderer die Stadt MĂśnchengladbach und die NRW.BANK, die sich seit 2011 jährlich an diesem Wettbewerb beteiligt. DarĂźber hinaus unterstĂźtzten die LVM Versicherung, die WSG Wohnungs- und SiedlungsGmbH, der MAIV und der DAI den Schlaun-Ideenwettbewerb. „Der Schlaun-Wettbewerb reiht sich zeitlich hervorragend in die Stadtentwicklungsstrategie mg+ ein und ergänzt die räumlich angrenzenden Konzepte der Stadt MĂśnchengladbach“, so der Stadtdirektor und Technische Beigeordnete Dr. Gregor Bonin. „Mit dem Ergebnis und den eingereichten Wettbewerbsarbeiten besonders im Fachbereich Architektur sind wir sehr zufrieden. Die ausgezeichneten Ideen der Studierenden kĂśnnen wir nun diskutieren und umsetzungsorientiert weiterentwickeln“. Volker Busen Weitere Informationen: www.schlaun-wettbewerb.de

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AKTIONSRAUM BISMARCK PLATZ Der Bismarckplatz fungiert als lebendiger Knotenpunkt am Rand des Inneren Gladbachtals, im Ăœbergangsbereich zu den Ăśstlichen Stadtteilen. HerkĂśmmliche Platznutzungen wie z.B. als Pausenraum fĂźr die Mitarbeiter der umliegenden Banken, als Orientierungssraum im Anschluss an den Bahnhof und als wichtiger, zentraler Aufenthaltsraum harmonieren hier mit ZIVWGLMIHIRIR *VIM^IMXRYX^YRKIR [MI WMI MR IMRIQ 4EVO ^Y ½RHIR WMRH )MRI KVSŠžmGLMKI mWXLIXMWGLI 7OEXIERPEKI IMR ;EWWIVFIGOIR YRH [IMXIVI 7TMIP YRH 7TSVXIPIQIRXI FVMRKIR IMRI KVSŠI 1IRKI ER 0IFIRWIRIVKMI MR HEW -RRIVI +PEHFEGLXEP

AKTIONSRAUM GLEISAUFSTÄNDERUNG (MI RIY KIWGLEJJIRI *PmGLI YRXIV HIR +PIMWIR FMIXIX IMRIR IMR^MKEVXMKIR J‚V FIMHI 7XEHXXIMPI STXMQEP ^Y IVVIMGLIRHIR *VIM^IMXVEYQ )MR ^IRXVEPIV ;IK EYW 8EVXERFIPEK J‚LVX HYVGL HIR PMRIEVIR 6EYQ YRH ^SRMIVX ihn damit in sieben Bereiche. Diese sieben Zonen werden jeweils von einem anderen, von der Decke LmRKIRHIR )PIQIRX [MI ^ & 7GLEYOIPR ,mRKIWX‚LPIR SHIV &S\WmGOIR FIWTMIPX (EQMX [MVH ^YQ )MRIR HMI &IWSRHIVLIMX HMIWIW 6EYQW FIXSRX YRH ^YQ %RHIVIR IVLmPX IV ZMIPJmPXMKIR %YJIRXLEPXWRYX^IR WS[MI 7TSVX YRH SpielmÜglichkeiten.

AKTIONSRAUM VERTIEFUNGSBEREICH M 1 : 500

Das Preisgericht war erfreut Ăźber die hohe Zahl von Einsendungen und die hohe Qualität der angebotenen Ideen. Erfreulich sei die Unbefangenheit, mit der die jungen Leute sich mit der Situation in MĂśnchengladbach beschäftigt haben, wie sie die Qualitäten erkannt und ihre Chancen genutzt haben. Das Herausarbeiten des Gladbach-Tals, die Ăœberwindung der trennenden Bahntrasse, die Ergänzung von Bebauungen und die Schaffung neuer Plätze, das alles sei Ăźberraschend und erfreulich gewesen.


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METALLISCHE HAUT

Erweiterungsbau für das Landestheater Salzburg Das Salzburger Landestheater wurde am Gelände der bestehenden Werkstätten erweitert und umgebaut, um die über die Stadt verteilten, angemieteten Proberäumlichkeiten zu vereinen. Das Volumen-Konglomerat des Bestandsgebäudes und die Neubauten der Architekturwerkstatt Zopf bilden durch ihre reduzierten und funktionalen Ausformulierungen einen Dialog der Werkstätten. Die Fassade besteht aus feuerverzinktem Stahl. Konzept Der Anbau sollte unter anderem folgende Räumlichkeiten beinhalten: 4 Probebühnen, Chorsaal, zwei Ballettsäle, Klavierzimmer, Schneiderei sowie dazugehörige Nebenräume. Im Zuge dessen wurde auch der bestehende Werkstättentrakt teilweise saniert bzw. modernisiert. Das vorhandene Grundstück liegt an einer zu Stoßzeiten stark befahrenen Zubringerstraße ins Stadtzentrum. Die engen finanziellen Rahmenbedingungen und der Wunsch, den Werkstättenbetrieb über die ganze Bauzeit aufrecht zu erhalten, bildeten das Spannungsfeld, in dem sich das neue Gesamtprojekt entfaltet hat. Organisation Die neu errichteten Baukörper werden im Inneren durch ihre klaren Probebühnenvolumina, Abbilder der Originalbühnen des Landestheaters, charakterisiert. Die Verschachtelung dieser Räume bildet ein introvertiertes Raumgefüge mit dem Verbindungsgelenk als Verweil- und Kommunikationszone. Die Proberäume selbst dienen als geschlossene intime Zellen dem ungestörten Arbeiten. Durch Verdrehung der Proberäume entsteht ein sich öffnendes Foyer. Der verschlossenen Grundhaltung entgegen bildet einer der Proberäume die Ausnahme. Seine Öffnung zum öffentlichen Raum lässt ein Wechselspiel von Bühne und Probe sowie Innen und Außen entstehen. Der öffentliche Raum wird zum

rechts Die teilweise Lochung der Fassadentafeln verbindet den introvertierten Baukörper mit seiner Umgebung

gefühlten Zuschauerraum. Öffnet sich der Vorhang, wird dieser Proberaum zum Saal, zur temporären Bühne oder er dient dem Ankündigen diverser Aktivitäten im Haus. Äußere Erscheinung Die Fassade des Anbaus aus feuerverzinkten Stahltafeln sowie die funktionale und einfache Innenraumgestaltung intensivieren den beabsichtigten Charakter eines zusätzlichen Werkstattgebäudes. Die Fassade bildet durch ihr diffuses Schimmern eine homogene Einbindung der großen geschlossenen Volumina in den Straßenraum. Sie werden durch großformatige Öffnungen strukturiert. So wie die Fassade durch die Materialität und ihr Schimmern in unterschiedlichen Farbtönen je nach Tageszeit ihre Erscheinung verändert, bilden die versteckt ausgeführten Lüftungsflügel,


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oben Durch die Materialität und ihr Schimmern zeigt sich die Fassade je nach Tageszeit in unterschiedlichen Farbtönen rechts Bei Öffnung erscheinen die Lüftungsflügel wie Kiemen in der Außenhaut

die nach außen öffnen, als auch die teilweise Lochung der Fassadentafeln eine Irritation der klaren Volumina. Fassadendetails Die Fassade wurde als vorgehängte hinterlüftete Fassade mit Mineralwolldämmung konzipiert. Beim Material handelt es sich um stückverzinkte 3 mm starke Stahltafeln mit einer Grundgröße von 2,70 x 1,49 m, die auf Standardtafeln optimiert wurden, um wenig Verschnitt zu generieren. Die Fugenbreite beträgt 8 mm. Um die Wirkung eines homogenen Blockes zu erhalten, wurden spezielle Anschlussdetails für die großformatigen Structural Glazing Elemente entwickelt. Aufgrund der schallschutztechnischen Vorgaben wegen der Nutzung der jeweils dahinter liegenden Räume kamen Stahlbleche bis zu 30 mm im Stockbereich zum Einsatz, um den Verkehr der angrenzenden Straße auszublenden. Die gewünschte Fensterlüftung wurde in elektrisch zu öffnenden Elementen geplant. Diese Lüftungsflügel sind im geschlossenen Zustand in der Fassade nicht sichtbar, und bei Öffnung erscheinen sie wie Kiemen in der Außenhaut. Eine

rigide Lochung der Metalltafeln im Verbindungsgelenk des Gebäudes lässt das Material durch das Licht wechselseitig diffus perforiert erscheinen und bildet so bei Tag ein Schattenspiel nach innen sowie bei Nacht ein Auflösen des metallischen Volumens nach außen. Angesichts der Materialeigenschaften der fertigen Fassadentafeln, die vor Ort nicht mehr bearbeitbar oder anpassbar waren, und der kurzen Bauzeit wurde nach Planmaß gefertigt und montiert. Um dies zu ermöglichen, musste bezüglich der Bautoleranzen ein entsprechendes Augenmerk auf die anderen Gewerke gelegt werden. Architekturwerkstatt Zopf Fotos: Martina Weiss

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rechts In dem neuen Forschungsgebäude des DLR in Stuttgart arbeiten rund 115 Wissenschaftler an Zukunftsthemen aus den Bereichen Energie- und Laserforschung

DYNAMIK BEWEGUNG VERÄNDERUNG Das neue Forschungsgebäude für die beiden Institute Technische Thermodynamik und Technische Physik des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR) von hammeskrause architekten befindet sich in Stuttgart-Vaihingen in unmittelbarer Nähe zur Universität. Seine Streckmetallfassade wurde gestalterisch anspruchsvoll umgesetzt. Städtebaulicher Kontext Der kubische Baukörper fügt sich nahtlos in die städtebauliche Grundstruktur des Universitätscampus und des DLR-Standortes ein. Das Gebäude markiert durch seine Lage und Volumetrie den Eingangsbereich in das Areal des DLR in besonderer Weise. Die klaren Gebäudekanten arrondieren das Gelände nach außen, und der zentrale Platz im Inneren des eigenen Campus wird durch den Neubau klar gefasst. Fassadenbild Die Lochfassade mit Klapp-Schiebeläden erzeugt eine unverwechselbare Erscheinung. Die sehr detailgenau ausgeführte Streckmetallfassade umhüllt das Gebäude mit einer feinen, fast textil anmutenden Haut. Durch die plastische Veränderung des Gebäudes werden zudem – für ein Forschungsgebäude durchaus angemessen und zutreffend – Dynamik, Bewegung und Veränderung assoziiert. Das Erdgeschoss ist verglast, um Passanten Einblicke und Mitarbeitern

rechts Klapp-Schiebeläden beleben die mit feinem Streckmetall umkleidete Fassade

Ausblicke zu gewähren. Neugier und Interesse sollen auf diese Weise geweckt werden. Licht und Farbgestaltung Das Forschungsgebäude ist geprägt von einer sehr dichten „Packung“ der Funktionen Labor und Büro. Die experimentellen Messungen mit Lasern erfolgen ohne Tageslicht. Zudem machte der Brandschutz ein hohes Maß an geschlossenen Wänden erforderlich. So entstand die Idee, einen Ort im Gebäude zu schaffen, an dem das

Tageslicht in die Tiefe des Raumes fällt. Wer das Foyer betritt, befindet sich in einem Luftraum, der mit seinem intensiven, metallisch reflektierenden Goldgelb zu leuchten scheint und dem Forschungsgebäude seine Identität verleiht. Im Herzen des Gebäudes ist auf diese Weise ein Raum entstanden, der positiv berührt. Die Farbgestaltung unterstützt die Wirkung des Raumes und kreiert in einem Gebäude, das vor allem durch seine vielfältigen Funktionalitäten gekennzeichnet ist, eine hohe Aufenthaltsqualität.


