Young Struggle Magazine Nr.85 - Sep/Nov 2020

Nr. 85 - September/November 2020 - 2,00 Euro

Young Struggle lieben.leben.kämpfen

PERSPEKTIVEN FÜR MIGRANTIFA Migrantifa ist ein neues Kapitel der migrantischen Organisierung in Deutschland, doch sie benötigt revolutionäre Perspektiven um den antirassistischen Klassenkampf zu führen.

STAAT UND NAZIS

CATCALLING

Der rechte Terror hat nicht nachgelassen und die Rolle des Staates in Anschlägen wie wir es bei den NSU-Morden gesehen haben bleibt auch kein Geheimnis mehr.

„Warum helft ihr nicht“?, habe ich die Leute mit meinem Blick angefleht „könnt ihr nicht sehen?“ „Warum sprichst du nicht“? schrie ich mich selbst an...

V.i.S.d.P.: Tamara Bunke, Steinstraße 27, 10119 Berlin

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INHALT REVOLUTIONÄRE PERSPEKTIVEN FÜR DIE MIGRANTIFA ARBEITEN

Mit der Gründung der Migrantifa beginnt ein neues Kapitel der migrantischen Organisierung in Deutschland, doch sie benötigt revolutionäre Perspektiven um den antirassistischen Klassenkampf zu führen.

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STAAT UND NAZIS HAND IN HAND

Schon seit Ende des Zweiten Weltkriegs arbeiten die neoliberale Regierung der BRD und Nazis Hand in Hand. Der rechte Terror hat nicht nachgelassen und die Rolle des Staates in Anschlägen wie wir es bei den NSU-Morden gesehen haben bleibt auch kein Geheimnis mehr.

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RECHTER TERROR UND VERSCHWÄÖRUNGSTHEORIEN

Verschwörungstheorien sind nichts Neues wenn man von Faschisten und ihren Motivationen spricht.

Auch der rechte Terror unserer Zeit bleibt nicht verschont von absurden Verschwörungstheorien, welche frei im Internet verbreitet werden.

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CATCALLING Catcalling“, eine Form patriarchaler Gewalt und Belästigung mit der weiblich-gelesene Menschen tagtäglich zu kämpfen haben.

12 TÜRKISCH SPRECHEN IN DER SCHULE Strafen für das Sprechen einer fremden Muttersprache an deutschen Grundschulen? Das gibt’s!

Mehr erfahrt ihr auf Seite 12,

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UNVERGEBEN, UNVERGESSEN! HANAU WAR KEIN EINZELFALL! Eine unserer Aktivist*innen hat einen Poetry-Slam zu dem Thema Hanau-Massaker geschrieben, welcher auf mehreren Solidaritätsveranstaltungen in der BRD vorgetragen wurde.

Liebe Leser*innen, Regelmäßige Leser*innen werden gemerkt haben dass einige Monate keine Print Ausgabe von Young Struggle erschrienen ist. Leider zwang uns der Lockdown die Artikel ausschließlich auf unserer Webseite www.YoungStruggle.org zu veröffentlichen.

Diese Zeitung Finanziert sich selbst, leider funktioniert dies nicht wenn sich keine verkaufen lassen. Nun da vermehrt Veranstaltungen möglich sind ,werden wir als Redaktion endlich wieder Gedruckte Ausgabe der Young Struggle Zeitrschrift veröffentlichen. Die YS Redaktion ist in ständiger

Entwicklung. Wir haben uns entschieden an dem Konzept der Zeitschrift etwas zu arbeiten. In die Praxis wird dies in naher Zukunft umgesetzt, bleibt gespannt!

2020 Ist ein Jahr wie es die meisten von uns noch nicht erlebt haben. Krisen, Pandemie, Ängste, aber auch Widerstand, Organisation und Chancen!

Der Kapitalismus steckt in einer existenziellen Krise, überall erheben sich Menschen gegen ein System welches uns auf direktem Wege ins Verderben führt,

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UMWELTZERSTÖRUNG IM SCHATTEN VON CORONA

Die faschistische Regierung Brasiliens nutzt die Coronakrise um die Umweltzerstörung im Amazonas voranzutreiben. Mehr und mehr Rodungen finden statt und der Einfluss der Kapitalisten wächst; alles auf Kosten der Umwelt und der indigenen Bevölkerung.

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CORONA UND KRISE

Eine Wirtschaftskrise ist wie der Name schon sagt, eine Krise der Wirtschaft. Aber warum tauchen diese im Kapitalismus immer wieder auf? Und ist eine Pandemie wirklich eine legitime Entschuldigung für das Versagen des Marktes?

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KUNST ALS WARE IM KAPITALISMUS

In unserem heutigen kapitalistischen System wird unser gesamtes Leben durchökonomisiert. Folge ist, dass selbst die Kunst zu einer Ware wird und, dass Künstler*innen sich auf dem Markt behaupten müssen.

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VIELE LEBEN LEBEN

LetztendlichCIAO heißt die Frage: Möchtest du ein LebBELLA

en führen, das es sich noch nicht einmal zum Leben lohntder oder viele Leben, bei denen du dich bei Ein Lied Arbeiter*innenbewegung, welches denjedem Anfang von neuem erfindest und schaffst? internationalen Klassenkampf schon seit Ewigkeiten begleitet; Echo der Stimmen der unterdrückten Arbeiter*innen.

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DER WIDERSTAND GEHT WEITER! FREITHEIT FÜR PALÄSTINA!

Die Besatzung Palästinas durch Israel und den imperialistischen USA geht weiter. Die volle Annektion der Westbank hat begonnen und sogenannte „Friedensverträge“ werden geschlossen.

und auch wird die Repression gegen diesen Widerstand stärker. Wir hoffen euch mit den politischen Texten durch diese aussergewöhnliche Zeit begleiten zu können. Die Situation ist kritischer denn jeh, organisieren wir uns!

Wir wünschen euch viel Spaß beim Lesen und freuen uns über zahlreiche Diskussionen mit euch!

YS-Redaktion

Sag uns deine Meinung!

Auch Kritik, Anregungen und Artikel sind jederzeit erwünscht.

redaktion@young-struggle.org

REVOLUTIONÄRE PERSPEKTIVEN FÜR DIE MIGRANTIFA ARBEIT 3 | ORGANIZE

Die Gründung der Migrantifa ist eine Reflexion der Wut und der Trauer von denjenigen aus der Gesellschaft, die Rassismus und Unterdrückung am stärksten erleben. In einer Zeit, in der Migrant* innen ständigen Kontrollen, Razzien, Drohungen und Polizeigewalt ausgesetzt sind, in einer Zeit, in der faschistische Attentäter als Märtyrer gefeiert werden und das Startsignal für einen Volkskrieg geben, in einer Zeit, in der während einer Pandemie die migrantischen Arbeiter*innen als erste um ihre Arbeitsplätze bangen, ist es Zeit, sich zu organisieren.

Rassismus ist kein Randproblem

Immer wieder wird in den Medien vom „bösen Ausländer“ gesprochen. Diejenigen, die sich einfach nicht integrieren lassen. Diejenigen, die nicht arbeiten wollen, die Deutschland ausbeuten. Diejenigen, die den Deutschen die Arbeitsplätze wegnehmen.

Das „Rassismusproblem“ in Deutschland wird immer wieder damit gerechtfertigt, dass diejenigen, denen Rassismus widerfährt, es auch verdient haben. Wie sieht das alles im Hintergrund aus? Sind diejenigen schuld, die keine Möglichkeiten kriegen, die Sprache zu lernen und von Anfang an ausgegrenzt werden? Sind diejenigen schuld, die ihre Tätigkeiten hier nicht ausführen können, weil sie für nicht qualifiziert gehalten werden und denen stattdessen unterbezahlte Drecksarbeiten aufgehalst werden?

Sind es diejenigen, die Schuld an der Arbeitslosigkeit in Deutschland haben, die von den Kapitalisten mehr ausgebeutet werden als kaum jemand anderes, weil sie als billige Arbeitskräfte aus dem Ausland geholt werden?

Unser Leben lang wird uns Migrant*innen eingetrichtert, wird müssten uns bestmöglich integrieren, um keinen Rassismus zu erfahren. Es ist die Art von Gehirnwäsche, die versucht dich dazu zu bringen, deine eigene Kultur, deine Sprache, dich selbst aufzugeben, um Teil dieser Gesellschaft zu werden. Sie zwingen uns in ein Leben im Korsett, in dem deine einzigen Ziele sind, produktiv für den Kapitalismus zu sein und nicht negativ aufzufallen. Dass du dann aufgrund deiner Haut- oder Haarfarbe Ziel eines rassistischen Angriff wirst erzählt dir niemand.

