Umrisse 1/2017

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BIM im Krankenhausbau

BIM in der Tragwerksplanung Mit BIM komplexe Fassaden planen und konstruieren Integrale Planung mit BIM Herausforderungen der Baustelle der Zukunft

Ein Bauherr setzt BIM in Planung und Bau voraus Ohne BIM-Planung kein Auftrag So denkt der Generalplaner über BIM Marienhospital Stuttgart BIM wird nicht kommen, BIM ist schon da! BIM-basiertes Planen im Krankenhausbau und …

[Umrisse] Zeitschrift für Baukultur


Wir starten durch! In den Jahren 2017 und 2018 werden wir unter anderem folgende Symposien und Exkursionen anbieten:

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Brückenbau in Nordbayern Symposium mit Exkursion: Planung und Errichtung von Ersatzbauwerken Juli 2017 Isentalautobahn Symposium mit Exkursion: Planung und Realisierung des ÖPP-Projekts A 94 (Veranstaltung in Verbindung mit der Autobahndirektion Südbayern) Oktober 2017 18. Symposium Brückenbau Traditionelles Symposium zum Thema »Großbrücken« Februar 2018 Brücken: Ponts et Passerelles Symposium in Luxemburg (Gemeinschaftsveranstaltung mit französischen Partnern) Juni 2018 3. Symposium Fußgängerbrücken Symposium: Planung und Bau von Geh- und Radwegbrücken Oktober 2018 Weitere Veranstaltungen sind in Planung:

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BIM im Krankenhausbau Ingenieurbau und BIM …

[[Aktuell Aktuell

VERLAGSGRUPPE W I E D E R Smit MixedMedia P A Konzepts HN

Biebricher Allee 11 b 65187 Wiesbaden Tel.: +49/611/98 12 92-0 Fax: +49/611/80 12 52 kontakt@verlagsgruppewiederspahn.de www.verlagsgruppewiederspahn.de www.mixedmedia-konzepts.de www.symposium-brueckenbau.de

Große Resonanz Tagespresse Große Resonanz in in derder Tagespresse © Main-Post GmbH & Co. © Main-Post GmbH & Co. KGKG

Große Resonanz in der Tages- und Fachpresse

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enbedingungen waren nahezu bedingungen waren nahezu ei weißblauem Himmel, strahlenweißblauem Himmel, strahlennenschein und eher milden Temnschein und eher milden Temstarteten Busse Baustelarteten diedie Busse zurzur BaustelTeilnehmer Baudirekedie Teilnehmer vonvon Ltd.Ltd. Baudirekng. Bernd Endres, Bauoberrat . Bernd Endres, Bauoberrat

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Nach rund drei Stunden, dank Nach rund drei Stunden, diedie dank derder ebenso sachfachkundigen Führung ebenso sachwiewie fachkundigen Führung und Beantwortung sämtlicher, ja selbst und derder Beantwortung sämtlicher, ja selbst spontan aufgetauchten Fragen derder spontan aufgetauchten Fragen fürfür mannigfaltige Einund Ausblicke sorgten, mannigfaltige Einund Ausblicke sorgten, galt dann wieder Busse besteigalt eses dann wieder diedie Busse zu zu bestei-

Und jedem Symposium Und wiewie beibei jedem Symposium derder Verlagsgruppe Wiederspahn liegen sämtVerlagsgruppe Wiederspahn liegen sämtliche Vorträge natürlich zusätzlich in geliche Vorträge natürlich zusätzlich in gedruckter Form – als Ausgabe 5 ∙ 2015 druckter Form vorvor – als Ausgabe 5 ∙ 2015 Zeitschrift »Brückenbau«, derder Zeitschrift »Brückenbau«, diedie alsals Einzelheft € kostet und in jeder gutEinzelheft 14 14 € kostet und in jeder gut-

[Umrisse]


Nachdem ich vor zwei Jahren in der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen den engagierten Vortrag von Jean-Luc Perrin, Mentor am Felix-Platter-Spital in Basel, gehört hatte, war ich schlichtweg begeistert und habe angefangen, mich für das Thema »BIM im Krankenhausbau« zu interessieren. Und da wir natürlich tagaus, tagein eine Vielzahl von Presseberichten zugesandt bekommen, die wir alle veröffentlichen sollen, konnte ich feststellen, wie unterschiedlich und konträr Nutzen und Notwendigkeit von Building Information Modeling (BIM) interpretiert und eingeschätzt werden. So habe ich mich kurzerhand entschlossen, nicht gerade zur Begeisterung aller verantwortlichen Mitarbeiter in unserem Haus, eine Ausgabe der [Umrisse] genau zu diesem Thema vorlegen zu wollen: eine wahre Mammutaufgabe, zumal nicht wenige Architektur- und Ingenieurbüros erst nach und nach beginnen, sich mit BIM auseinanderzusetzen. Dass unsere Marketingabteilung bei Kundengesprächen immer wieder hört: »BIM, was ist das?«, und dann anfangen muss, die wesentlichen Merkmale dieses neuen Planungsinstruments zu erläutern, hat mich infolgedessen kaum überrascht. Umso angenehmer und erfreulicher war hingegen die Zusammenarbeit mit den angesprochenen und eingeladenen Büros. Hier wird selbstverständlich mit BIM geplant – und wir stießen nicht auf Unkenntnis, sondern auf ungeteilte Bereitschaft, einen Fachbeitrag zu verfassen, obwohl die Zeit wegen der Beteiligung an großen Wettbewerben eigentlich nicht vorhanden war.

