Weltmeister Österreich 2024

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Weltmeister Österreich WELTMEISTER ÖSTERREICH – Das Jahrbuch zum Wirtschaftsstandort

DAS JAHR B UCH ZUM WIRT SCHA F T S S TA N DO RT

2024

SCHWERPUNKT

Die wichtigsten CEOs im Interview

Die spannendsten Start-ups

Einflussreiche Wirtschaftsexperten

Einblicke in führende Unternehmen des Landes

Österreichs Gründer erklären ihre Erfolgsrezepte

Was Österreich in Krisenzeiten widerstandsfähig macht


Wir brauchen immer mehr grünen Strom.

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Wir alle leisten einen Beitrag zur Energiewende, indem wir fossile Brennstoffe durch grünen Strom ersetzen. Deswegen investieren wir bei VERBUND in die Erzeugung und Verteilung von immer mehr grünem Strom. Denn es ist wichtig, dass er überall bereitsteht, wo er gebraucht wird. Gemeinsam sind wir die Kraft der Wende.

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VERBUND erzeugt mehr und mehr davon – für alle.


WeltMeister Österreich

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Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser!

„Weltmeister Österreich 2024 – Das Jahrbuch zum Wirtschaftsstandort“ ist auch in englischer Übersetzung verfügbar.

Sabine Bretschneider Chefredakteurin

© medianet

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s läuft weiterhin nur halbrund: Inmitten hoher Inflation und den Verwerfungen infolge des Ukraine-Konflikts verharrt Österreich in konjunktureller Ermattung. Österreichs Wirtschaft ist im zweiten Quartal 2023 geschrumpft. Für das dritte Quartal deuten Frühindikatoren – mit Stand September – auf einen weiteren BIP-Rückgang hin. Allerdings sollte der Standort, so die Prognosen, diesen Knick schon im kommenden Jahr überwinden und auf den Wachstumspfad zurückkehren. Überraschend stark gestiegen sind im ersten Halbjahr 2023 Österreichs Exporte: Sie knackten erstmals die 100 Milliarden-Euro-Marke. Zugleich sanken im Vergleich zur Vorjahresperiode die Importe; das übliche Defizit der Handelsbilanz verkürzte sich um fast sechs Milliarden Euro. In Zahlen: Der Wert der Ausfuhren stieg im ersten Halbjahr 2023 um 5,9 Prozent auf 102,17 Milliarden Euro, die Einfuhren gingen um 0,2 Prozent auf 105,59 Milliarden Euro zurück. Abseits der ökonomischen Daten dreht sich die Wirtschaftswelt seit einigen Jahren schneller: Die Digitale Dekade (© EU-Kommission) fordert ihre Opfer, eröffnet jedoch parallel dazu auch kleinen Ländern bzw. mittelständischen Unternehmen ganz neue Horizonte. „Es muss uns gelingen, dass unsere humanistischen, menschlichen, europäischen Werte auch in der digitalen Welt ihre Gültigkeit haben“, warnt Georg Krause, CEO des Digitalisierungsspezialisten msg Plaut. „Die digitale Welt darf nicht in eine Richtung kippen, in der diese Werte keine Bedeutung mehr haben und wir in einen Wilden Westen hineingeraten“ (Lesen Sie mehr dazu im Interview mit Georg Krause). Umso wichtiger wird es sein, dass solide wirtschaftliche Expertise, unternehmerischer Mut und Widerstandskraft weiterhin ins Scheinwerferlicht geholt werden!


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WeltMeister Österreich

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Vorwort BM Martin Kocher

Die zentrale Lage in Europa ist für den Wirtschaftsstandort Österreich ein Schlüsselfaktor. Diese strategische Position hat dazu beigetragen, dass wir eine wichtige Rolle im Export von Waren und Dienstleistungen nach West-, Zentral- und Osteuropa spielen. Geopolitische Konflikte, wie der gegenwärtige Krieg in der Ukraine und die daraus resultierenden Folgen, führen aber zu wirtschaftlichen Unsicherheiten. Deshalb ist es jetzt besonders wichtig, die österreichischen Exportbetriebe bei ihren Internationalisierungsaktivitäten weiter bestmöglich zu unterstützen. Durch die Internationalisierungsoffensive ‚go-international‘, Wirtschaftsmissionen in Zukunftsmärkte und gemeinsame internationale Wirtschaftskommissionen unterstützen wir Betriebe bei der Erschließung neuer Märkte und dem Ausbau bereits bestehender Geschäftsverbindungen. Für ein kleineres, exportorientiertes Land wie Österreich ist es darüber hinaus von großer Bedeutung, dass die Europäische Union eine aktive Handelspolitik verfolgt. Dabei geht es insbesondere um den Abbau bestehender Handelsbeschränkungen sowie um das Vermeiden von Handelskonflikten. Außerdem brauchen heimische Unternehmen und insbesondere KMU etwa bei der grünen und digitalen Transformation Unterstützung, um international wettbewerbsfähig zu bleiben. Vor diesem Hintergrund wurde von der Bundesregierung die Klima- und Transformationsoffensive beschlossen, in deren Rahmen insgesamt 5,7 Milliarden Euro bis 2030 zur Verfügung gestellt werden. Der Wandel zu einer nachhaltigen, digitalisierten und zukunftsorientierten Wirtschaft verlangt eine entsprechende Anpassung der Arbeitswelt, damit ausreichend qualifizierte Fachkräfte zur Verfügung stehen. Die Förderung von Skills-Schecks ist dabei nur eine von zahlreichen Maßnahmen, um die Wettbewerbsfähigkeit und Resilienz heimischer Unternehmen zu stärken. Auch die Unterstützung transformativer Unternehmensprojekte – also die Entwicklung von Produkten, die unter anderem einen signifikanten Beitrag dazu leisten, dass die österreichische Wirtschaft nachhaltiger, krisenresistenter und unabhängiger wird –, treiben wir durch die Klimaund Transformationsoffensive voran. Unser Ziel ist es, den österreichischen Standort und den heimischen Arbeitsmarkt nachhaltig zu stärken.

Martin Kocher Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft

© BMAW/Holey

Liebe Leserin, lieber Leser!


Entdecken Sie aspern Die Seestadt Wiens. Wo internationales Business auf Lebensqualität, Innovationskraft und Forschergeist trifft. Die Smart City mit Wiener Charme. Ein Wirtschaftsstandort mit Herz und Hirn.

www.aspern-seestadt.at

Hightech Produktion

Handwerk

Innovation


WeltMeister Österreich Inhalt

Auf einen Blick Österreich 12

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Visual Computing in der Donaucity

Niederösterreich 90

Modernste Technologie im Bereich des Visual Computing – und Spaziergänge auf dem Mars.

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Digitaler Humanismus in der KI-Zukunft

Modernste Biotechnologie von Biomay Programmierte Bakterien und Genscheren als Grundlagen für Covid-Impfstoffe und personalisierte Krebs-Therapien.

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Die Geschichte hinter „deepassist“ Wie eine Künstliche Intelligenz aus Wien zu einem der Top 5-Produkte weltweit wurde.

Rezepte für die Zukunft LH Johanna Mikl-Leitner: Attraktivität des Standorts hochhalten, Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe stärken.

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msg Plaut-CEO Georg Krause über das Gebot einer Digitalisierung, in deren Zentrum der Mensch steht.

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Für die Macher von heute und morgen Büromöbel von Neudoerfler finden sich nicht nur in Büros, sondern auch in Schulen und Universitäten.

Eine Utopie als neuer Stadtteil Ein Magnet für neue Forschungseinrichtungen und Unternehmen – die Seestadt aspern.

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Möbel, die auch im Museum stehen Seriell gefertigtes Mobiliar und individuelle Designs sind das Erfolgs­geheimnis von Braun Lockenhaus.

Weil Wien viel zu bieten hat Die Wirtschaftsagentur Wien macht Start-ups und etablierten Unternehmen Wien als Standort schmackhaft.

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Burgenland

Ein Think- und „Do-Tank“ für die Wirtschaft Der „Senat der Wirtschaft“ will eine treibende Kraft bei der Gestaltung von Österreichs ökonomischer Zukunft sein.

Extremophile ersetzen Spritzen Von der Technischen Universität zum eigenen BiotechStart-up, das die Medizin revolutionieren könnte: NovoArc.

Wien 34

Eine Vorreiterrolle in der IT Die Huemer Group ist einer der Top-Anbieter von Data Centern, innovativen IT-Lösungen und IT-Consulting.

„Was gibt es Schöneres?“ Astrid Steharnig-Staudinger leitet die Österreich Werbung und ist Designerin von Österreichs Tourismusvisitenkarte.

Der führende Bahnlogistiker Europas Rail Cargo Austria: Transportgesellschaften in 13 Ländern Europas transportieren jährlich 88,4 Mio. Nettotonnen Fracht.

Die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Österreich Maximilian Scherr, Strategieberater und Partner bei Arthur D. Little, warnt vor einem Stillstand.

Digitalisierung und KI im Krankenhaus Die Barmherzigen Brüder betreiben etliche medizinische Einrichtungen mit modernster Technik.

Heimliche Gewinner, anerkannte Champions Ein Kompendium heimischer Erfolgsgeschichten, erzählt in exklusiven Interviews.

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Am Flughafen ist jeder ein VIP Im neuen VIP Terminal am Flughafen Wien-Schwechat gibt es Services, die Stars und Staatsgäste nutzen, für alle.

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Kinderräder aus Klosterneuburg erobern die Welt An Spitzentagen werden 1.000 Kinderfahrräder bei woom bestellt. Möglich machen das IT-Lösungen von Microsoft.

102 Traktoren, die rund um den Globus fahren Geringer Verbrauch, Effizienz und Automatisierung zeichnen Steyr und Case IH Maschinen aus.


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106 Diese Lichtkuppeln sind überall Sadler-Lichtkuppeln aus Traiskirchen setzt in der Produktion auf selbst erzeugten, grünen Strom.

Steiermark 112 Der Erfolgsfaktor Kooperation LR Barbara Eibinger-Miedl: In keinem anderen Bundesland wird so viel in Hochschulen und Forschung investiert.

116 Der Tausendsassa: von PCR-Test bis Rasierer Die Payer Group ist ein internationaler Player – von Medizinprodukten bis zu Consumer Healthcare.

120 Mit Tool-Management zum Top-Konzern Werkzeuge nicht kaufen, sondern pro Einsatz bezahlen: TCM International Tool Consulting & Management.

150 Der heimliche Kreativ- und IT-Hotspot Österreichs Abseits des Mozart-Images hat sich Salzburg mit Innovation Salzburg zum Tech-Standort entwickelt.

154 Innovative Photovoltaik für Europa Alumero: Von Unterkonstruktionen für Solaranlagen bis zum mobilen Solarkraftwerk.

160 Denios: Die Spezialisten Nie wieder die Umwelt verseuchen: Gefährliches lagert bestens in Produkten aus Eugendorf.

164 Visionen von Start-ups realisieren In Radstadt ermöglicht die Make Visions Group, dass großartige Ideen auch Früchte tragen.

168 Ein Unicorn aus Österreich Maschinen weltweit verwenden Software von Copa-Data.

124 Fenster aus der Steiermark auf Weltreise Fenster und Türen aus nachhaltigem Material und nicht am Fließband hergestellt: Kapo Fenster.

Oberösterreich 130 Innovationskraft und Mut zur Veränderung Verpackungen aus Kunststoff, Schaumstoff für Matratzen und Medizinprodukte brachten Greiner an die Spitze.

134 Ein Feuerwehr-Ausstatter steht unter Strom Die Elektrifizierung ist auch bei Schwerfahrzeugen angekommen: Rosenbauers „Revolutionary Technology“.

Kärnten 140 Silicon Alps: Chips make the world go round Der Tech-Cluster treibt seine Weltmarktführung bei Elektronik und Innovationen voran.

Salzburg

Tirol 174 Feratel: „Window to the World“ Von „Wetterkameras“ im TV bis zu Marketing, Werbung und Logistik – Feratel eroberte mit seinen völlig neuen Konzepten den Markt.

178 Die effizienteste Wärmepumpe stammt aus Tirol Zwei Ingenieure mischen die Szene auf und konstruieren in Eigenregie Wärmepumpen der neuesten Generation.

Vorarlberg 184 Seilbahnen von Vietnam bis Florida In Feldkirch entstehen die Transportlösungen der Zukunft, denn immer öfter erobern Seilbahnen nach den Bergen nun auch den urbanen Raum.

Sonstiges 192 Die wichtigsten Förderstellen

146 Eine klingende Visitenkarte Die Salzburger Festspiele blicken als Kultur- und Tourismusmagnet in eine glänzende Zukunft.

Anlaufstellen für Betriebsansiedelungen und Förderungen in den Bundesländern.


WeltMeister Österreich

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Impressum

Impressum HERAUSGEBER Germanos Athanasiadis CHEFREDAKTEURIN Mag. Sabine Bretschneider, MBA PROJEKTLEITUNG Mag. Erich Danneberg, MAS GRAFIK Grafik medianet AUTOR Alexander Haide FOTOS Credits bei den jeweiligen Bildern bzw. beigestellte Fotos MEDIENINHABER MN Anzeigenservice GmbH, 1110 Wien, Brehmstraße 10/OG 4, Tel. +43/1/919 20-0, Fax +43/1/298 20-2231, medianet.at

ANZEIGEN Mag. Thomas Parger, Michael Stein ADVERTORIALS Alexander Haide LEKTORAT Mag. Christoph Strolz MARKETING & VERTRIEB Alexandra Otto DRUCK Druckerei Bösmüller Gesellschaft mbH, Josef-Sandhofer-Straße 3, 2000 Stockerau, Österreich

ISBN VERKAUFSPREIS VERTRIEB

978-3-903254-65-7

27,50 Euro Buchbote, Tuersgasse 21, 1130 Wien, Österreich BESTELLHOTLINE www.medianet.at oder Tel.: +43/1/919 20-2115 oder Fax: +43/1/298 20-2231 COPYRIGHT © 2023 by MN Anzeigenservice GmbH. Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Abdrucks oder der Reproduktion einer Abbildung, sind vorbehalten. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Autor Alexander Haide, Jahrgang 1968, war u.a. für Wienerin, Wiener, ORF (Radio NÖ, Ö3, Blue Danube Radio, „Zeit im Bild“-Auslandsredaktion), Standard, Kronen Zeitung, Kurier Freizeit, Wien1 TV (Moderation) und Styria tätig. In mehr als drei Jahrzehnten Berufserfahrung gab es kaum ein österreichisches Medium, für das Alexander Haide keine Reportagen bzw. Beiträge verfasst hat. Zehn Jahre lang leitete er die Pop-Redaktion der Kronen Zeitung und interviewte die Musik-Größen des Planeten, von Prince bis Paul McCartney, von Mick Jagger bis Madonna. Außerdem stöberte er für seine Recherche in ägyptischen Königsgräbern und in den Kellern der Habsburger in Wien. Als erster Journalist Österreichs erlebte Haide die Schwerelosigkeit im Rahmen eines Parabelflugs an Bord eines russischen Armeeflugzeugs. Beiträge in internationalen Magazinen – u.a. in Marie Claire, Blick, Sky Magazin, Vox Magazine und Time – runden seinen bisherigen Werdegang ab. Haide veröffentlichte einige Bücher, darunter ein Sachbuch über den „Schirach Bunker“, einige Kochbücher mit Rezepten prominenter Musiker und den Krimi „Tot im Tor“. Im Jahr 2003 gründete Haide den „Walk of Stars“, auf dem sich Stars mit Hand und Fuß „verewigen“. Nach mehr als zehn Jahren im Gasometer sind die Star-Abdrücke derzeit in einem Museum im Wiener Prater ausgestellt. Seit Jänner 2022 ist Alexander Haide auch freier Autor für medianet und Die Presse und zeichnet als Autor für „Weltmeister Österreich – das Jahrbuch zum Wirtschaftsstandort“, Ausgaben 2023 und 2024, verantwortlich.



WeltMeister Österreich Editorial

Von heimlichen Gewinnern und bekannten Champions Am Wirtschaftsstandort Österreich tut sich einiges: Ein Kompendium heimischer Erfolgsgeschichten, erzählt in exklusiven Interviews.

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teigende Zinsen, Inflation und kostspielige Antiteuerungspakete prägen weiterhin die ökonomische Gegenwart. Die heimische Konjunktur hat, so die aktuellsten Zahlen der Statistik Austria (Stand September 2023), im zweiten Quartal 2023 stärker gelitten als erwartet. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) sank real im Vergleich zum Vorjahresquartal um 1,1 Prozent. Dennoch, und das ist eine der guten Nachrichten, liegt Österreichs Wirtschaft 3,2 Prozent über dem Corona-Vorkrisenniveau. Dazu kommt: Bei der Inflation ist eine sinkende Tendenz zu erkennen. Beim Außenhandel weist Österreich für Jänner bis Mai sogar ein Plus auf: Die Importe legten um 0,1 Prozent zu, die Exporte um 6,2 Prozent. Gegenüber den Corona-Vorkrisenniveau sind die Exporte sogar um beachtliche 26,6 Prozent (!) gestiegen. Dennoch: Die Zeit der Schönwetter-Managerinnen und -Manager ist bis auf Weiteres vorbei. Gebraucht werden echte Führungspersönlichkeiten, die mit konstruktivem Optimismus, Können, Krisenfestigkeit, Integrität, Resilienz und Innovationskompetenz ausgestattet sind. Ihnen ist dieses Buch gewidmet.

Österreichischer Außenhandel in Milliarden Euro

215,3

+20,6%

200

Importe 150

113,7 100

194,7

+17,6%

Exporte

109,4 Saldo –20,6

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2010 ’11

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Quelle: Statistik Austria

Die heimlichen Vorreiter … Hidden Champions – das sind wirtschaftliche Vorkämpfer und Weltmarktführer, die medial selten in Erscheinung treten. Und nein, sie sitzen großteils nicht im Silicon Valley, sondern, mit dem Referenzrahmen Einwohnerzahl gerechnet, in Deutschland, der Schweiz – und in Österreich. In Wien, in Klosterneuburg, in Traiskirchen, der Nähe von Eisenstadt, in Salzburg, in Kremsmünster oder in Wolfurt. Management-Vordenker Hermann Simon prägte den Begriff Hidden Champions für die Top-Mittelständler in Nischenmärkten schon vor 30 Jahren. Seitdem ist vieles anders geworden: „Direktinvestitionen verdrängen den Export, die Warenströme weichen zunehmend digitalen Dienstleistungen, das Thema Nachhaltigkeit bietet Chancen, erfordert aber ein Umdenken.“ Wie gehen die versteckten Champions, die heimlichen Weltmeister, mit der „neuen Normalität“ um, mit Digitalisierung, Künstlicher Intelligenz, strukturellen Veränderungen, dem Kreisel des Economic Change, der sich immer schneller dreht. Mit Fachkräftemangel, Wirtschaftskrise, Inflation und Klimawandel, mit einer neuen Weltkarte, die chinesische Dominanz skizziert, mit einer Unberechenbarkeit, die so ungewohnt wie herausfordernd ist. … und die international führenden Konzerne Natürlich haben wir für den „Weltmeister Österreich 2024 – Das Jahrbuch zum Wirtschaftsstandort“ nicht nur die „Hidden“ Champions zum ausführlichen Gespräch gebeten, sondern auch all jene Unternehmen, die schon im Scheinwerferlicht stehen, die im Export tätig sind, die sich rund um den Globus einen Namen gemacht haben – die Weltmeister in ihren Branchen: von der Salzburger Alumero Group, die mit innovativen Photovoltaik-Systemen an der Europa-Spitze steht, bis zur Klosterneuburger woom, die aus der Garage heraus innerhalb von zehn Jahren zu einem internationalen Unternehmen und der größte, reine Kinderfahrrad-Hersteller weltweit geworden ist.


© Panthermedia.net/NASA

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dungsträger des Landes: Lesen Sie, wie Krisenbewältigung sich mit Digitalisierung, KI und Automatisierung Wachstum verträgt. In den zahllosen Gesprächen, die für dieses Zur wirtschaftlichen Unsicherheit gesellt sich in den vergangenen Kompendium geführt wurden, erzählen sie von ihrem ganz persönJahren der digitale Umbruch, der mit allen tradierten Regeln bricht. lichen Zugang zum Standort Österreich, von Architektur, TourisUnd nicht erst seit die Welt ChatGPT entdeckt hat, hält Künstliche mus, traditionellem Handwerk, Humanismus, Biotech, Künstlicher Intelligenz (KI) – langsam, aber sicher – Einzug in so gut wie alle Intelligenz, F&E, Fachkräften, Digitalisierung, Branchen. Darauf aufbauende AutomatisierunLogistik, Medizin, Mobilität, Innovationskraft, gen und datenbasierte Entscheidungen brauNachhaltigkeit und Maßnahmen gegen den Klichen neue Konzepte und Strukturen. „Zu wirtschaft­ mawandel. „Weltmeister Österreich“-Autor Alexander licher Unsicherheit Haide hat nachgefragt – bei den Kapitäninnen Von Wien bis Vorarlberg – ein Leitfaden und Kapitänen der großen Exporteure, bei den gesellt sich die Die Gliederung des vorliegenden Jahrbuchs zum Geschäftsführern der traditionsreichen Mitteldigitale Disruption, Wirtschaftsstandort in die neun Bundesländer ständler, bei den Chefinnen und Chefs der Techdie mit allen zeigt auf, dass die ökonomischen Kompetenzen Cluster, den Gründern und Leadern. Wie steht in Österreich breit gestreut sind. Innovation und es um die Zukunftsaussichten der Unternehtradierten Regeln Kreativität ziehen sich wie ein roter Faden durch men und welche Strategien und neuen Spielrebricht.“ die Klein- und Großbetriebe zwischen Neusiedler geln bringen sie weiter? See und Bodensee. Zudem haben wir nicht nur die spannendsInterviews mit den Besten ihrer Branche ten Persönlichkeiten und die interessantesten Unternehmen für In diesem Sinne haben wir auch das Konzept des „Weltmeister Sie recherchiert, sondern auch die wichtigsten Kennzahlen und Österreich 2023 – Das Jahrbuch zum Wirtschaftsstandort“ weiterdie zentralen Anlaufstellen für Betriebsansiedelung und Fördegeführt. Auf den folgenden Seiten lesen Sie Exklusiv-Interviews mit rungen. (sb) 35 der spannendsten Entscheidungsträgerinnen und Entschei◆


WeltMeister Österreich Österreich


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Österreich Österreich in Zahlen Größe Bevölkerungsanzahl Bruttoregionalprodukt je Einwohner* verfügbares Einkommen privater Haushalte* Einkommen pro Arbeitnehmer* Forschungsquote in % des BIP* Anzahl der Betriebe*** – Industrie – Bau – Handel Anzahl der Erwerbstätigen*** – Industrie – Bau – Handel Anzahl der Beherbergungsbetriebe** Nächtigungen**

83.883 km² 9.129.652 45.400 € 24.400 € 48.400 € 3,13 %

32.002 38.581 80.298 728.187 348.331 619.331 69.242 136.912.168 Quelle: Statistik Austria; *2021 **2022 ***2020


WeltMeister Österreich Arthur D. Little

Die Gefahr, bei Technologien den Anschluss zu verlieren Maximilian Scherr, Strategieberater und Partner bei Arthur D. Little, sieht die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Österreich nicht ganz so rosig.

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issenschaftsskepsis, das Verschlafen von dramatischen Veränderungen in der Welt, eine nicht mehr zeitgemäße Energieversorgung – das sind nur einige Punkte, bei denen Maximilian Scherr, Partner bei Arthur D. Little, der ältesten Strategieberatungsagentur der Welt, Handlungsbedarf sieht. Der gebürtige Grazer leitet bei ADL branchenübergreifend die Praxisgruppe Strategie, Organisation & Innovation in Österreich und ist Co-Autor der globalen ADL CEO Insights. Eine blühende Zukunft des Wirtschaftsstandorts Österreich sieht er gefährdet, wenn nicht rasch fundamentale Veränderungen eingeleitet werden.

© Arthur D. Little

Glaubt man Experten, ist die wirtschaftliche Situation Österreichs nicht besorgniserregend. Stimmen Sie dem zu? Maximilian Scherr: Nein, tue ich nicht. Allerdings muss man differenzieren. Erstens geht es uns in Österreich, gemessen an der Kaufkraft und vor allem der Kaufkraft der Top 80 Prozent, sehr, sehr

Maximilian Scherr bei einem seiner zahlreichen Vorträge vor Experten.

gut. Bei der Kaufkraft der unteren zwanzig Prozent ist das vermutlich auch der Fall, da wir als Land, inklusive Sozialpartnerschaft, vieles richtig gemacht haben. Zweitens sind wir privilegiert: Unsere günstige geografische Lage, das angenehme Klima und die reichhaltige Kultur ermöglichen es uns, eine erfolgreiche Tourismusnation zu sein und Geld ins Land zu holen; wir haben das aber auch schlau genutzt. Dazu kommen auch viele Unternehmen, vor allem erfolgreicher Mittelständler, und in Summe haben wir einen Wohlstand erreicht, der es uns erlaubt, gute Universitäten und ein sehr gutes Lehrlingssystem zu haben. Wir verfügen damit über viele der Ingredienzien, die zum Erfolg verhelfen. Gleichzeitig sehe ich die Gefahr, dass Österreich bei Schlüsseltechnologien nach vorne hinaus den Anschluss verliert, sowohl in der Erforschung als auch in der Anwendung. Österreich ist eines der wissenschaftsskeptischsten Länder, und es gilt herauszufinden, weshalb das so ist. Es gibt gute Forscher und die bleiben auch im Land, aber darauf sollten wir nicht bauen. Ein Beispiel ist der Informatiker Sepp Hochreiter, eine in Deutschland geborene, aber an der Linzer Uni forschende KI-Koryphäe, die überzeugt ist, ein besseres Language Model zu haben als Open AI/ChatGPT, aber nicht entsprechend gefördert wird. Andere europäische Länder fördern viel stärker, und wir sollten auch den Mittleren Osten nicht unterschätzen. Ich war vor Kurzem erst unter anderem in Abu Dhabi, Bahrein, Dubai und Saudi-Arabien. In diesen Ländern werden ganz andere Summen in die Technologie gesteckt. Da hinken wir signifikant hinterher. Folglich gibt es auch weniger Möglichkeiten, solche Materien zu studieren und daran zu wachsen. Wissenschaft und angewandte Technologie brauchen ein Öko-System um sich herum, wie im Silicon Valley. Dort war lange nichts, bis Investments, vor allem durch Pensionsfonds, in Venture Capital möglich waren. Dieses Venture Capital gibt es bei uns nicht in diesem Ausmaß. Das ist, neben der Technologie- und Forschungsskepsis, auch ein PensionssystemThema.


© APA-Fotoservice/Pichler

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Maximilian Scherr (ganz rechts) u.a. mit Alexander Schallenberg und dem ehemaligen Mossad-Chef Efraim Halevy (2. von rechts).

Wo sehen Sie die größte Bedrohung der Zukunft des Standorts Österreich? Scherr: Ich frage mich eher, wo der größte Hebel liegt. Die größte Bedrohung sehe ich darin, dass wir uns noch nicht hinreichend bewusst sind, wie drastisch sich die Welt verändert – eben weil es uns noch so gut geht. Wenn wir aber nicht hinreichend versuchen, am Ball zu bleiben und Dinge in Gang setzen, laufen wir Gefahr, diesen Anschluss zu verlieren. Ist Österreich noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen? Und ist am Weg auch die österreichische Mentalität des eher Gemütlichen und des ‚Schau‘ ma mal‘ ein Hindernis? Scherr: Ich möchte kein Österreicher-Bashing betreiben, aber es gibt zu viele, denen die Bewahrung des Status quo, ihrer Seilschaften, ihres bestehenden politischen Umfelds, etc. viel wichtiger ist, als zu verstehen, was sich etwa im Umfeld KI und neue Energiesysteme wirklich tut. Wenn ich mir einerseits ansehe, wie sehr viele Österreicher über die Energiepreise jammern und sie andererseits dagegen stimmen, wenn in der Gemeinde ein Windrad aufgestellt werden soll, wird das nicht funktionieren. Ich bin nicht für Enteignungen und Zwang. Aber ich wage die Prognose, dass, wenn

wir das Thema Energiewende in Österreich ernst nehmen, wir an den Punkt kommen werden, an dem sich die Frage nach dem Wollen nicht mehr stellt. Sondern dann wird ein Windrad einfach dort aufgestellt, wo der richtige Standort ist. Dann wird das Verteilnetz der Energieversorger dort gebaut, wo es notwendig ist. Wir können nicht einerseits mehr Grün fordern, aber andererseits keinen Netzausbau oder Wind- und Photovoltaikprojekte wollen. Brauchen wir wieder mehr Staat und mehr Reglementierungen? Scherr: Es ist aus meiner Sicht nicht eine Frage des Mehr oder Weniger Staat, sondern wo braucht man den Staat oder das Land? Es ist eine Frage von ‚intelligentem Staat‘. These eins ist, dass es mehr Durchsetzungsvermögen bei großen Infrastrukturprojekten, die das Land braucht, geben muss. Dazu zählen das Übertragungsnetz für die Energiewende, mehr Windparks und Ähnliches. Es braucht auch weniger Regional- und Lokalkolorit. Ob das Wichtigste noch eine TU in Linz ist, obwohl man bereits eine sehr gute Uni in Linz hat, weiß ich nicht. Gerade ein kleines Land wie Österreich sollte vermutlich über eine überschaubare Anzahl exzellenter Zellen für gewisse Themen verfügen, anstatt Mittel möglichst noch zu verteilen. Es braucht ein Bekenntnis der öffentlichen Hand, dass


WeltMeister Österreich Arthur D. Little

die Europaskepsis hat in einigen Ländern sogar zugenommen. So die Energiewende die Eigentümer der Energienetze auch Geld sehr ich mir auch wünschen würde, dass Europa diese gemeinsame kostet und sie dafür aufkommen müssen. Das sind oft die Länder Sprache und Kraft hätte, ist dies eher Wishful Thinking und ein auf bzw. mittelbar die Republik, wenn es um den Verbund und die APG absehbare Sicht nicht erfüllbarer Traum. Auch in Österreich vermis(Austrian Power Grid) geht. se ich den allgemeinen Konsens, den es noch vor dem EU-Beitritt These zwei: Es muss eine andere Regulierung geben, damit die gab, dass das Land Teil eines größeren Ganzen sein muss. Hier bin Energieversorger anders kapitalisieren und den notwendigen ich sogar pessimistisch, denn viele schreien nach mehr Autarkie, Netzausbau weiterverrechnen können. Die Österreicher können ohne zu wissen, was es kostet und welchen Verzicht es mit sich nicht erwarten, dass alles möglichst günstig ist und aus dem bringt, autark zu sein. Das beste abschreckende Beispiel hat uns Nichts heraus unzählige Milliarden Euro in den kommenden JahGroßbritannien vorgemacht: Die Mehrheit der Wähler ist dem Narren in den Ausbau der Netze gesteckt werden. Die Rechnung ist rativ einiger Politiker aufgesessen, dass De-risking durch Trennung relativ einfach: Wenn man sowohl in die Erzeugung als auch in die die Strategie der Wahl ist. Sie lernen jetzt, dass Übertragung mehr investiert, ergibt sich ein Trennung kein De-risking ist, sondern eher der geringerer Strompreis. Investments brauchen Weg ins Desaster. Wenn das nicht einmal ein aber eine Zeit lang, bis sie sich amortisieren. „Nicht jeder, der wirtschaftlich bedeutendes Land wie Großbrigerne mehr Worktannien hinbekommt, wie sollten wir das schafWie muss die Transformation des EnergieLife-Balance hätte, fen? sektors aussehen? Scherr: Es braucht mehr dezentrale Produktion leistet so viel, dass Föderalismus kills? und damit mehr dezentrale Einspeisung mit eies auch gerechtScherr: Er kann auch zu weit gehen. Ich glaube, nem viel dezentraleren Netzmanagement. Das fertigt wäre.“ dass der Österreicher mit seiner Mentalität ein funktioniert nur digital. Dazu gehören Lösungen, bisschen Föderalismus braucht. Aber bei großen wie etwa, dass Autobatterien aus dem Pool an Maximilian Scherr Herausforderungen wie bei der Energiewende, zunehmenden Elektrofahrzeugen nicht nur gelaInvestments in Zukunftstechnologien, der Sanieden werden, wenn es der Nutzer möchte und rung des Pensions- und des Gesundheitssystems bräuchte es mehr entladen wird, wenn er fährt. Dieser dezentrale Energiespeicher nationalen Zusammenhalt. kann genutzt werden. Es braucht Lösungen zum Limitieren der Spitzen der Einspeisung bei Photovoltaikanlagen – weil sonst eine Hat man in Österreich den Anschluss in Sachen KI bereits verTrafostation überhitzen kann und der Strom dann komplett ausfällt säumt? –, aber auch diese Steuerung muss digital erfolgen. Deshalb ist für Scherr: Ich glaube, dass wir nach wie vor Top-Forscher in Österdie Transformation der Energieversorger und Energienetze die Direich haben. Das soziale Umfeld zieht ja auch Menschen an, die gitalisierung ein ganz wesentlicher Kern. gerne hierbleiben. Im Bereich Cyber Security gibt es einige Koryphäen in Graz rund um Prof. Stefan Mangard, bei den fundamentaMuss Europa zu einer Insel – de-risked, wie man nun sagt – werlen Fragen der KI ist Sepp Hochreiter wegweisend, bei KI in der den? Ist es überhaupt möglich, die Globalisierung umzukehren? Dermatologie ist Harald Kittler von der MedUni Wien führend … Es Scherr: Das muss man differenzieren. Eine bevölkerungsmäßig, gibt also schon einige – und das sind nur drei Beispiele. Deshalb unternehmensmäßig und flächenmäßig große Nation wie die USA wäre es unfair, zu sagen, dass wir den Anschluss versäumt haben kann sich es leichter leisten, von anderen autark sein zu wollen, da – aber wir fördern zu wenig fokussiert. Ich glaube zusätzlich, dass sie unter anderem sehr viele Technologien im Land hat. Eine Natiinsbesondere in den Schulen, in der Volksschule und den Gymnaon wie China kann sich das auch leichter leisten. Die Führung von sien erheblicher Aufholbedarf besteht. Wenn wir in manchen KlasRussland hatte den Gedanken, dass es sich das Land leisten könnsen mehr Stunden Religion als IT haben, dann ist das nicht besonte, was nicht funktioniert. Europa hätte gemeinsam sehr viel, wenn ders zukunftsweisend. Außer man denkt vor allem über den Tod auch nicht alles, wie Energie, seltene Erden und einiges mehr. Aber hinaus. Europa ist nach wie vor in viele Nationalstaaten zergliedert, und


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heute Herrschaftswissen ist, ‚Ich zahle nicht gute Löhne, wird demokratischer verteilt weil ich viel Geld habe, sonwerden. Daraus eben die richdern ich habe viel Geld, weil tigen Schlüsse zu ziehen und ich gute Löhne zahle‘, wird Ronicht nur statistische Wahrbert Bosch zitiert. Gilt das noch scheinlichkeiten zu nutzen, immer, oder wo liegt der Fokus wird nach wie vor eine hohe beim Recruitment der Zukunft? Kunst sein. Das für UnternehScherr: Ich würde das Zitat von men ganz konkret auf den Robert Bosch abändern. Ich Punkt zu bringen, was das jetzt würde sagen, dass ich Work für sie bedeutet, ist eine Frage, und Life habe, weil ich auch die viele CEOs beschäftigt und anderen eine Work-Life-Balandie wir mit ihnen diskutieren. ce ermögliche und es so schafMaximilian Scherr im Kraftwerkskontrollraum des nie in Betrieb gestellten Das zweite Thema ist nach fe, die guten Mitarbeiter zu AKW Zwentendorf – wo liegt der Fokus bei der Energiewende? wie vor: Wie schafft man halten. Am Ende des Tages Wachstum? Viele fragen sich momentan gerade, wie sie mit gestiesind wir erfolgreich, weil wir diese Dinge ermöglichen. genen Kosten umgehen und diese reduzieren können. Das besprechen sie aber nicht immer mit uns, denn wir wissen vor allem darDer Paradigmenwechsel, dass nicht Geld allein zählt, hat also über Bescheid, wie man in Wertschöpfungsketten mit Wachstum längst stattgefunden? umgeht. Verantwortungsvolle Unternehmen haben sich in guten Scherr: Der ist bei vielen bereits Realität. Aber nicht jeder, der gerZeiten um Kostenreduktion gekümmert, um in schlechten Zeiten ne mehr Work-Life-Balance hätte, leistet auch so viel, dass es geins Wachstum investieren zu können. Insbesondere, wer diese rechtfertigt ist, sie ihm einfach so zu geben. Die Geschichtsbücher Hausaufgaben bereits gemacht hat, dem können wir dabei helfen, sind im Bereich des Sports voll damit, dass Menschen, denen ein zu wachsen. Talent in die Wiege gelegt wurde, es verschleudern, da sie zu viel Das dritte Thema ist Cyber Security. Das ist nach wie vor ein Life haben möchten und es zu einer Inbalance kommt. Thema, das viele CEOs immer wieder mal ein bisschen beschäftigt, und es ist so präsent, dass sie ab und zu beunruhigt sind. BeunruWelches sind die häufigsten Themen, bei denen Kunden bei higt zu sein, ist aber nicht genug. Viele Unternehmen haben gute Arthur D. Little um Rat fragen? Leute in ihren Sicherheitsabteilungen, etwa ihren Chief InformatiScherr: Es gibt drei wesentliche Themen. Erstens: Was bedeutet on Security Officer. Aber nicht jeder von denen hat die Macht und KI für sie und ihr Unternehmen? Das ist keine Frage, auf die es eine die Kraft, mit dem Board auf Augenhöhe diskutieren zu können. einzige Antwort gibt. Bei vielen Dingen, die einen ParadigmenWenn eine Zeit lang nichts passiert ist, nichts aktualisiert wurde wechsel darstellen – und die Veröffentlichung dieser Languageund nicht viel Geld in die Aus- und Weiterbildung und in TechnoModels stellt einen solchen Paradigmenwechsel dar –, erleben logie gesteckt wurde, dann herrscht auch eine Erwartungshaltung, viele Menschen einen Goldrausch. Den werden nicht alle überledass sich das nicht dramatisch verändern muss. Viele CISOs wisben, aber in diesem Goldrausch wird es Entwicklungen geben, die sen natürlich, dass sie nicht alleine deshalb sicher sind, weil das heute noch gar nicht vorhersehbar sind. Genau darauf müssen sich Unternehmen noch nicht erfolgreich gehackt wurde – sie haben Unternehmen einstellen. Am Ende des Tages wird das auch die aber oft nicht die Business-Transparenz, d.h. quantifizierte Risiken, Tätigkeiten innerhalb jedes Jobs stark beeinflussen, oder Tätigkeium erfolgreich Board-Diskussionen führen zu können. Da helfen ten werden wegfallen. Überall dort, wo Daten sowieso relativ wir dabei, Mut und Fakten zusammenzutragen und bei den CEOs konsistent abgelegt werden, wo Forschung stattfindet, die dokuGehör zu finden. Und in anderen Fällen helfen wir Boards, eine mentiert wird, im Journalismus und vielen anderen Bereichen wird unabhängige zweite Meinung zu erhalten, wie es um ihre Security es nicht mehr lange dauern, bis Modelle auf diese Daten selektiv wirklich bestellt ist. Zugriff haben und Mitarbeiter das alles nutzen können. Vieles, das ◆


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„Was gibt es Schöneres, als die eigene Heimat zu vermarkten?“ Astrid Steharnig-Staudinger leitet seit Mai 2023 die Österreich Werbung und ist die oberste Gestalterin von Österreichs Tourismus-Visitenkarte.

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ehrsprachigkeit – fünf Sprachen sind es insgesamt – ist nur eine der Qualifikationen, die Astrid Steharnig-Staudinger für einen der wichtigsten Jobs des Landes mitbrachte. Immerhin ist die 45jährige Kärtnerin mit Wohnsitz Wien verantwortlich für das Image und den Werbeauftritt, die Touristen von Urlaub in Österreich überzeugen sollen. Davor war die Mutter zweier Kinder unter anderem bei WienTourismus, der Falkensteiner-Gruppe und in ihrem eigenen Unternehmen „Linking Brands“ erfolgreich tätig. Steharnig-Staudinger erlaubt Einblicke in ihre Philosophie, wie sie die Zukunft des Tourismus einschätzt und gestalten will.

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Fachkräftemangel, Klimawandel, Inflation – hätten Sie sich ein ruhigeres Fahrwasser zu Ihrem Amtsantritt gewünscht oder brauchen Sie die Herausforderung?

Astrid Steharnig-Staudinger ist Geschäftsführerin der Österreich Werbung.

Astrid Steharnig-Staudinger: Die von Ihnen beschriebene Situation ist nicht erst heuer aufgetreten. Tourismus lebt von Veränderungen und von Herausforderungen. Die Branche zeichnet sich dadurch aus, sich gerade darauf einstellen zu können und sich neu zu erfinden. Dadurch entstehen auch Innovationen. Das haben wir auch während der Coronapandemie gesehen. Und ja, ich bin begeisterte Österreich-Werberin und freue mich auf diese schöne Aufgabe und die Herausforderung; ansonsten hätte ich vor 15 Jahren nicht den Weg in die Selbstständigkeit gewagt. Ich habe an mich geglaubt und ich war erfolgreich. Und mit dieser Sichtweise gehe ich auch die Geschäftsführung der Österreich Werbung an. Weshalb hat Sie der Job als Chefin der Österreich Werbung gereizt? Steharnig-Staudinger: Was gibt es Schöneres, als die eigene Heimat zu vermarkten? In diesem Job kann man so viel bewegen. Gemeinsam mit der gesamten Branche kann man das Bild des Tourismusstandorts Österreich im Ausland prägen, Menschen für dieses großartige Land begeistern. Ich denke, es ist notwendig, die ganze Vielfalt Österreichs vor den Vorhang zu holen. Denn es gibt so viele unterschiedliche Zielgruppen mit unterschiedlichen Ansprüchen in den verschiedenen Märkten, die wir bearbeiten. Mit zeitgemäßer Kommunikation den Tourismus in Österreich auf seinem Erfolgsweg zu unterstützen, ist eine großartige Aufgabe, die mich sehr reizt. Tourismus-Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler bezeichnete Sie als strategische Vordenkerin. Würden Sie das unterschreiben und wenn ja, was sind hier Ihre Stärken? Steharnig-Staudinger: Ich bin eine Visionärin mit weiser Voraussicht und blicke stets über den Tellerrand. Ich bin überzeugt, dass in der heutigen Arbeitswelt und gerade im Tourismus drei Aspekte wesentliche Bedeutung haben: Anpassungsfähigkeit, ein offenes Mindset und Empathie. Das sind drei Eigenschaften, die ich mir bei


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In Zeiten von brütender Hitze in typischen Sommer-Destinationen kann Österreich mit Urlaub in kühlen Bergwelten international punkten.

aller Bescheidenheit zuschreiben würde. Und ich bin eine gute Brückenbauerin. Unser Alltag wird immer technologisierter, die Veränderungen passieren inzwischen im Wochentakt. Deshalb ist es wichtig, sich die Fähigkeit zu bewahren, Veränderungen nicht als eine Bedrohung wahrzunehmen, sondern sie in seinen Alltag zu integrieren und sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Daneben ist es vor allem für unsere Branche zentral, das Menschliche in den Vordergrund zu stellen. Technologische Neuerungen mögen uns effizienter machen, aber das persönliche Erlebnis, das Gespräch mit dem Gastgeber oder der Schmäh vom sympathischen Service-Mitarbeiter, das lässt sich nicht maschinell ersetzen. Diese Herausforderungen und die teilweisen Widersprüche werden wir als Branche nur gemeinsam navigieren können. Mit Ihrem Unternehmen Linking Brands haben Sie den Networking- und Kooperationsgedanken gelebt. Können Sie das nun auch bei der ÖW nutzen? Steharnig-Staudinger: Ich habe mit meinem Unternehmen sehr unterschiedliche Akteure zusammengebracht, die auf dem ersten Blick wenig miteinander zu tun hatten, zum Beispiel einen namhaften Autohersteller mit einer Tiroler Tourismusregion. Daraus sind

sehr erfolgreiche Kooperationen entstanden. Diesen Gedanken möchte ich weitertragen. Denn nur durch die gemeinsame Nutzung unserer Stärken ist es möglich, das Beste für den Tourismusstandort herauszuholen. Ich möchte eine Kooperationskultur etablieren, nur so sind wir wettbewerbsfähig. Wir als ÖW können als Plattform und Katalysator fungieren, Landestourismusorganisationen, Tourismusverbände und Betriebe können ihre individuellen Stärken dort einsetzen, wo es am effektivsten ist. Daneben gibt es zahlreiche Projekte im Digitalisierungs- und Nachhaltigkeitsbereich, wo wir nicht nebeneinander, sondern miteinander arbeiten müssen. Auch dort muss Kooperation das Gebot der Stunde sein, um den Tourismusstandort an die Weltspitze zu bringen. Einer der aktuellen Trends ist der Radtourismus. Gibt es hier eine landesweite Strategie oder ist das Aufgabe der regionalen Tourismusbüros? Steharnig-Staudinger: Die Österreich Werbung hat heuer zum fünften Mal die ‚Themenkooperation Rad‘ lanciert. Hier arbeiten wir gemeinsam mit den Landestourismusorganisationen, heuer zum ersten Mal mit acht von ihnen, an der Gestaltung und Umsetzung der Kampagnen. Die Radexperten der Bundesländer bringen dabei


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ihr Wissen aus der alltäglichen Praxis ein, was ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist. Heuer haben wir erstmals den Trendsport GravelBiking aufgegriffen, der bereits eine große und wachsende Community hinter sich vereint. Gemeinsam mit den Landestourismusorganisationen wurde eine österreichweite Gravel-Tour unter dem Namen ‚Gravel Austria‘ gestaltet, die auf einer eigenen Landingpage vorgestellt wird. Das ist ein Beispiel dafür, wie wir uns mit den aktuellen Trends beschäftigen und diese in Kampagnen integrieren, vor allem aber auch weiterentwickeln.

Viele Zielmärkte sind in Übersee. Sehen Sie hier Probleme aufgrund des ‚Flight-Shamings‘ und der steigenden Energiekosten? Steharnig-Staudinger: Grundsätzlich reisen ca. zehn Prozent unserer Gäste mit dem Flugzeug an. Die zuletzt gestiegenen Flugpreise haben noch zu keinem sichtbaren Effekt geführt. Die zahlungskräftige Zielgruppe, die etwa aus den USA oder Asien mit dem Flugzeug anreist, leistet sich Urlaub weiterhin. Das ist derselbe Effekt, den wir auch in unseren Nahmärkten sehen: Reisen ist ein hohes Gut, den man sich auch in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld nicht nehmen lassen möchte. Was den Nachhaltigkeitsgedanken angeht: Da tut sich in der Luftfahrtindustrie sehr viel. Flugzeuge verbrauchen weniger Treibstoff, und der beginnende Einsatz von sogenannten Sustainable Aviation Fuels, die CO2-neutrales Fliegen ermöglichen sollen, führen insgesamt zu weniger Energieverbrauch im Flugverkehr. Abgesehen davon ist unser Auftrag als ÖW, das Tourismusland Österreich weltweit zu vermarkten. Das ist für die Wertschöpfung in Österreich sehr wichtig. Und da müssen wir natürlich auch dafür Sorge tragen, dass es ein nachhaltiges Angebot in Österreich gibt.

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Die Österreich Werbung nutzt seit einigen Monaten auch Künstliche Intelligenz. Wie wird KI eingesetzt bzw. was kann der KI-basierte ÖW-Chatbot? Steharnig-Staudinger: Der ‚Österreich Concierge‘ auf unserer B2CWebsite soll potenziellen Gästen als Inspirationsquelle für ihren Österreich-Urlaub dienen. Er beantwortet die gängigsten Fragen rund um Urlaub in Österreich und greift dabei auf die Inhalte unserer B2C-Website zurück, erweitert durch generative KI-Dienste. Das ist das eine. Andererseits hilft er auch uns, zu lernen – nämlich von den Fragen unserer Gäste. Dadurch erkennen wir, was den Gästen wichtig ist und was potenzielle Trends sein könnten. Der Chatbot befindet sich aktuell noch in der Entwicklungsphase, aber es ist wirklich beeindruckend, wie gut das jetzt schon funktioniert.

Steharnig-Staudinger: „Die ÖW kann als Plattform und Katalysator fungieren.“


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Gemeinsam mit Landestourismusorganisationen erarbeitet die Österreich Werbung Kampagnen – 2023 etwa mit dem Schwerpunkt Gravel-Biking.

Wie schätzen Sie die Zukunft des Kongresstourismus ein, da vieles mittlerweile als Online- bzw. hybride Veranstaltung stattfindet? Steharnig-Staudinger: Aus unserem im Juni gemeinsam mit dem Austrian Convention Bureau herausgegebenen Meeting Industry Report Austria (mira) wissen wir, dass wir im vergangenen Jahr fast wieder die Vor-Corona-Zahlen erreicht haben, was Veranstaltungen und Kongresse anbelangt. Der Kongresstourismus hat sich als widerstandsfähig und innovativ erwiesen. Onlineveranstaltungen bzw. hybride Events haben uns während der Coronapandemie natürlich gezeigt, was möglich ist, wie effizient wir sein können, und davon werden sicherlich zahlreiche Aspekte auch bleiben. Ich gehe aber davon aus, dass bei Veranstaltungen, bei denen der intensive Austausch innerhalb der Branche, das Netzwerken und auch der Entertainment-Faktor im Vordergrund stehen – sozusagen der menschliche Aspekt –, ein physisches Zusammentreffen nicht ersetzt werden kann. Deshalb glaube ich, dass der Kongresstourismus eine große Zukunft vor sich hat, wenn auch anders als vor der Pandemie. Wir arbeiten auch gerade gemeinsam mit den Ländern und dem ACB an einer Convention-Strategie für die Zukunft.

Einige niedriggelegene Skigebiete werden sich in den nächsten Jahrzehnten Alternativen überlegen müssen. Hier braucht es eine gemeinsame Anstrengung der gesamten Branche und Anreizsysteme, damit der potenzielle Wertschöpfungsverlust, der ohne den klassischen Wintersporttourismus droht, durch alternative Angebote aufgefangen werden kann. Dazu zählen zum Beispiel Wanderungen oder Mountainbiking. Es gibt bereits erste Regionen, die tolle Alternativangebote bieten. Wie kann Österreich ein leistbares Urlaubsland bleiben? Steharnig-Staudinger: Die Inflation der vergangenen Monate betrifft nicht nur Österreich, sondern auch andere Länder. Österreich ist im internationalen Vergleich nach wie vor ein Urlaubsland mit exzellentem Preis-Leistungs-Verhältnis – es gibt für jede Geldbörse ein Angebot, es gibt Unterkünfte für jeden Bedarf. Unser Tourismusland ist nicht nur, was die Landschaft anbelangt, facettenreich. Die besten drei Gründe für einen Urlaub in Österreich sind … Steharnig-Staudinger: … die Landschaft, die Menschen und das Lebensgefühl.

Muss sich der Wintertourismus neu aufstellen, neu erfinden? Wo und in welcher Saison machen Sie gerne Urlaub in ÖsterWo sehen Sie hier die Potenziale? reich und wohin wird Sie der nächste Winterurlaub führen? Steharnig-Staudinger: Die Auswirkungen des Klimawandels sind Steharnig-Staudinger: Grundsätzlich bin ich zu jeder Jahreszeit spür- und sichtbar. Aber was den Wintersporttourismus generell gern in Österreich unterwegs. Das hat auch etanbelangt, deckt sich die öffentliche Wahrnehwas damit zu tun, dass ich regelmäßig auf Heimung nicht unbedingt mit den Fakten. In den „Es gibt für jede maturlaub in Kärnten bin und die Familie meines Worst-Case-Szenarien rechnet man bis zum Jahr Geldbörse ein Mannes in Tirol besuche. Damit deckt man schon 2050 mit einer Erwärmung der Bergwinter um 1,4 mal einen großen Teil Österreichs ab, da man ja Grad Celsius. Dies entspricht einem Anstieg der Angebot, es gibt auch Zwischenstopps in den anderen BundeslänSchneegrenze um ca. 200 Meter – der Wintersport Unterkünfte für dern macht. Der Winterurlaub führt uns nach ist damit für die nächsten Jahrzehnte in den meisjeden Bedarf.“ Tirol und ins Salzburger Land. Ich bin eine beten klassischen Skigebieten gesichert. Dazu geisterte Skifahrerin und stoppe sicher in allen kommt, dass ca. 70 Prozent der österreichischen Astrid Steharnig-Staudinger Bundesländern, wo Skifahren möglich ist. Skipisten technisch beschneit werden können. ◆


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Resiliente Infrastruktur für eine höhere Versorgungssicherheit Der Ausbau des Wirtschaftsstandorts in Zeiten großer globaler Heraus­ forderungen ist das zentrale Thema der nächsten Jahre in Österreich und der gesamten Europäischen Union. Kontakt Bundesministerium für Finanzen Sektion VI Plattform für Infrastrukturausbau Austria 2030 Koordination Breitband werner.weidlinger@bmf.gv.at Koordination Bergbau peter-johannes.kroeger@bmf.gv.at

Jedes wirtschaftliche Wachstum, jede Inno­ vation setzt auch einen Aus- oder Umbau der Infrastruktur voraus. Eine funktionieren­ de Infrastruktur ist das Grundgerüst für die Standortentwicklung. Um als Wirtschafts­ standort konkurrenzfähig zu bleiben, ist der Ausbau der digitalen Infrastruktur entschei­ dend und somit wichtiger Bestandteil jeder Zukunftsstrategie. Vor allem der flächende­ ckende Ausbau von Breitbandinternet stellt eine große Herausforderung dar. Die in der Pandemie aufgekommenen Arbeitsplatzmo­ delle wie Home- und Mobile Office sind nun feste Bestandteile der Arbeitswelt. Durch eine solide digitale Infrastruktur können ru­ rale Gebiete gefördert und Landflucht ver­ ringert werden.

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Breitbandstrategie 2030 Nicht umsonst lautet daher das große Ziel der „Breitbandstrategie 2030“ des BMF:

„Bis 2030 ist Österreich flächendeckend mit symmetrischen, gigabitfähigen Zugangsnet­ zen versorgt. Ein engmaschiges Glasfaser­ netz in Verbindung mit einer universell ver­ fügbaren mobilen Versorgung ermöglicht je­ der Bürgerin und jedem Bürger, jedem Unternehmen und allen öffentlichen Einrich­ tungen, die Chancen und technischen Mög­ lichkeiten der Digitalisierung überall im Land zu gleichen Bedingungen zu nutzen.“ Das Ministerium und die Bundesregie­ rung treiben daher den Ausbau der Breit­ bandversorgung konsequent voran und konnten im April 2021 ein Investitionspaket in Höhe von 1,4 Milliarden Euro für den flä­ chendeckenden Breitbandausbau bis 2026 präsentieren. Im Herbst 2022 wurde die ers­ te Ausschreibungsrunde der Initiative Breit­ band Austria 2030 mit einen Förderungsvo­ lumen von mehr als 850 Millionen Euro ab­ geschlossen. Darüber hinaus schafft die Novelle des Telekommunikationsgesetzes den bestmöglichen Rahmen für Unterneh­ men, damit diese investieren. Herausforderung Energiekrise Die aktuelle Managerumfrage zur Infra­ struktur bestätigte, dass das Thema Ener­ giekrise zu den Top 3 Herausforderungen zählt, und insbesondere die sichere und leistbare Energieversorgung eine entschei­ dende Voraussetzung für unsere Wettbe­ werbsfähigkeit ist. Energiepolitik braucht Investitionssicherheit, stabile Rahmenbedin­ gungen, ein investitionsfreundliches Klima, schnellere Genehmigungsverfahren und


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die Rohstoffgewinnung rückläufig ist. Auch eine sachliche politische Diskussion ohne Dimension der Österreich soll verstärkt die Gewinnung von ideologische Scheuklappen. Mit Investitio­ Versorgungssicherheit Ressourcen wie Lithium, Gas oder anderen nen in neue Technologien und Lösungen Rohstoffen zur Erhöhung der Energieunab­ können wir sinnvoll und effizient Klima­ Lebensmittel und hängigkeit auf heimischem Gebiet forcie­ schutz betreiben. Erdgas wird auch eine Trinkwasserren. Dabei ist gleichermaßen die Be­ wichtige Rolle als Übergangstechnolo­ versorgung deutung der heimischen Bauroh­ gie bei der „Green Transition“ stoffgewinnung für den Ausbau spielen. Unsere Gasversorgung Lieferketten und Erhalt unserer Verkehrszu sichern, zu diversifizieren und Gebäudeinfrastruktur zu und die bestehende Infra­ beachten. Der heimische struktur, wie auch unsere Rohstoffabbau garantiert Erdgasspeicher, zukunftsfä­ eine nachhaltige Rohstoff­ hig weiterzuentwickeln, bewirtschaftung mit soll unter prioritärer Be­ Versorgungshöchsten Umweltstan­ achtung der Versorgungs­ sicherheit dards. sicherheit erfolgen. Das Ressourceneffizient zu bedeutet auch, die heimi­ wirtschaften bedeutet schen Ressourcen best­ auch, sekundäre Rohstoffe, möglich zu nutzen. An eine Monitoring und Maßnahmenplanung also Rohstoffe, die bereits ausreichende Verfügbarkeit M einmal Verwendung gefun­ von Erdgas ist somit neben Ge Pro ediz L den haben, im Kreislauf zu füh­ der Wärme- und Stromversor­ iefe r k e tte n su du ini nd kt sc fe f ren. Intelligentes recyclingge­ gung auch die Wirtschaftskraft lei he e u he to stu its nd hs o rechtes Produktdesign macht uns Österreichs gekoppelt. Gas ist und d ng ie R en ns ein Stück weit unabhängiger von bleibt daher unverzichtbar, gerade tRohstoffimporten. Deshalb haben wir im deshalb müssen weitere Überlegungen „Masterplan Rohstoffe 2030“ eine umfas­ zur Beschaffung und für den Transport an­ sende Analyse durchgeführt und Maßnah­ gestellt werden men erarbeitet, wie wir am besten den Als Folge der Energiewende, Mobili­ Kreislauf vom primären Rohstoff über den tätstransformation, Dekarbonisierung der Recyclingprozess schließen können. Industrie und Digitalisierung steigt die Die Prämisse muss stets sein, faktenba­ Nachfrage nach Rohstoffen drastisch, und siert und technologieneutral Innovationen es verändern sich Verbrauchsmuster. Der offen gegenüberzustehen und in der Folge Umstieg auf erneuerbare Energien braucht zukunftsweisende Technologien zu fördern. aufgrund der jüngsten globalen Entwicklun­ Investitionen in Infrastruktur bringen einen gen einen strategischen Fahrplan, in dem Gewinn für Staat, Gesellschaft und Wirt­ die Versorgungssicherheit prioritäre Berück­ schaft. Die großen Herausforderungen der sichtigung findet. Zukunft müssen wir aktiv angehen, Lösun­ gen finden und diese konsequent umsetzen, Ausbau von Bergbau um für die Sicherheit und den Ausbau des Der Bergbau muss weltweit ausgebaut wer­ Wirtschaftsstandorts Österreich sorgen zu den, um diesen Zielen näher zu kommen. können. Europa ist der einzige Kontinent, bei dem


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Mehr nachhaltige Rohstoffe für Österreich Der Bergbau liefert wichtige Mineralien für Industrie und Wirtschaft. Krisen haben die hohe Bedeutung einer regionalen Versorgung gezeigt. Österreich verfügt über ◆ die größte Wolframlagerstätte

der westlichen Hemisphäre ◆ die größte Talklagerstätte

Mitteleuropas ◆ eines der größten unterirdischen

Magnesitbergwerke der Welt ◆ die weltweit größte Sideritlagerstätte

und den größten Tagebau für Erze Mitteleuropas Dadurch nimmt Österreich in der weltweiten Gewinnung mineralischer Rohstoffe folgende Plätze ein: ◆ 6. Magnesit und Wolfram ◆ 14. Talk ◆ 17. Grafit

Am steirischen Erzberg wird schon seit dem Jahr 1820 im Tagebau abgebaut.

In Österreich wird viel in Innovation investiert, um den Bergbau noch effizienter, sicherer und umweltfreundlicher zu machen. Der Bergbau ist essenziell für die Versorgung unserer Industrie und Wirtschaft, sind doch die wertvollen Mineralien die Basis für unzählige Produkte wie Gebäude, Straßen, Computer, Medizin und vieles mehr. Insbesondere die aktuellen Krisen haben auch gezeigt, wie wichtig eine möglichst nahe Versorgung mit Rohstoffen ist. Ohne sie kommen viele Bereiche der Wirtschaft zum Stillstand. Es sprechen somit viele Argumente dafür, dass der Bergbau in Österreich erhalten und ausgebaut wird. Nur so können mittels kurzer Transportwege Emissionen verhindert werden. Dazu kommt: Im Vergleich vieler Regionen der Welt bietet Österreich im Bergbau deutlich höhere Umwelt- und Arbeitsschutzstandards.

Versorgung sicherstellen Da mineralische Rohstoffe zur Abdeckung einer Vielzahl menschlicher Grundbedürfnisse wie Wohnen, Erzeugung von Nahrungs- und Arzneimitteln, Mobilität und Kommunikation von großer Bedeutung sind, muss eine ausreichende Versorgung mit diesen mineralischen Rohstoffen sichergestellt sein. Sie sind somit eine wesentliche Grundlage des wirtschaftlichen Handelns. Aber auch heute besonders wichtige Vorhaben wie die grüne Transformation, der Klimaschutz – sowie natürlich die Versorgung der österreichischen Bevölkerung mit essenziellen Dingen des täglichen Lebens – hängen von der Bereitstellung der erforderlichen Rohstoffe ab. Bei Baurohstoffen wie Sand und Kies sind wir in Österreich Selbstversorger, jedoch droht durch konkurrierende Raumnutzungen eine Verknappung.

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Große Importabhängigkeit Daher sind wir bei Metallen und Energierohstoffen, die immer noch mehr als die Hälfte des energetischen Endverbrauchs in Österreich decken, in hohem Maße importabhängig. Die Coronapandemie zu Beginn dieses Jahrzehnts und geopolitische Verwerfungen wie der anhaltende Ukrainekrieg haben Europa recht deutlich vor Augen geführt, wie fragil und disruptiv Rohstofflieferketten sein können. Um diesen Abhängigkeiten entgegenzuwirken, müssen innovative Lösungen gefunden werden. Masterplan Rohstoffe 2030 Der Masterplan Rohstoffe 2030, Österreichs Rohstoffstrategie, geht deshalb gezielt auf


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diese Themen ein. Die Forcierung der heimischen Gewinnung, der Übergang von einer linearen in eine kreislauforientierte Wirtschaft, ein effizienter Umgang mit Ressourcen, Automatisierung und Digitalisierung entlang der gesamten Rohstoffwertschöpfungskette führen dazu, dass Europas und Österreichs Abhängigkeiten reduziert und somit auch unser Wohlstand gesichert werden kann. Wirtschaftsfaktor Bergbau In Österreich gibt es rund 950 aktive Sandund Kiesgruben sowie 350 Steinbrüche. Die gesamte Rohstoffe gewinnende Branche beschäftigt rund 15.000 Arbeitnehmer und deckt damit den jährlichen Bedarf an mineralischen Rohstoffen in Österreich von 100 Millionen Tonnen ab. Recycling, wo es möglich ist Manche dieser Rohstoffe können aus Recycling gewonnen werden, vor allem jene Rohstoffe, die in der Vergangenheit bereits andere Anwendungen gefunden haben, wie Beton, Eisen oder Kupfer. Um den Bedarf jener „alten“ Rohstoffe für die Energiegewinnung zu decken, reicht jedoch Recycling alleine nicht aus. „Neue“ mineralische Rohstoffe, wie Indium oder Germanium, die bisher keine alternativen Anwendungen hatten, können hingegen noch nicht wiederverwendet werden, da sie den Rohstoffkreislauf aktuell noch nicht betreten haben. Zukunft des österreichischen Bergbaus Die Zukunft des österreichischen Bergbaus erfordert entscheidende Verbesserungen der Rahmenbedingungen. Vor allem heißt das: beschleunigte Genehmigungsverfahren. Wollen wir eine nachhaltige Entwicklung gewährleisten, ist es unerlässlich, dass die Ziele des Masterplan Rohstoffe 2030

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vollständig zur Umsetzung gelangen. Der Bergbau der Zukunft, der global führend sein will, muss innovativ, technologisch sicher und umweltfreundlich sein. Die Veränderung des Naturraums kann auch positive Folgen für Tiere und Pflanzen haben. So sind schroffe und steile Abbauwände in Steinbrüchen und karge Flächen in den Sand- und Kiesgruben ein Lebensraum, der in der freien Natur kaum mehr anzutreffen ist. Bergbaufolgelandschaften können so zu „Überlebensräumen“ bedrohter Tierarten werden, da auf diese Weise ein Environment für aufgrund intensiver landwirtschaftlicher Nutzung und Gewässerregulierungen bedrohter Tierarten entsteht. Andreas Reichhardt, Leiter Sektion VI – Telekommunikation, Post und Bergbau im BMF: „Wir haben in Österreich bereits bewiesen, dass diese Art des Bergbaus hier Realität ist und wir das Potenzial haben, in Europa eine Vorreiterrolle einzunehmen. Durch das konsequente Verfolgen unserer gesetzten Ziele können wir sicherstellen, dass der Bergbau in Österreich auch weiterhin eine zentrale Rolle in der Rohstoffversorgung spielt und gleichzeitig den höchsten Standards für Mensch und Umwelt gerecht wird.“

Mag. Andreas Reichhardt, Sektionschef der Sektion VI – Telekommunikation, Post und Bergbau.


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Cybersicherheitsforschung made in Austria Die heimische Sicherheitsforschung wächst. Das neue Programm Kybernet-Pass hat Cybersicherheit im Fokus und unterstützt Forschung, Unternehmen und Behörden dabei, Österreichs digitale Zukunft sicherer zu machen.

