Die Außenpolitik der Konföderierten Staaten von Amerika 1861-1865

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Abbildung 1: Eine der verlustreichsten Schlachten des Amerikanischen Bürgerkriegs: In Gettysburg wird Lees Vormarsch in den Norden zurückgeschlagen| Bild: Wikipedia

Die Außenpolitik der Konföderierten Staaten von Amerika 1861-1865 Von 1861 bis 1865 tobte auf dem nordamerikanischen Kontinent der Civil War. In dieser blutigen Auseinandersetzung, die über 600.000 Yanks und Rebs das Leben kostete, kämpften die Konföderierten Staaten von Amerika (CSA) für ihre Unabhängigkeit und ihren way of life – dazu gehörte auch der Besitz von schwarzen Sklaven. Auf dem diplomatischen Parkett fochten die Südstaaten für ihre völkerrechtliche Anerkennung. Eine Zeitreise in das Amerika des Bürgerkrieges … Sezession des Südens Die Wahl des Republikaners Abraham Lincoln zum Präsidenten der USA war ein Affront für die Südstaaten. Der Süden unterstellte Lincoln, er plane die Sklaverei abzuschaffen. South Corolina, Mississippi, Florida, Alabama, Georgia, Louisiana und Texas fielen ab und gründeten die Konföderierten Staaten von Amerika (Confederated Stats of America, CSA). Der ehemalige USKriegsminister und Senator von Mississippi, Jefferson Davis, wurde erster (und einziger) Präsident der CSA. Am 12. April 1861 griffen die Konföderierten Fort Sumter, eine Militäranlage der Union im Hafen von Charleston (South Carolina), an. Der Krieg zwischen Nord und Süd hat begonnen. Die Südstaaten mit der Hauptstadt Richmond waren der Sympathieträger in Europa. Schließlich interpretierte der Süden den Sezessionskrieg als “Freiheitskampf” gegen die Tyrannei der Nordstaaten. Auch für Lincoln ging es zunächst um die Wiedereingliederung der abtrünnigen Staaten. Der gemäßigte US-Präsident trat erst seit 1863 für die Sklavenemanzipation ein. Die Adligen in Frankreich und Großbritannien sahen eine gewisse Verwandtschaft zu der südstaatlichen Pflanzer-Aristokratie. Sie verkannten jedoch, dass auch die CSA eine Demokratie waren – und nichts mit einem monarchischen System am Hut hatten. Trotz aller Sympathien der Eliten zu einem Krieg gegen die USA, der bei einer möglichen politischen Anerkennung des Südens drohte, waren weder Großbritannien noch Frankreich bereit.


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Die einfache Bevölkerung Europas sympathisierte mit dem Norden.