[Umrisse]

Jean-Luc Perrin haben Thomas Greiner und ich während der Bauarbeiten am FelixPlatter-Spital in Basel besucht, denn für ihn ist BIM das alles beherrschende Thema, und er ist der festen Überzeugung, dass Bauherren enorm an Kapital einsparen können, wenn sie BIM bereits bei Vergabe der Planungsleistungen einfordern – und zwar schon allein deshalb, weil die Materiallieferungen dann dem tatsächlichen Bedarf entsprechen: Angesichts des Mangels an Zwischenlagerflächen bei innerstädtischen Bauvorhaben gewinnt die exakte Materiallieferung »just in time« erheblich an Gewicht. Burkhard Dietsch stand ebenfalls auf unserer Besuchsliste. Bei und von ihm konnten wir erfahren, wie komplex die Zusammenarbeit bei einem sehr großen Bauvorhaben ist, wenn ein Planungspartner seinen Sitz zum Beispiel in den USA hat. Bei ihm bzw. im Büro Leonhardt, Andrä und Partner kam BIM auch aus dem Grund von Anfang an zur Anwendung und gilt inzwischen als unverzichtbar. Welch ein Glück für mich, dass Thomas Greiner aus der IT-Branche zu uns gewechselt ist, so dass der für mich doch nicht immer ganz einfache Umgang mit BIM als Thema leichter zu bewerkstelligen war und ist. Ich würde mir wünschen, Gespräche dazu sind in Vorbereitung, dass wir die Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen, die ja ebenfalls in Wiesbaden residiert, für eine gemeinsame Veranstaltung im Herbst gewinnen können. Da die Helios Kliniken in Wiesbaden derzeit einen neuen Krankenhausbau errichten und das St. JosefsHospital zumindest eine Aufstockung für zusätzliche Operationssäle und Patientenzimmer realisiert, sollte es möglich werden, BIM, im besten Sinne, weiterzuverbreiten, selbst wenn das keine einfache Aufgabe ist.

Der Traum von Jean-Luc Perrin: »Ich komme am Abend an meinen Arbeitsplatz zurück, gebe einige Daten ein, drücke auf einen Knopf, dann habe ich am nächsten Morgen die richtige Auswertung«, wird offenbar noch nicht überall verstanden und dürfte daher wohl vorerst eine Hoffnung bleiben. Die Politik, angeführt von Minister Alexander Dobrindt, hat nun vor geraumer Zeit begonnen, auf die Digitalisierung zu setzen, und das Bundesministerium für Verkehr um den Passus »und digitale Infrastruktur« ergänzt. Derzeit werden Richtlinien erarbeitet, die zumindest empfehlen, mit BIM zu planen und zu bauen. In der Schweiz, in Österreich und England ist man schon weiter, dort wird BIM nicht selten zwingend vorgeschrieben. Wir sollten ebenfalls daran arbeiten. Elisabeth Wiederspahn

[Editorial

Unterwegs mit BIM

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] Inhalt

Editorial

Unterwegs mit BIM Elisabeth Wiederspahn

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Mit BIM planen und bauen

BIM in der Tragwerksplanung Martin Fischnaller

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Mit BIM komplexe Fassaden planen und konstruieren Mathias Klaiber

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Integrale Planung mit BIM Ralf Broekman, Leif Hallerbach

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Herausforderungen der Baustelle der Zukunft Amelie Steininger

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BIM im Krankenhausbau

Ein Bauherr setzt BIM in Planung und Bau voraus Thomas Greiner, Elisabeth Wiederspahn, Jean-Luc Perrin

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Ohne BIM-Planung kein Auftrag Stefan Traxler

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So denkt der Generalplaner Ăźber BIM Stefan Traxler

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Marienhospital Stuttgart Hinrich MĂźnzner

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BIM wird nicht kommen, BIM ist schon da! Thomas Greiner, Elisabeth Wiederspahn, Burkhard Dietsch

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BIM-basiertes Planen im Krankenhausbau Magnus Nickl

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4]

[Umrisse]


[Inhalt

Baurecht

Neues Bauvertragsrecht und BIM Gerald Süchting

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Serie

Virtuelles Gebäudemodell für Forschungsbau Thomas Habscheid-Führer

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Special

BIM: Software + Tools

48

Außer der Reihe

Form Follows Performance im Industriebau Jürgen Reichardt

56

Aktuell

Neubau und Instandsetzung von Großbrücken Michael Wiederspahn

Rubriken

Immobilienmarkt

67

Produkte und Projekte

68

63

Nachrichten

71

Termine

75

Bücher

78

Impressum

79

[Umrisse]

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BIM in der Tragwerksplanung

Digitalisierung – BIM-Tragwerksplanung Wie in allen Bereichen des täglichen Lebens schreitet die Digitalisierung auch im Bauwesen mit großen Schritten voran. BIM (Building Information Modeling) ist dabei für die am Bau tätigen Planer von besonderer Bedeutung. Der Einfluss von BIM auf die Tragwerksplanung hat auch Auswirkungen in der Praxis. Der Arbeitsablauf wird zunehmend digitalisiert und automatisiert – umso mehr ist eine fundierte Kenntnis der baustatischen Methoden erforderlich.

Warum BIM? BIM basiert auf einem digitalen Bauwerksmodell, das idealerweise im Zuge der Planung eines Bauwerkes erstellt wird. Da die Tragwerksplanung einen wesentlichen Beitrag dazu liefert, muss auch sie sich mit BIM auseinandersetzen. Die klassische Planungsweise in der Tragwerksplanung ist nach Stufen aufgebaut und orientiert sich meist an den Leistungsphasen der Honorarordnung. Die einzelnen Phasen werden mit oder ohne digitale Hilfsmittel bearbeitet, die Arbeitsergebnisse in Text- und Berechnungsdokumenten sowie Zeichnungen und Plänen dokumentiert. Obwohl die Ergebnisdokumente heute meist digital erstellt und gespeichert werden, entsprechen sie doch im Wesentlichen der analogen Zeit vor dem Einsatz des Personal Computers. Der Inhalt und der Informationsgehalt sind begrenzt. Zusätzliche Informationen werden nicht verarbeitet, da sie für die eigene Planungsaufgabe als überflüssig erscheinen.