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rechts Das ganz in Goldgelb gehaltene Atrium staffelt sich lichtdurchflutet zusammen mit dem Treppenlauf über 5 Geschosse nach oben

Gliederung und Struktur Das Atrium gliedert und strukturiert das Gebäude, gibt Orientierung und setzt das Kommunikationskonzept um. An den Galeriekanten der Geschosse sind Besprechungsräume, Teeküchen und Orte für Kommunikation jeweils so angeordnet, dass eine kreativitätsfördernde Arbeitsatmosphäre entsteht. Auf jeder Etage befinden sich sowohl Büro- als auch Labornutzungen. Kurze Wege zwischen theoretischen und experimentellen Arbeitsplätzen fördern die Kommunikation und erleichtern

den informellen Austausch zwischen den verschiedenen Arbeitsgruppen, denn Innovation entsteht nicht in der experimentellen Arbeit, sondern in der Kaffeepause beim Austausch mit den Kollegen. Das gesamte Gestaltungskonzept des Gebäudes beruht damit

auf der Überzeugung, dass Kommunikation ein wichtiger Motor wissenschaftlichen Fortschritts ist. hammeskrause architekten Fotos: Wolf-Dieter Gericke

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OPTISCHE LEICHTIGKEIT Gemeindehaus in der Schweiz

Das Volumen einer bestehenden Scheune in der Kernzone der Schweizer Gemeinde Unterengstringen war richtig gesetzt und gut proportioniert. Daher wurde für das neue Gemeindehaus das Instrument des Ersatzes gewählt. Es entstand nach Plänen des Architekturbüros Tilla Theus und Partner AG aus Zürich. Öffentlichkeit als Prinzip Der Zugang des Gebäudes wird über eine eingezogene Fassadenfront akzentuiert. Das ausladende Vordach ist prägnant und mehrgeschossig, was ebenso wie der Giebelerker an der westlichen Fassade den öffentlichen Charakter verdeutlicht. Eloxierte Aluminiumschindeln mit den Symbolen des Wappens von Unterengstringen ziehen sich als durchgehender Laserprint über die ganze Fassade und auch die Eingangshallenfenster. Bei den Bürofenstern wird er sprossenartig ausgedünnt.

Die Eingangshalle verbindet Straße und Platz. Versetzte Treppen, verschränkte Galerieauskragungen und Schiebeelemente lassen sie zu einem dreigeschossigen Begegnungsort werden. Innovatives Fassadenkonzept Für die Fassadengestaltung setzten die Architekten ein innovatives Konzept um, das die Variationsmöglichkeiten der Außenverkleidung weiterentwickelt und mithin mutig das Neue wagt. Generell ging es darum, dem Amtshaus einer heterogen wachsenden Agglo-

merationsgemeinde eine sinnstiftende Wirkung nicht allein für die Behörden, sondern in erster Linie für die Bevölkerung zu verleihen. Es soll deshalb Selbstbewusstsein ausstrahlen, Stolz, Schönheit und Unverwechselbarkeit. Für diese Botschaft wurde die Hauptfassade gewählt, jedoch sind die anderen drei Fassaden und das Dach miteinbezogen. Denn das Ziel bestand auch darin, das neue Gemeindehaus harmonisch in die Umgebung zu integrieren, wenn auch mit starkem eigenem Charakter.


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oben Das Gemeindehaus wird von der Bevölkerung angenommen, es gefällt und weckt die Freude, in Unterengstringen zu wohnen

Kommunale Identität Das Gemeindewappen steht für kommunale Identität. Als zu gewöhnlich, zu phantasielos durften es weder Wappenschilder noch Fahnen oder Flaggen sein. Die Entscheidung fiel auf eine originäre Lösung, einen farbenbetonenden Wappen-Scherenschnitt, der bei den Fenstern zur jugendstilartigen Sprossung ausgedünnt wurde und bei der mehrgeschossigen Halle konsequent in Originalgröße erhalten blieb. Das Gelingen bedingte neben der gestalterischen Innovation auch eine technische. Zur Herstellung und Montage der Prints wurde Neuland beschritten, da die Transparenz und mit ihr die optische Leichtigkeit der Fassade von großer Bedeutung waren. Im Ergebnis

bieten sich Ein- und Durchblicke von Außen nach Innen und umgekehrt, was das für die Verwaltung geltende Öffentlichkeitsprinzip symbolisiert. So sehr die Fassade künstlerische Qualität besitzt, so wenig handelt es sich um l‘art pour l‘art. Realisiert wurde in doppelter Weise ein Zweckbau. Er dient einerseits dem rationalen Zweck der Verwaltung und anderseits dem ideellen Zweck, Unterengstringen als heimatliche Gemeinschaft zu erleben. Reduktion der Mittel In enger Zusammenarbeit zwischen Architektin und Unternehmer wurden die Bausteine des Gesamtsystems prozesshaft entwickelt, wobei auch die produktionsspezifischen und wirt-

schaftlichen Aspekte Eingang in den Gestaltungsprozess fanden. Ausschlaggebend für den Erfolg war die konsequente Reduktion der gestalterischen Komplexität auf wenige, standardisierte Elemente. Entsprechend konnten diese dann seriell hergestellt und effizient montiert werden. Hierbei waren Spitzentechnologie bei der maschinellen Ausrüstung und beim Datenaustausch sowie kurze Wege zwischen Herstellung und Montage von großer Bedeutung. Das Gemeindehaus Unterengstringen spiegelt gekonnt die Mittel der architektonischen Gestaltung wider, deren Umsetzung einen ebenso zeitgenössischen und unternehmerischen Kontext erforderte. Tilla Theus


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rechts Die Nachtansicht des Silos ähnelt einem glühenden Brikett

SCHWARZES BLECHKLEID Das Pelletsilo in Luxemburg von Paul Bretz Architectes dient der Lagerung von Holzpellets für den Betrieb der Kraft-Wärme-Kopplungsanlage eines Blockheizkraftwerks. Der einfache Baukörper nimmt die Modularität des Bestands auf und ist allseits mit einer Blechverkleidung umhüllt. Technik im Zentrum Die Projektpartnerschaft mit dem Büro für Statik und Fördertechnik SOGEDEC verdeutlichte schon früh die Chance, das bestehende innerstädtische Architekturensemble, das 2004 eine Anerkennung beim Balthasar Neumann Preis erhalten hat, städtebaulich durch ein Bauwerk in der gleichen Formensprache, aber einer anderen Ausdrucksweise zu erweitern. Die Entscheidung fiel auf einen freistehenden, zurückversetzten Baukörper. Die Gebäudeform ist stark von der Anordnung der Technik und der Anlieferungssituation beeinflusst. Bei Tag und bei Nacht Der Erweiterungsbau sollte so zurückhaltend wie möglich erscheinen und dem Bestand mit Respekt begegnen.

Daher wurde entschieden, das Silo mit einem schwarzen „Kleid“ aus Metall mit einer gewissen Modularität zu umhüllen. Die Fassade besteht aus 90 x 180 cm großen, regelmäßig perforierten und pulverbeschichteten Aluminiumpaneelen. Der Block ähnelt dabei einem Brikett, das sämtliche

notwendigen Öffnungen verbirgt und sie nur zum Zeitpunkt der Anlieferung oder beim Betreten zeigt. Mit Einsetzen der Dunkelheit ändert sich das Erscheinungsbild gänzlich. Durch eine zwischen Beton und Hülle integrierte Lichtinstallation beginnt der Baukörper zu „glühen“. Baubegleitende Planung Die Architekten mussten während des gesamten Entwurfsprozesses auf die fortschreitende Anlagenplanung reagieren und die Gebäudeproportionen immer wieder erneut in ein Gleichgewicht bringen. Trotzdem ist es gelungen, den veranschlagten Zeit- und Kostenrahmen einzuhalten. Der konstruktive Informationsaustausch zwischen Architekt und Ingenieur und der Wille nach formaler Harmonie ermöglichten es, ein Industriebauwerk zu realisieren, bei dem die Form und die Funktion eine Einheit gefunden haben. Paul Bretz Architectes Fotos: Lukas Roth/Christian Pohl GmbH


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rechts Um dem Glockenturm eine transluzente Anmutung zu verleihen, wurde er mit einem weißen, offenmaschigen Gewebe umspannt (Fotos: Dr. Lars Meeß-Olsohn, TEXTILE-ARCHITEKTUR)

FASSADEN MIT TEXTILBESPANNUNG Die drei nachfolgenden, sehr unterschiedlichen Beispiele von Anwendungen von technischen Textilien als permanente und temporäre Wetterhaut zeigen die vielseitigen Möglichkeiten und Eigenheiten von einlagigen Bespannungen auf. Beleuchtet das erste Projekt eine auf Kostenoptimierung ausgelegte Lösung mit ebenen Flächen, wird beim zweiten Vorhaben der textilen Bespannung durch die räumliche Krümmung auf materialgerechte Weise mehr Stabilität bei einer vergleichbaren Vorspannung verliehen, um den Windkräften entgegenzuwirken. Das dritte Beispiel hingegen steigert die Komplexität durch die kleinteilige Ausführung und die Anforderungen an die extreme gegensinnige Krümmung.