Dass du an Bahnhöfen und Innenstädten ständigen Kontrollen und Polizeigewalt ausgesetzt wirst, weil du „gefährlich/kriminell“ aussiehst, erzählt dir niemand. Dass du an jenen Orten, die du als „safe space“ betrachtest, bewusst angegriffen wirst, damit du keinen sicheren Ort hast, erzählt dir niemand. Dass du im Fall von Kürzungen als erste*r aus der Firma ORGANIZE | 4

geworfen wirst, weil du trotz gleicher Arbeit als weniger qualifiziert angesehen wirst, erzählt dir niemand. Rassismus ist kein Randproblem. Das Problem sind nicht die Jugendlichen in den Ghettos am Rande der Stadt oder die Arbeiter*innen, die trotz Arbeitslosigkeit aus dem Ausland‚ hergebracht werden. Das Problem sind diejenigen, die durch Gentrifizierung die Menschen an den Rand und weiter drängen und denen die deutsche Arbeiter*innenklasse egal ist: unabhängig davon, wie sehr sie öffentlich scheinheilig für das Volk trauern.

sung tausender Arbeiter*innen oder deren Abstufung auf Kurzarbeit wird mit dem Versuch gerechtfertigt, die deutsche und internationale Wirtschaft zu retten. Dass die Monopole dabei Millionen von Dollar in die Tasche stecken, darüber spricht niemand.

Rassismus und das Feindbild „Migrant*in“ ist für den Staat die perfekte Lösung, um von dem Bröckeln der Fassade des Kapitalismus abzulenken und die Leute ruhig zu halten. Durch Rassismus wird verhindert, dass die Menschen gegen das System aufstehen und gegen ihre Ausbeutung protestieren. Rassismus ist hilfreich für das System, damit die Menschen Rassismus ist ein strukturelles Problem nicht sehen, dass Entwicklungen wie Krieg, (Arbeits) Die Krise des Kapitalismus und die Hoffnungslosig- migration oder Gentrifizierung nur den Kapitalisten keit, die sich dadurch in den Massen der Menschen nutzt. ausbreitet, ist der perfekte Nährboden für rechte Hetze. Während jegliche Form von migrantischer oder Antikapitalistische Migrantifa ist ein Muss! antifaschistischer Selbstorganisierung kriminalisiert Wenn wir zu der Migrantifa zurückkommen, die wird und aufs Härteste Repressionen erfährt, kommt sich gegen genau diese Art von Unterdrückung und es dem Staat gerade recht, dass in einer Zeit der Angriffen auflehnt, liegt es eigentlich auf der Hand, Krise der Einfluss faschistischer Gedanken und dass dieser antifaschistischer Kampf auch antikaIdeologien verbreitet wird. Dabei können rech- pitalistisch sein muss. Wenn Faschismus einer der te Mordlisten, Morde an bürgerlichen Politikern, Stützpfeiler des kapitalistischen Systems sind, dann rassistische Attentate und sogar rechte Netzwerke in gibt es keine Befreiung davon innerhalb des Systems staatlichen Strukturen wie Polizei oder Bundeswehr - das bedeutet, es kann keinen systemkonformen schon mal in Vergessenheit geraten. Der deutsche Antifaschismus geben. Die bürgerlichen Parteien sind es, die die strukturelle Reproduktion von Rassismus mittragen.

Sie sind die letzten, die unsere Begleiter*innen in unserem Kampf sein werden. Das Diplomatisieren von Migrantifa und der Versuch, uns mit irgendwelchen Reformen ruhigzustellen, sind offene Angriffe auf die migrantische Selbstorganisierung, und genau als solche müssen wir diese sehen. Diese Reformen schützen nicht uns, sie schützen das Kapital, und das wird immer so sein. Wir werden uns nicht ruhigstellen lassen! Wir müsStaat ist und bleibt auf dem rechten Auge blind. sen die Wut, die wir bei jedem Mord an jemanden Das ist aber kein Zufall, denn der Staat ist es in erster aus unseren Reihen spüren, in eine dynamische Kraft Linie, der Rassismus strukturell fördert und repro- verwandeln. Jede Kontrolle, jeder Mord, jede Ausduziert. Während des offenen Rechtsrucks, mit dem beutung, jede Unterdrückung ist uns allen gewidParteien wie die AfD und ihre rassistischen und frau- met. Ein Angriff auf eine*n von uns, ist ein Angriff auf en*feindlichen Werte normalisiert werden, sehen wir uns alle, ist ein Angriff auf eine gleichberechtigte Gegleichzeitig ein „nach rechts rücken“ bürgerlicher sellschaft. Lasst uns die Heuchelei des Staates offenParteien wie der CDU oder FDP. Gerade die Pande- legen, lasst uns nicht aufgeben, bis wir alle in Gleichmie bewies sich als nützlicher Nährboden, um die berechtigung und Würde leben. Lasst uns dieses Grundrechte und politischen Freiheiten, vor allem System, dass uns so viele Kriege, so viel Leid, so viel von Migrant*innen, einzuschränken. Racial Profiling Ausbeutung gebracht und ein menschenwürdiges und sonstige Arten von Polizeigewalt werden mit Leben verhindert hat, zerschlagen! Staat und Nazis Sicherheitsmaßnahmen gerechtfertigt. Die Entlas- Hand in Hand – Unsere Antwort: Widerstand!

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75 Jahre nach dem Sieg über den Nazi-Faschismus, 46 Jahre nach einem versuchten Bombenanschlag in Wiesbaden, 40 Jahre nach dem Oktoberfestattentat, 27 Jahre nachdem Brandanschlag in Solingen, 20 Jahre nach dem ersten Attentat des NSU, 13 Jahre nachdem letzten Attentat des NSU, 4 Jahre nach den rassistischen Angriffen in München und nun 6 Monate nach den Attentaten in Hanau. Die Liste Rechtsextremistischer angriffe, ist lang und natürlich nicht komplett. Was man allerdings sehen kann ist, dass ungefähr seit den 1980ern die Zahl faschistischer Morde in Deutschland stark am Steigen ist und seit dem NSU ein neues Hoch faschistischer Morde erreicht wurde. Allein in den letzten vier Jahren gab es mehrere Tausend Anschläge und Verbrechen, die rechtsextreme Motive hatten. Darunter fielen Hundert Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte. Seit 2011 wird dabei auch immer mehr die Rolle des Staates bekannt. Frühestens beim NSU hat der Staat mitgewirkt, ausgebildet, unterstützt und von der Gruppe gewusst. Im Umfeld des NSU befanden sich mehrere V-Personen, die Informationen an den Verfassungsschutz weitergetragen haben. Auch bei der Polizei, dem Verfassungsschutz und der Bundeswehr gibt es seit einigen Jahren neue Skandale und Enthüllungen über rechtsextremistische Strukturen im Staat. Tatsächlich hat es eine lange Tradition, dass Nazis in staatlichen Strukturen mitarbeiten oder sie

sogar komplett wieder aufgebaut haben. Von 40 Bereichen, in denen die Polizei 1954 organisiert war, belegten 25 davon Personen mit SS-Dienstgrad, 6 waren Teil von Einsatzgruppen oder Einsatzkommandos in Polen oder der Sowjetunion, 5 waren bei der Gestapo und 8 waren bei der Ausbildung an der Führerschule der Sicherheitspolizei. Gleiches gilt auch für die Bundeswehr und den Verfassungsschutz. Da vor allem das Kommando Spezialkräfte (KSK) in den letzten Monaten stark in der Öffentlichkeit stand, werde ich mich in erster Linie mit ihnen auseinandersetzen. Gegründet wurde es 1996 und haben mit Unterstützungstruppen und Stab eine Stärke von rund 1400 Soldaten. Ein Teil der Ausbildung des KSK findet in anderen Ländern statt, weil die Herausforderungen, die an die Soldaten gestellt werden, nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sind.

Als Vorbilder dienen den Soldaten des KSK maßgeblich eine Spezialeinheit der Wehrmacht, die schwere Kriegsverbrechen, vor allem auf dem Balkan, begangen haben. Als 2007 der KSK Oberstleutnant Daniel K. an einen gemäßigten Oberstleutnant der Bundeswehr einen Brief schickte, in dem er schrieb, dass der kritische Soldat in „die Sümpfe des Steinzeitmarxismus“ zurückgeworfen werden muss, reagierte die Führungsebene gar nicht, was ein klares „weiter so“ an die faschistischen Kräfte innerhalb des KSK war.

2017 wurde dann ein weiterer Skandal um den KSK AKTUELLES | 6

bekannt. Im April 2017 feierte die 2 Kompanie den Abschied ihres Chefs. Dieser musste einen Parcours absolvieren und Schweineköpfe werfen. Später wurden Lieder einer rechtsextremen Band angemacht.

Einige Soldaten, sowie der Kompaniechef zeigten den Hitlergruß. Bei internen Ermittlungen deckten alle anwesenden Soldaten ihren Kompaniechef und behaupteten keinen Hitlergruß gesehen zuhaben.

Nachdem die Staatsanwaltschaft aber Ermittlungen aufgenommen hat, kam heraus, dass bei der Abschiedsfeier wirklich Hitlergrüße gezeigt wurden.

Dies führte nach 2 Jahren zu einer Geldstrafe von 4000 €, bis heute sind die Soldaten noch nicht aus der Bundeswehr ausgeschlossen und im Moment sieht es auch nicht danach aus, als würde dies jemals geschehen.