Jährliches Budget: € 19 Mio. Zielgruppe für Förderungen: Forschungseinrichtungen und Unternehmen KIRAS: zivile Sicherheitsforschung, € 9 Mio. www.kiras.at Kybernet-Pass: Cybersicherheitsforschung € 5 Mio. FORTE: Verteidigungsforschung € 5 Mio. www.forte-bmf.at Ausschreibung 2023: geöffnet von Okt. 2023 bis März 2024 durchschnittliche Projektförderungen von € 200.000 bis € 500.000 (max. 85% der Projektkosten) Projektdauer: bis max. 3 Jahre TRL (Technology Readiness Level): 4–6 Kontakt: Stabsstelle Sicherheitsforschung und Technologietransfer E-Mail: post.vi-st@bmf.gv.at

Bedrohungen aus dem Cyber-Raum gehören mittlerweile zum Alltag. Opfer kann jeder werden – Unternehmen und Behörden, die digital erpresst werden; jeder Bürger, den Anrufe mit Betrugsabsichten erreichen. Um die Bevölkerung besser zu schützen und Aufklärungs­arbeit zu leisten, gibt es die österreichische Sicherheitsklammer, bisher bestehend aus dem Sicherheitsforschungsprogramm KIRAS und dem Verteidigungsforschungsprogramm FORTE, und ab 2024 erweitert um das Cybersicherheitsforschungsprogramm Kybernet-Pass (K-PASS), die jährlich Forschungsprojekte mit durchschnittlich 19 Mio. Euro fördern, um Österreich auch in unruhigen Zeiten sicherheitspolitisch zukunftsfit zu halten. Forschen für die Sicherheit Sei es das stetig wachsende Feld der Cybersicherheit, die Unterstützung von Blaulichtorganisationen, der Schutz kritischer Infrastrukturen oder Konzepte zur Sicherung der

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Sicherheitsklammer kurz & bündig

Lieferketten, die die Versorgung der österreichischen Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln sowie den wichtigsten Rohstoffen sichern – entscheidend ist, dass die Forschungsprojekte einen Beitrag dazu leisten, die tatsächliche, aber auch ökonomische Sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher zu gewährleisten und auf zukünftige Herausforderungen vorzubereiten. Ein wesentliches Mittel hierzu ist die Nutzbarmachung der Forschungsergebnisse. Nur wenn diese Erkenntnisse auch zeitnah Anwendung finden, können sie ihren vollen Nutzen entfalten, bei der Bewältigung von aktuellen Krisen helfen bzw. das Entstehen zukünftiger Krisensituationen verhindern. Erfolgreiche Lösungen wie „Cybersicherheit made in Austria“ stärken die heimische Wirtschaft, nicht zuletzt dann, wenn sie als Konzepte mittels Technologietransfer in andere Länder exportiert werden und so zur Steigerung der Wertschöpfung und zur Sicherung von Arbeitsplätzen in Österreich beitragen. Um diese


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Theorien und Zahlen zu veranschaulichen, stellen wir Ihnen einige Projekte unter österreichischer Leitung aus unseren Ausschreibungen vor: KIRAS-Projekte mit Mehrwert SINBAD Sicherheit und Prävention hinsichtlich organisiertem Internet-Bestellbetrug für Anwender durch Maßnahmen der Digitalen-Forensik. Das Projekt SINBAD forscht an der automatisierten Erkennung von Fake-Shops, um Konsumentinnen und Konsumenten proaktiv vor Internetbetrug zu schützen. Prävention und Geschwindigkeit sind Schlüsselinstrumente, um Konsumentinnen und Konsumenten vor betrügerischen Angeboten im Online-Handel zu schützen. Doch die Meldungen von Betroffenen erfolgen oft zeitverzögert; der Schaden ist entstanden, bevor eine Warnmeldungen veröffentlicht werden kann. Die österreichische

Initiative Watchlist Internet des ÖIAT arbeitet an einer Intensivierung der technischen Anwendbarkeit integrierter Verfahren der automatischen Detektion auf Basis von Machine Learning. In Vorprojekten mit den Konsortialpartnern wurde unter Führung des AIT, Center for Digital Safety and Security, bereits wesentliche Erfolge erzielt – dazu zählen unter anderem die Klassifizierung von Fake-Shops durch Fingerabdrücke im Quellcode mit Machine Learning-Detektionsraten von über 90% sowie die Veröffentlichung eines umfassenden Corpus-Datensatzes. (K)ein Raum: Cyber-Gewalt gegen Frauen in (Ex-)Beziehungen Mit der zunehmenden Digitalisierung aller gesellschaftlichen Lebensbereiche steigt auch die missbräuchliche Verwendung der technischen Entwicklungen. So zeigt sich auch bei häuslicher Gewalt gegen Frauen, dass die Gefährder immer öfter technische

KIRAS, FORTE und Kybernet-Pass stehen mit ihren Förderinstrumenten allen Forschern und Unternehmern, die sich mit innovativen Ideen den sicherheitspolitischen Herausforderungen unserer Zeit stellen wollen, zur Seite.


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(Ex-)Partner betroffen sind, zeigt, dass es trotz hoch eingeschätzter Prävalenzzahlen an sozialwissenschaftlichen Wissensbeständen mangelt, um Umgangsstrategien von relevanten Praxisfeldern (Soziale Arbeit, Polizei, Justiz) entwickeln zu können, die dem Bedürfnis der Betroffenen nach Sicherheit in ihrer Privatsphäre gerecht werden. Damit wird eine Lücke zwischen dem aktuellen Stand des Wissens und dem aktuellen Stand der Technik sichtbar.

Abteilungsleiter Dr. Ralph Hammer, Leiter der „Stabsstelle Sicherheits­ forschung und Technologietransfer“.

Mittel zur Gewaltausübung anwenden, um ihre (Ex-)Partnerinnen zu bedrohen, zu belästigen, zu diffamieren, zu kontrollieren oder bloßzustellen. Die Studie „(K)ein Raum: Cyber-Gewalt gegen Frauen in (Ex-)Beziehungen“ soll die Rolle von Technologie bei Gewalt in Intimbeziehungen erfassen.

Bei dem Überfluss an Informationen und der immer ausgereifteren Technik fällt es oft schwer, ‚Fake News‘ von seriösen Nachrichten zu unterscheiden. Das KIRAS-Projekt defalsif-AI setzt genau hier an und nutzt Künstliche Intelligenz zur Detektion von Falschinformationen, insbesondere politisch motivierter Desinformation.“ Die Betroffenen kennen oft keinen sicheren Raum, in dem sie sich vor der permanenten Bedrohung und Kontrolle schützen könnten. Bisherige Forschungsergebnisse zeigen, dass sich dieser „Raum der Gewalt“ durch technologische Mittel vergrößert. Räume, die potenziell Schutz für die betroffene Frau bieten können, schwinden damit zunehmend. So kann auch eine räumliche Trennung – wie die Flucht in ein Frauenhaus – nicht ausschließen, dass die Betroffene nicht weiterhin Cyber-Gewalt ausgesetzt ist. Die aktuelle Situation für Frauen, die von Cyber-Gewalt durch ihren

Identifikation per defalsif-AI Detektion von Falschinformation mittels Artificial Intelligence: defalsif-AI adressiert im Kontext Medien-forensischer Werkzeuge (Hybrid-Threats – Fake-News) insbesondere politisch motivierte Desinformation, die politische sowie staatliche Institutionen unserer Demokratie – z.B. surch Wahlbeeinflussung – und somit letztlich das Vertrauen in politische und staatliche Institutionen schwächt bzw. bedroht. Die inhaltlichen Forschungsschwerpunkte liegen auf audiovisueller Medienforensik, Textanalyse und deren multimodaler Fusion unter Zuhilfenahme von Methoden der Künstlichen Intelligenz (KI). Ein Hauptaugenmerk liegt dabei auf der nachvollziehbaren und interpretierbaren Präsentation der Ergebnisse, um eine möglichst breite Anwender- und Anwenderinnenbasis zu erreichen und optimal zu unterstützen. Das Ziel des Projekts ist, ein Proof-of-Concept-Werkzeug für die Analyse von digitalen Inhalten im Internet zu demonstrieren, das eine erste Beurteilung der Inhalte (Text, Bild, Video, Audio) auf Glaubwürdigkeit bzw. Authentizität ermöglicht und so die Grundlage für weitere Handlungsempfehlungen schafft. Eine umfassende Analyse und Beurteilung des medienforensischen Werkzeugs aus rechts- und sozialwissenschaftlicher Perspektive, die Ableitung von anwendungsorientierten, technischen und organisatorischen Maßnahmen sowie ein Verwertungsplan für den zukünftigen Betrieb rechtsstaatlich konformer Desinformations-Analyseplattformen runden das Projekt ab.


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Digitale Innovation durch Gigabit-Konnektivität Austausch mit Experten, Gründern, Forschern und Unternehmern bei der „Gigabit Academy“, die von BMF und FFG ins Leben gerufen wurde.

Neue Ökosysteme entstehen Damit die Chancen von 5G umfassend genutzt werden können, sind auch neue Kooperationsmodelle und Innovationssysteme gefragt. Hier setzt die „Gigabit Academy“ an: Sie bringt alle zusammen, die an der Entwicklung von Gigabit- und 5G-Anwendungsfällen interessiert sind. Mit der Gigabit Academy bieten das Bundesministerium für Finanzen (BMF) und die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft FFG nicht nur zwei Tage voller exklusiver Einblicke in die Welt der Gigabit- und 5G-Anwendungen. Die Gigabit Academy versteht sich als Wissensplattform, als Informations- und Ideenlabor, das Unternehmen, Organisationen, wissenschaftliche Einrichtungen und interessierte Einzelpersonen zusammenbringt. Unter dem Motto „Explore – Connect – Cooperate – Innovate“ sollen so neue Ansätze auf den Weg gebracht und bestehende Ideen konkretisiert werden. Dieses Ideenlabor, in dem die Teilnehmer zusammenkommen, um Lösungen für Gigabit- und 5G-Anwendungen zu entwickeln, ist das Hauptevent der Gigabit Academy ‚23‘.

© Pixabay

5G, die neue Generation im Mobilfunk, schafft die technologische Grundlage für neue Kundenerlebnisse – wie etwa Augmented Reality-Spiele, digitale bzw. interaktive Lernmethoden, effiziente Vernetzung von Maschinen in der Industrie und intelligenten Geräten sowie innovativen IT-Services. Auch die vielzitierte „SmartCity“ profitiert vom 5G-Standard. Österreich ist auf einem guten Weg: Bis 2025 soll 5G flächendeckend verfügbar sein.

Im Sinne neuer Kooperationsansätze wird damit die Basis für ein ganz neues 5G-Ökosystem gelegt, von dem unterschiedliche Stakeholder profitieren können – und letztendlich die ganze Gesellschaft. Der Fokus des GigaLab liegt auf der Vernetzung mit der internationalen GigabitCommunity und der gemeinsamen Ent­ wicklung von Ideen für Anwendungen, die eine gigabitfähige Infrastruktur und Konnektivität erfordern. Die Teilnehmer des GigaLab werden daher verschiedene Möglichkeiten zur Entwicklung digitaler Innovationen erforschen, die von einem ganz bestimmten Motto inspiriert sind: „Digitale Innovation durch Gigabit-Konnektivität vorantreiben“.

Facts & Figures GIGABIT ACADEMY AUF EINEN BLICK ◆ Lernen und erleben, wie Ideen für

Gigabit-Herausforderungen entstehen ◆ Unterstützung von Experten und

Mentoren des Event-Partners AustrianStartups ◆ Vernetzung mit nationalen und inter-

nationalen Start-ups & Unternehmen ◆ Ideen-Pitching und -Präsentationen

im Team – im Rahmen des Events „Future Forward“ ◆ Chance, den GigaLab Award zu

gewinnen ◆ Effizienter Support zur Weiterentwick-

lung von Gigabit-Projekten ◆ Förderprogramme und Netzwerke

kennenlernen

Mehr auf: gigabit-academy.b2match.io/


WeltMeister Österreich Wien


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Wien Wien in Zahlen Größe Bevölkerungsanzahl Bruttoregionalprodukt je Einwohner* verfügbares Einkommen privater Haushalte* Einkommen pro Arbeitnehmer* Forschungsquote in % des BIP* Anzahl der Betriebe*** – Industrie – Bau – Handel Anzahl der Erwerbstätigen*** – Industrie – Bau – Handel Anzahl der Beherbergungsbetriebe** Nächtigungen**

414 km² 1.992.654 53.000 € 22.700 € 53.800 € 3,65 %

2.967 6.512 15.825 65.675 55.044 108.173 4.408 13.204.666 Quelle: Statistik Austria; *2021 **2022 ***2020


WeltMeister Österreich Senat der Wirtschaft

Ein Think- und „Do-Tank“ für die heimische Wirtschaft Der „Senat der Wirtschaft“ will als parteiunabhängige Organisation eine treibende Kraft bei der Gestaltung der (Wirtschafts-) Zukunft sein.

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ls überparteiliche Unternehmerorganisation versteht sich der „Senat der Wirtschaft“ als ein wichtiger Player bei der Gestaltung einer ökosozialen und zukunftsfähigen Wirtschaft und Gesellschaft. Angeboten werden konkretes und praxisorientiertes Know-how für Unternehmer und politische Entscheidungsträger. Er ist Think-, aber vor allem ein Do-Tank, insbesondere in den Bereichen Wirtschaft, Ökologie, Bildung und Gesundheit. Vorstandsvorsitzender Hans Harrer, Mahdi Allagha und Ludwig Stepan, Mitglieder der Geschäftsleitung, erklären die Funktionsweise des Senats.

© Alex Rieck

Was ist die Aufgabe des Senats der Wirtschaft? Mahdi Allagha: Der Senat der Wirtschaft ist Österreichs größte, unabhängige und branchenübergreifende Unternehmerorganisation zur Förderung eines starken und resilienten Wirtschaftsstandorts und dient als Sprachrohr des österreichischen Mittelstands. Wir setzen auf konstruktive, nachhaltige und langfristige Grundlagen,

Senat-der-Wirtschaft-Dreigestirn Mahdi Allagha, Hans Harrer, Ludwig Stepan.

frei von jeglichen Partikularinteressen. Wenn sich politische Akteure nur auf eine Seite festlegen, führt dies zu einem Mangel an Diversität in der politischen Debatte und beeinträchtigt den demokratischen Diskurs. Da wir uns von keiner Seite vereinnahmen lassen und für Expertise und Integrität stehen, hat sich der Senat seit seiner Gründung 2005 zu einer anerkannten Stimme der österreichischen Wirtschaft entwickelt. Wer wird in den Senat berufen? Im Internet findet sich die Beschreibung, dass der Senat ‚eine exklusive Wirtschaftsorganisation‘ ist. Hans Harrer: Im Grunde sind wir sehr inklusiv, wir vertreten die Mitte der unternehmerischen Gesellschaft. Bei uns steht der Souverän im Mittelpunkt, die Bürger, die Macher, die Unternehmer. Der Senat steht für eine ökosoziale Wirtschaft, Gesellschaft in Balance. Menschen, die sich den Herausforderungen der Gesellschaft außerhalb politischer Farbenspiele und partikularen Interessengruppierungen stellen wollen. Die meisten Unternehmen und deren Gestalter werden in den Senat berufen, weil andere Unternehmer, die sich bereits mit den Aufgaben des Senats identifiziert haben, sie in unsere unternehmerische Wertegemeinschaft empfehlen. Deswegen heißt es bei uns ,Wer passt zu uns?‘ Für die Aufnahme bedarf es eines persönlichen Interviewgesprächs mit der Geschäftsleitung, um festzustellen, ob die Wertekulturen zusammenpassen. Ludwig Stepan: Aufgrund dieses Aufnahmeverfahrens bemerkt man ziemlich schnell, gerade auch bei Veranstaltungen des Senats, dass wir eine besondere Wertegemeinschaft sind. Eine Partnerschaft im Senat ist kein Zweckbündnis eines Lobbyvereins, sondern eine Verbindung aus Überzeugung. Es ergeben sich Synergien, Kooperationen, ein unbegrenzter Wissens- und Know-how-Transfer. Sie beschreiben den Senat selbst als Think-Tank, aber ‚vor allem aber als Do-Tank‘. Wie ist der Prozess vom Denken zum Handeln?


© Alex Rieck

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Es gibt im Senat der Wirtschaft keinen Generationenwechsel, sondern eine Generationenallianz: Mahdi Allagha, Hans Harrer und Ludwig Stepan.

Allagha: Unsere Aufgabe als Organisation ist es, Innovation auf allen Ebenen unserer Gesellschaft, vor allem für mittelständische Betriebe, frei von Ideologien und Parteipolitik, zu fördern, aktuelle Probleme zu benennen und lösungsorientiert zu diskutieren. So können wir der Politik konkrete Lösungsvorschläge liefern und effizient und exzellent zum Wohle von Wirtschaft und Gesellschaft agieren. Wir bringen die Akteure in die Betriebe und setzen uns auf europäischer und internationaler Ebene für Wissenstransfer ein. Nur gemeinsam lassen sich die Probleme der Zukunft lösen. Es ist wichtig, dass das mit Respekt und auf Augenhöhe abläuft. Was darf man sich unter ‚praxisnaher Unterstützung für Unternehmen und Politik zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit‘ vorstellen? Harrer: Die Partner des Senats sind vor allem Unternehmer, Persönlichkeiten aus dem Bouquet der österreichischen Unternehmen aus dem Mittelstand, aber auch aus Konzernen. Die Expertise dieser Macherpersönlichkeiten ermöglicht es, praktisch alle gesellschaftspolitischen und unternehmerischen Anliegen durch Lösungen mit Anwenderwissen zu bereichern. Der Senat ist hier im Wesentlichen auch ein Kommunikator auf Augenhöhe, um die Daten und Fakten präzise und effizient dort zum Einsatz zu bringen, wo der höchste Wirkungsgrad für Lösungen entstehen kann.

Wie sieht die Gewichtung Ihrer Bereiche Wirtschaft, Ökologie, Bildung und Gesundheit aus? Ludwig Stepan: Es gibt im Senat keine Gewichtung zwischen den vier Säulen des Senats, denn alle Bereiche sind notwendig, um eine gesunde Gesellschaft und Wirtschaft zu leben und zu gestalten. Gewichtungen ergeben sich nur dann, wenn Schwerpunkte bearbeitet werden, wie Kooperationen mit Hochschulen, Fachhochschulen und Lehranstalten, mit denen der Senat themengetrieben Zukunftsprojekte bearbeitet. In allen angesprochenen Bereichen hat der Senat der Wirtschaft seine Fachleute, die sich mit ihrem Anwendungswissen gegenseitig unterstützen und befruchten. Das sind zum Beispiel die MittelstandsAllianz, die KlimaAllianz, die HospitalityAllianz, die Bildungsallianz oder die Allianz für Ethik in der Wirtschaft. Wie können Sie Ihre Mitgliedsunternehmen mit ihrem internationalen Wirtschaftsnetzwerk unterstützen? Allagha: Durch unsere breite thematische Aufstellung und die Kooperationen mit anderen Netzwerkpartnern und international agierenden Organisationen ergeben sich viele Chancen. So pflegen wir zu unseren Ländersenaten, sowohl auf europäischer als auch auf internationaler Ebene, einen umfangreichen, qualifizierten, sach- und themenbezogenen Wissenstransfer. Dies wird in Fach-


WeltMeister Österreich

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Senat der Wirtschaft

Allagha: Es gibt keinen Generationenwechsel, es gibt eine Generationenallianz nicht nur im Inneren des Senats. Das bildet das Tun des Senats auch für unsere Partnerunternehmen ab. Eine Generationenallianz hat immer den Auftrag, das Beste von Jugend und Erfahrung dem Souverän zur Verfügung zu stellen, also den Organisationen oder den Unternehmen. Wenn es darum geht, eine nachhaltig ausbalancierte Zukunft zu gestalten, müssen alle Entscheidungen, befreit von den Befindlich„Wir benötigen für keiten einzelner, der Gründerkultur und dem die Zukunft Wohl des Ganzen unterstellt sein. Funktionierende Generationenanpassungen und -wechsel pasMacher mit Fachsieren niemals in Bewertungen von gestern und kompetenz, Mut morgen. Sie funktionieren nur dann, wenn sie und Verantworfast unauffällig in ihren Prozessen stattfinden.

studien, Delegationsreisen, Kongressen und Projektkooperationen abgebildet. Ziel des Senats ist es, den effizienten, zielorientierten Austausch zwischen unseren Partnerunternehmen auf Augenhöhe einzuleiten und zu begleiten. Großes Augenmerk legt der Senat auf den wertschätzenden, verständnisbasierten Austausch der Kulturen. Denn sie sind das Fundament für langfristige erfolgreiche fachund systemorientierte Geschäftsbeziehungen.

© Alex Rieck

Immer wieder wird angemerkt, dass Österreich in Gefahr ist, in den Bereichen IT und KI den Anschluss zu verlieren. Steht dieses Thema auf Ihrer Agenda? Harrer: Selbstverständlich. Es ist der fundamentale Auftrag jedes Unternehmers, jedes Politikers und jeder Institution, Bildung und Fortungsgefühl.“ Was sind die größten Herausforderungen für schung zu fördern. Investitionen in BildungseinHans Harrer den Wirtschaftsstandort Österreich? richtungen, Universitäten und ForschungszentHarrer: Viele Probleme sind hausgemacht und ren, die auf IT und KI spezialisiert sind, müssen haben dieselben Ursachen. Wir benötigen für die Zukunft Macher die Grundlage für Innovation und Fachkräftebildung legen. Die mit Fachkompetenz, Mut und Verantwortungsgefühl. Nur mit proZusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Industrie und Politik fessionellem Management lässt sich z.B. die ausufernde Bürokratie muss dazu beitragen, gemeinsame Forschungsprojekte zu fördern eindämmen. Gleichzeitig muss der unselige Partikularismus beund das Wissen in den Bereichen IT, KI und allen weiteren technikämpft werden, der jede gute Idee verenden lässt, bevor sie überschen Hotspots auf nationaler und internationaler Ebene zu erweihaupt diskutiert wurde, nur weil sie von einer politisch anderen tern. Die Einrichtung von Kollaborationsplattformen und -netzwerGruppe formuliert wurde. Das Vertrauen der Unternehmer und der ken muss den Wissensaustausch und die Entwicklung von Best Bevölkerung in politische Prozesse ist von entscheidender BedeuPractices erleichtern. Notwendig ist die Schaffung eines förderlitung für eine ausbalancierte, stabile Demokratie. Wenn die Akteuchen Umfelds für eine Gründer- und Start-up-Szene, im Besonderen re als ‚Marionetten‘ bestimmter im Bereich der ZukunftstechnoloInteressen wahrgenommen wergien. Dies umfasst moderne Fiden, wird das Vertrauen der nanzierungs- und Kapitalkultur, Öffentlichkeit untergraben und die Bereitstellung von praxisnabeschädigt unsere Gesellschaftshen Inkubatoren und Technoloordnung. Jede Handlung eines giezentren sowie die totale Reduwirtschaftlichen und politischen zierung bürokratischer Hürden Akteurs muss daher auf ihren durch Politik und deren InstitutiSinn und die Wertschätzung und onen. Es bedarf einer fortgesetzWertschöpfung für den Bürger ten Reform des FlexKap-Gesethinterfragt werden. Sachverzes. stand, Transparenz und Augenmaß und vor allem Hausverstand Erst vor Kurzem kam es zu sind das Fundament für den einem Generationenwechsel an Menschen dienende Entscheider Spitze des Senats. Welche dungen. Änderungen stehen bevor? ◆ Allagha, Harrer und Stepan bei der Senat-Magazin-Lektüre.



WeltMeister Österreich Wirtschaftsagentur Wien

Wien hat vieles zu bieten, was andere Städte gerne hätten Die Wirtschaftsagentur Wien macht internationalen Start-ups und etablierten Unternehmen die Hauptstadt als Standort schmackhaft.

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rotz der Coronapandemie boomt Wien als Standort zur Ansiedelung von Start-ups und internationalen Unternehmen. So konnte man in der Hauptstadt im Jahr 2022 insgesamt 237 Neuansiedelungen von internationalen Betrieben verzeichnen. Gerhard Hirczi ist seit dem Jahr 2009 Geschäftsführer der Wirtschaftsagentur Wien, die vor drei Jahren auch das Start-up-Festival ViennaUP ins Leben gerufen hat.

© Wirtschaftsagentur Wien/Karin Hackl

Heuer ging zum dritten Mal das Start-up-Festival ViennaUP über die Bühne. Erklären Sie bitte die Idee dahinter und die Mechanismen, wie die ViennaUP funktioniert. Gerhard Hirczi: Die ViennaUP ist ein internationales Standort- und Innovationsfestival, das wir kreiert haben. Dabei sind wir eine Art Gründungsmutter und Kuratorin, denn wir veranstalten das Festival gemeinsam mit etwa 35 nationalen und internationalen Partnern. Es gibt also eine Vielzahl an Veranstaltenden, die von uns zusammengehalten werden. Damit verfolgen wir zwei Ideen: Einer-

Unter der Geschäftsführung von Gerhard Hirczi entstand auch die ViennaUP.

seits wollen wir Wien als Innovationsstandort international positionieren. Andererseits bieten wir unseren lokalen Start-ups eine internationale Bühne, um sich zu präsentieren und sie mit Investoren, anderen Start-ups, Forschern, Talent im Allgemeinen und Unternehmen zusammenzubringen. Sie unterstützen sowohl lokale Start-ups, wollen aber auch internationale, etablierte Unternehmen dazu bewegen, sich in Wien anzusiedeln. Hirczi: Einer unserer Schwerpunkte ist die Ansiedelung von internationalen Betrieben. Wir sind die Organisation der Stadt Wien, die dafür verantwortlich ist, möglichst viele, attraktive internationale Unternehmen nach Wien zu bringen und damit den Wirtschaftsstandort zu stärken. Widmet man heute Start-ups mehr Aufmerksamkeit, als bereits etablierten internationalen Unternehmen? Hirczi: Wir machen hier keinen Unterschied. Wir wissen, dass man aktiv in die Start-up-Szene hineinarbeiten muss, denn sie ist in den vergangenen zehn Jahren ein wichtiges Element jeder Wirtschaftspolitik und jeder Ökonomie geworden. Es ist unverzichtbar geworden, diese Zielgruppe zu betreuen und anzusprechen. Gleiches gilt natürlich für die klassische Wirtschaft. Es wäre ein grober Fehler, nur auf eines der beiden Pferde zu setzen. Wir haben eine Vertriebstruppe, die 24/7 unterwegs ist und akquiriert. Hier wird kein Unterschied gemacht, ob man in New York oder São Paolo mit einem Start-up oder einem großen IT-Unternehmen spricht. Gibt es Schwerpunkte bezüglich jener Branchen, die Sie verstärkt nach Wien holen möchten? Hirczi: Wir verfolgen die Philosophie, dass wir unsere Stärken unterstreichen. Wir sprechen solche Unternehmen an, von denen wir wissen, dass es für sie in Wien bereits ein gut ausgebildetes Öko-


© Wirtschaftsagentur Wien/Philipp Liparski

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Die „ViennaUP Homebase“ am Wiener Karlsplatz – das Start-up-Festival fand im Jahr 2023 bereits zum dritten Mal statt.

system gibt. In der Wiener Wirtschaftsstrategie sind die Bereiche Life Science, IT und Digitalisierung besonders hervorgehoben. Wien gilt als Tourismusmetropole. Sieht man sich aber die Wertschöpfung und die Umsätze an, dann ist Wien vier Mal mehr eine ITMetropole und drei Mal mehr eine Life Science-Metropole. Wir arbeiten daran, dass sich das in den Köpfen der Entscheidungsträger verankert. Allerorts beklagt man den Mangel an IT-Fachkräften, so auch in Wien. Hat Wien hier eine Entwicklung verschlafen? Hirczi: Wir haben bei dem IT-Thema das Glück, dass es anderen Regionen nicht besser geht. Egal, ob im Silicon Valley, an der Ostküste der USA, in Deutschland oder in Bulgarien – überall suchen Unternehmen händeringend IT-Fachkräfte. Das legt den Schluss nahe, dass wir in Österreich nichts verschlafen haben. Aber wir haben auch nichts besser gemacht als die anderen, sonst hätten wir das Problem nicht. Das ist eine globale Herausforderung. Wie schlägt sich Wien im internationalen Wettbewerb um ITKräfte? Hirczi: Wien hat gegenüber anderen Städten einige Vorzüge. Wir haben mit CEE ein großes Einzugsgebiet, und viele Arbeitskräfte aus Osteuropa kommen noch immer gerne nach Wien, um hier zu arbeiten und zu leben. Das hängt auch mit der Lebensqualität zu-

sammen. Wer sich überlegt, wo er die kommenden Jahre leben möchte, dann zählt das Argument Lebensqualität schon enorm. Die Assets, die Wien anzubieten hat, kann man als USP gegenüber anderen Städten und Regionen ins Treffen führen. Vergleicht man Wien mit anderen Metropolen, ist die Stadt extrem lebendig und nicht unangenehm überfüllt, was bei einigen unserer großen Mitbewerber bereits der Fall ist. Amsterdam, London oder Paris werden von den jungen Menschen und jungen Firmen schon wieder verlassen, weil man sich das Wohnen, das Leben und das Arbeiten in den Zentren nicht mehr leisten kann. Ist es durch die Krisen der jüngsten Vergangenheit schwieriger geworden, Unternehmen nach Wien zu bringen? Hirczi: Nein, es ist überhaupt nicht schwieriger geworden, das zeigen die Zahlen der internationalen Betriebsansiedelungen. Das Geschäft ist nicht eingebrochen. Die besten Gründe, um sich in Wien anzusiedeln sind… Hirczi: …ein ausgezeichnetes Package aus gut funktionierender Infrastruktur, einer hochentwickelten Innovations- und Forschungslandschaft und einem sehr kaufkräftigen Publikum. Vor allem kurze Wege sind besonders wichtig, kurze Wege zu vielen Entscheidungsträgern, die es Unternehmen leichter machen, ihr Business durchzuführen. ◆


WeltMeister Österreich aspern Seestadt

aspern Seestadt als ideales Beispiel für einen neuen Stadtteil Leben und arbeiten wie an einem Urlaubsort, der gleichzeitig ein Magnet für neue Forschungseinrichtungen und Unternehmen ist.

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© Luzia Puiu

m Jahr 2010 wurde damit begonnen, am Gelände des ehemaligen Flugfelds Aspern einen neuen Stadtteil Wiens zu errichten. Das hochgesteckte Ziel: Mit einer Gesamtinvestition von rund 5 Mrd. € Wohnraum für mehr als 25.000 Menschen und 20.000 potenzielle Arbeits- und Ausbildungsplätze zu schaffen. Dabei wurde von Beginn an auf die Nachhaltigkeit in jeder Hinsicht und die nahtlose Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz Wert gelegt. Gerhard Schuster ist seit 2014 Vorstandsvorsitzender der Wien 3420 aspern Development AG, kennt „seine“ Seestadt wie kein anderer – und kann nach rund zehn Jahren auf spektakuläre Erfolge verweisen.

Gerhard Schuster ist seit dem Jahr 2014 für aspern Seestadt verantwortlich.

Wie weit ist der Ausbau von aspern Seestadt gediehen? Gerhard Schuster: aspern Seestadt ist heute zu mehr als einem Drittel realisiert. Nach dem Pionierquartier und dem Seeparkquartier sowie einem Wirtschaftsquartier mit dem Schwerpunkt technologische Innovation, Produktion und Handwerk südlich des Sees wurde bereits das erste Quartier am Nordufer weitgehend fertiggestellt. Es heißt Quartier ,Am Seebogen‘ und erstreckt sich von der U2-Station Seestadt östlich und westlich der U-Bahn-Hochtrasse entlang des Elinor-Ostrom-Parks in Richtung Norden. Gegenwärtig leben mehr als 11.000 Menschen in der Seestadt, mehr als 25.000 werden es sein, wenn die Seestadt in den frühen 2030er-Jahren vollständig entwickelt ist. Gleichzeitig freuen wir uns bereits über 500 Unternehmen am Standort, vom EPU bis zum internationalen Technologieunternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern. In Summe üben heute ca. 5.000 Menschen in der Seestadt ihren Beruf aus. Unser Ziel ist es, über 20.000 Arbeits- und Ausbildungsplätze im Stadtteil ermöglicht zu haben, wenn unsere Entwicklungstätigkeit abgeschlossen ist. Mit zwei Bildungscampussen der Stadt Wien – der dritte wird bereits geplant – einem Bundesschulstandort, zwei Privatuniversitäten und der Zentralberufsschule für bis zu 7.000 Schüler, die 2028 in Betrieb gehen soll, ist die Seestadt als Bildungsstandort schon heute eine echte Größe, nicht nur innerhalb der Donaustadt. Mehrere universitäre Kooperationen mit Fokus auf Manufacturing und IoT sowie Mobilitätsforschung mit der TU Wien schaffen überdies starke Impulse für das F&EÖkosystem. Welches sind die größten Herausforderungen, vor denen aspern Seestadt bei ihrer Entwicklung in den kommenden Jahren steht? Schuster: Wir werden das neue regionale Zentrum im Nordosten Wiens. Das heißt, wir dürfen nicht nur an die Bedürfnisse der Bewohner bzw. der lokalen Wirtschaft denken. Wir haben einen größeren Horizont ins Auge zu fassen, sei es im Bereich Mobilität, sei


© Luzia Puiu

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Heute leben bereits mehr als 11.000 Menschen in der Seestadt, mehr als 25.000 sollen es in Zukunft noch werden.

es die Energieversorgung, die soziale Infrastruktur und vieles mehr. Eine echte Herausforderung sind daher der Ausbau und die Vernetzung der verschiedenen Infrastrukturen. Die Seestadt wächst nördlich des Sees weiter, und wir richten gerade sehr viel Aufmerksamkeit in Richtung unseres großen Verkehrsknotens Aspern Nord. Dort haben wir bereits seit 2018 einen großen Umsteigebahnhof, der die Bahnverbindung von Hütteldorf im Westen Wiens über den Hauptbahnhof bis Bratislava mit dem Wiener U-Bahnnetz verbindet. Außerdem haben hier mehrere Bus-Linien ebenfalls ihre Station. Ab Herbst 2025 wird auch die erste von zwei Straßenbahnlinien hier ihre Schleife haben. 2026 kommt die neue Anbindung über die leistungsfähige Stadtstraße. All diese Planungsprozesse der Stadt Wien und der großen Infrastrukturträger Wiener Linien, Österreichische Bundesbahnen und der Autobahngesellschaft Asfinag gilt es mit unserem Ausbau zu koordinieren. Wir lasten dabei mit dem Planungsaufwand und unseren laufenden Bauarbeiten die Ressourcen am Markt ordentlich aus. Die Wertschöpfung in der Bauwirtschaft und bei allen Zulieferern ist gewaltig. Wir arbeiten übrigens immer unter der Prämisse, dass schon beim Bau auf maximale Nachhaltigkeit, Ressourcenschonung und vor allem CO2-Vermeidung geachtet wird, wir entwickeln und verbessern Nachhaltigkeitsstandards und kooperieren mit den unterschiedlichsten Forschungsinstitutionen und Verbänden. Außerdem möchten wir noch viel mehr als bisher ein Treiber der Di-

gitalisierung in der Bau- und Immobilienwirtschaft sein, weil wir hier den großen Hebel für den Klimaschutz sehen; die Kooperation mit dem Innovationslabor ‚Digital findet Stadt‘ ist deshalb sehr wichtig für uns. Was macht die Seestadt zu einem Wirtschaftsstandort mit Zukunft? Schuster: Unsere besonderen Lagequalitäten! Wir haben hervorragend erschlossene und in einen Masterplan eingepasste Platzreserven und wir sind ausgezeichnet angebunden. Man ist vom Zentrum der Seestadt in 20 Minuten am Praterstern oder am Hauptbahnhof. Andererseits bietet die Seestadt hohe Lebensqualität für die Menschen, die hier arbeiten. Die in den nächsten Jahren entstehende, lebendige Waterfront an der U2-Station wird mit ihren Lokalen und Shops für perfekte Mittagspausen oder After Work-Atmosphäre sorgen. Und schon heute bieten die Lokale und Geschäfte einen attraktiven Mix. Hinzu kommen diverseste Kinderbetreuungsangebote, modernste Schulen und attraktive Wohnungen. Vor allem aber sind wir sehr stolz, dass sich bereits eine bunte Palette an Unternehmen in der Seestadt angesiedelt hat. Wie schwierig ist es, vor allem Unternehmen – produzierende und forschende – von einer Ansiedlung in der Seestadt zu überzeugen? Gibt es Incentives?


WeltMeister Österreich aspern Seestadt

„Es ist das hervorragende Angebot im Technologiezentrum Seestadt und das Know-how von Universitäten, das überzeugt.“

© Luzia Puiu

trum – sind außerdem extrem wertvoll. Ich kann Schuster: Die Wirtschaftsagentur Wien machte Start-ups nur immer wieder raten, sich mit den den Anfang, indem sie als allererstes Gebäude vielen Services auseinanderzusetzen und sich der Seestadt den Bauteil 1 des Technologiezendas Know-how abzuholen. Mit dem neuen Getrums errichtete. Momentan wird unter Hochwerbehof Seestadt ist nun auch ein perfekter druck am dritten von fünf geplanten Bauteilen Gerhard Schuster Standort für Handwerksbetriebe und produziegearbeitet, und die Liste der Mieter ist wirklich rende KMU am Start. Eine Top-Ausstattung, efbeeindruckend. F&E wird hier großgeschrieben. fiziente Raumpläne, geteilte Nebenräume, ein Die Pilotfabrik für Industrie 4.0 machte im ‚tz1‘ großer unterirdischer Ladehof und vieles mehr machen aus ihm den den Anfang und vernetzt seit Jahren Wissenschaft und Wirtschaft idealtypischen Standort der produktiven Stadt. bei angewandter Forschung. Seit zwei Jahren ist auch das European Institute for Technology im ‚Osteuropa-Hub‘ des Bereichs Was macht die Seestadt als Forschungsstandort derart atManufacturing, im ‚tz2‘, beheimatet. Es nutzt und erweitert dabei traktiv? Es existieren bereits Einrichtungen der TU, aber auch das Seestädter Innovationsnetzwerk. Inzwischen hat sich aus dieforschende Biotech-Unternehmen. Gibt es weitere Projekte und sem Ökosystem im Bereich Life Sciences ein regelrechter Sog entAnsiedelungen in der Zukunft? wickelt. Ein Biotech-Unternehmen forscht und produziert bereits Schuster: Zu allererst ist es eben das hervorragende Angebot im seit zwei Jahren in der Seestadt, ein weiteres hatte 2023 seinen Technologiezentrum Seestadt der Wirtschaftsagentur selbst, das Baustart und ein drittes plant gerade seinen ersten Produktionssicher überzeugt. Die Gebäude sind ideal ausgestattet, Innovatoren standort. können hier Piloten entwickeln und dabei auf das Know-how der Universitäten zugreifen und finden so leicht Kooperationspartner Zielen Sie bei den Unternehmen, die sich in der Seestadt ansieund Synergien, wie kaum irgendwo sonst. deln sollen, vor allem auf Start-ups? Schuster: Wir als Stadtentwickler zielen nicht ausschließlich auf sie Bei der Planung der Seestadt wurde von Beginn an Wert auf ab, da uns die Durchmischung wichtig ist. Aber wir schätzen ihren Nachhaltigkeit gelegt. Was ist hier bisher die größte ErrungenDrive und ihr Potenzial und sehen uns sehr wohl als Enabler. Die schaft und gibt es in diesem Bereich geplante Leuchtturmprojekte? vielen Angebote der Wirtschaftsagentur Wien – von der FörderbeSchuster: Von Beginn weg war das Massenmanagement extrem ratung, etlichen Calls bis zur Startup-Academy im Technologiezenumsichtig und konsequent aufgesetzt. Der Grundgedanke war, dass so wenig Material wie möglich aus der Seestadt hinaus bzw. herein transportiert werden soll. So wurden etwa allein 600.000 Tonnen Aushub für den See vor Ort für den Bau zwischengelagert oder gleich in einem eigenen Betonwerk verarbeitet. Sogar die abgebrochenen Landebahnen konnten recycelt und vor Ort wieder verarbeitet werden. Wir evaluieren gerade wieder unsere Zahlen, aber 2020 hielten wir bei rund 280.000 eingesparten Lkw-Fahrten und geschätzt 6.000 Tonnen an CO2, das vermieden werden konnte. Mit unseren verpflichtenden Qualitätsstandards wie dem Total Quality Building-Monitoring System der Österreichischen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (ÖGNB) oder neuerdings dem Gebäudestandard aspern klimafit schaffen wir flächendeckend ein Level an Nachhaltigkeit, das mit Sicherheit in Österreich einzigartig ist. Aktuell gehen unsere Anstrengungen ganz gezielt in Energielösungen, die uns im Norden weitgehend unabhängig vom FernVon Beginn an die Philosophie: viel Grünraum und Nachhaltigkeit.


In der Seestadt findet sich die erste „gemanagte Einkaufsstraße“ des Landes.

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Mit der U-Bahn in kürzester Zeit bis direkt ins Zentrum Wiens.

Können Sie in Zeiten der explodierenden Mietkosten leistbaren Wohnraum langfristig garantieren? Schuster: Die Seestadt ist ein extrem beliebter Wohnort und ein sehr gesuchtes Investment. Deshalb ist es bisher nie schwierig gewesen, leistbaren Wohnraum in vielfältigsten Formen mit und Erklären Sie bitte kurz, wie die ‚erste gemanagte Einkaufsstraße ohne Förderung auf sehr hohem Niveau anbieten zu lassen. Österreichs‘ funktioniert bzw. gemanaged wird. Unser Masterplan bzw. unsere Verwertungspläne sehen vor, Schuster: Kurz gesagt haben wir von Anfang an bestimmte Zonen dass wir in Summe rund zwei Drittel leistbaren, geförderten definiert, in denen Retail- und Gastronomieschwerpunkte entwiWohnraum schaffen. Dank der hervorragenden Zusammenarbeit ckelt werden sollen, also Einkaufsstraßen. Diese liegen zentral in mit der Stadt Wien im Bereich der Planung und den Quartieren, sind perfekt öffentlich angebunder sozialen Infrastruktur und der entsprechenden und laden zum Flanieren und Radfahren ein. „Das Lebensgefühl den Investitionssicherheit für gemeinnützige Die Sockelbereiche haben verpflichtend eine Bauträger sehe ich da sehr optimistisch in die Höhe von mindestens vier Metern, das ist wegen ist einzigartig, und Zukunft. Die Seestadt wird leistbar bleiben, der Nutzungsoffenheit wichtig. In bestimmten, viele Bewohner ohne auf ihre Qualitätsansprüche zu hochfrequenten Abschnitten dieser Einkaufsvergleichen es mit verzichten. straßen bzw. an neuralgischen Punkten sind wir gemeinsam mit unserem Joint Venture-Partner Urlaub.“ Warum sollte man in der aspern Seestadt Spar European Shopping Centers GmbH als EinGerhard Schuster wohnen – welches sind für Sie die besten drei kaufsstraßengesellschaft sowohl Raummieterin Gründe? als auch Vermieterin an sogenannte Shop-PartSchuster: Das Lebensgefühl ist einzigartig, und viele Bewohner ner. So konnten wir von Anfang an und auch in der schwierigen vergleichen es mit Urlaub. Die Infrastruktur ist hervorragend, und Phase der Coronapandemie dafür sorgen, dass ein gesunder Nahwas man nicht direkt in der Seestadt findet, ist dank der ausgeversorgungs- und Gastromix immer gewährleistet ist. Wir übernehzeichneten Anbindung leicht erreichbar. Und die wirtschaftliche men dabei einige zentrale Management- und Serviceleistungen für Dynamik ist so groß, dass das Jobangebot vor der Haustür praktisch unsere Partner und achten darauf, dass die Bewohner und Beschäftäglich wächst. tigten gut und immer besser versorgt sind. ◆ wämenetz machen sollen. Energiequartierslösungen werden die Zukunft der Stadtentwicklung prägen und hier wollen wir absolute Treiber sein.


WeltMeister Österreich VRVis

Visual Computing aus Wien – an der Weltspitze angekommen In der Wiener Donaucity beschäftigt man sich mit modernster Technologie im Bereich des Visual Computing – und geht auf dem Mars spazieren.

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it dem VRVis verfügt Wien über eine international anerkannte Forschungseinrichtung im Bereich des Visual Computing. Mehr als 75 Forscher tüfteln im Ares Tower in der Donaucity an den Technologien von morgen, die weit über die herkömmliche Virtual und Augmented Reality hinausgehen. So entstehen in enger Kooperation mit Partnern aus Wissenschaft und Industrie maßgeschneiderte Technologie-Lösungen.

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Das VRVis ist ein COMET-Kompetenzzentrum (Competence Centers for Excellent Technologies) für Visual Computing. Was darf man sich darunter vorstellen? Gerd Hesina: Visual Computing ist ein Bereich der Informatik, bei dem viele wissenschaftliche Disziplinen zusammengeführt werden, die mit visuellen Komponenten zu tun haben. Das reicht von Computergrafik, Computer vVision, Visual Data Analytics, Künstliche

Gerd Hesina leitet das COMET-Kompetenzzentrum für Visual Computing.

Intelligenz, Extended Reality, Bildverarbeitung und Simulation bis hin zu digitalen Zwillingen. Bei Visual Computing werden die Augen des Menschen dazu verwendet, Informationen zu transportieren. Wenn man die Augen als Breitbandanschluss versteht, mit dem wir Informationen aufnehmen, ist das der rascheste Weg ins Gehirn. Einer der Bereiche ist die Bildverarbeitung, wobei es um Entscheidungsfindungen, basierend auf Bildern, geht. Hesina: Wir verwenden Bildverarbeitung und Bildverarbeitungsalgorithmen, angereichert mit Künstlicher Intelligenz, wobei sich hier Möglichkeiten auftun, von denen man vor einigen Jahren nur geträumt hat. Wir beschäftigen uns seit über zehn Jahren mit diesem Thema und konnten viele Projekte umsetzen. Ganz stark sind wir in diesem Bereich in der Entwicklung KI-gestützter vertrauenswürdiger Diagnostiklösungen für die digitale Radiologie. Wir setzen hier auf die Kombination von Visualisierung und Künstlicher Intelligenz zur besseren Verständlichmachung und für eine größere Zuverlässigkeit der KI-Ergebnisse. Diese Verknüpfung von Visualisierung und KI ist ein echtes Power Couple, durch das wir etwa Satellitenbilder für die nachhaltige digitale Landwirtschaft besser nutzbar machen, Hochwassersimulationen auf ein ganz neues Level heben oder in der Arbeit mit Punktwolken in den Bereichen Infrastruktur und Bauwesen viele Innovationen vorantreiben. Weshalb haben Sie das VRVis in Wien angesiedelt? Die Stadt ist nicht gerade als Hightech-Hub bekannt … Hesina: Das würde ich so nicht sagen. Google oder die AmazonEntwicklung haben wir zwar nicht in Wien, das stimmt. Was wir aber sehr wohl in Wien haben, sind spezielle Gebiete, in denen es traditionell viel Forschung gibt, und eines davon ist die Computergrafik, die mit den Jahren stark gewachsen ist. Begonnen hat diese Entwicklung in den 1980er- und 1990er-Jahren. Aus diesem Umfeld ist auch das VRVis im Jahr 2000 entstanden. Mit der TU Wien, der


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Anhand der Simulation von Hochwassersituationen können Notfallpläne für den Ernstfall von Starkregen und Überflutungen entwickelt werden.

TU Graz und der Universität Wien bilden wir eines der größten Forschungscluster in Europa auf dem Gebiet des Visual Computing. Das VRVis versteht sich als Brücke zwischen Forschung und Wirtschaft. Wo steckt VRVis drinnen? Hesina: Wir sorgen für viel Wissenstransfer. Wenn in der Wissenschaft neuartige Methoden entwickelt wurden, bedeutet das nicht, dass sie bereits in einer Anwendung umgesetzt oder anwendungsreif sind. Das heißt, wir nehmen Methodiken und Algorithmen und gießen sie in anwendungsorientierte Software. Ein Beispiel dafür wäre die Hochwassersimulation, die das VRVis für das Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus und den Versicherungsverband für ganz Österreich entwickelt hat. Wir haben hier die Hochwasserrisiko-Zonen in Kooperation mit der TU Wien neu berechnet und bereiten sie interaktiv auf, um die Thematik auch für die Bevölkerung besser verständlich zu machen. Darauf basierend, entstehen Notfallpläne für den Ernstfall von Starkregen und Überflutungen, und es werden Szenarien durchgerechnet, woraus sich in Folge Maßnahmen, von Sandsackbarrieren bis zu mobilen Schutzwänden, ableiten lassen. Auch in Deutschland wird unsere Hochwassersimulation sehr gut angenommen, etwa in Hamburg, Köln, Rheinland-Pfalz und in Ostfriesland – das ist Wissenstransfer direkt aus der Wissenschaft in eine Anwendung.

Ein anderer Schwerpunkt liegt auf Augmented und Virtual Reality. Werden wir bald alle mit VR-Brillen herumlaufen? Hesina: Noch in den 1990er-Jahren herrschte die Meinung vor, dass sich die VR-Technologie durchsetzen wird und man in Zukunft mit VR-Helmen oder VR-Brillen herumlaufen wird. Das ist nicht eingetreten. Durch die verbesserte Hardware ergeben sich ganz neue Möglichkeiten, durch die das Anwendungsgebiet immer breiter wird. Heute werden VR-Brillen beispielsweise für Trainingszwecke eingesetzt, wie etwa für Brandschutztrainings. Dabei wird der Einsatzort durch die VR-Brille realitätsnah dargestellt, ohne dass tatsächlich gezündelt wird oder teure Löschmittel verschwendet werden müssen. Ich kann das ‚Look and Feel‘ des Trainings tatsächlich virtuell genauso erleben und so für einen Einsatz realitätsgetreu üben. Wir arbeiten außerdem mit Seniorenheimen und Augenspezialisten zusammen, um mögliche Seherkrankungen und ihre Implikationen im Alltag besser verständlich zu machen, oder mit dem Bundesheer im Bereich der Fernerkundung, wobei die Soldaten weit entferntes Gelände virtuell erforschen. Genauso machen wir es mit unserem in der Planetenforschung etablierten 3D-Viewer PRo3D für Geologinnen und Geologen möglich, wie in Real auf dem Mars spazieren zu gehen und millimetergenau die Gesteinsschichten zu untersuchen.


WeltMeister Österreich VRVis

„Wenn man von KI spricht, sollte man hinterfragen, was unter der Motorhaube steckt.“

Sie beschäftigen sich ebenfalls mit dem Thema Rekonstruktion. Was rekonstruiert das VRVis da konkret? Hesina: Wir sind hier auf verschiedenste Anwendungsfelder spezialisiert, weil sehr viele Bereiche durch 3D-Rekonstruktionen stark profitieren. Dabei ist ein gemeinsamer Nenner unserer Projekte, dass wir visualisierungsbasierte Software-Lösungen entwickeln, durch die die Arbeit mit komplexen Punktwolkendaten massiv vereinfacht wird. Das funktioniert konkret so, dass mittels Laserscannern reale Objekte in ein digitales 3D-Modell, einen sogenannten digitalen Zwilling, übersetzt werden, anhand dessen Planungsprozesse und Simulationen ganz einfach möglich werden. Wir verwenden dazu im Übrigen auch Photogrammetrie, wo wir eigene Software entwickeln, um 3D-Modelle zu ermöglichen, die aus Fotografien entstehen.

© VRVis

Wo kommen Ihre Simulationen, abseits von Hochwasserszenarien, zum Einsatz? Hesina: Die Simulation ist längst im Alltag angekommen. Man kann das unter dem Begriff Smart City zusammenfassen, wenn wir etwa Verkehrsflüsse in Städten simulieren. Dabei erfassen unterschiedliche Sensoren Daten, bauen ein mathematisches Modell und erschaf-

Bis zu 75 Forscher arbeiten im VRVis in der Wiener Donaucity.

fen ein Gesamtbild. Das kann etwa ein Evakuierungsszenario bei einem Fußballspiel im Stadion sein, um nur ein Beispiel zu nennen.

Gerd Hesina

Wie weit ist hier die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz? Hesina: Wenn man von KI spricht, sollte man hinterfragen, was unter der Motorhaube steckt. Es steckt weiterhin ein mathematisches Modell dahinter, das seine Daten aus unterschiedlichen Quellen bezieht. Ich kann Information nicht erfinden, das macht auch die Künstliche Intelligenz nicht. Es kann sein, dass z.B. bei ChatGPT scheinbar erfundene Informationen vorkommen, da es im Modell so antrainiert wurde. Das hat aber das Modell selbst nicht erfunden. Wir sprechen hier nicht von echter KI. Es wird immer eines Menschen bedürfen, der die Informationen kontrolliert. Es besteht also kein Grund zur Sorge, dass Computer die Weltherrschaft an sich reißen? Hesina: Nein, natürlich nicht. Es hängt immer davon ab, wie Systeme miteinander verknüpft und eingesetzt werden. Wenn man sich aber total von einem System abhängig macht, dann wird man davon irgendwann wahrscheinlich auch beherrscht. Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit am VRVis? Hesina: Das ist ein extrem wichtiges Thema für uns. Wir haben uns sehr intensiv mit den UNO Sustainable Development Goals beschäftigt, von denen es 17 Stück gibt. Wir sind stolz darauf, dass wir bereits zehn der 17 Entwicklungsziele in der Umsetzung abdecken. Darunter sind Themen, wie die Beschleunigung der radiologischen Diagnostik, Visual Analytics für die Energiewirtschaft, menschenzentrierte Analysewerkzeuge für erneuerbare Energie, vertrauenswürdige KI in der Biomedizin, wassersensible Stadtplanung für Sponge Cities und blau-grüne Infrastruktur, autonome, KI-basierte Baustellendokumentationen, 3D-Visualisierungswerkzeuge für Weltraumforschung und Geologie und vieles mehr. Wir produzieren dabei jetzt natürlich keine Photovoltaikanlagen oder Wärmepumpen, aber wir berechnen z.B. anhand von Simulationen, wie der Energiehaushalt eines Gebäudes aussieht, und helfen, Planungsbüros nachhaltig und kostenschonend zu bauen. Und wir erforschen smarte Klimawandelanpassungsstrategien, wo u.a. Visual Analytics eine große Rolle spielt. Dabei geht es um die Optimierung von Kraftwerken, die raschere Wartung von Turbinen oder den Einsatz von 3D-Druck im Bahnverkehr, um Ersatzteile nachhaltiger herzustellen.


© NASA JPL_ASU_JOANNEUM Research_VRVis

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Spazierengehen in einer 3D-Rekonstruktion der Oberfläche des Mars – auch diese spektakulären Bilder werden im VRVis COMET-Zentrum berechnet.

Aus der Tätigkeit des VRVis ergaben sich bereits einige Spin-off-Unternehmen … Hesina: Ja, wir sind sehr stolz darauf, dass aus einer Reihe unserer Forschungsprojekte Startups entstanden sind. Diese sind natürlich, ebenso wie Patente, sehr wichtig für die Verstetigung und Etablierung von Forschungsergebnissen in der praktischen Anwendung. Unser jüngstes Spin-off ist Visplore, ein am VRVis entwickeltes Visual-Analytics-Tool, das die Analyse großer, heterogener Sensordaten aus Industrie und Energiewirtschaft intuitiv und effizienter macht.

„IT-Jobs gelten bei uns oft als etwas unattraktiv. Dieser Ruf ist aber völlig unbegründet und ungerechtfertigt.“

Weshalb gibt es in Österreich einen Mangel an IT-Fachkräften? Spüren Sie ihn beim VRVis? Hesina: Bei uns gibt es erst neuerdings so etwas wie einen gewissen ‚Mangel‘, denn die Nachfrage nach unseren Lösungen ist stark gestiegen. Ich könnte morgen fünf neue Mitarbeiter mit gut dotierten Verträgen einstellen. Ich würde auch sagen, es fehlen hierzulande, im Gegensatz zu den USA, sowohl erfolgreiche Leuchtturmprojekte, als auch digitale Lichtgestalten. Deshalb gelten IT-Jobs bei uns oft als etwas unattraktiv. Dieser Ruf ist aber völlig unbegründet und ungerechtfertigt. Das Nerd-Image von früher wirkt hier vielleicht noch nach. Eine Imagekampagne würde der gesam-

ten Branche guttun. Damit könnte man bereits in der Unterstufe der Gymnasien ansetzen.

Würden Sie sagen, dass das VRVis den Wirtschaftsstandort Wien aufwertet? Hesina: Definitiv – einerseits, weil wir als Softwareunternehmen im Forschungsbereich eine relativ hohe Anzahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern beschäftigen. Zusätzlich sind wir als COMET-Zentrum auch verstärkt im KMUGerd Hesina Bereich tätig, wo wir durch eine wichtige Transferleistung von der Forschung in die Wirtschaft und Industrie leisten, die hilft, die digitale Transformation voranzutreiben und durch Innovationen den Standort attraktiver zu machen. Was ist der nächste Trend bei der KI? Hesina: Öffentlich am sichtbarsten geht es bei KI definitiv zunächst einmal weiterhin um die Verbindung der textbasierten KI mit Suchfunktionen und Ähnlichem. Wir konzentrieren uns vor allem darauf, KI und Machine Learning für die Bild- und Mustererkennung zu optimieren und durch maßgeschneiderte Visualisierungen vertrauenswürdiger und robuster zu machen – von der Fertigung bis zur Medizin sind unsere Lösungen hier schon heute unverzichtbare Assets, die in der Zukunft noch viel mehr Bedeutung bekommen werden. ◆


WeltMeister Österreich msg Plaut

Digitaler Humanismus in einer immer schnelleren KI-Welt Georg Krause, CEO des IT-Dienstleisters msg Plaut, über das Gebot einer Digitalisierung, in deren Zentrum der Mensch steht.

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© Panthermedia.net/Agsandrew

ls Spezialist bei der Digitalisierung unterstützt msg Plaut führende Unternehmen auf dem Weg in die digitale Welt. Als Stärken werden europäische Wurzeln und Werte als Grundlage genannt, damit die Digitalisierung dem Menschen und seiner Umwelt nutzt und die Möglichkeiten zur Entwicklung und Entfaltung erweitert – so das msg Plaut-Credo. Doch kann Digitaler Humanismus gegen das Big Business ohne Schranken bestehen? Georg Krause, CEO von msg Plaut, ist davon überzeugt.

Es braucht internationale Regeln für den Umgang mit Künstlicher Intelligenz.

Was ist Digitaler Humanismus, einfach erklärt? Georg Krause: Viele Menschen, die mit dem Begriff ‚digital‘ etwas anfangen können, können auch etwas mit Humanismus anfangen. Jemand, der sich noch nie mit dem Thema beschäftigt hat, hat zumindest ein Bild vor Augen, auch wenn Humanismus kein sehr scharf definierter Begriff ist. Es muss uns gelingen, dass unsere humanistischen, menschlichen und europäischen Werte, die wir über die vergangenen Jahrhunderte für uns verinnerlicht haben und leben, auch in der digitalen Welt ihre Gültigkeit haben. Die digitale Welt darf nicht in eine Richtung kippen, in der diese Werte keine Bedeutung mehr haben, nicht mehr berücksichtigt werden und wir in einen Wilden Westen hineingeraten. Der Mensch, seine Werte und das Wohl der Gesellschaft müssen in den Mittelpunkt der Digitalisierung gestellt werden. Das Erste, was bei allen Revolutionen auf der Strecke bleibt, ist der Humanismus. Wie soll das erst recht in einem boomenden Geschäft wie der digitalen Welt funktionieren? Krause: Wir leben in keiner idealen Welt. Aber es ist uns bei neuen Entwicklungen wie der Industriellen Revolution gelungen, die größten Auswüchse zu verhindern. Da steht das Positive, die Versorgung der Menschen mit Gütern, im Vordergrund, und die negative Kehrseite, die Ausbeutung der Industriearbeiter, konnte durch entsprechende Arbeitsgesetze reguliert werden. Wir sind derzeit in einer ähnlichen Situation, deshalb ist der Digitale Humanismus so wichtig und wird breit aufgegriffen. Die Europäische Union geht seit einigen Jahren sehr stark in die Richtung, den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen. Es muss uns gelingen, einen gesellschaftlichen Diskurs zu führen, der in einer Regulierung mündet. Auf den guten Willen der Menschen zu hoffen, ist vermutlich zumindest blauäugig. Da braucht es schon Rahmenbedingungen, Regeln, was nicht getan werden darf. In diese Richtung müssen wir bei allen Digitalisierungsthemen gehen, damit


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Georg Krause, CEO msg Plaut: „Das Thema ist inzwischen auch in der politischen Diskussion angekommen, was bei der Bewusstseinsschaffung hilft.“

die Vorteile und der Nutzen für die Gesellschaft überwiegen und Risiken nicht schlagend werden. Bei der Industriellen Revolution hat es Jahrzehnte gedauert, bis sich Arbeiterrechte etablieren konnten. Wie lange müssen wir noch auf brauchbare Regeln warten? Krause: Sollte es rascher und besser gehen? Ja. Die Frage impliziert, dass sich nichts tut, was aber nicht stimmt. Man muss sich die zeitlichen Dimensionen ansehen. Digitalisierung im Sinne der Veränderung unseres Lebens und deren Auswirkungen darauf gibt es seit etwa 30 Jahren, seit dem Aufkommen des Internets und den daraus resultierenden explosionsartigen Entwicklungen. Das ist ein relativ überschaubarer Zeitraum. Natürlich muss es rascher gehen als bei der Industriellen Revolution, da die Entwicklung viel schneller voranschreitet. Wir müssen uns nur die vergangenen Monate ansehen, was ChatGPT in der Wahrnehmung verändert hat. Das erhöht den Druck, etwas zu tun. Das Thema ist vor Monaten in der politischen Diskussion angekommen, was bei der Bewusstseinsschaffung hilft und Druck auf die Politik ausübt, entsprechend rasch für entsprechende Regulierungen zu sorgen. Die EU hat für die Jahre 2020 bis 2030 die ‚Digitale Dekade‘ ausgerufen, in der das

bereits festgeschrieben ist. Die Digitale Dekade geht ganz genau in diese Richtung. Für eine neue Materie und Produkte braucht es neue Regeln. Deshalb bin ich zuversichtlich, dass wir jetzt die Weichen stellen. Aber natürlich könnte es schneller gehen. ChatGPT gab es bereits im vergangenen Herbst, und erst Monate später beginnt man, an eine Reglementierung zu denken, die aber alles andere als konkret ist. Werden Regulative nicht immer technischen Veränderungen hinterherhinken? Krause: Ja, und das hat diverse Gründe. Es beginnt damit, dass Politiker meist keine Experten in der Materie sind und das Problembewusstsein nicht immer gegeben ist. Das ist systemimmanent. Es hängt auch damit zusammen, dass rechtliche Erklärungen immer Präzision erfordern. Zudem verändern sich Dinge rasch, und neue Technologien sind oft noch nicht einmal ausgegoren, wie die Künstliche Intelligenz. Es gibt gute Beispiele in der EU, dass Materien grundlegend geregelt sein müssen. Die Linie der Datenschutzgrundverordnung stimmt. Da geht es um den Schutz der Privatsphäre und um Persönlichkeitsrechte, da sind klassische humanistische Prinzipien verankert. Das gilt auch für Künstliche Intelligenz. Es gibt bereits Ethikrichtlinien der EU für KI, aber ChatGPT hat die


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durch ein nachhaltiges Wirtschaftsmodell entwickeln. Kurzfristig haben wir verloren. Wir stehen „Europa muss in bei der Marktkapitalisierung der größten Unterder Digitalen nehmen im Nirgendwo und wurden längst von Bis zur DSGVO haben sich Big Tech-UnterDekade der EU Asien und den USA abgehängt. Selbst bei Startnehmen mit Datenhandel aller Art Jahrzehnte einen menschenups und Unicorns hat China doppelt so viele wie lang eine goldene Nase verdient. Werden wir bei Europa. Unsere einzige Chance ist, dass wir eiKI ähnlich lange auf ein Regulativ warten müsund bürgerzentnen Gegenentwurf einbringen. Der ist nicht so sen? Können wir aufgrund der Möglichkeiten, rierten Ansatz schnell wie ein kapitalistischer Ansatz in den die KI eröffnet, überhaupt so lang warten? entwickeln.“ USA, aber dafür ist er hoffentlich nachhaltiger. Krause: Jemand, der Hoffnung hat, wird sich Die sehr stark kritisierte DSGVO wird in einigen dafür einsetzen und mithelfen, die Dinge in die Georg Krause Bundesstaaten der USA bereits kopiert. Man hat richtige Richtung zu bringen. So sehe ich das erkannt, dass nach einer ersten Pionierphase auch. Ich denke, dass es viele Risiken gibt, und des Wilden Westens auch Regeln nötig sind. Wenn die Entwicklung wir gut daran tun, mit Druck an Regeln zu arbeiten. Wir sind an in diese Richtung weitergeht, haben wir Europäer wieder eine einem Scheideweg. Sehen wir uns an, wie sich die Digitalisierung Chance, eine Rolle zu spielen. in den USA und in China entwickelt hat. Da gibt es zwei völlig unterschiedliche politische Systeme, die sich auf die Entwicklung Werden die Menschen einen Teil ihres Wohlstands für humanisunterschiedlich ausgewirkt haben. In den USA ist das ein firmentischen Regeln opfern? zentriertes, marktkapitalistisches System, auf der anderen Seite Krause: Ich glaube nicht, dass Digitaler Humanismus Einbußen an steht ein sehr autokratisches, totalitäres System, in dem die Macht Wohlstand mit sich bringt. Europa ist noch immer der größte Wirtbeim Staat liegt. Wer die Daten hat, der hat letztendlich auch die schaftsraum der Welt, und solange wir unsere Regulierungen bei Macht über die Bürger. Wenn ich Macht über Daten und InformatiUnternehmen, die mit uns Geschäfte machen wollen, durchsetzen onen habe, habe ich Steuerungsmöglichkeiten auf Menschen. Das können, gibt es keinen Wohlstandsverlust. Wir können verlangen, ist ein krasser Widerspruch zu jedem humanistischen Grundsatz. dass sich andere an die Spielregeln halten, und das kommt unseren Bürgern zugute. Beide Systeme sind Realität und wurden nicht in ihre Schranken ◆ gewiesen … Krause: Einer der zentralen Punkte im Humanismusansatz in der Digitalen Dekade der EU ist, dass wir in Europa versuchen, einen Gegenentwurf zu entwickeln, nämlich einen Menschen- und Bürger-zentrierten Ansatz. Das ist der springende Punkt. Wir glauben daran und wollen weiterhin in Freiheit und Demokratie leben, wir wollen selbstbestimmt leben und über unsere eigenen Daten die Verantwortung haben. Wenn ich meine Daten hergebe, ist das meine Entscheidung und nicht die eines Dritten. Das ist ein klares Ziel der EU. Da habe ich schon die Hoffnung, dass es uns gelingen wird, einen europäischen Weg zu finden. Wenn uns das nicht gelingt, haben wir verloren. Geht ein gelebter Digitaler Humanismus nicht durch die nötigen Selbstbeschränkungen mit Wettbewerbsnachteilen einher? Krause: Im Gegenteil. Es ist unsere einzige Chance, dass wir den Menschen in den Mittelpunkt der Digitalisierung stellen und da-

© FH Technikum Wien/Martin Nußbaum

Entwicklung massiv beschleunigt und wird auch die Umsetzung von Richtlinien beschleunigen.