Glockenturm mit Textilfassade Bauherr: Theodor Fliedner Stiftung , Mülheim an der Ruhr Architekt: gunvor architekten, Mülheim an der Ruhr Membranbau: EPS Systems GmbH & Co. KG, Siegen Vor 18 Jahren in schwingungsdämpfender Holzfachwerk-Bauweise errichtet, beherbergt der Glockenturm der sozialen Einrichtung Fliedner Dorf in Mülheim an der Ruhr im oberen Teil das historische Geläut einer abgerissenen Kirche. Der 25 m hohe, frei stehende Turm sollte auf Wunsch des Architekten Gunvar Blanck eine transluzente Anmutung aufweisen, und somit fiel die Entscheidung auf ein weißes, offenmaschiges Gewebe. Die Bespannung der 4 Seiten ist ausschließlich an den umlaufenden Kanten mit einem filigranen Spannprofil geklemmt, welches im Abstand von etwa 10 cm zur der Holzkonstruktion befestigt wurde und die Möglichkeit zum Nachspannen bietet. Je nach Einfall des Sonnenlichtes und beim Umrunden des kubischen Baukörpers verändert der Solitär sein Erscheinungsbild; die Reflexion bei Auflicht weicht sukzessive einem Spiel der Schatten der Unterkonstruktion bis hin zu einer annähernden Durchsicht im Gegenlicht, deren Klarheit sich als Resultat der inneren Beleuchtung in den Abendstunden noch steigern lässt.

Bereits in der Planungsphase stellte sich ein weiterer Vorteil in der textilen Ausgestaltung heraus, denn die Erneuerung eines alternativen Anstriches in der Zukunft durch einen Maler würde durch die notwendige Komplett-Einrüstung des Turmes teurer ausfallen als ein Austausch der 4 gleichen Gewebebahnen. Wie bereits vor zwei Jahren geschehen, seilten sich Fassadenkletterer von oben ab und zogen neue Gewebebahnen aus PVC-beschichtetem Polyester-Gewebe von Low & Bonar ein. Allerdings zeigt sich nach und nach ein unerwarteter Aspekt in der Langzeitbetrachtung im oberen Bereich des Turmes. Die Schallöffnungen als vertikale Ausschnitte in der Holzverschalung lassen den Klang der Glocken gezielt austreten, und hier kommt es zu einem erhöhten Luftaustausch. Als Resultat bleiben hier (Fein-)stäube aus

rechts Die Membrane ist licht- und luftdurchlässig und schützt die Holzkonstruktion vor Schlagregen

der Luft verstärkt in den Maschen des Gewebes hängen, und dunklere, rechteckige Flächen zeichnen sich auf dem Textil nach; eine Art „Filterwirkung“ ist festzustellen.


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Hinterleuchteter Wärmespeicher Bauherr: EVI Energieversorgung Hildesheim GmbH & Co. KG Architekten: pape + pape architekten, Kassel Lichtplanung: SSP Schmitz Schiminski Partner GbR, Hildesheim Membranbau: Koch Membranen GmbH, Rimsting Im Rahmen einer modernisierten Nahwärmeversorgung in einem Hildesheimer Wohnquartier wurde 2017 in der Nähe eines Blockheizkraftwerkes ein Wasserspeicher mit energetischer Pufferfunktion aufgestellt. Dessen eigentlicher, zylindrischer Baukörper mit annähernd 18 m Höhe erhielt eine geschwungene Strahlkonstruktion, über die eine 370 m² große Membrane gespannt wurde. Ursprünglich in Lochblech und mit unterschiedlichen Lochgrößen vorgesehen, wandelte sich das Konzept der Außenhülle in eine vertikale Abfolge von verschiedenen offenmaschigen Geweben.

Die abgerundeten Ecken des Entwurfes wurden beibehalten, und mit der materialtypischen Taillierung der einzelnen Tuchflächen zwischen den Ebenen sowie durch deren unterschiedliche, lichttechnische Spezifikationen erfuhr die Gestalt des Turmes eine stärkere, plastische Modellierung. Im Sockelbereich wurde auf eine Textilbespannung verzichtet, zumal ein baulicher Schutz vor Vandalismus selbst auf abgeschlossenen Grundstücken bis ca. 3 m Höhe oftmals unabdingbar ist. Die wellenförmige Ausbildung nimmt im übertragenen Sinne Bezug auf die thermisch bewegten Wasserschichten im

oben Durch die farbige Illumination am Abend wechselt der Wasserspeicher scheinbar seine Materialität (Fotos: © Schmitz Schiminski Partner GbR; Koch Membranen GmbH)

Inneren; darüber hinaus zeichnet eine dynamische Lichtsteuerung nachts mit verschiedenfarbigem Licht im Zwischenraum zum Wärmespeicher den Füllstand nach. Da Gewebe mit unterschiedlichen Lochanteilen zum Einsatz kommen sollten, wurden insbesondere im Vorfeld Versuche mit dem Konfektionär gemacht, um die zudem geschwungenen Nahtstellen der Gewebe zuverlässig und dauerhaft zu verbinden. Dadurch konnte die leichte Gebäudehülle für die 6 Etagen in einem Stück, sozusagen als Husse, hergestellt und über die filigrane Stahlkonstruktion gespannt werden.

“Eye-Beacon” für das Amsterdam Light-Festival Architekt: UNStudio, Amsterdam, in Kooperation mit MDT-tex, Hardheim Projektrealisierung: MDT Ges. f. Sonnenschutzsysteme mbH, Hardheim Der Informationsstand für die Besucher des Amsterdamer Lichtfestivals 2016/2017 wurde als dynamische Lichtskulptur entworfen. „Eye-Beacon“ ist eine selbsttragende Struktur mit mehr als 300 einzigartigen Modulen, die aus pulverbeschichteten Aluminiumprofilen und Eckelementen aus Edelstahl hergestellt wurde. Ein

Standardcontainer konnte so um eine attraktive Struktur ergänzt werden, die – im Prinzip als offenes Gerüst konstruiert – zwei gegeneinander verdrehten Würfeln entsprachen. Die Metallrahmen wurden mit Textil bespannt und erforderten jeweils eine individuelle Formfindung, da die Flächen eine morphologische Trans-

formation erzeugen. Alle Flächen des Pavillons wurden aus dehnbaren Textilmodulen aufgebaut, die zusammen ein Muster von Öffnungen generierten und Einblicke in den Innenraum vermittelten. Nur der komplett parametrisierte Entwurfs-, Produktions- und Montageablauf machte diesen Bau im Kosten- und Zeitrahmen möglich, alle


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oben Der Informationsstand „Eye-Beacon“ für das Lichtfestival in Amsterdam zeigt gerade auch in Kombination mit Licht die schier unbegrenzte Vielfalt der textilen Architektur (Fotos: Janus Van Den Eijnden)

maßgeschneiderten Module wurden im Werk vorproduziert und anschließend in Amsterdam montiert. Der temporäre Pavillon wurde als Forschungsprojekt gebaut – als Demonstrationsobjekt, das die wünschens-

unten Fokussierte LED-Projektionen stellten gradielle Farbveränderungen an der Innenseite der Zugstruktur dar, was zu einer sich ständig verändernden Zusammensetzung von Licht und Farbe führte

werten Eigenschaften von textil umhüllter Architektur auslotet: die sichtbare Leichtigkeit und die Formenvielfalt. Der zunehmenden Komplexität heutiger Gestaltungsansätze mit ihrem Wunsch zur geometrischen Transformation kann durch geeignete Planungstools, die den parametrischen Planungsprozess unterstützen, begegnet und effizient umgesetzt werden. Lars Meeß-Olsohn

Objekt: thyssenkrupp Testturm Rottweil Fassadenhülle: Verseidag GFM 5000

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rechts Anfang Oktober 2018 soll der „Frankfurt Pavilion“ aufgebaut werden: Die Eröffnungspressekonferenz zur diesjährigen Frankfurter Buchmesse wird in diesem neuen Gebäude stattfinden

RAUM FÜR INSPIRATION schneider + schumacher haben für die Frankfurter Buchmesse ihr neues Wahrzeichen geplant: Beim „Frankfurt Pavilion“ handelt es sich um eine selbsttragende Holzkonstruktion mit lichtdurchlässiger Membran. Als Bühne für Literaturevents soll er für Veranstaltungen mit Autoren und Branchenexperten aus aller Welt zur Verfügung stehen. Zeichenhafte Architektur „Bücher zeigen immer erst bei genauer Betrachtung ihr Inneres. Dann aber ziehen sie dich im besten Fall direkt in ihren Bann“. Genau dieses Bild hatten die Architekten vor Augen, als sie den Pavillon entworfen haben: Einen Kokon, der sich im Inneren zu einem atmosphärischen und multimedial bespielbaren Raum öffnet. So entsteht im Zentrum der Messe ein signifikanter und einladender Ort für das Miteinander rund um Bücher. Temporäre Konstruktion Die planerische Herausforderung bestand darin, eine temporäre Konstruktion umzusetzen, die unkompliziert zwischengelagert und wieder aufgebaut werden kann. Um eine nachhaltige Nutzung des Gebäudes innerhalb des Messegeschehens über die nächsten Jahre hinweg zu garantieren, wurden bei der räumlichen Positionierung des Pavillons auch die übrigen baulichen, szenischen und gewerblichen Elemente auf der Agora berücksichtigt. Die Agora ist der bunte Dreh- und Angelpunkt der Buchmesse. Es musste also eine Geometrie gefunden werden, die einen ikonischen Raum und ein besonderes Raumgefühl entstehen lässt, der die Begegnungen zwischen Autoren und Lesern zu einem Erlebnis macht.

Die Tragstruktur sollte stabil und materialsparend sein, und auch die Herstellungskosten mussten im Rahmen bleiben. Verschlossene Muschel Entstanden sind drei ineinandergeschobene muschelförmige Rippenkonstruktionen aus Holz, die von einer Membran umspannt werden. Ähnlich wie bei einem Zelt ist die Membran nur mit Schnüren am Hauptspanten der Rippenstruktur und am Boden befestigt und bildet zusammen mit der Holz-

konstruktion die Tragstruktur. Wirkt das Gebilde von außen wie eine verschlossene Muschel, überrascht es im Inneren mit seiner beeindruckenden lichten Holzkonstruktion, die nicht nur den Raum aufspannt, sondern gleichzeitig als ein überdimensionales Bücherregal genutzt werden kann. „Das Gebäude kann auch interpretiert werden als die parametrische Transformation eines Buchregals in eine raumbildende Konstruktion“, so Klaus Bollinger vom Tragwerksplaner Bollinger + Grohmann.


