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LIEBE KENNT KEINE GRENZEN
Nach einem siebenjährigen parlamentarischen Prozess kam es Ende September endlich zu dem Entscheid, die Ehe auch für gleichgeschlechtliche Paare zu öffnen. Damit macht die Schweiz einen grossen Schritt in Richtung Gleichberechtigung.
TEXT Anja Rüdin
Organisationen für Transmenschen, homosexuelle Paare und Regenbogenfamilien sorgten in den letzten Jahren für mehr Sichtbarkeit der LGBTQIA+-Community und machten die grosse Diversität in unserer Gesellschaft sichtbar. Doch Menschen, deren sexuelle Orientierung und/oder geschlechtliche Identität nicht der Norm entsprechen, erfahren nach wie vor Diskriminierung. Die Öffnung der Ehe für alle ist nicht nur rechtlich, sondern auch symbolisch ein wichtiges und notwendiges Zeichen dafür, dass jeder und jede ein Recht auf Liebe hat.
EIN BLICK IN DIE WELT
In Europa haben nun insgesamt 17 Staaten die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet. Vorreiter waren die Niederlande – das weltweit erste Land, welches die Ehe für alle einführte und damit auch Homosexuellen das Recht auf Adoption von Kindern zugestand. Initiator der Bewegung, die 2001 zur Öffnung der Zivilehe führte, und sogenannter Begründer der gleichgeschlechtlichen Ehe war der Staatsanwalt Jan-Wolter Wabeke. So gaben sich am 1. April 2001 kurz nach Mitternacht im Amsterdamer Rathaus drei schwule Paare und ein lesbisches Paar das Jawort. Schon bald zogen Belgien, Spanien, Norwegen und viele weitere europäische Länder nach. Ausnahmen blieben in Westeuropa nur die Schweiz, Liechtenstein und Italien.
Ausserhalb von Europa können gleichgeschlechtliche Paare in insgesamt 12 Ländern die Ehe eingehen. Dazu gehören unter anderem Kanada, Südafrika, Neuseeland und Australien sowie Taiwan, das einzige Land in Asien, welches die Ehe für alle eingeführt hat. Die Öffnung der Ehe für homosexuelle Paare ist mehr als zeitgemäss und widerspricht auch nicht dem traditionellen Bild der Ehe. Eine Begrenzung der Ehe auf heterosexuelle Paare schliesst aber die QueerCommunity aus. Mit der Annahme der Ehe für alle setzt die Schweiz ein wichtiges Zeichen für die Gleichstellung und gesellschaftliche Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Paare. Dies ist besonders für junge Menschen wichtig, damit sie ihre Identität frei ausleben und ihre Liebe zelebrieren können.

ANERKENNUNG DER AKZEPTANZ
Während in den Niederlanden die ersten homosexuellen Paare schon ihre Rosenhochzeit (10 Jahre Ehe) feierten, wurde in der Schweiz erst 2013 die parlamentarische Initiative zur Ehe für alle von der Grünliberalen Partei angestossen. Obwohl die Bundesverfassung nicht definiert, wem die Ehe offensteht, war die bisherige Gesetzgebung auf die Verbindungen zwischen Mann und Frau beschränkt. Auch für die Hochzeitsbranche bedeutet der Entscheid zur Öffnung der Ehe für alle sehr viel, dürfen wir uns doch nun auf noch mehr heiratswillige Paare freuen. Die Vielfalt und Diversität, die in den letzten Jahren in der Gesellschaft immer sichtbarer wurde, werden sich nun sicherlich auch in sehr unterschiedlichen und individuellen Hochzeiten wiederspiegeln. Wir dürfen also alle freudig gespannt sein …
LOVE IS LOVE
Bislang war für gleichgeschlechtliche Paare folglich nur eine eingetragene Partnerschaft möglich, diese gewährt aber nicht dieselben Rechte wie die zivile Ehe. Einerseits hat das neue Gesetz eine besondere Symbolik: Die Ehe für alle bedeutet Anerkennung der Akzeptanz, die LGBTQAI+-Menschen in der Gesellschaft erlangt haben. Andererseits geht es natürlich auch um die rechtliche Anerkennung der Ehe, sodass auch ihnen derselbe rechtliche Schutz wie heterosexuellen Paaren zuteilwird. Das Wichtigste bleibt aber die Liebe, also lasst uns die Liebe feiern und jeden und jede so heiraten, wie man es schon immer geträumt hat.