Georg Krause tritt vehement für einen gelebten Digitalen Humanismus ein.


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WeltMeister Österreich Biomay AG

Modernste Biotechnologie aus der Seestadt Aspern Programmierte Bakterien und Genscheren schaffen die Grundlagen für Covid-Impfstoffe und personalisierte Krebs-Therapien.

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egonnen hat die Geschichte der Biomay AG bereits in den 1980er-Jahren, als man sich hauptsächlich mit Allergenen und Allergietherapien beschäftigte. Seit 2019 konzentriert das Unternehmen sich ausschließlich auf die Auftragsproduktion von Biopharmazeutika als CDMO-Unternehmen (Contract Development and Manufacturing Organisation). Mit den Schwerpunkten Plasmid-DNA, Messenger RNA (mRNA) und rekombinanten Proteinen steht das Unternehmen mit Sitz in der Seestadt Aspern in Wien an der Speerspitze der neuesten Entwicklungen im Biotech-Sektor. Personalisierte Krebstherapeutika werden bei Biomay genauso hergestellt, wie ein Ausgangsmaterial für das mRNA-Vakzin von Biontech/Pfizer gegen Covid-19. Biomay-CEO Hans Huber gewährt einen Blick hinter die Kulissen hochmoderner Biotechnologie und deren Zukunft.

Erklären Sie uns bitte kurz Ihr Geschäftsmodell? Hans Huber: Die Biomay AG ist ein biopharmazeutischer Betrieb. Wir beschäftigen uns mit Biotechnologie im Rahmen der Pharmaindustrie. Wir sind aber nicht in der forschenden, sondern in der produzierenden Industrie tätig. Eine forschende Pharmafirma ist nicht automatisch ein Unternehmen, das seine selbst entwickelten Produkte auch gut selbst produzieren kann. Das ist unsere Aufgabe. Wir sind ein Auftragshersteller zur Produktion von Biopharmazeutika – wie rekombinante Proteine, Messenger RNA und PlasmidDNA – mit biotechnologischen Methoden. Unsere Mikroorganismen, meist Bakterien, sind dabei die Zellfabriken. Wir verwenden die Synthese- und die Produktionskapazität von Bakterien, wobei das Arbeitstier Escherichia coli (E. coli) ist. Diese E. coli-Zellen produzieren für uns rekombinante Proteine (also Eiweißstoffe), DNA und Ähnliches.

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Pharmafirmen kommen mit ihren Entwicklungen zu Ihnen? Huber: Pharmafirmen, Biotech-Unternehmen und auch Start-ups treten meist mit einer genauen Definition ihres Produkts an uns heran, aber sie haben meist nur eine ungefähre Vorstellung, wie man es herstellt. Dieses Produktions-Know-how haben wir, und wir nutzen es gemeinsam mit unserer Erfahrung zur Herstellung von Produkten für andere Biotech-Unternehmen.

Hans Huber leitet die Geschicke des erfolgreichen Biotech-Unternehmens.

Ihre Firmengeschichte begann bereits in den 1980er-Jahren ... Huber: Die Firma wurde eigentlich bereits 1984 gegründet, und damit ist Biomay eines der ältesten genuinen Biotech-Unternehmen Österreichs. Der Gründungsfokus lag auf dem Thema Allergien und der Herstellung von Allergenen mit biotechnologischen Methoden. Dabei produzieren molekularbiologisch und gentechnisch veränderte Bakterien ein sogenanntes rekombinantes Allergen, wie das Birkenpollen-Allergen, zu Forschungszwecken. Das war lange vor meiner Zeit. Wir verkaufen Allergene noch heute, aber das ist eine


© Biomay

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Biotechnologie am neuesten Stand: In der Seestadt Aspern in Wien-Donaustadt beschäftigt man sich mit Plasmid-DNA, Messenger RNA und rekombinanten Proteinen.

Nischensparte geworden. In der Zwischenzeit war Biomay in der Produktentwicklung von Impfstoffen gegen allergische Erkrankungen tätig. Diese Geschäftssparte betreiben wir seit dem Jahr 2009. Damals stellten wir in einer eigenen Anlage unsere eigenen Produkte für die klinische Prüfung her. In der Folge entstand die Geschäftsidee, unsere Produktionsanlagen auch für andere Unternehmen zu nutzen. Dadurch wurde Biomay Mitte der 2010er-Jahre profitabel. Danach haben wir uns entschieden, den Allergie-Produktbereich zu verkaufen und ein reiner Auftragshersteller zu sein. Nach einem Parallelbetrieb sind wir seit 2019 ein reines CDMO-Unternehmen, eine Contract Development and Manufacturing Organisation.

Zellinneren Insulin produzieren. Seit damals nutzt man also Produktionsverfahren, bei denen Escherichia coli-Bakterien oder Saccharomyces cerevisiae Hefepilze verwendet werden, um Insulin biotechnologisch herzustellen, damit es als Medikament eingesetzt werden kann. Wir nutzen dieses Verfahrensprinzip nicht für Insulin, sondern für neuartige Protein-Produkte. Wir programmieren Bakterienzellen so um, dass sie ein bestimmtes Protein produzieren, kultivieren sie in einem Bioreaktor, um sie zu vermehren. Danach werden die Zellen meist mechanisch aufgebrochen, und das Protein wird aus dem Zellinneren gewonnen. Dieser Wirkstoff ist unser Produkt, das wir an Pharmafirmen liefern und den sie in ein Endgebinde abfüllen.

Biomay beschäftigt sich mit drei Produktgruppen. Wobei handelt es sich bei den rekombinanten Proteinen? Huber: Proteine, früher sagte man auch ‚Eiweißstoffe‘, sind die Moleküle des Lebens und oft in den Verlauf von Krankheiten involviert. Deshalb sind bestimmte Proteine im Allgemeinen für Therapien wichtig. Die Biomay stellt solche Proteine rekombinant her. Dazu ein Beispiel: Man kennt das Insulin von der Therapie von Diabetes. Diabetikern fehlt dieses Insulin-Protein, ihre Körperzellen können es nicht selbst herstellen. Dem Diabetiker muss Insulin injiziert werden. Früher wurde dieses therapeutische Insulin aus den Bauchspeicheldrüsen von Schweinen extrahiert. Ende der 1970er-Jahre entwickelte man ein Verfahren, um Insulin künstlich mittels klonierten Mikroorganismen (rekombinant) herzustellen. Dabei werden Bakterien- oder Hefezellen so umprogrammiert, dass sie in ihrem

Ein weiteres Geschäftsfeld ist Plasmid-DNA. Huber: In den vergangenen Jahrzehnten kam das neuartige Gebiet der Gentherapie auf. Wir produzieren DNA in Form von ringförmigen Plasmiden. Dieser Plasmidring findet sich auch in dem Biomay-Logo wieder. Die Plasmide werden in Bakterien vermehrt. Die entstandene DNA ist vielfältig verwendbar. Sie ist direkt als Wirkstoff einsetzbar, denn von der DNA leiten sich schlussendlich die Proteine ab. Wird ein Plasmid einem Patienten verabreicht, produziert er nach dem Zwischenschritt über die mRNA das Protein selbst. Man könnte also einen Diabetiker mit einem entsprechenden Plasmid behandeln und er bildet mithilfe seiner eigenen Körperzellen das Insulin. So funktioniert das Grundprinzip der Gentherapie und der DNAVakzinierung, bei der dem Patienten nicht das therapeutische Protein selbst verabreicht wird, sondern die genetische Information zur


WeltMeister Österreich Biomay AG

Bildung dieses Proteins. Die Plasmid-DNA kann aber auch als Startmaterial für einen Impfstoff verwendet werden. Das Prinzip ist seit der Coronapandemie landläufig bekannt.

„Bei der neuartigen Genschere, für die der Nobelpreis vergeben wurde, ist Biomay involviert. Details unterliegen aber der Geheimhaltung.“

Die Plasmid-DNA hängt mit Ihrer dritten Produktgruppe, der Messenger RNA, zusammen? Huber: Die mRNA ist die dritte wichtige Molekülklasse, die wir produzieren. Die fundamentale biologische Information in allen Zellen ist die DNA, der genetische Code. Die DNA wird in die mRNA, die Messenger RNA oder Boten-RNA, umgeschrieben (transkribiert). Die Boten-RNA wird anschließend in das Protein übersetzt (translatiert). Das ist das fundamentale, biologische Prinzip des Flusses der genetischen Information: von der DNA, über die mRNA zum Protein. Plasmid-DNA wird auch zur biotechnologischen Herstellung von mRNA verwendet. Dabei wird ein Stück DNA, das DNA-Template, im Bioreaktor in-vitro umgeschrieben. Das Verfahren nennt man in In-vitro-Transkription von RNA. Wir produzieren also Plasmid-DNA, präparieren sie so, dass sie sich als Startmaterial zur mRNA-Herstellung eignet und liefern sie dem Kunden. In der Pandemie haben wir für das Biontech-Pfizer mRNA-Vakzin ein Start-Template für deren mRNAImpfstoff gegen Covid geliefert.

Der Covid-Impfstoff stammt also eigentlich von Biomay? Huber: Das muss ich relativieren. Nur ein Teil von deren Gesamtbedarf kam von uns, wir waren nicht die einzigen Zulieferer. Ein substanzieller Anteil des Startmaterials zur Herstellung des Impfstoffs kam aber von Biomay.

eine intelligente Genschere, die durch einen kurzen RNA-Code (‚Guide-RNA‘) individuell programmierbar wird. Dadurch kann man an ganz bestimmten Stellen im Genom schneiden, etwas einfügen oder etwas korrigieren. Damit lässt sich beispielsweise eine Krankheit korrigieren, die auf der Mutation eines einzelnen Proteins Hans Huber beruht, etwa wenn das Protein fehlt oder fehlerhaft ist. Dabei entnimmt man Rückenmarkszellen und führt anschließend mittels der Genschere das sogenannte Gene-Editing durch. Biomay ist auf wesentlich mehr Gebieten tätig, als bekannt ist. Huber: Der Kunde hat nicht immer ein Interesse daran, dass Projektdetails an die Öffentlichkeit dringen, oder er hat gerne die Kommunikation selbst in der Hand. Wir sind außerdem an Geheimhaltungsvereinbarungen gebunden. Die Außenwirkung hat nicht unsere höchste Priorität. Auf unsere Genschere sind wir aber schon sehr stolz, denn dieses Projekt ist relativ weit gediehen und wird bald für den Markt zugelassen. Sie arbeiten mit E. coli-Bakterien. Da läuten bei vielen Menschen wohl die Alarmglocken. Huber: E. coli ist ein Bakterium, das in höheren Organismen, wie in Wirbeltieren, natürlicherweise im Darmtrakt vorkommt. Es ist ein gewisser Bestandteil des natürlichen Darm-Mikrobioms, deshalb wird es in der Trinkwasseranalytik auch als Fäkalindikator heran-

Verwenden Sie bei der Produktion auch die berühmte ‚Genschere‘, die seit einiger Zeit für Aufsehen sorgt? Huber: Einfache Arten von Genscheren, die nur zum Schneiden von DNA verwendet werden, gibt es schon länger. Bei jener neuartigen Genschere, für die 2020 der Nobelpreis vergeben wurde, ist Biomay in der Tat involviert, aber ich kann aus Geheimhaltungsgründen nicht allzu viel dazu sagen. Ich kann so viel sagen, dass wir für ein Unternehmen diese Genschere CRISPR/Cas9 herstellen. Cas9 ist

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Bei all dem greift die mRNA aber nicht in menschliche DNA ein? Huber: Nein, denn dieser Weg ist nur von der DNA zu RNA möglich, umgekehrt funktioniert das zumindest in der menschlichen Zelle nicht. Die RNA wird nicht in die DNA eingebaut.

Die moderne Fertigungsanlage der Biomay AG im 22. Wiener Gemeindebezirk.


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unseres. Es gibt in Österreich und speziell im Wiener Raum einerseits traditionelle Universitäten, andererseits relativ neue Fachhochschulen, die die Themen Biotechnologie, Bioengineering und andere abdecken. Das Angebot an praxisbezogenen und wissenschaftlichen Ausbildungsmöglichkeiten und die Anzahl an Absolventen mit guter Qualifikation ist vorhanden. Es gibt auch einen Arbeitsmarkt, es sind Weltkonzerne und Start-ups in Wien tätig.

Die neue Produktionsstätte wurde im Dezember 2021 fertiggestellt.

gezogen. Es gibt auch pathogene, also krankheitserregende E. coliStämme, die verschiedene Dünndarmerkrankungen auslösen können. Diese pathogenen Stämme verwenden wir nicht, und unsere Laborstämme besitzen diese krankmachenden Eigenschaften nicht. Sie befinden sich alle in der niedrigsten, also sichersten, biologischen Sicherheitsstufe und sind sozusagen ‚gute‘ E. coli-Bakterien. Bereits in den 1970er-Jahren wurde das erste Protein mit E. coli kloniert, und das Bakterium ist immer noch eines der Arbeitstiere in der biotechnologischen Produktion. E. coli ist einer der am besten untersuchten Organismen überhaupt, einfach zu handhaben und er hat sich über lange Jahre durchgesetzt. Wie kam es zu Ihrem relativ neuen Standort in der Seestadt Aspern? Huber: Wir haben die Anlage hier erst im Dezember 2021 fertiggestellt und bezogen, obwohl unsere Produktionsanlage in der Wiener Lazarettgasse nach wie vor besteht. Hier sind die Räumlichkeiten wesentlich größer. Wir wurden in der Seestadt von Beginn an sehr willkommen geheißen und haben hier einen kleinen Biotech-Hub begründet. Gegenüber von Biomay wird ein Standort von Hookipa Biotech entstehen, und Takeda Pharmaceutical wird ebenfalls in der Nähe bauen. Gibt es in Österreich genügend Nachwuchs an Fachkräften in Ihrem Bereich? Huber: Es war schon einfacher, gutes und ausreichend Personal zu finden, besonders wenn das Unternehmen im Wachstum ist wie

Müssten die Rahmenbedingungen des Standorts Österreich verbessert werden? Huber: Ich möchte mich nicht beschweren, denn die Stadt Wien tut viel für den Life-Sciences-Bereich und für Standortansiedelungen. Aber es gibt andere Bundesländer, die das vernachlässigen oder andere Prioritäten setzen. Auch Niederösterreich hat in den vergangenen Jahrzehnten viel getan, in Tulln, Krems und Klosterneuburg sind Biotech-Hubs und Life Sciences-Zentren entstanden. Das Angebot an Ausbildungsstätten ist wie gesagt groß, und die Basis und das Know-how der Absolventen ist vorhanden. Unternehmen werden beim Start und in den frühen Phasen der Forschung unterstützt. Wenn es an die klinischen Phasen und in Richtung Markteinführung geht, ist der Kapitalmarkt in Österreich eher unterentwickelt. Davon sind wir aber nicht betroffen, denn wir wollen aus eigener Kraft organisch wachsen und keine externen Investoren hereinnehmen. Das haben wir bis jetzt gut gemeistert. Was darf man sich von Biomay in näherer Zukunft erwarten? Huber: Wir sind im produzierenden Bereich tätig und können im Rahmen der Produkte, die wir herstellen, Innovationen im Rahmen der Herstellungsprozesse umsetzen. Wir sind aber getrieben von den Innovationen unserer Kunden. Hier sehe ich durchaus revolutionäre Entwicklungen, wie bei Gentherapien, Covid-Vakzinen, mRNA-Produkten oder dem Gene-Editing mit CRISPR/Cas9. Wir leben in spannenden Zeiten. Hinzu kommt die personalisierte Herstellung von Wirkstoffen. Dabei designt unser Kunde patientenspezifisch ein Plasmid oder ein Vakzin, und wir produzieren eine Charge nur für einen einzigen Tumorpatienten. Das sind hochinnovative Therapien und Produkte. In Zukunft könnte der Bereich der synthetischen DNA interessant werden, die nicht mehr biotechnisch hergestellt wird, sondern eben enzymatisch-synthetisch, was eine Reihe von Vorteilen bringt. Das scheint der nächste große Schritt zu sein. Wir werden in den kommenden fünf Jahren Produkte sehen, von denen wir heute noch gar nichts wissen. ◆


WeltMeister Österreich deepassist

Wie eine KI aus Wien zu einem Top 5-Produkt weltweit wurde „deepassist“ nennt sich eine Künstliche Intelligenz, die sowohl schriftliche wie auch telefonische Kundenanfragen beantwortet.

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eltweit unter den Top Five bei Natural Language Technologies zu sein, ist ein großer Erfolg für „deepassist“. Gegründet von Roland Fleischhacker, spielt man in der Oberliga, was KI bei der Text- und Spracherkennung betrifft. Die KI-Lösung ist vortrainiert und unmittelbar für alle Kanäle des Kunden nutzbar. Ein Beispiel aus der Praxis zeigt, wie deepassist das Kundenservice radikal beschleunigt: Die „Stadt Wien – Wiener Wohnen“ ist eine der größten Hausverwaltungen Europas, bei der 550.000 Kunden rund um die Uhr betreut und etwa 1.000 unterschiedliche Themen bearbeitet werden. deepassist unterstützt in diesem Fall die Agents in Echtzeit – wodurch die Handling-Time stark reduziert und die Lösungsrate im Erstkontakt signifikant gesteigert wird. Zudem dauert das Onboarding neuer Mitarbeiter nun lediglich einige Tage statt Wochen. CEO Roland Fleischhacker erklärt, was hinter dieser bahnbrechenden Technik steckt und wo sie bereits erfolgreich angewendet wird.

Was macht‘deepsearch‘ in Verbindung mit deepassist? Roland Fleischhacker: Wir haben ein Produkt, das nennt sich deepassist, wobei der Name Programm ist. Der Begriff ‚deep‘ steht seit einiger Zeit für Anwendungen von Künstlicher Intelligenz. Als wir im Jahr 2010 den Namen deepsearch erfunden haben, gab es diese Metapher noch nicht. Unsere Zielsetzung ist, dass eine Maschine auf menschlichem Niveau Texte interpretieren kann. Sprache im weitesten Sinn, ob geschrieben oder gesprochen, ist sowohl im privaten als auch geschäftlichen Umfeld ein omnipräsentes Phänomen. Wenn man Sprache automatisiert interpretieren kann, ergeben sich eine Menge Anwendungen. Dokumente können besser klassifiziert und wiedergefunden werden. Das gilt für E-Mail, aber auch Telefongespräche. Damit wird die Kommunikation unterstützt und gegebenenfalls auch automatisiert. ‚deep‘ steht dabei für KI und ‚assist‘ dafür, dass wir Unternehmen helfen wollen, Prozesse damit zu unterstützen.

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Wobei können Sie Unternehmen unter die Arme greifen? Fleischhacker: Auf vielfältige Art. Etwa bei E-Mails, die von der KI gelesen und verstanden und an die richtige Person zur Bearbeitung weitergeleitet werden. Das ist unser einfachster Anwendungsfall.

Spielt in der weltweiten KI-Oberliga mit: Roland Fleischhacker.

Wie erkennt das deepassist? Fleischhacker: Der Text wird gelesen, und wir transformieren die wichtigsten Elemente, worum es geht und die wichtigsten Informationen, in ein definiertes Format. Damit wird es für andere Systeme ebenfalls lesbar und verstehbar, die es danach verarbeiten. Ein Beispiel: Möchte jemand seinen Mobiltelefonvertrag kündigen, dann ist eine Kundennummer, eine Vertragsnummer und das Datum der gewünschten Vertragsauflösung vorhanden. Danach werden die Informationen an ein Mail- oder Ticketing-System übergeben. Dieses System nimmt diese Informationen in strukturierter Form auf und startet einen bestimmten Workflow. Weiterführend


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Die Cloud von deepassist garantiert das Funktionieren des KI-Systems, das vor allem repetitive Tätigkeiten – wie in Servicecentern – übernehmen kann.

ist, wenn schon davor von der KI genau erkannt wurde, worum es geht und alle benötigten Informationen bereits vorhanden sind. Diese werden dann nicht an eine Person weitergeleitet, sondern automatisiert verarbeitet. Eingehende Texte werden also automatisch beantwortet? Fleischhacker: Ja. Wir müssen oft sogar eine verzögernde Zeitschleife einbauen, da der Kunde es nicht verstehen würde, weshalb sein Anliegen sofort, innerhalb von wenigen Sekunden, erledigt und beantwortet wird. Funktioniert das mit allen Sprachen? Fleischhacker: Theoretisch ja. Wir haben eine eigene Technik entwickelt, die völlig anders funktioniert als 99 Prozent der anderen Systeme, die auf neuronalen Netzwerken aufbauen. Unsere KI ist semantisch und pragmatisch und reagiert nicht auf statische Muster, sondern versteht tatsächlich, worum es geht. Das System kann auch zwischen den Zeilen lesen. Diese Technik lassen wir derzeit für den amerikanischen Markt patentieren. Wo kann diese Art der KI eingesetzt werden? Fleischhacker: Vorwiegend im Kunden-, aber auch im Mitarbeiterservice. Gerade beim Kundenservice sind Kunden oft nicht in der Lage oder willens genug, exakt zu vermitteln, was sie wollen. Sie können ihr Anliegen oft nicht in Worte fassen, sondern etwa nur Symptome erklären oder reden um den heißen Brei herum. Hier stellt unser System Hypothesen auf, was der Kunde eigentlich mitteilen möchte. Das funktioniert nicht nur bei E-Mails, sondern auch bei Anrufen in Realtime. Was im Normalfall ein empathisch talentierter Mensch kann, kann auch die Maschine?

Fleischhacker: Genau. Sie bereitet die Informationen vor, und ein Mitarbeiter kann danach proaktiv auf den Kunden zugehen. Das verbessert das Kundenerlebnis maßgeblich, wenn man bereits zuvor vom System erfahren hat, was der Kunde möchte, ohne dass er es gesagt hat. Führt deepassist auch Dialoge oder gibt es nur Antworten? Fleischhacker: Wir führen keinen Dialog, aber wir können unser System mit einem Chatbot verbinden, der dialogfähig ist. Wie hoch ist die Fehlerquote bei deepassist? Fleischhacker: Es gibt eine Art gläserne Decke bei der Erkennung, das sind etwa 95 bis 98 Prozent. Gibt es manchmal falsche Antworten? Fleischhacker: Jein, es kommt eher vor, dass die Antwort nicht eindeutig ist. Wenn ein Telefonat nicht eindeutig ist, bedarf es oft einer Nachfrage. Aber wir haben etwa viele Ausdrücke aus dem Wiener Dialektwörterbuch ins System aufgenommen, damit wir auch dialektspezifische Wörter, wie etwa ‚Coloniakübel‘, verstehen. Wir müssen auch erkennen, wenn jemand etwas anderes meint als er sagt. So sprechen viele Menschen bei Zahlungen zum Beispiel noch von einem Dauerauftrag, obwohl sie ein SEPA-Mandat meinen. Kann deepassist die Lösung für den Mitarbeitermangel bei Callcentern sein? Fleischhacker: Ja, denn derzeit bekommt man kaum Personal. Die Erwartungshaltung der Kunden wird immer größer, und die Aufgabenstellungen werden immer komplexer. Gerade bei hochfrequenten und hochrepetitiven Anfragen, besonders im Bereich E-Mail, bringt unser System große Vorteile. Das sind etwa Reklamationen,


WeltMeister Österreich deepassist

die Änderung von Kontonummern und Ähnliches. Ein manuelles Bearbeiten solcher E-Mails dauert zwischen sieben und neun Minuten, bei uns zwei CPU-Sekunden.

„Gerade bei hochrepetitiven An­fragen, wie bei E-Mail, bringt unser System große Vorteile.“

Wohneinheiten und Public Transport, wie Bahnen oder Airlines. Aktuell arbeiten wir an Branchenlösungen für Versicherungsunternehmen und Retail Banking.

© deepsearch

Lassen sich einzelne Branchenlösungen von Wie lange benötigt deepsearch, um eine einem Land in ein anderes übertragen? deepassist-Anwendung für einen Kunden nutzFleischhacker: Ja. Es gibt gewisse Themen, die bar zu machen? Wie lange dauert der Programsind branchenübergreifend, wie Adressänderunmierungsprozess? gen oder Änderungen bei Bankkonten. Was Fleischhacker: Kunden wollen keine lang dauRoland Fleischhacker Sprachen anbetrifft, geht es eher um den Kulturernden, teuren oder riskanten Produkte. Deskreis. Italiener sprechen bei einem Anruf in halb war von Beginn an eine der Grundprämiseinem Callcenter viel mehr, machen sen bei der Entwicklung von deepassist, dass es ganz einfach, mehr Smalltalk als Menschen aus ganz rasch zu implementieren und transparent ist. Das Kundenanderen Ländern. Das macht service einer Bank ist gänzlich anders als das einer Investes schwieriger, denn je länmentbank, eines Energieversorgers oder eines Onlineger ein Gespräch dauert Shops. Wir nennen das Domain-Sprache. Also muss ich und es geht nicht um erkennen, was der Kunde sagt, also die Domaindas eigentliche Thema Sprache verstehen, und ich muss die Lödes Anrufs, desto sungsprozesse kennen, die bestimmmehr Hypothesen te Anforderungen auslösen. Das stellt das System auf, liefern wir in Form von Branworum es sich tatchenlösungen. sächlich handeln Wir haben vorprogramkönnte. Dann benötigt mierte Systeme, die das System mehr Konnicht nur verstehen, text, um erkennen zu könwas der Kunde sagt, nen, worum es wirklich geht. sondern auch einen Wir haben ein System entLösungskatalog von wickelt, das auf semantischen BauProzessvorlagen, der steinen basiert – angelehnt an von Kunde zu Kunde Lego. Es gibt also einen Karton voll variiert. Bei den Stadtmit Bausteinen und wir liefern ein werken Hamm, einem Modell. Einzelne Teile davon können Kunden in Deutschdabei für den Kunden individuell mit land, dauerte die Impledenselben Bausteinen umgebaut mentierung unserer werden. Branchenlösung für Energieversorger nur fünf Tage. Welche Märkte sind im Fokus von Das schaffen andere Anbieter deepsearch? erst in Monaten. Es gibt also fixFleischhacker: Heute ist das der D-A-CH-Raum. fertige Branchenlösungen wie für Fa2023 ist für uns das Vorbereitungsjahr, um cility Services großer Hausaus dem D-A-CH-Raum hinauszugehen. ◆ verwaltungen ab 15.000 Der Wissensgraph bildet Worte und ihre Bedeutungen als Knoten ab.


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Unternehmen stellen sich vor

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Die „Timber Family“ wächst und wächst. Greenbuilding. UBM setzt kompromisslos auf Holzbauprojekte. Mehr als 300.000 Quadratmeter sind schon in der Pipeline.

„Timber Family“ PROJEKT

STANDORT

NUTZUNG

BRUTTOGESCHOSSFLÄCHE

Timber Pioneer

Frankfurt

Büro 17.600 m2

Timber Factory

München

Büro

Timber Peak

Mainz

Büro 9.500 m2

Timber View

Mainz

Wohnen 17.000 m2

Timber Port

Düsseldorf

Büro 10.900 m2

Timber Praha

Prag

Wohnen 7.400 m2

57.600 m2

QR-CODE SCANNEN UND VIDEO VON DER ENTSTEHUNG ANSEHEN © Eike Becker Architekten

Die größte Vermietungsleistung in Frankfurt im ersten Halbjahr 2023 wurde von UBM realisiert: rund 10.000 Quadratmeter Bürofläche im Timber Pioneer, Frankfurts erstem Bürogebäude in Holz-Hybrid-Bauweise. UBM-CEO Thomas G. Winkler: „Das zeigt, dass wir mit unserer Strategie und dem absoluten Fokus auf Holzbauprojekte goldrichtig liegen, ökologisch wie ökonomisch.“ Der achtgeschossige Timber Pioneer ist der erste Spross einer ganzen „Timber Family“. Bis Ende nächsten Jahres werden die Fundamente für fünf weitere Familienmitglieder gelegt. Zusätzlich zur „Timber Family“ hat UBM sieben weitere Holzbauprojekte in der Pipeline. So soll in Wien mit dem Timber Marina Tower ein 113 Meter hoher Büroturm in nachhaltiger Holz-Hybrid-Bauweise entstehen – nach heutigem Stand das höchste Holzhochhaus der Welt. In Summe entwickelt UBM derzeit mehr als 300.000 Quadratmeter in Holz, etwas mehr als die Hälfte in der Assetklasse Büro, den Rest in Wohnen. „Wir wollen der führende Entwickler von Holzbauprojekten in Europa werden“, so Winkler. Die kompromisslose Fokussierung auf den Holzbau ist eine logische Konsequenz der mit „green. smart. and more.“ festgeschriebenen Konzernstrategie, die auf die Entwicklung nachhaltiger, intelli-

genter und ästhetisch anspruchsvoller Immobilien abzielt. Gegenüber der bisher konventionellen Bauweise hat der Holzbau drei wesentliche Vorteile: • Durch die Verwendung von Holz als Baumaterial können theoretisch bis zu zwei Milliarden Tonnen CO2 jährlich vermieden werden. Denn während bei der Produktion von Beton und Stahl enorme Mengen an CO2 emittiert werden, speichert Holz CO2. • Ein Großteil der Arbeit, nämlich die Produktion der Holzelemente, passiert in einer Fabrik. Die Montage am Bau geht nicht nur wesentlich schneller, leiser, sicherer und sauberer als auf einer herkömmlichen Baustelle, sondern aufgrund der systematisierten modularen Vorproduktion auch billiger. • Holzbauprojekte ermöglichen sowohl beim Verkauf als auch bei der Vermietung höhere Erlöse. Denn EU Taxonomie und ESG lenken die internationalen Finanzströme massiv und unumkehrbar zu grünen Aktivitäten.

Timber Pioneer. Frankfurts erstes Bürohaus in Holz-Hybrid-Bauweise.

Facts & Figures UBM Development ist einer der führenden Entwickler von HolzbauProjekten in Europa. Der strategische Fokus liegt auf Green Building und Smart Office in Großstädten wie Wien, München, Frankfurt oder Prag. Das Platin-Rating von EcoVadis sowie der Prime-Status von ISS ESG bestätigen die konsequente Ausrichtung auf Nachhaltigkeit. Mit 150 Jahren Erfahrung bietet UBM von der Planung bis zur Vermarktung alle Development-Leistungen aus einer Hand an. Die Aktien sind im Prime Market der Wiener Börse gelistet, dem Segment mit den höchsten Transparenz­anforderungen. UBM Development AG Laaer-Berg-Str. 43, 1100 Wien ubm@ubm-development.com www.ubm-development.com


WeltMeister Österreich Barmherzige Brüder

Künstliche Intelligenz und Digitalisierung im Krankenhaus Der Orden der Barmherzigen Brüder betreibt die unterschiedlichsten medizinischen Einrichtungen mit modernster Technik.

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er Orden der Barmherzigen Brüder betreibt auf allen Kontinenten rund 400 Einrichtungen im Gesundheits- und Sozialwesen. Im Sinne der Hospitalität sorgen 981 Ordensbrüder gemeinsam mit rund 64.000 hauptamtlichen und etwa 29.000 ehrenamtlichen Mitarbeitern für kranke und alte Menschen, Menschen mit Behinderungen, Sterbende, Drogenkranke, Obdachlose und Kinder, die Hilfe brauchen. Die Barmherzigen Brüder Österreich (mit Standorten auch in der Slowakei, Tschechien und Ungarn) arbeiten mit fast 9.400 Mitarbeitern im Geiste des Ordensgründers Johannes von Gott (1495-1550), zusammen. Ohne Ansehen der Person, der Herkunft, der Nation, der Religion, des Geschlechts oder des sozialen Status wollen die Barmherzigen Brüder für alle Hilfesuchenden da sein und Menschen unterstützen. Ein Gespräch mit Direktor Adolf Inzinger.

Die Barmherzigen Brüder bestehen als katholische Ordensgemeinschaft seit mehr als 450 Jahren. Was bedeutet dieses historische Erbe für Sie und wie gehen Sie im Alltag damit um? Adolf Inzinger: Schon bald nach dem Tod unseres Ordensgründers trugen die ersten Brüder die Hospitalität, die christliche Gastfreundschaft, in alle Kontinente – ausgehend von der Iberischen Halbinsel nach Südeuropa und durch die Seefahrer Spaniens und Portugals sehr bald auch nach Südamerika. 1605 wurde in Feldsberg/Valtice im heutigen Tschechien das erste Brüderkrankenhaus nördlich der Alpen gegründet, und bald entstand in Mittel- und Nordeuropa ein dichtes Netz an Niederlassungen, das sich in seiner Blütezeit vom Baltikum bis nach Norditalien und von Westfalen bis ins Banat erstreckte. Die angebotenen Leistungen wurden immer wieder dem medizinischen und pflegerischen Fortschritt angepasst, sodass die Ordenswerke heute zu den fortschrittlichsten in Europa zählen. Auf der Basis all des Guten der Vergangenheit können wir heute die Einrichtungen in eine gute Zukunft führen.

© Wolfstudios

Wie würden Sie die Barmherzigen Brüder charakterisieren? Inzinger: Ich denke, folgende zwei Formulierungen treffen es – mutig und innovativ helfen, wo wir gebraucht werden, und die Tradition weiterentwickeln und lebendig in die Zukunft tragen.

Direktor Adolf Inzinger leitet die Barmherzigen Brüder Österreich.

Wie gehen Sie mit dem Fachkräftemangel im Gesundheitsbereich um? Inzinger: Mehr Menschen für die Pflege zu gewinnen, ist eines der wichtigsten Ziele der österreichischen Gesundheitspolitik. Die Barmherzigen Brüder engagieren sich seit Jahrhunderten in der Ausbildung. Aktuell wird in den Einrichtungen in Kainbach und Kritzendorf Quereinsteigern die berufsbegleitende Ausbildung zur Pflegeassistenz ermöglicht. Auch unser Krankenhaus in Linz hat in Kooperation mit dem BFI ein ähnliches Modell gestartet. Das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Eisenstadt wiederum fördert seit


© Strom

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Digitalisierung und Künstliche Intelligenz haben längst Einzug in der modernen Medizin gefunden; auf Datensicherheit ist man dabei äußerst bedacht.

vielen Jahren die Hebammenausbildung. Das Elisabethinen-Krankenhaus in Klagenfurt und das Brüderkrankenhaus Wien kooperieren mit regionalen Fachhochschulen und ermöglichen es Studierenden, in mehrwöchigen Lernstationen Erfahrungen zu sammeln. Seit fast 40 Jahren arbeitet die Österreichische Ordensprovinz mit der Indischen Provinz in der Ausbildung von Pflegepersonen zusammen. Kamen in den ersten Jahrzehnten Ordensangehörige nach Österreich zur Ausbildung, so werden künftig akademisch ausgebildete Pflegekräfte aus Indien nach Österreich kommen, um in unseren Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen zu arbeiten. Welche Erfahrungen machen Sie als Arbeitgeber mit dem Zuzug ausländischer Arbeitskräfte? Inzinger: Eine der größten Hürden, um in Österreich arbeiten zu können, ist neben dem Erlernen der deutschen Sprache das Verfahren zur Anerkennung ausländischer Qualifikationen, die Nostrifizierung, die Aufenthalts- und Beschäftigungsbewilligung und für Angehörige der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe sowie der gehobenen medizinisch-technischen Dienste die Eintragung in das Gesundheitsberuferegister. Wir befinden uns hier in einem sehr kompetitiven Umfeld in einem wichtigen Segment des Arbeitsmarkts für Gesundheitsberufe. Wichtig wäre, dass die sicherlich auch notwendigen Verfahren zur Erlangung einer Arbeitserlaubnis

in Österreich im Sinne eines ‚One-stop-shops‘ gestrafft und vereinfacht werden. Ist es schwierig, in einem multikulturellen Umfeld zu arbeiten? Inzinger: Wie bereits erwähnt, ist die Beherrschung der deutschen Sprache unabdingbar, und ja, es gibt klarerweise auch Unterschiede in Kultur und Mentalität. Was uns aber eint, ist auch hier wiederum das Vorbild des Ordensstifters. Er lebte in einer Zeit der Vertreibung der Mauren von der Iberischen Halbinsel und von Pogromen an Juden. Und was machte er? Unter dem Torbogen des Hauses einer befreundeten maurischen Familie, heute würde man sagen in der Hauseinfahrt, begann er notleidende Menschen zu betreuen. Für ihn stand der Hilfe suchende Mensch im Vordergrund, nicht seine Herkunft, sein sozialer Status oder seine Religion. Wie hat sich das Gesundheitssystem aus Ihrer Sicht in den vergangenen Jahrzehnten geändert? Was sind die ‚großen Trends‘? Inzinger: Die Bereiche Kooperation, Interdisziplinarität und Digitalisierung möchte ich hervorheben. Die vergangenen zwei Jahrzehnte waren wie nie zuvor von neuartigen Kooperationen im Gesundheitswesen geprägt. Die Errichtung des Dialysezentrums WienDonaustadt als Kooperationsprojekt des Wiener Konvents der Barmherzigen Brüder mit der Gesundheitskasse Österreich und dem


WeltMeister Österreich Barmherzige Brüder

Wiener Gesundheitsverbund, die ebenfalls trägerübergreifende Zusammenarbeit im ElisabethHospiz in Linz und Ried im Innkreis, die Gründung eines Laborverbunds in Graz, die Kooperation mit dem Krankenhaus der Elisabethinen in Klagenfurt oder die Eröffnung von externen, dislozierten Ambulanzen wie in Zeltweg oder im slowakischen Dunajská Lužná und Pezinok sind Projekte von bisher nicht gekannter Qualität.

„In den Einrichtungen der Barmherzigen Brüder hat die Digitalisierung vor zwanzig Jahren Einzug gehalten.“

funden und vielem mehr in einer einzigen Oberfläche für Medizin, Pflege und therapeutische Dienste vor. Mit diesem interdisziplinären und in der Gesamtheit wohl einzigartigen Projekt setzen die Barmherzigen Brüder einen Meilenstein für die optimale Patientenversorgung im deutschsprachigen Raum.

Spielt Künstliche Intelligenz auch eine Rolle im Gesundheitswesen? Inzinger: Diese rückt derzeit immer mehr in den Vordergrund. Das liegt vor allem daran, dass im Gesundheitswesen viele Daten anfallen, die mit herkömmlichen Mitteln nur schwer ausgewertet werden können. Im Linzer Krankenhaus haben wir zum Beispiel als erste in Österreich einen Computertomografen, dessen Software nach der Untersuchung des Gehirns die Daten mittels Künstlicher Intelligenz analysiert und so Schlaganfälle erkennen kann. Die Auswertung von Gesundheitsdaten mittels KI kann dem Gesundheitssystem in Zukunft sicher helfen, bestimmte Ereignisse früher zu erkennen und darauf zu reagieren oder aus der Fülle der österreichweiten Daten neue, gesundheitspolitisch relevante Erkenntnisse zu gewinnen. Es ist mir aber sehr wichtig, zu betonen, dass alle Daten nur unter strikter Einhaltung des Datenschutzes verwendet werden dürfen, und dass im patientennahen Bereich KI-gestützte Erkenntnisse oder Empfehlungen nochmals von einer dazu befugten und qualifizierten Person validiert werden müssen.

Adolf Inzinger

Wie verändert die Digitalisierung den Alltag einer Gesundheitseinrichtung? Inzinger: Die Coronapandemie gilt als Treiber der Digitalisierung. Der Online-Handel boomt, Videokonferenzen reduzieren Dienstreisen, Behördengänge werden zunehmend digital und von zu Hause aus erledigt. In den österreichischen Einrichtungen der Barmherzigen Brüder hat die Digitalisierung aber schon vor mehr als 20 Jahren Einzug gehalten. Die Initialzündung war die Einführung der digitalen Pflegedokumentation im Jahr 2002. Kontinuierlich wurden neue Softwaremodule eingeführt. Und seit 2017 gibt es die komplett papierlose, multimediale und digitale Patientendokumentation. Was anfangs nur eine Vision gewesen ist, ist heute Realität und nicht mehr wegzudenken. In allen Krankenhäusern, Alten- und Pflegeeinrichtungen der Barmherzigen Brüder Österreich existiert die vollständig papierlose, multimediale digitale Patientendokumentation. Krankengeschichten liegen inklusive Fieberkurve, Pflegedokumentation, Medikationsdaten, Bildern und Befundergebnissen von medizinischen Geräten, von Patienten mitgebrachten Be-

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Wie ist es gelungen, dieses Projekt in den Einrichtungen reibungslos umzusetzen? Inzinger: Die von Anfang an hohe Akzeptanz der digitalen Dokumentation beruht vor allem auf der Einbindung der Mitarbeitenden in die kontinuierliche Weiterentwicklung der einzelnen Softwareprodukte, um Lösungen aus der Praxis für die Praxis zu schaffen.

Die Barmherzigen Brüder erhielten ihre EMAS-Zertifizierung im Jahr 2022.

Welche Rolle spielt die Nachhaltigkeit in Krankenhäusern, die sehr viel Energie und Wasser verbrauchen? Inzinger: Umweltschutz und Nachhaltigkeit sind wichtige Grundanliegen der Barmherzigen Brüder. So heißt es bereits in einem Text des Ordens aus dem Jahr 2000, dass wir ,Strategien entwickeln müssen, die einen verantwortungsbewussten Umgang mit der Umwelt fördern, die uns gemeinsam ist und uns nur zur Verwaltung


Nachhaltig: die PV-Anlage auf dem Krankenhaus in St. Veit.

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© hf-Fotos

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Der Ordensgründer: Heiliger Johannes von Gott (1495-1550).

dang (Papua-Neuguinea), die sich mit speziellen Programmen im anvertraut ist‘. Das Umweltmanagement der Barmherzigen Brüder sozialen Bereich engagieren, oder an das Zentrum ‚Herberge des hl. erstreckt sich daher auf alle Bereiche der Einrichtungen und reicht Johannes von Gott‘ in Quito (Ecuador), das sich um Obdachlose und vom Einkauf regionaler Lebensmittel bis zur Altstoffsammlung und psychisch kranke Erwachsene ohne Angehörige kümmert. Seit über Photovoltaikanlage. Klimaschutz ist also nahezu überall möglich, einem Jahr sorgen die Brüder in Drohobycz in der Ukraine für die auch in einem Operationssaal, wo wir seit Kurzem auch die NarkoMenschen in der Umgebung ihres Klosters und segase recyceln. Eine zentrale Einkaufsabteiversorgen Binnenflüchtlinge. Diese Liste ließe lung ist neben unseren Mitarbeitern eine Schlüssich noch um viele Orte erweitern, wie Batibo selposition im Umweltschutz. Mit dem Zentral„Unsere Einrich(Kamerun), Tanguieta (Burkina Faso) oder Nameinkauf wurde ein Beschaffungskatalog zum tungen sind Orte pula (Mosambik), wo Bürgerkrieg herrscht und nachhaltigen Einkauf von medizinischen und der Hoffnung, dschihadistische Gruppen aktiv sind. pflegerischen Verbrauchsmaterialien entwickelt Die Brüder und Mitarbeitenden bleiben beund an allen Standorten eingeführt. Hospitalität und wusst an diesen Orten und versuchen, die Gechristlichen sundheitsversorgung oder die soziale Betreuung Was fasziniert Sie persönlich am Orden der BarmGastfreundschaft.“ der lokalen Bevölkerung aufrechtzuerhalten. Sie herzigen Brüder? entscheiden sich dafür, an der Seite der BevölkeInzinger: Dass die Einrichtungen der BarmherziAdolf Inzinger rung zu bleiben und riskieren für andere Mengen Brüder Orte der Hoffnung sind. Hospitalität, schen – wie etwa beim letzten Ausbruch von christliche Gastfreundschaft, das ist der GrundEbola in Westafrika – ihre eigene Gesundheit oder sogar ihr Leben. auftrag der Barmherzigen Brüder. Dazu gehört seit jeher, dass sich Für mich ist es immer wieder bewegend, zu erleben, wie sich die die Brüder neben der Pflege und Behandlung kranker Menschen Mitarbeitenden in Österreich für diese Ordenseinrichtungen solidaauch für jene einsetzen, die am Rande der Gesellschaft stehen oder risch einsetzen. Spendensammlungen, Informationsveranstaltunfür deren Leid und Not sich sonst niemand zuständig fühlt. Nach gen oder Flohmärkte werden organisiert, um kranken und hilfsbediesem Prinzip leben und arbeiten Brüder und Mitarbeitende an dürftigen Menschen in anderen Teilen der Welt zu helfen. vielen Orten der Welt. Ich denke zum Beispiel an die Brüder in Ma◆


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WeltMeister Österreich ÖBB Rail Cargo Group

Der führende Bahnlogistiker Europas stammt aus Österreich Transportgesellschaften in 13 Ländern Europas mit rund 1.270 Zügen täglich transportieren jährlich 88,4 Millionen Nettotonnen Fracht.

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ie 2020er werden die Renaissance des Schienengüterverkehrs bringen – wir gestalten die Zukunft“ – dieses Motto gab der Vorstandssprecher der Rail Cargo Group der ÖBB, Clemens Först, aus. Güter aus dem Agrarbereich, Kfz, Baustoffe, chemische Gefahrengüter und Produkte, Holz, Papier oder Stahl sind nur einige jener Lasten, die jährlich von mehr als 5.800 Mitarbeitern in 24.231 Güterwagen von 16 Rail Cargo-Terminals aus auf die Reise geschickt werden. Die Energiekrise und der Kampf gegen den Klimawandel machen den Schienenverkehr zu einem unverzichtbaren Zukunftsfaktor in der Logistik. Clemens Först gibt einen Einblick in die Unternehmensphilosophie.

Wenn man den Begriff ÖBB Rail Cargo Group hört, denkt man in erster Linie an Güterzüge, doch dahinter steckt ein internationaler Logistik-Konzern. Skizzieren Sie bitte kurz die wichtigsten Unternehmensteile. Clemens Först: Wir sind das nachhaltige logistische Rückgrat der Wirtschaft und führender Bahnlogistiker in Europa. Unseren Kunden bieten wir multimodale End-to-End-Logistiklösungen von der ersten bis zur letzten Meile für unterschiedlichste Branchen quer über den gesamten eurasischen Kontinent. Wir kümmern uns nicht nur um den reinen Transport an sich, sondern auch um zusätzliche logistische Leistungen wie etwa Umschlag, Lagerung oder Verzollung. Das unterscheidet uns von reinen Schienengüterverkehrsunternehmen. Insgesamt sind wir in 18 Ländern tätig, seit Kurzem auch in Serbien und China mit eigenen Tochtergesellschaften. Wie viel macht der klassische Güterverkehr auf der Schiene in Ihrem Unternehmen aus? Först: Wenn mit der Definition des klassischen Schienengüterverkehrs der Rohstoffverkehr gemeint ist, dann liegt der Anteil bei rund 60 Prozent. Die restlichen Prozente setzen sich überwiegend aus intermodalen und multimodalen Transporten zusammen.

© Gianmaria Gava

Welches sind die häufigsten Transporte bzw. Ziele? Först: Wir haben im Jahr 2022 über ein Drittel der transportierten Nettotonnen in der Stahl-, Baustoff- und Mineralölindustrie abgewickelt. Unsere Hauptmärkte sind Österreich und Ungarn sowie die drei Hauptachsen durch Österreich – Donau, Semmering und Brenner. 80 Prozent unserer Transportleistung sind international.

Clemens Först, Vorstandssprecher der Rail Cargo Group der ÖBB.

Wie viele Züge und Waggons der Rail Cargo Group rollen pro Tag über die Stecken? Först: Wir bringen jedes Jahr rund 464.000 und damit täglich 1.270 Züge sicher an ihr Ziel.


© Hanno Thurnher

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1.270 Züge der Rail Cargo Group rollen täglich durch Europa und machen das österreichische Logistik-Unternehmen zum führenden Anbieter des Kontinents.

Wird die ‚Rollende Landstraße‘ (ROLA) auch in Zeiten der Elektrifizierung ihre Bedeutung behalten? Först: Diesel versus Strom ist kein Alleinstellungsmerkmal für die Nutzung der ROLA. Es gibt zahlreiche Gründe, warum Hunderttausende Lkw den Transit durch die Alpen die ROLA nutzen: Ruhezeiten, Einsparung von Sondermauten, Lärm- und Stauvermeidung, diverse Fahrverbote für Lkw über 7,5 Tonnen wie z.B. Ferienreise-, Wochenendfahr- oder Nachtfahrverbote, Genehmigungskontingent für EU-Drittstaaten und viele mehr. Bei 2,5 Millionen Lkw im Brennertransit pro Jahr, mit steigender Tendenz, wird das Thema Lkw-Verlagerung auch weiterhin eine große Rolle spielen – nicht nur im Sinne der Umwelt und der Sicherheit, sondern auch, um die Lebensqualität der Anrainer zu bewahren. Weiters gehen wir davon aus, dass die E-Mobilität im Güterfernverkehr die Verbrennungstechnologie kurz- bis mittelfristig noch nicht ersetzen wird. Mit Ihrer End-to-End-Lieferung könnten Sie theoretisch die ‚Rollende Landstraße‘ ersetzen bzw. die ‚letzte Meile‘ übernehmen? Först: Die verladende Wirtschaft trifft die Wahl des Verkehrsmittels. Aufgrund fehlender Anreize in vielen Nachbarländern fällt die Wahl des Verladers bzw. dessen Spediteurs auf einen Lkw-Transport. Hier setzt die ROLA als Glied in der Transportkette des Straßen-

frächters an und bietet für eine Teilstrecke im internationalen Straßengüterverkehr durch Österreich das System ROLA. Das Ziel muss es sein, mittels fairer Rahmenbedingungen auch den Gesamttransport überwiegend auf der Schiene abzuwickeln und nur die sprichwörtliche erste und letzte Meile auf der Straße. Welche Vorteile bringen die von Ihnen betriebenen Containerterminals? Först: Die an zentralen Korridoren und wichtigsten nationalen Wirtschaftszentren gelegenen Terminals bilden das zentrale Bindeglied einer gesamtheitlichen intermodalen Transportkette. Damit schaffen wir die Basis für ein breites Leistungsspektrum und sorgen für eine effiziente Koordination zwischen Verladern, Spediteuren, Operateuren sowie Eisenbahnverkehrsunternehmen, aber auch Reedereien. Vom Umschlagen der intermodalen Ladeeinheiten bis zur Abholung und Zustellung von Zügen und Wagengruppen bieten wir das gesamte Leistungsspektrum zuverlässig aus einer Hand, wobei unsere Kernaufgabe der Umschlag von Containern, Wechselbehältern sowie Sattelaufliegern ist. Terminalkapazitäten sind dabei entscheidend für die Leistungsfähigkeit unseres intermodalen TransNET und der einzelnen TransFER-Verbindungen. Innerhalb der ÖBB werden die bestehenden Terminals deshalb laufend weiterentwickelt und ausgebaut.


WeltMeister Österreich ÖBB Rail Cargo Group

© David Payr

ren wir in regionale Projekte im Naturpark Der Transport per Bahn galt bereits bisher Karwendel in Österreich. Zusätzlich unterstütals umweltfreundlich. Kann die Rail Cargo „In Österreich wird zen wir ein zertifiziertes Waldschutzprojekt in Group noch ‚grüner‘ werden und wie? für Transporte der Brasilien. Först: Die Schiene ist per se das nachhaltigste Rail Cargo Group Dass wir am richtigen Weg sind, zeigen uns Transportmittel – schon deshalb, weil sie einen 100 Prozent grüner die vielen Zertifikate und Ratings in den Bereiemissionsfreien Gütertransport ermöglicht. Alchen Corporate Social Responsibility und Nachleine die ÖBB Rail Cargo Group spart mit ihren Bahnstrom haltigkeit, wie ‚Gold‘ bei EcoVadis, ‚Sehr gut‘ Güterverkehrsleistungen jährlich eine Million genutzt.“ beim ESG-Rating von imug | rating, die SteigeTonnen CO2 in Österreich ein, europaweit sind Clemens Först rung von einer C- auf eine B-Bewertung beim es noch mehr. In Österreich wird für Transporte prestigeträchtigen CDP-Rating und B- beim ‚Rail 100 Prozent grüner Bahnstrom genutzt. Sustainability Index‘. Wir setzen auch verschiedene Maßnahmen zur Auslastungsoptimierung im Güterverkehr. Die Maßnahmen Auch im Transportgewerbe ist der Fachkräftemangel unüberreichen von längeren und schwereren Zügen, über Schulungen der sehbar. Wie stark spüren Sie das Fehlen von Arbeitskräften und Triebfahrzeugführer bis hin zu innovativem Wagenmaterial. Denn welche Maßnahmen ergreifen Sie dagegen? modernes Wagenmaterial erlaubt es, mehr Tonnage zu transportieFörst: Von einem Personalmangel kann keine Rede sein. Was ren und damit Energie zu sparen. Auch die Routen werden regelstimmt, ist, dass wir einen hohen Bedarf an neuen Kollegen haben. mäßig optimiert. Leerfahrten sollen vermieden werden. Insgesamt arbeiten bei den ÖBB 42.600 Mitarbeiter bei Bus und Darüber hinaus betreiben wir unsere Lagerstandorte Wien Bahn sowie zusätzlich rund 2.000 Lehrlinge in 130 verschiedenen Freudenau und Lenzing in Österreich klimaneutral. Wir erfassen Berufsbildern. Bis 2028 werden wir als ÖBB rund 18.000 neue Kolhier den Treibhausgasausstoß, reduzieren diesen kontinuierlich legen aufnehmen. Das ist unter anderem bedingt durch den Geneund gleichen unvermeidbare Emissionen durch Investitionen in rationenwandel – rund ein Fünftel der aktuellen Belegschaft geht Klimaschutzprojekte aus. Mit der Klimaneutralität des Lagerin den nächsten Jahren in Pension. Dadurch werden sich also rund standorts Lenzing unterstützen wir Windenergie-Projekte in 40 Prozent der gesamten Belegschaft verändern. Uns sind diese Bandırma in der Türkei. Für das Lager Wien Freudenau investieEntwicklungen schon lange bewusst, daher wurde die Ausbildung und die Personalsuche im vergangenen Jahrzehnt forciert. Jedes Jahr suchen wir rund 3.000 neue Mitarbeiter für unsere zukunftsfitten Jobs. Wir bieten umfassende Möglichkeiten für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, flexible Arbeitszeitmodelle, vielfältige Aufstiegschancen, Gesundheitsmanagement und vieles mehr an.

Nachhaltigkeit steht auch bei der Rail Cargo Group im Vordergrund.

In Ihrem Vorstand und der Geschäftsleitung finden sich eine Frau und zwölf Männer. Gibt es zu wenige qualifizierte Frauen im Logistik-Business? Wie versuchen Sie, mehr Frauen in die Führungs­etage zu bekommen? Först: Frauen sind ein entscheidender Teil unseres Unternehmenserfolgs und wir sind überzeugt, dass uns diverse Teams stärker machen. Wir haben uns daher zum Ziel gesetzt, den Frauenanteil im ÖBB-Konzern bis 2027 von aktuell 15 auf 17 Prozent zu steigern. Im Güterverkehr liegt der Frauenanteil in Österreich aktuell bei rund 37 Prozent. Wir wollen die traditionell männlich geprägten ÖBB weiblicher machen und sind uns dabei bewusst,


Der Terminal der Rail Cargo Group BILK im ungarischen Budapest.

© ÖBB Thurnher

© Zoltan Iro

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Die „Rollende Landstraße (ROLA)“ kombiniert Straßen- und Schienenverkehr.

und Luftfracht. Und das nicht nur als Operator-Dienstleistung, dass gerade Führungskräfte eine wichtige Vorbildfunktion einnehsondern auch als multimodale End-to-End-Logistiklösungen für men. Daher wollen wir auch in diesen Positionen mehr Frauen Industriekunden. So können wir für den gesamten eurasischen aufnehmen bzw. Frauen intern fördern. Konkret setzen wir dafür Raum intermodale Transporte, Trucking, Verzollung, Umschlag verschiedenste Maßnahmen um. Zum Beispiel wurde ein Frauensamt speditionellen Zusatzleistungen und mehr anbieten. Daher netzwerk etabliert, um Austausch und Vernetzung im Unternehversteht es sich von selbst, dass wir die intermodale Bahnverbinmen zu fördern. Neben einer Gleichstellungsbeauftragten gibt es dung zwischen China und Europa nicht als auch ein Mentorinnen-Programm für FührungsKonkurrenz, sondern als perfekte Ergänzung zu kräfte. Wir freuen uns sehr, dass der Konzern „Wir bieten unseunserem innereuropäischen TransNET sehen. erst vor Kurzem einen wichtigen Schritt gesetzt hat: Seit 1. Juli haben wir erstmals eine Frau als ren Kunden EndGibt es etwas, was Sie nicht transportieren Finanzchefin der ÖBB Holding. to-End-Logistik als können? umweltfreundliche Först: Wenn das Transportgut das maximale Mit der ‚neuen Seidenstraße‘ will China auch Höhen- und Breitenprofil nicht überschreitet, die Märkte in Europa stärker erschließen. Ist Alternative zu Seesind dem Schienengüterverkehr keine Grenzen das eine große Konkurrenz für die Rail Cargo und Luftfracht an.“ gesetzt. Wir transportieren neben unseren klasGroup, oder sehen Sie der Entwicklung gelassen Clemens Först sischen Gütern, wie Rohstoffen, Autos, Konsumentgegen? gütern, Mineralöl, Holz, Containern oder Abfall Först: Seit 1. Jänner 2023 sind wir mit einer Nieauch ausgefallene, wie Zirkus-Equipment, ganze Züge, wie die derlassung in Shanghai operativ tätig. Dabei soll vor allem der neuen TGVs aus Frankreich oder die Sessel und Barhocker für das Transportweg auf dem Mittelkorridor (Kasachstan–Aserbaidschan/ Publikum der ‚Starnacht‘ in Mörbisch, einem Schlager-TV-Event im Georgien–Schwarzes Meer–Rumänien–Mittel- und Zentraleuropa) Burgenland. Hinzu kommt, dass wir nicht nur Transporte von A weiter ausgebaut werden. So bieten wir unseren Kunden von Eunach B anbieten, sondern auch zusätzliche logistische Leistungen ropa bis nach Asien End-to-End-Logistik aus einer Hand und schafwie etwa Umschlag, Lagerung oder Verzollung. fen kosteneffiziente und umweltfreundliche Alternativen zu See◆


WeltMeister Österreich Huemer Group

„Eine IT-Organisation muss eine Vorreiterrolle einnehmen“ Die Huemer Group ist einer der wichtigsten Anbieter von Data Centern, innovativen IT-Lösungen und IT-Consulting.

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© Huemer Group

er 14. Juli 2006 ist ein bedeutendes Datum im Leben von Walter Huemer – an jenem Tag wurde die Huemer iT-Solution gegründet. Im Jahr 2014 entstand die H3 Holding GmbH, die heute als Huemer Group GmbH bekannt ist. Das breite Spektrum an Produkten und Dienstleistungen fokussiert auf die Hauptbereiche Data Center & Infrastructure, Consulting & Projektmanagement und Intelligente Technologielösungen. Die Vision von Gründer Walter Huemer: „Mit unserer Leidenschaft für herausfordernde Aufgaben und innovative Technologien werden wir Österreichs Spitzenreiter in IT und Digitalisierung.“ Seit dem Sommer 2023 ist Huemer Präsident der ICT Austria, der Interessenvertretung der österreichischen IT-Branche.

Walter Huemer, Gründer der Huemer Group und Präsident der ICT Austria.

Spätestens seit dem Ausbruch der Coronapandemie boomt die IT-Branche. Wie haben Sie diesen Turbo erlebt? Walter Huemer: Tatsächlich haben wir eine signifikante Dynamik im IT-Bereich erlebt, welche stark auf den Wandel hin zur Heimarbeit zurückzuführen ist. Hier spielen diverse Komponenten eine Rolle – von der Hardware, über das gesamte Prozessmanagement, bis hin zur Mitarbeiterführung auf Unternehmensebene. Es etablierten sich völlig neue Arbeitsumgebungen und mit ihnen stiegen die Anforderungen an die gesamte Infrastruktur und IT-Abteilungen. Insbesondere IT-Organisationen, die über Jahre und Jahrzehnte gewachsen sind, sehen sich nun einer herausfordernden Situation gegenüber, in der sich Qualität und Anpassungsfähigkeit beweisen müssen. Waren Sie auf einen Digitalisierungs-Hype vorbereitet? Huemer: Ich leite nun seit 32 Jahren mein eigenes Unternehmen und begann als Vertriebspartner für US-Hersteller wie IBM, HP, Oracle und andere. In dieser Branche wird man schnell als wichtiger Akteur anerkannt, wenn man eine große Menge an Infrastruktur verkauft. Verkauft man in seinem Segment jedoch weniger, kann man ebenso schnell von anderen verdrängt werden. Vor etwa einem Jahrzehnt traf ich die Entscheidung, nicht nur als Vertriebsarm der amerikanischen Unternehmen zu agieren, sondern selbst Mehrwert im Land Österreich zu schaffen und kontinuierliche Umsätze zu generieren. Dies führte zur Einrichtung von zwei Data CenterStandorten für Dienstleistungen, zur Gründung einer eigenen Abteilung, die ausschließlich auf Consulting und Beratungsleistungen spezialisiert ist, sowie zur Einleitung von Softwareentwicklungen in unserem Unternehmen. Mit dem Ausbruch der Coronapandemie wurde das gesamte Projektgeschäft abrupt gestoppt, während das Infrastrukturgeschäft florierte. Wir waren gut positioniert, denn obwohl wir Unternehmen beraten konnten, wie sie vorgehen sollten, gab es ande-


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Kundendaten sind hier gut aufgehoben: Die hochsensiblen und optimal gesicherten Serverräume in den Data Centern der Huemer Group.

rerseits Kontaktbeschränkungen. Es war zweifellos eine herausfordernde Zeit, aber wir waren vorbereitet. Als IT-Organisation ist es unsere Aufgabe, die Vorreiterrolle zu übernehmen, selbst wenn das bedeutet, dass wir gelegentlich Geld investieren, um Lösungen zu implementieren, die sich später als überflüssig erweisen.

Prozessarchitekten benötigen werden. Diese Verlagerung wird durch die Automatisierung von Coding-Aufgaben und die steigende Komplexität digitaler Prozesse getrieben. Wer nicht mit den Veränderungen Schritt hält, läuft Gefahr, Fehlentscheidungen zu treffen. Die Berufsbilder wandeln sich, die Produktivität nimmt rasant zu.

Eines Ihrer Kerngeschäfte sind Data Center .. Was bleibt nach der Aufregung rund um die Digitalisierung Huemer: Wir haben zwei geografisch getrennte Standorte in Wien, auf Dauer? wobei jeder Standort über zwei separate BrandHuemer: Ich habe mich in den vergangenen schutzabschnitte verfügt. Einige unserer KunJahren stark dafür eingesetzt, die Ausbildungs„Um sich auf interden bevorzugen es, ihre Daten redundant an programme mit Schwerpunkt auf Programmienationaler Ebene zwei verschiedenen Standorten zu speichern, rung zu intensivieren. Es besteht ein wachsendie mindestens zehn Kilometer voneinander der Bedarf an digitaler Kompetenz in der Branzu positionieren, entfernt liegen. In Österreich ist es üblich, dass che und darüber hinaus. Mit dem Aufkommen könnte Österreich alle Datenzentren entweder Räumlichkeiten bei von ChatGPT im November 2022 hat sich die sein Potenzial NTT Global Data Centers, ehemals als e-shelter digitale Landschaft erheblich weiterentwickelt, bekannt, oder bei Interxion mieten. Wir haben mit nunmehr über 1.700 KI-Anwendungen. Dies besser nutzen.“ uns dafür entschieden, eigene Räumlichkeiten ist ein Bereich, mit dem ich mich intensiv beWalter Huemer bei diesen Anbietern zu mieten. schäftige, obwohl viele unserer Kunden das Potenzial dieser Entwicklung in ihren eigenen OrWie wichtig ist es, dass alle Ihre Speicher und Server in Österganisationen noch nicht vollständig erfasst haben. reich stehen? Die Entwicklung zeigt jedoch auch, dass sich der Fokus der AusHuemer: Bei der Etablierung des Huemer Data Center legten wir bildung verschieben muss. Während die Nachfrage nach Programbesonderen Wert darauf, dass wir all unsere Daten lokal, hier in mierern gegenwärtig hoch ist, prognostiziere ich, dass wir in einigen Österreich, speichern. Unser Ziel ist es, ein Cloud-Provider zu sein, Jahren weniger Entwickler, dafür jedoch vermehrt Software- und


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teragieren. Damals stellte ich fest, dass viele von ihnen der Meider österreichischen Kunden eine sichere Datenlagerung im Inland nung waren, ihre Abteilungen und deren Herausforderungen garantiert. Ich prognostiziere, dass in den kommenden Jahren die vollständig im Griff zu haben. Diese Beobachtung motivierte mich Nachfrage nach inländischen Datenhaltungs- und Cloud Services dazu, meine Herangehensweise zu ändern. Ich entschied, meine signifikant steigen wird, insbesondere als Alternative zu den ameGespräche auf Vorstände und Geschäftsführer zu fokussieren, um rikanischen Anbietern. Dennoch sind wir offen für eine Hybrid­ ein tieferes Verständnis für die Anforderungen auf dieser Ebene lösung, um den variierenden Anforderungen unserer Kunden gezu erlangen. Anstatt Technologien und Services recht zu werden, besonders wenn eine solche zu verkaufen, konzentriere ich mich darauf, die Leistung explizit von unseren Kunden erfragt „Unsere Fähigkeit, IT-Sprache in eine verständliche Form für das wird. Aus meiner Sicht wird die Hybrid-Cloud entlang der obere Management zu übersetzen und zu erördie Zukunft der Datenspeicherung und -verartern, wie zufrieden sie mit ihren derzeitigen ITbeitung prägen. gesamten WertStrukturen sind. Diese Diskussionen führen häuschöpfungskette fig zu Aufträgen, um ihnen bei der ModernisieStammen die Lösungen Ihrer IT-Infrastrukzu denken, rung ihrer IT-Abteilungen zu helfen und diese in tur aus Basismodellen von der Stange, die Sie zeitgemäße Service-Anbieter zu transformieren. je nach Kunde adaptieren? zeichnet uns aus.“ Ein Hauptaugenmerk unserer Arbeit bei der Huemer: Unser Hauptziel ist es, unseren KunWalter Huemer Huemer Group liegt also darauf, CEOs dabei zu den eine individuelle Herangehensweise zu unterstützen, ihre IT-Abteilungen auf den neuesbieten. Wenn ein Kunde einen Fileserver oder ten Stand zu bringen und in eine proaktive, zukunftsorientierte Datenbank-Server benötigt, stellen wir natürlich ein StandardproPosition zu bringen. Wir stellen sicher, dass jede Woche eine Andukt zur Verfügung. Unsere wahre Expertise jedoch offenbart sich frage dieser Art bei uns eingeht, was unser stetiges Engagement in der Anpassung und Individualisierung der Dienstleistungen, die und unseren Fokus auf kontinuierliche Verbesserung und Innovaspeziell auf die Bedürfnisse unserer Kunden zugeschnitten sind. Mit tion unterstreicht. der Erfahrung aus mehr als 30 Jahren in den Bereichen Projektmanagement, IT und Beratung beginnen wir allerdings einen Schritt Sind Sie mit der Anzahl der Bewerber und dem Ausbildungsweiter im Voraus. Unsere Fähigkeit, entlang der gesamten Wertstand beim IT-Nachwuchs zufrieden? schöpfungskette zu denken – von der ersten Idee über die Analyse Huemer: Das ist ein komplexes Thema. Der Markt hat sich problespezifischer Problemstellungen bis hin zum Applikationsdesign und matisch entwickelt, besonders beder Integration in die bestehenden züglich der hohen Gehälter für ITStrukturen des Kunden – ist das, Fachkräfte, die der öffentliche Sekwas uns auszeichnet. So können tor kaum tragen kann. Diese Lohnwir am Ende des Tages ein maßgestruktur macht es schwer, mit den schneidertes Produkt entwickeln Stundensätzen zu arbeiten, die und uns zusätzlich um den Betrieb unsere Kunden bereit sind zu bekümmern. zahlen. Wir haben in Österreich rund 200.000 IT-Mitarbeiter, aber Was sind die wichtigsten es fehlen etwa 20.000. Es besteht Themen, die im Rahmen von ITein klarer Bedarf an qualifizierten Consulting an Sie herangetragen Personen, die bereit sind, neue werden? Technologien zu nutzen. Leider Huemer: Mit einer zwei Jahrzehnwünschen sich viele IT-interessierte langen Erfahrung im Vertrieb te Bewerber einen 9-bis-17-Uhrhatte ich die Gelegenheit, mit eiJob mit hohem Gehalt, ohne Kunner Vielzahl von IT-Leitern zu inProjektbesprechung bei der Huemer Group in Wien.


