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Freitag, 27. März 2015

Junges Gemüse sucht nach neuen, frischen Beeten Drei Monate leitet Gerald König (50) noch LGV Frischgemüse – welchen knackigen Job er dann annimmt, weiß er heute noch nicht.

10 Fragen AN GERAL D KÖNIG

Als Kind wollte ich immer schon … … ein Leben lang nur spielen! Erfolg ist … … wenn man mit seinem Leben glücklich ist! Für die Karriere ist wichtig … … Glück, Ehrgeiz, Diplomatie, Intelligenz. Mein Lebensmotto: Demut und Freude. Jungen Menschen würde ich raten … … Ich möchte mir nicht anmaßen, jungen Leuten Ratschläge zu geben, da ich daran schon jämmerlich bei meinem vierjährigen Sohn scheitere! Die Bedeutung von Geld ist: … übertrieben. Zwei Bücher, die mich berührt haben: … „Natürliche Mängel“ von Thomas Pynchon und „Germinal“ von Émile Zola. Wohin ich unbedingt reisen möchte …La Réunion. © LGV-Frischgemüse

Woran ich glaube … An meine Familie und meine Freunde. In 20 Jahren werde ich … … Hoffentlich schon seit mindestens einem Jahrzehnt urlauben.

PAUL CHRISTIAN JEZEK

Wien. Heimisches Gemüse stärkt die Ethik: Bei LGV-Frischgemüse stand seit der Gründung als nichtgewinnorientierte Genossenschaft 1946 der Gedanke im Mittelpunkt, sich gegenseitig zu helfen, erklärt Alleinvorstand Gerald König im medianet-Gespräch. „Gerade in der aktuellen Zeit der Wirtschaftskrise

„Ohne die LGVPremium-Strategie könnte der heimische Gemüseanbau nur schwer überleben.“ GERALD KÖNIG

und absoluten Gewinnmaximierung ist LGV-Frischgemüse stolz darauf, die solidarischen Genossenschaftswerte seit beinahe sieben Jahrzehnten hochzuhalten.“ LGV ist die größte österreichische Gemüseerzeugerorganisation und will das „durch Förderung unserer

zur person Gerald König (geb. am 6.4.1964) 1970–84 Lycée Français de Vienne 1985–92 S tudium der Betriebswirtschaftslehre an der Wiener WU 1997–2000 Verkaufsleiter bei Bongrain 2000–06 Verkaufsleiter bei NÖM AG, Baden 2006–15 Vorstand LGV Frischgemüse Wien verheiratet, ein Kind g.koenig@lgv.at

Mitglieder und Steigerung der gemeinsamen Leistung auch bleiben“. Die Zahlen jedenfalls können sich sehen lassen: 2014 erwirtschaftete die Genossenschaft mit rund 40.000 Tonnen verkauftem Gemüse einen Gesamtumsatz von rund 62 Mio. €.

Ein kurzer Blick zurück Seit 2006 leitet Gerald König als Alleinvorstand die Genossenschaft. In seiner neunjährigen „Chef-Periode“ konnte die LGV-Frischgemüse ihren Umsatz nahezu verdoppeln. Zahlreiche neue Gemüsesorten wurden erfolgreich auf den Markt gebracht: Zuletzt wurde z.B. die Convenience-Linie mit hochwertigen, konsumfertigen Frischsalaten um zarten Babyleaf-Salat, rassigen Rucola und feinen BabySpinat erweitert. Außerdem führte LGV einen neuen Produktbereich mit urbanem Trendgemüse ein: „Darunter verstehen wir Frischgemüse, das vorrangig städtischen Lebens- und Konsumgewohnheiten entspricht, bislang aber nicht aus regionalem, heimischem Anbau erhältlich war“, erklärt König die Strategie hinter der Sortimentserweiterung. Gestartet wurde mit einer Hugo-Cocktail-Minze, mit Dolcinis – rund 1 cm großen, dattelförmigen Snacktomaten – sowie den scharfen Piri-Piri-Chilis als frische und getrocknete Ware. König: „Im Vergleich zu Beginn der 90er-Jahre mit neun Gemüsesorten unter der Marke LGV haben wir heute zehnmal so viele, nämlich 96, im Sortiment.“ Neu dazugekommen sind etwa Mini Gurken, Mini San Marzano, Chili Mix, Viola Melanzani, Midi Paradeiser, Gesteckter Vogerlsalat, Babyspinat oder Cherry Mix.