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Integrativer Entwurfsprozess Geplant wurde der Pavillon in einem integrativen Entwurfsprozess. Dieser Ansatz erlaubte es, zeitgleich den Einfluss von Änderungen in der Architektur auf die Tragelemente und die damit verbundene Membran sowie die Stabilität und den Materialverbrauch zu untersuchen. Aus diesem Prozess entwickelte sich ein parametrisches System, ein zusammenhängendes Ganzes, in dem sich jeder Parameter direkt auf die anderen auswirkt. Auf diese Weise war es möglich, in kurzer Zeit viele Varianten des Pavillons zu generieren und miteinander zu vergleichen und anhand der Faktoren Architektur, Tragwerk, Materialität und Wirtschaftlichkeit gegeneinander abzuwägen. Im Vergleich zu einem traditionellen Designansatz, der mehr oder weniger konsekutiv arbeitet und bei Veränderungen eines Faktors zu Schleifen führt, ist der Vorteil dieses Prozesses, dass die sich beeinflussenden Elemente parallel betrachtet werden. Dies beschleunigt den Entwurfs- und Analyseprozess und

unten Der „Frankfurt Pavilion“ bietet 300 Sitzplätze, insgesamt können sich 400 Menschen darin aufhalten, zudem kann die hölzerne Tragstruktur als überdimensionales Buchregal genutzt werden

ist eine effiziente Methode zur Ermittlung der endgültigen Produktionskosten. Im Fall des Pavillons war es so möglich, mit verschiedenen Entwürfen zu experimentieren, ohne die Kosten zu vernachlässigen. Überraschend war beispielsweise, dass durch die Optimierung des integrierten Rippen- und Membransystems die Abmessungen der Tragelemente deutlich geringer ausfielen als ursprünglich geplant. All dies beeinflusst den Produktionsplan, den Materialfluss und letztendlich die Endkosten des Pavillons. Auf Grundlage dieser exakten Planung kann nun der gesamte Frankfurt Pavilion aus ca. 75 m³ Furnierschichtholz und 1.000 m² fasergebundenem PVC als Membran realisiert werden. Ort zum Geschichten erzählen In enger Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen der Frankfurter Buchmesse, den Tragwerksplanern von Bollinger + Grohmann und den Herstellern der Materialien ist ein architektonisches Juwel, eine pragmatische Poesie entstanden, ein Ort für Literatur und Literaten jenseits des Messetrubels. Die Holzkonstruktion gleicht einem transluzentem Bücherregal und greift somit den Geist des Ortes auf. Die Membran schirmt den Pavillon vom Lärm der Messe ab. Was bleibt, ist nur das sanfte Licht und die Geschichten, die in ihm erzählt werden. schneider + schumacher

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links Entsprechend der hohen Relevanz des Themas Alzheimerforschung entstand mit dem DZNE ein bundesweites Vorzeigeprojekt mit einer beispielhaften, betont hochwertigen Architektur

IN DEN FARBEN DES WALDES Forschungsneubau in Bonn

Mit dem Deutschen Zentrum für neurodegenerative Erkrankungen DZNE in Bonn haben wulf architekten einen Neubau entwickelt, der zu den herausragenden Forschungs- und Laborgebäuden der Gegenwart zählt. Das Konzept des Erscheinungsbildes ist angelehnt an die Farben des Waldes im Verlauf der Jahreszeiten. Funktionale Dreiteilung Der Entwurf teilt das Bauvolumen in drei organisch geformte Einzelkörper auf, die ein kohärentes Ensemble mit großzügigen, dazwischenliegenden Freibereichen bilden. Diese Dreiteilung entspricht exakt den inneren Funktionen: Dem Hauptgebäude mit den allgemeinen Einrichtungen wie Eingangshalle, Cafeteria, Hörsaal, Bibliothek, klinische Forschung, MRT und Verwaltung, dem zentralen Forschungsgebäude mit sämtlichen Laboren und Büros sowie dem präklinischen Institut. Die drei Gebäude sind über Gelenke verbunden, die als Meeting Points genutzt werden können. Bezug zum Außenraum Hohe Aufenthaltsqualität der Innenräume und vielfältige Angebote zur Kommunikation waren zentrale Anliegen des Entwurfs. Die drei elegant geformten Baukörper bieten den Forschern mit innerer Transparenz und hoher Lichtqualität eine spürbar gute Atmosphäre. Das Eingangsgebäude öffnet sich zum Naturraum des angrenzenden Waldes und verwischt die Grenzen zwischen Innen und Außen auf reizvolle Weise. Großzügige Verglasungen und ein offenes, lichtdurchflutetes Atrium bieten einen starken Bezug zum Außenraum. Flexible Struktur Trotz der komplexen Anforderungen an die Forschungs- und Laboreinrichtungen bietet das DZNE mit seinen klar gegliederten Grundrissen eine zukunftsweisende und flexible Gebäudestruktur. Insbesondere beim Laborbau setzt das

links Die elegant geformten Baukörper bieten mit ihren großzügigen Verglasungen, innerer Transparenz und hoher Lichtqualität den Forschern eine spürbar gute Atmosphäre


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rechts Das DZNE ist bundesweit das erste Laborgebäude, das eine Zertifizierung in Gold nach den Richtlinien des BNB (Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen) des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit erhalten wird

Raumkonzept neue Maßstäbe, denn hier wurde eine Gebäudetiefe von rund 20 m erstmals so kompakt organisiert und geplant. Die Arbeitsplätze liegen bis zu 17 m von der Fassade entfernt, dennoch wird auch im Laborgebäude die besondere Lage im Wald erfahrbar. Wechselndes Farbspektrum Mit ihren gläsernen Lamellen aus Grün-, Gelb- und Orangetönen orientiert sich die Fassade an der sich jahreszeitlich ändernden Färbung der Bäume. Beim Näherkommen zeigen sich die drei Baukörper aus unterschiedlichen Perspektiven mit einem stetig wechselnden Farbspektrum. Jede Farbe besteht aus drei Farbtönen. In den Bereichen, in denen die Baukörper verbunden sind, springen die Farbtöne des jeweils angrenzenden Baukörpers über und vermischen sich. In weiter entfernten Bereichen nimmt diese Durchmischung wieder ab bis hin zur reinen Farbwelt. Die attraktiven und hochwertigen Baumgruppen werden in Teilbereichen durch verspiegelte Lamellen in die Fassade integriert. Lamellen-Funktion Die Lamellen übernehmen als Sandwich-Konstruktion die Funktion des außen liegenden Sonnenschutzes. Sie bestehen aus jeweils aus zwei Scheiben, die mit einer Folie verbunden sind. Eine Innenseite ist bedruckt, die andere ist mit einer Sonnenschutz-Bedampfung beschichtet, sodass beide Schichten dauerhaft witterungsgeschützt sind. Die PunktBedruckung (Siebdruck) ist zweilagig (außen farbig, innen schwarz), sodass in den Innenräumen keinerlei Farbverschiebungen auf den Schreibtischen und Laborbänken auftreten.

Die geschosshohen Lamellen drehen sich mit der Sonne, wodurch direkte Sonneneinstrahlung vermieden und der Tageslichteinfall optimiert werden. Die sonnenstandgeführte Steuerung ist so ausgelegt, dass die Lamellen jeweils nur so weit geschlossen sind, wie es der Sonnenschutz erfordert. Im Bereich der engen Radien sind die Lamellen feststehend.

DIMMBARES GLAS macht Verschattung

wulf architekten Fotos: © Steffen Vogt für wulf architekten

www.econtrol-glas.de


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BAUMSTAMMSCHICHTEN VON DER RINDE BIS ZUM KERN Forschungsneubau „Johanna-Quandt-Zentrum“ in Frankfurt am Main

Im Frühsommer 2017 wurde auf dem Gelände des Universitätsklinikums Frankfurt am Main der Forschungsneubau „Johanna-Quandt-Zentrum“, ein Zentrum für Pädiatrische Stammzelltransplantation und Zelltherapie, vollendet. Seine Fassade ist in ihrer Gestaltung den Führungsprinzipien der Rinde alter Bäume entlehnt. Geplant und umgesetzt wurde der Neubau von der wörner traxler richter planungsgesellschaft mbh. Fortschreibung des architektonischen Ansatzes Der Neubau (Haus 32E) verbindet sich ressourcenschonend und funktional mit dem bereits 2004 fertiggestellten Stammzelltransplantationszentrum (Haus 32D) und der 2002 eröffneten Klinik für Kinder- und Jugendmedizin (Haus 32C). Im Erweiterungsbau befinden sich experimentelle Forschungslaboratorien, klinische Studieneinheiten und eine speziell ausgestattete Bettenstation zur Anwendung innovativer experimenteller Methoden der Stammzelltransplantation und Zelltherapie. Hier werden Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene behandelt. Das Zentrum zählt zu den größten pädiatrischen Transplantationszentren in Deutschland. Der bereits für die Bestandsbauten entwickelte architektonische Ansatz einer eigenständigen Anlage im weiträumigen Gelände des Universitätsklinikums wurde mit dem Erweiterungsbau fortgeführt. Einheit von Neubau und Bestand Wesentliches Ziel des Entwurfs für Neubau und Gesamtensemble war es, eine die Fantasie beflügelnde, verständliche und die Genesung von Kindern fördernde Einheit zu schaffen. Das Verbindungsbauwerk zwischen Bestand und Neubau entwickelt sich aus dem Neubau heraus und legt sich wie eine schützende Hand um das Bestandsgebäude. Beide Baukörper werden so zusammengefasst und bilden eine neue Einheit, ein lorgnetteartiges Format, das die thera-

peutische und wissenschaftliche Weiterentwicklung und den Austausch innerhalb der Klinik auch baulich dokumentiert. Zwischen beiden Baukörpern, am Bügel der Lorgnette, schafft ein Entree mit anschließendem Foyer einen gemeinsamen öffentlichen Empfangs-, Lounge- und Kommunikationsbereich. Über den Bestandsbau aus 2004 wird die Lorgnette mit dem Bestand aus 2002 vereint. Leitgedanke des Entwurfs Das den Aufbau und Innenausbau des Bestandsbaus Haus 32D bestimmende Motiv, das Schalung, Schichtung und Kernbereich einer exotischen Frucht adaptiert, wandelt sich im Neubau unter dem Eindruck der ihn umgebenden Parksituation zu einem Motiv, das Baumstammschichten von der Rinde bis zum Kern, von der Außenhülle bis zur innersten Gebäudezone abbildet. Die den Bauten zugrundeliegenden gestalterischen Ideen – Fruchtkörper und Baum – spiegeln sich in der Anlage der jeweiligen Gebäudefigur wider. Durch die Form und Fassadengestaltung des Neubaus entsteht ein sanfter Übergang zwischen Außenraum und Architektur. Gestalterische Umsetzung Die Fassade des Neubaus adaptiert in ihrer Gestaltung die Führungsprinzipien der Rinde alter Bäume. Ein rauer Strukturputz, der ihren Hauptanteil ausmacht, weckt im Wechselspiel mit Intarsien aus kleinkörnigem Feinputz diese Asso-


