IM PORTRÄT
Dr. Antonietta Zeoli Schule ist einfach klasse!
STECKBRIEF Name: Dr. Zeoli Vorname: Antonietta Alter: 44 Jahre Kinder: Emilia (14), Romano (12), Vasco (5) Familienstand: verheiratet seit 2000 Beruf: Gymnasiallehrerin und seit 2017 Schulleiterin am neuen Gymnasium Schmiedestraße Kindheitserinnerung: Der Duft der heimatlichen Weinberge, in denen es nach der Lese wie geschnittenes Gras roch.
Stolz krame ich alte Schulkenntnisse heraus: „Buon giorno, Signora“ – und werde prompt mit einem gastfreundlichen Plausch darüber, was ich trinken möchte, belohnt. Und dann wechseln wir ganz selbstverständlich ins Deutsche. Dr. Antonietta Zeoli hat gerade in einer Klasse eine Englischarbeit schreiben lassen, später kommt das Fernsehen zu ihr. Die 44-Jährige strahlt, es ist ein normaler Tag für die Leiterin des neuen Gymnasiums Schmiedestraße, das vor einem Jahr mit 116 Fünftklässlern in Oberbilk startete und gerade neue Anmeldungen entgegennimmt. „Wir schauen auf die Stärken unserer Schüler“, erklärt Frau Zeoli das Konzept, weg von der Defizit- zur Ressourcenorientierung. Konfrontiert mit aktuellen Reizbegriffen wie Inklusion, Migration oder Integration, kontert die Frau mit dem Doktortitel in Philosophie frohgemut: „Schon zu Zeiten Platons wurden Diversität und unerzogene Jugend beklagt. Mit oder ohne Migration – solche Differenzmerkmale in einer Welt wie unserer sind sprachlich doch überflüssig.“ Klare Ansage der bislang einzigen Gymnasial-Schulleiterin mit Migrationshintergrund in NRW. Ihr Lebenslauf ist ein Beispiel dafür, worauf es vielmehr ankommt: eigenen Antrieb und ein Umfeld, das Talente erkennt und gezielt fördert. Zeolis Eltern kommen als Gastarbeiter nach Deutschland, mit sieben Jahren folgt Antonietta, muss Großeltern und Heimatliches hinter sich lassen. Es ist kein Zuckerschlecken. Ihre Mitschüler? „Nicht so nett“, lächelt Zeoli. „Wenn man eine Sprache nicht von Kind auf spricht, beobachtet man die Lippen, versucht zu begreifen und es macht sich viel Stille breit. Doch meine großartige Lehrerin erkannte, was ich alles kann.“ Anscheinend so viel, dass sie bei der Anmeldung an der Hauptschule gleich weiter zur Realschule geschickt wird, dort zügig lernt und schließlich am Gymnasium mit Abitur abschließt. Es folgen Studium, Doktorarbeit, Dozenturen an Universitäten, Buchpublikationen, ihr Engagement im Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung oder beim Projekt Lehrkräfte mit Zuwanderungsgeschichte NRW. Ob ihre beiden Schwestern auch solche
Powerfrauen sind? „Beide hatten sich für eine Lehre entschieden. Ich wollte studieren. Und wenn man fleißig ist und keine Angst hat, nachzufragen oder sich beraten zu lassen, klappt das auch.“ Zeolis beherzte Art funktioniert als Türöffner und über ihre neue Schule und Mitverantwortlichen kann sie nur schwärmen: „Wir brennen für unser Gymnasium und sein besonderes Profil. Die Lehrer haben Auslandserfahrung, kennen sich mit digitalen Medien aus und teilen den Gedanken: Das Beste fürs Kind. Außerordentlich ist unsere Verbindung der Naturwissenschaften mit den Künsten, denn beide Bereiche benötigen sowohl Kreativität wie auch häufig eine strenge Logik.“ Apropos Strenge: Es herrscht Handyverbot und null Toleranz bei Gewalt, die Zeoli auch definiert: „Sie beginnt dann, wenn die Würde des anderen verletzt wird.“ Wie könnte man anders vermuten, findet Zeoli auch privat ihr Glück nicht bei einem Kleingeist oder Macho, sondern bei einem Düsseldorfer Ingenieur. Der packt mit an, als ihre drei Kinder zur Welt kommen. „Ohne meinen Mann und die gute Wahl bei der Kinderfrau wäre Familie nicht möglich gewesen.“ Ihre italienische Familie? Die hat den Rheinländer mit der anderen Konfession ins Herz geschlossen. Wo sie eigentlich geboren ist? „In der Basilikata“, verrät sie. Später lese ich über diese Region mit der Hauptstadt Matera nach: wird zweites Bethlehem genannt, Unesco-Kulturerbe, 2019 Kulturhauptstadt Europas … Noch steht auf der Website des Gymnasiums nichts über Klassenfahrten ins Ausland. Aber die Geburtsstadt eines Mädchens namens Antonietta, das jetzt Schulleiterin ist, wäre doch ein wunderbares Ziel!
Text: Astrid Krömer Bild: Andreas Endermann
Libelle | März 2018
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