Libelle März 2018

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HAUTNAH

ONEMORENAMETOREMEMBER – PHOTOCASE.DE

„aber der Begriff Kuschelparty hat sich im Internet durchgesetzt, so kann man uns leichter finden.“ Sexuelle Energie soll an ihren Berührungsabenden nicht aufkommen, erogene Zonen sind dabei tabu – beim Mann der Intimbereich, bei der Frau auch die Brüste. „So wie man ins Schwimmbad geht, um zu schwimmen, so kommen die Menschen zu uns, weil sie das Bedürfnis nach Berührung und Nähe haben und das mit anderen Menschen teilen wollen“, sagt Ramon Poursaidi. „Der eine möchte nur mal in den Arm genommen werden, der andere möchte sich mal den Rücken kraulen lassen – dafür braucht man hier bei uns niemandem ein Bier auszugeben oder einen wilden Tanz auf der Tanzfläche aufzuführen. Niemand braucht sich für das Grundbedürfnis nach Berührung und Nähe zu erklären.“ Auf ihren Kuschelpartys können die Teilnehmer

„runterkommen“, sich entspannen, eine „nährende Nähe“ spüren, erklärt Ramon Poursaidi.

le Kontakte im Alltag mindestens genauso wichtig, meint der Wiener Mediziner Cem Ekmekcioglu. Viele Ehen würden massiv unter dem Mangel an gelebter Zuneigung Wie die Luft zum Atmen leiden – oft ohne dass sich die Eheleute daForschungen zeigen, dass Berührung nicht rüber bewusst seien. Dabei sei es gar nicht nur Auswirkungen auf unser Seelenleben so schwer, im täglichen Leben mehr angehat, sondern dass wir sie brauchen, um nehme Körperkontakte zu bekommen. Die gesund zu bleiben. Ein Mangel an Berüh- besten Lehrmeister dafür seien die Kinder. rung führt zu Stress, hohem Blutdruck und schwächt das Immunsystem. Berührungen Basis im Kleinkindalter wie Streicheln führen dazu, dass sich der Berührungen rufen Emotionen wie Freude, Herzschlag beruhigt, der Blutdruck sinkt Geborgenheit, Sicherheit oder Trost herund der Pegel an Stresshormonen fällt. vor. Sie können aber auch unangenehm Menschen, für die Berührung selbstver- und verletzend sein. Kinder sollten deshalb ständlich sind, gehen aus Stresssituationen frühzeitig lernen, zwischen Berührungen, weniger angespannt heraus, empfinden die ihnen angenehm sind, und solchen, die bei Verletzungen weniger Schmerzen, ihre ihnen irgendwie komisch vorkommen oder Wunden heilen besser. „Berührungen“, so gar unangenehm sind, zu unterscheiden. Professor Martin Grunwald, „haben für Le- Kindern sollte deshalb vermittelt werden, bewesen einen Stellenwert wie die Luft zum dass sich liebevolle und zärtliche BerührunAtmen.“ Trotzdem leiden viele Menschen gen gut anfühlen. Auch anfangs angenehme unter chronischer Berührungsarmut – auch Berührungen können sich jedoch für Kinder das Leben in einer Partnerschaft bietet plötzlich unangenehm anfühlen, und sie keine Garantie für Zärtlichkeit. In Partner- haben das Recht, solche Berührungen zuschaften werde die Körperlichkeit oft auf rückzuweisen. Wie Berührung und KörperSexualität reduziert, dabei seien liebevol- kontakt empfunden werden, hängt von den

GUTEN TAG! WENN MENSCHEN SICH BEGEGNEN, BEGRÜSSEN SIE EINANDER MIT UNTERSCHIEDLICHEN GESTEN UND RITUALEN. In der Türkei ist der türkische Handkuss üblich: Die Hand des anderen wird erst an die Lippen und dann an die Stirn geführt.

In Deutschland gibt man sich die Hand, Freunde werden umarmt und mit einem angedeuteten Kuss auf die linke und rechte Wange begrüßt.

In Japan begrüßen sich die Menschen ohne Berührung, mit einer Verbeugung. Körperlicher Kontakt wird vermieden.

In Belgien und den Niederlanden begrüßen sich die Menschen mit einer Umarmung und drei Küssen, abwechselnd auf die linke und rechte Wange.

In Nigeria werden zur Begrüßung die Hände gefasst und mit einem Ruck getrennt.

In vielen Ländern Lateinamerikas begrüßen sich die Menschen mit einem Handschlag, einer Umarmung, einem Wangenkuss, einem Händeschütteln und einem Klopfen auf die Schulter.

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Libelle | März 2018

Freunde und Verwandte in Marokko streicheln zur Begrüßung die Wange und küssen sich. Die Maoris auf Neuseeland umarmen sich und reiben die Nasenspitzen aneinander.

Die Polynesier streicheln mit den Händen des anderen über das eigene Gesicht. Viele Asiaten legen die Handinnenflächen an die Brust und beugen leicht den Kopf. Mongolen, Malaien, Birmanen und Lappen riechen sich gegenseitig an den Wangen und berühren und reiben sich mit den Nasen. Eskimos reiben bei der Begrüßung die Nasen aneinander. In vielen orientalischen Ländern streichen die Menschen bei der Begrüßung bei sich selbst mit der rechten Hand von der Stirn bis an den Nabel.


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