Die Briefmarke 05/2019

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AKTUELLES

Eilwagenfahrten Die Sensation der Biedermeierzeit Besondere Verdienste um den Ausbau des Post- und Personenverkehrs zu Beginn des 19. Jahrhunderts erwarb sich der 1820 mit der „Direktion der fahrenden Post“ betraute Maximilian Ritter von Ottenfeld. Nach jahrelangen Mühen und Kämpfen war es ihm gelungen, seinem Projekt, eilige Personentransporte nicht nur fallweise, sondern grundsätzlich auch während der Nachtstunden zu führen, Gehör zu verschaffen. Man hielt dies zunächst für ein Hirngespinst, noch dazu für ein ziemlich gefährliches. Und damit sich zeige, dass Eilfahrten bei Dunkelheit zu riskant und daher unmöglich seien, erhielt Ottenfeld die Bewilligung einer Probefahrt. Acht Fahrgäste, unter ihnen Ottenfeld selbst, bestiegen am 3. Mai 1823 um 6 Uhr früh einen besonders stabil gebauten Wagen – Ottenfeld hatte ihn angeblich eigens für „Eilfahrten“ herrichten lassen – und reisten vierspännig in Richtung Brünn. Nach einer Stunde Mittagspause in Poysdorf erreichte die mutige Gesellschaft um genau 20 Uhr ihr Ziel, vermutlich einigermaßen gerädert, aber zweifellos glücklich. So rasch war es früher niemals gegangen – und noch dazu ohne eigentliche „Nachtfahrt“. Als Ottenfeld zehn Tage später der Hofkammer einen Erfahrungsbericht über seine Neuerung vorlegte, konnte er nur Erfreuliches mitteilen. Immerhin waren indessen schon sieben voll ausgebuchte Eilwagenfahrten nach Brünn vonstattengegangen, wobei 63 Personen befördert wurden. Das waren genau 31 Fahrgäste mehr, als während des ganzen Jahres 1822 mit den alten Diligencen von Wien nach Brünn gereist waren! Die Erfolge machten nicht nur Ottenfeld, sondern auch der Hofkammer Mut. Die Einrichtung weiterer Kurse wurden beSensation der Biedermeierzeit

Eilpostwagen

Kutschenszene aus der Biedermeierzeit

willigt und rasch verwirklicht. Alsbald starteten die Eilwagen auch nach Prag und Richtung Preßburg. Da für diese Strecken große Nachfrage bestand, waren auch keine finanziellen Verluste zu befürchten. Aber die bald darauf angebotenen Eilwagenfahrten nach Graz, Karlsbad, Laibach, Triest, Ofen und etlichen anderen wichtigen Städten verkauften sich ebenso ausgezeichnet. Ein neu konstruierter Eilwagen, noch leichter und bequemer als der bisherige Prototyp, schaffte beispielsweise am 10. März 1824 die Strecke Wien – Graz in 26 Stunden. Für Gesellschaftsreisen hatte die Post übrigens vier- und sechssitzige „Separatwagen“ auf Lager. Sie waren nicht an den Fahrplan gebunden, sondern konnten zu jeder beliebigen Zeit von einem unternehmungslustigen Grüppchen in Anspruch genommen werden.

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Mit dem Einsatz der Eilwagen neuen Stils hatte die Postkutschenzeit ihren Höhepunkt erreicht. Ein Mehr an Schnelligkeit und Kundendienst ließ sich mit Pferden und Wagen beim besten Willen nicht erreichen. Postkutschen und Postillione eroberten damals nicht nur die Straßen, sondern auch die Herzen aller Reiselustigen.

POSTGESCHICHTE (12) 8129653

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DIE BRIEFMARKE 5|2019

Alfred Kunz (AIJP)


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