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Bei der IT-Ausbildung liegt Österreich im Mittelfeld – mit Aufwärtstendenz.

Die Teams der Huemer Group unterstützen CEOs in allen IT-Belangen.

um uns auf internationaler Ebene zu positionieren. Hierbei hat Deutschland in einigen Aspekten Vorsprung, allerdings sind wir in vielen Bereichen agiler, moderner und besser organisiert. In Bezug auf die Qualität der IT-Ausbildung und Verfügbarkeit von Fachkräften liegt Österreich im guten Mittelfeld, jedoch mit klarer AufWie ist der Wirtschaftsstandort Österreich in puncto IT aufgewärtstendenz. Unsere Regierung zeigt zunehmendes Interesse stellt? daran, Innovationen zu fördern und ausländische Investitionen Huemer: Einer der wesentlichen Faktoren ist die Berücksichtigung anzuziehen, was sicherlich helfen wird, unseren IT-Sektor zu stärvon Nachhaltigkeit und Klimawandel, die wir im Alltag immer ken. Bezüglich Künstlicher Intelligenz möchte ich anmerken, dass mehr verspüren. Für IT-Organisationen und Betreiber von Rechenes eine gesunde Balance zwischen zentren ist es besonders wichtig, Regulierung und Förderung von diesen Aspekt in den Vordergrund Innovationen geben muss. Bevor zu rücken. Dieser Wandel ist bewir KI unseren Schülern, Arbeitreits in Gang, erfordert jedoch eine nehmern und Bürgern breit zuintensivere Bemühung. Dazu gegänglich machen und sie sich dahört auch die effiziente Nutzung mit auseinandersetzen können, der Abwärme, die durch Server scheint es voreilig, schon Regulieerzeugt wird, sowie ein verantrungen einzuführen. Meiner Meiwortungsbewusster Umgang mit nung nach sollte eine offene FehEnergie allgemein. Vor den steilerkultur ermöglicht werden – wir genden Energiekosten seit Anfang alle müssen die Möglichkeit ha2022 waren dies eher nachrangige ben, Fehler zu machen und daraus Themen. Österreich besitzt grundzu lernen, um uns weiterzuentwisätzlich eine sehr gute Basis als ckeln und unser volles Potenzial IT-Standort, doch wir könnten unauszuschöpfen. ser Potenzial noch besser nutzen, Voreilige Regulierungen bei Künstlicher Intelligenz seien nicht sinnvoll. ◆ © Huemer Group

dengespräche oder Problemlösungen, was nicht der Realität entspricht. Ja, wir haben einen Fachkräftemangel und wir sollten uns öffnen, um internationale Experten einzubinden.


WeltMeister Österreich NovoArc

Wie mithilfe von Extremophilen Spritzen ersetzt werden können Von der Technischen Universität zum eigenen Biotech-Start-up, das die Medizin revolutionieren könnte: Die Hauptrolle spielen Mikroorganismen.

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rei Absolventen der TU Wien setzten sich ein ehrgeiziges Ziel: Mit der Hilfe von Lipiden sollen in Zukunft Medikamente und Impfstoffe geschluckt und nicht mehr gespritzt werden. Damit wird nicht nur Menschen mit Angst vor Injektionen geholfen – auch die Effektivität und die Lagerfähigkeit von Wirkstoffen werden gesteigert. Julian Quehenberger, Oliver Spadiut und David Wurm wagten mit ihrer Firma NovoArc den erfolgreichen Sprung in die Selbstständigkeit. Was hinter dem ambitionierten Projekt steht, erklärt David Wurm, einer der drei Gründer des Biotech-Start-ups aus Wien. Was macht NovoArc, einfach beschrieben? David Wurm: NovoArc ist ein Produzent für Spezialchemikalien für die pharmazeutische Industrie. Unsere Lipide werden eingesetzt, um pharmazeutische Wirkstoffe dem Patienten besser verabreichen zu können. Man kennt das Prinzip von den Corona-Impfstoffen, in

denen auch Lipid-Nanopartikel eingesetzt werden, um die mRNA zu schützen. Wir verwenden ähnliche Lipide, diese sind allerdings weitaus stabiler als derzeit verfügbare Lipide. Wir möchten Stoffe, die derzeit gespritzt werden müssen, oral verfügbar machen, damit Menschen, die Angst vor Spritzen haben, eine Tablette schlucken können. Das gilt für eine Vielzahl an Medikamenten wie Antibiotika oder Krebstherapeutika. Der Heilige Gral wäre das Insulin, aber bis dahin ist es noch eine weite Reise. Wirkstoffe, die durch unsere Lipidhülle geschützt sind, werden im Magen durch Säuren nicht zersetzt oder von Enzymen abgebaut; sie werden durchtransportiert, bleiben danach an der Darmschleimhaut kleben und geben langsam den Wirkstoff ab, wodurch er leicht vom Körper aufgenommen wird. Aufgrund der stabilisierenden Schutzhülle müssen viele Wirkstoffe nicht bei minus 70 Grad, sondern vielleicht nur bei vier Grad oder sogar bei Raumtemperatur gelagert werden.

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Dieses Prinzip haben Sie entwickelt? Wurm: Diese Art von Molekülen, also Lipide, gibt es schon seit einiger Zeit. Bisher hatte es noch niemand geschafft, diese Stoffe in ausreichender Qualität und Quantität für die pharmazeutische Industrie herzustellen. Wir können das sowohl reproduzierbar, als auch skalierbar in großem Maßstab. Dafür halten wir ein Patent.

Das Gründungsteam: Julian Quehenberger, David Wurm und Oliver Spadiut.

Von der TU Wien zum Firmengründer – was war der entscheidende Moment, diesen Schritt zu wagen? Wurm: Das war eine einzigartige Möglichkeit. Zum einen war die Technologie etwas Spannendes. Aufgrund des Feedbacks der Industrie, aber auch von Investoren, haben wir das Potenzial erkannt. Zum anderen gab es das Gründerteam. Wir waren uns bewusst, dass es so eine Chance nicht oft gibt und man sie beim Schopf packen muss. Deshalb haben wir uns entschlossen, nicht den klassischen Uni- oder Pharma-Weg einzuschlagen, sondern das Risiko einzugehen, eine eigene Firma zu gründen.


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NovoArc entwickelte spezielle Liposome und Lipid-Nanopartikel zum Verpacken von Wirkstoffen und RNA. Hergestellt werden die Lipide in Wien-Meidling.

Überwiegt nun das Forscher-Gen oder der Geschäftssinn? Wurm: Es war eine schöne Möglichkeit, das Beste aus beiden Welten zu haben. Wir werden weiterhin sehr forschungsgetrieben sein, diesen Teil übernimmt unser Co-Founder Julian Quehenberger als CTO. Ich beschäftige mich stark mit Business Development, mit Kunden, dem Marketing und dem wirtschaftlichen Teil, habe aber weiterhin den Bezug zur Wissenschaft. Ich war schon immer an der angewandten Forschung interessiert und nicht so sehr an der Grundlagenforschung. Es ist spannend, den Life Cycle von der Grundlagenforschung bis zum Produkt zu verfolgen. Bis 2025 soll eine eigene Produktionsanlage stehen. Wie schwierig war die Finanzierung? Wurm: Wir finanzieren uns derzeit über drei Säulen – einerseits sind das öffentliche Förderungen wie zum Beispiel FFG und der AWS, und wir haben bereits zahlende Kunden, an die wir Lipide verkaufen oder für die wir Aufträge abwickeln. Und wir haben natürlich einen finanzkräftigen Investor. Das ermöglichte uns auch, zu expandieren. Im Juni 2023 haben wir unsere neue Facility in Wien beim Bahnhof Meidling mit 400 Quadratmetern bezogen, das ist eine Mischung aus Labor- und Bürofläche. Für die Jahre 2025/26 erwar-

ten wir, dass der Bedarf durch Kundenaufträge so groß ist, dass wir das in der Facility in Meidling nicht mehr abbilden können und dementsprechend weiter expandieren müssen. Wann ist es so weit, dass die Pille die Spritze ablöst? Wurm: Früher ging man bei der Entwicklung eines neuen Medikaments davon aus, dass es zehn bis 15 Jahre dauert, bis es auf den Markt kommt. Durch Corona haben wir gelernt, dass das auch schneller geht. Dementsprechend sind wir zuversichtlich, dass das rascher funktionieren könnte. Wir sind bereits mit einigen Firmen in Kontakt, die unsere Technologie testen, und wir führen präklinische Studien durch. Es heißt immer, dass es in Österreich zu viele Hindernisse für eine rasche und unkomplizierte Zulassung von Medikamenten gibt. Wurm: Es ist wichtig, dass Medikamente gut geprüft und sicher sind, bevor sie auf den Markt kommen. Es gibt natürlich Länder, in denen man rascher eine Zulassung bekommt. Wir sind Österreich sehr verbunden, denn alle drei Gründer sind hier aufgewachsen und wir wollen den Hauptstandort in Österreich belassen. Aber natürlich planen wir die Expansion in andere Länder und Märkte.


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Unternehmen, dessen Wirkstoff z.B. eine Gibt es bereits Patente für Ihre Lipide? „Ein Börsegang ist schlechte Stabilität aufweist oder vom Körper Wurm: Bereits zu der Zeit, als wir noch an der schlecht aufgenommen wird. Wir wählen die TU Wien waren, haben wir den Produktionsproderzeit noch nicht geeigneten Lipide aus, produzieren sie und zess zum Patent eingereicht und es im April geplant, aber wir verpacken den Wirkstoff in ihnen. Wenn die beim Europäischen Patentamt auch erhalten. sind auch nicht Testergebnisse gut sind, bringt der WirkstoffWir haben ebenfalls ein weltweites Patent angehersteller mit unserer Verpackung, den Lipimeldet, was rasch voranschreitet. Auch beim exit-getrieben.“ den, das Medikament auf den Markt. Dementzweiten Anwendungsgebiet unserer Lipide, der David Wurm sprechend werden wir selbst kein neues Gabe von mRNA-Impfstoffen, konnten wir in Krebstherapeutikum auf den Markt bringen. Versuchen mit Zellkulturen zeigen, dass wir um Bei herkömmlichen Therapien müssen Menschen oft mehrmals den Faktor zehn bis 90 effizienter sind. Mit einer herkömmlichen täglich zum Arzt oder ins Spital. Ich bin überzeugt, dass wir mit Impfdosis, wie sie durch eine Spritze verabreicht wird, könnte man unserer Technologie einen Beitrag zur Lebensqualität der Patimit unseren Lipiden zehn bis 90 Menschen impfen. Auch dieses enten leisten können. Verfahren haben wir im Herbst 2022 zum Patent angemeldet. Was sind thermoacidophile Archaeen und welche Rolle spielen diese Mikroorganismen bei Ihren Produkten? Wurm: Das ist unser Haustier, unser Produktionsorganismus, den wir verwenden, um Lipide herzustellen. Der Organismus wurde aus heißen, schwefelhaltigen Quellen aus dem Yellowstone National Park isoliert und fühlt sich bei extremen Bedingungen, wie pH 3

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Wann könnten NovoArc-Produkte bei der Krebstherapie eine maßgebliche Rolle spielen? Wurm: Man muss vorausschicken, dass wir keine Wirkstoffe herstellen. Unser USP ist, dass wir Wirkstoffe schützen und diese einfacher und besser für den Patienten verfügbar machen können. Im Normallfall kontaktiert uns ein pharmazeutisches

Ein junges Team von Forschern in Wien will Wege finden, medizinische Wirkstoffe, die derzeit gespritzt werden müssen, oral verfügbar zu machen.


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Damit ein medizinischer Wirkstoff unbeschadet den Darm erreicht, wird er in äußerst stabile Liposome verpackt und übersteht damit den Weg durch den Magen.

und 80 Grad Temperatur am wohlsten. Dementsprechend stabil ist seine Zellmembrane, in der sich die Lipide befinden, die wir herausextrahieren, reinigen und als unser Produkt verwenden. Der Organismus wächst normalerweise sehr langsam. Es war nicht einfach und hat lange gedauert, hier einen industriellen Produktionsprozess zu entwickeln.

Wurm: Wir haben einige Projekte in Kooperation mit der TU abgewickelt, und es wird auf wissenschaftlicher Ebene und was die Infrastruktur betrifft auch in Zukunft Kooperationen geben.

Ist Österreich ein guter Boden für Start-ups? Was könnte man verbessern, um den Standort für Biotech interessanter zu machen? Wurm: In Österreich gibt es für die Start-up-Welt einige Angebote, wie gute Förderprogramme und Unterstützungen von der Sie betreiben in Wien-Meidling also quasi eine Hexenküche, um AWS, bei denen Gründer motiviert werden, diesen Schritt zu wadiese Umgebung zu schaffen? gen. Was den Start betrifft, ist Österreich im Vergleich zu anderen Wurm: Wir versuchen, jene Bedingungen, die der Organismus in Ländern ganz gut aufgestellt. Nach der Startder Natur vorfindet, nachzustellen und so zu phase, nach ein bis drei Jahren, gäbe es Verbesoptimieren, dass er schneller wächst und noch „Ich bin überzeugt, serungspotenzial, damit es dann Unterstützunmehr produziert. Das findet natürlich in einer gen in welcher Form auch immer gibt. Was die sehr gut kontrollierten Umgebung statt, damit dass wir mit Richtlinien von österreichischen und europäiwir immer dieselbe Produktqualität erzielen. unserer Technoloschen Investoren betrifft, sind die nicht besonDafür verwenden wir Fermentoren. Das sind gie einen Beitrag ders Risiko-affin wie in den USA. Generell ist Stahlgefäße, in denen wir die Temperatur, den Österreich aber ein guter Standort, um ein pH-Wert und andere Parameter steuern, begazur Lebensqualität Biotech-Start-up zu gründen. sen und rühren, sodass sich der Organismus der Patienten wohlfühlt, gedeiht und wächst. leisten können.“ Wann gibt es NovoArc-Aktien zu kaufen? Wurm: Ein Börsegang ist derzeit noch nicht geGibt es weiterhin eine Kooperation mit der David Wurm plant, aber wir sind auch nicht exit-getrieben. ◆ TU Wien?


WeltMeister Österreich Burgenland


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Burgenland Burgenland in Zahlen Größe Bevölkerungsanzahl Bruttoregionalprodukt je Einwohner* verfügbares Einkommen privater Haushalte* Einkommen pro Arbeitnehmer* Forschungsquote in % des BIP* Anzahl der Betriebe*** – Industrie – Bau – Handel Anzahl der Erwerbstätigen*** – Industrie – Bau – Handel Anzahl der Beherbergungsbetriebe** Nächtigungen**

3.965 km² 301.287 32.000 € 25.400 € 41.100 € 0,87 %

1.065 1.609 2.770 19.671 13.696 20.434 1.330 2.933.997 Quelle: Statistik Austria; *2021 **2022 ***2020


WeltMeister Österreich Braun Lockenhaus

Möbel aus dem Burgenland, die auch im Museum stehen Seriell gefertigtes Mobiliar und individuelle Designs sind das Erfolgs­geheimnis von Braun Lockenhaus. Viel mehr als „nur“ Sessel.

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ie Marke Braun steht für weit mehr als „nur“ einen klassischen Sesselfabrikanten. Braun Lockenhaus steht für die zeitgemäße Verbindung alter Handwerkskunst mit Hightech, und exakt und persönlich auf den Kundenwunsch zugeschnitten. Ergänzend zum Möbelprogramm widmet sich das Unternehmen dem maßgeschneiderten Innenausbau. Der Exklusivvertrieb der Marke rosconi, Spezialist für Garderoben, Behälter und Ascher aus Edelstahl, rundet das Interior-Portfolio von Braun Lockenhaus ab. Der burgenländische Objekt- und Designmöbelhersteller hat sich am Produktionsstandort in Lockenhaus zu einem der landesweiten Marktführer etabliert. Heute wird der gesamte Objektbereich in Österreich beliefert. Kunden sind unter anderen das „21er Haus“, das Schloss Esterhazy und das „Kultur Kongress Zentrum“ in Eisenstadt, der Flughafen Wien, die Restaurants „Fabios“, „Lugeck“ und „Motto am Fluss“ oder das „Live Congress Leoben“. Seit 2005 gehört Braun Lockenhaus, geführt von Jochen Joachims, zur deutschen Schneeweiss interior.

Jochen Joachims leitet die Manufaktur Braun Lockenhaus.

Was ist das Erfolgsrezept, als Möbelmanufaktur mehr als 100 Jahre erfolgreich zu sein und internationales Renommee zu besitzen? Jochen Joachims: Es gibt viele entscheidende Zutaten, die wesentlich und wichtig sind. Grundlegend ist, sich immer wieder selbst zu hinterfragen und zu reflektieren, auch in puncto Prozessabläufe. Selbstverständlich muss man auch auf den Kunden eingehen und seine Bedürfnisse und Wünsche verstehen. Daher produzieren wir nicht nur seriell gefertigtes Mobiliar, sondern legen unseren Fokus auch auf die Herstellung von individuellem Möbel- und Innenausbau. Natürlich darf man hierbei nicht die aktuellen Trends außer Acht lassen, daher nehmen wir den Markt immer wieder genauestes unter die Lupe und ergänzen unser Portfolio entsprechend. Dabei spielt die Qualität unserer Produkte ebenso eine wichtige Rolle, wie unsere Zuverlässigkeit. Kundenbetreuung ist das A und O. After-Sales ist daher bei uns kein Schlagwort, sondern vielmehr grundlegender Bestandteil unserer Unternehmenskultur – angefangen bei der Bedarfsanalyse bis hin zur Nachbetreuung. Wir stehen Kunden auch noch Jahre nach Lieferung treu zur Seite. Im Sinne der Nachhaltigkeit stellen wir beispielsweise Ersatzteile her oder polstern, je nach Bedarf, auch die Möbel neu. Der Kunde soll mit unseren Produkten langfristig zufrieden sein. Braun Lockenhaus ist einer der größten Möbel-Komplettanbieter Österreichs. Wo liegt der Unternehmensfokus? Joachims: Unsere Kerneinsatzgebiete erstrecken sich über mehrere Bereiche: Health Care, Hospitality, Public Areas, Education und Business Spaces. Der Fokus liegt auf der Möblierung von Hotels, Restaurants, Seminarbereichen, Messen und Versammlungsstätten, darüber hinaus auch auf sozialen Einrichtungen wie Krankenhäusern oder Pflegeheimen sowie Glaubenseinrichtungen. Wir entwickeln Raumkonzepte, die Lebensräumen und Arbeitswelten neue Perspektiven geben – von der Farbgebung und Raumplanung


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Auch Modelle des österreichischen Architekten und Möbeldesigners Karl Schwanzer finden sich in der Kollektion von Braun Lockenhaus.

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Welches der realisierten Projekte bzw. Kunden aus den vergangenen Jahren würden Sie besonders hervorheben? Joachims: Das Congress Center Leoben haben wir mit zahlreichen Produkten beliefert, unter anderem aus unserem Sessel- und Tischportfolio, aber auch Abfallbehälter sowie Loungemöbel. Die Besonderheit beim Sitzmöbel war, dass es mit unseren digitalen Informationssystem ‚no.e‘ ausgestattet wurde. Gemeinsam mit dem Wiener Architekten Martin Mostböck und den Eheleuten Filippou entwickelten wir für das Sternen-Restaurant Konstantin

Ein Sessel aus der Kollektion „58“ von Karl Schwanzer.

Filippou im Herzen Wiens einen extravaganten Sessel, den wir dann auch anschließend produziert und in unser Portfolio integriert haben. Als besonderes Projekt im Bereich Education steht das Wifi in Eisenstadt, bei dem wir individuell nach Kundenwunsch Schulungs- und Seminarräume eingerichtet haben. Hier ist die Besonderheit unsere mobile Netbox ‚power beam‘, werkzeuglos montier- und demontierbar sowie auf verschiedenste Tische nachrüstbar. Last but not least würde ich gerne auch das Betreute Wohnen ‚Silberhoamat Weidachhof‘ in Schwaz, Tirol, erwähnen, bei dem unsere passgenauen Produkte im Health CareBereich zum Einsatz kamen, die nicht nur ergonomische Funktionalitäten der Zielgruppe erfüllen, sondern auch deutlich zur Arbeitserleichterung beitragen.

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bis hin zur Ausstattung mit hochwertigem Mobiliar. Unser Anspruch ist, dem Kunden eine Komplettlösung aus einer Hand bieten zu können.

Design bis ins letzte Detail auch beim Chairbed von Braun Lockenhaus.


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Braun Lockenhaus

Traditionelles Handwerk hat einen großen Stellenwert bei der Sessel- und Möbelmanufaktur im burgenländischen Lockenhaus.

Wie schaffen Sie es, immer wieder DesignIst es nicht schwierig, die Bedürfnisse von „Die immer mehr Auszeichnungen zu gewinnen? Kunden wie Kongresszentren, Hotellerie, GasJoachims: Da wir stets eng mit renommierten tronomie bis zu Sportstätten oder kirchliche gewünschte und Architekten und Designbüros zusammenarbeiEinrichtungen unter einen Hut zu bringen? geforderte Workten, entwickeln wir nicht nur Produkte, die den Zusätzlich fertigen Sie auch individuelle Möbel Life-Balance mit neuesten Trends folgen, sondern auch Produkte, für Privatkunden … die höchsten Anspruch und Qualität aufweisen. Joachims: Unser Hauptmarkt liegt klar im Beweniger ArbeitsDas fördert unternehmensseitig auch unsere reich B2B, und die Anforderungen in jeder Zielstunden wird sich Weiterentwicklung. gruppe und auch innerhalb der Zielgruppen sind etablieren.“ sehr verschieden und individuell. Für unsere Ihre Designs finden sich ja auch bereits im Entwicklungsabteilung bedeutet das enormen Jochen Joachims Museum … Aufwand, damit wir kundenspezifisch die pasJoachims: Seit mehr als 15 Jahren ist unser Prosenden Produkte anbieten können. Aufgrund dukt ‚garcia‘ bereits Bestandteil der permanenten Ausstellung im unserer sehr hohen Fertigungstiefe können wir doch nahezu immer MAK Wien. Es macht uns unglaublich stolz, mit einem so talentierauf alle Wünsche und Anpassungen eingehen. ten Designer wie Martin Mostböck zusammenzuarbeiten – und das nun schon seit über 20 Jahren. Ebenso ist das Produkt im Hof­ Ist das kein logistischer Albtraum, vor allem, was die Materialimmobiliendepot in Wien zu bestaunen. beschaffung und Lieferketten betrifft? Joachims: Dank unserer hohen Fertigungstiefe von 76 Prozent sind Was stand hinter der Idee des inklusiven one4two-Tischs und wir weniger abhängig von Lieferketten und können so viel wie gab es seit seiner Präsentation im Jahr 2020 noch weitere ‚Inklumöglich selbst produzieren. Diese Unabhängigkeit ist uns sehr sionsmöbel‘? wichtig und zeichnet uns als Hersteller auch besonders aus. Wir Joachims: Das Produkt ‚one4two‘ wurde mehrfach mit Designproduzieren vom Baumstamm bis zum fertigen Möbelstück. Wenn Awards ausgezeichnet. Dabei liegt die Inklusion im Fokus. Darauf wir auf externe Partner zurückgreifen, ist uns hierbei die Regionakönnen auch sitzende Personen, zum Beispiel jemand in einem lität und räumliche Nähe sehr wichtig – nicht nur in puncto NachRollstuhl, ihre Getränke und Speisen abstellen, und gleichzeitig haltigkeit, sondern auch, um das Risikomanagement besser im fungiert er als Stehtisch – ein wandlungsfähiges Multitalent, ein Auge zu haben und somit auf Verzögerungen und UnterbrechunMust-have in unserem Portfolio. gen schnellst- und bestmöglich reagieren zu können.


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Ein Sitzmöbel namens „Konstantin“ des Designers Martin Mostböck.

Joachims: Einfach auch, weil Handwerke mehr und mehr aussterben, wird es für herstellende Unternehmen in den kommenden Jahren zu zahlreichen Herausforderungen kommen. Die steigenden Material- und Energiekosten sind nicht zu unterschätzen und müssen auch entsprechend kompensiert werden. Dies wird sich dann auch deutlich bei der Erhöhung der Produktpreise bemerkbar machen. Dazu kommt, dass sich die immer mehr gewünschte und geforderte Work-Life-Balance mit weniger Arbeitsstunden etablieren wird, was wiederum nicht immer produktiv und effizient ist. ◆

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Werden Kunststoffe in der Möbelfertigung an Relevanz verlieren? Joachims: Diese Frage ist nicht so einfach zu beantworten, da die Antwort eine gewisse Komplexität mit sich bringt. Kunststoffe sind aktuell sehr im Trend, vor allem bei Sitzschalen. Daher gehen wir davon aus, dass dieser Trend in naher Zukunft eher verstärken wie abschwächen wird. Betrifft Sie der Fachkräftemangel und was tun Sie dagegen – Stichwort: Employer Branding? Joachims: Die Förderung von Mitarbeitern ist uns sehr wichtig. Die Arbeitswelt befindet sich in einem sehr großen Wandel und Umbruch, und es geht hier nicht so sehr nur um den Begriff Fachkräftemangel, sondern generell um den Mangel an Arbeitskräften. Das betrifft uns, als Hersteller, überwiegend im Produktionsbereich. Mitarbeiter in diesem Bereich, unabhängig von ihrer Qualifizierung und Ausbildung, zu finden, ist sehr schwer, wenn aktuell sogar fast unmöglich. Welches sind die größten Herausforderungen für Ihr Unternehmen in den kommenden Jahren?

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Holz, Metall, Stoffe und Leder – woher beziehen Sie Rohmaterialien und wie sehr wird das Lieferkettengesetz Sie hier zu Veränderungen zwingen? Joachims: Inmitten des Burgenlands wird wirtschaftliche und ökologische Verantwortung großgeschrieben. Das für die Produktion verwendete Holz stammt zu einem großen Teil aus den Wäldern der Region Geschriebenstein und Hirschenstein im mittleren Burgenland. Alle weiteren Materialien, die für den Fertigungsprozess benötigt werden, versuchen wir so nah wie möglich um unseren Standort herum zu beziehen oder aus Europa.


WeltMeister Österreich Neudoerfler

Möbel für die Macher von heute und morgen aus dem Burgenland Büromöbel von Neudoerfler – zum Sitzen oder Stehen – finden sich nicht nur in Büros, sondern auch in Schulen und Universitäten.

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gal, ob im Homeoffice, im gehobenen Büro-Ambiente, an Schulen, am Campus der WU in Wien oder beim ÖAMTC und Coca-Cola – überall sind Büromöbel von Neudoerfler zu finden. Immer wieder stellt sich auch die Frage: Stehen oder Sitzen beim Arbeiten im Büro? Neudoerfler-CEO Heidi Adelwöhrer und COO Maximilian Schubert geben nicht nur darauf Antwort. Sie waren in diversen Branchen in Management-Funktionen tätig. Was hat Sie in die Möbelbranche verschlagen bzw. was hat Sie daran interessiert? Heidi Adelwöhrer: Die Büromöbelbranche fasziniert mich, weil Büromöbel ganz entscheidend zur Kultur eines Unternehmens beitragen. Mit welchen Möbeln sich ein Unternehmen einrichtet, hat eine Wirkung darauf, wie miteinander zusammengearbeitet wird und wie wohl sich die Mitarbeiter im Büro fühlen.

Maximilian Schubert: Ich finde es besonders schön, dass in der Möbelbranche Handwerk, Industrietechnik und Produktdesign Hand in Hand gehen. Im Vorjahr konnte Neudoerfler mit beinahe 65 Millionen Euro den bisher größten Umsatz in der Geschichte verzeichnen. Was war der Grund für das Rekordergebnis? Adelwöhrer: Neudoerfler ist in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen. Es freut mich besonders, dass wir diesen Aufwärtstrend auch noch im dritten Pandemiejahr gespürt haben. Ein Grund für das Wachstum war bestimmt der Wandel in der Arbeitswelt. Denn viele unserer Kundinnen und Kunden sehen, dass ihr bestehendes Büro nicht mehr mit den sich verändernden Anforderungen mithalten kann und dringend eine Neugestaltung der Kommunikationszonen, Ruhezonen und allem, was die Arbeitswelt 4.0 fordert, benötigt.

© Neudoerfler/Karin Hackl

Das Motto ‚Von Menschen, die machen. Für Menschen, die machen.‘ findet sich auf Ihrer Website. Erklären Sie uns bitte diese Unternehmensphilosophie. Schubert: Wir bauen Möbel für Menschen, die sich verwirklichen, die Freude an der Arbeit haben, die ihr Potenzial ausschöpfen. Es sind Möbel für Menschen, die machen – von Menschen, die machen. Menschen, die ebenso viel Begeisterung für ihr Tun verspüren wie unsere Kundinnen und Kunden.

Die Neudoerfler-Chefs: COO Maximilian Schubert und CEO Heidi Adelwöhrer.

Wie sehr hat New Work Ihr Geschäftsfeld bzw. Designs und Anforderungen verändert? Adelwöhrer: New Work verändert, wie Arbeitsräume gestaltet werden. Das Büro hat durch die Konkurrenz des Homeoffices wieder einen stärkeren Repräsentationscharakter. Unsere Kundinnen und Kunden wollen ihre Büroräumlichkeiten so gestalten, dass die Mitarbeiter Lust haben, ins Büro zu kommen, weil sie sich dort einfach wohlfühlen. Sie planen viel mehr Kommunikationsflächen


© Neudoerfler/Paul Bauer

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Die Büromöbel für „New Work“ in der Interpretation des burgenländischen Herstellers – mit individuell „maßgeschneiderten“ Möbeln arbeitet es sich leichter.

ein, auf denen der interaktive, agile und übergreifende Austausch mit Kolleginnen und Kollegen im Fokus steht, und Ruhezonen, in denen konzentriert gearbeitet wird, oder auch einfach Entspannungsflächen.

mit einer Gruppe internationaler Studierender zusammen und testen Prototypen auch mit den zukünftigen Nutzern auf Herz und Nieren.

Welches der realisierten Projekte bzw. Kunden aus den vergangenen Jahren würden Sie besonders hervorheben? Adelwöhrer: Ein Projekt, auf das ich selbst beSie statten auch Schulen aus. Worin bestesonders stolz bin, ist die Einrichtung für den hen die Unterschiede bei den Anforderungen neuen Hauptsitz der Asfinag. Die Aufgabe war, zu Büromöbeln für Erwachsene? Haben Sie sich „Eines unserer eine Serie maßgeschneiderter Möbel zu entwibei der Entwicklung Rat und Expertise bei den ckeln – eine Kernkompetenz von Neudoerfler. Schülerinnen und Schülern geholt? Ziele ist es heute Die Stauraummöbel sollten sich modular zusamSchubert: In der Schule müssen die Möbel größeund in Zukunft, ein menfügen lassen und verschiedene Funktionen ren Belastungen standhalten und werden von attraktiver Arbeiterfüllen, wie z.B. pinnbare Module mit akustiKindern mit verschiedenen Körpergrößen gescher Wirkung oder smarter Stauraum. Das Ernutzt, müssen aber trotzdem für jeden ergonogeber zu sein.“ gebnis hat einen einzigartigen Look und gibt misch sein. Für diesen Zweck sind QualitätsproHeidi Adelwöhrer den Büroräumlichkeiten einen individuellen dukte wie jene von Neudoerfler gefragt. Das GeCharakter. meinsame ist aber, dass wir sowohl im Büro als Ein weiteres spannendes Projekt ist die Einauch im Bildungsbereich den Fokus darauf legen, richtung für den MOL Campus in Budapest. Er ist neuer Hauptsitz welche Raumausstattung Kinder sowie Erwachsene brauchen, um der MOL Group und das höchste Gebäude Ungarns. Wir haben den ihr Potenzial voll auszuschöpfen, um nach einem Tag voller Elan gesamten Büroturm mit Arbeitstischen, Besprechungstischen und abends ebenso viel Schwung mit nach Hause zu nehmen. Für die Stauraum ausgestattet. In Zusammenarbeit mit unserer TochterfirEntwicklung unseres neuen Bildungsmöbel-Portfolios arbeiten wir


WeltMeister Österreich

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Neudoerfler

Werden aufgrund der Entwicklung zur Nachhaltigkeit Kunststoffe in der Möbelfertigung an Relevanz verlieren? Schubert: Wir sind laufend auf der Suche nach neuen Materialien, die einen möglichst kleinen CO2-Fußabdruck haben. Eine unserer neuesten Lösungen sind Garderobenhaken aus einem biologisch abbaubaren Material als Add-on zu unseren Stauraummöbeln. Generell sind in unseren Möbelstücken wenige Kunststoffkomponenten verbaut, unser Hauptwerkstoff ist Holz. Unsere Möbel produzieren wir bewusst am Firmenstammsitz in Neudörfl und arbeiten, wo immer es möglich ist, mit regionalen Partnerbetrieben zusammen. Wir schätzen unsere regionale Verbundenheit, beziehen Holz aus nachhaltiger Waldwirtschaft und liefern die fertigen Möbelstücke weitgehend ohne Wegwerfverpackungen, sondern sorgsam in Decken gehüllt zu unseren Kunden.

© Franziska Liepe

Betrifft Sie der Fachkräftemangel und was tun Sie dagegen – Stichwort: Employer Branding? Adelwöhrer: Der Fachkräftemangel ist ein großes Thema unserer Zeit. Bei Neudoerfler bilden wir derzeit mehr als zwanzig Lehrlinge aus und sorgen somit selbst für die Entwicklung unserer Fachkräfte von morgen. Eines unserer Ziele ist es heute und in Zukunft, ein

Klassisches Handwerk hat bei Neudoerfler einen hohen Stellenwert.

© Neudoerfler/Franziska Liepe

ma Planmöbel in Deutschland und unserer ungarischen Neudoerfler-Niederlassung war es eine absolute Teamleistung. Weitere unserer Kunden sind unter anderem die Wirtschaftskammer Wien, die Österreichische Post, L’Oréal, Beiersdorf, Palfinger, ÖAMTC oder die WU Wien.

Neudoerfler bildet jährlich rund 20 Lehrlinge, die Fachkräfte von morgen, aus.

attraktiver Arbeitgeber zu sein. Wir bieten unseren Mitarbeitenden eine ergonomische Arbeitsumgebung mit neuesten Büromöbeln, flexible Arbeitszeiten mit 4,5-Tage-Woche, ein Gesundheitsprogramm mit Sportkursen und eine interne Business Academy mit vielseitigen Weiterbildungsangeboten. Welche sind die größten Herausforderungen für Ihr Unternehmen in den kommenden Jahren? Schubert: Die Klimakrise betrifft heute sowie in Zukunft Mensch, Tier und Rohstoffe, deshalb ist auch das Thema Nachhaltigkeit eines, dem wir uns in den nächsten Jahren noch intensiver widmen möchten. Wir installieren derzeit eine Photovoltaikanlage auf dem Dach unserer Unternehmenszentrale, um mit dem Energieverbrauch unserer Produktion autarker zu werden, und setzen mit der Sonnenenergie auf eine umweltfreundliche Energiequelle. Die Teuerungen und steigende Rohstoffpreise sowie der Fachkräftemangel sind weitere Themen, die uns beschäftigen. Eine persönliche Frage zum Schluss: Stehen oder sitzen Sie lieber beim Arbeiten? Adelwöhrer: Wenn ich in meinem Büro bin, arbeite ich nur noch im Stehen. Mein höhenverstellbarer Schreibtisch ermöglicht mir das Umstellen auf Knopfdruck. Durch das häufigere Stehen fühle ich mich aktiver, kann konzentrierter denken und habe abends weniger Nackenverspannungen. Schubert: Ich bin ein Fan der Abwechslung zwischen Sitzen und Stehen. Zum konzentrierten Arbeiten sitze ich gerne, aber für Meetings mag ich die Dynamik von Stehbesprechungen. ◆


Im WIR steckt der Erfolg der letzten 100 Jahre. Die Wirtschaftskammer Burgenland versteht sich seit 1923 als Plattform für selbstständige Unternehmer:innen und Vordenker:innen, die das Ziel verfolgen aus Visionen und Ideen erfolgreiche Projekte zu machen. Dieses gemeinsame Denken und Handeln ist die Grundlage für die positive Entwicklung in unserem Land.

Mehr dazu auf: wko.at/bgld


WeltMeister Österreich Niederösterreich


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Niederösterreich Niederösterreich in Zahlen Größe Bevölkerungsanzahl Bruttoregionalprodukt je Einwohner* verfügbares Einkommen privater Haushalte* Einkommen pro Arbeitnehmer* Forschungsquote in % des BIP* Anzahl der Betriebe*** – Industrie – Bau – Handel Anzahl der Erwerbstätigen*** – Industrie – Bau – Handel Anzahl der Beherbergungsbetriebe** Nächtigungen**

19.179 km² 1.721.254 38.400 € 25.600 € 45.800 € 1,80 %

6.103 6.978 15.857 136.808 62.951 121.316 3.347 6.598.348 Quelle: Statistik Austria; *2021 **2022 ***2020


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So wird Niederösterreich die Herausforderungen meistern Rezepte für die Zukunft: Die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts hochhalten und die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe stärken.

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iederösterreich ist flächenmäßig das größte Bundesland Österreichs mit den unterschiedlichsten Assets. Von modernsten Bildungseinrichtungen, über Industrie, Land- und Forstwirtschaft, Energieerzeugung und Tourismus – um nur einige zu nennen. Seit April 2017 lenkt Johanna Mikl-Leitner als Landeshauptfrau die Geschicke Niederösterreichs. Sie ortet eine sehr herausfordernde Situation für die Wirtschaft, blickt aber dennoch mit Zuversicht in die Zukunft.

© NLK Pressefoto

Gibt es ein primäres Ziel für die niederösterreichische Wirtschaft, das Sie in Ihrer aktuellen Amtszeit unbedingt umsetzen bzw. erreichen möchten?

Johanna Mikl-Leitner ist seit mehr als sechs Jahren nö. Landeshauptfrau.

Johanna Mikl-Leitner: Unsere Wirtschaft befindet sich in einer sehr herausfordernden Situation. Betriebe, nicht nur in Niederösterreich, sondern in ganz Europa kämpfen mit den Folgen des Ukrainekriegs, mit den hohen Energiepreisen, mit der Inflation und teilweise auch noch mit den Lieferketten. Unser oberstes Ziel ist es daher, die Attraktivität Niederösterreichs als Wirtschaftsstandort hochzuhalten und die Wettbewerbsfähigkeit unserer Betriebe zu stärken Das schaffen wir einerseits durch Innovationsaktivitäten und andererseits durch die Intensivierung der Kooperationen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. Wie unterstützt das Land diese Kooperation zwischen Wirtschaft und Wissenschaft? Wie können wir uns das vorstellen? Mikl-Leitner: Die Basis haben wir bereits vor rund 20 Jahren mit dem Start des Technopolprogramms geschaffen. Das Erfolgskonzept an unseren vier Technopolstandorten ist die enge Vernetzung von Wirtschaft, Wissenschaft und Ausbildung vor Ort. Heute sind die ecoplus-Technopole international renommierte Standorte für Spitzenforschung. Mindestens genauso wichtig ist der Technologietransfer hin zu kleinen und mittelständischen Betrieben. Das geschieht in Niederösterreich vorrangig im Rahmen der ecoplus Cluster NÖ, das sind Branchennetzwerke zu den Themen innovatives und nachhaltiges Bauen, Lebensmittel, Mechatronik und Kunststoff. Der Schwerpunkt der Clusterarbeit liegt auf überbetrieblichen Kooperationsprojekten, in denen die Unternehmen gemeinsam forschen, entwickeln und mit- und voneinander lernen – umgesetzt werden die Projekterkenntnisse wieder im eigenen Unternehmen. Dieses Konzept hat sich gerade auch in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten bewährt. Wenn sich Entwicklungen rasant beschleunigen – Stichwort Digitalisierung – oder Themen wie Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft stark an Bedeutung gewinnen, ist es oft erfolgversprechender, diese Herausforderungen in Kooperation mit anderen Unternehmen anzugehen, statt im Alleingang.


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Das IZ NÖ-Süd ist mit rund 280 Hektar, mehr als 380 Unternehmen und mehr als 11.000 Arbeitsplätzen der größte ecoplus Wirtschaftspark Niederösterreichs.

Ganz grundsätzlich: Der Wirtschaftsstandort Niederösterreich hat in den letzten Jahren eine hohe Innovationskraft bewiesen, und das brauchen wir auch, um die künftigen Herausforderungen zu stemmen. Daher bieten wir als Land umfassende Unterstützungsleistungen. Das geschieht beispielsweise mit gezielten Wirtschaftsförderungen, die Forschungs- und Technologieentwicklungs­ vorhaben im Fokus haben. Dabei werden zusätzlich zu unseren Landesmitteln auch hohe Summen aus den EU-Fördertöpfen eingesetzt. ‚Die Wirtschaftsstrategie Niederösterreich ist auf neue, kreative Lösungen und Innovation fokussiert‘ (von land-noe.at aus 2020). Wie sehen diese aus? Mikl-Leitner: Neue, kreative Lösungen bieten beispielsweise unsere Spin-offs und Start-ups, denen wir in Niederösterreich beste Rahmenbedingungen zum Wachsen bieten wollen. Ich denke da

beispielsweise an accent – unseren Hightech-Inkubator, der Startups von der Idee bis zur Unternehmensgründung begleitet, oder tecnet, die niederösterreichische Forscherinnen und Forscher und Gründerinnen und Gründer bei der Überführung ihrer Forschungsergebnisse in marktfähige Produkte und Dienstleistungen unterstützt. Eines ist klar: Wir dürfen uns auf vergangenen Strategien nicht ausruhen. Jetzt geht es darum, uns für die Zukunft gut aufzustellen. Ziel ist es, bis 2030 die dynamischste Wirtschaftsregion Europas zu werden. Wir wollen für jede Region in Niederösterreich eine Wirtschaftsvision entwickeln und diese mit ganz konkreten Maßnahmen versehen. Daran arbeiten wir mit der Wirtschaft. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich Niederösterreich als blühender Bildungsstandort positioniert. Gibt es Bestrebungen, die Bildungsangebote – (Privat-) Universitäten und Fachhochschulen – weiter auszubauen?


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© Erich Marschik

zeugt, dass Niederösterreichs Touristikerinnen Mikl-Leitner: Selbstverständlich, denn wir wolund Touristiker auch in den kommenden Monalen Niederösterreich als Spitzenregion in Europa „Unsere Berg­ ten mit einer guten Nachfrage rechnen können. weiter ausbauen und das gelingt uns nur, wenn bahnen sind Wir haben uns darauf konzentriert, unsere Alwir die besten Köpfe für unseren Standort bebereits sehr kreativ leinstellungsmerkmale wie den Rad-, Wein- und geistern können. Bestmögliche Studienbedinund passen sich Kulturtourismus in den Fokus zu rücken. Besongungen an den heimischen Fachhochschulen ders in diesen Bereichen können wir unseren sind dafür die Basis. 110 zusätzlichen FH-Studiden äußeren Gästen unvergessliche Erlebnisse bieten. enplätze wurden erst kürzlich in den MINT-FäBedingungen an.“ chern für niederösterreichische FachhochschuJohanna Mikl-Leitner Durch den Klimawandel wird es vor allem len genehmigt. Für die großen Fragen, die uns um den Wintertourismus in Zukunft schlecht heute beschäftigen, wie Energiewende, Gebestellt sein. Muss sich hier der niederösterreisundheit und schwere Erkrankungen oder der chische Tourismus, der ja nicht mit sehr hohen Bergen und damit Einsatz von Künstlicher Intelligenz, braucht es die Wissenschaft Schneesicherheit ausgestattet ist, neu aufstellen? Welche Ideen und Forschung. Die neuen Studienplätze unterstützen unser Land hätten Sie dazu? auf diesem Weg in die Zukunft. Mikl-Leitner: Wir gehen in Niederösterreich seit mehr als zehn Jahren konsequent den Weg, unsere Skigebiete in ganzjährige Wie steht es nach den letzten Jahren, in denen die Gastgeber Bergerlebniszentren weiterzuentwickeln. Die Wexl Arena in vor großen Herausforderungen standen, um den Tourismus in St. Corona am Wechsel ist ein auch international vielbeachtetes Niederösterreich? Beispiel dafür, wie aus einem Skigebiet durch gezielte AngebotsMikl-Leitner: Die bisherige Jahresbilanz verläuft trotz Inflation sehr entwicklung ein das ganze Jahr über hoch attraktiver Tourismusort positiv, Niederösterreichs Touristikerinnen und Touristiker haben werden kann. Die Annaberger Lifte haben 2019 mit dem Sommeraber heuer noch viel vor. Von Jänner bis Juni verzeichnete Niederbetrieb begonnen, heuer lockten die Zipline und das Familienangeösterreich rund 3,3 Millionen Nächtigungen. Das bedeutet ein sattes bot am Hennesteck bereits mehr als 10.000 Gäste an. Letzte WeihPlus von 17 Prozent im Vergleich zum selben Zeitraum des Vorjahnachten waren aufgrund der ungewöhnlich hohen Temperaturen res. Im Vergleich zum Jänner bis Juni 2019 liegt Niederösterreich sowohl klassische Winter- als auch Sommerangebote für kurze Zeit nur noch fünf Prozent unter dem Vorkrisenniveau. Wir sind überparallel in Betrieb. Unsere Bergbahnen sind also bereits sehr kreativ und flexibel, sie passen sich den äußeren Bedingungen an. Für die Bergregionen gilt es, die Chancen des Klimawandels touristisch zu nutzen. Bei großer Hitze in der Stadt suchen jetzt schon viele Menschen Erholung und Kühle in den Bergen.

Bei der Zipline Annaberg kommen Abenteuerlustige auf ihre Kosten.

Die Digitalisierung unseres Lebens hat durch die Pandemie einen enormen Schub bekommen, und die Entwicklung nimmt weiter Fahrt auf. Da mitzuhalten, ist für Unternehmen nicht einfach. Welche Aktivitäten wurden in Niederösterreich bisher gesetzt? Mikl-Leitner: In der Pandemie und auch in der aktuellen Energiekrise waren wir oft zu einer anlassbezogenen Wirtschaftspolitik gezwungen. Die Ereignisse haben sich überschlagen, die Entscheidungen mussten rasch getroffen werden. Daraus ist zum Beispiel die erste Digitalisierungsförderung des Landes gemeinsam mit der WKNÖ entstanden, um unter anderem Betrieben im Lockdown zu helfen. Mit diesem wirtschaftspolitischen Schuss aus der Hüfte


Anlaufstelle zum Thema Digitalisierung: das Haus der Digitalisierung in Tulln.

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Best-Practice für klimafitte Standortentwicklung: Gewerbepark Kreilhof.

te Green Transformation für unsere Unternehmen zu bewältigen haben wir voll ins Schwarze getroffen: In der Digitalisierung ist und wo soll Ihrer Meinung nach die Reise hinführen? unsere Wirtschaft definitiv auf dem Vormarsch. Mittlerweile haben Mikl-Leitner: In Niederösterreich sind wir davon überzeugt, dass wir seit 2020 über 1.500 Projekte unserer Unternehmen mit dieser sich Klimaschutz und Wirtschaftswachstum nicht ausschließen, Förderung unterstützt. sondern dass nachhaltiges und ressourcenschonendes WirtschafWir konnten so schnell und zielgerichtet reagieren, weil wir im ten eine wichtige Basis für künftiges Wirtschaftswachstum und Bereich Digitalisierung bereits 2015 erste Maßnahmen gesetzt haneue, regionale Arbeitsplätze ist. ben, um die Unternehmen bei ihren Digitalisierungsplänen zu unDaher wollen wir Niederösterreich langfristig zu einer der fühterstützen, und seit 2018 gibt eine eigene NÖ Digitalisierungsstrarenden Green Smart Regions Europas machen: Wir unterstützen tegie den Weg vor. die Investitionen in nachhaltige Projekte etwa durch einen ÖkoDas Leuchtturmprojekt dieser Strategie ist das ‚Haus der DigiBonus, zum Beispiel wenn Unternehmen alte Betriebsgebäude retalisierung‘, das von ecoplus in Tulln errichtet wurde und seit Ende vitalisieren. Wir setzen mit unserer Wirtschaftsagentur ecoplus ein letzten Jahres in Vollbetrieb ist. Es informiert nicht nur im Rahmen Aktionsprogramm zur ökologischen Standorteiner jährlich wechselnden Ausstellung die Beentwicklung um, das Gemeinden dabei untervölkerung quer durch alle Altersgruppen, son„Mit tollen Firmen stützt, bestehende Betriebsgebiete klimafit aufdern hier findet sich auch Niederösterreichs zuwerten; wir beschäftigen uns intensiv mit umfassendstes Angebot zum Thema Digitalisiewollen wir Nieder­ dem Thema Brachflächenrecycling. Und wir rung unter einem Dach – das reale Haus der österreich zum wollen Niederösterreich zum Zentrum der KreisDigitalisierung ist die zentrale Anlaufstelle für Zentrum der Kreis­ laufwirtschaft in Österreich machen. Mit tollen Unternehmen ebenso wie für Expertinnen und Firmen, die dieses Zukunftsthema schon heute Experten im Digitalisierungsbereich; hier sind laufwirtschaft in erfolgreich bearbeiten, haben wir hier unglauballe relevanten Einrichtungen und Institutionen Österreich liches Potenzial. Die Entwicklung dieser ‚grünen vertreten. machen.“ Transformation‘ treiben wir mit einer 2021 gegründeten ecoplus-Plattform für Green TransforNachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft sind Johanna Mikl-Leitner mation & Bioökonomie voran. große Zukunftsthemen – wie ist diese sogenann◆


WeltMeister Österreich Flughafen Wien AG

Jeder ist ein VIP – der Urlaub beginnt bereits am Flughafen Im neuen VIP Terminal am Flughafen Wien-Schwechat stehen jene Services, die Stars und Staatsgäste nutzen, jedem zur Verfügung.

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© Flughafen Wien AG

as diskrete Tor zum Ehrenhof des neuen VIP Terminals am Flughafen Wien-Schwechat gleitet lautlos zur Seite, im Ehrenhof wird geparkt – oder aus der Limousine ausgestiegen. Dienstbare Geister kümmern sich um das Auto, Gepäck und Check-in, während es sich die Gäste in einem der stilvollen VIP Salons gemütlich machen. Couches und eine Auswahl an erlesenen alkoholischen und nichtalkoholischen Getränken laden zum Entspannen ein, der Kaffee wird serviert, ebenso eine Selektion an Speisen, die à la Carte angeboten werden. Erst kurz vor dem Abflug passiert man die Sicherheitsschleuse und die Passkontrolle direkt im separat gelegenen VIP Terminal – Wartezeiten gehören der Vergangenheit an. Und dann löst das VIP Service-Team noch ein Versprechen ein: Mit der Limousine geht es direkt auf das Rollfeld bis zum Flugzeug, deshalb sind es wirklich nur 80 Schritte vom Betreten des VIP Terminals bis zum Flieger. Ob Charter- oder Linienflug – für Managing Director General Aviation und VIP Services, Michael Zach, sind alle seine Gäste Very Important Persons.

Michael Zach leitet die VIP Services und die General Aviation in Schwechat.

Was ist der Gedanke hinter dem VIP Service für jedermann am Flughafen Schwechat? Michael Zach: Das liegt schon ein wenig zurück, als ich mir im Jahr 2016 die VIP Services angesehen habe. Es war faszinierend, welche Dienstleistungen und Services wir erbringen, die kaum jemand kennt. Reisen kann durchaus stressig sein, das gilt auch für Flugreisen. Gerade im Sommer, in der Peak Season, sind sehr viele Menschen unterwegs. Man muss sich anstellen, es gibt ein Checkin, es gibt eine Sicherheitskontrolle, und man muss durchaus auch eine gewisse Strecke gehen. Wir im VIP Terminal können unsere Dienstleistungen aber allen anbieten, und so wird dann der Weg zum Flugzeug wirklich sehr kurz und einfach. Das ist viel entspannter und exklusiver. Das war der Hintergedanke. Wir haben ein supertolles Produkt und Service, das wir niemandem vorenthalten wollen. Jeder kann bei uns ein VIP sein. Hat sich das VIP Service für jeden aus jenem für die ‚echten‘ VIPs entwickelt? Zach: Mit der Inbetriebnahme des Terminal 3 hatte der alte VIP Bereich ausgedient und er wurde in ein neues Gebäude bei der General Aviation verlegt. Natürlich haben wir hier auch Stars, die durchreisen, oder Staatsbesuche. Aber es kann eben jeder unseren Service genießen und ihn buchen. Die ‚echten‘ VIPs bekommen den Service aber kostenfrei? Zach: Nein (lacht). Jeder bezahlt für das VIP Service, auch Rockstars und Staatsgäste. Es bezahlt ja auch jeder, der am Flughafen landet, ein Passagierentgelt und so ist es auch beim VIP. Ihr Service beginnt bei der Ankunft am Flughafen … Zach: Wir bieten unsere Services sowohl beim Abflug als auch bei der Ankunft an. Beim Platin-Paket organisieren wir auch den Transport aus Wien zum Flughafen und dann natürlich weiter bis direkt


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In jedem der sieben VIP Salons im VIP Terminal des Flughafens steht eine erlesene Auswahl an Getränken bereit, Speisen werden à la Carte geordert.

Was passiert im VIP Terminal? Zach: Unsere Gäste werden rundum umsorgt. Nach der Ankunft nehmen wir die Gepäckstücke entgegen und kümmern uns um die Gepäckaufgabe. Die Passagiere werden in ihren eigenen VIP Raum geführt und verbringen die Zeit bis zum Einsteigen womit auch immer sie wollen. Wir verfügen in Summe über sieben private VIP Salons, in denen es natürlich einen Fernseher, eine Auswahl an Speisen à la Carte, die frisch zubereitet werden, alkoholfreie Getränke und exklusive Alkoholika gibt. Jeder soll die Wartezeit auch genießen. Auch für Kinder – die bei uns bis sechs Jahre gratis sind – haben wir verschiedene Spielmöglichkeiten vorbereitet. Bei Bedarf können Gäste auch eine Dusche genießen, denn manche haben etwa direkt nach einem Langstreckenflug Geschäftstermine und möchten sich davor frisch machen. Oder Gäste kommen direkt von

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zum Flugzeug. Vom Koffertragen bis zum Einsteigen ist alles arrangiert. Wer mit dem eigenen Auto zum Flughafen kommt, fährt in unseren Ehrenhof, gibt den Schlüssel ab, und das Valet-Service kümmert sich um das Parken. Es gibt drei Pakete: Silber, Gold und Platin, die je nach Umfang der Services unterschiedlich bepreist sind. Beim Platin-Paket ist entweder der Transfer von daheim oder das Valet-Service und eine Parkdauer von sieben Tagen am direkt angrenzenden VIP Parkplatz inkludiert.

Als VIP gibt es keine Wartezeiten an der Sicherheits- und Passkontrolle.


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Wie lange vor dem Abflug müssen VIP Gäste erscheinen? Zach: Das kommt darauf an, denn unterschiedliche Airlines haben auch unterschiedliche Vorgaben. Bei uns gibt es allerdings keine Wartezeiten, weder beim Check-in, noch bei der Sicherheits- und Passkontrolle. Zudem sind die Wege extrem kurz. Die generelle Vorgabe auf Flughäfen ergibt sich ja durch Warte- und Anstellzeiten sowie die Fußwege, die zurückgelegt werden müssen. Die Wartezeit beträgt zur Hauptreisezeit zwei bis drei Stunden. Wenn es sich um einen Langstreckenflug in die USA mit Dokumentenkontrolle handelt, muss man aber auch mit VIP Service zwei Stunden vor Abflug hier sein. Bei einem Kurzstreckenflug innerhalb Europas und ohne Gepäck kann bei uns eine halbe Stunde ausreichen; dann kann der Gast unsere Services natürlich nicht ausgiebig genießen. Es gibt viele Menschen, die nicht viel Zeit am Flughafen verbringen und so schnell wie möglich ins Flugzeug und abfliegen möchten. Das betrifft zumeist den Business-Bereich. Für Privatreisende beginnt der Urlaub mit genussvollen ein- oder eineinhalb Stunden in einem unserer privaten VIP Salons.

Warten wie ein Rockstar auf Tour: in einem der sieben VIP Salons.

Wie viel Zeit könnte man maximal vor dem Abflug bei Ihnen verbringen? Zach: Zwei Stunden Aufenthalt in einem der privaten Räume sind im meistgekauften Paket, dem VIP Service Gold, inkludiert. Bei FlugverMichael Zach spätungen werfen wir unsere Gäste nach zwei Stunden natürlich nicht hinaus – im Gegenteil, denn bei uns wartet man ja in einem angenehmen Ambiente. Bei einer halben, dreiviertel Stunde mehr macht das keinen Unterschied, danach gibt es einen kleinen Aufschlag pro angefangener Stunde. Sie haben eine eigene Gepäck-, Sicherheits- und Passkontrolle im VIP Terminal. Zach: Es gibt beim Gewicht von Gepäck Vorgaben der Airlines, die auch wir einhalten müssen. Es werden alle rechtlichen und Security-Vorgaben, bei der Ankunft auch Zollbestimmungen, ganz genau gleich gehandhabt. Es gibt eine Sicherheitskontrolle, eine Zoll- und Grenzkontrolle, die 24/7 besetzt sind. Das ist exakt so wie in den öffentlichen Terminals. Bei uns gibt es allerdings keine Wartezeiten. Wir bieten auch ein Service zum Duty Free-Shopping an, was aber nur sehr selten in Anspruch genommen wird. Wie häufig wird der VIP Service genutzt? Zach: Wir zählen die Passagiere nicht pro Tag, im Jahr haben wir aber ungefähr 15.000 Gäste. Damit sind wir weit über den Zahlen

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Konferenzen und wollen vor Flugantritt noch unter die Dusche. Das Highlight ist aber sicher, dass man vom Terminal direkt mit einer Limousine zum Flugzeug gebracht wird. Dabei können sich Gäste aussuchen, ob sie als erste Passagiere einsteigen möchten oder als letzte. Das wird sehr gerne genutzt.

„Wir zählen die Passagiere nicht pro Tag, im Jahr haben wir ungefähr 15.000 Gäste in unserem VIP Terminal.“

Für VIP Service-Reisende beginnt der Urlaub mit gediegenem Genuss.


© Flughafen Wien AG

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Mit der Limousine direkt zum Einstieg: Mit dem VIP Service am Flughafen Wien-Schwechat sind es vom Terminal nur 80 Schritte bis zum Flugzeug.

von 2019. Der Löwenanteil besteht aus privaten Kunden, die uns buchen und unsere Services nutzen. Das sind mittlerweile mehr als 50 Prozent. Danach folgen Unternehmen und die offiziellen VIP Services, die von Botschaften gebucht werden. Familienangehörige oder Kollegen können Ihre Gäste sogar bis zum Einsteigen ins Flugzeug begleiten? Zach: Das ist möglich, wobei Begleitpersonen auch die Sicherheitskontrolle durchlaufen müssen. Das Begleitservice wird sehr häufig von Botschaften in Anspruch genommen, von Delegationen und auch im Firmenbereich.

Als VIP Gast wird man verköstigt, man kann Meetings abhalten und duschen. Nur schlafen kann man im VIP Terminal nicht. Zach: Wenn man am Flughafen schläft, ist meistens etwas schief gegangen. Das versuchen wir am Flughafen Wien generell zu vermeiden. Sollte es dennoch passieren, stehen wir natürlich mit der Organisation eines Hotels am Flughafen parat. Da wird man nicht im Stich gelassen, sodass man als VIP Kunde wirklich innerlich voll entspannen kann, weil man weiß, dass man immer und in jeder herausfordernden Reisesituation die bestmögliche Unterstützung erhält. Aus diesem Grund ist das Reisen über den VIP Terminal nicht nur luxuriös, sondern auch besonders nervenschonend. ◆


WeltMeister Österreich woom + Microsoft Österreich

Die beliebtesten Kinderfahrräder stammen aus Klosterneuburg An Spitzentagen werden bis zu 1.000 Kinderfahrräder bei woom bestellt, dabei helfen maßgeschneiderte IT-Lösungen von Microsoft.

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erade einmal zehn Jahre sind vergangen, seitdem die beiden Väter Marcus Ihlenfeld und Christian Bezdeka ihr Unternehmen woom in einer Wiener Garage gründeten. Der Anlass: Die beiden hatten vergeblich nach dem idealen Fahrrad für ihre Kids gesucht und begannen, selbst zu designen und zu tüfteln. Sie dürften mit ihren woom-Bikes das perfekte Kinderfahrrad erfunden haben, denn mittlerweile werden an guten Tagen bis zu 1.000 woom-Fahrräder verkauft. Das IT-System hinter dem internationalen Verkaufserfolg lieferte Microsoft. Martin Bartmann, COO von woom, und Hermann Erlach, General Manager von Microsoft Österreich, erklären die Wege bis zum 100 Millionen-Umsatz-Unternehmen, das heute übrigens in Klosterneuburg residiert.

In zehn Jahren von der Gründung zu einem weltweiten Unternehmen – was macht die Kinderfahrräder von woom so einzigartig, dass sie so begehrt sind?

Martin Bartmann: Dass wir aus der Garage heraus innerhalb von zehn Jahren zu einem internationalen Unternehmen und der größte, reine Kinderfahrrad-Hersteller weltweit geworden sind, lässt sich auf einige wesentliche Punkte zurückführen. Der erste ist definitiv das Produkt, das von Beginn an speziell für Kinder entwickelt und wo Wert darauf gelegt wurde, dass das Rad wirklich leicht ist. Unser ,woom2‘ ist noch immer das leichteste Kinderfahrrad seiner Größenklasse. Zudem haben es die Gründer in den vergangenen drei Jahren geschafft, die operative Führung des Unternehmens in Managerhände zu geben und sind nun im Aufsichtsrat vertreten. Ich freue mich, dass ich Teil dieser Geschichte sein und sie weiterentwickeln darf. Wesentlich sind für uns ebenfalls die 250 Mitarbeitenden – unsere sogenannten woomster –, die nicht nur das Produkt und die Marke leben, sondern mit ganzem Herzen dabei sind. Zudem möchten wir unseren Kundinnen und Kunden das bestmögliche Service zukommen lassen. Wir möchten den Kindern nicht nur die Liebe zum Fahrradfahren näherbringen, sondern damit die Welt auch ein bisschen besser machen. Dieses Mission-Statement ist nicht nur leichtfertig dahingesagt, sondern man spürt es im ganzen Unternehmen.

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Weshalb produzieren Sie nicht auch Räder für Erwachsene? Bartmann: Ich hätte gern ein woom-Fahrrad, aber wir haben von Beginn an entschieden, dass wir uns auf Kinderfahrräder konzentrieren. Das können wir und es gibt eine klare Positionierung.

Hermann Erlach, General Manager Microsoft Öst., woom-COO Martin Bartmann.

Wann stieß Microsoft dazu? Bartmann: Zu Beginn des Jahres 2021, als wir Kurs auf 300.000 verkaufte Fahrräder pro Jahr nahmen, war klar, dass wir diese Anzahl nicht mehr abwickeln können. Das ist eine Größenordnung, bei der es mit Werkzeugen wie Excel und Word nicht mehr funktioniert. Und es war klar, dass wir ein ERP-System (Enterprise-ResourcePlanning, Anm.) brauchen. Hier kam Microsoft ins Spiel.


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Das woom Original-Rad gibt es als Anniversary Red Limited Edition.

Fahrradfahren wird mit einer Automatik-Schaltung für Kids zum Vergnügen.

Was waren die speziellen Herausforderungen für Microsoft, mit einem boomenden Start-ups zusammenzuarbeiten? Hermann Erlach: Microsoft hat ein sehr starkes Partnerökosystem, um aufstrebende, innovative, junge Unternehmen zu unterstützen. Gemeinsam mit unseren Partnern betreuen wir auch kleinere Unternehmen, die ein hervorragendes Geschäftspotenzial haben und gerade für Österreich immens wichtig sind. Denn Österreich ist ein Mittelstandsland. Gerade bei kleinen und mittelgroßen Unternehmen kann sich die Geschwindigkeit des Businessaufbaus rasch beschleunigen, und wir stehen dafür, das Tempo des Wachstums digital zu unterstützen und zu skalieren. Wir sehen einen riesigen Aufholbedarf im österreichischen Mittelstand, denn viele Studien zeigen, dass wir mit dem Digitalisierungsgrad immer noch massiv hinterherhinken. Das gilt insbesondere für kleine Unternehmen und hat sehr stark damit zu tun, wie niederschwellig der Zugang zu Technologie ist. Man sieht auch in anderen Ländern: Je höher die Cloud Adoption ist, desto leichter tun sich auch kleine und mittelständische Unternehmen, zu wachsen und zu skalieren.