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Die BIM-Arbeitsweise verfolgt einen anderen Ansatz. Die Planung erfolgt objektbasiert und bindet alle für das Bauwerk erforderlichen Fachdisziplinen mit ein. Die Bauteile werden als dreidimensionale Objekte in das digitale Modell eingepflegt und durch zusätzlich benötigte Bauteilinformationen ergänzt. So ist beispielsweise ein Wand- oder Fundamentobjekt nicht nur ein geometrischer Volumenkörper, sondern besitzt alle für das entsprechende Objekt erforderlichen Eigenschaften wie Material, Aufbau, Wärmedurchgangswiderstand oder statisches Modell. Zusätzlich können dem Objekt Informationen zu Bauphasen, Bauzeiten und Kosten zugeordnet werden. In diesem Zusammenhang wird häufig von zusätzlichen Dimensionen (4-D oder 5-D) gesprochen. Die einzelnen Eigenschaften werden von den Fachdisziplinen wie Architektur, Haustechnik und Tragwerksplanung definiert und in den jeweiligen Berechnungen verarbeitet. Daraus entsteht ein über die Planungsdisziplinen hinweg einheitliches und konsistentes Bauwerksmodell. Grundsätzlich soll durch BIM aber auch die Durchgängigkeit der digitalen Daten über alle Planungsphasen hinweg erreicht werden. Bei der bisherigen Vorgehensweise werden in den unterschiedlichen Phasen größtenteils unterschiedliche digitale Hilfsmittel verwendet, die auf die spezielle Aufgabe zugeschnitten sind. Dadurch wird meist nur ein Teil der Projektdaten digital verarbeitet und gespeichert. Beim Wechsel zwischen den Software-Tools gehen digitale Informationen verloren. Mit BIM werden nun alle Projektinformationen in einem zentralen Modell und in einer einheitlichen Datenbasis gespeichert. Demzufolge sind auch zahlreiche Informationen zum Tragwerk erforderlich. Beginnend bei der Planung über die Ausführung bis hin zur Bestandsdokumentation müssen alle Angaben zum Tragwerk in das Modell einfließen. Der Tragwerksplanung fällt damit auch mit BIM nach wie vor eine maßgebliche Rolle bei der Planung und Erstellung von Bauwerken zu.

Autor

Mit BIM planen und bauen

]

Erfahrungen aus der Praxis der AJG Ingenieure

Martin Fischnaller – Dipl.-Ing. (FH) MBA and eng – Prokurist – seit 12 Jahren bei AJG Ingenieure GmbH

BIM in der Tragwerksplanungs-Praxis BIM ermöglicht heute die Durchführung der Prozesse in der Tragwerksplanung durchgängig an einem Modell, das sämtliche für die Belange der Tragwerksplanung erforderlichen Informationen enthält. Dabei werden bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt im Projekt die notwendigen Informationen in das aufzubauende Gesamtmodell eingepflegt und verarbeitet. Dadurch wird die Basis für eine durchgängige digitale Verarbeitung der Informationen gelegt, mit den dadurch einhergehenden Möglichkeiten, sie zentral zu verwalten und für jeden transparent zugänglich zu machen. BIM besteht aus Informationen: Geometrieinformationen zum einen und zum anderen zahlreiche zusätzliche Informationen, die zur Herstellung des Bauwerks für dessen Betrieb und schlussendlich zum Rückbau erforderlich sind.

[Umrisse]


Abbildung 1 + 2: Vorplanungsmodell und Grundriss © AJG Ingenieure GmbH

Die Tragwerksplanung deckt nur einen Teil der gesamten Informationen des Bauwerks ab. Daraus wird bereits deutlich, dass am gesamten BIM-Prozess zahlreiche Partner beteiligt sein werden. Allerdings kann die Tragwerksplanung spezifisch für die eigene Fachplanung eine durchgängige BIMPlanung durchführen, unabhängig von anderen Projektbeteiligten. Eine solche Vorgehensweise wird mit »Little BIM« bezeichnet, im Gegensatz zu »Big BIM«, das die integrale Gesamtplanung mit allen Bauwerksinformationen beschreibt. In den folgenden Beispielen werden Prozesse und Projekte beschrieben, die in erster Linie mit »Little BIM« durchgeführt wurden. Die Prozesse in der Tragwerksplanung unterscheiden sich zwischen »Little BIM« und »Big BIM« nicht wesentlich. Einzig die Schnittstellenthematik erhält bei »Big BIM« eine wesentliche und maßgebliche Bedeutung. Zum Ende dieses Artikels

Abbildung 3: Bauteilliste © AJG Ingenieure GmbH

[Umrisse]

wird ein Projekt vorgestellt, das derzeit in Zusammenarbeit mit Architekten mit BIM geplant wird und den nächsten Schritt zu »Big BIM« darstellt. Das BIM-Modell wird im Zuge der Vorplanung erstellt. Es enthält alle Informationen, die in diesem Planungsstadium erforderlich sind, zum Beispiel Geometrie und Baustoffeigenschaften, jedoch noch keine Detailinformationen. Auf Basis dieses Modells werden Varianten untersucht, gegenübergestellt, bewertet und als Entscheidungsbasis vorbereitet. Nachdem das Bauwerk als dreidimensionales Modell abgebildet wird, können beliebige Ansichten und Schnitte abgeleitet und dargestellt werden (Abbildung 1 + 2). Gleiches gilt für alle Bauteilinformationen, die bei der ganzheitlichen Modellbildung vollständig in der Datenbasis vorliegen und ausgewertet werden können. Dies können beispielsweise Massen, Stückzahlen oder Volumina sein, die in entsprechenden Bauteillisten dargestellt und weiterverarbeitet werden können (Abbildung 3).

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] Mit BIM planen und bauen

Im weiteren Planungsverlauf wird das Modell weiter verfeinert, mit zusätzlichen Informationen versehen und Berechnungen zum Tragwerk durchgeführt. Für die Tragwerksberechnungen werden die Daten des Modells direkt weiterverarbeitet. Diese Daten sind im Modell enthalten und können entsprechend als analytisches Modell visualisiert werden (Abbildung 4). Mit den Informationen des analytischen Modells werden die Tragwerksnachweise geführt. Abbildung 5 zeigt Ausschnitte aus der Berechnung des Bauwerks unter Berücksichtigung der Bauabschnitte. Abbildung 4: Analytisches Modell © AJG Ingenieure GmbH

Abbildung 5: Berechnung nach Bauabschnitten © AJG Ingenieure GmbH

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[Umrisse]


[Mit BIM planen und bauen

Abbildung 6: Positionsplan © AJG Ingenieure GmbH

Die Dokumentation der Tragwerksplanung kann weiterhin klassisch mit Berechnungsdokumenten und zugehörigen Positionsplänen erfolgen, die aus dem Modell als Modellansichten erstellt werden. Die Gliederung erfolgt dabei weiterhin in Einzelpositionen, die die Nachvollziehbarkeit vereinfachen und eine unabhängige Prüfung ermöglichen (Abbildung 6).

