Katalog „Brennen für den Glauben. Wien nach Luther“

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„Haus des Islam“ vs. „Befestigung der Christenheit“

Im Unterschied zu den „versetzbaren“ Sipahis konnten die Bauern nicht vertrieben werden, es war ihnen aber ihrerseits erlaubt, ihren Wohnsitz zu wechseln. In Un­­­garn sollen viele Bauern aus dem habsburgisch beherrschten Teil in den osmanischen geflüchtet sein, belegt ist der Hilferuf rebellierender Bauern im Raum von Eger/Erlau im Jahr 1631 an Beglerbeg.4 Der osmanische Weg nach Mittel­ europa ¶ Solche Überlegungen waren den steirischen und Kärntner Bauern völlig fremd, deren Höfe und Dörfer ab 1470 immer wieder von osmanischen Reitern heimgesucht wurden. Mordend und plündernd zogen die Akindschi eine Spur der Zerstörung durch das Land. Die „Renner und Brenner“ waren eine halb bis irreguläre, leichte, berittene Truppe, deren Aufgabe es war, ein potenzielles Angriffsziel der osmanischen Armee auszukundschaften Sultan Süleyman „der Prächtige“, Lithografie nach einem Holzschnitt von Hans Guldenmundt (Wien Museum, Inv.Nr. 31.553/1) und vorab in Angst und Schrecken zu versetzen. Sie erhielten sich durch Beutemachen und Sklavenhandel. Von den Einheimischen wurden sie, einer Naturkatastrophe gleich, als Strafe Gottes wahrgenommen (von „gots plag drey … haberschreckh, Türkn und pestilencz“ berichtet ein Fresko am Grazer Dom). In unzähligen Flugschriften verbreitet, sollten 4 Ebd., S. 49. Allgemein zur wirkliche und zugeschriebene Gräueltaten der Akindschi das Situation der Christen unter osmanischer Herrschaft siehe europäische Bild von den Türken5 prägen. Hemma Stagl: Das Leben der Ziel der osmanischen Expansion im Norden war zu diesem nichtmuslimischen Bevölkerung im Osmanischen Reich im Zeitpunkt nicht Ungarn, sondern Österreich. Während in den Spiegel von Reisebeschreibungen, letzten Jahrzehnten des 15. Jahrhunderts, der Zeit Friedrichs III., in: Marlene Kurz, Martin Scheutz, Karl Vocelka u. a. (Hg.): in den Habsburgerländern chaotische Verhältnisse herrschten, Das Osmanische Reich und die die Zentralmacht verfiel („Der Kaiser schläft“), regionale Macht- Habsburgermonarchie, Wien/ München 2005, S. 359–391. haber ihre Fehden austrugen und umherziehende Söldnerhaufen 5 Andrea Pühringer: „Christen contra Heiden?“ Die Darstellung die Bauern terrorisierten, präsentierte sich Ungarn unter König von Gewalt in den Türkenkriegen, Matthias Corvinus als starkes, geeintes Königreich. Ungarn hielt in: Kurz, Scheutz, Vocelka u. a., Osmanische Reich, S. 97–119; große Teile Österreichs besetzt, 1485 bis 1490 residierte Matthias Das Zsuzsa Barbarics-Hermanik: Reale in Wien. Trotzdem hielten die Habsburger an ihrem Anspruch oder gemachte Angst? Türken­ gefahr und Türkenpropaganda im auf Ungarn fest, seit einer der Ihren für kurze Zeit die Krone 16. und 17. Jahrhundert, in: dies., Ungarns getragen hatte. Im Jahr 1515 gelang es Maximilian I., Harald Heppner (Hg.): Türkenangst und Festungsbau. Wirklichkeit durch die Hochzeit seiner Enkelkinder mit den ungarisch-böhmi- und Mythos (Neue Forschungen ostmittel- und südost­ schen Thronanwärtern diese Ansprüche auf eine reale Basis zu zur europäischen Geschichte, Bd. 1), stellen. Frankf. a. M. u. a. 2009, S. 43–75.


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