Die Wirtschaft, Nr. 19, Großauflage, 25. Oktober 2019

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Nr. 19 • OktOber 2019 • Die Wirtschaft | 16

IntervIew

HaRalD maHReR

„Wirtschaft sind wir alle. Alle, die etwas unternehmen.“

fOtO: WkO

Standort. Österreich hat gewählt, die Regierungsverhandlungen sind angelaufen. Welche Weichen jetzt gestellt werden müssen, um Österreich zukunftsweisend aufzustellen, erklärt WKÖ-Präsident Harald Mahrer im Interview.

Zur Person Harald mahrer, geboren 1973 in wien, ist seit dem 18. Mai 2018 Präsident der wirtschaftskammer Österreich. von September 2014 bis Mai 2017 war er Staatssekretär im Bundesministerium für wissenschaft, Forschung und wirtschaft und von Mai 2017 bis Dezember 2017 Bundesminister für wissenschaft, Forschung und wirtschaft. wko.at

Herr Präsident, wie bewerten Sie die gerade angelaufenen Sondierungsgespräche von ÖVP-Chef Sebastian Kurz mit den möglichen Koalitionsparteien? Mahrer: Es ist noch zu früh, inhaltliche Bewertungen abzugeben. Jetzt ist einmal abzuklären,welche Parteien in welchen Bereichen tatsächlich Verantwortung übernehmen wollen und können. Es muss ausgelotet werden, wer die besten Ideen für Österreichs Zukunft hat und mit welcher Koalition ein wirtschaftsfreundlicher Kurs gefahren wird. Gerade in wirtschaftlich problematischen Zeiten. Was sind aus ihrer Sicht grundbedingungen für mögliche Koalitionspartner? Mahrer:GrundbedingungistausmeinerSichtjedenfalls eine zukunftsorientierte Standortpolitik.Wer auch immer die nächste Regierung stellt, braucht den Mut, zentrale Leitprojekte anzugehen, die Antworten auf diese großen Herausforderungengeben:Klima-undUmweltschutz,Veränderungen in der Arbeitswelt, Digitalisierung, die Frage der geopolitischen Entwicklungen und der WettbewerbsfähigkeitoderdieSicherstellungvonausreichendFachkräften. Dazu braucht es auch eine Zukunftsvision, aber auch ein Gespür für die praktische Umsetzung, Gespür für die BedürfnissederUnternehmen,ihrerMitarbeiterinnenund Mitarbeiter und deren Familien. Wir stehen der nächsten Bundesregierung,egalwiesiezusammengesetztseinwird, als aktiver Umsetzungspartner zur Verfügung, wenn sie diese Aspekte aufgreifen und in einer unternehmer- und standortfreundlichen Politik umsetzen will. Wäre türkis-grün eine realistische Option? Mahrer: Eine Koalition der ÖVP mit den Grünen wäre

sicherlich spannend. Ich kann mir einen „Green New Deal aufÖsterreichisch“ grundsätzlichvorstellen,weil das eine Chance für unseren Wirtschaftsstandort sein kann. Aus meiner Sicht ist die ökosoziale Marktwirtschaft das Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell der Zukunft. Umweltschutz und Wirtschaft sind keine Gegensätze, sondern – richtig gemacht – zwei Seiten einer Medaille. Dass unsere Betriebe dafür bestens aufgestellt sind, zeigen sie ja tagtäglich vor. Unsere Eco-Tech-Betriebe tragen entscheidend zu unserem Exporterfolg bei: Die Palette reicht von Wasserkraftwerken bis zu neuen Mobilitätslösungen,von der Verpackungsindustrie bis zur Zellstoffproduktion. Was sollte die nächste Regierung als erstes angehen? Mahrer: Wir sehen gerade eine Verunsicherung der Weltwirtschaft, und auch inÖsterreich kühlt sich die Konjunktur gerade ab. Unser wichtigster Handelspartner Deutschland ist in schlechterVerfassung, undwir müssen jetzt aufpassen, dass wir rechtzeitig gegensteuern. Daher ist von der nächsten Bundesregierung rasches Handeln gefragt. Wir sind ein kleines, exportorientiertes Land, es ist in dieser Situation besonders wichtig, den Fokus auf Standortstärkung zu halten. Die Politik muss den Unternehmen den Rücken freihalten, schließlich sind sie es, die Beschäftigung schaffen, Wohlstand und Wachstum sichern. Welche konkreten maßnahmen braucht es dafür? Mahrer: Diese Frage haben wir unseren Unternehmen gestellt, und die Antworten waren ganz klar: Der Entlastungskurs der vorhergehenden Regierung muss fortgesetzt werden. Steuern und Abgaben müssen runter, der bürokratische Dschungel muss gründlich ausgedichtet werden. Außerdem brennt die Fachkräftesicherung unseren Betrieben unter den Nägeln. Wie wollen Sie das schaffen? Mahrer: Ein unternehmerfreundliches Klima zu schaffen – das heißt für uns, Wertschätzung und Bewusstsein zu schaffen für alle im Land, die etwas unternehmen – das sind nicht nur unsere Unternehmerinnen und Unternehmer, das sind alle, die etwas schaffen wollen. Deshalb haben wir dies auch in den Fokus unserer gerade angelaufenen WKO-Leistungskampagne „#schaffenwir“ gestellt. DennWirtschaftsindwiralle.Alle,dieetwasunternehmen. Vielen Dank für das gespräch!


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