Abbildung 7: Modell in der Ausführungsplanung © AJG Ingenieure GmbH

[Umrisse]

Für die Ausführungsplanung werden alle relevanten Informationen zu den Bauteilen eingearbeitet, und das Modell wird schlussendlich verfeinert und detailliert (Abbildung 7). Dies betrifft sowohl die Geometrie, Details als auch die Bewehrung, die ebenfalls dreidimensional geplant wird. Aus dem nun vorliegenden Modell werden Darstellungen (Pläne und Visualisierungen)

für die Baustelle abgeleitet und können in gewohnter Art und Weise zur Verfügung gestellt werden. Wenn gewünscht, kann das Planungsmodell für die weitere Bauablaufplanung, wie zum Beispiel Arbeitsvorbereitung, Baustellenlogistik und Terminplanung weiterverwendet werden (Abbildung 8).

Abbildung 8: Baustelleneinrichtung © AJG Ingenieure GmbH

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] Mit BIM planen und bauen Abbildung 9: Phasenpläne © AJG Ingenieure GmbH

BIM im Bestand Bauen im Bestand bedingt häufig zahlreiche Zwischenbauzustände, die für die Standsicherheit relevant und daher für die Tragwerksplanung von besonderer Bedeutung sind. Das folgende Beispiel zeigt ein Projekt, bei dem alle Bauzustände als Bauphasen in BIM erstellt wurden und so-

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wohl für die Berechnungen als auch für die Ausführung als Phasenpläne (Abbildung 9) sowie als Film zum Bauablauf visualisiert wurden. Die Information zur entsprechenden Bauphase ist dem jeweiligen Bauteil direkt zugewiesen und kann damit wieder ausgewertet werden.

[Umrisse]


Abbildung 10: BIM im Bestand © AJG Ingenieure GmbH

Das Modell wurde auf Grundlage dreidimensionaler Vermessungsdaten als Rohbaumodell erstellt und über die statischen Berechnungen (Abbildung 10) bis hin zur Bewehrungsplanung (Abbildung 11) konsequent in einem Gesamtmodell vervollständigt.

Abbildung 11: Bewehrungsplanung © AJG Ingenieure GmbH

[Umrisse]

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] Mit BIM planen und bauen

Abbildung 12: Vorplanungsmodell Architektur (studioGA) und Tragwerksplanung (oben), Tragwerksvarianten (unten) © studioGA/AJG Ingenieure GmbH/Delta-X GmbH

BIM im Planungsteam Wie bereits eingangs angeführt, ist die Tragwerksplanung nur ein Teilaspekt bei der Planung eines Bauwerks. Daher ist der BIM-Gedanke der Zusammenarbeit aller Planer an einem Modell konsequent und sinnvoll. Das folgende Beispiel zeigt Ausschnitte aus dem Gesamtmodell eines Projektes (Abbildung 12), das durch die Zusammenarbeit mit dem Architekten (studioGA in München) und Tragwerksplaner derzeit entsteht und sich gerade in der Ausführungsplanung befindet. Die Planung erfolgt dabei an einem Gesamtmodell, das zwischen den Mitarbeitern laufend und in Echtzeit synchronisiert wird. Neue Kommunikationswege und eine veränderte, offene und enge Kommunikationskultur sind notwendige und erfreuliche Folgen dieser Arbeitsweise.

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Fazit Mit Hilfe von BIM wird der Prozess der Tragwerksplanung vollständig digitalisiert. Das Bauwerk wird digital gebaut, bevor es real gebaut wird. Der Tragwerksplaner und Bauingenieur wird zum digitalen Baumeister. Die Tragwerksplanung beschäftigt sich von jeher mit Modellen für ein Bauwerk. Nun kommt das BIM-Modell hinzu. Die grundlegende Arbeit der Tragwerksplanung bleibt aber auch mit BIM dieselbe. Die Tragwerksplanung muss weiterhin standsichere und wirtschaftliche Bauwerke liefern. Allerdings verschiebt sich die Arbeitsweise von einer eher analog geprägten

hin zu einer voll digitalen und integralen Planung. Die vertieften Kenntnisse der technischen Mechanik werden aber weiterhin als Grundlagen abverlangt. Darüber hinaus müssen komplexe dreidimensionale Tragwerkssysteme durch einfache Ersatzsysteme verifiziert werden. Das kann nur durch umfangreiches Know-how und Erfahrung vom Tragwerksplaner geleistet werden. Das kann die Digitalisierung bisher noch nicht leisten. Martin Fischnaller AJG Ingenieure GmbH, München

[Umrisse]


Mit BIM komplexe Fassaden planen und konstruieren Von virtuellen 3-D-Modellen zur digitalen Plattform mit 4-D und 5-D

[Mit BIM planen und bauen

DZ-Bank in Berlin © Josef Gartner GmbH

Atrium Skylight © Josef Gartner GmbH

Von 2-D zu 5-D

Autor

Ohne digitale Planung und Konstruktion sind freie Gebäudeformen mit komplexen Fassaden nicht baubar. Die Arbeit mit virtuellen 3-D-Modellen schafft auch die Grundlage für BIM (Building Information Modeling), um auf einer gemeinsamen Plattform die Zusammenarbeit mit anderen Gewerken zu erleichtern und Bauprozesse zu beschleunigen. Die Entwicklungsschritte zu BIM und der Einsatz neuer digitaler

Dr.-Ing. Mathias Klaiber – seit Oktobetr 2014 bei Josef Gartner – Manager Technical Solutions, verant- wortlich für projektunabhängige Vorent- wicklung, projektbegleitende Lösungsfin dungmit projektübergreifendem Wissen stransfer in der Technischen Entwicklung

[Umrisse]

Werkzeuge werden in diesem Beitrag am Beispiel der Gartner-Fassaden für die DZ Bank in Berlin, das Novartis Gehry Building in Basel und den neuen Apple Campus 2 in Cupertino beschrieben. Seit rund 20 Jahren arbeitet die Josef Gartner GmbH für komplexe Fassadenprojekte an 3-D-Modellen. Die Übergänge von der Arbeit in 2-D mit Zeichnungen zu virtuellen 3-D-Modellen und zu BIM verliefen fließend. In aktuellen Projekten wird dabei das geometrische 3-D-Modell um die Zeitdimension auf 4-D und um zusätzliche Informationen auf 5-D erweitert. Heute modelliert Gartner alle Projekte in 3-D, über BIM werden im Unterschied zu Deutschland nur die Projekte in England, der Schweiz und den USA bearbeitet.