Abbildung 2: CSA-Präsident Jefferson Davis, US-Präsident Abraham Lincoln, CSA-Diplomat William Yancey | Bilder: Wikipedia King Cotton Diplomatie Das Makel, das den Südstaaten anhaftete, war die Sklaverei. Großbritannien hatte sich anfangs des 19. Jahrhunderts für die Abschaffung der Sklavenhandels auf dem Weltmeeren stark gemacht – mit Erfolg. So taten sich die regierenden Kräfte in Paris und London schwer, einen Staat anzuerkennen, der eine überkommene Institution am Leben erhielt. Die von den schwarzen Sklaven angebaute Baumwolle bekam eine Schlüsselposition in der Diplomatie der CSA. Die Südstaaten besaßen seit Jahrzehnten das weltweite Monopol auf Baumwolle. Das Kalkül der Regierung in Richmond: Kommt keine Baumwolle mehr nach Europa, führt es zu Engpässen in der Textilindustrie. Arbeitslose Arbeiter würden die eigenen Regierungen unter Druck setzen. Paris und London wären gezwungen, in das Kriegsgeschehen zu intervenieren und die Seeblockade – seit Anfang des Krieges blockierte die US-Flotte die Häfen der Südstaaten – außer Kraft zu setzen. 1861 verhängten die Südstaaten ein Embargo auf Baumwolle. Aber kein offizielles. Richmond wollte nicht den Anschein erwecken, Paris und London erpressen zu wollen. 1862 machte sich der Exportrückgang bemerkbar. London lehnte jedoch weiterhin ab, die CSA anzuerkennen. Die König Baumwolle Diplomatie des Südens blieb erfolglos. Längst haben Ägypten, Türkei und Indien die Südstaaten als Hauptanbaugebiet abgelöst. Zudem ging der Export von Textilien zurück. Das Weltmonopol der Südstaaten auf Baumwolle war zerschlagen. Gleichzeitig war Großbritannien – und auch Europa – in größerem Maße vom Weizen abhängig, das aus den Nordstaaten kam. Der CSA-Diplomat William Yancey berichtete aus Großbritannien: „Die Konföderation hat keine Freunde in Europa. Europa ist gegen die Sklaverei und die öffentliche Meinung auf Seiten der Abolitionisten… es ist ein großer Irrtum von uns zu glauben, dass die Baumwolle König ist. Sie ist ein großer und einflussreicher Faktor in Handel und Wirtschaft, aber sie ist kein Diktator.“ (zitiert in Pohanka, Der Amerikanische Bürgerkrieg, S. 40.) Richmond änderte seine Strategie. Die Baumwolle diente seit 1862 der Finanzierung des Krieges. Das inoffizielle Embargo wurde beendet. In Europa tauschten CSA-Agenten Waffen und Schiffe gegen das weiße Gold des Südens ein. Judah Benjamin, Außenminister der CSA, bot Napoleon III. 1862 100.000 Ballen für 9 Cent pro Ballen (Marktpreis: 25 Cent) an, um die US-Seeblockade durchzubrechen. Der Kaiser lehnte jedoch ab. Washington würde eine solche Aktion als Kriegserklärung deuten.


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Die Trent-Affäre – Krieg am Horizont? Eher auf indirekten Wege wäre es den Südstaaten im Herbst 1861 beinahe gelungen, Großbritannien für ihre Sache zu gewinnen. Auf einem Blockadebrecher segelten die CSA-Diplomaten John Slidell und James Manson nach Kuba. Von dort aus reisten sie auf dem britischen Schiff Trent weiter in Richtung Europa. US-Kapitän Charles Wilkes von der USS San Jacinto brachte das Schiff in neutralen Gewässer auf und verhaftete die zwei Diplomaten.

Abbildung 3: CSA-Diplomat John Slidell, Premierminister Lord Palmerston, US-Kapitän John Wilkes | Bilder: Wikipedia Die Argumentation des spitzfindigen US-Kapitäns: Es ist erlaubt neutrale Schiffe aufzubringen, wenn sie feindliche Nachrichten befördern. Für Wilkes stellten die beiden Diplomaten die “feindlichen Nachrichten” dar. Der Zwischenfall belastete erheblich das britisch-amerikanische Verhältnis. London protestierte, mobilisierte die Kriegsflotte und entsandte Truppen nach Kanada. Doch Lincoln, der einen zweiten Konflikt nicht wünschte (sein Motto lautete “one War at a Time”), entschärfte die Lage. Er entschuldigte sich bei der britischen Regierung und ließ die Südstaaten-Diplomaten frei nach Europa reisen. Die Ironie der Geschichte: Slidell und Manson haben es auf dem Verhandlungswege nie geschafft, eine ausländische Macht für einen Kriegseintritt gegen die Union zu gewinnen. Nur als Gefangene wäre es ihnen gelungen. Bangen auf Anerkennung 1862 und 1863 Sommer 1862. Die Südstaaten dominierten den Kriegsschauplatz. Die Restauration der Union schien in weiter Ferne. John Slidell (Paris) und James Manson (London) kabelten nach Richmond, dass Großbritannien und Frankreich ein Vermittlungsvorschlag unterbreiten wollen. US-Diplomat in London Henry Adams warnte Washington vor einer möglichen Intervention der europäischen Großmächte: „Die Strömung schwillt mit jeder Stunde an und kehrt sich so stark gegen uns wie seit der Trent-Affäre nicht mehr.“ (zitiert in: McPherson, Für die Freiheit sterben, S.545.) General Robert E. Lee stand bei seiner Invasion von Maryland unter enormen außenpolitischen Druck. Der britische Premierminister Lord Palmerston verkündete: Wenn die Konföderation Washington oder Baltimore einnehme, werden Paris und London der Union den Vorschlag unterbreiten, die Sezession des Südens anzuerkennen. Doch Washington konnte militärisch und außenpolitisch aufatmen.