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links Wesentliches Ziel des Entwurfs war es, eine die Fantasie beflügelnde, verständliche und die Genesung von Kindern fördernde Einheit zu schaffen

ziation. Tiefliegende Fensterbänder erinnern durch ihre glatte Oberfläche an borkenfreie Bereiche im Baumstamm. Durch die gewählte Art der Tiefenstaffelung, die eingeschnittenen Bossen und den in Besenstrichform aufgebrachten Putz wird die Idee der Rindenschalung im Bau praktisch umgesetzt. Die äußere Hülle des Neubaus umfließt auch das Bestandsgebäude aus dem Jahr 2004 und formt einen neuen Eingangsbereich im Zentrum beider Bauten. Im Bereich dieses Verbindungsbaus öffnet sich die Fassade über zwei Etagen. Eine großzügige Verglasung des Foyers ermöglicht Durchblicke und Orientierung innerhalb des Gesamtensembles. Fassadentechnik Die Fassade des Verbindungsbaus ist als gebogene PfostenRiegel-Fassade realisiert. Dadurch kann die gekrümmte Oberfläche des Baukörpers abgebildet werden. Die polygonalen Fassaden des Neubaus sind mit verschiedenen Einsatzelementen ausgestattet. Hier sind im Wechsel VakuumIsolations-Paneele (VIP) in Form von opaken Glasflächen sowie Aluminiumtüren und -fenster eingesetzt. Die Gebäudehülle ist entsprechend der Anforderung nach 50 % Unterschreitung der EnEV konzipiert. Geschlossene Fassadenanteile, die eine sehr hohe Dämmqualität aufweisen müssen, um diese Vorgabe zu erreichen, wurden im Bereich des Wärmedämmverbundsystems (WDVS) durch Dämmstärken von 30 cm realisiert. Das ermöglicht auch die witterungsgeschützte und unsichtbare Integration der Sonnenschutzkästen im Fassadenaufbau. Die dargestellten reliefartigen Vertiefungen im WDVS folgen der Logik des Rindenaufbaus. Sie sind als einfache Nuten ohne Abtropfbleche geplant. Die Technikzentrale auf dem Dach des Hauses, eine StahlLeichtkonstruktion, ist mit gedämmten Metall-Sandwichelementen verkleidet, denen ein gelochtes Trapezblech als Sichtschutz vorgelagert ist. Farb- und Materialkonzept Dem Entwurfsmotiv „Baum“ folgend ist das Innere des Forschungsneubaus, angelehnt an die Jahresringstruktur eines mehrjährigen Baumes, aus mehreren Raumschichten aufgebaut. Verglasungen sowie naturnahe Farben und Materialien sorgen für die Wahrnehmung des Hauses als einen beschützenden Ort in einer parkähnlichen Anlage. Funktionsverteilung Das gemeinsame Foyer leitet Patienten und Besucher entweder zum Kern des Bestandsgebäudes, zu dessen eigener Erschließung und dann weiter zum Hauptgebäude der Kinderklinik oder zur Studienambulanz des neuen Forschungsbaus. Dessen Gebäudemitte wurde zu einem kleinen Innenhof ausformuliert, der die Kernzone des Hauses sanft belichtet. Patienten-, Dienst- und Aufenthaltsräume befinden sich an der dem städtischen Raum und Park hin aufgeschlossenen Außenseite des Gebäudes, in der Gebäude-

Durch den in Besenstrichform aufgebrachten Putz wird die Idee der Rindenschalung praktisch umgesetzt

Naturnahe Farben und Materialien sorgen für die Wahrnehmung des Hauses als einen beschützenden Ort

Die gestalterische Idee – Fruchtkörper und Baum – spiegelt sich in der Anlage der Gebäudefigur wider

mitte die andienende Kernzone sowie die Schwesternstützpunkte, Nebenräume und notwendige Technikflächen. Die Studienambulanz und die Tagesklinik grenzen an den Empfangsbereich im Erdgeschoss, die Labore und ein großer Seminarraum befinden sich im zweiten Obergeschoss. Karoline Leibfried Fotos: wörner traxler richter planungsgesellschaft mbh


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rechts Die Ziegelsteine sind in heller, leicht unterschiedlicher Tönung geschlämmt, wodurch je nach Lichteinfall ein silberner oder goldener Schimmer entsteht

SINNSTIFTENDER BLICKFANG In Götschendorf inmitten der Uckermark entstand im Auftrag der Berliner Diözese der Russischen Orthodoxen Kirche die Klosterkirche St. Georg. Neben der Errichtung des Gotteshauses durch Tchoban Voss Architekten sieht das Projekt auch die denkmalgerechte Sanierung der Bestandsgebäude vor: So sollen in Zukunft das Herrenhaus und seine Nebengebäude zu einem Gästehaus umgebaut werden. Nördlich von Berlin liegt Götschendorf mit nur 200 Einwohnern idyllisch am Ufer des Kölpinsees. Über mehrere Jahrhunderte ist die kleine Ortschaft im Besitz der Familie von Arnim gewesen. Das Grundstück ist von Waldausläufern eingefasst und erstreckt sich von der Dorfstraße leicht abfallend bis an das Seeufer.

erhebt sich über einem quadratischen Grundriss, der im Bereich des Altarraums um drei Apsiden erweitert ist. Die Kirche setzt keinen Kontrast zu den Nachbargebäuden, sondern fügt sich ohne große Gesten in die Anlage ein.

Russisch-byzantinische Tradition Der Kirchenbau befindet sich im vorderen Teil des Grundstücks und wird damit zum neuen, sinnstiftenden Blickfang der Anlage. Er ist trotz russischbyzantinischer Bautradition mit Kuppel, runder Laterne und Zwiebelhaube von großer Schlichtheit, wobei die Formen modifiziert und vereinfacht wurden. Das viergiebelige, sockellose Volumen

Dezente Fassadengliederung Ziegelsteine in heller Palette leicht unterschiedlicher Tönung wurden geschlämmt, wodurch je nach Lichteinfall ein silberner oder goldener Schimmer zu entstehen scheint. Auch die hellgrauen Holzschindeln der Dachdeckung wirken im Sonnenlicht leicht metallisch. Die gebogenen schmalen Traufgesimse aus Holz unterstreichen die Rundungen der Apsiden. Das zweifache Gewände um den Haupttürbogen, die Fensterfaschen, der gestaffel-

Blick vom Glockenturm auf das Eingangsportal

Apsidenfenster mit Fensterfaschen

te Kämpfer sowie die Lisenen an der Hauptfassade bringen dezente Tiefe und Bewegung in das sonst unscheinbare Erscheinungsbild der Fassade. Schmale, vertikale Fenster reduzieren den Außenbezug und betonen den sakralen Charakter. Schlichter Innenraum In der Kirche finden etwa 200 Menschen Platz. Nach dem Passieren eines halbrunden, innenliegenden Vorraums steht der Besucher im schlichten, ruhigen Innenraum fast unmittelbar unter der gekalkten Kreuzkuppel und blickt nach oben in den Zylinder der hellen Dachlaterne. Polina Goldberg Fotos: Lev Chestakov

Blick in die Laterne


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oben und rechts Paneele aus fibreC Glasfaserbeton von Rieder in verschiedenen Farben, Oberflächen und Formen öffnen einen großen Spielraum für die Gestaltung individueller Fassaden (Fotos: © Rieder Gruppe/Ditz Fejer)

VEREDELTE NATUR Wohnensemble in Tirol

In der Reithergasse in Kirchberg in Tirol entstand auf einer Fläche von 3.000 m² ein neues, exklusives Wohnensemble. Der Entwurf des Architekturbüros Ing. Franz Obermoser aus Kitzbühel umfasst 4 unterschiedliche Gebäude in edlem Design. Die Hülle des Bauwerks besteht im Erdgeschoss aus concrete skin von Rieder. Die dunklen Paneele aus Glasfaserbeton kontrastieren dabei mit der Holzverkleidung in den Obergeschossen. Das Besondere der nur 13 mm dünnen Fassade in anthracite ist die von Rieder entwickelte Oberfläche „vintage“. Inspiriert vom japanischen Konzept der Ästhetik Wabi Sabi und der Schönheit natürlicher Rohstoffe wurde eine Oberfläche entwickelt, die den wahren Materialcharakter erkennbar und in Form von „veredelter Natur“ erlebbar machen soll. Eine neue Produktionstechnik erlaubt es Rieder, den Paneelen ihre für Beton charakteristische lebendige Oberfläche mit einem Wechselspiel an Farbschattierungen und Wolkeneffekten zurückzugeben. Die natürliche Unvollkommenheit und Unregelmäßigkeit in der Optik der vintage Platte verleiht der Fassade ein einzigartiges Erscheinungsbild und vor allem Individualität, da keine Platte einer anderen gleicht.