Wer nach dem Dienst bei dem KSK sein Wissen nutzen möchte, für den ist der Verein Uniter genau das richtige. Uniter wurde 2012 zum ersten Mal von André S. („Hannibal“) und 9 weiteren Personen, die dem KSK angehörten gegründet. Zu Beginn sollte es ein Verein bestehend aus Menschen aus der Bundeswehr, der Polizei und den Nachrichtendiensten sein, heute hat sich der Verein aber auch geöffnet für Menschen aus Rüstungsunternehmen, dem privaten Sicherheitsbereich und für Ärzte, Anwälte, Handwerker*innen und Menschen aus dem Sportbereich. Er umfasst mittlerweile rund 2000 Menschen. Uniter ist vor allem im deutschsprachigen Raum organisiert.

Es soll aber Mitglieder in 54 Ländern geben. Die „Taz“ hat seit 2018 mehrmals über Uniter, André S. und das sogenannte Kreuz-Netzwerk berichtet. Begonnen hat es 2017 mit einer Prepper-Gruppe in Mecklenburg-Vorpommern, wo bei mehreren Hausdurchsuchungen Listen mit ca. 5000 Namen, Adressen und persönlichen Daten von Politiker*innen und linken Aktivist*innen gefunden wurden. Hunderte von ihnen hatte die Prepper-Gruppe vor umzubringen, wenn es zu einem Bürgerkrieg kommen würde. Organisiert haben sich die „Prepper“ in zwei Telegram Gruppen, mit den Namen „Nordkreuz“ und „Nord COM“. Administriert wurden sie von einem gewissen „Hannibal”. Die gleichen Gruppen gab es auch im Osten, Westen, Süden in der Schweiz und in Österreich, die gleiche Aufteilung, wie auch Uniter sie hat. Auch Franco A., der Bundeswehrsoldat der 2017 versucht hat ein Terroranschlag unter falscher Flagge durchzuführen, um den Hass gegen Migrant*innen weiter zu schüren, war Teil der Südkreuz-Gruppe. Anfang 2017 trafen sich einige, aus der Nordkreuz Gruppe, um zu diskutieren, wie man am besten mit den politischen Gegnern umgeht, wenn der entscheidende Moment gekommen ist. Gekommen waren Horst S. (Major und bis März 2017 Vizelandeschef des Re7 | AKTUELLES

servistenverbands von Mecklenburg-Vorpommern), Marco G. (Früher Teil einer besonders exklusiven Bundeswehr Einheit, später Teil des SEK und heute Teil der AfD) und eine weitere unbekannte Person.

Der Kompaniechef der Reservisten solle Lastwagen der Bundeswehr beschaffen, um die Menschen dann in Lagerhallen zu bringen, wo sie schließlich umgebracht werden könnten. Auch das Wort „Endlösung“ soll gefallen sein. Anwesend war außerdem der Kriminalkommissar Haik J., der 2018 zum stellvertretenden Vorsitzenden des AfD internen Arbeitskreises für „innere Sicherheit“ gewählt wurde, obwohl gegen ihn ein Terrorverfahren läuft. Die Gruppe Nordkreuz hatte bis dahin schon mehrere Depots angelegt mit Nahrung, Treibstoff und Munition. Zudem musste man 600€ in eine gemeinsame Kasse überweisen, um alles zu finanzieren.

Als der Plan von Franco A. 2017 auffliegt, gerät auch André S. Immer mehr unter Druck, denn „Hannibal“ ist in der realen Welt Soldat beim KSK und dazu noch Informant für den Militärischen-Abschirmdienst (MAD), der die Bundeswehr vor extremistischen Entwicklungen schützen und aufklären soll. Am Tag an dem ein Soldat des MAD zur Befragung von André S. kommt, informiert er ihn über bevorstehende Razzien, Befragungen und Hausdurchsuchungen bei Mitgliedern des Kreuz-Netzwerks. Als am nächsten Tag eine Durchsuchung in der Kaserne stattfindet, findet man keine belastenden Materialien bei André S. Später gibt er vor seinen Kameraden an, einen Laptop und mehrere Karten beiseite geschafft zu haben. Dies ist im Nachhinein die Grundlage für ein Verfahren gegen den MAD Soldaten. Eine weitere Auffälligkeit ist, dass André S. Nach einer Anfrage der „Taz“ damit droht, den MAD einzuschalten, wenn man ihn nicht in Ruhe ließe. Klare Zeichen, wie die Bundeswehr und der MAD zum Thema stehen. Bei der Befragung André S., wird er auch nach den „Safe Houses“ gefragt, die das Kreuz-Netzwerk überall in Deutschland angelegt haben soll. Auf die Frage, wo sich diese befinden antwortet er mit „Überall.“ Auch die Kaserne des KSK stand als „Safe House“ zur Debatte, sollte man es erfolgreich „übernehmen“ können. Nun kommen wir noch mal kurz zur Abschiedsfeier des Kompaniechefs zurück, denn auf die Anfrage der „Taz“, ob sich André S. Auch bei der Abschiedsfeier befand und gar den Hitlergruß gezeigt hat, antwortete der MAD, dass man sich dazu nicht äußern werde. Hannibal ist für den MAD eine sehr wertvolle Quelle, es dringt wenig über das KSK an die Öffentlichkeit, deswegen wäre es unvorteilhaft die eigene Quelle zu riskieren. Fertig sind wir mit André S. Aber noch nicht, denn wie schon vorher erwähnt hat dieser den Verein Uniter 2012 mit-

gegründet. 2016 Uniter „neu“ gegründet zusammen von André S. und Ringo M., der von 2015 bis 2019 Mitarbeiter des Landesamtes für Verfassungsschutz in Baden-Württemberg war und wahrscheinlich in deren Auftrag gehandelt hat. 2017 wird Uniter Mitglied in der Lazarus-Union, einer Organisation aus Österreich, die mit diversen Ritterorden zusammenhängen, welche neue Mitglieder mit Schwertern segnen. Aussteiger berichten, dass Anwärter in Freimaurer-Tempeln Rituale im Fackelscheinabsolvieren müssen. Wenn sie dann bestanden haben können sie an den zahlreichen Schulungen und Seminaren teilnehmen, die Uniter anbietet. Unterstützt werden sie dabei Beispielsweise durch Rüstungsunternehmen, wie OPCON oder Diehl Defence. Mittlerweile hat sich Uniter eine eigene Medical Response Unit (MRU) und eine Defense Unit aufgebaut. Also ganz klar paramilitärische Strukturen, die aus ehemaligen Mitgliedern aus verschiedenen Spezialeinheiten bestehen. Und diese Teams kommen auch schon zum Einsatz. Zum Beispiel berieten Mitglieder von Uniter die Nationalpolizei des faschistischen Diktators Duterte auf den Philippinen. Eine weitere interessante Ergänzung ist, dass Uniter als eine Art Dachstruktur für das Kreuz-Netzwerk dient. Zwar sind auch Menschen Teil vom Kreuz-Netzwerk, die nicht bei Uniter sind, allerdings spricht dafür, dass Menschen, die Teil dieser Strukturen waren nicht zwischen ihnen unterscheiden, wenn sie von ihnen erzählen. Für sie sind beide das Gleiche.

Wenn man sich anschaut, welche Konsequenzen nach der Offenlegung und den Hausdurchsuchung verhängt wurden, sollte man nicht enttäuscht und schon gar nicht überrascht sein. In mehreren Fällen, wo es eigentlich um Bildung terroristischer Organisationen, das Sammeln von Waffen, Munition und Sprengstoff, Schreiben von Todeslisten, Vorbereiten auf einen Bürgerkrieg und das Schaffen von paramilitärischen Strukturen ging, kam es oft zu keiner Strafe. Zweimal musste Bußgeld gezahlt werden, eine(!)

Person aus dem Kreuz-Netzwerk sitzt in Untersuchungshaft, drei Freisprüche, noch vier laufende verfahren und eine Versetzung. Und das, obwohl es eine 2000 Personen starke Organisation für Ex-Mitglieder von Spezialeinheiten, Soldaten und Geheimdienstlern gibt. Und diese von einem KSK-Soldaten, der ein MAD-Spitzel war, und einem Mitglied des Landes Verfassungsschutzes aufgebaut wurde, die paramilitärische Strukturen aufbauen, sowie sich International gut mit faschistischen Diktatoren verstehen. Zudem noch eine weitere 200 Personen starke Struktur kommt, die Waffen, Munition, Sprengstoff, Nahrung, Treibstoff, Ätzkalk und Leichensäcke sammeln, sowie „sichere Häuser“ schaffen und Anschläge auf linke

Politiker*innen vorbereiten. Beide Strukturen hängen natürlich zusammen und werden von den gleichen Leuten angeführt. Solche Strukturen wurden ganz bewusst geschaffen und sie werden auch ganz bewusst toleriert, damit es jemanden gibt, der sofort in Aktion treten kann und die Arbeit machen kann, für die sich andere zu sauber sind. Es braucht einfach Leute, welche die Drecksarbeit machen. Dies ist nur ein kleiner Teil der Verstrickung zwischen staatlichen Institutionen und faschistischen Kräften. Es gibt noch viel mehr faschistische Strukturen in der Polizei, dem Verfassungsschutz und der Bundeswehr. Es gibt den NSU 2.0, wo dutzende Polizisten rechte Terrorzellen bilden. Es gibt die etlichen Fällen von rechtsradikalen in der Bundeswehr, welche die Nazis verehren und Nazi-Rituale durchführen, oder wo hunderttausende Schussmunition, mehrere Kilogramm Sprengstoff und Gewehre aus den beständen der Bundeswehr (und dem KSK) verschwinden. Es gibt die Blood & Honour und Combat18 Strukturen, die jahrelang legal waren bzw. immer noch sind und die Infrastruktur für die Anschläge des NSU oder des Attentäters von Walter Lücke bereitstellen. Es gibt die neue Form, des faschistischen Terrors, wie beim Attentäter von Hanau. Es gibt die größte faschistische Partei in allen Parlamenten, seit 75 Jahren. Es gibt die „neuen“ faschistischen Organisationen, wie die Identitäre Bewegung. Und natürlich sind alle diese Gruppen miteinander verflochten und verstrickt. Dazwischen gibt es natürlich zahlreiche V-Menschen, die die Faschisten unterstützen, decken, ausbilden und finanzieren. Der Staat ist nicht „auf dem rechten Augen blind“. Er sieht alles und es gefällt ihm, was er sieht, denn vor allem in der Zeit, in welcher der Kapitalismus sich in einer existenziellen Krise befindet, muss sich der Staat die Option des Faschismus, als reaktionärste Form der Herrschaft offenhalten, wenn er jeden Vorteil gegen die kommende kommunistische Revolution haben möchte.