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Lee konnte zurückgeschlagen werden. Palmerston bezog wieder eine neutrale Haltung: „Die ganze Angelegenheit steckt voller Probleme und kann nur durch einige entscheidende Treffen zwischen den kriegführenden Armeen geklärt werden.“ (zitiert in: McPherson, Für die Freiheit sterben, S.546.) Ein Jahr später war die Konföderation erneut in der Offensive. Napoleon III. verhandelte mit britischen Abgeordneten, die CSA anzuerkennen. Doch die britische Regierung lehnte ab. Erstmal solle der Süden den Norden besiegen, so die Bedingungen Londons. Mit den Siegen der Union bei Gettysburg und Vicksburg verschlechterte sich auch die außenpolitische Position der Südstaaten. Ein weiterer Dämpfer für Richmond war der Baustopp der konföderierten Kapperschiffe, die in den Liverpooler Werften illegal gebaut wurden. Jahrelang drückte die britische Regierung beide Augen zu. Im Sommer 1863 kam das Aus. Die Konföderierten wichen nach Frankreich aus. Napoleon III. in Mexiko und das Ende der CSA Napoleon III. stand dem Süden wohlwollend gegenüber. Mehrmals machte er sich für seine Anerkennung stark, wollte jedoch den Schritt nicht ohne Großbritannien wagen. Nach dem Rückzug Lees aus Maryland 1862 schlug der Kaiser der Franzosen ein gemeinsames Vorgehen von Frankreich, Russland und Großbritannien vor: Die Großmächte sollten einen sechsmonatigen Waffenstillstand aushandeln und die Seeblockade des Nordens außer Kraft setzen. Ein solcher Vorschlag würde dem Süden zu Gute kommen. Doch London und St. Petersburg – Russland war dem Norden zugeneigt – lehnten ihn ab.

Abbildung 4: Kaiser Napoleon III., Präsident Benito Juarez, Kaiser Maximilian von Mexiko | Bilder: Wikipedia Napoleon III. handelte nicht allein aus Sympathie für die Südstaaten. Der Kaiser, dessen Regime sich durch außenpolitische Erfolge legitimierte, entdeckte Amerika und die Karibik für seine weltpolitischen Ambitionen. Der Krieg zwischen Nord und Süd war die Gelegenheit für Napoleon III. in Mexiko Fuß zu fassen. Frankreich errichtete einen Satellitenstaat unter der Herrschaft des Habsburgers Ferdinand Maximilian (Juni 1863). Die Konföderierten waren bereit, die Regierung des Habsburgers anzuerkennen – als Gegenleistung für die Anerkennung des Südens. Napoleon III. bekam jedoch kalte Füße. Lincoln unterstützte die legitime mexikanische Regierung von Benito Juarez. Nach der Einnahme von Vicksburg und Port Hudson (1863) mussten die US-Generäle Ulysses Grant und Nathaniel Banks ihren Weitermarsch nach Mobile (Alabama) auf Befehl der Regierung unterbrechen. Lincoln wollte in Texas Präsenz zeigen. Napoleon III. verstand die Botschaft.