Prozent der Mittelstandsunternehmen sagen von sich selbst, dass sie stark digitalisiert sind. Es besteht für Österreich zwischen 20 und 25 Prozent Aufholbedarf gegenüber anderen Ländern in Europa.

War das für Microsoft eine Strategieentscheidung, sich auch kleinerer Unternehmen anzunehmen? Erlach: Ich würde das nicht als Strategieschwenk sehen, denn wir versuchen, alle Segmente zu betreuen. Nur weil ein Unternehmen im Wachstumspfad noch kleiner ist, braucht es nicht weniger Betreuungsintensität, sondern vermutlich sogar mehr. Diese Unternehmen sind in der Cloud elementar für uns, wachsen meistens wesentlich schneller als die großen Unternehmen und sind dadurch dynamischer. Für uns sind solche Vorzeigemodelle wie woom essenziell, um das Potenzial in Österreich aufzuzeigen, denn nur zwei

Sie erhalten an 365 Tagen im Jahr zwischen 500 und 1.000 Bestellungen pro Tag. Wie ist diese Menge logistisch bewältigbar? Bartmann: Es war uns bald klar, dass wir ein durchgängiges System von der Bestellabwicklung auf der Kundenseite bis in die Richtung unserer Assembler und Komponentenhersteller benötigen, das aber auch bis in die Finanz hineinführt. Damit bringen wir eine Transparenz und Stabilität ins Unternehmen. Nur mit ERPSystem können wir das geplante Wachstum von woom auch stemmen. Deshalb haben wir eine große Lösung für uns gewählt. Was die physischen Komponenten anbetrifft, ist die Fahrradbranche eine sehr internationale Branche. Viele Komponenten stammen aus Asien, werden aber hier, in Klosterneuburg, designt und entwickelt. Deshalb haben wir weltweit Partnerbetriebe, die die Teile für uns herstellen. Aufgrund der Größe haben wir begonnen, zu diversifizieren, sodass wir mehrere Partner an verschiedenen Standorten haben, um das gesamte System auch resilienter zu machen. Erlach: Ein spannender Aspekt, den wir beobachten, ist, dass Digitalisierung und Tools über weite Strecken darauf ausgelegt waren, die letzte Schraube zu optimieren, egal ob am Shop-Floor oder auf der ERP-Ebene. Das hat sich durch Corona zum Teil verändert, denn man muss viel schneller auf Änderungen in der Supply-Chain reagieren und Bedarfsschwankungen antizipieren. Wir haben in den vergangenen zehn Jahren die Datenmodelle in der Cloud Native neu entwickelt, dahinter steht auch unsere Datacenter-Infrastruktur. Das ermöglicht uns jetzt, datengetrieben zu arbeiten. Damit sieht


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Erst die IT von Microsoft macht es logistisch möglich, bis zu 1.000 Bestellungen von Kinderfahrrädern täglich auch abzuwickeln.

man frühzeitig im System, wenn sich etwas ändert, und diese Daten werden Prozesse auslösen. Es wird immer wichtiger, mit Flexibilität auf Bedarfsänderungen in der Supply Chain zu reagieren. Auch ein datengetriebenes Management wird immer wichtiger. Die klassischen ERP-Systeme laufen eher über den Prozess und die Transaktion und nicht so sehr über das datengetriebene Modell. Bartmann: Hier werden wir auch die nächsten Schritte unternehmen, nämlich aus den Daten die Bestellungen herauszulösen und in Richtung der Assembler nutzen. Die Lieferzeit aus Asien beträgt noch immer zwei bis drei Monate, aber unsere Kundinnen und Kunden bestellen heute online und wollen übermorgen das Rad geliefert bekommen. Deshalb brauchen wir genau diese Intelligenz, die im System rechtzeitig erkennt, welche Trends sich aus dem Lesen der Daten ergeben, ob sich etwa das gelbe oder das violette Rad besser verkauft. Das System kann das dann auf der Planungsseite und bei unseren Bestellungen bei den Produktionspartnern umsetzen. Wie sehr unterstützt hier KI? Bartmann: So weit sind wir noch nicht, aber das ist der nächste Entwicklungsschritt.

Erlach: Es gibt bereits sehr viele Ansätze und Prozesse, die KI jetzt schon nutzen. Wir arbeiten mit unserem auf KI basierten CopilotenAnsatz, damit ein Unternehmen keinen eigenen Data-Scientist oder eine hohe KI-Expertise braucht, denn diese Prozesse sind bereits automatisch im Tool verfügbar. In der Cloud sind alle MicrosoftLösungen miteinander verbunden. In Zukunft kann man von Teams aus direkt in das ERP greifen. Im Vorjahr haben Sie die 100 Millionen Euro-Umsatzgrenze überschritten – ein Schockmoment, wenn man solche Zahlen sieht? Bartmann: Ich würde das nicht als Schock bezeichnen, ganz im Gegenteil. Wir haben das Unternehmen von Beginn an auf Wachstum ausgelegt, und ich freue mich, dass ich dabei sein darf, das Unternehmen in dieser Phase zu begleiten. Wir gehen weiter in die Internationalisierung. Wir haben nach wie vor eine sehr starke Homebase in Deutschland und in Österreich und sind jetzt verstärkt in die Märkte in Frankreich und die Schweiz eingestiegen. Man kann unsere Räder bereits in 30 Ländern kaufen, aber wir möchten das Volumen noch steigern. Wir sind auch in den USA zu Hause und dort wollen wir noch kräftiger wachsen. Wir möchten zumindest schneller wachsen als der Wettbewerb. ◆



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CNH Industrial Österreich GmbH

10.000 Traktoren pro Jahr für Landwirte in aller Welt Geringer Kraftstoffverbrauch, große Effizienz und ein hoher Grad an Automatisierung machen Steyr und Case IH Maschinen zum Top-Seller.

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ls im Jahr 1996 die amerikanische Traditionsmarke Case IH, deren Anfänge ins Jahr 1842 datieren, die österreichische Traktoren-Legende Steyr übernahm, entstand in Niederösterreich ein wahres Powerhouse: Heute laufen in St. Valentin mehr als 10.000 landwirtschaftliche Maschinen der Marken Steyr und Case IH vom Band. Christian Huber, Geschäftsführer CNH Industrial Österreich GmbH und Vizepräsident globales Produktmanagements für Case IH & Steyr Traktoren, gibt einen Einblick in die Philosophie des Konzerns.

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Sie stellen sowohl Traktoren der Marke Case IH als auch Steyr her. Wodurch unterscheiden sich die beiden Marken? Christian Huber: Ein Unterschied liegt sicherlich im Händlernetz. Mit Steyr sind wir verstärkt am zentraleuropäischen Markt vertreten, während wir bei Case IH über ein weltweites Händlernetzwerk verfügen. Case IH bietet im Vergleich zu Steyr zudem ein Portfolio an Erntemaschinen. Einige Unterschiede gibt es bei Details in der

CEO Christian Huber ist auch Vizepräsident für globales Produktmanagement.

Fahrzeugbedienung oder Ausstattung. Während bei Case IH der Fokus auf einer Automatisierung liegt, bietet ein Steyr Traktor mehr Einstellungsmöglichkeiten wie etwa bei Allrad, Differentialsperren, CVT-Funktionen (Automatikgetriebe ohne Schaltstufen, Anm.) oder bei der Kabinenfederung. Bei Case IH blicken wir auf eine 180-jährige Tradition und Erfahrung zurück, Steyr steht seit über 75 Jahren für Spitzentechnologie und hochwertige Maschinen. Beide Marken vereint ein erstklassiger Service, zudem kommen bewährte technische Innovationen zum Einsatz, um ein Höchstmaß an Produktivität für Kunden im Agrar-, Forst- und Kommunalsektor zu gewähr­ leisten. Wie gelingt es, die erstaunliche Anzahl von mehr als 10.000 Traktoren vom Band laufen zu lassen? Huber: In erster Linie ist dieser Erfolg dem Einsatz und Engagement unserer Mitarbeiter zuzuschreiben. Unser Lean ManagementSystem hilft uns, unsere Prozesse effizient und unsere Arbeitsweise optimiert zu gestalten. So sind wir in der Lage, die Produktion so reibungslos und effektiv wie möglich zu halten. Mit einer Justin-time-Lieferung von Materialien ans Band sorgen wir zusätzlich dafür, dass die benötigten Materialien genau dann geliefert werden, wenn sie gebraucht werden. Das hält unsere Lagerbestände auf einem Minimum und erhöht den Produktionsfluss erheblich. In den letzten Jahren haben wir darüber hinaus in Low-Cost-Automatisierung, fortschrittliche Verschraubungstechnik und eine neue, hochmoderne Lackieranlage investiert. Welches sind Ihre Kern- bzw. größten Absatzmärkte und gibt es Länder, auf die Sie derzeit einen besonderen Fokus richten? Huber: Für CNH Industrial Österreich ist Europa, mit Fokus auf Deutschland, Frankreich und Österreich, der wichtigste Markt. International betrachtet, kommt Australien, Neuseeland und den USA eine hohe Bedeutung zu.


© Case IH

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Mehr Power: Mit dem Case Optum 340 CVX stellte das Unternehmen den Landwirten ein Powerpaket mit 340 PS zur Verfügung.

Was macht für Sie den Standort Österreich attraktiv? Könnten Sie im Ausland nicht deutlich günstiger produzieren? Huber: Für uns ist der Standort Österreich aus verschiedenen Gründen attraktiv, obwohl wir uns bewusst sind, dass es sich um ein Hochkostenland handelt. Entscheidender Vorteil ist hierbei sicherlich, dass wir in Österreich sehr gut ausgebildete Mitarbeiter bekommen. Viele davon haben einen Bezug zur Landwirtschaft oder sind selbst Nebenerwerbslandwirte. Dadurch sind sie nicht nur mit den Lebensrealitäten unserer Kunden bestens vertraut, sondern wissen auch genau über deren Wünsche und Bedürfnisse Bescheid. Genau dieses Wissen ist entscheidend und fließt in ihre tägliche Arbeit mit ein, wenn sie Produkte für unsere Kunden fertigen. Wir legen großen Wert auf die Bereitstellung von Maschinen von höchster Qualität mit dem Slogan Made in Austria. Um diese Qualität zu gewährleisten, setzen wir auf eine sorgfältige Prozessabsicherung und -optimierung. Die Prozessschritte sind hierbei so genau festgelegt und unsere Mitarbeitenden so gut geschult, dass die Fehlerquote beinah gegen Null geht. Obwohl wir möglicherweise im Ausland zu geringeren Kosten produzieren könnten, sind wir überzeugt, dass die Vorteile eines hochwertigen Produkts, das in Österreich hergestellt wird, die zusätzlichen Kosten aufwiegen. Unsere Kunden schätzen die Qualität und Zuverlässigkeit unserer Traktoren, und wir sind stolz darauf, diesen Standard beibehalten zu können.

Wie weit hat die Digitalisierung und KI in der Welt der Traktoren bereits Einzug gehalten? Sind selbstfahrende Maschinen ein Thema? Huber: Unsere Maschinen ermöglichen generell, aufgrund der Automatisierung und eingebauten Technologie, einen effizienten Betrieb mit geringerem Kraftstoffverbrauch und optimiertem Einsatz von Saatgut und Dünger. Die Präzisionstechnologie ermöglicht eine exakte Spurplanung mit 2,5 cm Spurgenauigkeit sowie ein automatisches Wende- und Lenksystem, um Überlappungen bei Arbeiten zu verhindern und um möglichst wirtschaftlich im Feld unterwegs zu sein. Sämtliche Betriebs- und Flottendaten können Kunden über Handy, Tablet oder Computer abrufen, koordinieren und mit den Händlern teilen, welche dadurch unsere Kunden mittels Ferndiagnosen und Softwareupdates noch schneller und effizienter betreuen können, ohne dass die Maschine in die Werkstatt muss. Ein Konzept des autonomen Fahrens haben wir letztes Jahr auf der SIMA (internationale Leitmesse für Landwirtschaft und Viehzucht, Anm.) in Paris vorgestellt. Welche Maßnahmen mussten Sie setzen bzw. haben Sie in puncto Nachhaltigkeit bei der Produktion gesetzt? Huber: Wir legen großen Wert auf den optimierten Einsatz von Energie, um den Verbrauch zu minimieren und Ressourcen effizienter zu nutzen. Bei uns kommen daher energieeffiziente Maschi-


WeltMeister Österreich

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CNH Industrial Österreich GmbH

nen zum Einsatz sowie ein energieeinsparender Produktionsprozess. Derzeit arbeiten wir aktiv an der Integration einer Photovoltaik-Anlage in unserem Werk. Durch die Nutzung von Solarenergie möchten wir unseren eigenen nachhaltigen Strom erzeugen und somit den CO2-Ausstoß so gering wie möglich halten.

„Bei leistungsstarken Traktoren wird ein Verbrennungsmotor weiterhin notwendig sein.“

© Case IH

Geht der Trend bei Traktoren – wie bei Kfzs – ebenfalls in Richtung Elektrifizierung? Huber: Ob für Kunden hinkünftig ein alternatives Konzept geeignet wäre, kommt auch auf die landwirtschaftliche Anwendung an. Bei Traktoren im kleineren Leistungssegment bis zu 100 PS und mit geringerer Auslastung von vier bis fünf Stunden pro Tag etwa, da sehen wir diesen Trend. Hier macht der Einsatz eines BatterieElektrik-Modells in den nächsten Jahren absolut Sinn. Bei leistungsstarken Traktoren hingegen wird ein Verbrennungsmotor weiterhin notwendig sein. Grund dafür ist hier die geringe Autonomie, also die eher kurze Dauer, in der ein batterieelektrischer Traktor ohne Laden oder Tanken in Betrieb genommen werden kann. All dies kann sich in Zukunft aber natürlich noch ändern. Zudem könnte zukünftig auch eine Hybridlösung interessant sein – also ein

Case IH Puma 260: Mehr Leistung, Komfort und erweiterte Automatisierung.

Verbrennungsmotor in Kombination mit einem elektrischen Getriebe; wir arbeiten hier an verschiedenen Lösungen.

Wie sehr beschäftigen Sie zum einen die Verteuerung von Energie, zum anderen generell Christian Huber die hohe Inflation? Geben Sie gestiegene Kosten gänzlich an Kunden weiter? Huber: In der Produktion sind wir von den gestiegenen Energiekosten nicht so stark betroffen, weil wir ein Montagebetrieb sind. Die Preiserhöhungen unserer Lieferanten und deren Komponenten spüren wir natürlich deutlich. Um weiterhin wirtschaftlich arbeiten zu können, müssen wir diese etwa im Bereich von Stahl, Guss und Gehäuse anteilsmäßig in unsere Preiskalkulationen miteinfließen lassen. Vor allem in den Pandemie-Jahren war die Verlässlichkeit von Lieferketten ein Problem. Hat sich das nunmehr gelegt bzw. wie sichern Sie Ihre Lieferketten ab? Huber: Die Aufrechterhaltung der Lieferketten war insbesondere während der Pandemiejahre eine Herausforderung. Obwohl sich die Lieferketten mittlerweile verbessert haben, ist die Situation derzeit aber immer noch angespannt. Die Industrie arbeitet auf einem so hohen Niveau, dass Lieferanten derzeit an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen. Wir treffen hier weiterhin Maßnahmen, um unsere Lieferketten abzusichern, und arbeiten daher eng mit unseren Lieferanten zusammen, um einen möglichst reibungslosen Ablauf zu gewährleisten. Mit dem Fachkräftemangel ist die nächste Krise in der österreichischen Wirtschaft angekommen. Spüren Sie den Mangel an Arbeitskräften? Huber: Ja, wir spüren den Mangel an Arbeitskräften, aber wir haben aktiv Maßnahmen ergriffen, um dem entgegenzuwirken. So konnten wir in den letzten zweieinhalb Jahren über 250 neue Arbeitsplätze im Betrieb schaffen, um so unseren Personalbedarf zu decken und sicherzustellen, dass wir über ausreichend qualifizierte Mitarbeitende verfügen. Der Fokus liegt aber natürlich auch auf unserer bestehenden Belegschaft; hier sind uns weitreichende Maßnahmen zur Gesundheitsförderung wie der Zuschuss zu Fahrrädern und eBikes, Sportangebote, Physiotherapie, Betriebsküche, um nur einige zu nennen, besonders wichtig, um langfristig für gute Rahmenbedingungen zu sorgen. ◆



WeltMeister Österreich Sadler-Lichtkuppeln

Sie sind überall, werden aber selten bemerkt: Lichtkuppeln Das Traditionsunternehmen Sadler-Lichtkuppeln aus Traiskirchen setzt in der Produktion auf selbst erzeugten, grünen Strom.

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as in dritter Generation familiengeführte Traditionsunternehmen mit 35 Mitarbeitern hat sich das Thema „Digitalisierung“ auf die Fahnen geschrieben und die gesamte Produktion und Auftragsabwicklung digitalisiert. In der Fertigung erhielt jeder Arbeitsplatz ein Terminal, auf dem Aufträge und Arbeitsschritte vermerkt sind. Dadurch werden Papier und Ressourcen gespart, viele Fehlerquellen vermieden, die Flexibilität und die Effizienz gesteigert. Mit mehreren Tausend verkauften oder sanierten Lichtkuppeln pro Jahr ist die niederösterrische Firma „Sadler-Lichtkuppeln“ Marktführer. Geschäftsführerin Manuela Geyer-Sadler verrät das Erfolgsrezept der Unternehmer­ familie.

Seit 1969 wächst Ihr Unternehmen stetig. Wie schaffen Sie es, das wirtschaftliche Überleben in Krisenzeiten abzusichern? Manuela Geyer-Sadler: Durch Mut, immer weiter in neue Ideen, Produkte, Gebäude und Mitarbeiter zu investieren. Vor 17 Jahren waren wir maßgeblich bei der Entwicklung der Sicherheitsnetze für Lichtkuppeln beteiligt und haben ein neues Produkt auf den Markt gebracht. Im vergangenen Jahr suchte der Produzent dieser StahlNetze einen Nachfolger. Für unseren Sohn war ganz klar, dass durch den Ankauf dieser Firma das Produkt, Edelstahl-Sicherheitsnetze, direkt bei uns eingegliedert wird und sich dadurch Lieferzeiten und Distanzen reduzieren.

© Sadler

Die Firma Sadler ist ein klassisches Familienunternehmen, hat es aber geschafft, immer am Puls der Zeit zu bleiben. Wie ist der interne Umgang auf persönlicher, wie auf beruflicher Ebene? Geyer-Sadler: Wie es der Begriff Familienunternehmen schon sagt, sind wir mit unseren Mitarbeitern sehr verbunden. Man kann sagen, dass wir gemeinsam die Sadler-Lichtkuppel-Familie leben. Unsere Mitarbeiter wissen, dass wir jederzeit für ihre Probleme ein offenes Ohr haben. Auf persönlicher Ebene freue ich mich sehr, dass das Unternehmen, welches das Lebenselixier meines Vaters war, nun durch unseren Sohn Daniel, die Nachfolge in der dritten Generation, gesichert ist.

Manuela Geyer-Sadler mit Manfred Geyer und Sohn Daniel Geyer.

Sie fertigen in Ihrem Unternehmen seit mehr als 50 Jahren mit Lichtkuppeln ein Produkt, das viele Menschen im Alltag gar nicht wahrnehmen. Wo werden Ihre Kuppeln eingesetzt, wozu dienen sie und wie viele davon gibt es? Geyer-Sadler: Es ist richtig, dass die Menschen unsere Lichtkuppeln nicht immer wahrnehmen. Aber wenn man bewusster die Augen öffnet, sieht man etwa in jeder Wohnhausanlage in den Stiegenhäusern Lichtkuppeln. Weiters werden sie immer häufiger im Privatbereich eingesetzt. Garagen, Vorräume oder auch Bäder


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Der Anblick ist vielen vertraut, und die Chancen stehen gut, dass es sich dabei um Lichtkuppeln der Firma Sadler aus Niederösterreich handelt.

sind oft zwecks Be- und Entlüftung mit Lichtkuppeln ausgestattet. Die klassischen Anwendungen sind natürlich in Industriehallen. Lichtkuppeln dienen nicht nur zur Tagesbelichtung und zur Be- und Entlüftung der Räume, sondern sie sind auch ein lebensrettendes Produkt. Der vorbeugende Brandschutz gehört zu den wichtigsten Maßnahmen, die dem Schutz von Leben und Gesundheit dienen und für die Erhaltung von baulichen Anlagen erforderlich sind. Lichtkuppeln können fest, mit Lüftung oder mit einer Rauch- und Wärmeabzugsanlage (RWA) ausgestattet werden. Da nahezu 90 Prozent aller Brandopfer nicht verbrennen, sondern durch eine Rauchgas­vergiftung getötet werden, ist die Lichtkuppel zu einem unverzichtbaren Bestandteil jedes Brandschutzkonzepts geworden. Deshalb ist eine frühzeitige Erkennung und die gezielte Eingrenzung sowie die Abführung des Rauchs auf Fluchtwegen für einen erforderlichen Löschangriff der Feuerwehr unverzichtbar. Da wir selbst in unserem Werk in Niederösterreich produzieren, sind wir auch für spezielle Architektenwünsche ausgerüstet. Alles ist machbar. Wir verkaufen ca. 6.000 Lichtkuppeln im Jahr. Wie kann man sich den Produktionsprozess vorstellen? Geyer-Sadler: Bei uns ist alles noch reine Handarbeit. Dadurch sind wir auch in der Lage, auf Kundenwünsche zu 100 Prozent eingehen

zu können. Die zugekaufte Acrylglas-Platte wird erwärmt, mittels eines Holzrahmens eingespannt und mit Druckluft auf die gewünschte Höhe aufgeblasen. Das klingt alles recht einfach. Man muss nur bedenken, dass für jede Lichtkuppelgröße eine eigene Form benötigt wird. Das Problem ist, dass es Hunderte verschiedene Größen gibt und diese Holzmodelle dementsprechend viel Platz benötigen. Die Kosten erwähne ich gar nicht. Nach der Produktion der Lichtkuppel werden die Ränder beschnitten, per Hand gereinigt und verklebt. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Lichtkuppel zu produzieren. Meistens wird die Außenschale in der Farbe Opal produziert. Man erhält dadurch ein schönes helles, diffuses Licht ohne Blendung. Auf Kundenwunsch produzieren wir auch mit farblosem Material. So kann der Kunde nachts die Sterne beobachten. Sinnvoll ist auch die Produktion mittels Heatstop-Material. Das ist ein spezielles Material, das die Sonnenenergie zu 68 Prozent reflektiert und wo sich die darunter liegenden Räume somit nicht stark aufheizen. Man spart im Sommer dadurch die Kühlung oder kann sie zumindest wesentlich reduzieren. Lichtkuppeln werden von einschalig bis fünfschalig produziert. Weiteres werden für den Neubau bereits 100 Prozent unserer Standard-Lichtkuppeln als durchsturzsichere LIKUs produziert. Hierfür wird ein Edelstahlnetz zwischen die Schalen der Lichtkuppel eingebaut. Dies erspart nach-


WeltMeister Österreich Sadler-Lichtkuppeln

trägliche Kosten und Aufwand. Bei der Sanierung werden derzeit ca. 60 bis 70 Prozent der Lichtkuppeln als durchsturzsicher ausgerüstet – auf dem Dach befindliche Personen werden so vor Durchstürzen bewahrt. Was viele nicht wissen, ist, dass Hauseigentümer im Sinne des Bauarbeiterkoordinationsgesetzes für Unfälle haften. Gibt es sinnvolle Alternativen zu Kunststoffkuppeln? Geyer-Sadler: Die derzeit einzige Alternative zu Lichtkuppeln sind Dachfenster aus Glas, die aus Kostengründen nur im Wohnungsbau eingesetzt werden.

„Um mit dem Lauf der Zeit mithalten zu können, wurde 2022 unsere gesamte Produktion und Auftragsabwicklung digitalisiert.“ M a n u e l a G e y e r- S a d l e r

Seit einigen Jahren können Sie jährlich ein zweistelliges Umsatzwachstum verbuchen. Weshalb gibt es eine derartige Nachfrage? Geyer-Sadler: Zum einen hat sicher der Bauboom der letzten Jahre dazu beigetragen, aber auch der immer größer werdende Nutzen im privaten Bereich. Vor allem haben wir uns auf die Sanierung spezialisiert. Lichtkuppeln haben aufgrund von Witterungseinflüssen auf Dächern eine Lebensdauer von etwa 25 bis 30 Jahren. Danach ist ein Austausch auf besser isolierte Lichtkuppeln sinnvoll.

Außerdem lautet unser Firmencredo: Wer den Schilling nicht ehrt, ist den Groschen nicht wert. Das bedeutet, wir kümmern uns auch um Kunden mit nur ein bis drei defekten Lichtkuppeln. Tragen Lichtkuppeln zum Energiesparen bei? Geyer-Sadler: Auf jeden Fall. Wie erwähnt, verwenden wir entweder ein Heatstop-Material bei der Produktion, das die Sonnenstrahlen reflektiert und wo Räume sich nicht extrem aufheizen. Im Wohnbau wird für die kalte Jahreszeit meistens der Sadler-LIKU-Therm-Rahmen verbaut, mit dem sich der U-Wert enorm verbessert. Hiermit schafft man eine wertvolle Energie-Effizienz für den gesamten Bau.

Welche Bedeutung hat die Digitalisierung in Ihrem Unternehmen? Geyer-Sadler: Das Thema Digitalisierung ist für uns sehr wichtig. Um mit dem Lauf der Zeit mithalten zu können, wurde im Jahr 2022 unsere gesamte Produktion und Auftragsabwicklung digitalisiert. Dadurch werden Papier und Ressourcen gespart, viele Fehlerquellen vermieden, die Flexibilität und die Effizienz gesteigert. Die Produktion bleibt jedoch Handarbeit.

© Sadler

Sie versorgen Ihren Betrieb mit eigenem Strom? Geyer-Sadler: Ja, denn neben der Digitalisierung ist uns auch die Nachhaltigkeit des Unternehmens wichtig. Bereits 2019 wurde in eine Photovoltaik-Anlage auf den Betriebsdächern investiert. Die gewonnene Energie wird direkt im darunter liegenden Produktionsbetrieb verwendet, der Rest wird als Überschuss in das öffentliche Versorgernetz eingespeist. Das Verhältnis Eigenverbrauch versus Einspeisung beträgt 50:50. Mit dem Strom aus dem eigenen Haus erreichen wir eine CO2-Einsparung von etwa 50 Tonnen pro Jahr. Die 338 Module im Ausmaß von 558 m2 auf unseren Produktionsund Lagerhallendächern erreichen eine Maximalleistung von 95 kWp. Dies sind ca. 100.000 kWh pro Jahr. 2023 soll diese Anlage auf einem weiteren Hallendach nochmals erweitert bzw. ihre Leistung verdoppelt werden. Man kann daher sagen, Sadler produziert ‚grüne Lichtkuppeln‘.

Der Firmensitz von Sadler-Lichtkuppeln in Traiskirchen.

Vor welche Herausforderungen stellen Sie Probleme bei Lieferketten und steigende Rohstoffpreise?


Das Aufsatzkranz-Lager im Werk von Sadler-Lichtkuppeln.

Geyer-Sadler: Wie in allen Branchen in Österreich trifft uns dies sehr hart, denn es erhöht natürlich das Kalkulationsrisiko, welches wir nicht in vollem Umfang an unsere Kunden weitergeben können. Auch das Problem, überhaupt Material zu bekommen, ist sehr groß – auf Acrylglas warten wir derzeit bis zu vier Monate. Zum Glück liegt der größte Teil unseres Kapitals in unserem gut sortierten Lager.

© Sadler

© Sadler

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Ein Lichtband mit RWA-Antrieb, ebenfalls hergestellt in Niederösterreich.

Welche großen Herausforderungen sehen Sie auf sich zukommen und wie wird sich Ihr Unternehmen behaupten können? Geyer-Sadler: Im Großen und Ganzen sind wir positiv eingestellt. Es werden sicher die Herausforderungen von den letzten Pandemiejahren und auch durch den Ukrainekrieg weiter vorhanden sein. Da wir uns auf die Sanierung spezialisiert haben, werden wir dieser Herausforderung standhalten können. Wichtig ist trotzdem, dass auch der Neubau nicht zum Stillstand kommt. Wir wurden 2006 bei der Innovationspreisverleihung nominiert, wir feierten im Jahr 2019 Spüren Sie das zunehmende Fehlen von qualifizierten Arbeitsunser 50-jähriges Firmenjubiläum, und ich hoffe, kräften und wie steuern Sie dagegen? dass wir 2029 wieder so ein tolles Fest mit all Geyer-Sadler: Dieses Problem trifft uns schwer. „Wir sind ein rein unseren Kunden, Lieferanten und Freunden des Wir sind sehr stolz auf unsere sehr große Anzahl Hauses feiern können. Ende 2022 haben wir den an langjährigen Mitarbeitern. Aber dennoch österreichischer ersten Platz bei den ‚Austria’s Leading Compabenötigen wir Personal, das wir nicht finden. Familienbetrieb nies‘ in Niederösterreich für nationale tätige Teilweise steuern wir mit Leihpersonal gegen, und stolz darauf!“ Unternehmen bis zu zehn Millionen Euro Umsatz das von uns geschult und eingearbeitet wird, belegt. Das sind schöne Auszeichnungen, die damit wir diese Mitarbeiter in unser UnternehM a n u e l a G e y e r- S a d l e r unser Unternehmen zusammenschweißen, da men integrieren und übernehmen können. wir diese Erfolge gemeinsam geschafft haben. Wir sind stolz auf unsere langjährigen Mitarbeiter, denn genau sie Wäre es nicht günstiger, Produktionsstätten ins Ausland zu machen ein Familienunternehmen aus, und mit diesem wertvollen verlegen? Kapital werden wir uns auch in schwierigen Zeiten gut behaupten Geyer-Sadler: Nein, das war und ist für uns kein Thema. Wir sind können. ein rein österreichischer Familienbetrieb und stolz darauf! ◆


WeltMeister Österreich Steiermark


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Steiermark Steiermark in Zahlen Größe Bevölkerungsanzahl Bruttoregionalprodukt je Einwohner verfügbares Einkommen privater Haushalte* Einkommen pro Arbeitnehmer* Forschungsquote in % des BIP* Anzahl der Betriebe*** – Industrie – Bau – Handel Anzahl der Erwerbstätigen*** – Industrie – Bau – Handel Anzahl der Beherbergungsbetriebe** Nächtigungen**

16.399 km² 1.266.750 41.300 € 24.400 € 45.900 € 5,15 %

5.057 5.461 10.703 117.573 53.060 86.657 7.638 13.014.627 Quelle: Statistik Austria; *2021 **2022 ***2020


WeltMeister Österreich Landesregierung

Erfolgsfaktor: Kooperationen von Wissenschaft und Forschung In keinem anderen Bundesland als der Steiermark wird, gemessen am Bruttoregionalprodukt, so viel in Hochschulen und Forschung investiert.

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arbara Eibinger-Miedl ist seit 2017 Landesrätin für Wirtschaft, Tourismus, Regionen, Wissenschaft und Forschung. Die gebürtige Grazerin absolvierte Studien in Betriebswirtschaft und Rechtswissenschaften. Ganz oben auf der Liste der Landesrätin steht die „Wirtschaftsstrategie Steiermark 2030“ – einer der Eckpunkte für die wirtschaftliche Zukunft der Steiermark.

© Teresa Rothwangl

Sie schreiben auf Ihrer Website: ‚An kaum einem anderen Technologie- und Wirtschaftsstandort in Europa sind so viele weltweit erfolgreiche Unternehmen angesiedelt wie in der Grünen Mark.‘ Weshalb ist der Wirtschaftsstandort Steiermark derart attraktiv? Barbara Eibinger-Miedl: Der entscheidende Erfolgsfaktor sind die Kooperationen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. Die Steiermark ist das Forschungsland Nummer eins in Österreich, in keinem

Seit April 2017 im Amt als Landesrätin: Barbara Eibinger-Miedl.

anderen Bundesland wird, gemessen am Bruttoregionalprodukt, so viel in Forschung und Entwicklung investiert. Unsere Hochschulen und Forschungseinrichtungen arbeiten in den verschiedensten Bereichen eng mit den heimischen Unternehmen zusammen. Auch seitens meines Ressorts unterstützen wir dieses Miteinander gezielt, denn daraus entstehen innovative Produkte und Dienstleistungen, mit denen die steirische Wirtschaft weltweit erfolgreich ist. Sie sind seit April 2017 Landesrätin, seither folgte auf die Coronapandemie der Krieg in der Ukraine, die Energiekrise, nun der Fachkräftemangel und die immer deutlicher spürbare Klimakrise. Hätten Sie sich ruhigere Jahre für Ihre Amtsführung gewünscht? Eibinger-Miedl: Wenn man eine Regierungsfunktion übernimmt, dann ist klar, dass damit Herausforderungen verbunden sind. Aber ich hätte mir zu meinem Amtsantritt als Landesrätin nicht vorstellen können, mit derart einschneidenden Entwicklungen wie einer Pandemie und einem neuerlichen Krieg in Europa konfrontiert zu werden. Derartige Ereignisse erfordern rasches Handeln, aber auch die mittel- bis langfristigen Veränderungen wie die Energiewende oder der Arbeitskräftemangel brauchen nachhaltige Lösungen. Wie erging es Ihnen mit diesen Herausforderungen, für die es ja keine Notfallpläne in der Schublade gab? Sind Improvisation und Troubleshooting Ihre Stärken oder eher ein notwendiges Übel? Eibinger-Miedl: Meiner Meinung nach gehört ein hohes Maß an Flexibilität und Stressresistenz ohnehin zum Anforderungsprofil von Politikerinnen und Politikern. In den vergangenen beiden Jahren war aber auch ich persönlich sicher stärker gefordert und musste viel Resilienz zeigen. Stellen Sie bitte kurz die wichtigsten Eckpunkte der ‚Wirtschaftsstrategie Steiermark 2030 – Neues Wachstum – Neue Chancen – Neue Qualität‘ vor.


© Oliver Wolf

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Zu den Kompetenzen von Landesrätin Barbara Eibinger-Miedl gehören auch die Ressorts Wissenschaft und Forschung, die sie auch Kindern näherbringen möchte.

Eibinger-Miedl: Die Strategie gibt den Rahmen für die Förderungsund Finanzierungsprogramme vor, mit denen wir die steirischen Betriebe unterstützen. Unser Ziel in den kommenden Jahren ist es, eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung zu forcieren. Nachhaltigkeit verstehen wir dabei in einem sehr umfassenden Sinn. Klimaschonendes Wirtschaften spielt dabei ebenso eine Rolle wie unternehmerische Innovationen mit besonders großem Zukunftspotenzial. Wir werden uns dabei weiterhin auf die Stärkefelder der steirischen Wirtschaft – die Themen Mobilität, Grüne Technologien, Humantechnologie, Mikroelektronik, Export, Forschung und Entwicklung sowie die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft – konzentrieren. Darüber hinaus arbeiten wir an Maßnahmen gegen den bestehenden Arbeitskräftemangel, an besseren Rahmenbedingungen für Start-ups und auch an unserer internationalen Positionierung. Welchen Beitrag leisten Förderprogramme der EU zum Erfolg des Wirtschaftsstandorts? Eibinger-Miedl: Einen sehr wesentlichen, was leider oft in Vergessenheit gerät. Die Europäische Union hat Österreich und der Steiermark viele wirtschaftliche Vorteile gebracht. Durch die EU-Förderprogramme konnten wichtige Infrastrukturprojekte umgesetzt, un-

sere Exporte deutlich gesteigert und Tausende zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden. Alleine aus dem für die Wirtschaft wichtigsten Fördertopf, dem Europäischen Fonds für Regionalentwicklung, hat die Steiermark seit dem österreichischen EU-Beitritt mehr als eine Milliarde Euro an Förderungen abrufen können, welche durch zusätzliche Ko-Finanzierungen von Bund und Land ein Vielfaches an Investitionen in den steirischen Unternehmen auslösten. Die Breitbandinitiative der Steiermark soll bis zum Jahr 2030 flächendeckend hohe Datenübertragungsraten garantieren. Wie werden Sie das bewältigen bzw. kann das wirtschaftlich kostendeckend erfolgen? Soll die gesamte Fläche des Bundeslandes, also auch dünn besiedelte Gegenden, etc., abgedeckt werden? Eibinger-Miedl: Die Versorgung mit Hochleistungsinternet ist aus meiner Sicht die Daseinsvorsorge des 21. Jahrhunderts. Seit der Coronapandemie gilt dies nicht mehr nur für Unternehmen, sondern genauso für private Haushalte. Insofern ist es eine unserer wichtigsten Aufgaben, die Steiermark möglichst flächendeckend mit der dafür notwendigen Infrastruktur auszustatten. Dort, wo es möglich ist, setzen wir auf Glasfaser. Mit der Gründung der Steirischen Breitband- und Digitalinfrastrukturgesellschaft ‚sbidi‘ haben wir hier in den vergangenen Jahren einen großen Schritt nach vorne


WeltMeister Österreich Landesregierung

gemacht. Der Breitbandausbau bleibt auf unserer Agenda ganz oben, da wir in einigen ländlichen Regionen noch Aufholbedarf haben. Ich bin zuversichtlich, dass hier die nächsten Ausschreibungen des Bundes einen weiteren Schub bringen werden. Sie unterstützen Unternehmen mit Ihrem Verfahrensservice. Welches sind hier die besonders gefragten Dienstleistungen? Eibinger-Miedl: Das Service richtet sich an Unternehmen, die Großprojekte realisieren wollen. Im Wirtschaftsressort fungiert dabei ein Verfahrenskoordinator als zentraler Ansprechpartner für Investoren. In den meisten Fällen sind Informationen über notwendige Genehmigungen bei Betriebsansiedelungen oder -erweiterungen gefragt. Darüber hinaus wird die Vernetzung des Investors mit allen dafür zuständigen Stellen im Land Steiermark sowie Unterstützung bei der Vorbereitung der Anträge am häufigsten nachgefragt.

© Teresa Rothwangl

Die Steiermark verfügt über einige große Skigebiete. Wie begegnen Sie dem Problem, dass aufgrund des Klimawandels oft der Schnee ausbleibt? Ist künstliche Beschneiung der Ausweg? Eibinger-Miedl: Die Steiermark ist ein traditionelles Wintersportland. Daher zählen Skifahren, aber auch zahlreiche andere Aktivitäten wie Langlaufen, Rodeln oder Schneeschuhwandern, zu unseren Säulen im steirischen Wintertourismus. Die klimatischen Entwicklungen erfordern leider Beschneiung, weshalb dahingehend in den vergangenen Jahren kräftig investiert wurde. Um ganzjährig für Gäste attraktiv zu sein, haben viele steirische Skigebiete darüber hinaus ihr Angebot erweitert.

Infrastrukturprojekte stehen ganz oben auf der Agenda der Landesrätin.

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Muss sich die Steiermark als Urlaubsziel neu positionieren? Welche Qualitäten der Steiermark als Urlaubsdestination sollen in den kommenden Jahren ausgebaut werden? Eibinger-Miedl: Die Steiermark wird als Urlaubsland bei Gästen aus dem In- und Ausland seit vielen Jahren sehr geschätzt, das zeigt die positive Entwicklung bei den Gäste- und Nächtigungszahlen. Wesentliche Erfolgsfaktoren sind die wunderbare Landschaft, das vielfältige Angebot, die steirische Kulinarik und die Herzlichkeit unserer Touristikerinnen und Touristiker. Auf diese Stärken werden wir weiterhin setzen und unser positives Image als das ‚Grüne Herz Österreichs‘ künftig noch intensiver über die Landesgrenzen hinweg in den Vordergrund rücken. Darüber hinaus werden wir das Thema Nachhaltigkeit im steirischen Tourismus noch stärker verankern und haben daher als erstes Bundesland Österreichs eine eigene Nachhaltigkeitsstrategie erarbeitet. Ihr Rezept gegen den Fachkräftemangel? Eibinger-Miedl: Der steirische Arbeitsmarkt hat sich in den letzten Jahren dynamisch entwickelt. In vielen Bereichen haben wir nicht mehr nur einen Fachkräfte-, sondern bereits einen Arbeitskräftemangel. Dies liegt einerseits an der demografischen Entwicklung, die nun deutlich spürbar ist, aber andererseits auch am Wandel der Arbeitswelt, wie beispielsweise am Trend zur Teilzeitarbeit. Wir haben daher gemeinsam mit dem Arbeitsressort des Landes und den Sozialpartnern eine Arbeitsmarktstrategie für unser Bundesland erarbeitet. Diese hat zwei Stoßrichtungen: Einerseits wollen wir das Potenzial der in der Steiermark lebenden Menschen, etwa durch Aus- und Weiterbildung, weiter heben, und andererseits die Akquise internationaler Fachkräfte entsprechend verstärken. Wo sehen Sie die größten Herausforderungen der kommenden Jahre? Welche Ziele stehen noch ganz oben auf Ihrer Liste? Eibinger-Miedl: Wir leben in Zeiten eines tiefgreifenden Wandels, wenn ich beispielsweise an die digitale oder die grüne Transformation denke. Mir ist wichtig, die heimischen Unternehmen dabei zu unterstützen, diese aktuellen Veränderungen erfolgreich zu meistern und die damit verbundenen Chancen zu nutzen. Ein großes persönliches Anliegen ist mir außerdem die Stärkung von Orts- und Stadtkernen in der Steiermark. Ein auf Landesebene eingesetzter Ortskernkoordinator unterstützt seit einigen Monaten Gemeinden unter Einbindung der Bevölkerung dabei, Projekte zur Belebung ihrer Orts- bzw. Stadtkerne umzusetzen. Dies nützt der regionalen Wirtschaft und erhöht die Lebensqualität der Menschen vor Ort. ◆


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WeltMeister Österreich Payer Group

Der Tausendsassa: Von der PCR-Analyse bis zum Rasierer Die Payer Group ist in diversen Geschäftsbereichen ein internationaler Player – von Medizinprodukten bis zu Consumer Healthcare.

Wie arbeitet es sich in einem Schloss? Michael Viet: Für mich ist es ein Privileg, an so einem schönen Standort in der Weststeiermark zu arbeiten. Natürlich hat es auch Charme, dabei in einem Schloss sitzen zu dürfen. Auch unsere Mitarbeiter sind stolz, bei so einem schönen Standort tätig zu sein. Des Weiteren bekommen wir auch außerhalb des Unternehmens von Kunden und Gästen, die bei uns zu Besuch sind, die Rückmeldung, dass sie vom Standort mit dem Schloss in der schönen Hügellandschaft in Kombination mit modernster Technologie und einer modernen Infrastruktur beeindruckt sind. Der Hauptsitz von Payer ist bis heute das Buschenschlössl Sonneck, westlich von Graz. Die Geschichte des Schlosses lässt sich bis ins 14. Jahrhundert zurückverfolgen. 1951 kaufte Eduard Payer das Buschenschlössl und machte es 1952 zum Hauptsitz der Payer Group. Sie kommen aus dem Management der Bergbauindustrie. Gibt es Parallelen zur Medizintechnik? Viet: Das sind zwei sehr unterschiedliche Industrien. Ein Bereich, der in beiden sehr wichtig ist und getrieben werden muss, ist die Innovation. Auch bei Payer arbeiten wir mit Weltmarktführern zusammen, weshalb wir uns, als strategischer Partner, ständig weiterentwickeln und unseren Fokus auf Technologie und Innovation legen müssen, um die Anforderungen unserer Kunden nicht nur zu

erfüllen, sondern auch zu übertreffen. Eine weitere Parallele sehe ich im Bereich der Mitarbeiter. Sie sind unsere wichtigste Ressource – jede und jeder einzelne trägt zum nachhaltigen Erfolg des Unternehmens bei. Daher ist es von großer Bedeutung, die besten Köpfe zu bekommen und sie zu fördern sowie weiterzuentwickeln und Verantwortung zu übertragen, um ein attraktiver Arbeitgeber zu sein. Damit kann man viele Jahre zusammenarbeiten, voneinander lernen und gemeinsam wachsen. Weshalb kam es bei der Payer Group in den vergangenen Jahren zur Fokussierung auf Produkte für die Medizintechnik?

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en weltbesten Herrenrasierer wollte Eduard Payer entwickeln, als er 1946 das Unternehmen gründete. Heute liefert die Payer Group mit Standorten in Europa und Asien ein breites und vielfältiges Spektrum an hochwertigen Produkten und Dienstleistungen in die ganze Welt. Bereits von 1995 bis 2006 war Michael Viet für die Payer Group in leitenden Funktionen tätig. Nach einem Exkurs in die Bergbauindustrie kehrte er im Jahr 2019 als CEO in die Steiermark zurück und gibt einen Überblick über den Konzern mit seinen vielfältigen Tätigkeitsbereichen.

Michael Viet, CEO der Payer Group, war zuvor in der Bergbaubranche tätig.


© Oliver Wolf

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Arbeiten im Schloss: Im Jahr 2016 wurde der Firmensitz der Payer Group, das Buschenschlössl Sonneck bei Graz, von Grund auf saniert.

Erfahrung haben wir uns als einer der wichtigsten Anbieter für Viet: Ursprünglich haben wir im Bereich der elektrischen Herrenrahochkomplexe und prozesssichere medizinische Fluidik und Consierer gestartet und Schritt für Schritt unser Portfolio im Personal sumables etabliert. Von schnellen Prototypen und Kleinserien mit Care-Bereich, etwa mit Damenrasierern oder Epilatoren, ausgebaut. Scale-up-Möglichkeit bis hin zur automatisierten GroßserienprodukMit unseren vorhandenen Kompetenzen und unserer jahrzehntetion setzen wir unser Know-how im Ein- und Mehrkomponentenlangen Erfahrung im Bereich der Consumer Goods haben wir vor spritzguss, in der Kombination verschiedener mehr als zehn Jahren in der Medizintechnik eiMaterialien und Technologien für ein exzellentes nen potenziellen neuen Markt und strategisch „Aufgrund des Produkt in mehr als 20 Millionen produzierten wichtigen Schritt gesehen. Seither haben wir Consumables pro Jahr ein. Darüber hinaus nutunseren Fokus am österreichischen Hauptsitz, Wachstums nimmt zen wir unsere Erfahrung und unser Fachwissen dem Technologie- und Innovationszentrum der das Personal als für fluidische Teile mit einem extrem geringen Payer Group, auf die Medizintechnik gelegt und wichtigste UnterVolumen an Flüssigkeiten wie Blut, Plasma und unsere Infrastruktur sehr stark danach ausgeanderen Körperflüssigkeiten, gepaart mit einer richtet. nehmensressource optimierten Strömungsdynamik. einen hohen Über welche Medizinprodukte sprechen wir Stellenwert ein.“ Auf Ihrer Website wird direkt die ‚unglaubhier? lich große Bandbreite der Produkte‘, die Sie Viet: Wir sind in den Märkten Diagnostik (PCR M i c h a e l Vi e t entwickeln und herstellen, angesprochen. Kön-Analyse, Blut-Gas-Analyse, Thrombozytennen Sie einen Überblick über die wichtigsten Analyse), Patientenunterstützung (respiratoriProdukte in der Entwicklung geben? sche Systeme, Patienten-Monitoring), Chirurgie (Laparoskopie) Viet: Wir sind zum einen im Bereich Healthcare und Medical, vor sowie Consumer Health (Mother & Child Care, Oral Care) tätig. allem an unserem steirischen Hauptsitz, und zum anderen im GeIn allen Bereichen produzieren wir, je nach Projektanforderung, schäftsbereich Consumer Goods tätig. Consumer Goods ist ein sehr entweder Geräte, Module oder auch Komponenten (Consumables breiter Bereich, weshalb wir uns auf die nachher folgenden Katebzw. Mikrofluidik). Mit unserer langjährigen, hochentwickelten


WeltMeister Österreich Payer Group

gorien konzentrieren. Dabei konnten wir unzählige Projekte mit namhaften Unternehmen, darunter Weltmarktführer, abwickeln, mit denen wir bereits seit Jahrzehnten strategische Partnerschaften in den unterschiedlichen Bereichen pflegen. Dazu zählen Shaving, Grooming, Epilating & Styling wie Haar- oder Bartschneider, Beauty Care (z.B. Gesichtsbürsten), Household Appliances wie Reinigungsgeräte und Lifestyle Products, wie Produkte für den Outdoor-Sport.

„Wir betreuen eine große Anzahl internationaler Marken als OneStop-Shop, von Entwicklung bis Ver­packung.“

danach streben, in allem, was wir tun, die Besten zu sein. Dies spiegelt sich auch in unserer Vision One Player to be Number One wider. Es macht mich sehr stolz, dass wir dieses Bestreben und auch den intrinsischen Antrieb unserer Mitarbeiter im letzten Jahr mit einem großen Erfolg, einer besonderen Auszeichnung von Procter & Gamble, verwirklichen konnten. Im November 2022 wurden wir als ‚Partner des Jahres‘ in der Kategorie ‚Grooming‘ ausgezeichnet.

M i c h a e l Vi e t

Sie unterstützen Kunden bei der Entwicklung ihrer Produkte, vom Design bis zur Produktionsstätte. Wie funktioniert der Ablauf? Viet: Wir bieten unseren Kunden eine ganzheitliche Lösung. Wir betreuen eine große Zahl internationaler Marken als One-StopShop, von der Entwicklung bis zu den Feinheiten des Produktionsprozesses inklusive Assemblage und Verpackung, und decken die gesamte Wertschöpfungskette ab. Zusätzlich ist es unseren Kunden auch möglich, zu einem späteren Zeitpunkt in einen Prozessschritt unserer Wertschöpfungskette einzusteigen. Nach der Akquise wird das Produkt selbstverständlich im ständigen Austausch mit dem Kunden von unserer Entwicklungsabteilung konzeptioniert und entwickelt. Nach ersten qualitativen Tests mit Prototypen kümmert sich unser Industrial Engineering darum, das jeweilige Produkt produzierbar zu machen. Daneben wird das benötigte formgebende Werkzeug konzipiert und auch gebaut. Je nach Kundenanforderung und Projekt assemblieren wir händisch, halb- oder vollautomatisch diverse Teile zu einem Modul bzw. Produkt und verpacken es. Ist es als CEO nicht schwierig, derartig viele Tätigkeitfelder unter einen Hut zu bringen? Viet: Für mich ist es von Bedeutung, stets den Fokus im Blick zu behalten. Wir haben eine klare, strategische Ausrichtung auf unsere Kerngeschäfte, in welchen wir gemeinsam als ein globales Team

Sie haben heuer – nach Ungarn und China – einen neuen Standort in Malaysien eröffnet. Welche Erwartungen haben Sie und welche Rolle wird er in Zukunft in der Payer Group spielen? Viet: Um unseren Unternehmenserfolg nachhaltig zu sichern, setzen wir auf eine diversifizierte und effektive Standortstrategie. Neben der starken Präsenz in Europa und der Nutzung von Synergien feierten wir heuer bereits das 20-jährige Jubiläum unseres chinesischen Standorts. Um vor allem in der heutigen Zeit, einer Welt voller Unsicherheiten und volatilen Rahmenbedingungen, weiterhin resilient, agil und auch widerstandsfähig agieren sowie reagieren zu können, trafen wir 2021 die strategische Entscheidung, auch Asien mit dem Konzept ‚China+1‘, mit einem weiteren Standort in Malaysia, zu stärken. Ein wichtiger Aspekt dabei ist auch, noch flexibler auf unsere Kundenanforderungen einzugehen und den Grundstein für ein weiteres Wachstum zu legen.

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Was sind Ihre Top-Seller? Viet: Grooming & Styling ist einer unserer Kernbereiche und wir nehmen seit einigen Jahren einen verstärkten Markttrend wahr. Vor allem Multi-Grooming-Kits mit unterschiedlichen Schneidaufsätzen für die Haarentfernung am ganzen Körper sind sehr beliebt. Jährlich produzieren wir für Global Player rund zehn Millionen Stück fertig für den Verkauf verpackte Produkte.

Sauberkeit hat Priorität: Arbeiten im „Grauraum“ der Payer Group.


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Auch in Zeiten der Automatisierung braucht es händische Qualitätskontrollen.

Wie ist Ihre Meinung zur aktuellen Entkopplungsdiskussion mit China? Viet: Wie bereits erwähnt, feierten wir heuer das 20-jährige Bestehen unseres chinesischen Standorts. Nach der Übernahme durch die Unternehmerfamilie Hui im Jahr 2002 hat sich für Payer sehr schnell dieser logische Schritt mit einem Standort in Asien ergeben. Der Produktionsstandort ist mit modernsten Maschinen ausgestattet, und in den letzten Jahren wurden sehr viele Bereiche vollautomatisiert. Das zeigt, dass China für die Payer Unternehmensgruppe weiterhin strategisch sehr wichtig ist. Selbstverständlich beobachten wir die geopolitischen Entwicklungen sehr genau. Grundsätzlich sehen wir, dass wir mit dem Konzept China und Malaysia über eine nachhaltig stabile und erfolgreiche Basis verfügen.

bauten. In diesem Bereich wurde auch vor Kurzem eine vollautomatisierte Anlage aufgebaut. Aufgrund des stetigen Wachstums nimmt auch das Personal als wichtigste Unternehmensressource einen hohen Stellenwert ein. Die Anzahl der Mitarbeiter in der Steiermark hat sich um 20 Prozent in den letzten beiden Jahren erhöht. In der Steiermark schätzen wir zusätzlich auch die Nähe zu Top-Universitäten und -Fachhochschulen. Wir haben mittlerweile sehr gute Beziehungen und viele Kooperationen und setzen Projekte in diversen Bereichen, wie Produktentwicklung, Nachhaltigkeit oder Employer Branding, um. Die Kombination aus theoretischem Wissen mit frischem Wind und unserer Erfahrung mit Praxiswissen sehen wir als sehr wertvoll. Zudem freut es uns natürlich, wenn wir der einen oder dem anderen während bzw. nach Abschluss des Studiums bei uns im Unternehmen eine spannende Aufgabe bieten können. ◆

Welche Gründe gibt es, den Stammsitz in Österreich zu belassen? Wäre das etwa an einem Ihrer Standorte in Asien nicht kostengünstiger? Viet: Unser österreichischer Hauptsitz ist auch das Technologie- & Innovationszentrum der Unternehmensgruppe. Da der technologische Fortschritt und innovative Lösungen auf allen Ebenen eine bedeutende Rolle in einem erfolgreichen Industrieunternehmen einnehmen, investierten wir in den letzten drei Jahren auch intensiv in den Standort, insgesamt rund 20 Millionen Euro. Dabei wurde der Ausbau der auf die Medizintechnik spezialisierte Fertigung vollzogen, das Schneidkompetenzzentrums erweitert, die Modernisierung der Labor- und Testinfrastruktur vorgenommen, die Büroräumlichkeiten und Besprechungszimmern neu gestaltet und neue Arbeitsbereiche durch Umgestaltungen geschaffen. Zusätzlich konnten wir im Jahr 2022 ein Großprojekt im Bereich ‚Consumer Health‘ gewinnen, wodurch wir einen neuen Fertigungsbereich mit rund 500 Quadratmeter Fertigungsfläche zu-

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Einblicke in das Payer-Werk in China – jetzt kam der Standort Malaysia hinzu.

Die Maschine für die automatisierte Assemblage muss exakt eingestellt werden.


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TCM International Tool Consulting & Management GmbH

Mit Tool Management-Lösungen zum internationalen Konzern Werkzeuge nicht kaufen, sondern pro Einsatz bezahlen – das ist das Konzept der TCM International Tool Consulting & Management GmbH.

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© TCM GmbH

ls im Jahr 1986 Manfred und Anna Kainz in Graz einen Werkzeughandel übernahmen, ahnte wohl niemand, dass in nicht einmal vier Jahrzehnten aus dem kleinen Betrieb ein internationaler Konzern im Bereich von Zerspanungswerkzeugen – unter anderem Bohrer, Fräser, Schleifscheiben – werden würde. Heute hat das Unternehmen seinen Sitz im steirischen Stainz und zählt mit mehr als 400 Mitarbeitern an 41 Standorten zu den weltweit führenden Anbietern von Tool ManagementLösungen. Das Erfolgsrezept ist einfach erklärt: Der Kunde kauft nicht mehr den Bohrer, sondern bezahlt für jede getätigte Bohrung. Im Jahr 2022 übernahm Markus Temmel das Ruder an der Konzernspitze von Gründer Kainz. Der CEO erklärt, wie TCM seinen Kunden beim Sparen hilft.

Markus Temmel übernahm den Konzern von Gründer Manfred Kainz.

Sie haben im Jahr 2022 den TCM-Konzern übernommen. War es schwierig, in die Fußstapfen von Gründer Manfred Kainz zu treten? Markus Temmel: Es war sehr gut vorbereitet. Wir haben über Jahre hinweg sehr intensiv zusammengearbeitet, und der reibungslose Übergang war Manfred sehr wichtig. Er sagte immer, dass das Unternehmen so aufgestellt sein muss, dass er entbehrlich ist. Das war für ihn ein wichtiges Ziel und insofern muss ich den Hut vor ihm ziehen, wie er diese Unternehmensübergabe vorbereitet hat. Wir haben das wirklich gut geschafft. Dass jeder seine eigene Handschrift trägt, ist auch klar. Gab es Geschäftsbereiche, die Sie deutlich umbauen mussten bzw. wie gehen Sie mit diesem unternehmerischen ‚Erbe‘ um? Temmel: Inhaltlich waren wir sehr gut abgestimmt und hatten unsere Unternehmensstrategie aufgestellt. Was derzeit besonders ist, ist das Umfeld, in dem wir leben. Wir haben ein sehr dynamisches Marktumfeld. Das betrifft natürlich unsere wichtigsten Kernbranchen, wie den Automotive-Bereich. Die Elektrifizierung hat einen riesigen Einfluss auf die Zerspanung. Aber auch geopolitische Entwicklungen, die in den vergangenen Jahren angestoßen wurden und die wir alle nicht auf dem Schirm hatten, führen nach wie vor zu Störungen in der Supply-Chain. Das Ergebnis sind extrem gestiegene Materialpreise und eine aktuell noch immer unsichere Entwicklung in China, einem wichtigen Markt. Das sorgt tagtäglich für genügend Herausforderungen. Wir müssen das alles managen, ohne gleichzeitig unsere Unternehmensentwicklung und Produktentwicklung einzuschränken. Natürlich treiben wir Digitalisierungsprojekte massiv voran und verschmelzen sie immer stärker mit unserem Kerngeschäft, der Zerspanung. Das darf natürlich trotz aller Herausforderungen nicht auf der Strecke bleiben. Was genau versteht man unter Tool Management?


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Der Stammsitz von TCM in Stainz in der Steiermark ist eine von 41 Betriebsstätten in Österreich, Deutschland und sechs weiteren Ländern.

Temmel: Tool Management bei TCM bedeutet die herstellerneutrale Bereitstellung und Optimierung von Zerspanungswerkzeugen. Dabei garantieren wir über unsere Geschäftsmodelle jährliche Kosteneinsparungen und auch Produktivitätsvorteile. Entstanden ist die Idee zum Tool Management durch den Gedanken, dass der Kunde nicht mehr den Bohrer kauft, sondern pro Bohrung bezahlt, um ein Beispiel zu nennen. Tool Management betrifft alle Bereiche der Zerspanung und alles, was mit ihr einhergeht, wie die Beschaffung von Werkzeugen, die Vorbereitung und die Bereitstellung von Werkzeugen in der Produktion an den Maschinen. Unsere Kunden bezahlen also nicht mehr für das Werkzeug, sondern pro produzierter Komponente. Das ist ein Cost per Unit-Ansatz. Wir garantieren Jahr für Jahr, dass der definierte Preis geringer wird. Das ist unsere Kostengarantie und die Garantie von jährlichen Einsparungen. Tool Management ist ein revolutionäres Geschäftsmodell mit einem sehr effizienten Prozess im Hintergrund. Wir sprechen von Werkzeugen zum Bohren, Schleifen, Fräsen? Temmel: Überall dort, wo ein Metallspan abgehoben wird, braucht man Werkzeuge. Fräswerkzeuge, Bohrwerkzeuge, Drehwerkzeuge, Schleifwerkzeuge und Verzahnungswerkzeuge sind ein Milliardenmarkt. Die Zerspanung ist eine Hightech-Branche, für die wir Lösungen liefern. Aus welchen Bereichen stammen Ihre Kunden hauptsächlich? Temmel: Unsere Tätigkeitsbereiche sind mittlerweile gut diversifiziert und aufgeteilt. Der Bereich Automotive hat nach wie vor eine

große Bedeutung, zunehmend kommen unsere Kunden aber auch aus den Bereichen Luftfahrt und allgemeiner Maschinen- und Anlagenbau. Und es gibt erste Projekte im Medizinbereich. Dabei haben wir Kunden in allen Größen, von kleineren Strukturen bis hin zu globalen Konzernen. Wie kontrollieren Sie die Abrechnung nach Cost per Unit? Temmel: Bei TCM arbeiten wir im Tool Management mit einem sehr effizienten System, das für hohe Transparenz sorgt. Das ist seit unseren Anfängen der Fall, obwohl die technischen Möglichkeiten und Kommunikationsmittel damals noch ganz anders aussahen. In allen unseren Projekten und Standorten kennen wir tagesaktuell die Werkzeugkosten pro Bearbeitung, pro Bauteil oder pro Maschine. Natürlich ist das in den vergangenen Jahren einfacher geworden, da es verlässliche Internetverbindungen gibt und die Systemunterstützung immer besser wird. Ergänzend zu unseren Services setzen wir Hardware ein, die unsere Prozesse absichert und genau diese Daten und Informationen liefert – Stichwort Ausgabesystem. Was kann man unter der Toolbase-Software verstehen? Temmel: Die Marke Toolbase steht für unsere Ausgabesysteme. Ich vergleiche das gerne mit Automaten in Flughäfen oder Bahnhöfen, aus denen man sich einen Snack herausdrücken kann. Diese Systeme gibt es im industriellen Umfeld auch mit deutlich mehr Logik im Hintergrund. In diesen Ausgabesystemen lagern wir Zerspanungswerkzeuge, Ersatzteile oder Sicherheitsausrüstung. Sie sind vielfältig einsetzbar. Der Vorteil ist, dass sie 24/7 verfügbar sind, nie auf


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TCM International Tool Consulting & Management GmbH

„Wir brauchen die beste Lösung für genau die konkrete Bearbeitung beim Kunden.“

Sie wissen also immer, welche Maschine gerade welches Werkzeug benutzt und was sie damit tut? Temmel: Ganz genau, mit dem Kunden sind wir sehr eng verzahnt. Unsere Mitarbeiter sitzen bei größeren Projekten wirklich permanent in der Fertigung unserer Kunden vor Ort und arbeiten wie eine Abteilung des Kunden. Diese Teams bestehen aus Technologen und Mitarbeitern, die sich um die Beschaffung kümmern und am Shop-Floor Werkzeuge zusammenbauen, vermessen und bereitstellen. Wir sprechen hier von Präzisionsbearbeitung mit einem Toleranzbereich von einem µ (Mü), was dem Bruchteil der Stärke eines menschlichen Haares entspricht. Die Fertigungssituation des Kunden gut und richtig zu verstehen und unsere Abläufe daran auszurichten, zeichnet uns aus.

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Sie analysieren aber nicht nur den Bedarf Ihrer Kunden, Sie statten sie auch mit Hardware aus.

Modernste Technologie ist inzwischen ein „Muss“ bei Werkzeugen.

M a r k u s Te m m e l

Temmel: Wir beliefern unsere Kunden und deren Maschinen mit Werkzeugen, die wir beschaffen und zum Teil selbst designen. Wir selbst produzieren keine Maschinen.

Hat der Bereich Wiederaufbereitung, Reparatur und Schleifen durch die Notwendigkeit zur Nachhaltigkeit an Bedeutung gewonnen? Temmel: Wir arbeiten bereits seit Jahren in diesem Kreislauf und wissen um den Wert eines Zerspanungswerkzeugs und des zum Einsatz kommenden Materials. Deshalb betreiben wir seit vielen, vielen Jahren auch Werkzeugschleifzentren, in denen Werkzeuge wieder instandgesetzt werden. Ich muss den Bohrer nicht wegwerfen, sondern er wird mehrmals nachgeschliffen. Das spart sehr viel Material und dadurch Kosten. Für unsere Kunden wird das Thema Nachhaltigkeit zunehmend an Bedeutung gewinnen, da in diesem Bereich eine Vielzahl an Regularien auf uns zukommt. Weshalb ist es Ihnen wichtig, Produkte unterschiedener Hersteller – also herstellerunabhängig – anzubieten? Temmel: Wir sehen, dass kein Hersteller bei allen Anwendungen die Nase vorne hat – dafür ist das Thema der Zerspanung zu umfangreich, zu komplex und es gibt viel zu viele Anwendungsfelder. Unser Ziel ist es, für unseren Kunden Kosteneinsparungen zu erarbeiten. Wir brauchen also die beste Lösung für genau die konkrete Bearbeitung beim Kunden. Deshalb müssen wir frei bei der Auswahl der Produkte und Werkzeuge sein. Der Anspruch an uns

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Urlaub gehen und nie krank werden. Man platziert diese Systeme relativ produktions- und damit verbrauchsnah. Nach einer Authentifizierung können Mitarbeiter Artikel kontrolliert entnehmen, die sie für die Fertigung brauchen. Im Hintergrund werden die Entnahmen transparent protokolliert, die Kosten zugeordnet und die Neubeschaffung automatisch angestoßen, wenn es notwendig ist. Das managen wir mit unserem Produkt Toolbase und dafür gibt es eine sehr große Nachfrage am Markt.

Die Dimensionen müssen bis zum Bruchteil eines Millimeters stimmen.


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TCM hat Präzisionswerkzeuge unterschiedlicher Hersteller im Portfolio, um Kunden immer die individuell optimal geeigneten Tools zur Verfügung zu stellen.

selbst und an unsere Technologen ist, ein sehr breites, gutes und solides Wissen über Werkzeugtechnologie zu haben und permanent zu wissen, was es an Innovationen gibt. Zur Absicherung von Lieferketten schadet es natürlich auch nicht, wenn man mehrere Kanäle offen hat.

chen es umgekehrt und beschäftigen uns seit Jahren intensiv mit dem Thema Stammdaten und Stammdatenqualität. Das ist die Grundvoraussetzung, wenn man Systeme vernetzen will. So arbeiten wir uns Schritt für Schritt nach oben.

