Moosacher Anzeiger KW29/2010

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Zum ersten Mal im »Auslandseinsatz«, auf dem alten Münchner Flughafen Riem, unterwegs nach Köln zwecks »Kundentermin«.

nach vorne, er übernehme selbstverständlich die Verpflichtungen seines Vorgängers den Gruppenmitgliedsverlagen gegenüber, war aber schnell das Eis gebrochen. Der damalige Verleger des Südost-Kuriers, Willy Schmid, tat daraufhin fol-

…und hier im Kreis seiner allerersten Kollegen.

liche Selbstständigkeit noch ganz weit weg. Eine klassische Gautsch-Zeremonie besiegelte zunächst das Ende dieser Lehrjahre. Wie so oft führte ein gestörtes Vertrauensverhältnis zwischen ihm und seinem zwischenzeitlich neuen Arbeitgeber, er war längst zum Abteilungsleiter der neuen, modernen Fotosatz-Abteilung aufgestiegen, eben dann doch in die Selbstständigkeit. Frisch verheiratet wagte er diesen Schritt, entgegen dem Rat seiner besorgten Eltern, Verwandten und Freunde. Seine Frau bestärkte ihn jedoch mit den Worten: »Du hast ein Paar schwarze Schuhe, und ich eine Nähmaschine, was sollen sie uns schon nehmen, wenn’s schief geht.« Zusammen mit ihr und zwei Angestellten war dies der Beginn eines Satzstudios in München. Und 21 bzw. 22 Jahre alt bauen sie in bester Familientradition ihr erstes Haus.

Vom Schriftsetzer zum Verleger Mit klassischem Lohnsatz, unter anderem für den Schweizer Ringierverlag, mit dem er die ersten Sielmann-Bildbände in der Druckvorstufe herstellt, etabliert er seinen Betrieb (»die ersten Weihnachtsfeiern fanden zu viert todmüde in

Die Verleger der Gruppe Münchner Wochenanzeiger auf einer in München stattfindenden BVDA-Tagung, von links Willy Schmid, Kurt Kaiser, Rudi Forst, Dieter Ullrich, Adam Jürgen Bergmaier, Walter Welte, Dieter Schneider – eine Gruppierung, die ohne große Notarverträge äußerst erfolgreich unterwegs war und ist. All jenen auf diesem Bild ersichtlichen Personen verdankt die heutige Generation der sogenannten »Blauen« ihre gesunde Basis.

Sauna-Gesprächen mit Kollegen eignet sich A. J. Bergmaier verlegerisches Know-how an. Zu diesem Zeitpunkt hat sich bereits auf Initiative von Kurt Kaiser, Verleger des Sendlinger Anzeigers, die sog. Gruppe Münchner Wochenanzeiger gebildet. Der Süddeutsche Verlag hatte zwischenzeitlich das Thema »Anzeigenblätter« entdeckt und versuchte seinerseits, Indianerland zu erobern. Hatte bereits einen der etablierten Münchner Anzeigenblatt-Verlage, den Schwabinger Anzeiger gekauft, und die verbleibenden unter gehörigen Druck gesetzt: Entweder ihr verkauft, oder ihr überlebt nicht!

»Blaue Gruppe«

Die stolzen Eltern ahnen zu diesem Zeitpunkt wohl noch nicht, dass knappe 20 Jahre später der hier noch reichlich hilflose junge Mann eine große Bedeutung für den Gesamtverlag haben wird.

der heute noch existierenden Gaststätte »Kreuzhof« statt) im Großraum München; sein akquisitorisches Talent lässt ihn eines Tages auch ein alteingesessenes Münchner Anzeigenblatt, inzwischen hatte die Familie Nachwuchs bekommen, den Bogenhausener und den Haidhausener Anzeiger als Satzkunden gewinnen. Nach wenigen Jahren steigt er dort als Gesellschafter ein – er hatte zwischenzeitlich erkannt, dass auf dem Verlagssektor und nicht auf der reinen Zulieferungsdienstleistung die Zukunft liegt. Wieder überzeugt er seine noch zögernde Frau vom Sinn dieser Investition. Die beiden machen einen Spaziergang durch die Prinzregentenstraße, zählen die dort ansässigen Geschäfte, kalkulieren mit 2-spaltig/50 mm-Anzeigen, Anzeigenformaten in Visitenkartengröße, er rechnet die Bruttopreise hoch, und stellt fest: »Das geht sich aus.« Die Kraft der jungen Jahre und der vielleicht daraus resultierende Mut zur Unvernunft ließen diese Rechnung aufgehen. In den berühmten

