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Freitag, 2. Dezember 2016

Streit um Reform

proteste

Ärzte suchen Verbündete WIEN. Die Ärztekammer hat sich in ihrem Kampf gegen die im Zuge des Finanz­ ausgleichs beschlossenen Reformen im Gesundheits­ bereich Unterstützung von acht weiteren Kammern freier Berufe gesichert. Die Bundeskonferenz der Freien Berufe Österreichs (BUKO), der Dachverband der neun Freiberufskammern, hat mitgeteilt, die Informations­ kampagne der Ärztekammer zu befürworten. In einer Aussendung wird vor einer massiven Ver­ schlechterung der medizini­ schen Versorgung gewarnt, im Spitalsbereich und bei den niedergelassenen Ärz­ ten. „Die geplanten Ände­ rungen sind ein Angriff auf die Freiberuflichkeit. Sollten die Pläne Realität werden, würde der niedergelassene Kassenarzt, wie wir ihn jetzt kennen, verdrängt werden. Die Patienten könnten dazu angehalten werden, in kas­ seneigene große Ambulato­ rien zu fahren, die oft weit weg von ihrem Wohnort liegen“, meinte BUKO-Präsi­ dent Kurt Frühwirth. (iks)

© APA/Georg Hochmuth

Die Ärzte kämpfen weiterhin gegen den Finanzausgleich. Das Gesundheitsministerium kritisiert bewusste Fehlinformationen.

Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser wirft den Ärzten „bewusst gestreute Fehlinformationen“ vor..

••• Von Martin Rümmele

© APA/Hans Klaus Techt

Kritik Ärztekammerpräsident Arthur Wechselberger bekommt Hilfe gegen Gesundheitsreform.

medianet.at

WIEN. Der Konflikt der Ärzte­ kammer mit den Gesundheits­ politikern in Ländern, dem Bund und mit den Krankenkassen geht weiter. Die Ärzte haben Protest­ tage angekündigt und machen in den Ordinationen mobil. Ge­ sundheitsministerin Sabine Oberhauser (SPÖ) kritisiert, dass es zu der geplanten Gesundheits­ reform „viele Fehlinformationen“ gebe, „die zum Teil bewusst ge­ streut werden“. Sie appelliert, bei der Darstellung der Reform „bei der Wahrheit zu bleiben“. Das Ministerium setzt nun der Informationskampagne der Ärz­ tekammer eine eigene Homepage mit Informationen zu der Reform entgegen. Eigene Kampagne In einem Video auf der Inter­ netseite www.mehrgesundheit. gv.at bittet Oberhauser beide Seiten, „bei der Darstellung der Reform auf dem Boden der Tat­ sachen und vor allem bei der

Wahrheit zu bleiben“. Die Ge­ sundheitsministerin warnt da­ vor, Patienten und Ärzte „so zu verunsichern, dass sich die einen davor fürchten, krank zu wer­ den oder Angst haben, wenn sie schon krank sind, und die ande­ ren sich nicht weiter auf diesen Beruf einlassen möchten, weil sie das, was hier gestreut wird, für bare Münze nehmen.“ Oberhauser betont, dass es keine Einsparungen gebe, „ganz im Gegenteil“. Bis 2021 seien Mehrausgaben für von 4,6 Mrd. € im Vergleich zu heute geplant. Ein Kernstück der Reform sei die neue Primärversorgung, für die 200 Mio. € zur Verfügung stehen. Die Vorteile: Für die Patienten bedeute dies längere und flexi­ blere Öffnungszeiten, kürzere Wartezeiten, eine Versorgung durch vernetzte Teams. Die Ärzte hätten mehr Zeit für ihre ­Patienten, familienfreundliche­ re Arbeitszeiten und modernere ­Arbeitsbedingungen. Notwendig sei die Reform, weil das Gesundheitssystem im

Wandel sei, und bis 2025 rund 60% der Allgemeinmediziner das Pensionsalter erreichen werden. Ihr sei es wichtig, dass es auch dann in ganz Österreich „keine weißen Flecken“ in der Gesund­ heitsversorgung für die Men­ schen gebe, betont Oberhauser. Die Gesundheitsversorgung soll bei den Hausärzten, Fachärzten und den anderen Gesundheits­ berufen bleiben. Diese sollen in unterschiedlichen Formen organisiert sein – in Einzel­ ordinationen, Gruppenpraxen, in Primärversorgungszentren oder in Netzwerken der Primärversor­ gung bis hin zu den Spitälern. Sorge vor Konzernen Wie berichtet, sollen in den Län­ dern künftig der ambulante Be­ reich ausgebaut und der teure, stationäre Sektor reduziert wer­ den. Die Ärzte fürchten, dass die neuen Primärversorgungszent­ ren vor allen von privaten Unter­ nehmensgruppen und nicht von freiberuflichen Ärzten geführt werden.


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