Welche der aktuellen Unsicherheiten macht Ihnen die größten Sorgen? Welche Rolle wird KI in Zukunft bei TCM spielen? Temmel: Wenn wir die vergangenen zwei, drei Jahre Revue pasTemmel: Wir verwenden gerne Begriffe, vor denen ich sehr viel sieren lassen, dann gibt es noch immer das Ehrfurcht habe. Es ist die Spitze der TechnoloRiesenthema der Supply-Chain aus der Covidgie, über die wir uns gerne unterhalten. Was „Die aktuellen pandemie, wenngleich sie sich mittlerweile macht aber einen guten Werkzeugtechnologen besser eingespielt hat. Die gestiegenen Energiebei TCM aus? Wir sind zum Schluss gekommen, Technologien kosten durch den Ukrainekrieg haben zu einer dass der Mensch sehr stark durch Erfahrung befähigen uns erwarteten Preisspirale geführt und wir kämplernt. Unsere besten Techniker haben durch immer besser, fen bis zum heutigen Tag damit – Stichwort Inunterschiedlichste Erfahrungen in der Anwenflation. Das ist eine enorme Herausforderung. dung über die Zeit gelernt. Das Limitierende ist, Prozess­daten Die Energiepreissteigerung ist bei unseren Kundass wir als Menschen in einer bestimmten Zeit laufend zu den und in der Produktion aufgeschlagen. Wir nur eine gewisse Anzahl an Erfahrungen masammeln und sprechen von Metallbearbeitung und Maschichen können. Die aktuellen Technologien befänen, dabei wird viel Energie benötigt. Es gab higen uns, immer besser Prozessdaten laufend zu verdichten.“ enorme Kostensteigerungen von heute auf morzu sammeln, sie sinnvoll zu verdichten und darM a r k u s Te m m e l gen. Dadurch wurde eine weitere Tsunamiaus zu lernen. Diese Systeme werden über kurz welle ausgelöst, denn durch die gestiegenen oder lang schneller und besser in der Lage sein, Energiepreise sind auch die Materialpreise und die Mitarbeiterkoszu lernen. Noch sind wir aber nicht so weit. Wir haben die Erfahten gestiegen. Wir versuchen mit aller Kraft, diese Spirale zu dämprung gewonnen, dass viele Unternehmen in keinster Weise über die fen, und haben für unsere Handelskunden in Österreich eine PreisBasis für die Anwendung dieser Spitzentechnologie verfügen, sie stabilität für dieses Jahr ausgesprochen. vorbereitet haben oder aber sie sträflich vernachlässigen. Wir ma◆


WeltMeister Österreich Kapo Fenster und Türen GmbH

Qualitäts-Fenster aus der Steiermark für die Welt Fenster und Türen aus nachhaltigem Material und nicht am Fließband hergestellt – das ist das Erfolgsgeheimnis von Kapo Fenster.

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© Kapo Fenster und Türen GmbH

arl Polzhofer, der Urgroßvater des aktuellen Geschäftsführers Stefan Polzhofer, legte im Jahr 1927 den Grundstein der Firmengeschichte, als er nach Jahren als wandernder Tischler im Naturpark Pöllauer Tal in der Steiermark eine kleine Tischlerei eröffnete. Die erste Belegschaft bestand aus drei Gesellen und zwei Lehrlingen. Eingemietet in einem Haus im Ort und auf einer Fläche von 17 Quadratmetern, fertigte die Tischlerei alles aus Holz, was die Kunden in der Umgebung nachfragten. Heute wie damals ist Kapo in erster Linie Lieferant und Partner für Hausbauer, Planer und ausführende Unternehmen in der Region, hat aber den Kundenkreis weit über die Grenzen Österreichs hinaus erweitern können. Der Ruf der Fenster und Türen aus Holz hat sich nicht nur hierzulande herumgesprochen. Die beiden Kapo-Geschäftsführer, Stefan Polzhofer und Othmar Sailer, erklären, weshalb vieles für das nachhaltige Material Holz beim Fenster- und Türenbau spricht.

Die beiden Geschäftsführer Stefan Polzhofer und Othmar Sailer.

Von der kleinen steirischen Tischlerei zu einem internationalen Player – wie haben Sie sich gegen die diversen großen, internationalen Ketten von Fenster- und Türenhersteller behaupten können, die Massenware produzieren? Othmar Sailer: Internationaler Player ist eine ehrgeizige Bezeichnung, denn das Fenster- und Türengeschäft ist in seiner Natur ein lokales. Die Elemente sind groß und schwer, sie müssen transportiert und montiert werden. Da wir unsere Erzeugnisse im Gegensatz zu den bekannten Mitbewerbern ausschließlich im Direkt­ vertrieb und ‚alles aus einer Hand‘, d.h. inklusive Montage, anbieten, ist die DACH-Region unser Heimatmarkt. Immer wieder kommt es aber vor, dass unsere zufriedenen Kunden und Architekten uns in Märkte mitnehmen, die nicht zu diesem Kernmarkt gehören. Gerade Architekten wissen den Vorteil zu schätzen, wenn das Erzeugnis und die Montage aus einer Hand kommen, da damit Schnittstellen vermieden werden. Die Kunden haben sohin den großen Vorteil, dass wir die Gewährleistung auf das Gesamtgewerk vergeben. Stefan Polzhofer: Kapo besetzt eine klar definierte Marktnische. Wir fertigen nicht am Fließband, sondern denken in Projekten und nicht in Fenstereinheiten. Jedes Bauvorhaben ist einzigartig, und unser technisches Büro entwickelt jene Lösungen, welche das jeweilige Kundenbedürfnis perfekt bedient. Das bekommt man bei Massenherstellern nicht. Allgemein sprechen wir bei Fenstern aus dem Rahmenmaterial Holz trotz dem Trend der Ökologisierung von einem sehr kleinen Marktsegment mit einem Marktanteil in Österreich von unter fünf Prozent. Das ist der niedrigste Wert in ganz Europa, was aus meiner Sicht keine gute Visitenkarte für ein Land ist, das sich auch als Waldland definiert. Begründbar ist diese Entwicklung damit, dass die industrielle Fensterfertigung in Österreich sehr viel Gewicht hat und aufgrund der höheren Margen bei einem niedrigeren Verkaufspreis primär auf Kunststoff­fenster setzt.


© Kapo Fenster und Türen GmbH

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Eines der wohl spektakulärsten Projekte aus der Manufaktur des Familienunternehmens mit Sitz in der Steiermark: die Hundertwasser-Therme in Bad Blumau.

Nach den Kunststofffenster und Türen-Jahrzehnten sind Holzfenster und -türen nun wieder in Mode. Weshalb kam es zu einer Trendumkehr? Polzhofer: Treiber der Trendumkehr ist der Megatrend der Ökologisierung, der endlich auch die Bauwirtschaft erreicht. Der Druck zur Veränderung geht hier vom umweltbewussten Endkunden aus. Darüber hinaus zeigen ESG-Vorgaben bei Immobilienfinanzierungen ihre Wirkung. Bauträger sind natürlich bestrebt, ihre Marge zu optimieren und sparen dann häufig auch beim Material. Beispielsweise sind Laminatfußböden im hochwertigen Wohnbau schon länger tabu, jetzt achten die potenziellen Käufer der Wohneinheiten und finanzierende Banken auch an anderer Stelle darauf, dass Kunststoff durch natürliche Materialien ersetzt wird. Sailer: Der Werkstoff Holz bietet viel mehr Möglichkeiten als Kunststoff. Holz hat beispielsweise überragende statische Eigenschaften, weshalb man Holzfenster auch in riesigen Dimensionen fertigen kann. Selbst beim Brandschutz ist Holz allen anderen Rahmenmaterialien überlegen – beispielsweise schmilzt ein Fenster aus Kunststoff im Brandfall, das Glas fällt aus dem Rahmen, und der Kamineffekt facht das Feuer zusätzlich an, von den toxischen Dämpfen nicht zu sprechen. Holz hat ferner antibakterielle Eigenschaften und es bindet CO2. Aber das beste Argument für Holz ist, dass es sich um einen nachwachsenden Rohstoff handelt, der unseren Kunden ein natürliche Wohngefühl vermittelt. Holz berührt man gerne, Kunststoff berührt man, weil man muss.

Muss man Holzfenster regelmäßig neu streichen? Sailer: Lange Zeit meinte man zu glauben, dass ein Kunststofffenster nicht gepflegt werden muss und damit langlebiger sei. Wir wissen aus Erfahrung, ein Erzeugnis aus Holz ist anti-fragil und altert in Würde. Ein Kunststofffenster vergilbt und verliert sukzessive die ohnehin minimalen statischen Eigenschaften. Früher wurde gesagt, dass man Kunststofffenster nicht streichen muss. Jetzt wirbt die Industrie, dass man auch ein Kunststofffenster streichen kann. Richtig ist, dass man mit minimalem Einsatz die Lebensdauer eines Fensters um Jahrzehnte verlängern kann. Daher bieten wir unseren Kunden auch Service- und Wartungsdienstleistungen an. Unsere Fenstertechniker sind dann alle zwei, drei Jahre beim Kunden, beispielsweise, um bewegliche Teile zur warten, die der Natur nach Verschleißteile sind, insbesondere bei den immer größer werdenden Elementen und um die Oberfläche zu begutachten. Das fachkundige Auge sieht sofort, wenn beispielsweise Hagelschlag die Oberfläche beschädigt hat und Gefahr besteht, dass Wasser eindringt. Polzhofer: Außerdem bieten wir alle Holzfenster auch in der Ausführung mit Deckschale aus Aluminium an. Gerade bei moderner Architektur sind Holz/Alu-Fenster sehr beliebt. Abhängig von der Einbau- und Bewitterungssituation, kann das Sinn machen. Wir verfügen über eine Erfahrung von fast 100 Jahren beim Fensterbau. Beispielsweise gilt es auch, die Seehöhe eines Bauvorhabens zu berücksichtigen. All dies und viel mehr wird von unseren Techni-


WeltMeister Österreich Kapo Fenster und Türen GmbH

Polzhofer: Spontan fällt mir ein denkmalgeschütztes Bauvorhaben in Istanbul ein. Das Ho„Meines Wissens tel steht direkt am Bosporus. Wir haben nicht sind wir der erste nur die Fenster und Türen gefertigt und monSie bieten unter anderem einbruchssichere europäische Fenstiert, sondern die gesamt Holz-Fassade in passiv und schallschützende Fenster an. Aber was sind hinterlüfteter Pfosten-Riegel-Bauweise. Die AnLawinenschutzfenster? terhersteller mit forderungen waren dort auch deshalb hoch, weil Sailer: Es gibt Bausituationen, etwa im alpinen EMAS-Zertifikat.“ das Salzwasser die Oberfläche zusätzlich beanBereich, wo Gebäude in lawinengefährdeten Stefan Polzhofer sprucht und die Immobilie Wind und Wetter Gegenden stehen. Das Fenster muss dann so schutzlos ausgeliefert ist. Ein besonderes und konstruiert sein, dass es mehrere Hundert Kilo modernes Bauvorhaben aus der Region war Drucklast aushält. Die Rahmenkonstruktion beispielsweise die von Friedensreich Hundertwasser geplante muss anders ausgeführt sein, und das Glas selbst muss ebenfalls Therme in Bad Blumau. Das ist ein wahres Gesamtkunstwerk. Von andere Eigenschaften haben als normales Fensterglas. Das ist eine den rund 2.400 sogenannten tanzenden Fenstern gleicht keines Sonderkonstruktion, die nicht jeden Tag benötigt wird. dem anderen. Für unsere Techniker in der Planung und für unsere Polzhofer: Damit man ein solches Erzeugnis Lawinenschutzfenster Handwerker in der Produktion war dieses Bauvorhaben ein Traum, nennen darf, benötigt man die entsprechende Zertifizierung. In für die meisten Marktbegleiter wäre das unleistbar gewesen. Österreich gibt es dafür, neben uns, nach unserem Wissen gerade einmal zwei weitere zertifizierte Hersteller. Woher stammt das Holz für Ihre Erzeugnisse? Sailer: Nachdem Holz ein Naturprodukt ist, startet die HerausforVon den zahlreichen Projekten auf Ihrer Website – gibt es zwei, derung schon beim Einkauf. Wir pflegen hier langfristige Partnerdrei realisierte Projekte, deren Besonderheiten Sie hervorheben schaften mit unseren Lieferanten, die unsere besonders hohen möchten? Anforderungen an dieses Material kennen. Klar erkennbar ist ein Sailer: Gerade bei historischen Gebäuden sind die Anforderungen Trend zu Holz aus der heimischen Forstwirtschaft, was wir sehr besonders hoch. Hier gilt es, ein historisches Erscheinungsbild mit begrüßen. moderner Technik zu kombinieren. Egal ob Kastenstockfenster, Polzhofer: Meines Wissens sind wir der erste europäische FensterSprossenfenster oder Rundbögen: Wir fertigen, wenn gewünscht, hersteller mit dem EMAS-Zertifikat für integriertes Umweltmanageauch individuelle Musterfenster.

Bei Kapo gibt es mittlerweile sieben Frauen in der Produktion.

© Bernhard Bergmann

© Bernhard Bergmann

kern in der Planungsphase mit unseren potenziellen Kunden abgeklärt.

Eine Lehrlingsbeauftragte sorgt für „Nachschub“ an Mitarbeiterinnen.


Jedes Kapo-Fenster wird individuell in Handarbeit gefertigt.

© Paul Ott

© Kapo Fenster und Türen GmbH

© Kapo Fenster und Türen GmbH

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Spektakuläre Optik: die Fenster-Sonderkonstruktionen aus Holz.

Schulen präsent, bezahlen über Kollektivvertrag und bieten Boni wie die Führerscheinausbil„Wir kämpfen dung. Zudem haben wir eine Lehrlingsbeaufbesonders um tragte, eine junge Dame, die sehr aktiv ist. DaLehrlinge und sind durch gibt es mittlerweile sieben Frauen in der Produktion. Wir versuchen derzeit auch, Lehrauch an Schulen linge aus Spanien hierher zu bringen und ausWie sehr haben Sie die Lieferkettenprobleme präsent.“ oder weiterzubilden. der vergangenen Jahre betroffen? O t h m a r S a i l e r Polzhofer: Das Rückgrat unseres Unternehmens Sailer: Die letzten Jahre mit ihren erratischen sind unsere Facharbeiter. Wir sind ein FamilienLiefersituationen haben sich auch in der Holzunternehmen, und viele Facharbeiter sind auch industrie niedergeschlagen. Darüber hinaus kam schon in der zweiten oder dritten Generation bei Kapo. Ich erinnees zu Mehraufwand, weil wir Materialien häufig mit Verspätung re mich an eine Situation, wo ein langjähriger Mitarbeiter gefragt erhalten haben. hat, ob auch sein Sohn bei Kapo arbeiten kann. Auf die Frage, wie Polzhofer: Derzeit beobachten wir eine Re-Regionalisierung der alt er ist und wann er kommen könnte, meinte der Mitarbeiter, dass Wirtschaft – ein äußerst erfreulicher, positiver Trend. der Geburtstermin in drei Monaten ist … (lacht) Wie sehr betreffen Sie die gestiegenen Energiepreise? Wie gelingt es, ein Familienunternehmen seit bald 100 Jahren Sailer: Das zieht sich durch die gesamte Lieferkette, bei der wir am Laufen zu halten? einkaufen, und führt zu entsprechenden Erhöhungen. Polzhofer: Mit Höhen und Tiefen, wie es zu einem FamilienunterPolzhofer: Die Teuerung betrifft Kunststofffenster noch stärker, da nehmen dazugehört, mit sehr viel Emotion von allen Seiten und mit hier der Energieaufwand bei der Erzeugung höher ist. externer Unterstützung, wenn die Emotionen überschwappen. Das Erfolgsgeheimnis ist am Ende des Tages ein hohes Maß an Spüren Sie den Fachkräftemangel? Eigenverantwortung in Kombination mit klaren EntscheidungsSailer: Das ist ein demografischer Prozess, und wir spüren das strukturen. natürlich auch. Wir kämpfen besonders um Lehrlinge, sind an ◆ ment. Unsere Überzeugung ist, dass Transparenz bei den eingesetzten Materialien der richtige Weg ist. Daher veröffentlichen wir jährlich einen Umweltbericht, der unter anderem alle Verbräuche dokumentiert und offenlegt.


WeltMeister Österreich Oberösterreich


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Oberösterreich Oberösterreich in Zahlen Größe Bevölkerungsanzahl Bruttoregionalprodukt je Einwohner* verfügbares Einkommen privater Haushalte* Einkommen pro Arbeitnehmer* Forschungsquote in % des BIP* Anzahl der Betriebe*** – Industrie – Bau – Handel Anzahl der Erwerbstätigen*** – Industrie – Bau – Handel Anzahl der Beherbergungsbetriebe** Nächtigungen**

11.982 km² 1.527.084 46.700 € 24.800 € 48.200 € 3,51 %

6.586 5.952 13.555 186.547 62.138 113.484 3.883 7.964.223 Quelle: Statistik Austria; *2021, **2022, ***2020


WeltMeister Österreich Greiner AG

Mit viel Innovationskraft und Mut zur Veränderung Verpackungsmaterialien aus Kunststoff, Schaumstoff für Matratzen und Medizinprodukte brachten die Greiner AG an die Weltspitze.

Einerseits Verpackungsmaterialien aus Kunststoff, Schaumstoffe unter anderem für Matratzen und Medizinprodukte – auf den ersten Blick sind das völlig verschiedene Tätigkeitsfelder. Haben die drei Sparten, abseits vom gemeinsamen Konzerndach, Gemeinsamkeiten? Axel Kühner: Die drei Sparten Greiner Packaging, Greiner Bio-One und Neveon vereint das Thema Kunststoff. Schaumstoffe sind schließlich auch eine Form von Kunststoffen; es handelt sich in allen Fällen um Produkte, die unser Leben einfacher und besser machen sollen. Durch die Verpackungen aus Kunststoff werden Lebensmittel geschützt und sind länger haltbar. Die Schaumstoffe sorgen für den Komfort in Matratzen, Sofas, aber auch Autositzen. Und Produkte für die Medizintechnik sollen helfen, dass Menschen schneller und besser medizinisch behandelt werden können.

Sind alle Bereiche innerhalb des Konzerns gleichberechtigt oder gibt es Schwerpunkte? Kühner: Alle drei Spartenunternehmen sind gleich wichtig. Von der weltweit ersten Petrischale aus Kunststoff bis zum heutigen Portfolio – was macht die Produkte von Greiner so besonders, dass Sie einer der weltweit führenden Anbieter werden konnten? Kühner: Wahrscheinlich liegt das an der Innovationskraft, denn das Unternehmen hat in seiner 155-jährigen Geschichte immer wieder Mut zur Veränderung gezeigt. Begonnen hat alles mit der Produktion von Korkstopfen, und wenn man stur nur daran festgehalten hätte, hätten wir viele Chancen verpasst. Auch jetzt befindet sich Greiner in einem umfangreichen Transformationsprozess, bei dem es vor allem darum geht, wie Kunststoffe noch nachhaltiger produziert und welche Alternativen gefunden werden können.

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eltweit führend ist die nicht börsennotierte Greiner Aktiengesellschaft, wenn es um Kunststoff- und Schaumstofflösungen geht. Die Unternehmen der Greiner AG sind dabei in drei Kompetenzbereiche aufgeteilt: Greiner Packaging erzeugt Verpackungen aus Kunststoff für den Food- und Non-FoodBereich; Neveon ist eine weltweit führende integrierte Schaumstoffgruppe und bietet Polyurethan Weich- und Verbundschäume für vielfältigste Einsatzgebiete; Greiner Bio-One ist ein Global Player im Bereich Medizintechnik und Life Science. Mehr als 11.000 Mitarbeiter an 120 Standorten in 34 Ländern sind für den oberösterreichischen Konzern tätig. Die Diversifikation von Produkten und Märkten, Innovation und Globalisierung bilden gemeinsam mit einer nachhaltigen Unternehmensausrichtung die Basis für kontinuierliches, ertragsorientiertes Wachstum. Hinzu kommt das eigene Ausbildungszentrum am Greiner Campus in Kremsmünster. CEO Axel Kühner verrät Erfolgsrezepte und skizziert den Weg zur Nachhaltigkeit von Verpackungen.

Axel Kühner ist CEO der Greiner AG mit Sitz in Oberösterreich.


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Der Firmensitz im oberösterreichischen Kremsmünster, von dem aus das 1868 gegründete Familienunternehmen an die Weltspitze gelangte.

Packaging. Wir haben noch nicht endgültig alle Antworten auf die Kunststoff bzw. Plastik hat kein besonders glänzendes Image, Frage, wie wir das erreichen, aber wir arbeiten täglich daran, um ist aber aus dem täglichen Leben nicht mehr wegzudenken und diesem Ziel näherzukommen. jeder benutzt es. Wie gehen Sie mit diesem Phänomen um? Kühner: Plastik und Nachhaltigkeit ist nur auf den ersten Blick ein Wodurch werden Sie in Ihren Geschäftsfeldern in Zukunft Widerspruch. Natürlich landen leider auch unsere Produkte im nachhaltiger werden bzw. ist sogar eine Plastik-Kreislaufwirtschaft Meer und im Wald und wir sind bestrebt, mit der Kreislaufwirtmöglich? schaft dem entgegenzuarbeiten. Kunststoff sorgt aber auch dafür, Kühner: Wichtig ist, dass wir das Thema Recydass Lebensmittel länger haltbar sind. Außercling bereits beim Produktdesign mitdenken. dem braucht Kunststoff weniger Energie in der Wir haben außerdem im Jahr 2022 ein serbiHerstellung sowie im Gebrauch als etwa Metall „Ein Leben ohne sches Recyclingwerk gekauft, um die benötigund Glas. Da unsere Produkte aus dem tägliKunststoff ist ten recycelten PET-Flakes selbst herstellen zu chen Leben nicht mehr wegzudenken sind, denkbar, aber können. Zudem versuchen wir auch, den Kunsthaben wir hier einen enormen Hebel und eine nicht sinnvoll.“ stoffanteil in unseren Produkten so gering wie große Verantwortung, wenn es darum geht, möglich zu halten. Ein Beispiel dafür ist der Emissionen zu reduzieren. Axel Kühner K3-Joghurtbecher, der aus einer dünnen Kunststoffwand und einem Kartonwickel besteht. In Was kann man sich unter dem Begriff ‚nachder neuen Version dieser Greiner-Erfindung lösen sich Kunststoff haltige Plastikverpackungen‘ vorstellen? und Karton aufgrund des Drucks in der Sortiermaschine sogar Kühner: Nachhaltig sind Verpackungen beispielsweise dann, wenn automatisch voneinander. Solche Produkte sind es, die den Markt sie recyclingfähig, mehrwegfähig oder kompostierbar sind. Genau verändern. das ist unser Ziel bis 2025 für sämtliche Verpackungen von Greiner


WeltMeister Österreich Greiner AG

Schulung der zukünftigen Mitarbeiter im eigenen Ausbildungszentrum.

© Christian Huber

© Christian Huber

sehr Wertvolles. Zudem wirken die Eigentümer auch über ihre Forschen Sie an Plastik-Ersatzstoffen? Rolle im Aufsichtsrat. Kühner: Durchaus – ein Beispiel dafür ist unsere jüngste Tochterfirma Greiner Zeroplast. Das ehemalige Start-up entwickelt biobaWelche Auswirkungen haben die Verteuerung von Energie, sierte Stoffe aus Fasern, Wachs oder Kalk, die dann in der industriRohstoffen und Arbeitskraft auf die Greiner AG? ellen Spritzgussfertigung zum Einsatz kommen sollen. Wir unterKühner: Die Kunststoffindustrie ist zum Glück stützen Greiner Zeroplast bei der technischen nicht so energieintensiv wie etwa die MetallUmsetzung der Idee bis hin zur Serienreife der „Neben der zentraoder die Papierindustrie, aber natürlich haben Produkte. Über unsere Innovationsschmiede wir die volatilen Energiepreise zu spüren bekomGreiner Innoventures sind wir zum Beispiel auch len Lage in Europa men. Die Rohstoffsituation betrifft vor allem den an dem Start-up Hempstatic beteiligt, das Schallsprechen die Schaumstoffbereich; hier sind die Einkaufspreise schutzpaneele aus Nutzhanf produziert. Wir qualifizierten Fachhoch und teilweise auch gar nicht alle benötigsind also immer an neuen Materialien interesten Mengen verfügbar. Die Inflation erhöht zusiert, wenn wir darin zukunftsträchtige und vor kräfte für den dem den Druck auf die Löhne und damit auch allem nachhaltige Innovationen sehen. Wirtschaftsstandort auf die Produktionskosten. Unter diesen RahÖsterreich.“ menbedingungen haben wir im Geschäftsjahr Die Greiner AG ist seit ihrer Gründung zu 2022 dennoch ein beachtliches Ergebnis erzielt. 100 Prozent in Familienbesitz. Welche Vorteile Axel Kühner bringt das mit sich? Sie verfügen über mehr als 11.000 MitarKühner: Diese Eigentümerstruktur hat den Vorbeiter in 34 Ländern. Was schätzen Sie am Wirtschaftsstandort teil, dass langfristige Ziele immer wichtiger sein werden als schnelÖsterreich, der ja nicht einer der günstigsten ist? le Gewinne. Die Familie denkt schließlich nicht in Quartalen, sonKühner: Genau deshalb müssen wir die besten sein! Neben der dern in Generationen. Auch wenn die Familie Greiner nicht mehr zentralen Lage in Europa oder dem attraktiven Investitionsumfeld operativ im Unternehmen tätig ist, spürt man den ‚Familienspirit‘ sind es mit Sicherheit auch die qualifizierten Arbeitskräfte, die für in der Unternehmenskultur, indem wir versuchen, die Werte der den Wirtschaftsstandort Österreich sprechen. Beispielsweise sucht Familie zu leben. Und das ist in dieser schnelllebigen Zeit etwas

In den Laboren von Greiner wird laufend an neuen Produkten geforscht.


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gesellschaftlichen Willen zu mehr Teilhabe und Diversität entwickeln.

© Greiner Pac

Welche Vorschläge bzw. Wünsche hätten Sie an die Politik, um die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs zu stärken? Kühner: Im Hinblick auf den Fachkräftemangel müssen wir uns viel proaktiver dem Thema Zuwanderung stellen. Die Politik muss sich mehr trauen, zu sagen, warum qualifizierte Zuwanderung so wichtig ist. Und sie muss auch dafür sorgen, dass die Frauenerwerbsquote steigt. Wir können es uns nicht mehr leisten, zu einem großen Teil auf das Arbeitskräftepotenzial der Frauen zu verzichten, weil es nicht genug Kinderbetreuungseinrichtungen gibt und es sich nicht lohnt, einer Vollzeitbeschäftigung nachzugehen. Natürlich braucht es die Wahlfreiheit, aber es muss deutlich attraktiver und einfacher werden, Vollzeit zu arbeiten. Die Abschaffung der kalten Progression war hier ein richtiger Schritt, aber da muss noch mehr passieren. Es ist allerdings auch wichtig, dass wir den

Alle Produkte von Greiner Packaging sollen im Jahr 2025 nachhaltig sein.

kaging

Ihre Zentrale befindet sich im oberösterreichischen Kremsmünster. Was macht diese Marktgemeinde als Firmensitz attraktiv? Kühner: Wir sind weltweit tätig, aber in Kremsmünster zu Hause. Und auch wenn wir mittlerweile einen stetig wachsenden Standort in Wien haben – um auch dort das Arbeitsmarktpotenzial zu nutzen –, werden wir immer ein oberösterreichisches Unternehmen sein. Erste Ende 2022 haben wir, gemeinsam mit dem Land OÖ und der Gemeinde Kremsmünster, die neue Greiner-Brücke eröffnet, die wir mit 1,45 Millionen Euro, also zu etwa einem Drittel der effektiven Baukosten, mitfinanziert haben. Diese Brücke erhöht die Verkehrssicherheit in der Region und steht auch symbolhaft für die Verbindung, die es zwischen den Menschen in Kremsmünster und Greiner gibt.

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die Lehrausbildung im internationalen Vergleich ihresgleichen. Dadurch gelingt es uns, die spezialisierten Fachkräfte, die wir brauchen, selbst auszubilden. Dennoch wird der Fachkräftemangel zu den größten Herausforderungen der kommenden Jahre zählen. Grund dafür ist auch die demografische Entwicklung – Stichwort Pensionierungswelle versus geburtenschwache Jahrgänge.

Die Entwicklung dieses Bechers macht Recycling seit 40 Jahren einfacher.

Wo orten Sie die größten Herausforderungen in den kommenden Jahren? Kühner: In der Verfügbarkeit von gut qualifizierten Fachkräften. Natürlich führen hohe Energiepreise zu einer Transformation und einer Verschiebung von Produktion. Die energieintensive Industrie wird immer dort hingehen, wo es die besten Standortfaktoren gibt. Das ist eine normale, wirtschaftliche Veränderung. Die Frage für Österreich ist: Was können wir besser als andere? Dabei geht es nicht um die niedrigsten Produktionskosten, sondern um Expertise, um Innovationskraft und neue Technologien. Daher ist es auch so wichtig, dass wir mehr in Bildung und Ausbildung investieren. Dort wird in Zukunft die Musik spielen. Können Sie sich eine Welt ohne Plastik vorstellen? Kühner: Nein. Oder um es in Anlehnung an Loriot zu sagen: ‚Ein Leben ohne Kunststoff ist denkbar, aber nicht sinnvoll‘. ◆


WeltMeister Österreich Rosenbauer

Der weltweit größte FeuerwehrAusstatter steht unter Strom Die Elektrifizierung ist auch bei Schwerfahrzeugen angekommen: Der Rosenbauer-Konzern baut „Revolutionary Technology“.

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er oberösterreichische Rosenbauer-Konzern zählt seit Jahrzehnten zu den führenden Feuerwehrausstattern der Welt. Ständige Innovation ist eines der Erfolgsgeheimnisse des Unternehmens, das Fahrzeuge, Löschtechnik, Ausrüstung und digitale Lösungen für Berufs-, Betriebs-, Werk- und freiwillige Feuerwehren sowie Anlagen für den vorbeugenden Brandschutz entwickelt und produziert. Produkte aus europäischer, US-amerikanischer und asiatischer Fertigung decken dabei alle wichtigen Normenwelten ab. Mit einem Umsatz von 972,2 Millionen Euro, rund 4.100 Mitarbeitern (Stand 2022) und einem Vertriebs- und Servicenetzwerk in ungefähr 120 Ländern ist der Konzern der größte Feuerwehrausstatter der Welt. Das börsennotierte Familienunternehmen besteht in der sechsten Generation und ist seit mehr als 150 Jahren im Dienste der Feuerwehren tätig. CEO Sebastian Wolf über die Elektrifizierung von Feuerwehrfahrzeugen, Herausforderungen in der Zukunft und einen massiven Cyberangriff, der den Konzern im Frühjahr 2023 besonders zu schaffen machte. Das Unternehmen Rosenbauer gibt es seit mehr als 150 Jahren. Welche ‚Hauptzutaten‘ machten Rosenbauer zu einem erfolgreichen internationalen Konzern? Sebastian Wolf: Trends frühzeitig erkennen und in reale Produkte umwandeln, zählt eindeutig zu unseren Stärken. So haben wir bereits im Jahr 2016 bei unserer 150-Jahr-Feier den Concept Fire Truck, ein Feuerwehrfahrzeug mit vollelektrischem Antrieb, vorgestellt. Daraus entwickelte sich der RT (Revolutionary Technology), der im Jahr 2020 bei ausgewählten Kunden in den Testbetrieb ging. Seit Mai 2023 produzieren wir den RT in Serie und beliefern Kunden in Europa, USA, Australien sowie Kanada. Bei der Fachmesse ‚Interschutz‘ im Juni 2022 konnten wir als einziger Hersteller ein komplettes, vollelektrisches Line-up von Einsatzfahrzeugen für den kommunalen Bereich vorstellen: Neben unserem RT, kommunalen Löschfahrzeugen, Drehleitern und Logistikfahrzeugen auf elektri-

schen Lkw-Chassis haben wir auf der ‚Interschutz‘ auch den ersten Prototypen unseres Flughafenlöschfahrzeugs, den Panther electric, der Öffentlichkeit präsentiert. Einsatzfahrzeugen mit alternativen Antrieben wird in den nächsten Jahren eine bedeutende Rolle zukommen, denn sie liefern einen wertvollen Beitrag, damit Städte und Kommunen ihre Klimaziele erreichen können. Sie verfügen über Fertigungen in Europa, den USA und Asien. Welcher der Standorte ist für Sie besonders wichtig und weshalb? Wolf: Die Standorte sind so gewählt, dass wir nahe am Kunden agieren können, Lieferwege kurz halten und zur Wertschöpfung der jeweiligen Länder beitragen. Durch die Produktion an den unterschiedlichen Standorten decken wir auch die geforderten Normen ab. Ein Fahrzeug für den europäischen Markt unterliegt völlig anderen Vorgaben als ein Fahrzeug, das in Amerika oder in Asien in den Dienst gestellt wird. Neben der Fertigung in Europa zählt Nordamerika als einer der größten Einzelmärkte für Feuerwehrfahrzeuge zu unseren wichtigsten Absatzregionen; dementsprechend großes Augenmerk legen wir auch auf den Ausbau unseres Händler- und Servicenetzwerks. Trotz internationaler Ausrichtung befindet sich das Stammhaus in Österreich. Welche Vorteile bietet dieser Standort für Sie? Wolf: Das Stammhaus in Leonding nahe Linz ist unser größter Produktionsstandort. Hier werden unter anderem unser stückzahlenstärktes Kommunalfahrzeug, der AT (Anm.: Advanced Technology), der Panther, ein Flughafenlöschfahrzeug und die Löschkomponenten für den gesamten Konzern gefertigt. Der überwiegende Teil unserer Produktentwicklung ist ebenfalls in Leonding angesiedelt. Als Traditionsmarke ist es uns wichtig, möglichst viel Wertschöpfung im eigenen Land zu erbringen. Zudem bietet uns der heimische Arbeitsmarkt auch die Qualifikationen, die wir in unserem anspruchsvollen Geschäft brauchen.


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Sebastian Wolf ist CEO der Rosenbauer International AG.


WeltMeister Österreich Rosenbauer

© Rosenbauer

Cyberangriffe sind nur eine Herausforderung Ihr Unternehmen war Ende Februar das Ziel in dieser turbulenten Zeit. Wie sehr sind Sie eines Cyberangriffs. Welchen Schaden hat das „Ich wünsche mir von der Energieverteuerung bzw. Lieferkettenangerichtet und welche Konsequenzen werden von der Politik, problemen – wie etwa durch den Krieg in der Sie daraus ziehen? dass alternative Ukraine – betroffen? Wolf: Die Frage ist heute nicht, ob man angegrifAntriebe in allen Wolf: Da unsere Energiekosten weniger als ein fen wird, sondern wann. Wir waren gut vorbeProzent des Umsatzes ausmachen, sind wir direitet, und unser IT-Team hat schnell reagiert Bereichen rekt kaum von der Energieverteuerung betrofund als sofortige Maßnahme alle Server vom gleichermaßen fen. Über die Lieferkette sind wir aber sehr stark Netz genommen. Danach startete das Team mit gefördert werden.“ von der energiepreisinduzierten Teuerung beeinem kontrollierten Recovery-Prozess. Innertroffen. Beispielsweise ist das für uns wichtige halb kürzester Zeit wurden rund 300 Server und Sebastian Wolf Aluminiumblech im Jahr 2022 gegenüber 2021 über 3.000 Notebooks neu aufgesetzt und die um 37 Prozent teurer geworden. Die LieferketIT-Systeme nach und nach wieder online geten sind trotz zunehmender Lichtblicke noch sehr fragil und reagiebracht mit Fokus auf Produktion und Logistik. Trotzdem war die ren höchst sensibel auf die geringste Veränderung. Längere LieferProduktion am Standort Leonding rund zwei Wochen lang gestört, zeiten bei vielen Großkomponenten, vor allem bei den für uns sehr während andere Standorte wie Amerika oder Spanien weiter wichtigen Fahrgestellen, sind für uns zur ‚neuen Normalität‘ geworproduzieren konnten. Wir gehen von einem wirtschaftlichen Schaden und wir stellen unsere Abläufe darauf ein. den im Bereich eines niedrigen, einstelligen Millionen-Euro-Betrags aus. Die Schadensermittlung konnte lange nicht abgeschlossen Merken Sie Probleme beim Rekrutieren von neuen Fachkräften werden und dauerte viele Wochen. Der Angriff hat klar gezeigt, wie und welche Maßnahmen treffen Sie, um in Zukunft genügend wichtig ein gut aufgesetzter Recovery-Prozess ist und die SensibiFachpersonal zur Verfügung zu haben? lisierung der Mitarbeitenden für das Thema. Als Konsequenz haben Wolf: Der Fachkräftemangel betrifft mittlerweile alle Branchen, wir unsere Sicherheitsvorkehrungen konzernweit deutlich verwobei zunehmend nicht nur Fachkräfte fehlen – es fehlt generell an schärft. Arbeitskräften. Bei Rosenbauer hat daher die Ausbildung von Lehrlingen einen ganz hohen Stellenwert. Wir bilden etwa rund 100 Lehrlinge aus, und besonders erfreulich ist, dass es auch immer mehr Mädchen sind. So haben im September 2022, am Standort Leonding und Neidling, 32 neue Lehrlinge ihre Ausbildung begonnen, und ein Viertel davon waren junge Frauen. Durch unsere Initiative women@rosenbauer.com versuchen wir zudem, gezielt Frauen für Rosenbauer zu gewinnen, denn wir wollen unseren Frauenanteil bis 2025 auf 15 Prozent erhöhen, aktuell liegt er bei etwa 13,5 Prozent im Konzern.

Der Rosenbauer-Standort in Leonding mit eigener PV-Anlage.

Stichwort Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft – welche Schritte unternimmt Rosenbauer aktuell, um ‚grüner‘ bzw. nachhaltiger zu produzieren? Wolf: Wir haben im Jahr 2022 als Teil unserer langfristigen Konzernstrategie ‚Rosenbauer City 2030‘ eine Klimastrategie auf Basis der Vorgaben der ‚Science Based Targets‘-Initiative erstellt und zur Evaluierung eingereicht. Dazu wurde erstmalig eine umfassende Treibhausgasinventur vorgenommen und neben den direkten auch


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Die Zukunft ist bei Rosenbauer längst Realität: Ein vollelektrisches Line-up von Feuerwehrfahrzeugen steht bereits für Einsätze bereit.

die indirekten CO2-Emissionen ermittelt. Dies hat uns gezeigt, dass wir als Assemblierer nur einen sehr geringen Teil der uns zurechenbaren Emissionen selbst verursachen. Der überwiegende Teil stammt aus indirekten Emissionen durch die Nutzung unserer Fahrzeuge. Wir haben uns vorgenommen, bis 2030 unsere Emissionen im direkten Bereich um 46,2 und im indirekten Bereich um 27,5 Prozent im Vergleich zu 2019 zu reduzieren. Auf dem Weg dorthin setzen wir neben weiteren Maßnahmen auf ein eigenes Programm für mehr Energieeffizienz und zum anderen auf alternative Fahrzeug­ antriebe. Vor welchen Herausforderungen steht Ihr Unternehmen in den kommenden Monaten? Wolf: Unsere Kunden stammen fast ausschließlich aus dem öffentlichen Sektor. Diese sind es gewohnt, über Ausschreibungen Fixpreisverträge abzuschließen. Wir müssen unsere Kunden von indexierten Verträgen überzeugen und gleichzeitig unsere Herstellkosten reduzieren, um der Teuerung entgegenzuwirken. Diese trifft uns besonders stark, da die durchbrochenen Lieferzeiten zu länge-

ren Durchlaufzeiten geführt haben. Nach einem schwierigen Jahr 2022 haben wir uns zum Ziel gesetzt, 2023 einen Umsatz von über einer Milliarde Euro und mit einer EBIT-Marge von drei Prozent wieder ein klar positives Ergebnis zu erreichen. Dazu haben wir bereits im Spätsommer 2022 ein Programm zur Herstellkosten­ reduktion und Anpassung unserer Preispolitik initiiert. Welche Maßnahmen würden Sie sich von der Politik wünschen, um den Wirtschaftsstandort Österreich attraktiver zu machen? Oder ist alles eitel Wonne? Wolf: Ich wünsche mir von der Politik, dass alternative Antriebe wirklich in allen Bereichen gleichermaßen gefördert werden. Denn wir bemerken immer wieder, dass sich die besonderen Bedürfnisse der Feuerwehren nur unzureichend in Förderrichtlinien wiederfinden. Dabei könnte man mit angepassten Kriterien schnell die Basis für eine Mobilitätswende etwa hin zu elektrischen Fahrzeugen schaffen. Gerade unsere Fahrzeuge sind oft 20 Jahre oder länger im Einsatz – das heißt einerseits, sie sind sehr beständig, und andererseits müsste man schon heute einen Technologiewechsel vollziehen, um 2030 die Pariser Klimaziele zu erreichen. ◆


WeltMeister Österreich Kärnten


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Kärnten Kärnten in Zahlen Größe Bevölkerungsanzahl Bruttoregionalprodukt je Einwohner* verfügbares Einkommen privater Haushalte* Einkommen pro Arbeitnehmer* Forschungsquote in % des BIP* Anzahl der Betriebe*** – Industrie – Bau – Handel Anzahl der Erwerbstätigen*** – Industrie – Bau – Handel Anzahl der Beherbergungsbetriebe** Nächtigungen**

9.536 km² 568.919 40.300 € 24.000 € 46.000 € 3,22 %

2.514 2.868 5.020 45.143 23.479 37.499 8.689 12.846.239 Quelle: Statistik Austria; *2021 **2022 ***2020


WeltMeister Österreich Silicon Alps Cluster

Die Silicon Alps-Region produziert Chips für die Welt In den Bundesländern Kärnten und der Steiermark treibt der Tech-Cluster eine Weltmarktführerschaft bei Elektronik voran.

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achhaltigkeit, Energie, (E-)Mobilität, Innovation und Technologie – in diesen Bereichen spielt der Silicon Alps Cluster in Kärnten und der Steiermark die erste Geige, wenn es um Networking auf höchster Tech-Ebene geht. Nicht ohne Grund stammen einige Weltmarktführer der Chip-Branche aus der Region. CEO Rober Gfrerer erklärt die Welten der Silicon Alps.

© Silicon Alps

Wie funktioniert der öffentlich-private Cluster Silicon Alps? Robert Gfrerer: Es funktionieren in der Steiermark, in unserem Fall auch Bundesländer-übergreifend, die Cluster vom Betriebsmodell her ähnlich. Wir sind als GmbH organisiert, die öffentliche und private Eigentümer hat. In unserem Fall sind es zwei öffentliche Eigentümer, die steirische Wirtschaftsförderung SFG mit 26 Prozent und der Kärntner Wirtschaftsförderungs Fonds KWF ebenfalls mit 26 Prozent. In Summe haben wir zwölf Eigentümer, wobei es sich

Silicon Alps-CEO Robert Gfrerer ist stolz auf „seine“ Weltmarktführer.

bei den anderen um Industriepartner handelt. Da sind viele große Unternehmen dabei, aber bewusst auch einige kleine, also KMU. Im Endeffekt geht es in diesem Gremium nicht um Mehrheiten, sondern darum, dass man sich auf Strategien einigt, auf Vorgehensweisen. Im Grunde wird alles einstimmig beschlossen. Auf diesem Weg soll in unserem industriellen Netzwerk ein Interessensausgleich zwischen den Bedürfnissen der Industrie und den Gestaltungsanforderungen, die die Industrie an die Politik hat, hergestellt werden. Die beiden öffentlichen Shareholder sind als Förderinstitutionen natürlich in den Gestaltungsprozess eingebunden. Das braucht es auch, denn die Industrie fordert von der Politik passende Rahmenbedingungen ein. Mit einer kleinen Organisation wie dem Cluster möchte man eine flexible, agile Organisation haben, die rasch reagieren kann. Das klingt alles sehr nach Lobbying … Gfrerer: Unsere Tätigkeit ist ein großer Mix. Die Haupttätigkeit ist das Netzwerk – wir vermitteln die Partner untereinander, aber auch extern. Bei uns sind Institutionen Mitglieder, die aus dem Forschungsbereich kommen. Wir haben Großbetriebe dabei, und zwei Drittel unserer Mitglieder sind kleine und mittelständische Unternehmen. Unter den KMU befinden sich etliche Start-ups. Unser Kernbereich ist es, hier die Schnittstelle zu sein. Wenn Partner Technologien oder Forschungsleistungen suchen oder sich orientieren wollen, können sie bei uns anfragen. Wir sind auch Teil eines europäischen Netzwerks, der Silicon Europe Alliance, in der elf Cluster aus ganz Europa vertreten sind. Wir können also auch Vernetzungen in andere Länder bereitstellen. Im Anlassfall kontaktieren wir unsere europäischen Partner-Cluster, und die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, dass sich dort ein passendes Partnerunternehmen findet. Das geht meist sehr rasch mit dem Austausch einiger Handynummern. Diese Vermittlungstätigkeiten sind unsere eigentliche Hauptaufgabe.


© Infineon

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Silicon Alps, als Instrument einer kooperativen und effizienten Standortentwicklung, ist auch Teil eines europäischen Netzwerks, der Silicon Europe Alliance.

Das heißt, sie können politische Rahmenbedingungen genauso beeinflussen, wie etwa passende Forschungseinrichtungen für die Industrie oder Zulieferer zu finden? Gfrerer: Wir helfen auch beim Zukauf von neuen Technologien, denn unsere Mitglieder können nicht immer alles selbst entwickeln. Wenn etwa eines unserer kleineren Unternehmen mit einem unserer ganz großen Partner in Kontakt treten möchte, finden wir meist rasch eine direkte Kontaktperson in dem betreffenden Konzern und stellen die Verbindung her. Ein weiteres Geschäftsfeld basiert auf Projekten, sowohl in der Entwicklung und Forschung, als auch für Applikationen. Wenn konsortiale Projekte aufgesetzt werden sollen, übernehmen wir die Koordination. Wie sieht es mit der Unterstützung bei Förderungen aus? Gfrerer: Wir wickeln sogenannte Cascade Funding-Programme ab. Es gibt auf europäischer Ebene sehr attraktive Förderprogramme, die für KMU sehr komplex sind. Im Alleingang wäre das vielen Unternehmen zu kompliziert und zu bürokratisch. In solchen Fällen stehen wir mit Cascade Funding-Programmen dazwischen und wickeln für unsere KMU das komplexe Prozedere mit Brüssel ab.

Aus wie vielen Partnern besteht das Network derzeit und wie sehr wächst es? Gfrerer: Wie es immer im Wirtschaftsleben ist, kommen neue Partner hinzu, andere fallen weg. Unter dem Strich wachsen wir durchschnittlich um zehn Prozent pro Jahr. Allerdings wächst das Geschäft unserer Mitgliedsbetriebe viel stärker – im Jahr 2023 verzeichneten einige unserer Partnerbetriebe aus dem Chip-Bereich ein Wachstum von 30 Prozent. Im Vorjahr kam aus Brüssel der European Chips Act, mit dem die Europäische Union ein Programm aufgesetzt hat, damit sich in den kommenden zehn Jahren der Weltmarktanteil der europäischen Chip-Industrie verdoppelt. Auf welche Entwicklungen sind Sie besonders stolz? Gfrerer: Es gäbe auf der ganzen Welt keinen Supercharger ohne die Chips von unserer Industrie. Der gesamte Boom, der sich derzeit in der Elektromobilität abspielt, wäre ohne die Hochleistungselektronik unserer Partner aus der Region nicht möglich. Wann wird in Kärnten die nächste große Chip-Fabrik gebaut? Gfrerer: Die steht ja schon da, und es gibt noch immer laufend


WeltMeister Österreich Silicon Alps Cluster

Ist der Fokus auf Kärnten und die Steiermark eine Einschränkung oder ein Vorteil? „Es wird in Gfrerer: Das Geschäft an sich ist natürlich gloeinem gewissen bal. Europa hat aber festgestellt, dass gewisse Produktionsbereich Kompetenzen in einem zu großen Ausmaß ausin Europa die gelagert wurden, und es sehr riskant ist, wenn man sie nicht mehr im eigenen Land hat. Das Wie ist es um Ihre Kooperation mit ForKapazität erhöht, versucht man durch den European Chips Act schungseinrichtungen und Universitäten beum Abhängigkeimassiv zu ändern. Wenn man sich z.B. die Baustellt? ten zu reduzieren.“ stelle von AT&S in Leoben ansieht, dann wird in Gfrerer: Die Beziehungen sind sehr intensiv. Wir einem gewissen Produktionsbereich in Europa sind der Cluster, der die meisten ForschungseinRobert Gfrerer die Kapazität erhöht, um Abhängigkeiten zu richtungen als Partner hat, die auch zahlende reduzieren. Es geht aber nicht darum, dass man Mitglieder sind. Dazu gehören beispielsweise das globale Geschäft nicht mehr betreibt. Das wäre absurd und die Technische Uni Graz, COMET-Zentren wie das Know Center, man würde sich nur noch abschotten. PCCL, MCL und das Virtuelle Fahrzeug, die Silicon Austria Labs – Bundesländer-übergreifend zu agieren, ist eine geniale EntwickSAL und viele andere. Die Verflechtungen sind extrem intensiv, und lung. In diesen beiden Bundesländern sind mehr als 80 Prozent der so muss das auch sein. Unsere führenden Technologie-Betriebe österreichischen Unternehmen in der Elektronikbranche tätig. Also weisen (zusammen) im Schnitt eine F&E-Quote von etwa zehn macht es auch Sinn, das als eine Region zu betrachten. Aber wir Prozent aus. Das funktioniert nur, wenn man auf den verschiedenshaben auch Partner in Wien, in Niederösterreich, in Salzburg und ten Ebenen Kooperationen mit Forschungseinrichtungen hat. Auf seit Kurzem auch in Kroatien. Als lokaler Cluster zieht man einen der nationalen Ebene liegt der F&E-Wert meist so um die drei bis Radius von 300 Kilometern; alle Partner, die sich innerhalb dieses vier Prozent. Einige unserer Partner haben auch StiftungsprofessuRadius befinden, kann man mit einem kleinen, agilen Team gut ren an Universitäten eingerichtet. Es braucht die Forschungsleisbetreuen. Darüber hinaus ist eine virtuelle Betreuung möglich. tung, aber auch die Kompetenz der angewandten Forschung, damit Wenn es ums Netzwerken geht, sollte man sich allerdings schon neue Technologien in die Produktentwicklung gehen können. physisch treffen. Schlussendlich braucht es die Umsetzungskompetenz, und von der haben wir jede Menge im Cluster. Setzen Sie auch Künstliche Intelligenz ein? Gfrerer: Wir sind der erste Cluster, der im Business-Development mit KI arbeitet. Wir haben hier bereits Lösungen implementiert, sehen aber, dass wir im Team noch große Lerneffekte vor uns haben.

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Baustellen. Bei Infineon wurde im Sommer eine weitere Halle fertiggestellt. Bei der AT&S in Leoben wird derzeit um eine halbe Milliarde Euro gebaut. Und auch bei zahlreichen anderen Partnern sind Investitionsprojekte am Laufen.

Das Infineon-Werk in Villach, ein führender Anbieter von Halbleiterlösungen.

Sie nennen einige ‚Areas of Excellence‘, in denen Sie tätig sind. Können Sie einige spannende Beispiele anführen? Gfrerer: Power Electronics muss man auf jeden Fall herausgreifen. Dabei hat unsere Region einen weltweiten Marktanteil im Bereich der Leistungselektronik von 20 Prozent. Da geht es um die Themen Smart Grids, Photovoltaiksteuerungen und e-Ladestationen, über die man wirklich viel Strom leiten kann. E-Mobility treibt viele unsere Partner an, und es geht um Steuerungskomponenten von Windrädern. Die Region ist Nummer eins weltweit, wenn es um die Sicherheitschips in Reisepässen geht. Sie finden sich in 90 Prozent


© Silicon Alps

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Wie sieht es mit dem Fachkräftemangel aus? Gfrerer: Das Thema zieht sich durch alle Branchen, und die Situation wird sich noch verschärfen, wenn die Generation der Babyboomer beginnt, in Pension zu gehen. Das betrifft verstärkt technische Berufe. Es bräuchte viele junge Menschen, die sich dazu entscheiden, einen solchen Beruf zu ergreifen. Wir selbst können hier nicht steuernd eingreifen. Was wir, als Cluster, gemeinsam mit unseren Partnern tun können, ist, dass wir an Konzepten arbeiten, um diesen Standort und diese Arbeitsplätze attraktiv zu promoten. Es macht auf jeden Fall mehr Sinn, wenn ein ganzes Netzwerk versucht, bei jungen Menschen für technische Berufe Werbung zu machen, als jede Firma im Alleingang. Wie machen Sie jungen Menschen Technik-Jobs schmackhaft? Gfrerer: Wenn man ihnen näherbringt, dass der Job sehr cool ist, und ihnen danach die Mountainbike-Strecken und die Skiabfahrten zeigt, ist das das Sahnehäubchen. Aber es kommt niemand nur wegen der schönen Landschaft und der schönen Berge, wenn es keine coolen Jobs gibt – und die gibt es. Natürlich erkundigen sich Menschen aus anderen Ländern, die hier arbeiten wollen, ob es

bereits eine Community gibt. Sowohl in den großen Unternehmen in der Steiermark als auch in Kärnten gibt es Mitarbeiter aus etwa 70 Nationen. Es existiert also eine Community. Aber wir müssen noch an unserer Welcome-Kultur arbeiten, das Umfeld muss passen und familienfreundlich sein. Wenn jemand einen Spitzenjob in der Forschung haben möchte, dann kann er den bei uns haben. Alleine die Silicon Austria Labs haben hundert offene Stellen. Sie arbeiten direkt mit der ESBS-Austria (Electronics and Software Based Systems) zusammen. Wie funktioniert das, was bringt das? Gfrerer: Die ESBS ist eine Organisation, die die Interessen der Electronics- und Software Based Industrie vertritt. Hier gibt es eine enge Kooperation. Dort werden etwa Studien erstellt, die zeigen, wo Österreich überall Weltmarktführer ist. ◆

© Infineon

der Pässe, auch in jenen der USA. Unsere Region ist mit 55 Prozent Weltmarktanteil auch führend bei Lichtsensoren. Diese Komponenten sind in sehr vielen Produkten enthalten, doch das weiß kaum jemand. Im Bereich der Cyber Security wurde der neueste internationale Standard der Lightweight-Kryptografie, Ascon, von einem Professor und seinem Team an der TU Graz entwickelt. Zudem kommt der leistungsstärkste und kleinste duale Charger weltweit, die Tiny Power Box, aus der Region. Damit kann die Batterie eines E-Fahrzeugs sowohl aufgeladen, als auch als Stromspeicher für Anwendungen im Haus etwa genutzt werden.

Ohne die Mikrochips aus Kärnten und der Steiermark wären viele Technologien – wie unter anderem der Supercharger in E-Autos – nicht möglich.


WeltMeister Österreich Salzburg


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Salzburg Salzburg in Zahlen Größe Bevölkerungsanzahl Bruttoregionalprodukt je Einwohner* verfügbares Einkommen privater Haushalte* Einkommen pro Arbeitnehmer* Forschungsquote in % des BIP* Anzahl der Betriebe*** – Industrie – Bau – Handel Anzahl der Erwerbstätigen*** – Industrie – Bau – Handel Anzahl der Beherbergungsbetriebe** Nächtigungen**

7.154 km² 569.870 53.300 € 24.600 € 47.800 € 1,70 %

2.612 3.084 6.060 41.701 23.307 47.179 12.488 27.012.474 Quelle: Statistik Austria; *2021 **2022 ***2020


WeltMeister Österreich Salzburger Festspiele

Eine klingende Visitenkarte des Landes und ein Tourismusmagnet Nach herausfordernden Krisenjahren blicken die Salzburger Festspiele in eine glänzende Zukunft und planen bereits bis ins Jahr 2032.

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ie Salzburger Festspiele überstehen alles – denn trotz Pandemie fanden die Aufführungen auch in den Corona-Jahren statt. Und so feierte man im Jahr 2020 das 100. Jubiläum. Lukas Crepaz ist seit 2017 kaufmännischer Direktor der Salzburger Festspiele, steuerte das Traditionsfestival erfolgreich durch die Krisenjahre und wird zumindest bis zum Jahr 2027 diese Position bekleiden. Der gebürtige Tiroler gibt Einblicke in die Faszination der Festspiele, die wirtschaftliche Bedeutung und Zukunftspläne.

© Peter Rigaud

Wie sehr haben die vergangenen Jahre der Krisen Spuren bei den Salzburger Festspielen hinterlassen? Lukas Crepaz: Die Salzburger Festspiele waren im Jahr 2020 weltweit das einzige große Festival, das stattgefunden hat, und haben damit eine Vorreiterrolle für den gesamten Kulturbetrieb eingenommen. Unser Konzept war ein Vorbild für die europäische Kulturszene und wurde von vielen Kulturbetrieben übernommen. Ich bin fest

Lukas Crepaz pilotierte die Festspiele kaufmännisch durch die Krisen.

davon überzeugt, dass uns gerade in diesen Zeiten sehr großer Unsicherheiten die DNA der Salzburger Festspiele hilft: Kunst zu ermöglichen. Dieser Wille treibt jeden einzelnen unserer Mitarbeiter an – jeden der über 250 Ganzjahresmitarbeiter und jeden einzelnen der in den Sommermonaten bis zu 4.500 Mitwirkenden. Und mit dieser Einstellung konnten wir den Kraftakt bewältigen, inmitten der größten Gesundheitskrise in Europa seit der Spanischen Grippe unser 100-jähriges Bestehen mit einem vierwöchigen Festspielprogramm zu begehen, das künstlerisch sinnvoll und wirtschaftlich machbar und unter Anwendung eines strengen und präzisen Präventionskonzepts gesundheitlich sicher war. Fast 80.000 Besucher konnten die 110 Veranstaltungen der Festspiele in 2020 erleben. Bei den erforderlichen Entscheidungen hat uns als Direktorium – die Präsidentin Helga-Rabl-Stadler, Intendant Markus Hinterhäuser und mich – der Blick in die eigene, sehr wechselhafte Geschichte der Salzburger Festspiele und der Mut unserer Gründer und Vorgänger angespornt. Die Festspiele wurden ja inmitten des Ersten Weltkriegs als Friedensprojekt von Hugo von Hofmannsthal, Max Reinhardt und Richard Strauss ersonnen. Es gibt eine Denkschrift aus dem Jahr 1917 an den k&k Hoftheaterintendanten, in der Max Reinhardt für seine Vision warb. Bei den Salzburger Festspielen sollten ehemals verfeindete Nationen wieder zueinander finden und gemeinsam das Höchste der Künste erleben. Gleichzeitig hatte Reinhardt in dieser Krisenzeit argumentiert, welche wirtschaftliche Bedeutung so eine Unternehmung für das ganze Land haben wird und welchen Wohlstand zukünftige Besucher aus aller Welt der gesamten Region bringen wird. Dieses so visionäre Schriftstück hat sich längst bewahrheitet. Welche wirtschaftliche Bedeutung haben die Festspiele? Crepaz: Die Festspiele waren immer eine sich gegenseitig befruchtende Einheit aus Kunst und Wirtschaft, sie haben ein eigenes EcoSystem gebildet. Es besteht aus Effekten, die tatsächlich messbar


© Luigi Caputo

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Das imposante Große Festspielhaus in der Stadt Salzburg, in dem im Sommer 2023 unter anderen die Wiener Philharmoniker auftraten.

Euro. Auch in Zeiten hoher Inflation haben wir die Kartenpreise nur sind und die man modellhaft berechnen kann, und aus solchen, die in den teuersten Kategorien erhöht, in denen die Preiselastizität man nicht messen kann. Die bisher letzte Wertschöpfungsstudie der und die Toleranz gegenüber Preiserhöhungen eine andere ist. Das Wirtschaftskammer hat alleine in Salzburg eine Wertschöpfung von Angebot in den niedrigeren Preiskategorien blieb unverändert. Es 183 Millionen Euro und in ganz Österreich 215 Millionen pro Jahr ist uns besonders wichtig, diese Teilhabe zu ermöglichen, egal in ergeben. Zusätzlich schaffen bzw. sichern die Festspiele 2.800 ganzwelcher Einkommensgruppe man ist. Die Leistbarkeit ist gerade in jährige Vollzeitarbeitsplätze in Salzburg, in Österreich sind es 3.400. wirtschaftlich herausfordernden Zeiten natürlich ein Thema. Wir Mir erzählen viele Unternehmer, insbesondere im Einzelhandel und merken aber, dass sich unsere Gäste Kunst leisten wollen. Wir sein der Gastronomie, dass sie in den sechs Wochen der Festspiele hen das in der Nachfrage, die ungebrochen ist. Wir steuern wieder rund ein Drittel ihres Ganzjahresumsatzes erzielen. Während der auf das Niveau vor der Pandemie zu. Festspiele ist Salzburg eine kulturelle Weltstadt – die ganze Stadt atmet Festspiele. Die qualitativ sehr hochstehende Nachfrage der Ist der Spagat zwischen ‚künstlerischen Wünschen‘ und der Festspielgäste befruchtet den Handel, Hotellerie und Gastronomie. Budget-Realität schwierig? Es gibt schwer messbare Bildungs-, Kompetenz- und Identitäts­ Crepaz: Die Festspiele haben einen Eigendeckungsgrad von 75 effekte, die von den Festspielen ausgehen. Der Werbeeffekt durch Prozent. Wir sind gleichzeitig Kunstbetrieb und eine Unternehmung. die Zigtausenden Berichte, Postings, Fernseh- und Radiobeiträge Dies ist auch das Selbstverständnis unserer Programmierung. Man und Streamings, die weltweit zu den Salzburger Festspielen erscheigeht oft davon aus, dass die künstlerische und die kaufmännische nen und Millionen Menschen erreichen, ist riesig. Pro Jahr besuchen Denkweise komplett gegensätzlich sind. Wir haben das große über 213.000 Karteninhaber die über 200 Veranstaltungen der SalzGlück, dass wir mit Markus Hinterhäuser einen burger Festspiele. Weitere 100.000 Personen Intendanten haben, der ein großes Verständnis besuchen die Angebote bei freiem Eintritt, insfür die kaufmännischen Notwendigkeiten hat. besondere die ‚Siemens.Festspiel.Nächte‘ am „Mit dem Projekt Die hohe Inflation stellt natürlich eine sehr Kapitelplatz und das Fest zur Festspieleröffnung. ‚Festspielbezirk große Herausforderung für uns dar. Während 2030‘ wird die sich Energie- und Materialpreise schon wieder Ist für Sie ein Moment denkbar, an dem sich halbwegs normalisiert haben, liegt die große die Menschen abseits der Wohlhabenden aufZukunft der drei Herausforderung in den Langzeiteffekten. grund der Inflation einen Festspielbesuch nicht Festspielhäuser Aufgrund der gestiegenen Lebenshaltungsmehr leisten können? gesichert.“ kosten ist der Druck bei den KollektivvertragsCrepaz: Wir wollen Festspiele für alle sein. Mehr verhandlungen wesentlich größer, wodurch als 50 Prozent unserer Karten, das heißt mehr als Lukas Crepaz sich die Personalkosten deutlich erhöhen. Das 100.000 Karten, kosten zwischen fünf und 110


WeltMeister Österreich Salzburger Festspiele

„Wer sich mit dem Krieg in der Ukraine, seinen Protagonisten oder Zielen identifiziert, kann nicht auftreten.“

Machen die großen Stars bei den Gagen – im Vergleich etwa zu großen Solo-Konzerten – Abstriche, weil ein Auftritt bei den Salzburger Festspielen auch einen großen Image-Wert hat? Crepaz: Wir können nicht die Honorare großer kommerzieller Veranstalter zahlen. Bei uns gibt es Höchstgagen, die stabil gehalten und von allen akzeptiert werden. Die langjährige Verbindung zu unseren Künstlern ist von gegenseitiger Wertschätzung geprägt. Und natürlich wird die Aura der Salzburger Festspiele von allen Mitwirkenden sehr geschätzt.

© Matthias Horn

Wären die Salzburger Festspiele ohne die derzeit 18 Millionen Euro öffentliche Förderungen möglich? Crepaz: Ich spreche hier lieber von Investitionen. Eine Erkenntnis der Wertschöpfungsstudie war, dass jedes Jahr an direkten und indirekten Steuern und Abgaben an den Bund, das Land und die Stadt 77 Millionen Euro zurückfließen. Das heißt, jeder investierte Euro kommt mehrfach zurück.

Der Klassiker „Jedermann“ wurde wetterbedingt auch indoor gespielt.

Die Salzburger Festspiele bieten auch ein Programm für Jugendliche. Ziehen Sie so das Publikum von morgen heran? Crepaz: Im Jahr 2020 haben wir mithilfe von Lukas Crepaz Raiffeisen, Uniqa und der Würth-Gruppe unser Kinder- und Jugendprogramm neu aufgestellt und deutlich ausbauen können. Im Programmbereich ‚jung&jede*r‘ finden nun von März bis Ende August insgesamt 54 Veranstaltungen und Workshops statt. Neben der Kinderoper gibt es nun weitere Schauspiel- und Musiktheaterproduktionen. In unserer Programmschiene ‚Von Abtenau bis Zell am See‘ bringen wir unsere Produktionen in Schulen und Kulturzentren im ganzen Land Salzburg und erreichen damit Kinder und Jugendliche, die sonst nicht zu den Festspielen kommen könnten. Das ist uns sehr wichtig in puncto Teilhabe und der kulturellen Bildung, da wir merken, dass kultur- und bildungspolitisch große Defizite herrschen. Spüren Sie die von der EU gegen Russland verhängten Sanktionen? Sowohl beim Ausfall russischer Künstler, als auch bei ausbleibenden Gästen? Crepaz: Wir verurteilen den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und haben hier eine klare Haltung. Wer sich mit diesem Krieg, seinen Protagonisten oder seinen Zielen identifiziert, kann nicht bei Festspielen auftreten oder Partner der Festspiele sein. Die Salzburger Festspiele sind ein internationales Festival mit Besucherinnen und Besuchern sowie Künstlerinnen und Künstlern aus aller Welt.

© Luidi Caputo

belastet die Budgets der nächsten Jahre sehr. Wir werden in den beiden Jahren 2023 und 2024 eine Steigerung der Personalkosten haben, die so hoch ist, wie die kumulierten Kostensteigerungen der vorangehenden sechs Jahre. Da Kunst und Kultur sehr personalintensiv sind, sprechen wir hier auch über den größten Anteil unseres Budgets.