Geschwungenes Glasdach der DZ-Bank in Berlin Ein erster Schritt auf dem Weg zu BIM war die zwischen 1996 und 2001 entstandene DZ-Bank in Berlin. Für den Innenhof des Büro- und Wohngebäudes am Pariser Platz 3 entwarf Frank O. Gehry ein 61 m langes und 20 m breites geschwungenes Glasdach, das sich an organischen Formen der Natur orientierte. Da diese biomorphe Struktur mit herkömmlichen Zeichnungen nicht zu realisieren gewesen wäre, wurde die Konstruktion in 3-D erstellt.

Dachansicht © Josef Gartner GmbH

Das ca. 1.856 m2 große Atrium Skylight ist eine aus Dreiecksmaschen gebildete Schalenkonstruktion. Die Konstruktion wurde aus 2.490 verschiedenen Stäben in vier verschiedenen Querschnitten (60 x 40, 60 x 50, 60 x 60 und 60 x 70) und 826 verschiedenen Knotenpunkten mit unterschiedlichen Einlauf-, Verdreh- und Zwischenwinkeln gebildet, um die spezielle Krümmung und Wölbung zu erreichen. Je nach statischer Anforderung waren vier verschiedene Anschlussarten in M 12, M 14, M 16 und geschweißt nötig. Die geometrischen Parameter der einzelnen Teile wurden digital berechnet und in 3-D geplant. Mit einer digital gesteuerten fünfachsigen Fräsmaschine wurden die einzelnen Knoten jeweils aus einem Stück Metall gefräst. Vor dem Einbau wurden Teile des Skylights im Gartner-Hauptwerk in Gundelfingen mit einem Hilfsgerüst vorgefertigt.

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Mit BIM planen und bauen

]

Verschachtelte Fassade des Novartis Gehry Building in Basel Das 2009 fertiggestellte Novartis Gehry Building in Basel, ebenfalls von Frank O. Gehry, markiert den nächsten Entwicklungsschritt zu BIM. Zusammen mit den Gewerken Rohbau und Stahlbau modellierte Gartner die vielfach gefalteten, ebenen und doppelt gekrümmten Fassadenflächen in 3-D. Dabei wurde aber noch nicht auf einer gemeinsamen Plattform gearbeitet. Mit Hilfe der 3-D-Software Catia konnte aber die Geometrie abgeglichen und die Koordinierung mit anderen Gewerken erleichtert werden. Anders wäre eine solche Freiform-Geometrie nicht zu realisieren gewesen, die nach Gehry das Konzept des »freien Denkens« widerspiegeln soll. Ein 600 t schweres Stahl-Tragwerk trägt die gesamten Außenfassaden mit sechs verschiedenen Fassadensystemen, die aus Stahl-Pfosten-Riegelfassaden und Aluminium-Elementfassaden bestehen. Die 1.500 m2 großen Dachflächen sind beispielsweise rauten- und dreiecksförmig als »geschuppte« Aluminium-Elementfassade mit integrierten Photovoltaik-Modulen ausgebildet. Die Verkabelung der PVModule wurde in die Fassadenelemente integriert. Die einzelnen Dachelemente

sind ca. 2,40 m x 3 m groß. Da die Dachflächen gekrümmt sind, wurden die Elemente mit einer dreidimensional einstellbaren Befestigung angebracht. Die 3.500 m2 großen seitlichen Flächen wurden als gestufte, rauten- und dreiecksförmige Fassadenelemente mit einer Größe von 2,40 m x 3 m ausgebildet, in die elektrisch betätigte Dreiecksfenster eingebaut wurden. Die verglasten Untersichten erstrecken sich auf 1.000 m2 und wurden als Elementfassade ausgeführt, die den seitlichen Fassaden ähnelt, aber noch stärker gekrümmt ist.

Gebogene Glasfassade des Apple Campus 2 in Cupertino Wie BIM effizient eingesetzt werden kann, zeigt die neue Unternehmenszentrale des Technikkonzerns Apple im kalifornischen Cupertino, in die die ersten der rund 12.000 Mitarbeiter ab April 2017 einziehen sollen. Der Apple Campus 2 wurde noch von Apple-Gründer Steve Jobs mit Norman Foster entworfen. Der Bauherr hatte BIM auf einer gemeinsamen Plattform mit der Software von Autodesk für alle Gewerke vorgegeben. Bereits das erste Fassadenelement zur visuellen Begutachtung wurde 2012 auf dieser Basis in 3-D entworfen.

Über das gemeinsame Modell wurden nicht nur das Gebäude geplant, sondern die zeitlichen Abläufe auf der Baustelle koordiniert und Dokumente zur Qualitätssicherung hinterlegt. Das geometrische 3-D-Modell wurde also um die Zeitdimension auf 4-D und um zusätzliche Informationen auf 5-D erweitert. Das neue Gebäude, das auch aus dem Weltraum zu sehen ist, sei »ein bisschen so wie ein Raumschiff, das gelandet ist. Es ist ein Ring mit rundum gekrümmter Fassade«, sagte Jobs bei der Vorstellung des Projekts. Sein Außenumfang misst 1,60 km. In seinem Inneren entsteht ein Park mit Tausenden Bäumen. Die gebogenen, 3 m x 15 m großen Glasscheiben der Fassade bieten eine hohe Transparenz mit Sichtbeziehungen zum innen gelegenen Park und den äußeren Anlagen. Im horizontalen Geschoßübergangsbereich der Glasfassade kann Frischluft durch automatisierte Lüftungslamellen zugeführt werden, um die 260.000 m2 große Bürofläche natürlich zu belüften. Damit wird der Apple Campus nicht nur zu einem der größten Bürogebäude der Welt, sondern auch zu einem der größten Gebäude mit natürlicher Belüftung.