Die Verknüpfung von altem Handwerk und neuem Wissen und das Bestreben nach Einfachheit und Natürlichkeit finden in dieser neuen Oberfläche Ausdruck. Die Konzentration auf das Wesentliche und die optische Zufälligkeit machen den Charme der vintage Oberfläche aus. Rieder Smart Elements GmbH Mühlenweg 22 A – 5751 Maishofen www.rieder.cc unten Farbschwankungen auf der Oberfläche sind gewollt und verstärken die Lebendigkeit des Baustoffs Beton


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AUSBLICK AUF ALLEN EBENEN Wohnhaus in Polen

Um den atemberaubenden Panoramablick über die Danziger Bucht überall im Gebäude erlebbar zu machen, wurde ein Wohnhaus mit Schüco Schiebesystemen ausgestattet. Größtmögliche Glasflächen und schmalste Profilansichten maximieren das Landschaftserlebnis. Die Planung stammt von Arch-Deco Architekten aus Gdynia. Das Baugrundstück stellte Arch-Deco Architekten vor mehrere Herausforderungen. Zum einen wollte man dem außergewöhnlichen Panorama und dem natürlichen Umfeld der Küstenlandschaft gerecht werden. Zum anderen waren die funktionalen und bauphysikalischen Anforderungen eines hochwertigen Neubaus, die individuellen Bauherrenwünsche sowie der örtliche Bebauungsplan und die Hanglage des Baugrundstücks zu berücksichtigen. Zudem sollte ein historisches Gebäude, das sich in unmittelbarer Nachbarschaft befindet, durch den Neubau mit gebührendem Respekt behandelt werden. Unterschiedliche Bauformen Form und Arrangement des Gebäudes entwickeln sich aus einer eigenständigen Komposition, bei der drei Strukturen zueinander in Bezug gesetzt

wurden: Baukörper mit Sattel- und Flachdach verbinden sich mit offenen Terrassen zu einem Ensemble, das die natürliche Form der terrassierten Küstenlinie reflektiert und zugleich den Blick auf das Seepanorama freigibt. Die Nutzungszonen des Hauses sind über die Wohn-, Schlaf-, Ess- und Kochbereiche hinaus um „Sonderwünsche“ erweitert, die sich aus den individuellen Leidenschaften der Bauherren entwickelten. So wurde das Untergeschoss weitgehend als zweigeteilter Garagen- und Ausstellungsraum ausgebildet, der einesteils Fahrzeuge des alltäglichen Gebrauchs beherbergt, andernteils Showroom für eine Reihe von historischen Fahrzeugen ist. Auf der gleichen Ebene befindet sich ein Sport- und Wellnessbereich mit Fitnesscenter und Saunalandschaft – zur Küste hin raumhoch verglast und mit Schiebesystemen ausgestattet.

Das Erdgeschoss ist den zentralen Wohnfunktionen vorbehalten mit integrierten Ess-, Entspannungs- und Kaminzonen. Einen besonderen Akzent setzt das gläserne Florarium mit ausgewählten Tropenflanzen, die in Beziehung zur lokalen Fauna gesetzt sind. Zur Seeseite hin sind schmale Balkone mit Brüstungen aus Sicherheitsglas vorgesetzt, während seitlich eine Schiebetüranlage zur großzügigen Terrasse führt. Aus dem Gebäudeinneren gelangt man über eine weitere Schiebetüranlage zu dem angrenzenden Flachdach-Gebäude mit Indoor-Pool. Das Obergeschoss des Haupthauses beherbergt mehrere individuelle Schlafräume sowie Bäder und gemeinschaftlich genutzte Entspannungszonen. Räumliche Interaktion Eine wesentliche Entwurfsidee bestand darin, Raumzusammenhänge zwischen


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rechts Das äußere Erscheinungsbild basiert auf dem Zusammenspiel von Sattel- und Flachdächern mit offenen Terrassenflächen rechts unten Wesentliche Teile des Gebäudes beherbergen „Sonderfunktionen“, darunter einen Pool, ein Fitness-/ Wellness-Center und sogar einen Ausstellungsraum für Oldtimer

links Das außergewöhnliche Wohnhaus ist harmonisch in die terrassierte Küstenlandschaft der Danziger Bucht eingebettet (Alle Fotos: Arch-Deco/Andrezej Łopata)

internen Bereichen, dem angrenzenden Naturraum und dem Seepanorama zu schaffen. Das bauliche Mittel, mit dem dieses Ziel optimal erreicht werden konnte, waren variable Fassadenelemente mit einem Maximum an Glasfläche und einem Minimum an Profilansichten. Diese anspruchsvollen Voraussetzungen fanden die Architekten in den Schüco Schiebesystemen ASS 77 PD.SI und ASS 70.HI optimal erfüllt, zumal die Systeme mit dem Antriebssystem Schüco e-slide auch die vom Bauherrn gewünschte automatisierte Komfortbedienung ermöglichen. Die großflächigen DreifachIsolierglaselemente der Schiebetüren und Festfelder fluten sämtliche Nutzungsbereiche mit Tageslicht. Zusätzlich integrieren sie Sicherheitsfunktionen und wurden für den verbesserten Sonnenschutz in einer leichten Tönung gewählt. Die verantwortlichen Architekten Michal Baryzewski und Zbigniew Reszka bestätigen die große ästhetische und funktionale Bedeutung der Panorama-Schiebesysteme von Schüco für den Gesamtentwurf: „Mit den

High-End-Schiebesystemen von Schüco hatten wir die Möglichkeit, höchste technische und bauphysikalische Anforderungen zu erfüllen und zugleich die hohen Design- und Komfortansprüche des Bauherrn in außergewöhnliche Architektur umzusetzen. Hier verbinden sich zeitgemäße Wärmeschutzanforderungen mit innovativer Systemtechnik, Automatisierung und maximalem

Glasanteil zu Fassadenelementen, die beispiellose Panoramablicke auf die Küstenlandschaft ermöglichen. Die Grenzen zwischen den inneren und äußeren Räumen können je nach Wetter und Saison durch das großflächige Öffnen auf allen Gebäudeebenen aufgelöst werden.“ www.schueco.com


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Fassade mit integrierten Solarmodulen (Foto: © Gassmann und Grossmann Baumanagement GmbH)

PLUSENERGIEHAUS MIT KONZEPT Wer einen modernen Verwaltungskomplex baut, der steht vor einer komplexen Aufgabe. Für die Stadt Freiburg war es allerdings ein willkommener Anlass, eine Vorreiterrolle in Sachen Nachhaltigkeit zu beanspruchen. So wurde ihr Neubau im Stadtteil Stühlinger nach dem Plusenergiestandard errichtet und deckt seinen eigenen Energiebedarf. Für das entsprechende Energiekonzept, die technische Gebäudeausrüstung, die Bauphysik und die Fassadentechnik zeichneten die Engineering-Experten von Drees & Sommer verantwortlich. Um den Anforderungen an Klimaschutz und Energieeffizienz nachzukommen und gleichzeitig die bisher auf verschiedene Standorte verteilten Büros zu bündeln, hat die Stadt Freiburg beschlossen, einen umfassenden Neubau zu errichten. So entstand bis Frühjahr 2017 am ehemaligen Standort des Technischen Rathauses im ersten von insgesamt drei Bauabschnitten ein fünfgeschossiges Verwaltungsgebäude. Es wurde vom Büro ingenhoven architects entworfen und bietet Platz für mehr als 800 Mitarbeiter der Stadt. Der neue Verwaltungsbau kann Energie produzieren – und zwar aus erneuerbaren Quellen. Photovoltaik-, Solarthermieund Geothermie-Anlagen stellen Strom sowie Energie zum Heizen und Kühlen zur Verfügung. Dabei wird die vorhandene Außenfläche des Gebäudes optimal genutzt: Sowohl das Dach als auch die Fassade sind mit Solarmodulen belegt. Die Anlagen bedecken 75 % der Flachdächer und bestehen zum Teil aus PVT-Modulen. Im Vergleich zu herkömmlichen Solarmodulen sind sie komplexer aufgebaut und ermöglichen es, gleichzeitig Wärme und Strom zu erzeugen. Dadurch wird die Flächenkonkurrenz zwischen photovoltaischer und solarthermischer Nutzung aufgelöst.

An der Fassade sind vertikale Photovoltaik-Elemente angebracht – nur dort, wo die Sonneneinstrahlung optimal ist. Zu den geeigneten Stellen lieferten Simulationen im Vorfeld Erkenntnisse. Mit Hilfe der Sonnenenergie deckt das Gebäude seinen eigenen Strombedarf: Dieser umfasst die Beleuchtung, Lüftung und den Betrieb von zwei Wärmepumpen. Die letzteren sind Bestandteile der geothermischen Anlage und dienen mit jeweils 200 kW der Wärmeerzeugung. Vor allem während der Winterzeit kommen die Wärmepumpen zum Einsatz, um das Verwaltungszentrum zu heizen. Im Sommer wird das Grundwasser mittels eines Wärmeübertragers mit einer Leistung von 550 kW dafür genutzt, das Gebäude passiv zu kühlen. Wärme für das Wasser, das beispielsweise in der Küche genutzt wird, erzeugen die PVT-Module auf dem Dach. Die Photovoltaik-Anlagen liefern mehr Strom als das Gebäude selbst benötigt: Der Überschuss wird ins städtische Netz eingespeist. Nachhaltig temperiert In Kombination mit der Geothermie-Anlage sorgt die Bauteilaktivierung für das Heizen und Kühlen. Dazu wird die


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Die Rathauserweiterung in Freiburg gilt als erstes öffentliches Netto-Plusenergie-Gebäude (Foto: HG Esch)

Gebäudemasse der Decken aktiviert: In den dort speziell zu diesem Zweck eingebauten Rohren zirkuliert Wasser. Abhängig von der herrschenden Temperatur nimmt es Wärme der Umgebung auf – oder gibt Wärme ab. Das Wasser im Kreislauf wird mithilfe der geothermischen Anlage temperiert. Für die Mitarbeiter im Verwaltungszentrum bedeutet dieses System eine hohe thermische Behaglichkeit – mit einem vergleichbar niedrigen energetischen Aufwand. Einen Beitrag dazu leistet auch die Gebäudehülle, die dem Passivhaus-Standard entspricht. Sie ist eine hochwärmedämmende Fassade mit Passivhauselementen. Das betrifft beispielsweise die Fenster, die eine Dreischeibenverglasung mit einem U-Wert von 0,8 W/m2K aufweisen. Dazu gehört zudem die maschinelle Lüftung mit Wärmerückgewinnung. Aufgrund der sehr guten Wärmedämmung sind die Heizund Kühllasten gering: Als maximale Heizlast ergeben sich ca. 670 kW, die maximale Kühllast entspricht ca. 550 kW. Die vertikalen Jalousien und die integrierten PhotovoltaikModule an der Fassade sorgen zusammen mit horizontalen Elementen für ein balanciertes Tageslicht und den sommerlichen Wärmeschutz. Zur unmittelbaren Umgebung des Verwaltungszentrums gehören seine Außenanlagen und Gärten. Für ihre Bewässerung wird Regenwasser genutzt. Berücksichtigt wurde außerdem ein typisch urbanes Problem, mit dem viele Städte zu kämpfen haben: der so genannte Wärmeinsel-Effekt. Urbane Räume beeinflussen das lokale Klima – vor allem durch die Änderung der Bodenoberfläche, aber auch durch Abwärme von der Energienutzung. Dadurch entstehen Hitzeeffekte. Um das zu vermeiden und die Aufenthaltsqualität zu verbessern, ist die Mitte des ovalen Verwaltungsbaus als eine grüne Insel konzipiert. Effizienten Betrieb sichern Der physikalische Aufbau der Gebäudestrukturen und ihre Vernetzung stellen nur den ersten Schritt in Richtung Nachhaltigkeit dar. Um einen energieoptimalen Betrieb zu erreichen, kamen beim Freiburger Projekt zwei weitere Instrumente zum Einsatz. Als Methode der Qualitätssicherung diente zum einen die Emulation der Mess-, Steuerungs- und Regeltechnik. Dabei wurde das Verhalten der MSR-Technik unabhängig vom Baufortschritt der übrigen Gewerke umfassend geprüft. Zum anderen wurde ein durchdachtes Energiemanagementsystem für die effiziente Nutzung der techni-

