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Dienstag, 13. November 2012

medianet – 11

„Ich sage ,Back to the roots‘: Echte Emotionen verlangen nach echter Stimmung und ­Atmosphäre.“ Karl wurm, Präsident der Vikings Vienna

Diskussionsrunde im Cafe Central: Bei einem Wiener Frühstück wurde die Eventwirtschaft von allen Seiten beleuchtet.

gendlichen sei der Erfolg schwerer einzufahren: „Selten wird die Sprache der Jugendlichen wirklich getroffen.“ Die Gefahr, sich lächerlich zu machen, sei groß. „Keiner“, so Wurm, „weiß wirklich, wo und wie man die Jungen, speziell im Web und auch sonstwo, optimal erreicht.“ Zuversichtlicher gibt sich Kastner: Die Kraft der Emotionen – die alle Generationen verbindet – lässt sich für den Experten aktuell in zwei Worten zusammenfas-

lasse sich ganz generell auf den deutschsprachigen Raum umlegen. Laut dem Experten werden bereits rund 15% in das VeranstaltungsBusiness investiert, Tendenz weiter steigend.

Balance: Real Life & Web Spannende Zeiten für eine weiter wachsende Branche konstatiert Matthias Koch von der ‚WKO eventnet´. Die von der Brancheninstitution gemeinsam mit dem

„Das Web filtert und filetiert: Der Event der ­Zukunft wird die ­Menschen wieder mehr zusammenführen.“ Matthias Koch, ­Fachverband fREIZEIT/sPORTBETRIEBE in der WKO

vom Kunden so sehr gewünschte Wohlfühlatmosphäre wird so erst ermöglicht“, sagt der Leiter von Palais Events. Dazu gehörten vor allem die gezielte Ansprache der visuellen Reize, aber auch die Duftkulisse, die über Event-Wohl und -Wehe mitentscheide.

Sinne richtig stimulieren Dass das Beherrschen der „sinnlichen“ Klaviatur zum Erfolg führt, spiegelt sich laut Kastner auch in seiner wissenschaftlichen Untersuchung wider. „Neben ‚Sehen und Hören‘ sind ‚Schmecken‘, ‚Riechen‘ und ‚Fühlen‘ die zentralen Faktoren.“ Nachhaltiges Beziehungsmanagement finde aber auch abseits der EventBühne im Social Media-Bereich statt. „Wer die modernden Kommunikationsmittel richtig dosiert einsetzt, schafft zusätzlich hohe Kontaktzahlen und eine nachhaltige Steigerung der Erinnerungswerte – und hat damit in seinem Auftritt mehr oder weniger alles richtig gemacht“, fasst Kastner zusammen.

Gesprächskultur sen. Nämlich: Felix Baumgartner. „Wie Überschall auf den Körper wirkt, wissen wir seit den späten 50er-Jahren. Dennoch waren Milliarden über alle Kommunikationskanäle beim Sprung aus der Stratosphäre dabei – und wie elektrisiert.“ 411 Millionen Web-Hits für eine junge Marke wie Red Bull – im Vergleich zu 286 Millionen für Coca-Cola – zeigen, dass perfekt getimte und durchkomponierte Events jahrzehntelange, geballte Werbepower für die Marke überstrahlen können. Da bleibe nur zu sagen: Mission Completed, so der OPUS-Chef.

Plus bei Event-Etats Dass die Eventwirtschaft zur Werbeklassik aufholt, bestätigen aktuelle Untersuchungen der FAMAB (Verband Direkte Wirtschaftskommunikation e.V.) zu den favorisierten Kommunikationskanälen der Wirtschaft in Deutschland. „Noch 2005“ so Kastner, „flossen 51% der Gesamt-Etats in die klassische Werbung.“ Der Eventanteil habe damals rund 14% ausgemacht. Die Zahlen für 2012 zeigten, dass das Veranstaltungssegment deutlich zulegen konnte. „Heute entfallen nur mehr 47% auf die Werbeklassik, während Events mit 19% zu Buche schlagen.“ In Summe, so ein weiteres Ergebnis der Studie, stieg das von Eventagenturen betreute Etatvolumen in den vergangenen sechs Jahren um 55%. Dieser Trend, sagt Kastner,

Zukunftsinstitut präsentierte Studie zur Eventindustrie aus der Feder von Harry Gatterer mache klar, dass vor dem Hintergrund der Neuen Medien vieles neu definiert, anderes bewahrt oder neu belebt werden müsse. „Wir sind gerade aufgrund der steigenden Virtualisierung mit großen Umbrüchen konfrontiert.“ Gefragt seinen deshalb alle qualitativ wertvollen Formen der menschlichen Begegnung. „Event ist dort, wo man nach diesen suchen und sich finden lassen kann, wo man sich im echten Leben neu verortet“, sagt Koch. Nachsatz: „Quantität wird heute vor allem übers Netz generiert.“ Ein Freund klassischer Werte und persönlicher Ansprache ist auch Cafe Central-Chef und Hausherr Alfred Flammer. „Service und Qualität müssen stimmen – vor allem auf der Mikro-Ebene; die