Ein Ort für so manche legendäre Aufführung im Großen Festspielhaus.


© Berbd Uhlig

© Leopold

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Ein Kostümentwurf aus der Jugendschiene „jung&jede*r“.

Die Aufführung der Verdi-Oper „Macbeth“ im Sommer 2023.

Russland war vor dem Krieg ein wichtiger Quellenmarkt. Dies ist nun nicht mehr der Fall. Es kommen aber weiterhin Gäste aus über 80 Nationen zu den Salzburger Festspielen, seit diesem Jahr sind unter den Top-10-Quellenmärkten neben den europäischen Ländern wieder die USA, Japan und Südkorea.

aufgenommen und besprochen wird oder wenn sie polarisiert. Wir verkaufen seit Jahren im Sommer zwischen fünf und zehn Prozent der Karten.

Bei den Festspielen in Bayreuth blieben 2023 viele Plätze leer, Medien sprachen von einem Abgesang. Wie sehen Sie diese Entwicklung in Zusammenhang mit den Salzburger Festspielen? Crepaz: Die Kartennachfrage bei den Salzburger Festspiele ist weiterhin sensationell, wir steuern wieder auf eine hervorragende Auslastung von 97 Prozent zu. Jeder hat die Möglichkeit, zu Karten zu kommen – egal, ob das längerfristig planende internationale Publikum, Sponsoren, Freunde und Förderer oder Kurzentschlossene. Die kurzfristige Nachfrage ist gerade in einem so starken Sommer wie diesem sehr groß. Das Interesse nach einzelnen Produktionen steigt besonders, wenn die jeweilige Produktion sehr gut

Ihr Vertrag wurde im Jahr 2021 um weitere fünf Jahre verlängert und läuft bis zum März 2027. Können Sie bereits eine Halbzeitbilanz ziehen? Crepaz: Wir haben uns in den Bereichen Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Infrastruktur viel vorgenommen und sind hierbei auf einem sehr guten Weg. Mit dem Jahrhundertprojekt ‚Festspielbezirk 2030‘, das ich verantworte, wird die Zukunft der drei Festspielhäuser, also die zentrale kulturelle Infrastruktur des Landes, gesichert. Das Projekt geht bis in das Jahr 2032. Wir befinden uns aktuell in der intensiven Planungsphase und werden im Herbst 2025 mit der Umsetzung starten. Für die Bauten wurde eine ambitionierte Nachhaltigkeitsstrategie entwickelt, die im nächsten Jahr auch auf den Betrieb ausgeweitet wird. ◆


WeltMeister Österreich Innovation Salzburg GmbH

Der heimliche Kreativund IT-Hotspot Österreichs Abseits des Mozart-Images hat sich Salzburg in den vergangenen Jahren mithilfe der Innovation Salzburg zum Tech-Standort entwickelt.

N

euen und bestehenden Unternehmen mit diversen Unterstützungsleistungen das Leben zu erleichtern, ist nur eine der Aufgaben der Innovation Salzburg GmbH. Zudem wirbt man im Ausland um Fachkräfte und supportet Forschung und Wissenschaft. Auch Kreativwirtschaft und Filmschaffende zählen zur Klientel der Standortagentur, ein Unternehmen von Land Salzburg, Stadt Salzburg, Wirtschaftskammer Salzburg und Industriellenvereinigung Salzburg. Geschäftsführer Walter Haas kann auf erstaunliche Erfolge und Hidden Champions in „seinem“ Bundesland verweisen und hat auch für die Zukunft eine Menge an Plänen für den Wirtschafts- und Forschungsstandort.

© Innovation Salzburg/Benedikt Schemmer

International verbindet man mit Salzburg Mozart, ‚The Sound of Music‘ und Berge. Hat Salzburg eine Image-Korrektur nötig, um sich als Wirtschaftsstandort zu positionieren?

Walter Haas bestimmt die Geschicke der Innovation Salzburg.

Walter Haas: Im Tourismus und bei der Kultur ist Salzburg sehr sichtbar, international erfolgreich und im Spitzenfeld unterwegs. Was man in Salzburg durch die Dominanz von Kunst, Kultur und letztendlich des Tourismus verkennt, ist die starke Forschungs- und Innovationskompetenz. Wir haben viele Hidden Champions, die für sich Weltmarktführer, aber als Marke nicht besonders sichtbar sind. Wir haben uns in den Jahren 2016/17 mit dem Thema Forschungsund Innovationsstandort Bundesland Salzburg sehr intensiv befasst und uns mit einer neuen Wissenschafts- und Innovationsstrategie völlig neu aufgestellt. Hier ist ein zentrales Thema, dass wir das andere Salzburg herausarbeiten. Wir kommunizieren viele Leistungen unserer Hidden Champions und wir holen sehr viele Technologieunternehmen, die bei uns schnell wachsen, vor den Vorhang. Salzburg ist einer der wichtigsten Headquarter-Standorte in Österreich, Unternehmen managen zum Teil nicht nur das nationale Geschäft, sondern auch jenes für Europa und weltweit. Wir haben einen sehr intensiven und pulsierenden Kreativwirtschaftssektor. Salzburg ist also ein gut diversifizierter und erfolgreicher Wirtschaftsstandort, der nicht immer sichtbar ist. Beim Bruttoinlandsprodukt sind wir Nummer eins unter den österreichischen Bundesländern und unter den Top 20 der 250 europäischen Regionen. Wir hatten im Jahr 2022 die niedrigste Arbeitslosigkeit in ganz Österreich, eine sehr hohe Arbeitsproduktivität, und im Tourismus sind Tirol und Salzburg ganz weit vorne. Salzburg ist also schon ein sehr kräftiger Wirtschaftsstandort. Wie erreichen Sie eine höhere Sichtbarkeit von Unternehmen und setzen Sie einen Schwerpunkt etwa auf den Hightech-, IToder den Biotech-Bereich? Haas: Wir haben uns zu einer intelligenten Profilbildung des Standorts bekannt, und es gibt fünf Felder, die wir intensiv verfolgen und in denen Salzburg stark ist – das sind Life-Sciences, die Informations- und Kommunikationstechnologien sowie Datenforschung,


©Innovation Salzburg/Benedikt Schemmer

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Innovationsberatung findet direkt bei den Unternehmen statt – wie durch Romana Schwab (links), Leiterin des Servicecenter Innovation.

der Kreativ-, Kunst- und Kultursektor, aber auch Tech for Green, also intelligente Lösungen für die grüne Transformation. Hier dreht sich bei uns viel um das Thema Bauen und nachhaltige Materialien, primär im Bereich Holz. Und wir konzentrieren uns sehr stark auf das Thema intelligenter Tourismus, Sport- und Freizeitwirtschaft mit Know-how und Technologie. Das sind jene Profile, die wir forcieren, wo wir Tech-Unternehmen im Hintergrund haben und wo wir über passende Forschung und Ausbildung verfügen. Genau in dem Dreieck Bildung, Forschung und Wirtschaft entsteht die Standortqualität für die wissensintensiveren Unternehmen und genau hier setzen auch unsere Weiterentwicklungen an. In diesem Zusammenspiel entsteht Innovation, und Wissen wird zu Prozessen, Produkten und Dienstleistungen.

entstehen. Die Salzburger Schwerpunkte liegen im Bereich der Datenforschung und Geoinformatik einerseits und Industrieinformatik, Automatisierung und Cybersicherheit mit einem Fokus auf sichere Energieinformatik andererseits. Das sind unsere wichtigsten Assets.

Martin Klässner von Make Visions meinte, Salzburg sei ein guter IT-Standort, weil es wenig Wettbewerb gäbe. Sehen Sie das auch so? Haas: Wir haben in Salzburg sehr gute IT-Ausbildungen, in denen Nachwuchs herangezogen wird. Es gibt in Salzburg aber genauso einen IT-Fachkräftemangel wie in ganz Europa- und weltweit. Wir sehen, dass die Ausbildung bei uns vor Ort und die Attraktivität als Arbeitsstandort relativ gut funktionieren. Man sieht, dass Investitionen in die Bildung fruchten. Wir haben an der Fachhochschule und der Universität unsere Kernausbildungen im IT-Bereich und wir sehen, dass das nicht nur für etablierte Unternehmen ein sehr guter Wachstumsmotor ist, sondern auch für viele Start-ups, die daraus

Sie begleiten Unternehmen ‚auf dem Weg in die Zukunft‘. Wie sieht das aus? Haas: Von der ersten Idee und einem Unternehmen, das gegründet wurde, bis hin zum etablierten Unternehmen – von der Tischlerei ums Eck bis zu unseren Leitunternehmen wie Red Bull und Palfinger – können alle zu uns kommen bzw. sind bei uns eingebunden. Als Innovationsagentur sind wir ein One-Stop-Shop, wobei wir versuchen, Unternehmen auf dem Weg in die Zukunft zu begleiten. Das gilt auch für Unternehmen aus dem Ausland. Wenn Investitionen, Forschungs- und Innovationsprojekte oder Standortsuchen anstehen, wenn es Fragen zu Schutzrechten, Förderungen und Finanzierungen gibt, bekommen Unternehmen alles Nötige, um

Was zeichnet den Wirtschaftsstandort Salzburg aus? Haas: Ich denke, dass die Standortattraktivität, die gute geografische Lage, verbunden mit kurzen Wegen für Entscheidungen und raschen Zugängen zu Wissen, sicher wesentliche Faktoren sind. Die starke Marke Salzburg, eine Kreativszene und die Freizeitqualität sind eine gute Mischung, die auch junge Menschen anzieht, auch wenn wir bei Kunst und Kultur ein anderes Image haben.


WeltMeister Österreich Innovation Salzburg GmbH

„Start-ups, etablierte Unternehmen, Forschungs- und Bildungseinrichtungen arbeiten über unser Netzwerk zusammen.“

ihre Business-Idee einfacher zu realisieren. Wir stellen die Lösung in den Vordergrund und versuchen, den Betrieben alle Zutaten für ihr Rezept, das wir oft auch gemeinsam entwickeln, in die Hand zu geben. In der Regel wird gemeinsam ein Projekt definiert, für das wir auch attraktive Finanzierungen und Förderungen von Bund, Land und EU aufsetzen und es begleiten. Wir haben in Salzburg ein sehr gutes Innovationsökosystem aufgebaut. Start-ups, etablierte Unternehmen, Forschungs- und Bildungseinrichtungen und viele mehr arbeiten über unser Netzwerk zusammen. Menschen, die mit ihren Projekten einen Sprung in die Zukunft machen wollen, bekommen bei uns auch den Zugang zu dem benötigten Wissen oder zu Entwicklungspartnern aus den Hochschulen und Universitäten. Wir können das mittlerweile mit Partnern österreichweit und in ganz Europa über kurze, schnelle Wegen anbieten.

© LMZ/Otto Wieser

Eines Ihrer Themen ist Support für Forschung – wie sieht dieser aus? Haas: Wir haben seit 2016 unsere Wissenschaftsinnovations-Strategie WISS, in der festgelegt ist, was wir bei der Innovation und in der Forschung erreichen wollen. Damit verbunden, hat das Land Salzburg auch ein sehr konsequentes Investitions- und Förderprogramm gestartet und eine Servicestelle für alle Forschungs- und

Forschung am Institut für Human-Computer Interaction der Uni Salzburg.

Innovationsanliegen im Bundesland eingerichtet, die sich bei uns im Haus befindet. Sie ist ein One-Stop-Shop für Forschende. Seit 2016/17 haben wir mehr als 200 Projekte auf den Weg gebracht, 180 Millionen Euro Investitionen in Walter Haas Forschungseinrichtungen und in der Wirtschaft damit ausgelöst und unterstützen rund 200 Forschungsarbeitsplätze. Da ist sehr viel passiert. Hier kommen Forschende aus Universitäten, Hochschulen und Unternehmen mit spannenden Projekten zu uns, bei denen wir wie ein kleiner Inkubator helfen, ein Projektvorhaben in ein Arbeitsprogramm und eine Kalkulation zu übersetzen und das passende Förderprogramm sowie bedarfsbezogen Partner zu finden. Gute Ideen und qualitätsvolle Ansätze, die dem Standort etwas bringen, können schnell realisiert werden. Die größte Forschungsförderung im Bundesland Salzburg mit zehn Millionen Euro ging an die Universität Salzburg, um hier einen Forschungsschwerpunkt an der neuen Fakultät für digitale, analytische Wissenschaften aufzubauen. Dazu gehören insgesamt sieben neue Professuren im Bereich Künstliche Intelligenz und Digitalisierung und ein Research College für 20 junge Nachwuchswissenschaftler. Das geht hin bis zu kleineren Projekten wie etwa in der Bauwirtschaft, wo wir uns mit den Themen CO2-neutrales Bauen und Recycling-Beton befassen. Das ist ein breites Feld, und in Salzburg ist da in den vergangenen Jahren sehr viel in Bewegung gekommen. Wie greifen Sie Kreativschaffenden unter die Arme? Haas: Salzburg hat den zweithöchsten Anteil an Kreativunternehmen in ganz Österreich. Salzburg ist in Österreich der wichtigste Medienstandort, mehr als 50 Prozent der Erlöse im Bereich der Filmwirtschaft werden hier erwirtschaftet. Das hat vor allem damit zu tun, dass bei uns Red Bull Media verortet ist. Deshalb haben wir in Salzburg auch einen ganz starken Kreativwirtschafts-Cluster, der in ganz Österreich für Wertschöpfung sorgt. Es gibt rund 3.250 Kreativunternehmen, in der Stadt Salzburg ist das bereits mehr als jedes zehnte Unternehmen. Wir sind also sehr gut aufgestellt, und Salzburg ist ein Kreativ-Hotspot. Wir erleben durch die digitale Transformation, dass jedes Unternehmen in gewisser Weise zu einem Kommunikationsunternehmen wird und in digitale Prozesse und Soziale Medien weltweit eingebunden ist. Neben Red Bull ist auch Sony ein Leitunternehmen, und es gibt viele digitale Agenturen. Unterstützungsprogramme bieten wir bei Gründungen im Kreativbereich an, zudem gibt es viele kleine Kreativunternehmen,


Die Stadt und das Land als Filmlocation: „Die Toten von Salzburg“.

© Inmovation Salzburg

© SATEL FILM/Birgit Probst-Photographie

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Unternehmer Daniel Kusiakist, einer der Innovation Salzburg-Ambassadoren.

traktivität als Arbeitsstandort. Die Riesen-Challenge derzeit ist das Thema Fachkräfte und die Ausbildung der zukünftigen Fachkräfte. Wir bauen Studienangebote aus und richten sie nach dem Bedarf der Wirtschaft aus. Wir haben die Initiative ‚Work in Salzburg‘ gegründet, eine noch sehr junge Initiative, die Salzburg als ArbeitsVor allem Wien wirbt immer damit, eine perfekte Film-Location standort sichtbar macht und sich an ausländische Fachkräfte in zu sein. Was hat Salzburg zu bieten? gewissen Zielmärkten richtet. Vor allem versuchen wir, mit der Haas: Die Filmlocation Salzburg bietet einen One-Stop-Shop für alle Darstellung unserer Hidden Champions Jobs im MINT-Bereich zu Filmprojekte, von der Location-Suche, der Servicierung der Projekte vermitteln. Salzburg bietet als Arbeitsstandort viele Chancen, da es vor Ort, Förderung und Finanzierung bis hin zur erfolgreichen Reaviele spannende, attraktive Unternehmen gibt. Auch bei ausländilisierung. Salzburg ist ein sehr attraktiver Filmstandort, und wir schen Fachkräften steht die Unterstützung wieder im Rahmen eines können viele spannende Kulissen im gesamten Bundesland anbieOne-Stop-Shop im Fokus. Wenn Studierende nach ihrem Abschluss ten. In den vergangenen 20 Jahren gab es an die 180 Filmprojekte, hierherkommen möchten, unterstützen wir das Onboarding, wir die mithilfe der Filmförderung des Bundeslands Salzburg realisiert haben ein Welcome Service und helfen beim wurden. Wir machen auch Werbung im Ausland Abklären von Rechtsfragen. Dabei sind wir auch dafür, dass Filmproduktionen nach Salzburg „Salzburg ist ein im Bund mit der Rot-Weiß-Rot-Card gut aufgekommen. Das ist natürlich auch ein Rieseneffekt stellt. Um das Bleiben am Standort zu erleichtern, bei der Positionierung und der Standortvermarksehr attraktiver gibt es Expat-Stammtische, und wir unternehtung und bringt Wertschöpfung. Filmstandort, men immer wieder etwas mit unseren Internatiund wir bieten onals in Salzburg. Diese Initiative wird in der Was sind die größten Herausforderungen der nächsten Zeit noch massiv ausgebaut. Es ist eine kommenden Jahre für den Wirtschaftsstandort viele spannende Challenge, für junge Menschen, für kreative und und wie überzeugen Sie Fachkräfte, damit sie Kulissen im gekluge Köpfe und für gut ausgebildete Talente ein nach Salzburg zu kommen? samten Land an.“ spannender Standort zu sein und eine lokale Haas: Wir haben eine sehr gute geografische Szene zu bieten. Das ist unsere Mission, die wir Lage zwischen Wien, München und Mailand. Wir Walter Haas versuchen bestmöglich umzusetzen. haben zudem nachgewiesen eine sehr hohe At◆ die zur Umsetzung ihrer Projekte Kooperationen brauchen. Wir bieten Programme zur Geschäftsmodellentwicklung und Unterstützung bei Kooperationsmodellentwicklung an.


WeltMeister Österreich Alumero Group

Mit innovativen PhotovoltaikSystemen an Europas Spitze Von Unterkonstruktionen für Solaranlagen und Überdachungen von Carports bis zum mobilen Solarkraftwerk reicht das Portfolio von Alumero.

N

och vor einigen Jahren stellte man in der Alumero-Group, beheimatet in Salzburg, vor allem Aluminiumbauteile für die Industrie her. Mittlerweile hat sich das Geschäftsfeld gänzlich gewandelt. Durch die Energiekrise boomt das Business mit Solaranlagen. Für diese liefert Alumero nun Unterkonstruktionen aus drei europäischen Werken. Hinzu kommen Eigenentwicklungen wie Solar-Carports, Überdachungen von Geh- und Radwegen sowie der mobile Solarcontainer solarfold, eine Art mobiles PV-Kraftwerk. Die Wege zum Erfolg erläutert CEO Manfred Rosenstatter.

Rosenstatter: Wir beschäftigen uns bereits seit 2006 mit Photovoltaik-Unterkonstruktionen und Komponenten für Solar- und Photovoltaikindustrie. 2010 gab es in Deutschland einen Hype, 2012 wurden die Subventionen wieder zurückgenommen, und der Markt ist eingebrochen. Wir haben aber immer an diese Form der erneuerbaren Energie geglaubt und die Systeme weiterentwickelt, obwohl wir dort ungefähr zwölf Millionen Euro Jahresumsatz verloren haben. Das war natürlich schmerzhaft, aber wir konnten das mit anderen Produkten gut wettmachen. Die Zeit bis heute haben wir

Wie hoch ist noch der Anteil an Fremdaufträgen? Rosenstatter: Wir produzieren mittlerweile zu 80 Prozent Photovoltaik und zu 20 Prozent für die Industrie. Wann hat sich diese Entwicklung abgezeichnet?

© Alumero

Das vergangene Jahr war ein Meilenstein für Alumero aufgrund des Umstiegs von Lohnfertigung auf beinahe ausschließlich eigene Produkte. War das ein lange gehegter Wunsch und wie ist das gelungen? Manfred Rosenstatter: Wir konnten unseren Umsatz im Jahr 2022 verdoppeln, da der Photovoltaik-Markt prosperierte. Wir haben drei produzierende Werke – ein Aluminiumstrangpresswerk in Holland, ein großes mechanisches Bearbeitungswerk in Polen, in dem wir zu 90 Prozent die Unterkonstruktionen für unsere Photovoltaikanwendungen produzieren, und ein gleichgelagertes Werk in Slowenien. Dort haben wir im Jahr 2022 einen Paradigmenwechsel eingeleitet: Aufgrund der Markterfordernisse im Solar- und Photovoltaikbereich haben wir uns in Slowenien umorientiert, alternde Märkte verlassen und in zukunftsorientierte Märkte investiert. Wir haben Industrieaufträge zurückgefahren, um die PV-Produkte produzieren zu können. Das ist die Umstellung von Lohnproduktion auf eigene Systeme.

Manfred Rosenstatter lenkt die Geschicke des Salzburger Unternehmens.


© Alumero

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Auf Expansionskurs mit kräftigem Wachstumspotenzial: die vier Alumero-Standorte in Österreich, Polen, Slowenien und den Niederlanden.

genutzt, unsere Systeme weiterentwickelt und daran geglaubt, dass dieser Markt zurückkommt und zurückkommen muss. Deshalb sind wir jetzt bei den produzierenden Systemgebern unter den Top drei in Europa.

denzbasierend nachweisen, in welchem Umfang wir CO2-Emissionen einsparen.

Sie verwenden Sekundär-Aluminium in der Produktion. Welche Ersparnisse bringt das und werden Ihre Produkte dadurch günsLiefern Sie ebenfalls die benötigten Solarmodule oder bloß die tiger für den Kunden? Unterkonstruktionen? Rosenstatter: Günstiger werden sie nicht, sondern marginal teurer, Rosenstatter: Wir sind der Spezialist für Aluminiumunterkonstrukda die Rückführung und das Sortieren des Schrotts natürlich Geld tionen und Montagesysteme, fertigen aber auch Montageunterkonkosten. Wenn man den Vergleich mit Premium-Aluminium anstellt, struktionen für Original Equipment Manufacturer-Kunden nach fallen bei uns zwei Tonnen CO2-Emissionen bei der Produktion von deren Anforderungen und Zeichnungen. Komeiner Tonne Aluminium an. Bei Premium-Alumiponenten wie Solarmodule, Wechselrichter und nium sind das sieben Tonnen im EU-DurchSpeicher fertigen wir nicht. schnitt, international sogar 18 Tonnen. Das ist „Wir versuchen, als also eine große Ersparnis. attraktiver ArbeitWas macht die Konstruktionen von Alumegeber aufzutreten ro so besonders, dass Sie derartige Erfolge am Ist Ihr modulares Smart Carport mit inteMarkt einfahren können? grierter PV-Anlage zum Laden eines E-Autos – das sind wir ja Rosenstatter: Unser USP ist, dass wir unsere ausreichend? auch.“ Produkte aus einer metagreen-Legierung herRosenstatter: Unsere Carport-Bausteine haben Manfred Rosenstatter stellen, also aus recyceltem Aluminium. Das ist eine Leistung von bis zu 35 kWp, das ist beiein echtes Statement, denn dabei sparen wir spielsweise eine doppelreihige Einheit mit zwölf sehr viele Emissionen ein. Zudem sind unsere Parkplätzen. Ein großer Firmenparkplatz kann Systeme äußerst montagefreundlich und vorgefertigt, was eine dabei durchaus mehrere Hundert kWp liefern, die für die Ladeinfeinfache und schnelle Montage gewährleistet. rastruktur zur Verfügung stehen. Unser Carport ist aber nicht als ‚Insellösung‘ gedacht, sondern im Normalfall ans Netz angeschlosAchten Ihre Kunden darauf, dass das Aluminium aus recysen und optional auch mit Speicher zu betreiben. Mit intelligentem celtem Material besteht? Energiemanagement sind viele Situationen abbildbar, wie beispielsRosenstatter: Das wird immer mehr ein wichtiges Argument. Viele weise nur den durch die PV-Anlage produzierten Strom auf die Kunden führen auch selbst metagreen- oder Eco-Linien ein, in deLadestationen zu verteilen oder mittels Unterstützung aus einem nen recyceltes Aluminium verwendet wird. Wir können auch eviSpeicher die maximale Ladeleistung zur Verfügung zu stellen, auch


WeltMeister Österreich Alumero Group

„Mit dem mobilen Solarcontainer können bis zu 40 Haushalte mit Strom versorgt werden.“

Sind Ihre Sonderkonstruktionen für Geh- und Radwege Überdachungslösungen? Rosenstatter: Auch diese Überdachungslösungen können für die Energiegewinnung genutzt Was kann man sich unter einem solarfoldManfred Rosenstatter werden. Als Produzent und Systemgeber könContainer vorstellen? nen wir auch Sonderlösungen bzw. SonderkonsRosenstatter: Das ist unsere neueste Entwicktruktionen sehr flexibel und schnell abbilden – lung. Es ist ein mobiler 20 Fuß High-Cube-Convon der Planung, Entwicklung bis zur Realisierung. tainer mit einer Leistung von 130 kWp. Die Module werden halbautomatisch auf 122 Meter mittels Falttechnologie ausgefahren. Liefern Sie hier auch die PV-Module? Daraus ergeben sich die unterschiedlichsten Anwendungsbereiche Rosenstatter: Unser Hauptbusiness sind unsere PV-Montagesyste– auf Grundstücken, die erst in einigen Jahren bebaut werden, in me. Aber wir haben natürlich auch Partner, mit denen wir fertige Ländern der Dritten Welt, wo keine dementsprechende InfrastrukAnlagen liefern können. Das gilt auch für unsere Carports und tur zur Energieversorgung existiert, oder in Kriegsgebieten. solarSolarcontainer. fold-Container können auch bei Großkonzerten, Großbaustellen und in weiteren, mannigfaltigen Gebieten eingesetzt werden. Welche Auswirkungen hat die Energiekrise auf Alumero? Rosenstatter: Natürlich sind wir selbst auch betroffen, da der EnerDas ist also ein mobiles Sonnenkraftwerk? gieaufwand in unseren Produktionsbetrieben hoch ist und wir hohe Rosenstatter: Ja. Mit einem Container können bis zu 40 Haushalte Energiekosten zu tragen haben. Deshalb setzen wir überall, wo es versorgt werden. sinnvoll ist, selbst Photovoltaikanlagen ein, damit wir autark werden. Sie bieten Ihren Mitarbeitern eigene Produkte zu besonders günstigen Konditionen an. Welche Idee steckt dahinter? Können Sie extern zugekaufte Energie vollständig kompensieRosenstatter: Das ist ein Teil unserer metagreen-Philosophie. Dazu ren? gehören PV-Anlagen auf unseren Dächern, unser recyceltes AlumiRosenstatter: Komplett nicht, dafür müssen wir noch einige solarnium und natürlich die Einbeziehung unserer Mitarbeiter. Uns ist fold-Container aufstellen. es besonders wichtig, auch bei unseren eigenen Mitarbeitern das Bewusstsein der Klimaveränderung zu schärfen und Maßnahmen Wie sehr betreffen Probleme bei Lieferketten Ihr Geschäft? zur Erreichung der Klimaziele aufzuzeigen. Rosenstatter: Wir hatten unsere Supply Chain auch in den schwierigen Corona-Zeiten gut im Griff, als die Lieferketten wirklich beeinträchtigt waren. Damals haben wir unsere Methodik umgestellt – weg von Just-in-Time hin zu Just-in-Case. Wir haben unsere Lager angefüllt und waren dadurch auch in dieser schwierigen Zeit ein verlässlicher Partner für unsere Kunden, da wir kürzere Lieferzeiten einhalten konnten als unsere Mitbewerber.

© Alumero

wenn der lokale Netzanschluss diese Leistung nicht bereitstellt.

Der neue, modulare Smart PV-Carport aus dem Hause Alumero.

Just-in-Case dürfte ein neuer Trend sein? Rosenstatter: Das birgt natürlich auch Gefahren in sich, denn wenn die Preise wieder sinken und die Lager gefüllt sind, sollte man das Lagersystem im Griff haben. Weiters muss man über die dementsprechende Liquidität und Lagerflächen verfügen. Diese Faktoren muss man mitbringen, damit Just-in-Case funktioniert. Doch das ist die einzige Methodik, auch in schwierigen


© Alumero

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Spezialist für Aluminiumunterkonstruktionen und Montagesysteme, aber auch Montageunterkonstruktionen für Original Equipment Manufacturer-Kunden.

Spürt Alumero den Facharbeitermangel und was sind Ihre Rezepte, ihn für sich zu lösen? Rosenstatter: Der Fach- und Arbeitskräftemangel betrifft uns genauso und die Ursachen kennen wir. Es gibt hier unterschiedliche Ansätze. Alumero ist ein sicherer und verlässlicher Arbeitgeber. Bei uns steht die Sinnhaftigkeit der Arbeit im Vordergrund. Unsere Produkte sind zukunftsfähig und dienen den nächsten Generationen. Das gilt vom Management bis zur Putzfrau, da wir mit unseren Produkten etwas aktiv gegen den Klimawandel beisteuern können. Bei Alumero zu arbeiten, ist sehr attraktiv. Wir stellen Klimatickets für Österreich zur Verfügung, es gibt Mitarbeiterbeteiligungsmodelle, eine Alumero-Lounge und wir unternehmen sehr viele Ausflüge. Es gibt noch weitere Goodies. Hinzu kommt viel Eigenverantwortlichkeit und der wertschätzende Umgang mit den Mitarbeitern. Sie beschäftigen auch viele Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine. Rosenstatter: In unserem Werk in Polen beschäftigen wir mehr als

170 Menschen aus der Ukraine. Dieses Modell implementieren wir ebenfalls in unserem Werk in Slowenien, wobei die Mitarbeiter in Polen ausgebildet werden. Wir erzielen damit große Erfolge und können so das Problem des Arbeitskräftemangels abflachen und kompensieren. ◆

© Alumero

Zeiten bei unsicherer Supply Chain verlässliche Lieferzeiten gewährleisten zu können.

Der mobile Solarcontainer produziert Strom dort, wo er benötigt wird.


WeltMeister Österreich Unternehmen stellen sich vor

PALFINGER: Ein Arbeitsleben voller Chancen PALFINGER ist weltweit führender Produzent und Anbieter innovativer Kran- und Hebelösungen. Ein essenzieller Erfolgsfaktor des globalen Technologiekonzerns ist sein klarer Fokus auf Aus- und Weiterbildung. CEO Andreas Klauser im Interview. Andreas Klauser, CEO PALFINGER

© Palfinger

Andreas Klauser ist seit 2018 CEO der PALFINGER AG. In seine Verantwortung fallen die Implementierung der Global PALFINGER Organization (GPO) ebenso wie jene der Vision & Strategie 2030. Mit der GPO richtete Klauser das globale Unternehmen in einem weltweit volatilen Umfeld organisatorisch erfolgreich neu aus. Die Strategie 2030 wiederum orientiert sich an den Herausforderungen der Megatrends Nachhaltigkeit, Digitalisierung sowie gesellschaftlicher Wandel und formuliert mit dem Ziel, Kunden und Partnern integrierte Gesamtlösungen anzubieten, langfristig zukunftsfähige Antworten. Die PALFINGER AG beschäftigt weltweit rund 12.500 Mitarbeiter an mehr als 30 Standorten und verzeichnete 2021 und 2022 Rekordergebnisse, zuletzt einen Gesamtumsatz von 2,23 Mrd. Euro. Im Vorjahr bestätigte der Aufsichtsrat der PALFINGER AG Andreas Klauser für weitere fünf Jahre als CEO.

Welchen Stellenwert haben Aus- und Weiterbildung bei PALFINGER? Andreas Klauser: Ein attraktives Arbeitsumfeld im Sinne unserer Vision & Strategie 2030 ist ein zentraler Faktor, um unsere Zukunft proaktiv zu gestalten. Bei PALFINGER gilt: ,We value people. People create value.‘ Unsere Mitarbeiter sind der Schlüssel für den weltweiten Erfolg und die Innovationskraft von PALFINGER. Um diesen Erfolgsweg langfristig abzusichern und auszubauen, ist eine lernende Kultur unverzichtbar. Diese bietet zukunftsorientierte Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten sowohl für bestehende Mitarbeiter als auch für neue Talente.

Aus diesem Grund bildet PALFINGER einen großen Teil seiner Mitarbeiter selbst aus. Die Lehrlingsausbildung vermittelt jungen Menschen qualitativ höchstwertiges technisches Wissen und Kompetenzen und eröffnet ihnen zahlreiche spannende Perspektiven. Junge Nachwuchskräfte nehmen PALFINGER als verlässlichen, stabilen und zukunftsträchtigen Arbeitgeber in der Region wahr, rund 92 Prozent der Lehrlingsabsolventen bleiben nach der Ausbildung in unserem Unternehmen und nutzen die vielfältigen Karrierechancen. Welche Rolle spielen Bildungsangebote in Zeiten des Fachkräftemangels? Klauser: Sie spielen eine immer wichtigere Rolle. Aus- und Weiterbildung sind schon immer ein zentraler Faktor für den Erfolg am Arbeitsmarkt. Das wird in Zukunft noch wichtiger werden, sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber. PALFINGER bietet eine Vielzahl an Weiterbildungsmöglichkeiten und Potenzialanalysen sowie eine Recruiting Policy, die alle Positionen intern ausschreibt und internationale Karrieremöglichkeiten bietet. Um Fachkräfte zu gewinnen, ist eine proaktive Herangehensweise in Kombination mit einem attraktiven Arbeitsumfeld und Zukunftsperspektiven von größter Bedeutung. Daher bieten wir unseren Mitarbeitern die Chance, sich laufend weiterzuentwickeln und sind dadurch ein umso attraktiverer Arbeitgeber.


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© Palfinger

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Wie setzt PALFINGER diese Angebote konkret um? Klauser: Als Lehrbetrieb seit 1970, mit einer zentralen Aus- und Weiterbildungsinstitution, dem PALFINGER Campus in Lengau, und mit eigens eingerichteten Trainingscentern in Zentraleuropa, China und den USA – ein Angebot, das wir weltweit rasch ausbauen. Die wichtigste Position nimmt dabei der PALFINGER Campus in Lengau ein, wo diese Aktivitäten räumlich gebündelt sind. Dort findet der Großteil der PALFINGER Bildungsangebote statt – von der Lehre mit Matura bis hin zu Trainingsprogrammen für Führungskräfte. Derzeit werden mehr als 180 Lehrlinge in 17 verschiedenen technischen und kaufmännischen Berufsbildern ausgebildet. Gleichzeitig nutzen langjährige PALFINGER Mitarbeiter den Campus und seine Angebote, um sich gezielt fachlich aber auch persönlich, praktisch wie auch theoretisch weiterzuqualifizieren.

Im vor Kurzem erweiterten PALFINGER Campus in Lengau werden Aus- und Weiterbildungsangebote gebündelt.

© Palfinger

Als Lehrbetrieb seit 1970, mit einer zentralen Ausund Weiterbildungs­ institution, dem PALFINGER Campus in Lengau, und mit eigens eingerichteten Trainingscentern in Zentraleuropa, China und den USA – ein Angebot, das wir weltweit rasch ausbauen.

Am PALFINGER Campus in Lengau werden aktuell mehr als 180 Lehrlinge in verschiedenen Sparten ausgebildet.


WeltMeister Österreich Denios

Gefährliches lagert bestens in Produkten aus Eugendorf Gefahrstoffe sind in beinahe jedem produzierenden Unternehmen zu finden. Für eine sichere Lagerung sorgt Denios aus Salzburg.

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maindustrie zu Hause sind, sowie brennbare Stoffe wie Farben und Lacke oder auch Gase für das Schweißen bzw. als Treibmittel in klassischen Spraydosen sind ebenfalls Gefahrstoffe. Als solche müssen sie in Betrieben sicher, rechtskonform und umweltschonend gelagert werden. Für die Lagerung von Gefahrstoffen jeglicher Art haben wir die passenden Produkte wie Auffangwannen. In oder auf diesen werden etwa Fässer mit wassergefährdenden Flüssigkeiten gestellt. Wir produzieren auch Brandschutzschränke, in denen brennbare Flüssigkeiten wie Farben, Lacke, Nitroverdünner oder Spraydosen direkt am Arbeitsplatz gelagert werden können und somit immer zur Hand sind.

ach einem Brand in einer großen Chemiefabrik in der Schweiz vor beinahe 40 Jahren hatte der junge Ingenieur Helmut Dennig eine Vision: Nie wieder sollten Grund, Boden oder Wasser, egal ob Flüsse oder Grundwasser, durch Chemikalien-Leckagen oder kontaminiertes Löschwasser verunreinigt werden. Aus der Vision entstand das Unternehmen Denios, das mit Produkten für die sichere Lagerung von Gefahrstoffen, sowohl für den Innenbereich (wie z.B. Gefahrstoff- und Sicherheitsschränke) als auch für den Außenbereich (Gefahrstofflagercontainer in brandgeschützter Ausführung), zum Marktführer werden konnte. Unter der Führung von CEO Erich Humenberger belegt Denios mit Sitz in Eugendorf in Salzburg beim Wirtschaftswettbewerb „Austria´s Leading Companies“ seit 15 Jahren Top-Drei-Platzierungen.

Denios

Als Laie bringe ich ab und zu meinen Sondermüll zu einer Sammelstelle. Weshalb braucht es die Denios Gefahrstofflagerung im Industriebereich? Erich Humenberger: Grundsätzlich sind wir rein im B2B-Sektor tätig. Sammelstellen, die in die Zuständigkeit von Gemeinden fallen, zählen dadurch indirekt auch zu unseren Kunden. Hauptsächlich findet sich unsere Klientel in produzierenden Unternehmen. Im Prinzip hat jeder Betrieb Gefahrstoffe in Verwendung – sei es bei der Produktion als Betriebsmittel, als Zuschlags- oder als Rohstoff. Das Wort Gefahrstoff klingt vorerst abschreckend, daher denken viele hier primär an ganz gefährliche Stoffe. Allerdings fallen bereits normale Schmierstoffe, Motoröle oder auch Hydrauliköle in diese Kategorie, da sie wassergefährdend sind. Auch Chemikalien, die hauptsächlich in der Chemie- und Phar-

Viele dieser Gefahrstoffe, wie Spraydosen, hat vermutlich jeder daheim und es gibt sie in jedem Drogeriemarkt. Humenberger: Ein Gewerbebetrieb oder die produzierende Industrie unterliegt strengen rechtlichen Auflagen. So gibt es etwa für die Lagerung von brennbaren Flüssigkeiten ein Regelwerk (VbF – Verordnung über brennbare Flüssigkeiten, Anm.), die ganz genau festschreibt, wie und in welchen Mengen ein Betrieb diese Stoffe lagern darf. Im Privatbereich ist diese Verordnung völlig irrelevant. In der Neufassung der VbF, die seit März 2023 gilt, wurde der Handel jetzt in weiten Bereichen inkludiert. Früher war etwa in Baumärkten eine große Menge an hochbrennbarem Scheibenreinigern im Verkaufsraum öffentlich zugänglich gestapelt. Ein Gewerbebetrieb dagegen hätte derartige Mengen nicht so lagern dürfen. © Denios

Erich Humenberger leitet das Unternehmen Denios mit Sitz in Salzburg.


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Der Schiebetorcontainer RFP-SD mit REI 120-Klassifizierung ist nur einer von unzähligen Gefahrstoffcontainern des Salzburger Unternehmens.

Wie funktioniert ein Gefahrstofflager? Humenberger: Grundsätzlich sind fast alle flüssigen Gefahrstoffe auch wassergefährdend. Alle unsere Sicherheitsschränke, oder in größeren Dimensionen unsere Sicherheitscontainer, haben als untersten Teil eine Auffangwanne integriert, bei der jede Schweißnaht geprüft ist. Damit wird sichergestellt, dass austretende Flüssigkeiten nicht ins Erdreich, sondern in die Wanne gelangen. Bei den Brandschutzcontainern kommt ein Doppelrahmensystem zum Einsatz, bestehend aus massiven Innenrahmen und einem Außenrahmen aus Stahl. Dazwischen befinden sich zumindest zehn Zentimeter dicke Dämmpaneele aus nichtbrennbarer Steinwolle. Das isoliert so gut, dass bei einem Brand von außen nur der Außenrahmen bzw. die Außenseite der Dämmpaneele heiß wird und es durch die Isolierung im Inneren des Containers kühl bleibt. Kühl bedeutet, dass es länger als 90 Minuten dauern muss, bis die Innentemperatur 200 Grad Celsius an einer beliebigen Stelle erreicht. Das ist für Stahl relativ kalt, daher trägt statisch der Innenrahmen, selbst wenn bei einem massiven Brand die Festigkeit des Außenrahmens geringer wird. Wenn es im Containerinneren brennen sollte, verhält es sich genau umgekehrt. Im Inneren der Container ist ein Brandmelder installiert, der Wärme und Rauch detektiert. Wenn der Brandmelder anschlägt, gibt dieser ein Signal an die Steuereinheit. Diese schaltet die elektrischen Torhaltemagnete stromlos, und somit schließen sich die Türen, soll-

ten sie noch offenstehen, automatisch und schließfolgegeregelt. Die Türen sind natürlich ebenfalls 90 Minuten brandbeständig. Gleichzeitig schaltet die Steuerung die technische Lüftung des Containers ab. Temperaturgesteuert schäumen bei etwa 60 Grad die Türdichtungen ganz automatisch auf und dichten damit die Türen ab. Und ebenfalls temperaturgesteuert verschließen sich die Brandschutzklappen an den Be- und Entlüftungsöffnungen. Somit ist dann der Container hermetisch abgedichtet. Das gilt sowohl für Brände im Inneren eines Containers als auch außerhalb. Das gibt der Feuerwehr genügend Zeit für einen gezielten Löschangriff. In den vergangenen Monaten gab es immer wieder Meldungen von explodierenden oder brennenden Lithium-Ionen-Akkus. Was sind Ihre Lösungen für die sichere Lagerung? Humenberger: Für kleine Akkus im Alltag, wie sie in Gartengeräten oder Werkzeugen wie Akkuschraubern, Bohrmaschinen, etc. zu finden sind, oder auch Fahrrad-Akkus, die bereits über etwas mehr Leistung verfügen, bieten wir zur sicheren Lagerung bzw. auch zum sicheren Aufladen Brandschutzschränke an. Sie sind ebenfalls 90 Minuten brandgeschützt. Die Gefahr, dass ein gebrauchter Akku zu brennen beginnt, ist beim Aufladen am größten. Bei einem Handwerksbetrieb findet das Aufladen vermutlich in der Werkstatt über Nacht statt. Unsere Sicherheitsschränke SmartStore sind für diesen Zweck innen mit Steckdosen ausgestattet, damit die Akkus sicher


WeltMeister Österreich Denios

„Unsere Sicher­ heitsschränke sind innen mit Steck­ dosen ausgestattet; Akkus werden so sicher gelagert und aufgeladen.“

Humenberger: Begonnen hat unser Gründer in Deutschland mit Auffangwannen und besetzte damit die Nische der umweltkonformen Gefahrstofflagerung. Danach wurde die Produktpalette stetig ausgebaut. Wir unterscheiden uns in einiErich Humenberger gen Bereichen von anderen Anbietern, da wir über eine eigene Produktion verfügen und für Ganz neu auf den Markt kamen kürzlich Ihre Kunden individuelle, maßgeschneiderte LösunEnergiespeichersysteme. gen anfertigen können. Zudem produzieren wir von AuffangwanHumenberger: Hier geht es um wirtschaftliche Nachhaltigkeit und nen, über Sicherheitsschränke sowie Sicherheits- und Brandschutzgrünen Strom. Unsere bestehenden, begehbaren Brandschutzconcontainer alles selbst. Im Verkauf ist ein weiterer USP die kompetainer sind bis zu acht Meter lang, drei Meter hoch und drei Meter tente Beratung, egal, ob es um eine einfache Auffangwanne geht breit. In diese bauen wir in Zusammenarbeit mit der Firma Tesvolt oder um ein großes Gefahrstofflager. Wir sind für den Kunden ein Batterien und Wechselrichter ein, sodass Firmen mit großen PhotoOne-Stop-Shop, von der Erstberatung bis zum Aufstellen und später voltaikanlagen die Überschussenergie speichern können. Wir nender Wartung des Gefahrstofflagers – sozusagen ein Sorglospaket. nen unser Produkt, den brandgeschützten Energiespeicher, PowerSafe. Das ist eine Plug and Play-Lösung, mit der beispielsweise Beliefern Sie Kunden weltweit? teure Spitzenlasten abgefedert werden können oder ein Teil der Humenberger: Ja, abgesehen von derzeitigen politisch bedingten Grundlast abgedeckt werden kann. Lieferrestriktionen. Denios ist in ganz Europa vertreten, entweder mit Produktion oder Verkauf. Zusätzlich produzieren wir in den USA Was machte Denios zu einem der weltweit größten Anbieter für Süd-, Nordamerika und Kanada und in China für den chinesivon Gefahrstofflagerlösungen? schen Markt.

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aufbewahrt und gleichzeitig geladen werden. Fackelt ein Akku während des Ladens im Schrank ab, ist die Werkstatt geschützt. Dieser Sicherheits­aspekt macht unsere Lithium-IonenLadeschränke zu einem sehr beliebten Produkt.

„Denios connect“ ist eine cloudbasierte Web-App für das Monitoring.

Können Sie bei Ihrer aufwendigen Produktion nachhaltig sein bzw. ist in Ihrem Bereich eine Kreislaufwirtschaft überhaupt möglich? Humenberger: Unsere Auffangwannen bestehen meistens aus Stahl oder dem Kunststoff Polyethylen, in Sonderfällen aus Edelstahl. Die Raumsysteme sind ebenso aus handelsüblichem Stahl und Steinwolle-Paneelen. Unsere Werkstoffe sind somit ganz normale Basiswerkstoffe. Im Bereich Catalogue Products bieten wir unseren Kunden immer mehr CO2-neutrale Produkte an und werden seit Jahren mit dem Eco Vadis-Siegel für Nachhaltigkeit in der Lieferkette ausgezeichnet. Als klimaneutrales Unternehmen setzt Denios auf viele Maßnahmen, den CO2-Fußabdruck so gering wie möglich zu halten. Weiters initiiert Denios auch abseits der eigenen Hallen Umweltschutzprojekte. Unter dem Motto ‚Umwelt für die nächste Generation‘ haben sich unsere Auszubildenden und dualen Studenten zusammengeschlossen und agieren als Botschafter für nachhaltiges Handeln. Wie sieht eine digitale Gefahrenstofflagerung aus bzw. weshalb ist eine Echtzeitüberwachung nötig?


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„Mit ‚Denios Connect‘ haben wir unsere Gefahr­ stoff- und Brand­ schutzcontainer digitalisiert.“

Garantiert sicher: Der feuerbeständige Gefahrstoffschrank Typ 90.

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Was war die komplizierteste Aufgabe, vor Humenberger: Wir nennen das Produkt Denios der Sie standen? Connect, bei dem wir den Container digitalisieHumenberger: Das ist schwer zu sagen, da groren. Damit erhält der Kunde eine permanente ße Teile der Automobilindustrie und fast die Überwachung aller relevanten Zustandsdaten, Erich Humenberger gesamte Chemische Industrie in Westeuropa wie die Innenraumtemperatur oder Messungen unsere Kunden sind. Wir haben für eine Univerdes Flüssigkeitssensors in der Auffangwanne. sität in Bayern einen Dekontaminierungscontainer gebaut, wo es Wir können verschiedenste Sensoren einbauen, deren Signale zuum Radioaktivität ging. Für eine westösterreichische Uni haben wir sammengefasst und mittels einer Cloud-basierenden Web-Applikanicht nur das Labor mit Brandschutzschränken ausgestattet, sontion an ein Endgerät des Kunden übertragen werden. Sollte es zu dern auch ein Outdoor-Gefahrstofflager gebaut. Oder vor einigen Auffälligkeiten im Container kommen, gibt es unterschiedliche Jahren ein Gefahrstofflager aus mehreren, durch Schleusen miteiWarnstufen bis hin zu einem Alarm. Der Kunde hat permanent eine nander verbundenen, Einzelcontainern für ein sehr großes ostösterÜbersicht und auch eine automatische Dokumentation. Wo tempereichisches Krankenhaus. Darin kann mit diversen Substanzen wie raturkritische Zuschlagstoffe beispielsweise in der Lebensmittelin einem Labor gearbeitet werden. oder Pharmaindustrie gelagert werden, muss ein bestimmter Temperaturbereich eingehalten werden. Es ist etwa für einen Wann kommt der Container für die böse Schwiegermutter? Medikamentenhersteller eminent wichtig, dass er die korrekte LaHumenberger: Da wir ausschließlich im B2B-Bereich tätig sind und gerung bzw. die Lagerbedingungen lückenlos dokumentieren kann. das eine Anforderung aus dem B2C-Bereich ist, fällt das nicht in Diese automatische Dokumentation ist einer der Hauptbenefits für unser Geschäftsfeld. (lacht) den Kunden. ◆

Der feuerbeständige SmartStore Li-Ionen Lade-/Lagerschrank Typ 90.


WeltMeister Österreich Make Visions Group

Das Geschäftsmodell, Visionen von Start-ups zu ermöglichen Support im Management und bei der Finanzierung: In Radstadt ermöglicht die Make Visions Group, dass großartige Ideen fruchten.

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ake Visions selbst, so erklärt Gründer und CEO Martin Klässner, sieht sich nicht als klassischer Finanzinvestor. Denn abseits von monetären Mitteln stellt Make Visions aus Salzburg vielversprechenden Start-ups auch die Unterstützung mit einer eigens entwickelten Managementmethode und langjährige Erfahrung zur Verfügung. Klässner erklärt, wie er den bisher erfolgreichsten Exit aus einem Start-up erreichen konnte.

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Was sofort auffällt: Ihre Webpage ist auf Englisch. Weshalb? Martin Klässner: Wir sind sehr stark international unterwegs, und zweisprachig ist immer Mehrarbeit. Deshalb haben wir uns entschieden, das einheitlich auf Englisch zu halten. Das sind ganz pragmatische Gründe.

Martin Klässner erreichte mit has.to.be den bisher größten Exit des Landes.

Erklären Sie bitte kurz das Geschäftsmodell von Make Visions. Klässner: Wir sind eine Firmengruppe aus mehreren Gesellschaften. Mit Make Visions Capital selbst sind wir ein klassischer Investor und investieren in Frühphasenunternehmen mit Schwerpunkten in den Bereichen Energie, Robotik, Med-Tech und Life Science. Mit unseren Tochtergesellschaften, wie der GrowthSquare GmbH, unterstützen wir Unternehmen jeder Größe, interne Management- und Strategiesysteme so aufzubauen, dass diese Unternehmen strategisch schnell und kosteneffizient skaliert werden können. Weshalb haben Sie sich für die beiden Standorte Wien und Radstadt entschieden? Klässner: Unser Headquarter haben wir nach wie vor in Radstadt in Salzburg. Ich lebe in Radstadt, und wir haben unsere erste Company ‚has.to.be‘ hier am Land aufgebaut und groß gemacht. Wir wollten auch mit den Folgefirmen hier in Radstadt als Headquarter bleiben. In Österreich ist es aber so, dass ein Großteil im IT-Umfeld nach wie vor in Wien funktioniert und die Erreichbarkeit in Wien zum Teil deutlich besser gestaltet ist. Deshalb haben wir uns entschieden, in Wien eine zweite Niederlassung aufzumachen. Was macht gerade Radstadt als Standort interessant? Ist es am Land schöner? Klässner: Die Gegend ist schön, und ich glaube, dass insbesondere der Pongau hervorragende Möglichkeiten bietet, IT- und Tech-Unternehmen aufzubauen. Einerseits sind IT und Tech einige der wenigen Themen, die man aus der Tourismusregion international optimal umsetzen kann. Andererseits haben wir hier sehr viele qualifizierte Mitarbeiter in der Region, die durchaus die Kompetenzen haben, im IT- und Tech-Bereich einen hochwertigen Beitrag zu leisten. Kombiniert mit wenig Wettbewerb, sind das hervorragende Standortkriterien, hier ein Unternehmen aufzubauen.


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Gerhard Roiss (l.) ist Senior Advisor bei Make Visions und begeistert sich gemeinsam mit Martin Klässner für Start-ups im Health- und Renewable Energy-Sektor.

Gibt es einen Trend in der IT, von den großen städtischen Zentren abzuwandern? Klässner: In Österreich haben wir die hervorragende Situation im Vergleich zu Deutschland, dass überall flächendeckend HighspeedInternet zur Verfügung steht und man damit grundsätzlich nicht beschränkt ist, wo man derartige Unternehmen aufbaut. Ein ganz wichtiges Kriterium im IT-Umfeld ist, eine geringe Personalfluktuation zu haben. Wir glauben, Vertrauen schafft Innovation. Vertrauen kann nur aufgebaut werden, wenn die Mitarbeiter lange im Unternehmen sind. Da ist ein Standort am Land attraktiver als in der Stadt, wo die Fluktuation höher ist als in unserer Region. Derzeit gibt es zwölf Investments, bei denen Sie engagiert sind. In welcher Region sind diese Start-ups beheimatet? Klässner: Schwerpunktmäßig sind wir derzeit im D-A-CH-Bereich fokussiert, aktuell sind das zwei Unternehmen in der Schweiz, der Rest ist über Österreich und Deutschland regional unterschiedlich verteilt – von Freiburg, Darmstadt, über Berlin, Wien, bis Linz und eben Radstadt. Das ist eine gewisse Selbstbeschränkung. Wir glauben, dass es besonders bei frühphasigen Unternehmen ein-

fach wichtig ist, einen engen Bezug zu den Gründern und dem Unternehmen selbst zu haben. Wir verstehen uns nicht als Finanzinvestor, sondern als strategischer und operativer Investor, wir unterstützen unsere Unternehmen sehr intensiv und aktiv. Trotz aller Möglichkeiten von Videokonferenzen sehen wir es als relevant, den persönlichen Kontakt nicht zu kurz kommen zu lassen. Da ist ein Radius von 1.000 Kilometern um Radstadt dienlich. Das ist kein Hard Cut für uns, aber wir versuchen, uns in diesem Radius zu bewegen, um die Unternehmen effizient unterstützen zu können. Investieren Sie mit eigenem Kapital in Start-ups oder sorgen Sie für die Finanzierung? Klässner: Wir selbst investieren ausschließlich 100 Prozent eigenes Kapital, aber wir unterstützen unsere Start-ups auch dabei, Folgefinanzierungen aufzustellen, meistens sogar aus unserem Netzwerk. Wie wählen Sie geeignete Start-ups aus? Klässner: Wir haben ein sehr intensives, aber kleines Netzwerk, in dem wir sehr gezielt auf der Suche nach passenden Unternehmen


WeltMeister Österreich Make Visions Group

Welches sind die drei wichtigsten Faktoren, damit Sie sich eines Start-ups annehmen? Klässner: Wir investieren in erster Linie erst dann in Unternehmen, wenn ein grundsätzlicher Product-Market-Fit darstellbar ist. Wir versuchen, Unternehmen zu identifizieren, die ein hervorragendes Team und ein Produkt bereits aus eigener Kraft zu einem MVP (Minimum Viable Product, Anm.) entwickelt haben, und damit erste Kunden gewinnen konnten. An dieser Stelle gehen wir mit unserer Expertise hinein und stellen dieser Company auch eine Managementmethode bereit. Wir bauen mit der Managementmethode, die wir entwickelt haben, ein Unternehmenskonstrukt auf, das es ermöglicht, möglichst „Da wir sehr frühkosteneffizient schnell zu wachsen und zu skalieren und die Produktstrategie soweit voranzuphasig beginnen in treiben, damit man Folgefinanzierungskunden der Pre-Seed und aufsetzen kann. Wir erwarten in erster Linie Seed-Phase zu genau diese initiale Validierung. Bei allem, was danach kommt, unterstützen wir. Wir unterstütinvestieren, haben zen bei den Finanzierungskunden, beim Aufbau wir auch das der Strategy Execution Frameworks und das größte Risiko.“ Team dabei, die Skalierung heben zu können.

sind, andererseits bekommen wir regelmäßig Inputs und Pitches auf den Tisch. Wenn wir investieren, dann sehen wir uns ganz besonders in erster Linie das Team an. Wir investieren weniger in Geschäftsmodelle als in Personen. Wenn ich ein hervorragendes Team identifiziert habe, welches im Geschäftsmodell aber noch die eine oder andere Barriere hat, hält uns das nicht von einem Investment ab. Wir glauben, dass wir mit der Expertise, die wir beisteuern können, jedes Geschäftsmodell oder Geschäftsmodelle, die grundsätzlich Product-Market-fit sind, optimieren können. Wenn wir allerdings ein hervorragendes Geschäftsmodell, aber kein passendes Team sehen, ist das für uns ein No-GoKriterium, in so ein Unternehmen zu investieren. Gibt es eine Fehlerquote und einen Prozentsatz des Kapitals, das Sie im Vorhinein als Verlust einplanen? Klässner: Wir gehen intern davon aus, dass ungefähr 30 Prozent unserer Investments gegebenenfalls keine Rendite abwerfen werden. Ob sie deshalb zum Verlust führen müssen, sei dahingestellt. Da wir sehr frühphasig beginnen bzw. in der Pre-Seed- und Seed-Phase investieren, haben wir auch das größte Risiko. Wir glauben aber trotzdem, dass unsere Verlustrate geringer ist als bei einem reinen Finanzinvestor, da wir auch sehr stark selbst aktiv in den Unternehmen dabei sind und die Strategie und Ausrichtung der Unternehmen mit unserer Art of Acceleration-Methode, die wir einführen, ausreichend steuern können. Wenn grundsätzlich ein Product-Market-Fit gegeben ist, können wir eine nachhaltige Entwicklung des Unternehmens herstellen und gewähr­leisten. Spielen nichtmonetäre Nachhaltigkeitskriterien, wie Sustainability, eine Rolle bei der Auswahl der Start-ups, in die Sie investieren? Klässner: Wo wir nicht investieren, sind etwa das Ölgeschäft oder Waffenfabriken. Da wir derzeit ganz stark im Energy- und MedTech-Umfeld sind, gehen wir grundsätzlich davon aus, dass Nachhaltigkeitsfaktoren grundsätzlich erreicht sind. Wir bewerten das nicht separat, achten aber schon darauf, in regenerative Unternehmen zu investieren, in Energieoptimierung und im Life-ScienceBereich in nachhaltige Unternehmen, die ökonomische und ökologische Verbesserungen mit sich bringen.

Martin Klässner

Wann ist der richtige Zeitpunkt zum Einstieg in ein Unternehmen? Klässner: Wir versuchen, so früh wie möglich einzusteigen, allerdings so spät, dass man gesehen hat, dass ein Product-Market-Fit vorhanden und damit das Interesse am Markt für eine Kommerzialisierung gegeben ist. Wenn nur ein Konzept vorhanden ist, steigen wir nicht ein, außer wir sind zu 100 Prozent überzeugt, dass es funktioniert. In der Regel erwarten wir schon, dass die Gründer aus eigener Kapazität ein Grundprodukt soweit hingebracht haben, dass sie zumindest die ersten Kunden gewinnen konnten. Mit dem Investment, das sie dann einsammeln wollen, soll ein Produkt in die Professionalisierung gebracht, der Vertrieb aufgebaut und eine Kommerzialisierung hergestellt werden. Sie entsenden auch Mitarbeiter in die Start-ups, um im täglichen Geschäft zu unterstützen. Klässner: Wir haben uns ganz stark darauf fokussiert, mit unserer Unternehmensgruppe an den relevanten Stellen anzugreifen. Wir stellen unseren Unternehmen eine Rechtsabteilung bereit, was die laufenden Rechtskosten deutlich reduziert. Alle unsere Beteiligungen haben Zugriff auf unsere Rechtsabteilung und können auf ein


© panthermedia.net/zagandesign

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europäischen Kontext nicht überall reibungslos funktioniert. Einerdementsprechendes Vertragspool und auf Beratung zurückgreifen. seits ist die Mentalität der Personen anders, andererseits lässt die Wir stellen Accounting- und Controlling-Expertise bereit und kümOKR-Methode sehr viel Freiheit, wie Themen umgesetzt werden. mern uns darum, die Finanzen auf Linie zu bringen und das ReDas hat oft sehr negative Auswirkungen auf die Effizienz- und beporting aufzusetzen. Und wir unterstützen mit Mitarbeitern der sonders auf die Kosteneffizienz-Faktoren. DesGrowthSquare, die Art of Acceleration Managehalb haben wir begonnen, eine eigene Managementmethode einzuführen, die es ermöglicht, mentmethodik zu entwickeln, die Bestandteile People-centric die Strategie auf die Straße zu „Die US-Mentalität der OKR-Methode beinhaltet, sich aber doch sehr bringen, die man zwischen Gründern und Sharefunktioniert in stark individualisiert hat. Aus dieser Methodik, holdern abgestimmt hat. Wir ermöglichen, ein einem europäidie wir Art of Acceleration genannt haben, entfokussiertes Wachstum der Unternehmen zu wickelten wir ein Framework, das sich in Unterfördern und verstehen uns da eigentlich als Exschen Kontext nehmen jeder Größe einführen lässt. Das ist ganz pert Consultant. Und die Gründer können Skanicht überall gezielt darauf ausgerichtet, eine abgestimmte lierungsphasen heben, ohne zuvor diverse Learreibungslos.“ Strategie jedem Mitarbeiter inhaltlich zugänglich ning-Phasen zu durchlaufen. Martin Klässner zu machen und die Aktionen zum Erreichen der Strategie so zu Papier zu bringen, dass sich dort Was ist das Einzigartige an Ihrer Manageein Reporting und vor allem Monitoring der Stramentmethode und kann man sie lernen? tegy Execution umsetzten lässt. Das fokussiert sich darauf, dass Klässner: Die kann man erlernen. Unser erstes Unternehmen haben eine hohe Mitbestimmungsmöglichkeit der Mitarbeiter gewährleiswir von zwei Mitarbeitern auf nunmehr 250 entwickelt und frühphatet ist, und dass die bereitgestellten Ressourcen so effizient wie sig den Versuch unternommen, die OKR-Methode (Objectives & möglich verwendet werden, um so billig wie möglich das UnternehKey-Results, Anm.) als Strategy Execution-Modell einzuführen. Wir menswachstum zu generieren. sind sehr schnell draufgekommen, dass die US-Mentalität in einem ◆


WeltMeister Österreich Copa-Data

Software für die Industrie vereinfacht Automatisierung Unzählige Maschinen weltweit verwenden die Software von Copa-Data aus Salzburg, einem der seltenen Unicorns Österreichs.

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u einer Zeit, als Computer noch keine alltäglichen Geräte waren, begann Thomas Punzenberger mit dem Aufbau von Copa-Data. Aus der kleinen Software-Firma wurde ein globales Unternehmen, das mit Automatisierungs- und Industriesoftware zu einem der seltenen österreichischen Unternehmen mit einem Wert von mehr als einer Milliarde Euro wurde – ein Unicorn. Derzeit beginnt Gründer Thomas Punzenberger die Übergabe seines Lebenswerks an die beiden Söhne und erklärt unter anderem, weshalb Copa-Data ein Familienunternehmen ohne jegliche fremde Kapitalbeteiligung bleibt.

© Florian Mitterer

Im Gründungsjahr 1987 waren die technischen Möglichkeiten noch ganz andere. Wie haben Sie in der digitalen Steinzeit begonnen, Ihre Software zu entwickeln? Thomas Punzenberger: Wir haben damals bereits mit Windows begonnen, die Software zu entwickeln. Es war für mich klar, dass

Thomas Punzenberger war mit Copa-Data einer der IT-Pioniere Österreichs.

wir für diese Art der Applikation, deren Idee in unseren Köpfen herumgeschwirrt ist, eine grafische Benutzeroberfläche brauchen. Das war natürlich unendlich mühsamer zu entwickeln als heute, aber es hat funktioniert und wir konnten im Jahr 1992 die erste Version von zenon releasen und bei Kunden installieren. Was steckt hinter der Softwareplattform zenon, und was macht Ihre Softwarelösung für die Industrie so erfolgreich? Punzenberger: Begonnen hat alles als einfache Bedienoberfläche für technische Prozesse im Allgemeinen, zur Bedienung einer Maschine, von Anlagen wie Druckluftanlagen oder eines kleinen Kraftwerks. Das war der erste Kern, für eine Bedienoberfläche zur Interaktion mit technischen Geräten. Daraus hat sich später sehr viel mehr entwickelt, wie Alarmierung, ganze Alarmsysteme, Datenaufzeichnung, gesicherte Freigaben und alles, was in kritischer Infrastruktur nötig ist, um Schalthandlungen durchführen zu können. Daraus hat sich die Softwareplattform zenon entwickelt, die heute in den unterschiedlichsten Branchen für verschiedenste Aufgaben eingesetzt wird. Anfang der 2000er-Jahre haben wir zusätzlich ein Steuerungssystem entwickelt, sodass auch Steuerungsaufgaben, Regelungsaufgaben und mehr von zenon übernommen werden können. Das geht bis zur Historian-Aufzeichnung, also der Aufzeichnung von Daten, um gesetzlichen Auflagen Genüge zu tun. Wer hat wann was verändert oder bedient? Speziell im PharmaUmfeld muss nachvollzogen werden können, dass keine Bedienfehler gemacht wurden und alles sauber dokumentiert wird. Dazu gehört auch die Analyse der Prozesse selbst, die Effizienz zu steigern und zu sehen, wo vielleicht Verbesserungen herstellbar sind. Wie viele Unternehmen würden ohne Ihre Software stillstehen? Punzenberger: Viele hätten auf jeden Fall keinen Strom mehr für ihre Computer. (lacht) Die genaue Anzahl kann ich nur schwer schätzen, aber es sind mehr als 5.000 weltweit.


© Copa-Data

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Eines von vielen Einsatzgebieten der Softwareplattform zenon von Copa-Data: das Management und die Visualisierung von Windkraftanlagen.

