Weekend Magazin Vorarlberg 2014 KW 50

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Bitte kümmert euch um uns!

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wenn eltern nicht beschützen können Pflegefamilien. Vernachlässigung, körperliche oder sexuelle Gewalt: Rund 11.000 Kinder können in Österreich nicht bei ihren leiblichen Eltern leben. Sie werden bei Pflegefamilien untergebracht. Weekend Magazin beantwortet die häufigsten Fragen zum Thema. Von Brigitte Biedermann

FRAGE 1 Wie wird man Pflegemama oder -papa? ­ Im Gegensatz zur Adoption gibt es bei Pflegeeltern keine gesetzlich vorgeschriebene Altersbeschränkung. Der ­Altersunterschied zwischen Foto: colourbox.de

Pflegekind und Pflegeeltern sollte aber 40 Jahre nicht übersteigen. Man muss auch nicht verheiratet sein, auch Singles oder gleichge­ schlechtliche Paare können Pflegeeltern werden. „Natür­ lich ist ein soziales Netz von Vorteil. Man sollte schon ­jemanden haben, der einem hilft, wenn man krank ist“, weiß Herta Staffa vom Ju­ gendamt, der Mag Elf. Wer sich für die Tätigkeit interes­ siert, wird zuerst vom Ju­ gendamt überprüft (Vor­ strafen, Wohn- und Einkom­ mensverhältnisse, Belastbar­ keit etc). Dann muss ein Vor­ bereitunsseminar besucht werden. Danach geht es in ein dreitägiges vertiefendes Seminar, das von einem Sozialarbeiter oder ei­ ­ nem bereits ausgebilde­ ten Pflegeelternteil gelei­ tet wird. FRAGE 2 Welche Fähigkeiten muss ich haben? Pflege­mamas und Pflege­ papas sind natürlich be­ sonders gefordert. Die Kinder, die sie bei sich auf­ nehmen, sind meistens traumatisiert, verstört oder verängstigt. Einfühlungs­

Schnelle Hilfe in Notfällen: Krisenpflegeeltern übernehmen für zirka acht Wochen die Elternschaft für ein bis zu drei Jahre altes Kind.

vermögen, Toleranz und Konfliktlösungskompetenz sind Grundvoraus­setzungen. Sozialarbeiterin Christa Strasser: „Es ist ein mutiger Schritt, Pflegekinder bei sich aufzunehmen und auch eine große Herausforderung. Man muss den Spagat zwischen zwei Welten – der leiblichen Familie und dem neuen Heim schaffen.“ Das heißt: Das Pflegekind soll Kontakt zu seinen leiblichen Eltern haben. Diese haben auch das Recht, die Rückgabe des Kin­ des zu beantragen. In der Re­ gel bleiben aber die meisten Pflegekinder dauerhaft in der Pflegefamilie. FRAGE 3 Bekomme ich ­finanzielle Unterstützung? Ja, neben der Familienbei­ hilfe erhält die Pflegefami­ lie je nach Alter des Kindes ­zwischen 480 und 555 Euro monatlich. Kriseneltern, die sich bereit erklären, Kinder in Akutsituationen sechs bis acht Wochen bei sich auf­zunehmen, bekom­ men rund 1.000 Euro Un­ terstützung im Monat. In Wien gibt es auch die Mög­ lichkeit, sich als Pflegemut­ ter oder -vater anstellen zu

lassen. Damit verbunden sind Fortbildung, Beratung, soziale Absicherung (Pen­ sions-, Kranken-, Unfallund Arbeitslosenversiche­ rung) sowie ein Gehalt knapp über der Geringfü­ gigkeitsgrenze. FRAGE 4 Wie lange bleiben die Kinder im Schnitt? Die meisten Pflegekinder blei­ ben dauerhaft in der neuen Familie, wünschen aber den Kontakt zu den leibli­ chen E ­ ltern. In ganz weni­ gen Fällen gehen die Kin­ der wieder zurück in die Ursprungsfamilie. Sozialar­ beiterin Strasser hat in ihrer Tätigkeit aber auch schon erlebt, dass das Pflegekind von der Pflegefamilie adop­ tiert wurde. FRAGE 5 Wer sind die ­typischen Pflegeeltern? Christa Strasser: „Die Pa­ lette ist sehr breit. Es sind sowohl Familien mit eige­ nen Kindern, die Erfahrung haben und belastbar sind, aber auch Menschen, die das Bedürfnis haben zu hel­ fen und auch Paare, die selbst keine eigenen Kinder n bekommen können.“

Foto: Patrick Pleul/dpa

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ine „Strafdusche“ zur Beruhigung, hin und wieder eine „G’sunde Watschn“ oder Eltern, die schlichtweg überfordert sind. 11.000 Kinder und Jugendli­ che leben derzeit nicht bei ih­ ren leiblichen Eltern. In Wien sind rund 1.450 Kinder in 900 Pflegefamilien unterge­ bracht. Jedes Jahr werden für 100 Kinder Pflegemamas und -papas gesucht. Antworten auf die häufigsten Fragen.


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