Graveur Richard Maier | FASZINATION WAFFEN
Waffengravur: Die einen mögen nur traditionelle Motive, die anderen wollen Hightech. Für den Österreicher Richard „Ritchi“ Maier ist diese Debatte Makulatur. Er graviert nach einem ganz eigenen Stil.
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wei Zebras springen in vollem Galopp über die Basküle einer Doppelbüchse, darüber thront der Kopf des Königs der Savanne. Von den Griffschalen einer Pistole blickt ein Wolf mit gefletschten Zähnen den Betrachter an. Zwei Beispiele für Richard Maiers Schaffenskunst. Obwohl der gebürtige Kärntner durchaus „klassische“ Motive graviert, haben seine Gravuren doch so gar nichts vom Altbekannten – im positiven Sinne. Richard Maier macht sich die totale Bildüberflutung der heutigen Zeit zunutze, um Assoziationen beim Betrachter zu wecken: Voll drauf statt distanziert. Der König der Tiere quasi als Nahaufnahme vis à vis anstatt als skizzenartiger Umriss aus der Ferne. Darüberhinaus wird bei Maiers Arbeiten der Oberhebel einer Großwildbüchse auch mal zum Schwanz eines Zebras. Und die Maserung eines Messergriffs wandelt sich zum Horizont, vor dem eine Herde Gnus trabt. Das ganze Werkstück wird zum Motiv – ohne den für so viele Waffengravuren üblichen begrenzenden Rahmen aus Laub und Ranken. Maier arbeitet
Juni 2013
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auch gern mit Bildausschnitten. Etwa der typisch runzligen Haut um das Auge eines Elefanten oder den schrägstehenden Sehwerkzeugen eines Tigers. Und statt das Rudel äsender Hirsche von Weitem zu zeigen, liefert er einen tiefen Blick ins Gesicht des röhrenden Waldbewohners. Diese Herangehensweise macht Maiers Arbeiten nicht nur einzigartig, sie verblüfft. Auch, weil vieles trotz der scheinbaren Einfachheit des Motivs eine immense Detailfülle aufweist, ob in Stahl oder in Mammut-Elfenbein. Apropos Mammut – Maier gehört zu den Künstlern, die die auf Bein und Horn ausgeführte und als „Scrimshaw“ bekannte Ritztechnik für Europa wiederentdeckt haben. Dabei behält er sein Wissen nicht für sich: Er hat ein Buch veröffentlicht, in dem er auf Geschichte und Technik von Scrimshaw eingeht. Würde man ihn auf sein Können ansprechen, würde Maier wohl nur abwinken: Bei allem Können tritt der Österreicher immer bescheiden und freundlich auf. Dabei sah es für den jungen Richard Maier am Anfang seiner Ausbildung noch ganz anders aus: Nachdem er bereits seit Kindestagen ein begeisterter Zeichner
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