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it dem AR-15 geht es den Amerikanern wie mit dem PeacemakerColt, der Government-Pistole oder dem Unterhebel-Repetierer – längst ist das eine weltweite und damit auch deutsche Sache. Aber das heißt nicht, dass die Europäer jede einzelne Fertigungsstufe sklavisch kopieren. Statt dessen werden sie kreativ. Fragt sich, warum. Man könnte doch annehmen, es sei viel einfacher, aus dem riesigen Füllhorn des US-Sortiments zu importieren und nicht zu variieren oder optimieren.
Rechtliches: Ein Ursachenbündel dafür liegt im deutschen Waffengesetz, genauer: in der dazugehörigen Verordnung, Paragraph 6 „Vom Schießport ausgeschlossene Schusswaffen“. Für die AR15-Franktion interessant ist da (1) 2. Demnach sind für Schießsportler tabu „halbautomatische Schusswaffen, die in ihrer äußeren Form nach den Anschein einer vollautomatischen Kriegswaffe hervorrufen, die Kriegswaffe im Sinne des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen ist, wenn a) die Lauflänge weniger als 42 cm beträgt, b) das Magazin sich hinter der Abzugseinheit befindet (so genannte Bull-Pup-Waffen) oder c) die Hülsenlänge der verwendeten Munition bei Langwaffen weniger als 40 mm beträgt“. Während Punkt c) vor allem deutschen KK-Semiauto-Fans das Leben sauer macht, trifft bei Anhängern „normalkalibriger“ AR-15er Punkt a) den empfindlichen Nerv. Denn eins der AR-Standardlaufmaße liegt bei 16 Zoll. Umgerechnet ergibt das 406,4 mm – also zu kurz. Daher erhalten deutsche Kunden ihre „Mattel“-Waffen gängigerweise mit ei-
ner in den USA unüblichen Rohrlänge von 16 3/4 Zoll, damit sie die von der Legislative geforderten Bedingungen erfüllen. Typisch deutsch auch die Problematik rund um den Auto Sear Cut: Diese im Upper zu findende Aussparung für den Schlagstollen vollautomatischer Versionen ist laut Ansicht des dafür zuständigen Bundeskriminalamtes (BKA) in Wiesbaden ein Verbotsmerkmal. Hm. Nun weiß jeder, der mal bei InternetVerkaufsplattformen wie eGun stöbert, dass in den Anfangsjahren der deutschen AR-15-Zeit einige Selbstlade-Stücke ohne verschlossenen Sear Cut in den Handel kamen – seinerzeit völlig legal, aber heute nicht mehr. Am besten also, wenn diese Partie heute unlösbar verschlossen würde oder erst gar nicht vorhanden wäre. Büchsenmachermeister Robert Schuhbauer-Struck aus Grünstadt verschließt diese Partie in Absprache mit dem BKA irreversibel durch ein entsprechendes Füllmittel. AR-Spezialisten wie Jürgen Stahl aus Weinstadt oder Matthias Horner von Horner Arms bieten eigene „Sear Cut Spacer“ an. Bei Horner liest sich das so: „Dieses kleine Bauteil aus Aluminium kann den Sear Cut an AR-15-Uppern (fast alle Import-Upper sowie die älteren XR 15 und OA 15 haben diesen!!) verschließen. Fest eingebaut, z.B. mit 2-Komponenten Metallkleber, ist das mögliche Problem Sear Cut und die möglichen Folgen dauerhaft beseitigt!“
Übrigens, bei einzelnen Bauteilen wie ganzen Waffen kommt auch etwas ins Spiel, was gerade bei AR-15 & Co. den Unterschied zwischen Alter und Neuer Welt beschreibt: die ITAR. Das Kürzel steht für „International Traffic Arms Regulation“ und beschreibt ein von den Amerikanern dominiertes Bündel von Regelungen zum weltweiten Waffenhandel. Beim Thema AR-15 bedeutet das, dass manches US-Teil den Weg in die Region zwischen Madrid und Moskau nur schwer oder gar nicht findet. Und dass manches reglementiert ist, dessen Erwerb in Deutschland überhaupt kein Problem darstellt. Das aber macht die US-Grenze zum Nadelöhr. Mancher kommt nun auf den Gedanken, es per Eigenimport zu probieren. Das spart Geld, die Wege sind kürzer, und man hat, was man will, oder? Bad Idea – allein schon mit dem Blick darauf, dass mancher USHersteller zivile wie Kriegswaffen fertigt und die von ihm verwendeten Läufe somit in Deutschland als wesentliches Waffenteil einer Kriegswaffe eingestuft werden. Die Einstufungsmerkmale, was eine Kriegswaffe ist, sind in den USA und in Deutschland völlig unterschiedlich. Wer hier keinen Ärger mit dem Zoll samt dem folgenden juristischen Rattenschwanz haben will, kaufe bei deut-
OA-15 Black Label-Modelle A4, M5, M4 und 10,5“ (je 1380 Euro). Die längeren mit Läufen von 20 und 16 3/4 Zoll (Drall 1 : 8“) voll sporttauglich, die zwei kurzen mit Rohren von 14 1/2 und 10 1/2 Zoll (Drall 1 : 7“) nicht für den Schießsport zulässig. VISIER | SPECIAL 70-2013
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V ISIER. de
Fotos: Michael Schippers, Oberland Arms, Waffen Schumacher GmbH, Hera Arms, Dynamic Arms Research, Waffen Stahl, SIG Sauer, Dieter Plößl, Andreas Skrobanek, Andreas Wilhelmus, VISIER-Archiv
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