In welchen Kernbranchen ist zenon im Einsatz? Punzenberger: Wir sind in vier Kernbranchen tätig – in der Energiewirtschaft, in der Life Science & Pharma-Industrie und in den Bereichen Food & Beverage sowie der Automobilindustrie. Generell sind die Renewables seit jeher wichtig, vor allem die Wasserkraft, PV- und Windkraftanlagen. Dort ist zenon sehr weit verbreitet. Das betrifft etwa Umspannwerke. Im Life Science & Pharma-Bereich sind wir sehr stark im Packaging tätig, im sogenannten SecondaryBereich, mittlerweile aber auch verstärkt in den Prozessen. In Food & Beverage sind die Applikationen ähnlich, hier geht es von der Schokoladenherstellung, dem Einpacken von Schokolade, dem Waschen und Abfüllen von Flaschen bis zum Etikettieren, Paketieren, Palettieren und zum Bierbrauen selbst. Wir arbeiten hier auch mit den Maschinenbauern zusammen, denn zenon läuft sehr häufig als Standardsoftware in den Maschinen für deren Kunden. Viele Endkunden wissen gar nicht, dass sie mit zenon arbeiten. Deshalb gibt es auch die weltweite Verbreitung von zenon, und wir selbst wissen oft gar nicht, wo zenon tatsächlich überall läuft. Wie passen Ihre Leistungen für die Automobilindustrie dazu? Punzenberger: Hier findet man zenon in der Produktion in den unterschiedlichsten Gewerken – vom Presswerk, über Rohbau und Karosserie bis zur Lackieranlage. Überall dort werden Anlagen von zenon gesteuert und betrieben. Wichtig ist auch der ZAÜ-Bereich (Zentrale Anlagenüberwachung, Anm.), wo wir die gesamte Steu-

erung und Überwachung der Produktion realisieren. Hier hat man einen gesamten Überblick über die Produktion an einem Standort. Das sind ziemlich anspruchsvolle Anwendungen, da hier enorm viele Daten zusammenlaufen. Das betrifft dann nicht mehr nur die einzelnen Gewerke, sondern auch die übergelagerte ZAÜ. Zusätzlich wird mit zenon als Energiedaten-Managementsystem häufig die gesamte Produktionsstätte visualisiert und analysiert: Wie steht es um die Energieversorgung des Gebäudes, oder wie effizient läuft die Produktion? Dabei handelt es sich zum Teil um riesige Anlagen, die oft erst nach und nach entstehen. Kommt eigentlich jeder Österreicher mit zenon indirekt in Berührung? Punzenberger: Das kann man so sagen. Schon durch die Stromversorgung hat jeder damit zu tun oder jeder, der schon Mineralwasser oder ein Bier getrunken hat. Überall dort ist zenon im Spiel. Was hat zenon weltweit derart erfolgreich gemacht? Copa-Data wird ja nicht das einzige Unternehmen gewesen sein, das in den vergangenen Jahrzehnten Industriesoftware entwickelt hat. Punzenberger: Wir haben von Beginn an eine andere Strategie verfolgt als andere Anbieter. Bei uns war das Motto immer ‚Projektieren statt Programmieren‘. Das war anfangs ein eher unpopulärer Ansatz, da speziell die amerikanischen Systeme einen anderen Zugang gewählt hatten, der immer wieder sehr viel an Program-


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Copa-Data

„Für KI-generierte Bilder, Video- und Audiodateien und Text müsste eine Kennzeichnungspflicht eingeführt werden.“

Leben grundlegend verändern, vielleicht so miercode für die Realisierung der Projekte erforstark wie es das Internet getan hat. Auch KI dert. Im Endeffekt hat sich die Hartnäckigkeit kann primär als Werkzeug genutzt werden, um durchgesetzt, den Weg des einfachen Projektieuns das Leben zu erleichtern und eventuell den rens zu verfolgen. Heute gehen große NorMangel an IT-Entwicklern zu kompensieren. Wir mungsbestrebungen wie MTP (Module Type Thomas Punzenberger haben ein Projekt am Laufen, um – mit KI gePackage, Anm.) genau diesen Weg, Dinge zu steuert – einen Assistant für unsere Software modularisieren, zu kapseln und in Einheiten wie aufzubauen, sodass man über Fragen sofort zu Black Boxes zu verpacken. Wie die Black Box im Engineering-Lösungen auf unserer bereits sehr mächtigen PlattInneren funktioniert, ist dabei egal und man kann sich darauf verform kommt. Dort hilft KI uns und unseren Kunden enorm weiter. lassen, dass alles funktioniert. Darin befindet sich ein Prozessor und Was ich sehr kritisch sehe, sind KI-generierte Bilder, Video- und eine eigene Logik, um die sich der Kunde nicht kümmern muss. Audio-Dateien und Text. Hier müsste ganz dringend eine KennDiese fertigen Komponenten kann man mit Lego-Bausteinen verzeichnungspflicht eingeführt werden, denn damit kann man extrem gleichen. Das wird sich in der Industrie in Zukunft noch stärker viel Unfug anstellen. Mit Zertifikaten kann man da sehr weit komverbreiten, denn alle stöhnen und ächzen unter dem Fachkräftemen, einen 100%-igen Schutz wird man nie erreichen. mangel und es hat niemand mehr die Kapazität oder die Zeit, alles neu zu konstruieren. Man muss auf fertige Komponenten zurückSie bereiten derzeit die Übergabe Ihres Unternehmens an die greifen und das spiegelt sich auch in der Software wider. Die Annächste Generation vor. Ist das ein einfaches Procedere? Ist der wender wollen Plug and Produce, und das System soll fertig sein. Vater der große Guru, der den Jungen etwas beibringen kann? Die Endanwender selbst sind dann in der Lage, AutomatisierungsPunzenberger: Der große Guru war ich nie. Meine Söhne haben projekte aufzubauen, ohne einen Automatisierer dabei zu haben. gesagt, dass sie das Unternehmen weiterführen wollen, und wir Es ist alles bereits so gut vorbereitet, dass sie die Komponenten sind gerade dabei, die beiden Söhne anzuboarden. Bisher läuft das selbst zusammenstoppeln können – sie orchestrieren gewissermarecht harmonisch, aber natürlich gibt es Diskussionen, das ist klar. ßen eine modulare Gesamtanlage.

© Lukas Jahn

Gehen Ihre kommenden Entwicklungen bei der Automatisierung in Richtung KI? Müssen wir uns vor KI fürchten? Punzenberger: zenon ist ein Software-Werkzeug, das man großartig für verschiedenste Aufgaben nutzen kann. Die KI wird unser

Das neue, zusätzliche Bürogebäude von Copa-Data in Salzburg.

Sie sind sehr zurückhaltend, wenn es darum geht, dass CopaData eines der raren Unicorns mit einer Bewertung von einer Milliarde Euro ist. Weshalb ist Ihnen das nicht so wichtig? Punzenberger: Das ist nur eine virtuelle Bewertung. Es ist nett, wenn man das gesagt bekommt, aber es hat keinen wirklichen, realen Wert. Den Wert würde es bekommen, würde man die Bewertung realisieren. Bisher war uns immer die Unabhängigkeit als Familienunternehmen viel wichtiger. Und die Möglichkeit, eigene Ideen zu realisieren, ohne dass wir auf einen Kapitalgeber Rücksicht nehmen müssen. Das ist vielleicht auch die Antwort darauf, was Copa-Data anders macht. Wir haben die Möglichkeit und auch das Durchhaltevermögen, Innovationen länger als zwei Jahre voranzutreiben. Der klassische Zeitraum eines Kapitalgebers sind zwei Jahre, in denen man beweisen muss, dass Geld verdient werden kann. Ansonsten wird die Idee wieder eingestampft. So erging es vielen unserer Mitbewerber. Wenn wir an eine Idee glauben, bleiben wir hartnäckig und arbeiten auch mal fünf Jahre sukzessive daran. Wir sind profitabel und verdienen unser Geld, damit haben wir die Möglichkeit, unsere Strategie mittel- und langfristig anzulegen. ◆


Wir verhelfen zur Innovation. Wir begleiten Sie und Ihr Unternehmen auf dem Weg in die Zukunft und stehen Ihnen mit unserem Know-how bei der Umsetzung Ihrer Projekte und Ideen zur Seite. Wir bieten neutrale und kostenfreie Services für:

/ Unternehmen in Salzburg und jene, die sich hier ansiedeln möchten

/ Forscher:innen / Film- und Kreativschaffende / Start-ups / Fachkräfte

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WeltMeister Österreich Tirol


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Tirol Tirol in Zahlen Größe Bevölkerungsanzahl Bruttoregionalprodukt je Einwohner* verfügbares Einkommen privater Haushalte* Einkommen pro Arbeitnehmer* Forschungsquote in % des BIP* Anzahl der Betriebe*** – Industrie – Bau – Handel Anzahl der Erwerbstätigen*** – Industrie – Bau – Handel Anzahl der Beherbergungsbetriebe** Nächtigungen**

12.648 km² 773.491 45.400 € 24.000 € 46.300 € 2,83 %

3.095 4.191 6.849 60.205 37.636 53.327 22.513 44.800.225 Quelle: Statistik Austria; *2021 **2022 ***2020


WeltMeister Österreich Feratel

Mit „Window to the World“ zum Tourismusgiganten Von „Wetterkameras“ im TV bis zu Marketing, Werbung und Logistik – Feratel eroberte mit völlig neuen Konzepten den Markt.

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etterkameras, die Live-Bilder aus Tourismusregionen in die Wohnzimmer der Österreicher brachten – das war im Jahr 1987 der Start des Tiroler Unternehmens Feratel. Im Laufe der Jahre kamen – auch durch einfachere und modernere Technik – Hunderte Wettercams hinzu, später folgten diverse Tochtergesellschaften, die von Werbeflächen in Tourismusregionen, Marketing-Tools bis zur Logistik – wie Buchungs- und Gästemeldesysteme – viele Bereiche abdeckten. Heute hat Feratel eine einzigartige Marktposition. Mastermind und CEO Markus Schröcksnadel lässt hinter die Kulissen des Tourismusgiganten blicken.

© Feratel

Lassen Sie uns zuerst über ‚Window to the World‘, die FeratelKameras, sprechen. Wie viele gibt es derzeit und ist ein weiterer internationaler Ausbau in neue Länder angedacht?

Markus Schröcksnadel machte aus Feratel einen Tourismuskonzern.

Markus Schröcksnadel: Derzeit haben wir 1.038 Kameras in 14 Ländern an 551 Orten. Es gibt weniger Orte als Kameras, da es unter Umständen an manchen Orten zwei oder drei Kameras gibt. Wir haben sehr weit entfernte Kameras wie etwa in Grönland, die ich selbst gerne anschaue – es ist immer ganz spannend, wie lange sich dort das Packeis hält. Unser Schwerpunkt ist im D-A-CH-Raum, aber auch Italien, Tschechien, Slowakei, ein bisschen Spanien und Türkei. Das liegt daran, dass unsere Herkunft der Wintertourismus ist und wir damit begonnen haben. Die Kameras sind im Sommer wie im Winter sehr beliebt. Das gilt auch für die Städtedestinationen wie die Kamera am Hotel Adlon in Berlin auf das Brandenburger Tor oder die Kamera neben dem Vatikan mit Blick auf den Petersplatz; die Kamera neben dem Vatikan hat die meisten Zugriffe überhaupt und ist total beliebt. Die Bilder werden nicht nur über das Fernsehen verbreitet. Das war der klassische Weg, denn als wir begonnen haben, gab es nichts anderes und es war unvorstellbar, über eine Telefonleitung live Bewegtbilder auf ein Telefon zu bringen. Mittlerweile ist sowohl der Online- als auch der mobile Bereich sehr stark, und wir hatten im Februar 2023 mit mehr als einer Milliarde die meisten Zugriffe auf das Kameranetzwerk, die wir jemals verzeichnen konnten. Hinzu kommen noch die Zuseher im Fernsehen, wo wir sehr stark im öffentlich-rechtlichen Rundfunk vertreten sind. Aber auch private Stationen übernehmen diese Bilder. Das ist seit 1987 ein Erfolgsrezept und wird immer an die technischen Möglichkeiten angepasst. Das Geschäft wächst und ist bei Usern äußerst beliebt. Sind Streaming-Plattformen oder private Kameras, die heute jeder mit dem Handy streamen kann, eine Konkurrenz? Schröcksnadel: Im Gegenteil, für uns ist das sogar besser, da jeder gewohnt ist, Bewegtbilder auch am Handy oder Smart TV anzusehen. Das ist ganz normal geworden. Früher war das eine Sensation, denn ‚Window to the World‘ war das Schaufenster einer Tourismus-


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Die technische Zentrale der Feratel Media Technologies AG – inklusive einem Kamerastandort – in Pfarrwerfen in Salzburg.

region in die Welt in Echtzeit. Das war eigentlich das erste virtuelle Schaufenster und hat sich erweitert. Unsere Kameras haben ganz spezielle Positionen an ganz bestimmten Points of Interest. Die User-generated Fotos haben einen ganz anderen Hintergrund. Deshalb ist das keine Konkurrenz, sondern eine Befruchtung.

nicht nur eine virtuelle Karte sieht, sondern auch ein Live-Bild. Und das ist das Interessante an dem Geschäftsmodell. Wer bezahlt das alles? Schröcksnadel: Das Netzwerk bezahlt der, der die Kamera aufstellt. Unser Kunde kauft bei uns ein Plug and Play-System und bezahlt eine jährliche Netzwerk-Fee an uns für die Verbreitung. Es gibt auch Reports von uns, wie die jeweiligen Bilder genutzt wurden. Die Ausstrahlung bezahlt das Medienunternehmen insofern, dass es eine Technik bereitstellen muss, um die Bilder auszustrahlen.

Wer wählt die Kamerastandorte aus, wer stellt die Cams auf und serviciert sie? Schröcksnadel: Wartungsintensiv waren die Kameras früher, das waren große Geräte, die mit Richtfunk verbunden worden sind und wogen 60 Kilo mit ihren Schwenkköpfen. Es waren eine Art IndustIhre Live-Kameras müssten doch Anzieriekletterer, die sie montiert und gewartet haben. hungspunkte für all jene sein, die sich gerne Heute dagegen sind die Kameras relativ klein „Letztendlich sind vor einer Kamera produzieren. Das sieht man und leicht und können vom Betreiber in der Regel die Tourismus­ aber nur selten. selbst montiert werden. Sie sind sehr wartungsSchröcksnadel: Das war früher so, dass man arm. Wenn heute gewartet wird, tauscht man ströme und die einen Nudisten gesehen hat, der durch das Bild eher die ganze Kamera aus, das ist einfacher. Die Wünsche der läuft, oder Menschen, die Transparente hochhalVerbindung funktioniert entweder über WLAN Gäste überall ten. Wir hatten in der Anfangszeit einen Hacker, oder direkt über ein Glasfaserkabel. Bei der Wahl der im tschechischen Fernsehen unser Bild koder Standorte werden beide Seiten aktiv, sowohl die gleichen.“ piert hat und bei einem Schwenk entstand ein die Points of Interest oder wir, wenn wir meinen, Markus Schröcksnadel Atompilz. Da gab es eine Riesenaufregung. der Standort ist interessant. Der Business-Case ist so, dass wir eine technische Dienstleistung Sie verknüpfen die Live-Bilder mit redaktionellen Informationen erbringen, nämlich das Kameranetzwerk anbieten und die Verteiund Links zu Buchungsmöglichkeiten. Wie anspruchsvoll ist die lung über die unterschiedlichsten Kanäle gewährleisten. Eine ReichVerknüpfung und Vernetzung bzw. nutzen Sie dafür KI? weitengarantie gibt es dabei aber nicht, da es sich um keine InseraSchröcksnadel: Das Redaktionssystem ist auf menschlicher Handte handelt, sondern jeder, der die Bilder verbreitet, ist völlig frei in arbeit basierend. KI verwenden wir schon und wir haben auch eine der Nutzung. Unsere Medienpartner wollen diese Bilder nutzen und Beteiligung an der Firma Onlim, die sich ausschließlich mit KI beverlangen nach immer mehr – offensichtlich bringen diese Bilder den schäftigt. Es gibt diverse Projekte mit Chatbots, die bereits laufen. Medien zusätzlichen Traffic. Ein Wetterportal lebt davon, dass man


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„Wintertourismus und Mittelmeer­ tourismus wird es in absehbarer Zeit natürlich geben.“

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Sprechen wir hier ausschließlich über digiDie Thematik mit Bettenverfügbarkeit oder Butale Werbemittel? chungsmöglichkeiten kommt aus unserem zweiSchröcksnadel: Die meisten Plakate sind analoten Geschäftsfeld, mit dem wir Buchungs-, ReMarkus Schröcksnadel ge Plakate, von denen ich auch sehr viel halte, servierungs- und CRM-Systeme für Tourismuseben weil die Atmosphäre entspannt ist. Man regionen liefern. Das ist ein separates, sehr sitzt in einem Gasthaus, steht am Lift an oder mächtiges System, über das sehr viele Informasitzt am Sessellift, da wäre ein dauerndes Blinken im Hintergrund tionen laufen. Natürlich wird das in Zukunft noch verstärkt durch gar nicht so gut. Algorithmen gesteuert, je komplexer die Systeme werden. Es ist immer die Frage, wie sehr man das auf die Spitze treibt, wir machen Andererseits bietet Feratel Marketingkonzepte für Tourismushier ja keinen ChatGPT und schreiben Aufsätze. betriebe als Komplettlösung an; dazu gehören auch Systeme für das Gästemeldewesen. Sind alle Elemente wie Live-Cams oder Mit Ihrer sitour-Gesellschaft bieten Sie ‚analoge und digitale InBuchungssystem wie ein Baukasten zusammenstellbar? formations-, Sicherheits- und Orientierungssysteme für Skigebiete Schröcksnadel: In der Regel haben viele Destinationen diese Bausowie die Vermarktung unterschiedlichster Werbeflächen und steine von uns, aber sie haben auch eigene, große MarketingabteiWerbeformen‘ an. Ist das ein zukunftsweisendes Geschäftsmodell, lungen, die dann diese Bausteine nutzen. Wir haben eine Tochtersollte es mit dem Wintertourismus bergab gehen? firma, pixelpoint, die tatsächlich Marketingkonzepte im digitalen Schröcksnadel: Im vergangenen Winter wurde die Krise aufgrund Bereich erstellt. Wir selbst liefern keine Marketingkonzepte, sonder wirklich prekären Schneelage im Jänner ausgerufen. Im Somdern die Bausteine dafür. Es gibt Orte, die Kamerabilder mit Informer wurde die Krise des Mittelmeertourismus ausgerufen, da alles mationen aus dem Skigebiet, Points of Interest, Buchungsmöglichniederbrennt und es viel zu heiß ist. Wintertourismus und den keit von Hotel und Skipass in einem und vieles mehr sehr intelligent Mittelmeertourismus wird es in absehbarer Zeit natürlich geben. nutzen. Das ist unser USP. Auch das gesamte Gästemeldewesen Es kann sein, dass er sich regional verschiebt, aber auch der Winter läuft in der Regel über unsere Technik, ebenso Gästekartensysteme 2022/23 war ein durchaus erfolgreicher Winter, trotz der schlechten wie die Kärnten Card oder die Niederösterreich Card. Das alles kann Schneelage. Der Markt ist relativ stabil, die Preise ebenfalls. Out-ofnatürlich vernetzt werden. Home ist eine Werbeform, die in einer entspannten Atmosphäre angeboten wird und nicht in einer U-Bahn-Station, wo man im Das klingt, als ob in den meisten Tourismusregionen bereits Alltag unterwegs ist. Dort ist man sicher nicht so positiv aufnahFeratel steckt … mebereit wie in einer angenehmen, entspannten UrlaubsatmosphäSchröcksnadel: Ja, das würde ich schon so sagen. Es gibt aber re. Damit können wir sehr stark punkten. durchaus einen lebhaften Mitbewerb und Wettbewerb.

Bei Feratel kommt modernste Kameratechnologie zum Einsatz.

Wo geht die Reise für Feratel in den kommenden Jahren hin? Wird es neue Märkte geben? Schröcksnadel: Unser Wachstum geht hauptsächlich hin ins Ausland. Wir wollen in den großen Tourismusmärkten Frankreich und Italien stärker werden, möchten aber auch in Slowenien und Kroatien erfolgreich sein. Das ist natürlich sehr schwierig, da es eine andere Art von Tourismus ist, es gibt andere Player und andere Normen. Letztendlich sind die Tourismusströme und die Wünsche der Gäste die gleichen. Deshalb müsste unser System ganz gut passen. Dort, wo wir bereits sind, wollen wir unsere Marktposition behalten, bestenfalls vergrößern und eine noch größere Dichte an Kunden bekommen.


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Mit „Deskline“ bietet Feratel ein Homepage-Modul für Touristiker an.

Wie offen ist man im Ausland gegenüber einem neuen Player wie Feratel? Schröcksnadel: Es gibt Märkte mit Systemen, die in manchen Punkten vergleichbar sind. Dort ist man in einem beinharten Wettbewerb und muss sich beweisen. Es gibt auch Länder, in denen es noch keine Infrastruktur gibt und wo man Basisarbeit leistet, damit diese Systeme wichtig sind, um einen professionellen, digitalisierten Tourismus anbieten zu können.

Eine persönliche Frage: Wie ist es, in die Fußstapfen eines legendären Vaters zu treten, der nicht nur in Österreich sehr prominent ist? Schröcksnadel: Im Sport wäre es ein Nachteil. Mein Sohn ist bis in den Europacup Rennen gefahren, und es war immer ein Problem, wenn er am Start gestanden ist. Da hieß es: Jetzt kommt der Enkel vom Präsidenten. Das ist für die Performance oft eher hemmend. Für mich persönlich war es kein Problem, weil das getrennt war. Mein Vater war im ÖSV, und ich habe mein Geschäft betrieben und darauf geschaut, dass ich nicht so wahnsinnig oft in der Öffentlichkeit erscheine. ◆

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Können Sie einen Tipp vom Top-Experten geben – wann ist die beste Zeit, um einen Winterurlaub zu buchen? Schröcksnadel: Ich kann das im D-A-CH-Raum beurteilen, da würde ich meinen, dass derzeit früh zu buchen günstiger ist, da es eine gute Nachfrage gibt. Im Gegensatz zu anderen Konsumgütern scheint der Urlaub ungebrochen nachgefragt zu sein, und die Menschen sparen lieber bei den Nebenausgaben. Viele Orte bieten auch dynamische Preise an und dort sind die Preise bei frühem Buchen zumeist deutlich günstiger. Hier sprechen wir von 20 bis 30 Prozent. Das hat sich in den vergangenen vier fünf Jahren verändert.

Die Montage so mancher Kamera ist Aufgabe von Spezialisten.


WeltMeister Österreich Lambda Wärmepumpen GmbH

Die weltweit effizienteste Wärmepumpe stammt aus Tirol Zwei junge Ingenieure mischen die Szene auf und konstruieren in Eigenregie Wärmepumpen der neuesten Generation.

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ie Erfolgsgeschichte von Lambda Wärmepumpen liest sich wie ein modernes Märchen à la Apple. Es begannen zwei junge Ingenieure in Brixen im Thale das bisherige Prinzip von Wärmepumpen zu hinterfragen und bastelten in Eigenregie einen eigenen Prototyp. Man schrieb das Jahr 2019, als die erste Wärmepumpe mit dem sogenannten 3K-Prozess in Betrieb genommen wurde und Florian Entleitner und Florian Fuchs ihre Firma Lambda Wärmepumpen gründeten. Das Besondere: Die Wärmepumpen aus Tirol können relativ einfach in Bestandsgebäude eingebaut werden und funktionieren mit bestehenden Heizkörpern. Etliche Förderungen und Auszeichnungen später produzieren die beiden Tiroler an die 3.000 Wärmepumpen pro Jahr, und zwei Joint Ventures im Ausland laufen prächtig. Gründer Florian Entleitner lässt einen Blick hinter die Kulissen des spannenden Start-ups zu.

Die beiden Lambda-Gründer Florian Entleitner (l.) und Florian Fuchs.

Lambda gibt den Wert zur Wärmeleitfähigkeit eines Baustoffs an. Der Firmenname war also nicht willkürlich gewählt. Florian Entleitner: Der griechische Buchstabe Lambda steht für die Wärmeleitfähigkeit, was sehr gut zu uns passte. Wir konnten den Übergang der Wärme von der Luft in das Kältemittel in Wärmepumpen stark verbessern und erreichen eine hohe Wärmeleitfähigkeit. Wärmepumpen gelten als das Allheilmittel zur Vermeidung von fossilen Brennstoffen. Stimmt das aus Ihrer Sicht? Entleitner: Je höher die Temperatur ist, die man bereitstellen muss, desto ineffizienter werden Wärmepumpen. Früher war es üblich, dass Wärmepumpen in Neubauten als Fußbodenheizung eingebaut wurden, und das funktioniert auch gut. Für Heizkörper in Bestandsgebäuden waren sie eher nicht geeignet. Das hat sich in den vergangenen Jahren extrem gewandelt. Speziell unser Produkt kann eine hohe Effizienz vorweisen, und man kann auch mittels Heizkörpern effizient heizen. Möchte man einen Heizkörper mit bis zu 55 Grad betreiben, klappt das bestens und man kann es kostentechnisch gegenüber fossilen Brennstoffen argumentieren. Braucht man 70 Grad, dann werden die Betriebskosten mit Erdgas derzeit noch günstiger sein. Bei Ihnen in Brixen im Thale in Tirol wird es im Winter extrem kalt. War das eine Inspirationsquelle bei der Konstruktion und ein Selbstversuch unter Extrembedingungen? Entleitner: Das ist tatsächlich ein Wettbewerbsvorteil. Bei Wärmepumpen ist der Abtauprozess manchmal ein kritischer Moment. Vom maschinenbaulichen Aspekt muss man hier einiges testen und umbauen, da die Theorie oft nicht so einfach in der Praxis funktioniert, und Abläufe nicht simuliert werden können. An diesem Standort mit langen Heizperioden und knackigen Temperaturen im Winter kann man Probleme frühzeitig erkennen und Gegenmaßnahmen setzen.


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Die effizientesten Luftwärmepumpen ihrer Klasse von Lambda aus Tirol finden fast überall ihren Platz – sogar auf Dachterrassen.

Was kann man sich unter dem Abtauprozess vorstellen, den die meisten Menschen eher von Kühl- und Gefrierschränken her kennen? Entleitner: Eine Wärmepumpe entzieht der Außenluft Energie. Dadurch kühlt die Luft ab, und es kann passieren, dass die Temperatur unter den Taupunkt rutscht. Dann gefriert Wasser am Luftwärmetauscher, und die Wärmepumpe muss ab und zu abtauen. Das funktioniert automatisch, ohne zusätzlichen Handlungsbedarf. Wenn es draußen knapp unter null Grad und 100 Prozent Luftfeuchtigkeit hat, kann es sein, dass alle eineinhalb Stunden kurz abgetaut werden muss. Dabei wird der Prozess umgekehrt, was zwei bis drei Minuten dauert. Das merkt man im laufenden Betrieb aber nicht.

Wärmepumpen galten lange als groß, laut und aufwendig zu installieren. Was hat sich hier technisch verändert? Entleitner: Es gibt Luft-, Erdreich und Grundwasserwärmepumpen, wobei in den vergangenen Jahren der Trend eindeutig zu Luftwärmepumpen ging, da die Effizienz immer weiter angestiegen ist. Unsere Luftwärmepumpen sind in Bezug auf die Betriebskosten äußerst konkurrenzfähig gegenüber Erdreichwärmepumpen, und die Investitionskosten sind deutlich günstiger. Die Schallbelastung ist ein großes Thema, aber das bekommt man in den Griff. Dabei arbeiten wir viel mit Schallschutzhauben und mit gut dimensionierten Ventilatoren, die in Drehzahlbereichen betrieben werden, in denen es wenig Schallemissionen gibt.

Weshalb haben Sie sich auf das Thema Wärmepumpen spezialisiert? Entleitner: Mein Partner und ich hatten bereits in der Branche gearbeitet, also war das Thema für uns nicht unbekannt. Wir haben beide Energie- und Verfahrenstechnik studiert und Thermodynamik hat uns schon immer fasziniert. Meine Masterarbeit hatte das Thema ‚Wärmeübergang in Luftwärmetauschern für Wärmepumpen‘. Dabei entdeckten wir ein Konzept, das noch nicht umgesetzt wurde, und machten uns an die Arbeit.

Ihre Geräte sind also auch für den Einsatz in dicht verbautem Gebiet tauglich? Entleitner: Man muss die Planungsrichtlinien beachten, dafür gibt es Schallrechner wie von der Wärmepumpe Austria oder von den Bundesländern. Dabei wird der nötige Abstand zum Nachbargrundstück anhand des gewählten Modells berechnet. Bei einem Einfamilienhaus auf der grünen Wiese ist so gut wie alles machbar, bei einem Reihenhaus ist man ein wenig eingeschränkter. Aber auch eine Dachterrasse oder ein Balkon können unter Umständen für das


WeltMeister Österreich Lambda Wärmepumpen GmbH

einen sehr hohen Wärmetransport, also beim Übergang von der Luft auf das Kältemittel über „90 Prozent unserer den Luftwärmetauscher. Die hohe Effizienz erWärmepumpen reichen wir, da wir eine spezielle Strömung im werden bei SanieLuftwärmetauscher in den Kältemittel führenden Bauteilen, in den Rohrleitungen, erzeugen rungen oder im können. Ende der 1990er-Jahre gab es dazu beAltbau verwendet.“ reits Versuche von Forschungseinrichtungen, Ihre Wärmepumpe gilt als effizienteste der Florian Entleitner allerdings konnte man dabei den BetriebszuWelt in ihrer Klasse. In welcher Klasse? stand nicht stabil halten. Dieses Problem konnEntleitner: In unserem Fall ist das auf eine Luftten wir lösen. Wir haben eine gebrauchte Wärwärmepumpe bezogen. Es gibt diverse Effizimepumpe, bei der uns nur der Luftwärmetauscher gut gefallen hat, enzkriterien wie den SCOP-Wert (die Jahresarbeitszahl einer Wärum 900 Euro gekauft und umgebaut. Nach unzähligen Umbauten, mepumpe innerhalb verschiedener Betriebszustände, Anm.). Bei Messungen und Vergleichen in einem Simulationsprogramm sind Niedertemperaturanwendungen erreichen wir einen SCOP von 5,7, wir draufgekommen, wie es am besten funktioniert. Daraus haben bei Heizkörpern hat die Wärmepumpe einen SCOP von 4,5. Das wir unser Serienprodukt entwickelt. bedeutet, man erhält das 4,5-Fache des eingesetzten Stroms an Wärme, welche über ein ganzes Jahr benötigt wird. Bei beiden Was verstehen Sie unter dem 3K-Prozess? Kriterien liegen wir bei Luftwärmepumpen vorne. Entleitner: 3K steht für die Temperatur von drei Kelvin. Das ist bei uns die durchschnittliche Temperaturdifferenz, die wir zwischen Wie gelang es Ihnen, eine derartige Effizienz zu erreichen und Luft- und Verdampfungstemperatur benötigen. Je höher der Wärdie internationale Konkurrenz abzuhängen? meübergang, desto geringer kann die Temperaturdifferenz gehalEntleitner: Manchmal ist es ein Vorteil, wenn man sich einem Theten werden. Normale Wärmepumpen brauchen zwischen acht und ma ohne Vorbelastungen nähert. Wir konnten bei Null beginnen zwölf Grad Temperaturdifferenz, damit der Prozess funktioniert. Da und eine Wärmepumpe konzipieren, ohne uns an betriebsinterne wir nur drei Grad Unterschied benötigen, ergibt sich eine höhere Standards halten zu müssen und das frei entwickeln. Wir haben Effizienz. Pro ein Grad weniger benötigte Temperatur ergibt sich eine Energieersparnis zwischen zwei und vier Prozent.

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Aufstellen einer Wärmepumpe geeignet sein. Das muss man sich im Einzelfall anschauen. Grundsätzlich gilt, dass ein guter Luftwechsel benötigt wird, die Wärmepumpe sollte nicht in einer Nische stehen, und es muss eine Möglichkeit geben, das Kondenswasser abzuführen.

Keine Riesenanlagen: Wärmepumpen aus der Lambda-Manufaktur.

Einer der großen Vorteile Ihrer Wärmepumpe ist, dass der Betrieb auch in Bestandsgebäuden mit alten Heizkörpern möglich ist. Entleitner: 90 Prozent unserer Wärmepumpen werden bei Sanierungen oder im Altbau verwendet. Physikalisch ist es immer besser, wenn man mit niedrigeren Temperaturen auskommt, denn dabei steigt die Effizienz. Meist kommt man bei älteren Heizkörpern auf 50 bis 55 Grad maximale Vorlauftemperatur (jene Temperatur, die im Heizkörper ankommt, Anm.), was ausreicht. Wie schützt Ihre Wärmepumpe bei der Warmwasserbereitstellung vor Legionellen? Entleitner: Das ist eigentlich dem Kältemittel geschuldet, denn wir verwenden das natürliche R290, also Propan. Damit erreichen wir eine Vorlauftemperatur von bis zu 70 Grad. Legionellen vermehren sich bei Temperaturen ab 35 Grad und sterben bei 60 Grad durch


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Die effiziente Wärmepumpe aus Tirol. 3.000 Stück werden 2023 produziert.

Die Steuerung der Lambda-Wärmepumpe braucht wenig Platz.

eine thermische Desinfektion ab. Dabei wird kein Zuheizen, etwa mit einem Heizstab, benötigt, um eine thermische Desinfektion zu gewährleisten.

sen. Unsere Firma hat sich ganz natürlich entwickelt, da wir durch unsere Effizienzkennzahlen auf den Förderlisten ganz oben standen und einige Preise gewonnen haben. Durch zufriedene Endkunden und Heizungsbauer haben sich tolle Partnerschaften entwickelt. Auch die Mundpropaganda war sehr wichtig. Seit drei Jahren können wir ein Wachstum von 300 Prozent jährlich verzeichnen und das ganz ohne Investitionen in Marketing.

Weshalb verwenden Sie Propan als natürliches Kältemittel? Entleitner: Das setzt sich derzeit durch. Synthetische Standardkältemittel gelten als sehr starke Treibhausgase und werden von der EU im Rahmen eines Stufenplans bis zum Jahr 2030 mehr oder Wie viele Wärmepumpen produzieren Sie? weniger verboten. Eine natürliche Alternative ist Propan, das über Entleitner: Wir sind mitten in der Serienproduktion. Im Jahr 2022 einen Faktor von drei GWP (Global Warming Potential) verfügt, haben wir 1.000 Wärmepumpen hergestellt, 2023 werden es insgewährend das künstliche Kältemittel R410A ein GWP von ca. 2.000 samt 3.000 sein, und 2024 sind bis zu 7.000 Stück aufweist. Auch neu entwickelte synthetische geplant. Das Material dafür wurde bereits beKältemittel liegen bei 200 bis 500 GWP, deshalb stellt. Zusätzlich haben wir vor Kurzem zwei setzen sich natürliche Kältemittel derzeit durch. „Im Jahr 2023 Joint Ventures in Deutschland und Italien geIn Deutschland wird die Verwendung von natürwerden wir 3.000 gründet, die bereits 2023 nach dem Anlaufen der lichen Kältemitteln, wie Propan, explizit zusätzWärmepumpen Produktion etwa 1.200 Stück in Lizenz produzielich gefördert. ren. Wir sind auf einem recht guten Weg. herstellen, im Jahr In den vier Jahren des Bestehens Ihrer Firma darauf sollen es Wann kann man Lambda-Aktien kaufen? Lambda konnten Sie diverse Preise gewinnen und 7.000 sein.“ Entleitner: Die gibt es leider nicht. Aber unsere Förderungen erhalten. Hilft das beim Verkauf? Wärmepumpen sind ab etwa 15.000 Euro (zzgl. Entleitner: Es hilft auf jeden Fall. Wir haben Florian Entleitner Installationskosten, Anm.) netto zu haben. ◆ bisher nur sehr wenig Marketing betreiben müs-


WeltMeister Österreich Vorarlberg


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Vorarlberg Vorarlberg in Zahlen Größe Bevölkerungsanzahl Bruttoregionalprodukt je Einwohner* verfügbares Einkommen privater Haushalte* Einkommen pro Arbeitnehmer* Forschungsquote in % des BIP* Anzahl der Betriebe*** – Industrie – Bau – Handel Anzahl der Erwerbstätigen*** – Industrie – Bau – Handel Anzahl der Beherbergungsbetriebe** Nächtigungen**

2.601 km² 408.343 51.700 € 25.400 € 49.300 € 1,82 %

2.003 1.926 3.659 54.864 17.020 31.262 4.946 8.537.369 Quelle: Statistik Austria; *2021 **2022 ***2020


WeltMeister Österreich Doppelmayr

Von Vietnam bis Florida: Seilbahnen aus Vorarlberg In Wolfurt entstehen die Transportlösungen der Zukunft, denn immer öfter erobern Seilbahnen nach den Bergen nun auch den urbanen Raum.

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ehr als 3.100 Mitarbeiter in 50 Ländern der Welt planen, entwickeln, konstruieren, fertigen und bauen die unterschiedlichsten Seilbahnen. Bisher finden sich die Transportlösungen aus Österreich, sei es im Personen- oder Materialtransport, in etwa 96 Staaten. Alexander Klimmer ist Gesamtvertriebsleiter der Doppelmayr Gruppe, des Seilbahn-Giganten, dessen Geschichte 1893 mit der Gründung durch Konrad Doppelmayr begann.

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Sie haben in 130 Jahren Firmengeschichte mehr als 15.400 Anlagen weltweit errichtet und sind Weltmarktführer. Was macht Ihre Transportsysteme so begehrt und einzigartig?

Alexander Klimmer ist Gesamtvertriebsleiter der Doppelmayr Gruppe.

Alexander Klimmer: Die lange Geschichte und Erfahrung, in Kombination mit Pioniergeist und Innovationskraft, sind die Grundlage für den weltweiten Erfolg von Doppelmayr-Seilbahnen. Zudem sind die partnerschaftlichen Kundenbeziehungen sehr wichtig. Da Seilbahnen sehr individuelle Projekte sind, entstehen sie in sehr enger Zusammenarbeit mit den Kunden. Sie werden gezielt auf die Anforderungen der Kunden angepasst, sodass die Fahrgäste den größten Nutzen, den höchsten Komfort und das beste Seilbahnerlebnis bekommen. Mit der Anlage in Vietnam, die zwei Inseln verbindet, hält Doppelmayr mit 7.900 Metern den Weltrekord für die längste Seilbahn der Welt. War das eine besondere Herausforderung und gibt es eine maximale, machbare Länge? Klimmer: Jede Seilbahn ist eine besondere Herausforderung. Anlagen mit Weltrekorden sind das natürlich auch. Zum einen ist der Einsatzort auf den vietnamesischen Inseln sehr außergewöhnlich und bedarf einer sehr gut abgestimmten Koordination und Logistik bei der Montage. Bisher ist das die längste Anlage, die wir in einer Sektion umgesetzt haben. Die Machbarkeit einer solchen Anlage beeinflusst unter anderem die Geländetopografie, aber auch der Nutzen. Da Seilbahnen in ihrer Fahrgeschwindigkeit eingeschränkt sind, bedeutet eine lange Strecke auch eine entsprechende Fahrzeit. Doppelmayr treibt aktiv Innovation voran – beispielhaft dafür sind die kürzlich vorgestellte TRI-Line sowie die Einseilumlaufbahn für 20 Personen mit einer entsprechenden neuen Kabine. Bei beiden Systemen wird eine noch nie dagewesene Förderleistung von 8.000 Personen pro Stunde und Richtung möglich. Das bedeutet, dass die Grenzen der Seilbahntechnik durch technologischen Fortschritt auch kontinuierlich verschoben werden. Wie sehr haben sich Seilbahnen im Laufe der Jahrzehnte verändert – vom reinen Transportmittel zur Luxuskabine?


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Spektakulär: Das Ha Long Queen Cable Car in Vietnam überspannt die Ha Long Bucht auf einer Länge von insgesamt 2.165 Metern.

Klimmer: Die Innovationen bei Seilbahnen haben in den meisten Fällen Sicherheit, Leistung und Komfort als treibende Kräfte. Letzterer bezieht sich zum einen auf den Komfort der Seilbahnmitarbeiter, die täglich an der Seilbahn arbeiten sowie Wartungen durchführen. Das soll so komfortabel und einfach wie möglich sein. So entwickeln wir auch unsere Bauteile weiter. Die andere Komfortgröße bezieht sich auf die Fahrgäste – sie sollen es während der Fahrt so bequem wie möglich haben. Genügend Platz, eine tolle Aussicht, Unterhaltung während der Fahrt, barrierefreie Einstiege, ergonomische Sitze, Beheizung, Klimatisierung, WLAN und noch viel mehr. Seilbahnen haben sich im Laufe der Jahrzehnte also durchaus verändert, nämlich zum Positiven weiterentwickelt. Im Zuge der Energieverteuerung hörte man immer wieder, dass z.B. die Sitzheizungen ausgeschaltet werden. Wird die Seilbahn der Zukunft energiesparender sein? Klimmer: Die Seilbahn ist eine sehr nachhaltige Mobilitätslösung. Es gibt, wie überall, auch bei Seilbahnanlagen Einsparpotenziale, das erwähnte Abschalten der Sitzheizung ist eine davon. Wie sehr spielt Nachhaltigkeit bei Doppelmayr eine Rolle? Klimmer: Sowohl bei der Erzeugung der Komponenten wie Gondeln oder Masten, als auch beim Bau. Nachhaltigkeit spielt selbstverständlich eine große Rolle, sowohl für uns als Unternehmen, als

auch als Partner für unsere Kunden, die in ihren Regionen sehr auf einen schonenden Umgang mit Ressourcen setzen. Sind Ihre Carrier-Systeme für Mountainbikes ein Weg, um das Geschäft in die Sommermonate zu verlagern? Klimmer: Die Lösungen für den Transport von Fahrrädern, Mountaincarts, etc. dienen dazu, dass unsere Kunden ihre Seilbahnen auch in den Sommermonaten wirtschaftlich betreiben können. Unsere Kunden schaffen dafür attraktive Angebote, und wir als Lösungsanbieter haben die passenden Produkte dafür, diese Entwicklung wirtschaftlich und nachhaltig zu unterstützen. Deshalb gibt es für sämtliche Seilbahnsysteme, ob Sesselbahn, Kabinenbahn oder Schlepplift, eine passende Lösung. Wie haben Digitalisierung und Vernetzung Ihre Seilbahn­ systeme verändert und wo ist der Einsatz von KI möglich? Klimmer: Bei Doppelmayr nutzen wir KI in verschiedenen Bereichen. Auf der Produktebene ist unsere autonome Seilbahn, AURO (Autonomous Ropeway Operation), ein gutes und aktuelles Beispiel. Wir haben den autonomen Betrieb bei Kabinenbahnen eingeführt, ein Beispiel ist die Valisera Bahn in St. Gallenkirch. Inzwischen ist der autonome Betrieb auch für Sesselbahnen möglich. Hier kommt insbesondere die intelligente Bilderkennung im Ausstiegsbereich zum Einsatz. Auf der Service-Ebene nutzen wir ver-


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Doppelmayr

„Die Auf­gabe war, eine 1:1-Nachbildung des Hogwarts Express aus den ‚Harry Potter‘-Filmen zu schaffen.“

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perfekte Ergänzung des bestehenden Infrastärkt die Möglichkeiten der Digitalisierung und strukturnetzes ist und dort Lücken schließen KI im Bereich der Condition Based Maintenance kann, wo es noch verkehrliche Probleme im (CBM). In diesem Kontext nutzen wir Machine ÖPNV gibt. Ein Beispiel ist unser Projekt im Learning-Algorithmen, um Korrelationen zwiGroßraum Paris, das 2025 den Betrieb aufnehschen Betriebsdaten von Seilbahnkomponenten Alexander Klimmer men wird. Beim Projekt in Wien handelt es sich und weiteren Daten wie Wetterdaten, etc. zu um eine private Initiative, die von unserem Mitfinden. Das ermöglicht es unseren Kunden, sehr bewerber aus Italien mitentwickelt wird. zielgerichtet Wartungstätigkeiten vorherzusehen und effizient zu planen. Diese Funktionen fließen in unsere Welchen Stellenwert haben Materialseilbahnen und können Resort Management-Plattform clair ein, die sogenannte Smart sie bei Verkehrskonzepten in Zukunft eine größere Rolle spielen? Maintenance ist eine Applikation in diesem System. Klimmer: Doppelmayr hat zum einen Produktlösungen, die ausUnd auch in unseren Prozessen halten KI-Funktionen Einzug, schließlich für den Materialtransport zum Einsatz kommen. Ein z.B. für automatisierte Übersetzungen, kombiniert mit unserem Beispiel ist der RopeCon, der Schütt- und Stückgut aller Art beför,Seilbahnwörterbuch‘. Wir sind überzeugt, dass wir im digitalen dert. Diese Lösung kommt zum Beispiel im Bergbau zum Einsatz, Bereich noch viele spannende Funktionen und Möglichkeiten entaber auch bei der Renaturierung. Im urbanen Kontext ist der komwickeln werden, die unsere Kunden für einen sicheren und effizibinierte Transport von Personen und Gütern eine interessante enten Seilbahnbetrieb nutzen können. Aufgabe. Mit dem ‚Eiger Express‘ in Grindelwald haben wir so eine Anlage bereits umgesetzt – vollautomatisch mit moderner IntraloWas sind die Herausforderungen beim Bau von urbanen Seilgistik-Lösung und neu entwickeltem Verladeroboter. bahnen wie in Mexico City? Klimmer: Die Vorteile von Seilbahnen in der Stadt kommen gerade Ein besonderes Projekt ist die Nachbildung des ‚Hogwarts Exbeim Bau imposant zum Vorschein. Kurze Bauzeiten, ein minimaler press‘ aus ‚Harry Potter‘ für das Universal Orlando Resort, wobei Fußabdruck am Boden im Falle von Luftseilbahnen und direkte in der Dampflok eine Standseilbahn steckt. Verbindungen auf einer neuen Ebene sind nur ein paar Beispiele. Klimmer: Der Hogwarts-Express ist ein hervorragendes Beispiel Die Koordination der individuellen Baufelder ist ein wichtiger Punkt dafür, wie die Doppelmayr Gruppe Kundenwünsche umsetzt. Es sowie auch die Logistik in der Stadt, sodass die bestehende Infrawar die Aufgabe, eine 1:1-Nachbilstruktur während des Baus nicht dung des Hogwarts Express aus beeinträchtigt wird. Oftmals finden den ‚Harry Potter‘-Filmen zu schafArbeiten daher in der Nacht statt. fen, mit bewährter Standseilbahntechnologie und einzigartigem WaWie sehen Sie die Zukunft von gendesign. Das Ergebnis spricht Seilbahnen im urbanen Umfeld, für sich. wie sie immer wieder in Wien disWas war bisher das komplizierkutiert und überlegt werden, wo teste oder spannendste Projekt? Sie ja auch beteiligt sind? Klimmer: Jedes Projekt ist spanKlimmer: Wir sehen sehr großes nend, weil jedes seine eigene GePotenzial für die Seilbahn in der schichte hat. Und mit jedem ProStadt; das bestätigen zahlreiche jekt, das man betreut oder selbst erfolgreiche Projekte weltweit bebesucht hat, verbindet man eine reits eindrücklich. Auch in Europa eigene Geschichte. Dass jede Anlasind wir überzeugt, dass die Seilge einzigartig ist, ist das Schöne an bahn Einzug als öffentliches Verunsere Branche. kehrsmittel halten wird, da sie eine Hinter dem „Hogwarts Express“ steckt eine Standseilbahn. ◆


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Meissl Open-Air Solutions GmbH Schirmbar- und Wetterschutzkonzepte Ellmauthal 40 | 5452 Pfarrwerfen | 06462/25100 | office@meissl.com | www.meissl.com

Die Saatbau Linz ist mit 3.200 bäuerlichen Eigentümern die größte genossenschaftliche Organisation für Pflanzenzüchtung und Saatgutvermehrung in Österreich. Das Portfolio umfasst mehr als 400 Sorten von rund 85 Kulturarten für den konventionellen und biologisch wirtschaftenden Landwirt. 70 Jahre nach der Gründung agiert die Saatbau Linz als international aufgestelltes Unternehmen und vertreibt weltweit hochwertiges Saatgut.

Kraus & Naimer ist ein 1907 gegründeter Hersteller von elektrischen Schaltern mit Stammsitz in Wien. Als Spezialist für Industrieschalter aller Arten bietet das Unternehmen sowohl standardisierte als auch kundenspezifische Schaltlösungen. Das langjährige Unternehmen ist starker Partner für Kunden aus unterschiedlichen Bereichen wie PV-Anlagen, Bahnen, Fahrzeuge, Förder- und Liftsysteme sowie für Maschinenbau oder für Anlagetechnik der Stromerzeugung und Stromverteilung. Kraus & Naimer unterhält ein globales Produktions- und Distributionsnetzwerk mit rund 900 MitarbeiterInnen. Alle Produkte – ob als Standard- oder Speziallösung – erfüllen die wesentlichen Vorschriften sowie Bestimmungen für ein sicheres Schalten.

Seit 1994 ist die Saatbau Linz in der Vertragslandwirtschaft aktiv und als verlässlicher Partner der nationalen und internationalen Lebensmittelwirtschaft sowie als größter Biohändler Österreichs etabliert. Saatbau linz eGen | Schirmerstraße 19 | 4060 Leonding Tel. +43 732 389 00 | www.saatbau.com

Kraus & Naimer Produktion GmbH Schumanngasse 39 | 1180 Wien +43 1 404 06 0 | salesknw@krausnaimer.com | www.krausnaimer.com


ÖSTERREICHISCHE VORZEIGE-UNTERNEHMEN

SUNPOR Kunststoff GmbH Tiroler Straße 14, A-3105 St. Pölten Tel. +43 (0)2742 291-0 office@sunpor.at, www.sunpor.at

sunpor-Innovation für Mensch und Umwelt sunpor ist technologisch führender Hersteller von EPS-Granulaten (Expandier­ fähiges Polystyrol) in Premium-Qualität. Mit weltweit modernsten Produktions­ anlagen produziert sunpor hochwertige, 100 % recycelbare EPS-Rohstoffe für vielfältige Anwendungen – von Dämmung, Schutz und Verpackung bis hin zu innovativen Speziallösungen.

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Internorm – Europas Fenstermarke Nummer 1 Als führende Fenstermarke Europas bietet Internorm anspruchsvollen Kund: innen richtungsweisende Lösungen für Fenster und Türen. Seit der Gründung im Jahr 1931 hat das Familienunternehmen mit Firmensitz in Traun/OÖ bereits mehr als 28 Millionen Fenster und Türen produziert. Vom ehemaligen Pionier für Kunststoff-Fenster hat sich Internorm zum Technologie- und Innovationsführer der Branche und zu einem renommierten Anbieter von hochwertigen Holz-Aluminium-Systemen weiterentwickelt. Von der Entwicklung bis zur Produktion erfolgen alle Arbeitsschritte in den drei österreichischen Unternehmensstandorten Traun, Sarleinsbach und Lannach.

Dank 98% Luft spart sunpor-EPS in der Anwendung wertvolle Energie und Ressourcen. Mit Produktinnovationen und der Entwicklung neuer Recyclingtechnologien engagiert sich sunpor für eine nachhaltige EPS-Kreislaufwirtschaft. Das Ziel des Unternehmens mit 190 Mitarbeitenden und zwei Produktionsstandorten in St. Pölten: Mit Leidenschaft und Kompetenz die besten Ideen für EPS mit ökologischem und ökonomischem Mehrwert umzusetzen.

RM Group – Welcome! to our world Die RM Group ist führender Hersteller von mobilen Brech- und Siebanlagen, welche durch ihre kompakte Größe weltweit zum Recycling von Baurestmassen und in der Aufbereitung von Naturstein eingesetzt werden. Bereits seit über 30 Jahren elektrifiziert das eigentümergeführte Unternehmen ihre Maschinen und trägt so einen wesentlichen Teil zu nachhaltigem Recycling bei. Mit ihren Brech- und Siebanlagen mit modernstem Hybridantrieb sowie digitalen Produkten, wie die eigens entwickelte App RM XSMART, bietet RUBBLE MASTER nachhaltige Lösungen für eine digitale Baustelle der Zukunft.

RUBBLE MASTER HMH GmbH Im Südpark 196 4030 Linz, Austria +43 732 7371170 sales@rubblemaster.com

Internorm International GmbH Ganglgutstr. 131 | 4050 Traun | Österreich +43 (0)7229 / 770-0 | www.internorm.com


ÖSTERREICHISCHE VORZEIGE-UNTERNEHMEN

Bühne für die Zukunft: Innovation Corner im Technischen Museum Wien

Höchster Standard für die Industrie Wir leisten 100% für unsere Kund*innen

Mit dem Ausstellungsformat „Innovation Corner“ erhalten österreichische Start-ups und innovative Unternehmen im Technischen Museum Wien eine Präsentations­ fläche für zukunftsweisende Technologien.

Die GW St. Pölten ist ein zertifizierter und zukunftsorientierter Industriebetrieb mit über 40 Jahren Erfahrung und rund 580 Mitarbeiter*innen. Die Profi-Leistungen, die zu 100 % den Anforderungen der Kund*innen entsprechen, reichen von Metall- und Elektroproduktion, über Textilarbeiten, Schilder, Druck und Werbetechnik bis hin zu Dienstleistungen wie Grünraumpflege, Gebäudereinigung und Sanierung.

In Kooperation mit Standortagenturen, Innovations-Plattformen oder Inkubatoren werden in regelmäßig wechselnden Präsentationen Einblicke in die unterschiedlichsten Innovationsbranchen gegeben. Das Publikum erfährt so, wie dynamisch, vielfältig und lebensnah der MINT-Bereich als Wirtschafts- und Arbeitssektor ist und wie aus einer Idee eine zukunftsweisende und marktreife Innovation wird.

Die Kund*innen profitieren durch das umfangreiche Leistungsangebot der GW St. Pölten als Komplettanbieter – das Unternehmen entwickelt gemeinsam individuelle Lösungen von der Auftragsabwicklung, über die Fertigung bis hin zu Logistik­leistungen.

Industriell. Integrativ. Innovativ.

Technisches Museum Wien

GW St. Pölten Integrative Betriebe GmbH

Mariahilfer Straße 212 | 1140 Wien Tel. +43 1 899 98-0 | Web: www.technischesmuseum.at

Ghegastraße 9-11 | 3151 St. Pölten-Hart | Austria Tel. +43 2742 867-0 | www.gw-stpoelten.com | gw@gw-stpoelten.com

Energieinnovationen in Oberösterreich

ILF CONSULTING ENGINEERS.

THE EXPERIENCE OF ENGINEERING.

Mit den innovativen und nachhaltigen Projekten setzt RAG Austria AG im Energiebereich neue Maßstäbe.

10.500+

ERFOLGREICH ABGEWICKELTE PROJEKTE Die ILF-Gruppe ist ein international tätiges, völlig unabhängiges Ingenieur- und Beratungsunternehmen, welches seinen Kunden bei der erfolgreichen Realisierung von technisch anspruchsvollen, komplexen Industrie- und Infrastrukturprojekten unterstützt.

In den über 45 Bürostandorten auf fünf Kontinenten beschäftigen die Firmen der ILF-Gruppe mehr als 2.600 hoch qualifizierte Mitarbeiter:innen. Durch die regionale Präsenz kann eine laufende Abstimmung mit den jeweiligen Kunden und Projektbeteiligten vor Ort erfolgen. Gleichzeitig ermöglicht die enge Zusammenarbeit im Netzwerk der ILF-Gruppe auch die Einbindung von internationalen Top-Experten, besonderen Erfahrungen, Prozessen und Werkzeugen.

ILF CONSULTING ENGINEERS AUSTRIA GMBH Feldkreuzstraße 3 ∙ 6063 Rum bei Innsbruck

www.ilf.com

Seit Jahrzehnten leistet RAG einen wesentlichen Beitrag zur Versorgungssicherheit mit Energie. Mit der Umsetzung der Projekte zur großvolumigen Speicherung von Wasserstoff in unterirdischen Porenlagerstätten und unterschiedlicher Elektrolyse-Technologien unterstützt RAG aktiv die Energiewende. Mit uns! Renewables and Gas Mehr Informationen unter: www.rag-austria.at nachhaltigkeit.rag-austria.at


ÖSTERREICHISCHE VORZEIGE-UNTERNEHMEN

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Glanz für Old- und Youngtimer

Die IMA Schelling Group hat sich auf die Entwicklung und Fertigung modularisierter Sonderanlagen und Verarbeitungslösungen für die Holz-, Metall- und Kunststoff-­ Industrie spezialisiert. Das Unternehmen ist führend bei Losgröße-1-Anlagen für die digitalisierte, vollautomatisierte vernetzte Produktion. IMA Schelling entwickelt und fertigt intelligente High-End-Lösungen, die weltweit über Service- und Vertriebs­ gesellschaften vertrieben werden. Zum Produktprogramm gehören Anlagen für die gesamte Prozesskette vom Lagern, Aufteilen, Handling und Transport, Kanten­ anleimen, Bohren bis hin zum Sortieren und Stapeln plattenförmiger Werkstoffe aus Holz, Metall oder Kunststoff, ebenso wie ein umfangreiches Dienstleistungsprogramm und Digitalisierungsprodukte.

Gerry Holzweber und sein Team sind DIE Spezialisten, wenn es um professionelle Autopflege und die Aufbereitung von Automobilen aus allen Segmenten geht. Jahrzehntelange Erfahrung und erlerntes Spezialwissen garantieren Ihnen, dass Ihr Fahrzeug in den besten Händen ist. Neben den Standard-Aufbereitungen schätzen immer mehr Kunden die Premium-Aufbereitungen mit BRILA GLASS COATING – die Quarz- Glasbeschichtung für Fahrzeuglacke, bestehend aus 100 % anorganischen Stoffen. Das revolutionäre Beschichtungssystem aus Japan.

IMA Schelling Austria GmbH

Beauty for your Beast!

Gebhard-Schwärzler-Straße 34 | 6858 Schwarzach | Vorarlberg | Österreich Tel. +43 5572 396-0 | E-Mail: info@imaschelling.com | Web: www.imaschelling.com

Handelskai 90 (Ecke Stromstraße) | 1200 Wien Tel. +43 676 390 37 07 | Web: www.BeautyForYourBeast.at

CSR Guide JAHRBUCH FÜR UN TERNEHMERISCHE VER AN T WORTUNG

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Das ultimative Nachschlagewerk für CSR-orientierte Unternehmen und Entscheidungsträger 246 Seiten Information pur 30 Case-Studies – von Regionalität bis Finanzierung Listing der „Engagierten 400“ Beispiele für die Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele 2030 (SDG) ■ BeraterInnen, Netzwerke, Ausbildungswege, Literatur, Fonds und Aktien im Überblick ■ ■ ■ ■

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Analysiert nach 52 Auszeichnungen, samt ihren wichtigsten Projekten und SDGs

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WeltMeister Österreich Förderungsstellen

Die wichtigsten Förderungsstellen Förderungsstellen Bund Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft mbH aws.at

ACR – Austrian Cooperative Research ACR stellt KMU Ressourcen für Forschungs-, Technologieoder Innovationsprojekte zur Verfügung.

acr.at

Arbeitsmarktservice Österreich Vermittlung und Förderung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitgebern

ams.at

© panthermedia.net/Patrick Daxenbichle

Zinsengünstige aws erp-Kredite, Zuschüsse, Garantien, Know-how, Beratungs- und Serviceleistungen

Austrian Business Agency

Junge Wirtschaft

Anlaufstelle für ausländische Unternehmen, die in Österreich eine eigene Gesellschaft gründen wollen. aba.gv.at

Plattform zur Interessenvertretung von Gründerinnen und Jungunternehmern jungewirtschaft.at

Export Fonds

Kommunalkredit

Rahmenkredite für Exportunternehmen (KMU)

exportfonds.at

Spezialbank für öffentliche Infrastrukturfinanzierung und kommunalnahes Projektgeschäft kommunalkredit.at

go international Förderungen und Maßnahmen zur Stärkung der österreichischen Exportwirtschaft go-international.at

Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft

Gründerservice der Wirtschaftskammer Österreich

Österreichische Hotel- und Tourismusbank

Bietet Unternehmensgründern, Betriebsnachfolgern und Franchisenehmern professionelle Unterstützung beim Start ins Unternehmertum. gruenderservice.at

Spezialbank zur Finanzierung und Förderung von Investitionen im Tourismus

Nationale Förderungsstelle für wirtschaftsnahe Forschung ffg.at

oeht.at

Österreichischer Patentinhaber- und Erfinderverband Begleitung von der Patentanmeldung bis zur Vermarktung erfinderverband.at

Verband der Technologiezentren Österreichs Interessenvertretung der österreichischen Impulszentren (Technologie-, Gründer- und Innovationszentren) economy.at

© panthermedia.net/ohmaymay

Wirtschaftskammer Österreich Die Wirtschaftskammern der Bundesländer bieten zahlreiche Förderungen und Unterstützungen für Betriebe an. wko.at

Der Wissenschaftsfonds Zentrale Einrichtung zur Förderung der Grundlagenforschung in Österreich fwf.ac.at


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Förderungsstellen Burgenland

Land Oberösterreich

Wirtschaft Burgenland GmbH Unterstützung von Wirtschaftstreibenden bei der Umsetzung ihrer Vorhaben im Bundesland Burgenland wirtschaft-burgenland.at

Förderungsstellen Kärnten

Förderungen und Unterstützungen für die oberösterreichische Wirtschaft land-oberoesterreich.gv.at

OÖ. Kreditgarantiegesellschaft, OÖ. Unternehmensbeteiligungsgesellschaft

Entwicklungsagentur Kärnten

Unterstützung der Wirtschaftstreibenden mit Bürgschaftsübernahmen und durch Beteiligungen kgg-ubg.at

Forcierung von Expansionen und Ansiedlungen, Innovationen und Kooperationen von Unternehmen madeinkaernten.at

TIM – Technologie- und Innovationsmanagement

Gründerzentrum Kärnten GmbH

Beratung und Begleitung bei technischen Entwicklungsprojekten oberösterreichischer Unternehmen tim.at

Beratung und Förderung von innovativen Unternehmensgründungen build.or.at

tech2b Inkubator GmbH

Kärntner Wirtschaftsförderungs Fonds, Kärntner Betriebsansiedelungs- und Beteiligungs­ gesellschaft m.b.H., Kärntner Sanierungsgesellschaft Einrichtungen des Bundeslands Kärnten zur Wirtschaftsförderung

kwf.at

Förderungsstellen Niederösterreich

Wirtschaftskammer Oberösterreich Vielfältige Unterstützung von Gründerinnen und Gründern und Unternehmen in Oberösterreich wko.at/ooe/foerderungen

Förderungsstellen Salzburg

ecoplus Wirtschaftsagentur des Landes Niederösterreich

Förderung und Unterstützung von technologieorientierten Unternehmensgründungen tech2b.at

Land Salzburg ecoplus.at

Förderungen und Unterstützungen für die Salzburger Wirtschaft salzburg.gv.at/verwaltung_/Seiten/foerderungen.aspx

Land Niederösterreich Förderungen und Unterstützungen für niederösterreichische Wirtschaftstreibende wirtschaftsfoerderung.at

Niederösterreichische Grenzlandförderungsgesellschaft

Unterstützung von Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft im Bundesland Salzburg buergschaftsbank.at

Business Creation Center Salzburg

Finanzierungsangebote für Unternehmen und Gemeinden im Niederösterreichischen Grenzland http://noeg.grenzland.at

Unterstützung von akademischen Firmengründungen

bccs.at

ITG – Innovations- und Technologietransfer Salzburg GmbH

NÖBEG Niederösterreichische Beteiligungsfinanzierungen/ Bürgschaften GmbH

Bürgschaftsbank Salzburg

noebeg.at

Förderungsstellen Oberösterreich Business Upper Austria – OÖ Wirtschaftsagentur GmbH Wirtschaftsagentur des Landes Oberösterreich; ist Innovationsmotor und Partner für Standortentwicklung, Kooperation und Förderungsberatung biz-up.at

Förderungen und Unterstützungen für die Salzburger Wirtschaft itg-salzburg.at

Standortagentur Salzburg Standortmarketing- und Betriebsansiedlungsgesellschaft von Stand und Land Salzburg salzburgagentur.at

SUBG – Salzburger Unternehmensbeteiligungsgesellschaft Unterstützung der Wirtschaftstreibenden

subg-skgg.at


WeltMeister Österreich

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Förderungsstellen

tech2b Inkubator GmbH Förderung und Unterstützung von technologieorientierten Unternehmensgründungen tech2b.at

Förderungsstellen Steiermark Steirische Wirtschaftsförderungsgesellschaft mbH Die SFG unterstützt mit ihren Impulsen steirische Unternehmen bei der Beschleunigung ihres wirtschaftlichen Erfolgs. sfg.at

Land Tirol Förderungen und Unterstützungen für die Tiroler Wirtschaft tirol.gv.at

Standortagentur Tirol

© panthermedia.net/faabi

Förderungsstellen Tirol

Einrichtung des Bundeslands Tirol mit dem Ziel, den Wirtschaftsund Wissenschaftsstandort Tirol zu stärken standort-tirol.at

Wirtschaftsstandort Vorarlberg Gesellschaft

Gründungszentrum Start Up Tirol GmbH

Servicegesellschaft zur Forcierung der Innovationsdynamik im Bundesland Vorarlberg wisto.at

Bündelung der Kräfte vieler bestehender Start-up-Initiativen in Tirol mit dem Ziel, Entrepreneurinnen und Entrepreneure sowie Start-up-Unternehmen zu unterstützen und gemeinsam einen attraktiven Star-up-Standort Tirol zu schaffen. startup.tirol

Förderungsstellen Vorarlberg Land Vorarlberg

Förderungsstellen Wien inits – Universitäres Gründerservice Wien GmbH Beratung und Betreuung potenzieller Jungunternehmer

inits.at

LISAvienna Impulse für die Wiener Biotech-Landschaft

lisavienna.at

Förderungen und Unterstützung für die Wirtschaft vorarlberg.at

Wiener Kreditbürgschaftsgesellschaft, KapitalBeteiligungs AG, Wiener Risikokapitalfonds Ges.m.b.H. Beteiligungen und Bürgschaften für die Wirtschaft

wkbg.at

Wirtschaftsagentur Wien Unterstützung für Betriebe und Gründer und für jene, die sich in Wien ansiedeln oder investieren wollen. wirtschaftsagentur.at

Risikokapitalgeber © panthermedia.net/whitechild

aws Mittelstandsfonds Der aws Mittelstandsfonds beteiligt sich an mittelständischen Unternehmen in Österreich. mittelstands-fonds.at

aws Gründerfonds Investitionen in die Gründungs- und erste Wachstumsphase von Unternehmen mit Sitz in Österreich gruenderfonds.at


Wir brauchen immer mehr grünen Strom.

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Wir alle leisten einen Beitrag zur Energiewende, indem wir fossile Brennstoffe durch grünen Strom ersetzen. Deswegen investieren wir bei VERBUND in die Erzeugung und Verteilung von immer mehr grünem Strom. Denn es ist wichtig, dass er überall bereitsteht, wo er gebraucht wird. Gemeinsam sind wir die Kraft der Wende.

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2024

Weltmeister Österreich WELTMEISTER ÖSTERREICH – Das Jahrbuch zum Wirtschaftsstandort

DAS JAHR B UCH ZUM WIRT SCHA F T S S TA N DO RT

2024

SCHWERPUNKT

Die wichtigsten CEOs im Interview

Die spannendsten Start-ups

Einflussreiche Wirtschaftsexperten

Einblicke in führende Unternehmen des Landes

Österreichs Gründer erklären ihre Erfolgsrezepte

Was Österreich in Krisenzeiten widerstandsfähig macht


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