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Abbildung 5: CSA-General Robert E. Lee, US-General Ulysses Grant, US-General Nathaniel Banks | Bilder: Wikipedia Anfang 1864 verlor Napoleon III. das Interesse an Mexiko. Einen Krieg mit der Union wollte der Kaiser nicht riskieren. Nun verbot auch Paris, den Bau einer konföderierten Flotte in Frankreich. Ende 1864/ Anfang 1865 erwog Davis das letzte Mittel, die Anerkennung der CSA zu erreichen: Die Sklavenbefreiung. 1863 schrieb bereits Lincoln die Sklavenemanzipation auf die Fahnen der Union. Seitdem kämpften die Soldaten des Nordens nicht nur für ein politisches Ziel (die Wiederherstellung der Union), sondern auch für ein höheres, moralisches: Für die Befreiung der versklavten Schwarzen. In Europa wurde das mit Freuden zur Kenntnis genommen. Richmond glaubte mit diesem radikalen Schritt, die Großmächte für sich zu gewinnen. Innenpolitisches Problem für Davis: die Sklavenfrage unterstand den Einzelstaaten und nicht der Zentralregierung. Im März 1865 wurde der Vorschlag Frankreich und Großbritannien unterbreitet. Doch beide Großmächte lehnten ab. Manson schrieb aus London an Außenminister Benjamin: „So, wie die Dinge jetzt stünden – Verlust unserer Seehäfen, der vergleichsweise ungehinderte Vormarsch Shermans, und so fort -, sehe sie [die britische Regierung] sich in ihren früheren Vorbehalten eher noch bestärkt.“ (zitiert in: McPherson, Für die Freiheit sterben, S.823.) Die Niederlage des Südens war nur eine Frage der Zeit. Am 9. April kapitulierte General Lee in Appomattox. Die Konföderierten Staaten von Amerika waren Geschichte. Fazit Nur der Sieg über den Norden oder eine entscheidende Wende zugunsten der Südstaaten hätte die außenpolitische Anerkennung nach sich gezogen. Der Südstaaten-Diplomat Yancey erkannte das bereits 1861: „Man wird den Süden niemals anerkennen, außer man stellt fest, dass unser bluttriefendes Schwert über den unterworfenen Häuptern des Nordens hängt.“ (zitiert in Pohanka, Der Amerikanische Bürgerkrieg, S. 40.) Obwohl sie industriell, wirtschaftlich und auch bezüglich der Einwohnerzahl dem Norden unterlegen waren, erwehrten sich die Konföderierten über vier Jahre lang einem übermächtigen Gegner. Das lag an der hohen Motivation der Rebellen, die ihre Heimat verteidigten, und an der hohen Kompetenz der Offiziere, deren Mehrzahl die Ausbildung in West Point genossen hatte.


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Die außenpolitische Anerkennung und die Aufhebung der US-Blockade hätte die schwierige Lage der CSA verbessert. Lieferungen (vor allem Waffen und Nahrungsmittel) aus dem Ausland wären dem Süden zu Gute gekommen. Eine Intervention der europäischen Großmächte hätte womöglich dem blutigen Gemetzel ein Ende bereitet. London und Paris würden auf eine Teilung des Landes bestehen, bevor sich der Konflikt unnötig in die Länge gezogen hätte. Die Etablierung einer weiteren Nation hätte das Staatensystem Nordamerikas tiefgreifend verändert – mit weitreichenden Folgen für die Zukunft. Doch das ist eine andere Geschichte. Literatur • Das Standardwerk zur Geschichte des American Civil War: James M. McPherson, Für die Freiheit sterben, Die Geschichte des Amerikanischen Bürgerkrieges, Augsburg 2000. • Guter Überblick: Reinhard Pohanka, Der Amerikanische Bürgerkrieg, Wiesbaden 2009. • Ausführliche Darstellung der Außenpolitik der USA und der CSA: Dean B. Mahin, One War at a Time, International Diplomacy of the American Civil War, Washington 1999. • Informative Essays über die Politik der europäischen Großmächte zu Zeiten des Civil Was: Robert E. May (Hg.), The Union, the Confederacy and the Atlantic Rim, West Lafayett 1995. • Die Frage der Sklaverei in der Außenpolitik: Howard Jones, Abraham Lincoln and a New Birth of Freedom. The Union and the Slavery in the Diplomacy of the Civil War, University of Nebraska 1999.

Über zeitreisen-blog: Einmal im Monat präsentiere ich ein spannendes Kapitel aus der Vergangenheit. Die bisherigen Artikel umfassen Themen wie Polen 1918-1939, Otto von Bismarck und Russland, Die Westpläne Alexander des Großen und die Außenpolitik der CSA 1861-1865. Autor: Lukas Moj (Nobelstr. 46, 95444 Bayreuth) – Historiker & Blogger

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