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ARIZONA MYSTISCHES SEDONA




Sedona






– die mystische Seite Arizonas



Wer auf der Suche nach Magie ist, Ruhe sucht und das Abenteuer schätzt, findet «im schönsten Ort Amerikas» die perfekte Mischung aus allem.




Text: Karin Schmidt








Wr fahren im Schneckentempo auf Arizonas Highway 179, der in den kleinen Künstlerort Sedona führt. Das 11’000-Seelen-Städtchen liegt eine Autostunde südlich von Flagstaff am Ausgang des Oak Creek Canyon, nicht weit vom Grand Canyon entfernt. Hier haben selbst die Einheimischen einen Fuss auf der Bremse, um auf der kurvenreichen Strasse ja keine neue Perspektive auf die leuchtenden Felsen mit ihren schroffen Formen und steilen Canyons zu verpassen. Denn die grandiose Landschaft der Red Rocks, der roten Felsen, ist legendär.
WAHRE TRÄUME AUS ZELLULOID
Vor uns liegt das Amerika, das uns schon aus unzähligen Filmen und Fernsehserien vertraut ist. Seit Jahrzehnten dient dieser Teil der mächtigen Gebirgskette Mogollon Rim als Filmkulisse für zahlreiche Western und andere Hollywood-Filme und bescherte Sedona den Spitznamen «Beverly Hills on the Rocks.» Von John Wayne bis Elvis Presley bedienten sich die grössten Hollywood-Stars des malerischen Hintergrunds. Ein kleines Museum am Highway 89a, der mitten durch den Ort führt, erinnert an die grossen und kleinen Filmproduktionen, die im Umkreis entstanden. Nach der Western-Ära wurde es ruhiger. Nur der rustikale Cowboy Club mitten in Sedona erinnert noch an die Zeit, als Männer noch echte Cowboys waren. Jedenfalls wird damit geworben, die Leinwandhelden der Fünfzigerjahre bewirtet zu haben. Die Küche gibt sich traditionell amerikanisch: Steaks und Spareribs, aber auch gebratene Schlange und frittierter Kaktus. Wir haben uns allerdings für Burger entschieden, die uns ganz sicher besser schmecken.
SPIRITUELLES MEKKA
Wer wie wir zum ersten Mal die mystisch verträumte Kulisse aus rot leuchtendem Sandsteinmassiv inmitten unberührter Wüstenlandschaften erblickt, dem kann nur ein Gedanke in den Sinn kommen: Hier herrscht Magie – und das nicht nur in Sachen Naturschönheit. Denn rings um Sedona scheint es so etwas wie Steckdosen für Esoterikfans zu geben: Orte, an denen die Energie des Kosmos direkt in den Menschen fliesst. Tatsächlich gilt Sedona seit jeher als Mystik-Hotspot schlechthin und Ort purer Inspiration. Seit den Achtzigerjahren erlebt die kleine Stadt einen neuen Boom. Das liegt nicht an den vielen Künstler, die in den letzten Jahren ihre Ateliers und Galerien eröffnet haben, sondern an magischen Energiefeldern, die in der Felsenlandschaft vermutet werden. Für die Bewohner der Stadt ist dies natürlich keine neue Entdeckung, sondern beruht auf uralter spiritueller Weisheit. Glaubt man den Einheimischen, dann befindet man sich hier sogar mitten in einem spirituellen Paradies. Vier mystische Energiestrudel, sogenannte Vortexe, soll es in und um Sedona geben. Der Bell Rock ist einer der Orte mit magischen Kräften. Vom Boynton Canyon geht eine Energie aus, welche die Kreativität fördern soll; auch Airport Mesa und Cathedral Rock sind wegen ihrer starken Energieströme zu Pilgerstätten der New-Age-Anhänger geworden. Vortexe sollen nicht nur beim Meditieren und bei der Kontaktaufnahme zu jedweder Gottheit behilflich sein, sondern auch Visionen auslösen. Aufwärtsströmende Vortexe geben neuen Elan, abwärtsströmende Vortexe helfen dabei, in sich zu gehen. Letztlich kann jeder für sich entscheiden, wie er die Energie nutzt, die schon so vielen Menschen zu innerer Ruhe und Seelenfrieden verholfen hat.