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Um Hitzeeffekte zu vermeiden, ist das Zentrum des ovalen Gebäudes als grüne Insel konzipiert (Foto: HG Esch)

oben Visualisierung des Energieflusses (Grafik: © Drees & Sommer)

schen Anlagen entwickelt. Es ist an die Gebäudeleittechnik gekoppelt, greift auf die Daten zu und wertet diese aus. Außerdem überwacht das Energiemanagementsystem den Anlagenbetrieb und weist auf Fehler hin. Nicht zuletzt wegen seiner Dimension – über 24.000 m² Bruttogrundfläche – übernimmt der neue Verwaltungsbau eine Vorzeigerolle. Aufgrund seines innovativen Charakters wurde das Projekt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert. Die Stadt Freiburg, das Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme ISE und Drees & Sommer gestalteten dabei gemeinsam ein Forschungsvorhaben zum Thema netzreaktive Gebäude. Von der Planung und Ausschreibung über die Qualitätssicherung bei Bau und Inbetriebnahme bis hin zum fortlaufenden Energiemonitoring: Dafür zeigt das Forschungsprojekt nun auf, wie Gebäude, die einen erheblichen Teil ihres Energieverbrauchs selbst erzeugen, mit dem städtischen Stromnetz kommunizieren. Durch einen hier entstandenen Prozessleitfaden mit Modellcharakter sollen ähnliche, vor allem kommunale Bauvorhaben, profitieren. Michael Bauer


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EINE RUNDE SACHE

Wohnbauprojekt Strünkeder Höfe in Herne Früher eine wichtige Bergbaustadt, stellt sich Herne heute dem Strukturwandel und der damit verbundenen Revitalisierung der städtebaulichen Entwicklung. Ein Beispiel dafür ist das Wohnbauprojekt Strünkeder Höfe unweit des Renaissanceschlosses Strünkede im Stadtteil Baukau. Hier schrieb die Wohnungsgenossenschaft Herne Süd einen Wettbewerb aus, den die Architekten von Tor 5 aus Bochum für sich entschieden. Baukau ist ein Stadtteil im Norden von Herne. Hier liegt das Renaissanceschloss Strünkede mit seiner gotischen Schlosskapelle, das älteste Bauwerk der Ruhrgebietsstadt. Alt, aber längst nicht so schön und gut in Schuss war ein Teil des Wohnbaubestandes an der Jobststraße unweit des Schlosses. Doch dieser ist dem Neubauprojekt Strünkeder Höfe gewichen, beauftragt von der Wohnungsgenossenschaft Herne Süd. War zunächst eine Wohnblockbebauung angedacht, fiel letztlich die Entscheidung für einen Entwurf von Tor 5 Architekten aus Bochum, der ein nach Süden durchbrochenes Ensemble aus 4 Einzelhäusern vorsah. Auflockerung der Straßenfront In den 4 einzelnen Baukörpern, die jeweils 4 volle Geschosse und ein Staffelgeschoss haben, sind insgesamt 58 barrierefreie, teils sogar rollstuhlgerechte Wohnungen in Größen von 50 bis 175 m² und mit verschiedenen Grundrissen entstanden. Die Häusergruppe lockert das Straßenbild auf und erlaubt Aus- und Durchblicke sowohl für Passanten als auch für die Bewohner, die diese aus ihren Privatgärten oder von ihren Dachterrassen und Loggien in Süd- und Westausrichtung genießen können. Im Gegensatz zu einer Wohnblockbe-

bauung erlauben die Einzelhäuser mit Ost-West-Orientierung lichtdurchflutete und ruhige, von der Straße abgewandte Wohnräume. Einheitliches Farbkonzept Die 4 Baukörper werden durch ein Halbgeschoss mit Parkgarage, über der sich neu angelegte Grünflächen befinden, zusammengehalten. Ein einheitliches Gesamtbild schafft die Fassade, die mit Klinker von Hagemeister realisiert wurde. Der Farbton der Handstrich-Sortierung „Weimar“ ist warm und freundlich, changiert in Weiß und cremefarbenen Tönen und erhält durch den charakteristischen Kohlebrand besondere Akzente. Der wilde Verband verleiht der Klinkerfassade Gleichmäßigkeit und sorgt dafür, dass die Fugen nahezu unsichtbar sind. „Wie eine Haut, die sich um das Haus schmiegt“, sagt Markus Wüllner von Tor 5 Architekten. Passend zur hellen Klinkersortierung sind die Fensterrahmen und -bänke im Farbton perlbeige gehalten. Das Farbkonzept setzt sich darüber hinaus im Inneren der Häuser fort, z. B. durch die Wahl der Badezimmerfliesen und des Laminats. Ein Highlight in der Fassadengestaltung sind die abgerundeten Balkone. „Mit ihnen reagierten wir baulich auf die


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oben Der Farbton der Handstrich-Sortierung „Weimar“ changiert in Weiß und cremefarbenen Tönen und erhält durch den für Klinker charakteristischen Kohlebrand besondere Akzente

Straßenecke“, erklärt Wüllner. Die gerundeten Formsteine hat Hagemeister eigens für das Projekt maßgefertigt und die Balkone als Fertigteilstürze geliefert. Die geschlossene Brüstung wahrt die Privatsphäre auf den privaten Außenräumen. Ansprüche an Optik und Nachhaltigkeit Dabei musste das Architekturbüro zunächst Überzeugungsarbeit leisten, um die Klinkerfassade durchzusetzen. „Doch bei Mietshäusern rechnen sich die Mehrkosten auf lange Sicht, da eine Klinkerfassade beständig ist und nicht pflegebedürftig“, erläutert Wüllner. Regelmäßige Instandhaltungsmaßnahmen entfallen. Dennoch: Eine solche Gestaltung sei für das Preissegment Herner Mietshäuser außergewöhnlich. Bei den 4 Einzelhäusern, die dem KfW 55 Standard entsprechen, handelt es sich um eine zweischalige Bauweise mit Klinkermauerwerk. Die Außenwand, in der eine 18 cm dicke Schicht Dämmstoff verbaut ist, hat eine Stärke von unten Der wilde Verband verleiht der Klinkerfassade Gleichmäßigkeit und sorgt dafür, dass die Fugen nahezu unsichtbar sind unten rechts Das offene Mauerwerk sorgt für natürliches Licht in der Parkgarage

rund 50 cm. „Aus Gründen der Nachhaltigkeit haben wir uns gegen ein Wärmeverbundsystem mit Styropor entschieden“, so Wüllner. „Klinker sind eine tolle Lösung für energetisch gute Projekte, denn mit ihnen outet man sich optisch nicht“. Ein Nahwärmenetz mit Erdwärme-Wärmepumpe und Photovoltaikanlagen auf den Dächern versorgen die Wohngebäude mit Wärme und Energie. Bauprojekt mit Vorbildfunktion Auf eine ausgedehnte Planungsphase folgte eine insgesamt zweijährige Bauphase. Die Strünkeder Höfe kommen gut an: Sämtliche Wohnungen waren bereits lange vor Fertigstellung vermietet und wurden ab Anfang 2017 bezogen. Nicht zuletzt dank der parkähnlich angelegten neuen Grünflächen und der Gemeinschaftsräume im Erdgeschoss der Gebäude ist ein lebendiges, attraktives städtisches Quartier entstanden, das für weitere Wohnbauprojekte in Herne und dem gesamten Ruhrgebiet eine Vorreiterfunktion einnimmt. Diese hat der Bund Deutscher Architekten 2017 mit seiner Auszeichnung für gute Bauten anerkannt. Hagemeister GmbH & Co. KG Buxtrup 3 48301 Nottuln www.hagemeister.de


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LEHMARTIGE STOFFLICHKEIT Active House in Schiedam

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oben Aufgrund sichtbarer Spuren aus Produktion und Verarbeitung lässt der handwerklich geformte, helle Stein unterschiedliche Farbnuancen entstehen (Alle Fotos: Ossip Architekturfotografie)

Ein Leben ohne Energiekosten und ohne fossile Brennstoffe führen der Architekt Reimar von Meding und seine Familie in dem 2016 errichteten „Active House“ im niederländischen Schiedam. Der Neubau fügt sich so in das gebaute Umfeld ein, dass ein stilvoller und lebendiger Mix aus Art Deco- und Backsteinarchitektur entstanden ist. Der helle Wasserstrich Klinker, Original Kohlebrand, stammt vom Klinkerhersteller Deppe Backstein aus Uelsen. Mit dem Wohnhaus sollte ein technisch sauberes, modernes und offenes Wohngebäude entwickelt werden, das sich gleichzeitig durch handwerkliche Ausstrahlung und schöne Details auszeichnet. So ist eine schlichte und reduzierte Architektursprache entstanden, die durch den harten und klaren Backstein verstärkt, aber gleichzeitig durch die außergewöhnliche Anwendung aufgelockert wird. Aufgrund sichtbarer Spuren aus Produktion und Verarbeitung variiert der handwerklich geformte, cremefarbene Stein im Detail und lässt unterschiedliche Farbnuancen entstehen. Der im wilden Verband verarbeitete Wasserstrich Klinker erzeugt auf diese Weise ein lebendiges Fassadenbild und vermittelt eine natürliche, fast lehmartige Stofflichkeit, die durch den Zierverband unterhalb der Attika noch verstärkt wird. In diesem Bereich der Fassade wurden jeweils drei Klinker im horizontalen wie vertikalen Verband angeordnet, sodass eine dreidimensionale Optik entstand, die einem Webmuster gleicht. Gleichzeitig nutzte von Meding das für die Niederlande eher unübliche Normalformat, um ein konsequentes Fugenbild entstehen zu lassen.