Felix, Wiesbaden AKTUELLES | 6

RECHTER TERROR UND VERSCHWÖRUNGSTHEORIEN Halle, Kassel, Hanau - im vergangenen Jahr haben wir einen krassen Anstieg des faschistischen Terrors in Deutschland erlebt. Der Attentäter auf den Kasseler Politiker Walther Lübcke war ein stramm organisierter Nazi, aber bei den Attentätern von Halle und Hanau haben wir etwas anderes sehen müssen: sie kamen anscheinend „wie aus dem Nichts“. Der Attentäter von Hanau war ein unauffälliger Bankangestellter, der – so weit wir das bis jetzt wissen – nie mit irgendwelchen Nazis zusammen wirklich organisiert gewesen ist. Und trotzdem hat er in sich einen so unmenschlichen Hass entwickelt, dass er 9 Menschen umgebracht hat, weil sie in Shisha-Bars gechillt haben. Und trotzdem hat er nicht nur diesen Hass entwickelt, sondern auch die kranke Idee, dass er ihn mit diesen Morden befriedigen könnte. Und der Attentäter von Hanau war nicht alleine: auch der Täter von Halle oder international auch Christchurch, El Paso.. faschistische Massaker sind eine reale Bedrohung und die Taten haben viele Ähnlichkeiten.

8chan – von Trump-Memes zu Massaker-Livestreams

All die Attentäter, die vorhin genannt wurden, haben Internetforen wie 4chan und 8chan genutzt.

4Chan ist ein Internetforum, dessen Besonderheit darin liegt, dass es extrem schnell und kurzlebig ist und extrem wenig moderiert ist. 8Chan wiederum ist die noch radikalere Version, die einige Zeit später gegründet wurde von Menschen, die sogar 4chan für zu moderiert hielten, wenn die allerextremsten 9 | AKTUELLES

Hassnachrichten und Beleidigungen vielleicht einmal gelöscht wurden. In dem 4chan-thread /pol/, was für „politically incorrect“ steht, tummeln sich Frauenfeinde, Rassisten, usw. Kaum zensiert gibt es dort Chats wie „If you could reorganize the world, what would you do?“ - „Gas the kikes, race war now“ – „first post tits post“ („Wenn du die Welt neu organisieren könntest, was würdest du tun?“ - „Die Scheißjuden vergasen, Rassenkrieg jetzt“ – „erstmal Tittenposts posten“).

Solche Gespräche klingen genauso widerlich wie dumm und realitätsfern, aber leider sind sie schon lange Teil unserer Realität: nicht nur in Worten, sondern auch in Taten. Während der Wahl in den USA haben User von 4chan gemeinsame trolls und andere Internetaktionen organisiert, um den Wahlkampf von Trump im Internet zu stärken. Die Attentate der letzten Zeit haben jedoch gezeigt: es bleibt nicht mal nur noch bei Aktionen im Internet. Faschistische Mörder werden in diesen Foren immer wieder gefeiert und als Helden bejubelt: es geht so weit, dass der Attentäter von Halle sogar einen Livestream seines versuchten Anschlags auf die Synagoge von Halle machte.

Ein Boden, in dem der Samen wächst

Zunächst müssen wir uns einer Sache klar werden: der Samen der faschistischen Bewegung, der momentan so fleißig gegossen zu werden scheint, wächst auf einem fruchtbaren Boden. Dieser Boden

ist die heutige Gesellschaft und besonders der Staat, in dem die Faschisten tief verwurzelt sind. Er ist die Blindheit des Verfassungsschutzes auf dem rechten Auge, die rassistische Polizei, er ist der Rassismus gegen Geflüchtete, der seit Jahren geschürt wird, er ist das „das Boot ist zu voll“ und das „der Islam gehört nicht zu Deutschland“. Die Faschisten wissen heute, dass sie mindestens in einem Teil ihrer Ideen Unterstützung von einem großen Teil der Bevölkerung bekommen, der im Kern genauso rassistisch ist wie sie – und dass sie vom Staat immer wieder kaum Repressionen zu erleben haben, dass der Staat oft genug sogar auf merkwürdige Weise in die Fälle verwickelt war (denken wir an den NSU).

wie viel Nazi-Organisierung passiert im Internet?

Der IS rekrutiert gezielt Attentäter über das Internet.

Durch Propagandavideos, durch Aktivität in Foren, etc., hat er sich riesige Massen an Kämpfern herangezogen und besonders auch eine Menge an eigentlichen „Einzeltätern“, die seinen Aufrufen gefolgt sind und auf eigene Faust Attentate im Namen des Islamischen Staats verüben. Auch heute haben wir es, oberflächlich gesehen, immer wieder mit „Einzeltätern“ zu tun. Zum einen sind sie aber ein Ergebnis der gesellschaftlichen Situation, in der faschistische, rassistische und sexistische Gedanken immer weiter normal werden – zum anderen gibt es ganz viele Möglichkeiten der Organisierung, bei denen am Ende „Einzeltäter“ herauskommen: es gibt viele verdeckte faschistische Netzwerke und die Aktivitäten auf 4chan sind nur ein Beispiel einer Nazi-Bubble, bei der wir gar nicht einschätzen können, ob und was für Organisierung dahinter steckt. Das Beispiel der IS-Organisierung zeigt uns, wie effektiv Faschisten dieses Mittel nutzen können und wir sollten nicht einfach davon ausgehen, dass all der hate auf diesen Plattformen aus dem Nichts kommen würde.

verfallen, dass der rechte Terror der letzten Monate eine reine Ansammlung zusammenhangloser unglücklicher Zufälle wäre. Das Gemisch aus krasser Präsenz von Faschisten, Rassisten und Sexisten in allen möglichen Teilen des Internets, von rechts angehauchten Memeseiten bis zum Feiern auf 8chan von faschistischen Mördern als Märtyrer ist extrem explosiv.

Den Faschos nicht das Feld überlassen

Dass Faschisten das Internet schon breit zur Organisierung auf allen Ebenen nutzen – von digitalen Stammtischkämpfern bis zu Mördern – dürften wir jetzt alle verstanden haben. Dass das gefährlich ist, liegt auf der Hand. Aber warum sollten wir ihnen das Feld überlassen? Natürlich sollten wir nicht die ekelhaftesten threads auf 4chan einfach mit „linken“ Beleidigungen füllen. Aber zum Beispiel die Menschen, die Antworten auf ihre Zweifel am System in Youtube-Videos finden, könnten wir erreichen.

Wenn die Faschos es schaffen, durch rechte Memeseiten ihre Leute zu organisieren und durch gezielte Kommentaraktionen wichtige Diskussionen in den sozialen netzen zu bestimmen – warum sollten wir das nicht?

Wir brauchen niedrigschwellige linke und revolutionäre Agitation in sozialen Medien. In der Corona-Zeit ist dieser Fakt, der „eigentlich“ schon allen klar war und einfach nur leicht verdrängt werden konnte, solange wir noch jeden Tag ohne Probleme auf die Straßen konnten, uns allen hart ins Gesicht geschlagen worden.

