WeAre Magazin #8

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LANDLOCKED

WeAre Teamrider Vincent Scholz über das Doppelleben als Surfer am Meer und Wissenschaftler im Ruhrgebiet. Fotos: The Heinrichs

Manche Entscheidungen quälen. Soll ich zwei meiner engsten Freunde in ein Leben am Meer folgen oder meine akademische Laufbahn zum verrückten Wissenschaftler weiterführen? Wenig später stecke ich wieder mitten in der Klausurphase. Wie schön wäre jetzt das andere Leben: Ein Surfhouse an der Algarve, Portugal. Der Traum vom Office am Strand, ganzjährig Duft von Sonnencreme und Salz in den Haaren. Gedanklich schweife ich ab, bin nicht bei der Sache, drifte in eine Vorfreude auf das Gefühl, endlich wieder auf meinem Surfbrett zu liegen. Meine Gehirnzellen entspannen sich und es wächst eine Motivation in mir heran, die bevorstehenden Hürden erfolgreich zu bezwingen. Dann geht es bald wieder los. Carsten und Yannick aka. The Heinrichs, betreiben seit Anfang des Jahres ein Surfhouse an der Algarve, Portugal und bieten individuelles Coaching. In der großen Villa finden nicht nur Neueinsteiger, sondern auch erfahrene Surfer ihren Platz. Die Region ist durch das Zusammentreffen der Süd- und Westküste gezeichnet, weshalb dort abwechslungsreiche und sehr konstante Wellenbedingungen herrschen. Ein Feriendomizil, Trainingsplatz, und für mich ein zweites Zuhause, um als deutscher „landlocked“ Surfer nicht auszutrocknen! Nach der letzten Klausur ist die neue Richtung klar: Ich werde als Teamfahrer bei den Heinrichs aufgenommen und steige, frei von wissenschaftlichen Gedanken und Gefühlen, in einen Flieger Richtung Algarve. Ich muss endlich wieder ins Wasser, all die Wellen aufholen, die ich in den letzten Mona-

ten verpasst habe und vor allem fit werden für die anstehenden Allgemeinen Deutschen Hochschulmeisterschaften, ein Wettbewerb für deutsche Studenten in Frankreich. Carsten, Yannick und ich besprechen unsere Ziele der Woche und schnüren einen Trainingsplan für die kommenden Tage. Es entsteht die Idee, viel zu filmen, was zweierlei Vorteile mit sich bringt: Erstens ist das Filmen ein wichtiger Bestandteil des Trainings, da Fehler und Verbesserungsmöglichkeiten identifiziert werden. Weiterhin erscheint die eigene Wahrnehmung der Manöver auf dem Wasser oftmals erschreckend anders, als es durch die Kamera hinterher belegt wird. So lassen sich der eigene Style und Flow verfeinern. Zweitens lässt sich mit dem gesammelten Filmmaterial ein Videoclip veröffentlichen.

Aber der Forecast macht uns einen Strich durch die Rechnung. Es ist kaum Swell angesagt, um einen beeindruckenden Clip rauszubringen und endlich wieder zu schlitzen. Mit gemischten Gefühlen, enttäuscht von der Vorhersage aber dennoch voller Vorfreude auf die Session am Morgen, falle ich ins Bett. Das tiefblaue Wasser auf meiner linken Seite wölbt sich über mich und geht über in schimmerndes klares Nass zu meiner rechten Seite. Das hole Donnern der einschlagenden Lippe brennt sich in meine Ohren. Ich habe Zeit, schaue mich um und bewundere die Kraft der Natur. Im nächsten Moment werde ich in die Tiefe geschleudert. Ich reiße meine Augen auf. Herzrasen. Es 67


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