Im Innenraum nehmen die Innenwände aus Fichte beinahe den Ton der Fassade auf und stellen einen Bezug zwischen Innen- und Außenraum her. Einbaumöbel und Bodenbelag sind in einem zurückhaltenden Grüngrau-Farbton gehalten. Fenster mit schlanken anthrazitfarbenen Aluminiumrahmen bilden einen angenehmen Kontrast zur hellen Klinkerfassade. Der offene Grundriss und die Anordnung der Fenster lassen das Wohngebäude als offenes Loft erscheinen. Von Meding wollte ein Haus schaffen, das mehr Energie liefert als es verbraucht. Alle verbauten Materialien und Produkte sind konsequent darauf ausgelegt, CO2 in der Produktion und in der Nutzung zu reduzieren, wodurch der niedrige Energieverbrauch des Hauses erreicht wurde. Das Active House bezieht seine Energie über eine Erdwärmepumpe und Solarkollektoren auf dem Dach. Deppe Backstein-Keramik GmbH Neuenhauser Straße 82 49843 Uelsen-Lemke www.deppe-backstein.de


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ALLES ANDERE ALS OBERFLÄCHLICH Putz – ein unterschätztes Fassadenmaterial

Putzfassaden werden allgemein als etwas Tradiertes und Solides wahrgenommen und stehen nicht unbedingt für Innovation. Hinzu kommt das Vorurteil, dem Material fehle die technische und gestalterische Entwicklung. Auch der Vorwurf der mangelnden Materialauthentizität und das Image als „billiges“ Gestaltungsmittel prägten lange Zeit die Vorstellung des Materials Putz. Putz hat Zukunftspotenzial Doch mittlerweile erlebt Putz eine Renaissance, die sicherlich auch den Wärmedämmverbundsystemen geschuldet ist. Insbesondere im Wohnungsbau finden sich im Zuge der energetischen Ertüchtigung großflächige Anwendungen von verputzten Oberflächen in Standardverfahren. Der materielle und ästhetische Wert von Putz geht allerdings weit über diese gängige Anwendungspraxis hinaus. Vermehrt studieren Planer und Fachhandwerker die traditionellen Techniken, um auf das drohende Glattputz-Einerlei an Fassaden mit Kreativität und gestalterischen Impulsen zu antworten. Denn Putz eröffnet, insbesondere wenn er als Dickschichtsystem angewendet wird, enorme Gestaltungsmöglichkeiten und große sinnliche Qualitäten. Themen wie Natürlichkeit und Vertrautheit, aber auch der Wunsch nach lokalen Werkstoffen und Traditionen, nach subtilen, plastischen Strukturen gewin-

nen an Bedeutung. Hinzu kommen ein wirtschaftliches Preis-Leistungsverhältnis, einfache Verarbeitung, Einsatzmöglichkeiten an historischen wie denkmalgeschützten Gebäuden, breit gefächerte Farbgestaltung und reichlich vorhandene, natürliche Rohstoffe.

unten Für ein Sgraffito werden eine oder mehrere übereinanderliegende Putzschichten nach Vorlage ausgekratzt, sodass freigelegte, erhabene Strukturen, Muster oder Ornamente entstehen

unten Kratzputz wird mit Edelputzkratzern aus dem Oberputz gekratzt, sodass das Korn herausspringt und seine unverwechselbare Struktur entsteht

Historische Putztechniken Putz hat im Bauwesen eine durchgängige lange Tradition. Zu jeder Zeit wurden historische Techniken übernommen, variiert und ergänzt. Technisch entwickelten die Materialien sich von Lehmüber Gips- und Kalkputz bis hin zu Kalkzement- und Zementputzen, seit vielen Jahren nun auch noch mit Vergütungen auf Basis von Kunststoffen. Vor allem aber sind es die gestalterischen Möglichkeiten, die dem plastischen Material Putz innewohnen: Gemeinsam ist diesen Techniken, dass der Putz während und nach dem Auftrag auf unterschiedlichste Art und Weise bearbeitet wird.

Besenstrichputz wird im noch feuchten Zustand mit einem Reisigbesen waagerecht oder senkrecht strukturiert, wodurch eine charakteristisch belebte Oberflächenstruktur entsteht

Der Rechenstrich hinterlässt klare kräftige Rillen in der Putzmasse, sodass sich stark horizontal oder vertikal strukturierte Flächen ergeben

KEIMFARBEN GMBH Keimstraße 16 86420 Diedorf www.keim.com unten Das Nagelbrett wird in den noch weichen Putz gedrückt und hinterlässt eine kleinteilige, weniger stark gerichtete Struktur


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BAUKULTUR 4_2018

rechts Geschäftshaus in Höxter: Die Fassade orientiert sich in ihrer Maßstäblichkeit und Farbigkeit an der ortstypischen umliegenden Bebauung (Foto: ©TobiasKoop/Henke AG)

FARBE BEKENNEN! Alles grau in grau? Lieber nicht – denn bunte Töne sorgen für Abwechslung, schaffen besondere Atmosphären und bringen sprichwörtlich „Farbe ins Leben“. An der Fassade schafft eine durchdachte Farbgestaltung besondere Identität für Gebäude und für ihre Bewohner. Damit Farbe an der Fassade jedoch langfristig Freude bereitet, müssen die Oberflächen langlebig, wartungsarm, farbecht und resistent gegen Verschmutzungen und Bewuchs sein. Die Wirkung von Farben auf uns Menschen ist wissenschaftlich erwiesen: Farbe wird unmittelbar wahrgenommen und trägt stark zum ersten, intuitiven Eindruck bei, den wir von einem Objekt oder Gebäude erhalten. Die Farbgestaltung hat daher große Auswirkungen auf den Charakter von Bauten. Speziell an der Fassade können kräftige Farbtöne für eine freundliche, attraktive Umgebung sorgen und so ganze Straßenzüge und Wohnquartiere aufwerten. Doch bei der Entscheidung für helle oder intensive Farben schwingt stets auch die Frage nach der Farbbeständigkeit mit: Zusätzlich zur hohen UV-Belastung sind Fassaden auch häufig Verschmutzungen ausgesetzt – ob durch GraffitiSprayer, Abgase an stark befahrenen Straßen oder feuchte Oberflächen, die mikrobielles Wachstum anregen. Damit farbenfrohe Fassaden ihre Strahlkraft langfristig behalten, sind zeitgemäße Materialien und Konstruktionsweisen notwendig. Als bewährtes System in Neubau und Sanierung schafft die Vorgehängte Hinterlüftete Fassade (VHF) langfristige Gestaltungskraft bei geringem Wartungsaufwand. Sie punktet mit ihrem modularen Systemaufbau und ihren bauphysikalischen Eigenschaften. Der modulare Aufbau des Systems ermöglicht nicht nur individuell wählbare Dämmstoffdicken und jeden Standard bis zu höchsten energetischen Anforderungen, sondern auch den Einsatz unterschiedlichster Bekleidungsmaterialien. So stehen das gesamte Farbspektrum und eine Vielzahl von Oberflächen, Formaten und Verlegearten zur Auswahl. Geschäftshaus in Höxter Der ursprünglichen Sandstein- und Putzfassade eines ehemaligen 1970er-Jahre-Kaufhauses in Höxter wurde im Zuge der Sanierung eine mehrfarbige Vorgehängte Hinterlüftete

rechts Wohnanlage in München: Laubengänge, Terrassen und Durchgänge sind mit Fassadentafeln in kräftigen Farben gestaltet (Foto: Eternit/Jens Masmann)

Fassade (VHF) mit keramischer Bekleidung vorgesetzt. Die neue Fassade des Geschäftshauses „Am Markt 1“ umhüllt die vormalige Kubatur und greift die Maßstäblichkeit der umliegenden historischen Häuser am Marktplatz wieder auf. Für die Farbgestaltung orientierten sich msp architekten aus Dortmund an den ortstypischen Fassadentönen und entwarfen auf Grundlage des städtebaulichen Konzepts von TconcepT aus Den Haag eine in erdfarben getauchte abwechslungsreiche Fassade. Wohnanlage in München Die 5 Wohnhäuser der genossenschaftlichen Wohnanlage wagnis 3 in München mit 100 teils geförderten, teils frei finanzierten Wohneinheiten bieten unterschiedlich erschlossene Wohnungen verschiedener Größen, Zuschnitte und Typologien. Neben der hellen Fassade wurden die Laubengänge, Terrassen und Durchgänge zu den Innenhöfen mit Faserzement-Fassadentafeln in kräftigen Farben gestaltet. Ronald Winterfeld Fachverband Baustoffe und Bauteile für vorgehängte hinterlüftete Fassaden e.V. Kurfürstenstraße 129 10785 Berlin-Schöneberg www.fvhf.de


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BAUKULTUR 4_2018

Impressum BAUKULTUR – Zeitschrift des DAI 40. Jahrgang ISSN 1862-9571 Herausgeber DAI Verband Deutscher Architekten- und Ingenieurvereine e.V. DAI Geschäftsstelle Albrechtstraße 13, Aufgang A 10117 Berlin Telefon: +49 (0)30.214 731 74 E-Mail: kontakt@dai.org www.dai.org DAI Geschäftsführung Udo Sonnenberg M.A. E-Mail: sonnenberg@dai.org DAI Präsidium Prof. Dipl-Ing. Christian Baumgart (Präsident) Dipl.-Ing. Arnold Ernst (Vizepräsident) Dipl.-Ing. Alexander von Canal (Schatzmeister) Dipl.-Ing. Dagmar Schierholz (Veranstaltungen und Mitgliederbetreuung) Marion Uhrig-Lammersen (Presse- und Öffentlichkeitsarbeit) Verlag, Gestaltung, Anzeigenverwaltung VBK Verlag S. Kuballa Verlag für Bau + Kultur Zur Leiten 11 95517 Emtmannsberg (Lkr. Bayreuth) Telefon: +49 (0)9209.91 86 240 Telefax: +49 (0)3212.45 26 570 E-Mail: info@vbk-verlag.de www.vbk-verlag.de

Vorschau Ausgabe 5_2018 >> leipzigerBAUKULTUR Autoren dieser Ausgabe H.-Rainer Becker AIV Mark Sauerland, 1. Vorsitzender Ingenieurbüro Becker Hagen www.aiv-mark-sauerland.de www.becker-tragwerke.de Volker Busen Schlaun-Forum e.V. Pressesprecher Münster www.schlaun-wettbewerb.de

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Redaktion Dipl.-Ing. Sylvia Jung E-Mail: jung@vbk-verlag.de

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BAUKULTUR | Zeitschrift des DAI | Juli 2018 | Ausgabe 4 | ISSN 1862-9571

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