Walensee LINDA & ENRICO
Für ihre entspannte, aber doch elegante Gartenhochzeit am Walensee erwischten Linda und Enrico den perfekten Spätsommertag. Die kreativen und berührenden Reden von Freunden und Familie, die Schifffahrt und die grandiose Stimmung waren besondere Highlights, die ihren Hochzeitstag unvergesslich machten.
TEXT Anja Rüdin FOTO Lee Kramer


Über fünf Jahre ist es nun her, seit sich Linda und Enrico durch eine gemeinsame Freundin vorgestellt wurden. Ein Paar wurden sie aber erst ein Jahr später, da das erste Kennenlernen im Frühjahr 2016 ohne «Folgetreffen» blieb. Erst Ende des Jahres sahen sich die beiden an einem Apéro wieder, kurz darauf kam das erste Date und schon nahm die gemeinsame Liebesgeschichte ihren Lauf. «Wir haben beide nicht viel Zeit gebraucht, um zu realisieren, dass dies etwas Besonderes ist. Es fühlte sich von Anfang an klar und ehrlich an», erzählt Linda strahlend. Die beiden verbindet nicht nur die Liebe zueinander, sondern auch die Leidenschaft für Wein, feines Essen und Reisen. Ein besonderer Höhepunkt war der Hochzeitsantrag, den Enrico seiner Linda in Comporta, Portugal machte – das ist übrigens der Ort, an dem das Paar die ersten gemeinsamen Ferien verbrachte. Nach einem Strandspaziergang bei Sonnenuntergang nahm Enrico all seinen Mut zusammen und hielt mit einem selbst designten Verlobungsring um die Hand von Linda an. Ein perfekter Moment, natürlich gekrönt von einem Ja.




EINE HOCHZEIT MIT PERSÖNLICHER NOTE
Die Hochzeitsplanung haben Linda und Enrico zusammen in die Hand genommen. «Für uns war dies ein gemeinsames Projekt, mit welchem wir noch mehr zusammenwachsen wollten», erklären die beiden. Wichtig war ihnen vor allem, dass die Hochzeit von A bis Z ihre persönliche Note hat. Deshalb wurde bei der Wahl der involvierten Dienstleister bewusst auf lokale Familienunternehmen gesetzt, was sich für Linda und Enrico vollends ausbezahlt hat und sie auch anderen Brautpaaren nur empfehlen können. Von der Blumendeko, dem Zeltbauer bis hin zum Fotografen, der ein alter Freund des Bräutigams ist. Auch die Caterer, Jürg und Marlène Weber vom Schwert Netstal haben eine gemeinsame Geschichte mit dem Brautpaar: Sie hatten damals ihre Lehren als Koch und Serviceangestellte bei den Grosseltern von Linda gemacht und haben sogar schon für die Hochzeit der Brauteltern die Brötchen gestrichen. «Jede beteiligte Person war mit Herzblut dabei und dies hat man auch am Fest selbst spüren können», stellen Linda und Enrico rückblickend fest. Nicht zu vergessen ist aber auch die tolle Unterstützung von Familie und Freunden, auf die das Brautpaar zählen durfte. «Unsere Eltern haben tatkräftig mitgeholfen und ein Freund von mir hat die Einladungen entworfen», erzählt Enrico. Der persönliche Aspekt spielte auch bei der Wahl der Location eine entscheidende Rolle. Das Fest fand deshalb am Walensee statt, von hier stammt nämlich die Familie der Brautmutter und auch Linda und Enrico verbringen hier im Sommer viel Zeit. Passend zu diesem Hintergrund wurde für ihren grossen Tag das Thema «eine Sommerhochzeit am See» gewählt. Damit war auch klar, dass dabei eine Schifffahrt nicht fehlen darf. So trafen sich der Bräutigam und die Gäste am Hochzeitstag in Weesen und fuhren mit dem Schiff nach Mühlehorn zur Trauung. Die Kirche Mühlehorn hat das Brautpaar hinsichtlich ihrer Nähe zum See und auch dem passenden Ambiente im Inneren ausgewählt. Zufälligerweise steht die Kirche auch noch auf Boden der Gemeinde Glarus Nord, dem Bürgerort der Braut. Die zivile Feier fand drei Monate zuvor in Zürich statt, was wiederum der Bürgerort des Bräutigams ist.