Selbstschutz organisieren

Wir müssen noch extrem viel recherchieren und aufdecken darüber, wie sich die Faschisten heute im Internet – und auch allgemein – organisieren. Das ist nicht nur wichtig, sondern lebensnotwendig. Wir müssen wissen, wer uns bedroht und wie. Genauso lebensnotwendig ist es schon jetzt, von heute an, Faschismus hat sich gewandelt Wir müssen klar sehen, dass der Faschismus sich ge- antifaschistischen und besonders auch migrantiwandelt hat. Es geht heute nicht mehr in erster Linie schen Selbstschutz zu organisieren. Das bedeutet, um Skinheads in Springerstiefeln, die migrantische unsere Genoss*innen wie unsere Nachbarschaften Viertel unsicher machen – auch wenn diese Art der wehrhaft zu machen und Faschos klar zu machen, Nazis sicherlich nicht völlig verschwunden ist. Wenn dass sie Mut brauchen, um sich in unsere Viertel hiwir faschistische Bewegungen betrachten, dann ha- neinzutrauen. In die aktive Verteidigung zu gehen: ben sie drei Teile, die miteinander verbunden sind die Straßen, die Läden und auch die sozialen Medien und mal mehr, mal weniger ausgeprägt sind: zum gehören uns. einen gibt es einen parlamentarischen Teil so wie die AfD heute. Zum anderen Bewegungen auf der Hava, Duisburg Straße, wie die Faschisten unter den Corona-Rebellen oder Pegida. Letztlich gibt es einen paramilitärischen Arm – und da sollten wir nicht in den Glauben AKTUELLES | 10

Parima, Berlin 11 | FLINT

Wenn ich die Straße langlaufe und mir eine Gruppe Männer entgegenkommt, fürchte ich mich nicht nur vor ihren Händen oder ihren Körpern, mit denen sie sich mir in den Weg stellen könnten; nein, ich fürchte mich auch vor Ihren Stimmen, ich fürchte mich sogar vor ihren Augen.

Ich fürchte mich vor ihren Augen, mit denen sie mir folgen und die mir in den Rücken stechen, während ich meinen Rock richte, ich fürchte mich vor ihren Stimmen, mit denen sie mich stimmlos machen. Noch mehr als ich mich vor irgendeinem Teil ihres Körpers fürchte, fürchte ich mich vor der Stille danach, vor den unbeteiligten Blicken der Leute, vor dem schnellen Laufen, vor dem Umblicken an der Ecke zur nächsten Straße, ja ich fürchte mich vor der Untätigkeit.

Warum helft ihr nicht, habe ich die Leute mit meinem Blick angefleht, könnt ihr nicht sehen?

Warum sprichst du nicht schrie ich mich selbst an, konntest du denn nicht reden?

Es gibt ein Wort für diese Gewalt, die so allgegenwärtig in unseren Alltag eingreift, es heißt „Catcalling“ und ist eine Form von patriarchaler Gewalt und Belästigung. Es handelt sich um eine so alltägliche Form patriarchaler Gewalt und trotzdem müssen wir dafür kämpfen diese Art der Schikane und Belästigung, als klare Gewalt an weiblich gelesene Personen, überhaupt in das Blickfeld der Gesellschaft zu rücken.

Um genau dieses Ziel zu erreichen fingen Aktivist*innen auf Instagram und Facebook vor einigen Jahren an auf unterschiedlichen Seiten wie @catcallsofnyc und @catcallsofberlin Geschichten von FLINT*-Menschen zu sammeln und zu veröffentlichen. Sie gingen raus in ihre Städte und schrieben mit Kreide die widerwärtigen Kommentare auf dieselben Straßen in denen ihre Schwestern* und Freund*innen sie ertragen mussten.

Bilder von diesen Aktionen laden sie dann hoch, um sie weiterzuverbreiten.Heute gibt es grade in Deutschland für fast alle Städte eine solche Seite, dass zeigt wie allgegenwärtig dieser Kampf der FLINT*-Community ist und dass wir nicht mehr warten können darüber zu reden und unsere Geschichten zu erzählen. Und doch stellt sich mir die Frage wie es sein kann, dass wir diese Sachen in die Öffentlichkeit rücken müssen, wenn sie doch in der Öffentlichkeit passieren. Die Aktion zeigt, dass das Reden über ein Thema nur der erste Schritt ist die Untätigkeit zu durchbrechen.

Wir müssen lernen wie wir diese Situationen aufhalten und entschärfen können, während sie passieren. Wir müssen außerdem fragen, wie wir uns selbst und unsere Freund*innen gegen diese patriarchalen Angriffe verteidigen können und, wie wir es langfristig schaffen diesen Situationen gemeinsam vorzubeugen, damit keine unserer Freund*innen mehr auf dem Heimweg zittern muss.

Türkisch Sprechen in der Schule Anfang Juli sprach eine neunjährige Schülerin auf dem Schulhof einer Baden-Württembergischen Grundschule türkisch mit ihrer Mitschülerin. Das führte dazu, dass sie eine Strafarbeit schreiben musste, da an der Schule anscheinend eine „Deutschpflicht“ herrscht. Mit einer Arbeit mit dem Titel „Warum wir in der Schule Deutsch sprechen!“ musste das Kind die Strafe büßen.

Die Schulaufsichtsbehörde des Regierungspräsidum Freiburg meint, dass diese Regelung notwendig sei, um den Bildungs- und Erziehungsauftrag umsetzen zu können. Angeblich soll diese Regel mit den Schüler*innen diskutiert und den Eltern vorgestellt und erklärt werden.

Chatprotokolle, Briefwechsel und ein Regelwerk der Schülerin weisen jedoch das Gegenteil auf. Die Schule betreibt eindeutig diskriminierendes und rassistisches Verhalten. Eine Stellungnahme der Schule gab es jedoch noch nicht; das Schulamt weist die Vorwürfe zurück.

Dies erinnert stark an rechte Propagandabilder wie das der „Integrationsverweigerung“. Ein Widerspruch ist auch im Handeln der Politik zu sehen, denn als die AfD 2017 in Baden-Württemberg gefordert hatte, die deutsche Sprache auf Schulhöfen verpflichtend zu machen, wies die Landesregierung dies zurück.

Rassismus ist institutionell, was anhand dieses Falls erneut zu sehen ist. Rassistische Regelungen an Schulen werden von Behörden entschuldigt und migrantische Menschen diskriminiert.

Noah, Berlin Schule/Uni | 12

UNVERGESSEN, UNVERGEBEN HANAU WAR KEIN EINZELFALL! 13 |

FLINT

Am Nachmittag danach: Das Lied der Frau reißt Risse in die Wände.

Ihre Stimme, die bricht, ist wie eine Klinge, die sticht, in ihren verheulten Augen spiegelt sich das einfallende Licht und verwischt ihren Blick.

Am Abend: Shisha rauchen, chillen, Ferhat, 23, frisch die Ausbildung beendet, voll mit jugendlichem Willen, nicht bereit, nicht bereit, zu erstillen.

Metin schaut aus dem Fenster und wundert sich.

Wundert sich, fragt sich, aber denkt sich doch nichts?!

In der Nacht: Die Halle ist groß.

Wasser zu trinken; das haben sie.

Neun Familien, zusammengepfercht in einer Polizeistation Neun Familie, wartend, bangend, ohne Information Die ganze Nacht im Neonlicht sitzen sie da, warten, und fragen sich: wo wohl ihre Kinder gerade sein mögen?

Ob durch ihre Lungen wohl noch Atem rinnt?

Wie viel die schwarzen Kugeln in den roten Körpern wögen… ob ihnen irgendwer ein letztes Lied noch singt?

Am Abend danach: es sind Tausende Menschen auf dem Platz versammelt und trotzdem zieht sich jedes Geräusch in Wellen durch die Luft. Überall bloß das Knistern der Kerzen und ihr leichter Duft bis sie auf die Bühne treten und die Stille brechen: Männer, die den NSU zwischen ihren Fingern versteckten sprechen vor den Kameras von

Mitleid und Trauer Männer, neben denen Flüchtende ersaufen und die Faschisten verdecken sprechen von einem verrückten Einzeltäter.

In meinen Kopf kommt die Szene vom Nachmittag: Das Lied der Frau, das Risse in die Wände reißt.

Ihre Stimme, die bricht, wie eine Klinge, die sticht, in ihren verheulten Augen spiegelt sich das einfallende Licht und verwischt ihren Blick. … in meinem Kopf dieser Moment, auf meinem Gesicht Tränen der Wut. … der Mund voll von Sprachlosigkeit, die Faust geballt, das Blut pumpend, das Herz blutend…

In meinem Auge das von Trauer zerfressene Gesicht des Genossen, in seinen Händen das Bild seines ermordeten Sohns, in meinen Ohren der tränenspaltende Gesang der alten Frau, und vor meinen Augen, im Scheinwerferlicht, in schwarzem Anzug auf weißer Haut, mit einer kalt brennenden Kerze in der Hand, ein ekelhaft schamlos krokodilstränig heuchelnder Minister.

Die Tage danach: Stuttgart. Schüsse auf eine Shisha-Bar. Döbeln. Brandanschläge auf eine Shisha-Bar und einen Dönerimbiss.

Hamburg. Drohbriefe an Geschäfte von People of Colour.

NRW. Bombendrohungen gegen Moscheen.

Und Hanau, Hanau, Hanau… es dreht sich in meinem Kopf…

WWW.YOUNG-STRUGGLE.ORG

Das Lied der Frau, das Risse in die Wände reißt.

Ihre Stimme, die bricht, wie eine Klinge, die sticht, in ihren verheulten Augen spiegelt sich das einfallende Licht und verwischt ihren Blick. „Wenn wir nach Hause zurückkehren würden, würden wir Broschüre mit eigenen wenigstens auf unserem Boden sterben“, sagt mir Deniz Texten „Sorry, meine Eltern lassen mich für die seit Hanau abends nicht mehr Notwendigkeit raus“, sagt mir Dicle

einer „Mein Sohn soll nicht umsonst revolutionären gestorben sein… der Rassismus migrantischen mig soll keine weitere Familie Selbstzerstören…“, sagt Ferhats Mutter Serpil organisierung

Hanau, Hanau, Hanau… es dreht sich in meinem Kopf… und es war kein Einzelfall.

