Wirklichkeit der Entwicklungshilfe - 18. Bericht

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Kapitel 2

Anspruch und Wirklichkeit deutscher Entwicklungspolitik: Zahlen und Fakten

(2009) auf 10,2 Prozent reduziert. 36 Im Jahr 2011 soll der Budgethilfeanteil an der bilateralen EZ auf 3,9 Prozent gesenkt werden. 37 Diese Entscheidung steht im klaren Widerspruch zu den Verpflichtungen aus der Paris-Erklärung über die Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit, nach der bis 2010 66 Prozent der ODA-Leistungen im Rahmen programmorientierter Ansätze bereitgestellt werden sollen. Reduzierung der Zahl der Partnerländer: Eine der ersten Amtshandlungen der neuen BMZ-Leitung war die Ankündigung, die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit mit China zu beenden. Dies betraf allerdings nur noch die Technische Zusammenarbeit (TZ) 38, denn die Finanzielle Zusammenarbeit (FZ) hatte Niebels Vorgängerin Wieczorek-Zeul bereits 2008 für beendet erklärt. Formal beendet wurde die klassische EZ mit ­China am 16. Juli 2010 mit der Unterzeichnung einer gemeinsamen Absichtserklärung zwischen BMZ und chinesischem Handelsministerium, die für die Zukunft u.a. trilaterale Entwicklungskooperationen von China und Deutschland mit Drittländern vorsieht. 39 Insgesamt will das BMZ die Zahl der Länder, die explizit als Partnerländer der deutschen EZ eingestuft werden, perspektivisch von derzeit 58 auf 50 reduzieren. Den Schwerpunkt der bilateralen Zusammenarbeit soll weiterhin die Region Subsahara Afrika bilden, für die 50 Prozent der bilateralen Haushaltsmittel als Zielgröße vorgesehen sind (vgl. dazu auch Tabelle 4 im Anhang). Die OECD weist darauf hin, dass die formelle Definition von Partnerländern noch wenig darüber aussagt, in welche Länder die EZ-Mittel tatsächlich fließen. Im Jahr 2008 erhielten die 58 offiziellen Partnerländer nur 41,5 Prozent der bilateralen ODA Deutschlands, 58,5 Prozent flossen an 82 Länder, die nicht auf der Liste der Partnerländer stehen. 40 Strukturreform der Entwicklungsinstitutionen: Unmittelbar nach dem Regierungswechsel leitete die BMZ-Leitung den Umbau des eigenen Minis36 Vgl. BMZ (2010e), S. 8. 37 Vgl. BMZ (2010d), S. 11. 38 Der Zusagerahmen für die bilaterale TZ mit China hatte 2009 einen Umfang von 60 Millionen Euro. 39 Vgl. BMZ-Pressemitteilung vom 16.7.2010 (www.bmz.de/de/ presse/pm/2010/juli/pm_20100716_125.html). 40 Vgl. OECD (2010b), S. 29 (zitiert nach dem Entwurf des OECD-Sekretariats).

teriums und die Reform der Durchführungs­ organisationen ein. Innerhalb des Ministeriums erhöhte sie die Zahl der Abteilungen von drei auf vier, richtete nach dem Vorbild des Auswärtigen Amtes einen Planungsstab ein, der ihr direkt unterstellt ist, und besetzte zahlreiche Schlüsselpositionen mit externen Führungskräften. Nachdem in der vorausgegangenen Legislaturperiode der große Wurf einer Zusammenlegung aller TZ- und FZ-Organisationen, allen voran GTZ und KfW, am erbitterten Widerstand aus dem Bundestag und den betroffenen Organisationen selbst gescheitert war, beschränkte sich Bundesentwicklungsminister Niebel mit seiner Reforminitiative bewusst auf die Organisationen der TZ. Er legte im Juni 2010 ein Konzept zur Strukturreform vor, das am 7. Juli 2010 vom Bundeskabinett gebilligt wurde.41 Das Konzept sieht die Zusammenlegung von GTZ, InWEnt und dem Deutschen Entwicklungsdienst (DED) zur Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) vor. Erster Hauptsitz der neuen Gesellschaft soll Bonn, zweiter Hauptsitz Eschborn sein. Die GIZ soll sich explizit auf ihr Kerngeschäft als „Durchführungsorganisation“ konzentrieren. Das BMZ soll demgegenüber für die politische Steuerung und Ausgestaltung der entwicklungspolitischen Agenden und Verhandlungsprozesse auf deutscher und internationaler Ebene verantwortlich sein und personell aufgestockt werden. Die Bundesregierung soll auf diese Weise „deutlich mehr entwick­ lungspolitischen Gestaltungsspielraum“ erhalten. 42 Weitere Elemente der Strukturreform sind die Gründung einer Institution für die unabhängige Evaluierung und der Ausbau der bisherigen Beratungsstelle für Private Träger „bengo“ zu einer ­umfassenden Servicestelle, die die bisherigen Einrichtungen zur Unterstützung der Zivilgesellschaft unter einem Dach bündeln soll. Abschied vom ODA-Zwischenziel – verbale ­Bekräftigung des 0,7-Prozentziels: Der Bundesentwicklungsminister hatte bereits kurz nach seinem Amtsantritt angekündigt, dass Deutschland das im Rahmen des EU-Stufenplans zugesagte ODA-Zwischenziel für 2010 nicht erreichen wird. In einem Interview sagte er am 18. November 2009: 41 Vgl. BMZ (2010). 42 Ebd., S.3.

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