Novartis Gehry Building in Basel © Thomas Meyer

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[Umrisse]


[Mit BIM planen und bauen

Apple Campus 2 in Cupertino © Foster + Partners

BIM beschleunigt Prozesse und verbessert die Qualität Über die gemeinsame Plattform arbeitet jedes Gewerk an einem aktuellen Modell und kann mögliche Kollisionen mit anderen Gewerken bereits in der Planung beheben. Korrekturen und Wartezeiten auf der Baustelle werden so reduziert. Andere Gewerke können auf der Baustelle beispielsweise Module zur technischen Gebäudeausrüstung wie Sprinkleranlagen just in time in Fassadenelemente integrieren. Über 3-D-Scanner werden der Rohbau und die Verbindungspunkte für die Fassade kontrolliert.

BIM bietet sehr effiziente digitale Werkzeuge, um Projekte zusammen mit allen Beteiligten qualitäts-, termin- und kostensicherer zu bearbeiten. Die Abläufe am Bau werden für alle Beteiligten transparenter und leichter zu managen, um so das Qualitätsmanagement und die Bauqualität zu verbessern. Die gemeinsame Arbeit an einem aktuellen Modell ermöglicht beispielsweise eine Kollisionskontrolle mit anderen Gewerken, um Planungs- und Baufehler zu vermeiden, die kostentreibende Nachbesserungen verursachen.

Da mehr Planungsaufgaben von Architekten und Fachplanern auf andere Gewerke übertragen werden, müssen Unternehmen aber technisch aufrüsten und mehr Koordinierungsaufgaben übernehmen. Rechnerkapazitäten sind erheblich zu erweitern und Mitarbeiter sowohl für die Software wie die Arbeitsweise zu qualifizieren. Auch sollten virtuelle Modelle und Abläufe trotz hoher Komplexität und großer Datenmenge noch verständlich und beherrschbar sein. Dr.-Ing. Mathias Klaiber Josef Gartner GmbH, Gundelfingen

Karlsruhe, 21.-22.06.2017

[Umrisse]

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] Mit BIM planen und bauen

Visualisierung des BIM-Modells © aib GmbH

Integrale Planung mit BIM Erfahrungen bei der Einführung der Planungsmethode Mit dem Building Information Modeling (BIM) wird sich das Bauwesen grundlegend verändern, darin sind sich Experten einig. Doch welche Erfahrungen machen Büros, die BIM einführen und in ersten Projekten bereits praktisch anwenden? Die Duisburger Architekten und Ingenieure von aib betrachten das innovative Potential der neuen Methode als Chance zur Erweiterung der eigenen integralen Arbeitsweise. Bei der schrittweisen und systematischen Einführung von BIM und dem Einsatz in der Planungspraxis wurden erste Erfahrungen gesammelt. Die Digitalisierung des Bauwesens schreitet weiter voran. Was in anderen Branchen längst üblich ist, soll auch beim Planen und Bauen zum Standard werden. Building Information Modeling (BIM) bietet entscheidende Vorteile für die Planung und Steuerung komplexer Bauvorhaben. Ein zentrales Gebäudemodell in 3-D ermöglicht es den verschiedenen Projektbeteiligten, sich simultan über den aktuellen Planungsstand zu verständigen. Die für den Lebenszyklus des Bauwerks relevanten Informationen und Daten werden so deutlich besser erfasst, miteinander verknüpft und verwaltet als bisher. »Wer die neue Methodik nicht beherrscht, wird in Zukunft kaum noch wettbewerbsfähig sein«, glaubt KaiUwe Lompa, Geschäftsführer des Architektur- und Ingenieurbüros aib. Um das Potential von BIM zu nutzen, führt das Duisburger Büro die neue Methode schrittweise in die eigenen Planungsprozesse

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ein. Unterstützt werden die Architekten und Ingenieure dabei von der Düsseldorfer DeuBIM Gruppe. Gemeinsam wurde ein systematischer Fahrplan zu einer theoretischen und zugleich praxisnahen Einführung von BIM entwickelt. »Wie in einem Laboratorium arbeiten wir uns von Stufe zu Stufe vor«, beschreibt der gelernte Bauzeichner und verantwortliche Administrator der CAD-Tools Michael Blank die Umsetzung über theoretische Schulungen und praktische Anwendung.

Datenbank basieren. Für Michael Blank von aib ist es daher umso wichtiger, dass sich Planer und Architekten frühzeitig in die Technologie einarbeiten und eine Führungsrolle bei der Digitalisierung übernehmen. Denn nur so kann gewährleistet werden, dass auch künftig maßgeschneiderte, baukulturell anspruchsvolle Lösungen möglich bleiben und nicht langfristig Produktdatenbanken weniger Industrieunternehmen das Planungsgeschehen bestimmen.

Konsistentere Planung mit BIM

Simultane Vernetzung

Mit dem Einsatz von BIM ersetzt ein virtuelles Modell mit Bauteilen und intelligenten Informationen die bisherigen Planungsunterlagen. Im virtuellen Bauwerksmodell sind die einzelnen Bauteile nicht einfach nur graphisch präsent, sondern »wissen« vielmehr, dass sie zum Beispiel ein Balken oder eine Wand sind. Wenn Planungsbeteiligte Angaben für einzelne Bauteile ändern, können daher Konflikte mit anderen Planungen sofort erkannt und behoben werden. Für aib bietet BIM damit ein Instrument, mit dem sich die Verständigung der Prozessbeteiligten wesentlich erleichtern lässt. Die Ableitung aller Berechnungen, Simulationen etc. aus einem zentralen virtuellen Modell bietet eine konsistentere Planung als bisher. Die relevanten Informationen für das jeweilige Projekt lassen sich besser deuten, da die Planungsunterlagen nicht mehr auf Dokumenten, sondern auf einer

Abgesehen vom deutlichen Mehrwert, den BIM aus Sicht von aib für Bauherren bzw. Immobilieneigner generiert, bietet der intelligente, aktive Umgang mit Daten für das Duisburger Büro auch erweiterte Möglichkeiten der bereichsübergreifenden Zusammenarbeit. Mit dem zentralen 3-D-Modell ist BIM eine neue Form von interdisziplinärem Teamwork. Die simultane Vernetzung aller am Planungsprozess Beteiligten wird damit überhaupt erst möglich. Statt der isolierten und stufenweisen Tätigkeit einzelner Planungspartner steht von Anfang an die gemeinschaftliche Projektarbeit im Vordergrund. Ein solch kooperativer Planungsansatz ist für aib grundsätzlich nicht neu. Seit der Gründung setzt das Büro aus Architekten, Ingenieuren und anderen Experten auf eine integrale Teamstruktur, um Lösungen für komplexe Bauaufgaben zu entwickeln.