Martin Janovsky, geschäftsführender Gesellschafter von Cascar, setzt auf Beziehungsaufbau in der realen Welt. Als Versicherer von Oldtimern und Sportwagen in einem Nischenmarkt zuhause, weiß er um die Faszination von Chrom, Stahl und Leder – Synonyme für Sehen, Fühlen und Riechen. Auch wenn ein Gutteil der Verträge rein faktenbezogen via Mail abgewickelt würde, sei das Gespräch über die PS-starken Liebhaberstücke nicht zu ersetzen. Der persönliche Austausch schaffe Bindungen, beim Betrachten und Anfassen der Automobile stellten sich Emotionen ein, die letztendlich auch zum Geschäftserfolg führten. Auch aufgrund seiner früheren beruflichen Erfahrung ist für ihn klar: Direkt geknüpfte, persönliche Bande, Kunden- und Mitarbeiterevents sind nicht nur besonders

„Ich erreiche den Kunden über Service und Qualität – besonders die ­Mikrofaktoren bringen den Wohlfühlfaktor.“ Alfred Flammer, Palais Events

stark, sondern auch ehrlich. „Nie bekommt beispielsweise ein Vorstand direkter Feedback – verbal und nonverbal. Nie kann ich Botschaften besser und glaubwürdiger in den Köpfen der Menschen verankern.“ Und nur im direkten Gespräch würden Produkte und Dienstleistungen emotional greifbar. Eine These, die auch Wagner teilt: „Themen und Artikel, die nicht unbedingt sexy sind, können im Rahmen von Events ideal aufgeladen werden. Die Frage lautet doch: Wie kann ich den Verkauf und das Kundenvertrauen gleichermaßen verbessern?“ Der hofierte Gast, so seine Überzeugung, werde mittelfristig anders reagieren als einer, der seine Informationen nur über Hochglanzprospekte oder via Webportal bezieht.

Social Media einbinden Die starke Konzentration auf die reale Beziehungsebene will Handl so nicht teilen. Die Frage nach der richtigen Kunden- und Mitarbeiteransprache sei ihrer Erfahrung nach vor allem genera-

Auch bei ihm habe das persönliche Gespräch Vorrang. Für Janovsky haben beide Positionen ihren verdienten Platz. „Die Repositionierung im Rahmen von Multi-Channel-Marketing wird uns weiterhin beschäftigen“, wie er feststellt. Es gelte nun, das Mehr an Möglichkeiten mit dem meist Weniger an Budget sinnvoll zu vereinbaren.

Neue Wege & Blickwinkel Koch sieht dabei das Pendel verstärkt in Richtung Real Life ausschlagen. Beim Event der Zukunft dürfe jeder – ob nun Mitarbeiter oder umworbener Kunde im B2Bund B2C-Bereich – wieder Mensch sein. „Das Internet selektiert und filetiert, am Veranstaltungsparkett finden wir wieder zusammen; der Wunsch nach dem echten Dabeisein wird stärker.“ Für ihn ist die Gegenbewegung bereits im Gange: Wie Events der Zukunft genau aussehen werden, sei aber noch nicht ganz absehbar, „es bleibt auf alle Fälle spannend“. Auch Kastner kennt das Spannungsfeld, in dem sich die Event-

„Events stärken Beziehungen nachhaltig, ­ermöglichen unmittelbares Feedback – und sind auf alle Fälle gut fürs ­Geschäft.“ Martin Janovsky, cascar

tionsspezifisch zu beantworten. Die Web-Community, vor allem aber die Jungen, wären über die zahlreichen virtuellen Schaufenster zu erreichen. Auch sie selber lasse sich mittlerweile „dort emotional abholen“. Der Ausbau dieser Kommunikationskanäle müsse folglich weiter forciert werden – auch deshalb, weil alte, persönliche Freundschaften immer mehr im Netz weitergeführt würden und Großereignisse wie die Baumgartner-Challenge dort Millionen in ihren Bann zögen. Wurm setzt hingegen nicht auf Social Media, sondern auf die alte Schule. Motto: Back to the roots! Einzelne Beispiele aus dem Netz ließen sich nicht verallgemeinern. Hohe Kontaktzahlen und Multiplikatoren-Effekte, so der Fachmann, entstünden dort meist zufällig, seien also selten wirklich geplant.

Planer und ihre Klientel bewegen, aus ureigenster Erfahrung. „Ich selbst habe zwei Seelen in meiner Brust: Eine gehört dem Eventmarketer alter Schule, der ganz genau weiß, was er entwickelt, aufbaut und verkauft; die andere will Neues erforschen, wissenschaftliche Beweise für praxiserprobte Eventrezepte vorlegen und so die Stimmigkeit zu Marke und Produkt über emotionale Mehrwerte weiter steigern.“ Dazu nimmt er auch Anleihen bei der Neuromarketingund Wahrnehmungsforschung. Sein Schlusssatz: „Wer es schlussendlich schafft, beim Event-Konsumenten das Gefühl zu hinterlassen, etwas Besonders bekommen zu haben, bei etwas ganz Speziellem dabei gewesen zu sein – und in irgendeiner Form, etwa im Web, mitwirken durfte – spielt künftig in der Oberliga.“


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