PARAWISSENSCHAFTLICHE ERKLÄRUNGEN
Zum besseren Verstehen der Vortexe treffen wir heute Pete A. Sanders beim Airport Mesa. Der Wissenschaftler, der im Massachusetts Institute of Technology in biomedizinischer Chemie ausgebildet wurde, erklärt uns das Phänomen folgendermassen: «Der Begriff «Vortex» oder «Wirbel» ist mehr symbolisch zu nehmen als buchstäblich. Die meisten Wirbelenergie-Stätten haben keinen zirkulierenden Energiefluss, sondern sind Gebiete mit einem erweiterten linearen Energiestrom. Diese Energie ist weder elektrisch noch magnetisch. In diesen Wirbeln fliesst Energie, die in tieferen Dimensionen als Elektrizität und Magnetismus existiert.» Aha! Vielleicht gibt mir die anschliessende Meditation mehr Aufschluss – bis jetzt verstehe ich nur Bahnhof.
SANDWIRBEL AUF DEM ROTEN BERG
Langsam steigen wir vom Autoparkplatz die ersten Stufen zum Airport Vortex hinauf. Oben auf dem Berg offenbart sich uns eine fantastische Aussicht. «Nur von hier aus hat man in Sedona diese uneingeschränkte 360-Grad-Rundumsicht», sagt Pete und setzt sich auf den warmen, roten Stein. Wir tun es ihm gleich und lassen uns von Petes Stimme in die Meditation begleiten, die uns zu innerer Harmonie verhelfen soll. Zuerst spüre ich mit geschlossenen Augen den Kräften nach, die mich auf dem Berg sitzend bis in alle Zellen hinein durchfliessen und versuche, diese Kräfte zu empfinden. Manche Menschen, erklärt Pete, sehen an dieser Stelle Wellenbewegungen, sie spüren Vibrationen, sehen Strahlenspiralen oder hören sanfte Klänge. Ich sehe – kaum, dass ich die Augen schliesse – sandfarbige Körner von einem sanften Wind bewegt vor mir kreisen und vorbeiziehen. Vielleicht hätte Pete mir gar nicht zu erklären brauchen, was andere an diesem Ort in ihren Meditationen erleben. Das Stichwort «Wirbel» ist Inspiration genug und führt die Seele in die vorgezeichnete Richtung. Einmal in meine inneren farbigen Wirbel getaucht, weist mich die ruhige Stimme des wissenschaftlichen Begleiters an, nun meine innere Energie mit dem Bild des roten Berges, das ich in mich aufnahm, zu verbinden und zu spüren, wie meine Wirbel zu einem Teil des grossen Wirbels werden, der im roten Felsen kreist. «Sauge diese Energie in dich. Lass diese Energie in dich hinein. Und dann lass dich vom Wirbel hochtragen, immer weiter in den Himmel hinein, bis zu den Sternen und in ferne Galaxien.» Leider hat mich die ruhige Stimme des Begleiters nicht bis in die Unendlichkeit geführt. Zu sehr drehen sich meine Gedanken um die wirbelnden Sandkörner. Als ich mich von meinen inneren Bildern löse, scheint die Sonne doppelt so freundlich an die roten Bergwände. Pete tröstet mich mit den Worten: «Es ist ganz normal, dass es beim ersten Mal nicht klappt». Leider haben wir keine Zeit für eine weitere Sitzung und so verabschieden wir uns von Pete, der uns Informationen zu seiner «Free Soul’s Web Site» (www.freesoul.net) aushändigt und für seine persönlich geführten wissenschaftlichen Vortex-Trainings wirbt. An den über vier Millionen Touristen jährlich lässt es sich schliesslich gut verdienen. Und gutes Marketing trägt das Seine dazu bei.


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1 Sedona lockt mit magischen Orten und Naturschönheiten (Bild: «Doe Mesa»). 2 Der 48. Staat der USA hat weit mehr zu bieten als nur den Grand Canyon (Bild: Oak Creek Canyon).