Und in meinem Kopf bleibt Metins Gesicht die Stimme der alten Frau das Bild von Ferhat und der Wunsch nach Gerechtigkeit, der auf seiner Flucht nach vorn nach außen schießt, jede meiner Poren verstopft und meinen Körper ohne Atem rennen lässt.

YALLAH YALLAH,

MIGRANTIFA IN DIE OFFENSIVE!

say their names:

Ferhat Ünvar Gökhan Gültekin Hamza Kurtović Fatih Saraçoğlu Kaloyan Velkov Mercedes Kierpacz Said Hashemi Sedat Gürbüz Vili Viorel Păun

Das Lied der Frau, das Risse in die Wände reißt.

Ihre Stimme, die bricht, wie eine Klinge, die sticht, in ihren verheulten Augen spiegelt sich das einfallende Licht und verwischt ihren Blick.

Diese Tränen vermag kein Taschentuch zu trocknen.

Nur eins: Gerechtigkeit.

Sera, Frankfurt Schule/Uni | 14

UMWELTZERSTÖRUNG IM SCHATTEN VON CORONA

Geschrieben von Jibbo, Berlin

Brasilien ist hinter den USA das Land mit den zweitmeisten Coronavirusinfektionen weltweit, die Infektionszahlen steigen seit Wochen weiter an.

Die Wirtschaft des Landes läuft weiter, während gleichzeitig große Teile der Bevölkerung dem Virus schutzlos ausgeliefert sind und sich Sorgen um ihre Zukunft machen. Inmitten dieser Krise will die brasilianische Regierung unter Führung des Faschisten Jair Bolsonaro die Umweltzerstörung im Amazonasregenwald vorantreiben.

Der Amazonasregenwald bildet ein einzigartiges Ökosystem und ist durch seine Fähigkeit große Mengen an Wasser und Kohlenstoffdioxid zu speichern unerlässlich für das Weltklima, doch er ist immer wieder in Gefahr. Die industrielle Erschließung des Regenwalds begann bereits während der Militärdiktatur in den 1960ern und schreitet bis heute voran. Schon damals standen hinter den großflächigen Rodungen vor allem Kapitalinteressen: Der Wald sollte weichen um Platz für Bergbau, Sojaanbau und Viehzucht zu schaffen, das Tropenholz wurde verarbeitet und für viel Geld weiterverkauft.

Doch auch nach dem Ende der Militärdiktatur blieb der Einfluss der Großgrundbesitzer*innen und Agrarkapitalist*innen groß, die Regenwaldzerstörung dauert bis heute an, etwa 40 Prozent des ursprünglichen Waldes sind bereits zerstört. Brasiliens Präsident Bolsonaro, der neben offen sexistischen, rassistischen und homophoben Positionen auch als Anhänger der Militärdiktatur gilt, will an die damaligen Pläne zum großflächigen Ausbau der Infrastruktur im Amazonas anknüpfen; dies hat weitreichende Folgen. Bereits im vergangenen Jahr, das erste Amtsjahr Bolsonaros, stieg die Abholzung des Regenwaldes im Vergleich zu 2018 um über 80 Prozent an, im Zuge der Coronakrise nimmt die Abholzung nun noch weiter zu.

In einem veröffentlichten Video einer Kabinettssitzung aus dem April ist Brasiliens Umweltminister Ricardo Salles zu sehen wie er unter anderem sagt: „Wir haben jetzt die Möglichkeit, da die Presse sich ausschließlich mit COVID-19 beschäftigt, uns das Amazonas-Thema vorzunehmen. Wir haben jetzt die Chance […], alle die Reformen zur Dere15 | AUS ALLER WELT

gulierung und Vereinfachung durchzuführen“. Und es blieb nicht bei bloßen Ankündigungen: Allein vom Januar bis März dieses Jahres stieg der ohnehin schon hohe Wert an Rodungen erneut um etwa 55 Prozent an, Grund dafür sind unter anderem neue Gesetze, die die Naturzerstörung im Amazonasregenwald erleichtern.

Ein von Jair Bolsonaro persönlich erlassenes Dekret sorgt dafür, dass die leitende brasilianische Umweltbehörde Ibama unter Weisungsbefugnis des brasilianischen Militärs beziehungsweise des Verteidigungsministers General Augusto Heleno gestellt wird.

Hauptaufgabe der Behörde ist der Schutz der Umwelt und der in Schutzgebieten lebenden Indigenen. Zu den Gebieten in denen bisher noch vergleichsweise wenig gerodet wurde gehören eben diese Schutzgebiete, doch auch hier nehmen Rodungen seit Bolsonaros Amtsantritt zu. Geschützt wurden die Gebiete zuletzt vor allem durch die Ibama oder die Indigenen selbst, sie standen zudem in regelmäßigem Austausch mit den Umweltbehörden und Nichtregierungsorganisationen (NGOs), doch dieser Schutz fällt nun weg.

General Heleno stellte sich in der Vergangenheit immer wieder gegen die indigene Bevölkerung, unter anderem indem er gegen Landzuteilungen an diese stimmte oder ihre Schutzgebiete als Sicherheitsrisiko darstellte, von Umweltschutz hält er ohnehin nicht viel. Auch der Selbstschutz und der Austausch der Indigenen mit NGOs fällt durch das Coronavirus weitestgehend weg. Die Bevölkerung ist hier besonders anfällig für eine Infektion mit dem Coronavirus, aus Sicherheitsgründen soll der Kontakt zu potenziellen Infektionsquellen so weit wie möglich reduziert werden, einige Gemeinschaften isolieren sich im Wald, um dem für sie besonders gefährlichem Virus aus dem Weg zu gehen. Die aktuelle Situation und das politische Handeln stellen eine existenzielle Bedrohung für die Bewohner*innen, ihre Schutzgebiete und das Klima allgemein dar, der Zusammenschluss der Völker des Amazonasbeckens warnt vor einem „neuen Genozid“, die hinterlassenen Umweltschäden werden immer deutlicher.

Bolsonaro will zudem ein neues Gesetz beschließen, welches Landraub im Regenwald nachträglich lega-

lisieren würde. Öffentliches Land bis zu einer Größe von 25 km2 welches vor 2018 besetzt und wirtschaftlich genutzt wurde würde damit in den Privatbesitz der Besetzer*innen übergehen. Fast 600.000 km2 illegal besetztes Land würden dadurch in private Hände gelangen.

In Brasilien zeigt sich seit einiger Zeit, besonders aber in den letzten Wochen, deutlich welche Gefahr Faschisten wie Jair Bolsonaro für den Umwelt- und Klimaschutz darstellen: Ein einzigartiges Ökosystem mit zentraler Bedeutung für das Weltklima wird für die Remilitarisierung und die Profite von Kapitalist*innen in Agrar-, Bergbau- und Viehindustrie unwiderruflich zerstört, doch die Menschen in Brasilien begehren auf. Indigene Völker schließen sich zusammen und entwickeln neue Wege gegen die Zerstörung des Regenwaldes anzukämpfen, in den Metropolen Brasiliens formiert sich Widerstand und Bolsonaros Rückhalt in der Bevölkerung schwindet.

AUS ALLER WELT | 16

Corona und Krise Eine Wirtschaftskrise ist wie der Name schon sagt, eine Krise der Wirtschaft. Das bedeutet also, dass das Geld, bzw. das Kapital auf dem Markt nicht ausreicht, um die Produktion aufrechtzuerhalten. Die Produktion bricht ein und von Seiten der Kapitalisten kommt es zu Versuchen, diese Krise durch Massenentlassungen, Lohnsenkungen und neoliberale Reformen durch den Staat für sich selbst abzufangen und auf die arbeitenden Klassen abzuwälzen. Eben dieses Phänomen lässt sich auch am Beispiel der Finanzkrise von 2008 erkennen. Der Staat versuchte mit Hilfe von Steuergeldern, also dem Geld der arbeitenden Bevölkerung, welches eigentlich für Infrastruktur, Kultur oder Bildung genutzt werden sollte, Banken zu retten, obwohl diese durch ihre wirtschaftliche Praxis maßgeblich an dem Entstehen der Krise beteiligt waren. Gleichzeitig wurde in den am stärksten betroffenen Ländern, von Deutschland ein harter Sparkurs durchgesetzt. Dies führte vor allem in Spanien, Italien und Griechenland zu einem massiven Abbau des öffentlichen Dienstes und zu einem Abbau der Sozialleistungen, wie der Rente. Diese Sparmaßnahmen haben sich vor allem in der Corona-Pandemie daran bemerkbar gemacht, dass in Italien und Spanien das Gesundheitssystem, aufgrund der Sparpolitik, abgebaut wurde. Hierbei ist zu erkennen, dass versucht wird die, durch die kapitalistische Produktion entstehenden Wirtschaftskrisen, auf Kosten der Bevölkerung, zu bewältigen. Durch die Corona-Pandemie entsteht laut den liberalen und konservativen Medien eine neue Wirtschaftskrise. Widergespiegelt in der Prognose einer neuen Rezension, dass bedeutet in einem Sinken des Wirtschaftswachstums. Teilweise wird sogar von einer der schwersten Krisen der Nachkriegsgeschichte gesprochen. Man muss sich jedoch die Fragen stellen, ob diese Krise nicht sowie17 | Theorie

so passiert wäre, welche Auswirkungen Corona auf das Entstehen dieser Krise hat und was für Auswirkungen das für uns mitbringt. Wenn die Entwicklung des Kapitalismus betrachtet wird, ist zu erkennen, dass Krisen schon immer Teil dieses Systems waren.