Die schwierigste Phase in seiner Amtszeit ereignete sich für König vor vier Jahren. „Für 2011 gilt eine einfache Formel: EHEC und Schlechtwetter ist gleich Einbruch bei Konsum und Ernte.“ Innerhalb von zwei Wochen wurden damals 1,6 Millionen Gurken weggeworfen – „und das nur wegen falscher medialer Berichterstattungen“, erinnert sich König mit Schaudern.

„Das Aufmerksammachen auf heimische Qualität hat sich während der Russlandkrise bezahlt gemacht.“ GERALD KÖNIG

Das Teuflische im Gemüse-Business ist jedoch die Tatsache, dass auch das Gegenteil, Schönwetter, nicht zwingend das Geschäft beflügelt: Im Vorjahr war, bedingt durch den milden Winter in ganz Europa, ausländisches Gemüse bis Ende April hinein in den österreichischen Handelsregalen zu finden. „Üblicherweise wird bereits ab März größtenteils heimische Ware angeboten“, erklärt König. „Bleibt die Abnahme durch den Handel aus, hat dies zur Folge, dass regional produziertes Gemüse zu einem weit niedrigeren Preis exportiert werden muss.“ Ob für heuer Ähnlichesgilt, wird sich in den nächsten Tagen und Wochen weisen …

Besonders wichtig war und ist König die Premium-Strategie von LGV: „Die hat uns durch mehrere Erntekrisen innerhalb weniger Jahre getragen – ohne sie gäbe es für den heimischen Gemüseanbau schwer ein Überleben.“ Bewusstseinsbildung bei den Konsumenten – also das Aufmerksam-Machen auf heimische Qualität – macht sich auf jeden Fall bezahlt, erklärt König mit Nachdruck. „Während der Russlandkrise haben die Kunden ganz bewusst nach unseren regionalen Spezialitäten gegriffen. Man muss die Konsumenten aber noch intensiver darauf hinweisen, ab wann heimisches Gemüse verfügbar ist, um ihnen die Entscheidung für die Qualität aus der Region zu erleichtern!“ Im Werbebereich hat der LGV-Chef immer wieder königliche Qualitäten bewiesen: Ein besonderes Highlight war etwa der Gewinn des Effie Gold und Platin für Österreichs erfolgreichste Werbekampagne 2013.

Ungewisser Blick nach vorn Im März hat sich nun Gerald König mit dem LGV-Aufsichtsrat einvernehmlich geeinigt, das Unternehmen per Ende Juni zu verlassen. Hauptgrund sei die bereits im Herbst 2014 eingeleitete Reorganisation der Wiener Gärtnergenossenschaft. „Wer mir als Vorstand nachfolgen wird, befindet sich noch in der Entscheidungsphase“, sagt König zu medianet. Auch für sich selbst hat König noch keine Entscheidung getroffen: „Nach dem 30.6. wird einmal für mindestens zweieinhalb Monate Urlaub gemacht – danach freue ich mich auf eine neue Herausforderung!“ www.lgv.at

das UNTERNEHMEN LGV-Frischgemüse ist eine Genossenschaft, die sich aus rund 110 Gärtnerfamilien zusammensetzt und die Österreicher mit frischem Gemüse versorgt. Gegründet wurde die LGV-Frischgemüse 1946 von mehr als 1.000 Gärtnerbetrieben. 1951 wurde die erste Kühlanlage für rund 20 Eisenbahn-Waggons (alte Gewichtsangabe für Gemüse) in Kagran (Wien) errichtet. 1977 wurden ein Werbefonds realisiert und zeitgemäße Einwegverpackungen entwickelt. Die gelb/roten Wellpappesteigen wurden für viele Jahre das Markenzeichen für Wiener LGV-Gemüse. 1985 Einführung eines freiwilligen Produkt-Monitorings – jährlich werden mehrere 100 Proben auf Pflanzenschutzmittel, Nitratgehalt sowie auf die mikrobiologische Einwandfreiheit analysiert. 1990 Einführung des Zentralverkaufs bei LGV-Frischgemüse zur Vereinheitlichung des Angebots an die Handelsketten. 2006 60. Generalversammlung der LGV-Frischgemüse: Gerald König wird vom Aufsichtsrat zum neuen Alleinvorstand des Traditionsunternehmens bestimmt. Vorgänger Karl Nehammer verabschiedet sich nach 30 erfolgreichen Jahren in den Ruhestand. 2008 wird bei LGV-Frischgemüse die größte Gurkensortieranlage Europas in Betrieb genommen. 2014 eröffnen LGV-Frischgemüse und Wien Energie das größte AufdachBürgersolarkraftwerk Wiens bei der LGVFrischgemüse.


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