EIN PARADIES FÜR NATURLIEBHABER
Zu den beeindruckendsten Erlebnissen gehört auch der Aufstieg zum 1500 Meter hohen Cathedral Rock mit einem grandiosen Rundblick sowie ein Besuch der in die Felsen hineingebauten Kapelle Holy Cross. Noch mehr faszinierende Erlebnisse und Ausblicke verschaffen Jeeptouren ins Hinterland oder Ballonfahrten. Ihren ganz eigenen Reiz aber entfalten die Red Rocks beim Sonnenuntergang – und für Frühaufsteher auch im ersten Morgenlicht. Nach den Touren durch das Labyrinth der Red Rocks rund um Sedona empfiehlt sich der 26 Kilometer lange Oak Creek Canyon Scenic Drive. Für Mountainbiker ist es eines der besten Gebiete im Westen der Vereinigten Staaten, das auf gut ausgebauten Strecken meilenweiten Fahrspass ermöglicht. Auf dem kurvenreichen Weg eröffnen sich immer wieder neue Impressionen von Gesteinsschichten, Schluchten und dem Flusslauf des Oak Creek. Zwischendurch bieten Indianer an verschiedenen Aussichtsplätzen Schmuck und Töpferwaren an. Ausser den Energiestrudeln und den traumhaften Red Rocks gibt es aber noch einen anderen Grund hierherzukommen: das Klima. Während im Sommer in Phoenix und Umgebung die Sonne gnadenlos alles niederbrennt, herrschen hier ganzjährig angenehme Temperaturen. Da verwundert es nicht, wenn die Städter zwischen Juni und September aus dem «Valley of the Sun» nach Sedona in ihre Ferienwohnungen flüchten.
WEIN AUS DER WÜSTE
Dass es im 48. und sechstgrössten Bundesstaat der USA auch hervorragende Weine einer noch jungen Winzergeneration gibt, damit haben wir nicht gerechnet. Doch plötzlich tauchen vor uns üppige Weinreben in saftigem Grün an den Weinhängen des grössten Weinanbaugebiets Arizonas, dem Verde Valley, auf. Das Tal ist eine knappe halbe Autostunde von Sedona entfernt und hat durchaus Ähnlichkeiten mit einigen der grössten Weinabbaugebiete der Welt. Es besitzt genügend Sonne und Wärme, um grosse Früchte gedeihen zu lassen und steinige Böden, welche den Früchten einen einzigartigen Geschmack und hohe Qualität verleihen. Wir statten dem Page Springs Vineyards & Cellars in Cornville einen Besuch ab. Die Weine, welche wir verkosten, übertreffen unsere Erwartungen. Doch die Qualität der Weine kommt nicht von ungefähr. Eric Glomski gilt als Pionier in Sachen Weinanbau in Arizona und rühmt sich mittlerweile des Titels eines Promiwinzers. Neben dem Arizona Stronghold, das er heute alleine führt, besitzt Glomski auch das Page Springs Weingut. Wir kaufen eine Flasche des «Vino de la Familia», einen vorzüglichen Blend aus roten Trauben. Schade, dass es die Weine nur in Arizona zu kaufen gibt. Ein Grund mehr, dem wohl schönsten Ort Amerikas erneut einen Besuch abzustatten.
3 Die atemberaubende Kulisse der roten Sandsteinfelsen des
Red Rock Country bleibt jedem unvergessen. 4 Die Aussicht auf den Stadtteil
Uptown Sedona vor der Kulisse des Capital Butte ist am schönsten bei Sonnenaufgang.
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ANREISE
Ab Zürich mit British Airways via London nach Phoenix.
www.britishairways.com
SEDONA-TIPPS
HOTELS

Canyon Villa Bed and Breakfast Inn of Sedona
Im kleinen, gemütlichen Inn bei Les und Peg fühlt man sich sofort wie zu Hause. Das Frühstück mit hausgemachten Cinnamon Rolls wird den Gästen am grossen Tisch drinnen oder auf der Terrasse serviert. Dabei erfährt man auch gleich die besten Ausflugstipps. Und das alles mit einer unvergleichlichen Aussicht auf den Bell Rock und den Courthouse Butte.
www.canyonvilla.com Enchantment Resort
Direkt im Boynton Canyon und damit in altem Indianerland gelegen, umgeben von rotem Felsgestein à la Grand Canyon, steht dieses Villendorf. Aussen eher schlicht gehalten, finden sich in den Räumen Gemütlichkeit, Komfort und Anleihen der indianischen Kultur. Der Spa und der riesige Aussenpool sorgen für Entspannung pur.
www.enchantmentresort.com SPAS

Mii Amo Spa
Der Spa des Fünf-Sterne-«Enchantment-Resorts» ist besonders. Ein mystischer Ort, der nicht nur die Atmosphäre, sondern auch das Programm des Spas durchdringt: Die Anwendungen tragen hier Namen wie «Soul Seeker», «Spirit of the new Moon» oder «Inner Quest» – viele integrieren indianische Traditionen und Riten und sind in enger Zusammenarbeit mit Angehörigen verschiedener Stämme entstanden.
www.miiamo.com A Spa for you
Jeder, der einmal in den Genuss einer Behandlung von Thea und ihrem Team kam, wird diese Erfahrung nicht so schnell vergessen. Bei «A Spa for you» ist der Name Programm. Während eines 20-minütigen Gesprächs werden die persönlichen Bedürfnisse ermittelt und die Behandlung auf diese abgestimmt, damit Körper und Geist wieder in Einklang kommen. Der Day-Spa ist bis weit über die Grenzen von Sedona hinaus bekannt und die durchwegs positiven Bewertungen auf TripAdvisor sprechen Bände.
www.aspaforyou.com RESTAURANTS
Mariposa Tonight
Grillspezialitäten und fantastische Weine sind das Highlight in diesem von Südamerika inspirierten Restaurant.
www.mariposasedona.com

ChocolaTree Organic Vegetarian Oasis
Tolles veganes Restaurant mit frisch gekochten Menüs. Schöner romantischer Garten, wo sich ganz Sedona zum Essen trifft und man schnell Kontakt zu Einheimischen hat.
www.chocolatree.com Sound Bites Grill
Live-Musik-Restaurant im Hyatt, mit schöner Aussicht auf die roten Felsen. Sedonas beste Happy Hour von16 bis18Uhr.
www.soundbitesgrill.com MEDITATION
McLean Meditation Institute
Wer sich für Meditation interessiert, sollte bei der hinreissenden Bestseller-Autorin Sarah McLean einen Anfängerkurs buchen oder eine ihrer täglichen Meditationsstunden besuchen. Ihre einnehmende Art und ihre ruhige Stimme tragen dazu bei, sich auf die Meditation einzulassen. Einen Versuch ist es sicher wert.