[Umrisse]


[Mit BIM planen und bauen

Strukturierte Informationen Die Planungsprozesse von aib selbst und der Austausch mit den Fachplanern und Bauherren haben sich mit BIM nicht wesentlich verändert. »Wir erhalten aber ein besseres Werkzeug an die Hand, was im Detail enorme Auswirkungen hat«, stellt Kai-Uwe Lompa fest. Die neue Arbeitsweise bietet für aib die Möglichkeit, Pläne aus Abfragen der zentralen Datenbasis zu generieren. Dies schafft erhebliche Verbesserungen mit Blick auf die Qualität, Kosten und Aktualität der Planinformationen. Neben der reinen 3-D-Visualisierung wird eine optimierte Koordination der Fachmodelle erreicht sowie eine teilautomatisierte Kollisionsprüfung und Verbesserungen bei der Planhaltung. Über die geometrischen Angaben der Bauelemente hinaus werden Informationen zu Materialeigenschaften, Kosten und Terminen strukturiert und für Auswertungen und Analysen verfügbar gemacht. Aus dem erstellten Modell kann aib zum Beispiel auch verschiedene Varianten im Hinblick auf die Bauprozesse ableiten. BIM bietet hier deutlich mehr Sicherheit als bisherige Planungsmethoden.

Halle im BIM-3-D-Modell © aib GmbH

Komplexe Werksergänzung Bereits in der Einführungsstufe arbeitete das Team von aib aus Architekten, Tragwerksplanern und TGA-Ingenieuren mit dem integrierten Modell in der Praxis. Eines der ersten Projekte, bei denen BIM zum Einsatz kam, war die Planung zur Er-

weiterung des Standortes von Siemens in Mülheim an der Ruhr. Aufbauend auf der bereits umgesetzten Werksentwicklung von aib entsteht dort eine neue Wartungshalle mit hochkomplexer Logistik. Mit der Zusammenlegung zweier bestehender Standorte soll ein Kompetenzzentrum für die Wartung von Turbinen errichtet werden. Als drittes Hallenschiff ergänzt der Neubau die vorhandene Schwerlast- und Mittellasthalle, deren einheitliche Architektur ebenfalls von aib gestaltet wurde. Eine der größten Herausforderungen bei dieser Ergänzung besteht darin, dass der laufende Betrieb auch während der Bauphase nicht gestört werden soll – ein schwieriges Unterfangen, da der Standort der neuen Halle wichtige Produktions- und Logistikabläufe berührt. So muss die Planung für den Neubau unter anderem Sonderverkehrswege einbeziehen, die für einen reibungslosen Transport der Turbinen auf dem Werksgelände sorgen.

Halleninnenansicht im BIM-3-D-Modell © aib GmbH

[Umrisse]

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] Mit BIM planen und bauen

BIM-Kollisionsprüfung © aib GmbH

Vermeidung von Planungskonflikten Auch die neue Halle selbst bietet einige Besonderheiten. Für die Wartung von Turbinen, die bis zu 100 t schwer sein können, gibt es spezielle Arbeitsabläufe. Die verschiedenen Teilarbeiten wie Anlieferung, Zerlegung oder Reinigung verlaufen nebeneinander und überkreuzen sich teilweise. Um die einzelnen Prozesse nicht zu stören, plant aib den Einbau von zwei Kranbahn-Ebenen, die verschiedene Arbeiten gleichzeitig ermöglichen. Mehrere Kräne lassen sich dabei unabhängig voneinander bewegen oder auf einer Ebene zusammenbinden. Für die Raumplanung bedeutet das eine zusätzliche Komplexität, da der Luftraum in der Halle von Installationen frei gehalten werden muss. Hinzu kommt die unterschiedliche Struktur der Halle: Ist die eine Gebäudehälfte eher kleinteilig, beinhaltet die andere einen tief in den Boden reichenden Wuchtbunker, in dem die Turbinen nach der Wartung ausgewuchtet und abschließend geprüft werden.

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Der Einsatz von BIM hilft dabei, die Planungsabläufe weiter zu optimieren und so effizient wie möglich zu gestalten. Die Erfahrungen von aib bei der bisherigen Werksentwicklung fließen in das neue Projekt mit ein. Das mit BIM generierte 3-D-Modell auf der Basis einer zentralen Datenbank bietet weitere wesentliche Vorteile für den Neubau. Konflikte zwischen einzelnen Installationen in der komplexen Struktur der Halle werden so von vornherein vermieden. Mit dem erweiterten Knowhow der Datenbank lassen sich außerdem künftige Umbauten oder Erweiterungen des Standortes effizient planen und bauen. Ralf Broekman Leif Hallerbach Broekman+Partner, Düsseldorf

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Herausforderungen der Baustelle der Zukunft PMG-Vortrag auf Forum »Digitale Transformation des Baubetriebs« Beispiel das Vorziehen der Abstimmung und Kommunikation aller Projektbeteiligten gleich in die anfänglichen Bauphasen eines Projekts. Der Vortrag zeigte, wie sich die daraus ergebenden neuen Herausforderungen mit Hilfe leistungsstarker Projekt-Kommunikations-Management-Systeme (PKMS) effizient bewältigen lassen. Die Rede des PMG-Geschäftsführers war Teil des Forums »Digitale Transformation des Baubetriebs – Best Practice und Zukunftstrends« der Open Experience GmbH. Die Veranstaltung wollte die aktuelle Forschung und Entwicklung im Bereich Digitalisierung des Baubetriebs mit den Erfahrungen und Anforderungen aus der Praxis in einer gemeinsamen Diskussion zusammenbringen.