HERZKLOPFEN
Während Enrico mit der Hochzeitsgesellschaft per Schiff zur Trauung kam, wurde Linda in Begleitung ihres Vaters und ihrer Trauzeugin von einem Familienfreund im Auto zur Kirche gefahren. Bis zum emotionalen Einzug der Braut hatten Linda und Enrico keine Ahnung, wie der andere an ihrem grossen Tag aussehen würde. Umso intensiver fielen die Gefühle in der Kirche aus: «Wir waren überglücklich, nervös, erleichtert und beeindruckt. Einander in die Augen zu blicken, die Vertrautheit gemischt mit der festlich gespannten Atmosphäre zu spüren, war einmalig.» Nach einer gelungenen Trauung mit musikalischer Begleitung ging es für das Brautpaar und seine Gäste zurück zum Schiff, wo ein Apéro sowie viele Umarmungen und Gratulationen warteten.
Das eigentliche Fest fand dann im privaten Garten statt. Ein durchsichtiges Zelt mit herabhängenden Pflanzen, welches an ein Gewächshaus erinnert, diente als Feststandort und sorgte für eine entspannte und doch elegante Atmosphäre. «Die Wettergötter waren uns zum Glück sehr gut gewillt und wir haben einen traumhaften Spätsommertag erwischt», schwärmt das Paar . Neben dem Wetter war aber natürlich auch Corona eine der grössten Herausforderungen für Linda und Enrico. Sechs Wochen vor dem ursprünglichen Datum 4. Juli 2020 wurde die Hochzeit noch um zwei Monate verschoben. Eine gute Entscheidung, wie sich später zeigte: «Wir haben genau die ‹Corona-Gap› erwischt. Für die meisten Anwesenden war es die einzige Hochzeit im Jahr 2020.»

FEIERN UND GENIESSEN
Bereits der Einzug von Linda und Enrico ins Zelt wurde von den Gästen johlend, applaudierend und Servietten-schwingend gefeiert. Die Stimmung war schon da grandios und ein gutes Vorzeichen für das anschliessende Fest am Abend. Doch zuerst wartete noch das Hochzeitsmenü mit anschliessendem Dessertbuffet und passendem Wein auf die Hochzeitsgesellschaft. Von der kleinen Rieslingsuppe mit Brotkonfekt bis hin zu einem Champagner Pilzragout war für jeden Geschmack etwas dabei. Und auch für Unterhaltung wurde gesorgt, gab es doch die ein oder andere Überraschung für Linda und Enrico. «Die kreativen und berührenden Reden unserer besten Freunde, Eltern und Geschwister haben sich so richtig in unsere Herzen gebrannt», und wurden damit zu einem der Highlights von Linda und Enrico. Aber auch der Bräutigam hatte etwas ganz Besonderes für seine Braut vorbereitet: Mit akustischer Gitarre und Cowboyhut gab er den romantischen Song «Give in to me» zum Besten. Ein Song, den Linda mit ihrer Freundin und damaligen Mitbewohnerin rauf und runter gehört hatte. Gefolgt vom ersten Tanz der Frischvermählten hielt die magische Atmosphäre des Abends weiter an. Dank der Live-Band und der guten Stimmung der Gäste verbrachten Linda und Enrico einen ausgelassenen Abend. Rückblickend können sie jedem Brautpaar vor allem raten, sich während dieses einzigartigen Tages immer wieder Zeit zu nehmen, alles bewusst zu realisieren und den Moment in vollen Zügen zu geniessen. Natürlich braucht ein so stimmungsvoller und emotionaler Tag einen krönenden Abschluss: «Wir sind uns nicht mehr ganz so sicher, um welche Uhrzeit es war, aber wir gingen mit den letzten Gästen noch im Walensee schwimmen», verraten Linda und Enrico grinsend.


Vorname und Alter der Braut:
Linda, 33
Vorname und Alter des Bräutigams:
Enrico, 33 Hochzeitsdatum: 18.09.2020 Brautkleid: Laurent Kapelski, Paris (Massanfertigung nach Vorstellung der Braut) Brautschuhe: Gianvito Rossi Anzug: Massanzug dunkelgrün von Pelikamo Trauringe: Blum Juwelier, Zürich Fotograf: Lee Kramer Blumen: EBERLE Floristik & Gärten, Näfels Haare: Max Coiffure, Näfels Make-up: Freundin der Braut Torte: Keine … Aber hausgemachte Glace von der Konditorei Müller Näfels. Diese macht auf Wunsch auch wunderbare Torten. Ort der Trauung: Ref. Kirche Mühlehorn Apéro-Location: Schiff Quinten der Walensee Schifffahrt / Privater Garten Fest: Privater Garten, Zelt von Blasto Ambiance Catering: Hotel Schwert Netstal
Musikalische Unterhaltung:
Party- und Hochzeitsband MAXiN Motto: Sommerhochzeit am See Anzahl Gäste: 95 Personen (unter der 100-Personen-Corona-Regel)