Die Weigerung der restlichen Häuptlinge, sich diesem Diktat zu beugen, führte mittelfristig zur Gründung der Gruppe Münchner Wochenanzeiger. Dort als neuer Verleger, wie A. J. B. durch den Einstieg in den Haidhausener Anzeiger eben einer war, aufgenommen zu werden, gestaltete sich gar nicht so einfach für ihn: Mit dem Schritt

Großkunden für die »Blaue Gruppe« zu gewinnen, war ihm der junge Michael (Geronimo) Simon stets auf den Fersen. Dieser sportliche Wettbewerb war eine wichtige Triebfeder zum heutigen Erfolg der Münchner Wochenanzeiger. Als einer der ersten in der Branche überhaupt, entdeckte A. J. Bergmaier die Postleitzahl, mit seinen berühmten Astralon-Darstellungen (Pläne auf Klarsichtfolie) neue Belegungseinheiten für Beilagen-Konzepte. Etwa zu diesem Zeitpunkt hatte sein Sohn bei der MTU München eine Lehre abgeschlossen, seinen Militärdienst abgeleistet, und während dieser Zeit erste innovative Ansätze eines modernen Vertriebsprogramms auf EDVBasis entwickelt. Später sollte daraus eine komplette EDV-Lösung des zwischenzeitlich um weitere Titel angewachsenen Verlags werden. Die Münchener Nord-Rundschau hatte Familie Bergmaier von Familie Forst übernommen, einem der Gründerväter der Gruppe Münchner Wochenanzeiger. Dieser hatte keine Nachkommen und er wollte sein Lebenswerk in die nächste, und quasi auch gleich übernächste Generation übergeben. Der Moosacher Anzeiger, die Schwabinger Seiten, das Münchner Zentrum, der Südost-Kurier und die Harlachinger Rundschau komplettieren inzwischen das Verlags-Portfolio. Auf dringenden Wunsch seines Kollegen Michael (Geronimo) Simon wurde der sog. »zweite Erscheinungstermin«, das Münchner SamstagsBlatt, auch als Folge der kundenseitigen Anforderung, einen zweiten Werbeanstoß im Großraum München zu ermöglichen, zusammen mit dem Werbe-

genden, noch heute oft zitierten Ausspruch: »Jetzt müssen wir dem neuen Kollegen aber auch mal sagen, dass es auch Rabatt gibt für Kunden, denen wir eine ganze Seite verkaufen wollen.« (siehe den besagten Spaziergang in der Prinzregentenstraße).

Die nächste Generation kommt A. J. Bergmaier etablierte sich innerhalb der damals noch neun Verlage umfassenden Gruppe Münchner Wochenanzeiger rasch als ein dynamischer Vermarktungsexperte; als einer der ersten löste er den damals noch bestehenden Wettbewerbsvorteil des Mitbewerbers »Münchner Wochenblatt«: »one order – one bill« dahingehend auf, als man zunächst eine gemeinsame Anlaufstelle für sog. Großkunden einrichtete. Auf seinen Reisen, um außerhalb Münchens passende Herbert Bergmaier – hier noch im vaterländischen Dienst – in seiner Freizeit dann schon ab und an im väterlichen Dienst.

Gemeinsam auf erfolgreichen Wegen: Die vier Generationen der Familie Bergmaier.

Spiegel-Verlag und dem Münchner Wochenblatt aufs Gleis gesetzt. Unterdessen brachten Herbert Bergmaier, Werner Dangl (Werbe-Spiegel-Verlag) und Peter Kaiser (Sendlinger Anzeiger) – jeweils die sog. »jüngere Generation« – jede Menge weitere Fachzeitschriften auf den Weg. Darüber hinaus entwickelten sie geniale EDV-Lösungen und Geo-Marketing-Tools, die von großen nationalen Handelsunternehmen und Medienagenturen eingesetzt werden. Zusammenfassend bleibt festzuhalten: Es ist Männern und Unternehmern wie A. J. Bergmaier zu verdanken, dass aus vormals kleinen, immer nur wenige Mitarbeiter umfassenden Verlagsbetrieben, heute bestens aufgestellte Verlagseinheiten im Großraum München entstanden sind, die mehr als 350 Arbeitsplätze bieten, über eine Zustell-Organisation von mehr als 3.000 Zustellern verfügen – einem Mann, der sein Handwerk von der berühmten Pike auf gelernt hat; und sich seiner unternehmerischen Verantwortung bis heute voll bewusst ist; abseits von »aktiengetriebenen« Investorengruppen. Und der, nebenbei bemerkt, auch noch im Präsidium des BVDA sitzt, als Repräsentant besagter mittelständischer Verlagsbetriebe. SIMI


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