Es kommt immer wieder zu neuen Krisen, die Produktion bricht ein und baut sich anschließend wieder neu auf. Die wohl bekanntesten Krisen, sind die Weltwirtschaftskrise in den 1920er und die Finanzkrise 2008.

Aber weshalb treten im Kapitalismus immer wieder neue Krisen auf?

Das Entstehen von Krisen ist auf die Funktionsweise des Kapitalismus zurückzuführen. Um auf dem kapitalistischen Markt zu bestehen, müssen sich die Unternehmen gegen ihre Konkurrenten durchsetzen. Anders gesagt bedeutet das, dass die Profite des einen Unternehmens immer weiter steigen müssen, während die Profite des anderen Unternehmens dadurch einbrechen. Jedoch ist es jetzt so, dass beide Unternehmen ihren Profit steigern möchten. Beide gehen also davon aus, dass sie sich gegen ihre Konkurrenz durchsetzen. Dies führt dazu, dass beide Unternehmen mehr produzieren, als überhaupt konsumiert werden kann, da sie darauf hoffen, sich gegen ihren Konkurrenten durchzusetzen.

Daraus folgt eine Überproduktion, weshalb anstatt von Wirtschaftskrise auch von einer Überproduktionskrise gesprochen werden kann. Um dies zu verdeutlichen stellen wir die Situation anhand zweier Sportgeschäfte, welche beide Fußbälle verkaufen, dar. Wir gehen davon aus, dass es für diese Geschäfte eine Zielgruppe von 200 Menschen gibt, welche

alle einen Fußball kaufen möchten. Somit können 200 Fußbälle verkauft werden. Da beide Geschäfte in dem Konkurrenzkampf gewinnen wollen, bieten beide in ihren Regalen 200 Fußbälle an, falls alle bei dem jeweiligen Geschäft einkaufen. Dazu kommt, dass beide Geschäfte möchten, dass die Regale immer gefüllt sind, weshalb beide nochmals 50 Fußbälle besitzen. Zuletzt gehen sie noch davon aus, dass sich ihre Zielgruppe z.B. durch Werbung vergrößern könnte, also besitzen sie nochmal rund 50 Fußbälle mehr. Nun kommt aufgrund dieser Gegebenheiten auf einen Bedarf von 200 Fußbällen, welcher der Zielgruppe entspricht, eine tatsächliche Produktion von 600 Fußbällen. Als Ergebnis gibt es nun mehr Fußbälle, als laut den Bedürfnissen nötig sind, es herrscht eine Überproduktion. Daraus resultiert, dass 400 Fußbälle nicht verkauft werden können und den Geschäften keinen Mehrwert bringen und anstellen dessen oftmals im Müll landen. Die Geschäfte, welche nicht ihren Profit erzielen können, verschulden sich. Diese Überproduktion addiert sich bis es zur Krise kommt.

Dies stellt in vereinfachter Form das Entstehen von Wirtschaftskrisen dar. Tatsächlich liegt die Überproduktion meistens nicht so hoch, jedoch hat auch schon eine geringere Überproduktion Auswirkungen auf die Entstehung einer Krise.

Wichtig anzumerken ist auch, dass eine gewisse Überproduktion nicht schädlich ist, da eine Überproduktion, vor allem von Nahrung und anderen grundlegenden Produkten notwendig ist, um Krisen ausgleichen zu können. Jedoch ist eine Überproduktion, wie sie in dem kapitalistischen System existiert, also eine größere Überproduktion, schädlich und führt zu Wirtschaftskrisen. Ein weiterer Faktor für Wirtschaftskrisen ist der Kredit. Kredite bilden die Möglichkeit sich Geld zu leihen, um mit diesem, zum Beispiel Waren zu fertigen und dieses Geld mit einem gewissen Prozentsatz mehr zurückzuzahlen. Kann nun aber ein Unternehmen aufgrund der Konkurrenz und der daraus sich ergebenden Überproduktion nicht zurückzahlen, wirkt sich das auf weitere Unternehmen, wie zum Beispiel Banken, welche durch den Verlust Pleite gehen könnten, aus. Da wir nun die Entstehung von Krisen betrachtet haben, ist zu überlegen, ob die Corona Pandemie die neue Krise ausgelöst hat, welche dazu führt, dass zum Beispiel die Kaufhauskette Galeria-Karstadt viele Geschäfte schlie-

ßen muss, der Staat massiv Geld in Unternehmen steckt und die Rechte der Arbeitenden geschwächt werden. Vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie war schon zu erkennen, dass die Wirtschaft schrumpfen wird. Auch aus den oben genannten Gründen wäre eine Krise auch ohne die Corona-Pandemie entstanden. Die Pandemie hat jedoch Auswirkungen auf die Stärke und das Entstehen der Krise. So führte die Pandemie in nahezu allen Bereichen der Wirtschaft zu einem Rückgang der Produktion, bzw. zu einem Rückgang des Gewinnes. Dadurch wird die entstehende Krise eine wahrscheinlich besonders schwere Krise sein wird. Zuletzt sollte uns klar sein, dass mit einer Krise meistens neoliberale Reformen, welche auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung gehen, umgesetzt werden, wie die Einführung von Kurzarbeit oder die vereinfachte Nutzung von 12-Stunden als Arbeitszeit. Als Sozialist*innen und Kommunist*innen müssen wir uns dessen im Klaren sein. Zudem müssen wir uns bewusst sein, dass in Zeiten der Krise der Klassenkampf aktiver und härter geführt wird.

Die Kapitalisten werden mit allen Mitteln versuchen, das kapitalistische System aufrechtzuerhalten. Gleichzeitig müssen wir den Klassenkampf intensivieren und eine revolutionäre Perspektive jenseits des kapitalistischen Systems bieten. Erfolg ist aber nur möglich, wenn die revolutionäre Bewegung vor allem in der Praxis geeint ist und am Kampf der Massen aktiv teilnimmt. Wir müssen aktiver wie noch nie mit den werktätigen Massen zusammenarbeiten, um den Sozialismus zum Sieg zu führen.

Rojin, Siegen Theorie | 18

er die Annexionspläne in der WestbankIsraels in der Westbank Über dieIsraels Annexionspläne Das Verschieben der US-amerikanischen Botschaft 2018, der Deal des Jahrhunderts durch die Trump-Regierung und nun auch noch der sogenannte Friedensvertrag zwischen Israel und der Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE). Die Ereignisse der letzten Jahre in der Palästinafrage, zeigen mit welcher Unverblümtheit Israel seine rassistische Agenda mittlerweile durchsetzen kann.

Unterstützt vom Westen, werden auf dem Boden Fakten geschaffen, um diese anschließend auf Basis willkürlicher Gesetzte zu legitimieren. Die kürzlich offenkundig benannten Annexionspläne Netanjahus in der Westbank stellen dabei keine neue politische Strategie dar. Vielmehr schließen sie an eine Geschichte der Vertreibung, des Landraubs und der Ermordung einer palästinensischen Gesellschaft,

die bis in das Jahr 1947 zurückreicht, an. Die Kultur des Siedlerkolonialismus ist Bestandteil der Staats-DNA Israels und gehört zur alltäglichen Politik. Die offizielle Aneignung ist dabei reine Bürokratie, Gebiete wie die Westbanks mit ihrer dort lebenden Bevölkerung sind ohnehin schon mehrheitlich von Israel besetzt. Sowohl die USA, die VAE als auch Deutschland tragen dabei maßgeblich zur Normalisierung dieser Zustände bei. Während Gaza weiterhin regelmäßig bombardiert wird, Palästinenser*innen in der Westbank vertrieben und gefoltert werden, wird Israel in den deutschen Medien ungeniert als demokratisches Land definiert und für seinen Fortschritt gelobt. Den Mythos der Zweistaatenlösung aufrechthaltend, wird eine diplomatische Haltung Deutschlands suggeriert. Von einem Land, in dem Palästinenser*innen höchstens in dem Bild als radikal-islamistischer Terroristen mit Bombengürteln und somit als ungeeignete Verhandlungspartner, eine Rolle spielen. Auch das herrschende Narrativ in diesem Konflikt hat sich seit je her nicht geändert: David gegen Goliath.

Es bedarf keines besonderen politischen Scharfsinns, um die Machtverhältnisse in der Region zu erkennen; es handelt sich um eine Staatsmacht mit einem der stärksten Militärs der Welt, dass eine ethnische Säuberung an den Palästinenser*innen begeht. Es stellt sich also die Frage: Wer ist hier tatsächlich der Terrorist? Wie kann es sein, dass hier von Demokratie die Rede ist?

