Wirklichkeit der Entwicklungshilfe - 18. Bericht

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Die Wirklichkeit der Entwicklungshilfe 2010

auf 0,56 Prozent des BNE zu steigern, deutlich verfehlen. Nach Prognosen der Europäischen Kommission werden die ODA-Leistungen um zehn Milliarden Euro niedriger ausfallen, als es die Staats- und Regierungschefs 2005 zugesagt hatten. Elf Länder werden das anvisierte Zwischenziel voraussichtlich erreichen, 16 werden es verfehlen. In absoluten Zahlen besteht die größte Diskrepanz zwischen zugesagtem und tatsächlichem ODA-Niveau bei Italien mit 4,9 Milliarden Euro und Deutschland mit 2,7 Milliarden Euro. n

Nur 39 Prozent für die Entwicklungsprogramme der Partner. Nur ein Teil der deutschen ODA steht tatsächlich zur Umsetzung der entwicklungspolitische Programme in den Partnerländern zur Verfügung. Im Jahr 2008 betrug der Anteil der sogenannten länderprogrammierbaren Hilfe nur 39 Prozent. Nach OECD-Definition ist dies die ODA abzüglich der Schuldenerlasse, der humanitären Hilfe, der Verwaltungskosten, der Kosten für Asylbewerber, der Zahlungen, die nicht von den Hauptentwicklungsinstitutionen geleistet werden, der kalkulatorischen Studienplatzkosten von Studierenden aus Entwicklungsländern sowie einiger kleinerer Ausgabenposten. n Neuausrichtung der deutschen Entwicklungspolitik. Unmittelbar nach dem Regierungswechsel begann die Leitung des BMZ, Prinzipien und Prioritäten der deutschen Entwicklungszusammenarbeit (EZ) neu zu definieren, das Ministerium umzubauen und die Struktur der EZ-Institutionen zu reformieren. Elemente der neuen Politik sind: • Konzentration auf die „Schlüsselsektoren“ Gute Regierungsführung, Bildung, Gesundheit, ländliche Entwicklung, Klima-, Umwelt- und Ressourcenschutz sowie Zusammenarbeit mit der Wirtschaft. • Vorrang bilateraler gegenüber multilateraler EZ. • Kürzung der Budgethilfe. • Perspektivische Reduzierung der Zahl der Partnerländer von 58 auf 50. • Zusammenlegung von GTZ, InWEnt und DED zur Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). n Strategiewechsel: Engere Anbindung der Wirtschaft an die Entwicklungspolitik. Nach den Plänen der neuen BMZ- Führung soll die deutsche EZ unternehmensfreundlicher gestaltet werden.

In diesem Zusammenhang wurden die Mittel für „Entwicklungspartnerschaften mit der Wirtschaft“ 2010 um 25 Prozent auf 60 Millionen Euro erhöht, eine neue Servicestelle für die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft eingerichtet und mit der Ausarbeitung einer neuen BMZ-Strategie für die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft begonnen. n

Instrumente der Zusammenarbeit mit der Wirtschaft fortgesetzt. Die bisherigen Kooperationsformen mit der Wirtschaft werden unter der neuen BMZ-Führung beibehalten. Bereits zwischen 1999 und 2009 wurden 3.375 Kooperationsprojekte mit privaten Unternehmen in über 70 Ländern gestartet. Das Zusagevolumen von öffentlicher und privater Seite summierte sich in diesem Zeitraum auf 21,4 Milliarden Euro. Davon entfielen 97 Prozent auf Geschäfte von KfW Entwicklungsbank und DEG. n Regionale und sektorale Konzentration im Interesse der Wirtschaft. Der Schwerpunkt der Kooperationsvorhaben zwischen Entwicklungspolitik und Wirtschaft liegt traditionell in Asien. Auf Afrika entfielen im vergangenen Jahrzehnt rund ein Viertel aller PPP-Projekte. Kooperationsvorhaben finden (naturgemäß) dort statt, wo es für deutsche Unternehmen lukrativ ist. Die Mittel konzentrierten sich bisher auf den Bereich der nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung, die Investitionsförderung sowie Vorhaben im Umweltbereich. Sektoren, die für die Verwirklichung der MDGs besonders wichtig sind, hatten nur einen geringen Anteil. Dies gilt insbesondere für die Bereiche Bildung (Anteil an den PPP-Projekte: 4,4 Prozent), Gesundheit (5,6 Prozent) und Wasser (4,8 Prozent).

Kooperationsprojekte zwischen Entwicklungspolitik und Wirtschaft haben klare Grenzen. Die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, dass Entwicklungspartnerschaften kein Ersatz für die notwendige Erhöhung öffentlicher EZ-Mittel sein können, um z.B. staatliche Bildungs- und Gesundheitssysteme und den Aufbau öffentlicher Systeme der sozialen Grundsicherung zu unterstützen. Würde sich die Entwicklungspolitik vollständig nach den Anliegen und Wünschen der deutschen Wirtschaft ausrichten, wären die Verlierer die Menschen in den Ländern und Sektoren, die für deutsche Unternehmen nicht profitabel sind. Dazu zählen die Armen in ländlichen Gebieten, Kinder und benachteiligte Gruppen. 7


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