Es wird Zeit klar zu benennen, um was es sich bei Israel handelt: Um nichts Geringeres als ein Apartheitsstaat!

19 | AUS ALLER WELT

Die tatsächliche Haltung gegenüber den Palästinenser*innen durch Deutschland und die USA, haben die jüngsten Ereignisse gezeigt. Während die Vereinigten Arabischen Emirate bisher das Existenzrecht Israels nicht anerkannt haben, entdecken sie heute plötzlich ihre Liebe zueinan-

der und zelebrieren diese mit einem neuen sogenannten „Friedensvertrag“, von Trump auch liebevoll und völlig überzogen „Abraham Abkommen“ genannt. Der Vertrag zielt auf die Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und den Vereinigten

VIVA, VIVA, PALÄSTINA!

machen. Zu erwähnen, dass die jüngsten Annexionspläne gegen jegliche Abkommen in der Region, gegen Völkerrechte und Menschenrechte verstoßen, scheint völlig überflüssig. Sie reihen sich schließlich in eine lange israelische Tradition der Zerstörung und Vertreibung ein. Es wird daher keine tatsächliche Lösung ohne ein freies Palästina geben.

Die Palästinenser*innen sind mehr denn je auf internationale Solidarität und Unterstützung in ihrem Kampf gegen einen imperialistischenen Staat angewiesen. Ein internationaler Kampf für die Rechte der Völker bedeutet auch ein Kampf für die Palästinenser* innen, denn ohne Gerechtigkeit auch kein Frieden!

Freiheit für Palästisna!

Arabischen Emiraten ab. Auch das ist nichts neues und reine Formalisierung! Bereits seit Jahren werden diplomatische Beziehungen zwischen den beiden Ländern gepflegt. Die Bedingung in dem Vertrag seitens der VAE, sei das Aussetzen der Annexionspläne in der Westbank. Netanjahu hat jedoch sehr deutlich klar gemacht, dass diese lediglich nach hinten verschoben werden. Faktisch ändert sich also nichts an der Situation der Palästinenser*innen. Von politischer Schizophrenie geplagt, wird auf internationaler Ebene dennoch von einem Friedensprozess fantasiert. Selbst die Zweistaatenlösung scheint wieder auf dem Tisch zu liegen. Aber wo ist der Frieden und die Gerechtigkeit für die Palästinenser*innen? Wo die Verurteilung und Sanktionierung der Menschrechtsverletzung durch Israel? Wo der Einbezug palästinensischer Rechte in dem Vertrag?

Auf welcher Basis dürfen die VAE über das Schicksal der Palästinenser*innen bestimmen?

Nichts als politische Heuchelei !

Der Grund für neue Beziehungen in der Region sind Großmachtfantasien, koloniale Absichten und kapitalistische Maximierungslogiken. In diesem Kontext von Frieden und Fortschritt zu reden, bringt die westlichen Demokratisierungskreuzzüge auf eine ganz neue Ebene. Während die mächtigen Staaten sich gegenseitig auf die Schultern klopfen, kämpfen die Palästinenser*innen weiterhin um ihre Existenz. Es zeigt mit welcher Ignoranz mit dem Schicksal der Palästinenser*innen gespielt wird.

Auch Deutschland braucht Israel auf Grund seiner Geschichte für die Legitimierung seiner eigenen Souveränität. Also scheint die Lösung ganz einfach: Ein Verbrechen mit einem Anderen wieder gut zu

Merve, Berlin AUS ALLER WELT | 20

KUNST ALS WARE IM KAPITALISMUS UND UNSERE KRITIK In unserem heutigen kapitalistischen System wird unser gesamtes Leben durchökonomisiert. Folge ist, dass selbst die Kunst zu einer Ware wird und, dass Künstler*innen sich auf dem Markt behaupten müssen. Diese Tatsache wird in verschieden Bereichen der Kunst sehr deutlich. An Kunsthochschulen sind Marketingseminare häufig fester Bestandteil des Studiums. Jedes Film- oder Serienfranchise wird so lang es nur geht ausgereizt, um maximalen Profit zu erwirtschaften. Musiker*innen sind ebenfalls gezwungen sich am Markt zu orientieren und ihre Kunst der Nachfrage anzupassen. Viele Musiker*innen fokussieren sich im Verlauf der Zeit auf die bestmögliche Vermarktung, die Anpassung oder Standardisierung ihrer Musik statt auf ihre künstlerische Kreativität. Immer im Hinterkopf ist die Maximierung des Profits. Kunst steht im Widerspruch zum Kapital und die kapitalistischen Zwänge schränken die künstlerische Freiheit enorm ein.

zu leben. Sie müssen sich entscheiden: Entweder sie passen ihre Musik an den aktuell erfolgreichen Mustern an und erzielen im Idealfall mehr Profit; oder sie müssen einen anderen Weg finden, um im kapitalistischen System Fuß zu fassen. Die wenigsten kleinen Künstler*innen können ihr kreatives Schaffen zu ihrer Hauptbeschäftigung machen, da sie im Kapitalismus sonst einfach keine Chance zum Überleben hätten.

Ein besonderes Beispiel für die Vermarktung von Kunst ist Hip-Hop. Das Genre war in seinen Ursprüngen durchaus antikapitalistisch. Hip-Hop entstand als Jugendkultur einer Generation, die in Amerika durch Armut, (rassistische) Diskriminierung und Perspektivlosigkeit geprägt wurde. Die Jugendlichen konnten ihre Probleme und ihre Frustration mit Hilfe der Musik kurz vergessen oder sogar verarbeiten.

Außerdem konnten sie dem kapitalistischen Alltag entfliehen, indem sie durch ihre Kunst eine GegenVerstärkt hat sich dies weiterhin durch den Einfluss bewegung zu diesem etablierten. Allerdings dauerte von Musik-Streamingdiensten wie Spotify. Dank ih- es nicht lang bis die Szene so weit gewachsen war, nen steht Musik jede*m mehr oder weniger frei zur dass große Plattenfirmen auf sie aufmerksam wurVerfügung. Doch auch durch die kostenlosen Ange- den. Was als rebellische Alternative zur leistungsbote machen die Streamingdienste riesige Gewin- und gewinnorientierten Gesellschaft begann, ist ne, die nur zum kleinen Teil an die Künstler*innen heute vollständig im Mainstream angekommen und weitegegeben werden. Dadurch ist es besonders kommerzialisiert. für kleine Künstler*innen schwierig von ihrer Kunst Franka, Hamburg Bereits im 19. Jahrhundert begann die Kommerzialisierung der Musik. Das heißt die Kunst musste sich allmählich den ökonomischen Gesetzten des Marktes unterordnen. Seitdem die Möglichkeit bestand Musik auf Tonträgern zu speichern, konnte sie kommerziell und vor allem massenhaft vertrieben werden. Heute ist die Musik schon lange eine Massenware, die vergleichsweise einfach und‚ gewinnbringend zu vermarkten ist.

20 | MOSAIK

„BELLA CIAO“ STEHT FÜR ANTIFASCHISTISCHEN PARTISAN*INNEN WIDERSTAND! Alle kennen das Lied „Bella Ciao“ aus den letzten Jahren aus der Serie „Haus des Geldes“. Dort wurde ein Remix des Liedes von „El Profesor“ benutzt, welcher aus „Bella Ciao“ ein Lied für Partys gemacht hat. Doch „Bella Ciao“ war ursprünglich kein Lied für Partys, sondern ein Lied der Arbeiter*innenbewegung und des Kampfes gegen den Faschismus. Die Bekanntheit erhielt „Bella Ciao“ als Lied der Partisanenbewegung in Italien. Seinen Ursprung hat die Melodie von „Bella Ciao“ im Arbeitskampf der Reispflücker*innen in der Umgebung von Bologna um das Jahr 1906. Das Lied „Terre d‘Acqua“ ist ein Protestlied gegen den Chef, welcher mit Gewalt die Arbeit überwacht und die arbeitenden Frauen ausbeutet. Doch die Hoffnung der Reispflücker*innen hoffen letztendlich auf Freiheit und auf ein Ende der Ausbeutung. Somit ist das Lied „Bella Ciao“ schon von Anfang an stark mit der Arbeiter*innenbewegung verbunden. Während des Zweiten Weltkrieges wurde das Lied von der Partisanenbewegung „Resistenzia“ zu „Bella Ciao“ umgedichtet und beschreibt den Freiheitskampf der Partisanen und gedenkt ihren Toten. Die Funktion des Liedes ist zum einen den Kampf der Partisanen zu propagieren und zu verbreiten. Dadurch soll die Sympathie des Partisanenkampfes in der Bevölkerung gestärkt werden und die Bevölkerung dazu anregen selbst die Waffen in die Hand zu nehmen und sich gegen den Faschismus zu erheben. Außerdem sollen Lieder, wie „Bella Ciao“ an die Kämpfer*innen erinnern, welche im Partisanenkrieg gefallen sind und den Freiheitskampf im Gedächtnis des revolutionären Kampfes präsent halten.

Nils, Frankfurt MOSAIK | 21