Über PMG PMG ist als ein führender Anbieter hochsicherer, Cloud-basierter, branchenunabhängiger Datenmanagement-Lösungen tätig. Dazu gehören der revisionssichere Austausch und das Vorhalten sensibler Daten aller Art sowie deren Integration in flexible Workflows. Die intelligenten PMGAnwendungen passen sich nahtlos an sämtliche Prozesse und Anforderungen des Kunden an. Das Münchner Unternehmen legt bei der Entwicklung seiner Produkte besonderen Wert auf intuitive Bedienung. Daher vertrauen schon Tausende Nutzer auf die eProjectCare-Produktfamilie. Sie umfasst eProjectCare Projektraum, eProjectCare Datenraum und eProjectCare DMS. Zu den Kunden gehören namhafte Investoren, Versicherungen, Bauunternehmen, Projektentwickler, Bauherren und Planungsbüros. PMG hostet die Daten seiner Kunden in einem ISO 27001-zertifizierten Rechenzentrum in Deutschland.

[Mit BIM planen und bauen

BIM ist zweifelsohne das Nonplusultra bei Planung, Ausführung und Bewirtschaftung von Gebäuden. Aber wie lässt sich sein gewaltiges Potential noch besser ausschöpfen? Stefan Finkenzeller, Mitgründer und Geschäftsführer der Münchner PMG Projektraum Management GmbH, skizzierte in einem Vortrag am 19. Januar auf der BAU 2017 Lösungen für das Teamwork und eine damit verbundene effiziente Kommunikation über alle Ebenen am Bau. In seiner Rede mit dem Titel »Herausforderungen bei der Zusammenarbeit auf der Baustelle der Zukunft?« wollte Stefan Finkenzeller insbesondere auf organisatorische Maßnahmen zur Fehler- und Kostenreduktion durch Workflows in BIMProjekten eingehen. Dazu gehört zum

Der Referent

Planfreigaben in BIM-Projekten © Stefan Finkenzeller/PMG Projektraum Management GmbH

Gemeinsam mit Mike Riegler gründete Stefan Finkenzeller die PMG Projektraum Management GmbH. Er leitet das Entwicklungsteam für die eProjectCare Plattform auf Software-as-a-Service-Basis für den revisionssicheren Austausch und das Vorhalten sensibler Daten aller Art. Zuvor war Stefan Finkenzeller viele Jahre als Chief Information Security Officer für die BayernLB tätig. Er schreibt regelmäßig als Autor für renommierte IT-Fachzeitschriften. Amelie Steininger PMG Projektraum Management GmbH, München

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BIM im Krankhausbau Ein Bauherr setzt BIM in Planung und Bau voraus

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Interview mit Jean-Luc Perrin, Felix-Platter-Spital, Basel

Ohne BIM-Planung kein Auftrag

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Nicht nur beim Felix-Platter-Spital in Basel

So denkt der Generalplaner Ăźber BIM Aussagen zur Arbeitsweise im Krankenhausbau von Stefan Traxler

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Mit BIM-Pionieren im Einsatz

BIM wird nicht kommen, BIM ist schon da!

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Interview mit Burkhard Dietsch, Leonhardt, Andrä und Partner

BIM-basiertes Planen im Krankenhausbau Ein Erfahrungsbericht von Nickl & Partner Schweiz

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[BIM im Krankhausbau

Marienhospital Stuttgart

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Ein Bauherr setzt BIM in Planung und Bau voraus Interview mit Jean-Luc Perrin, Felix-Platter-Spital, Basel

Und so beginnen wir mit Jean-Luc Perrin, dem Projektmentor des Neubaus FelixPlatter-Spital in Basel, Schweiz, unseren großen Fragenkatalog abzuarbeiten. Thomas Greiner von der Verlagsgruppe Wiederspahn und Elisabeth Wiederspahn waren bei bestem vorösterlichem Wetter angereist und gespannt, Jean-Luc Perrin zu treffen und ihn kennenzulernen. Besonders, um verstehen zu können, warum er mit so viel Einsatz, Engagement und Fachwissen unterwegs ist, um BIM voranzutreiben und dafür einzutreten.

Greiner Beim Begriff »BIM« taucht vor dem geistigen Auge unwillkürlich ein Großprojekt auf, ähnlich dem Felix-Platter-Spital in Basel. Was würden Sie einem kleinen Büro empfehlen? Muss es sich neu aufstellen und viel Geld investieren, um BIM-fähig auf den Markt gehen zu können?

Perrin Um BIM-fähig an den Markt gehen zu können, braucht es vor allem eine neue Arbeitskultur. Die vernetzte Kommunikation von Anbeginn an ist der Schlüssel zum Erfolg. Dieser Change ist notwendig und je nach Intensität (sprich Mitwirkungsgrad der Betroffenen) mehr oder weniger kostenintensiv. Betreffend Arbeitsmitteln kommen keine extremen zusätzlichen Kosten durch BIM auf ein Büro zu. Man kann mit der vorhandenen Software anstelle von DWG- oder PDF-Dateien IFCDateien erstellen. Der das Projekt koordinierende BIM-Manager (externe Dienstleistung oder befähigter Mitarbeitender) prüft und analysiert dann zum Beispiel mit dem Solibri Model Checker (SMC) die Pläne. Die dafür eingesetzte Software schlägt mit ca. 8.000 €/a Lizenzgebühren zu Buche.

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Jean-Luc Perrin im Gespräch © privat

Andere Büros, zum Beispiel wörner traxler richter, arbeiten mit Anbietern wie Nemetschek (Solibri), Revit, Trimble oder Sofistik. Damit erhalten Sie die ganze Kette von der Planung bis zum 3-D-Modell mit den virtuellen Darstellungsmöglichkeiten. Mit BIM lassen sich auch die Bauherren von kleinen Hausprojekten überzeugen. Für eine große Arealbebauung wurden einfache »Bausteine« aus Wohnzimmer, Esszimmer etc. zusammengesetzt und bilden so das Modell für angefragte bzw. angebotene Einfamilienhäuser. Auf Grundlage dieser Investitionsrechnung wird kalkuliert, welches Haus zum Beispiel zuerst fertig werden soll, um es verkaufen zu können und damit die Finanzierungskette zu schließen. So hilft die digitale Planung bei der strategischen Arealentwicklung eines Baugeländes. Bauherr und Käufer können vorher festlegen, wie die Wände, Fenster, Türen und Leitungen verlegt und eingebaut werden sollen. BIM basiert auf Technologien des letzten Jahrtausends.

Wie, glauben Sie, wird ein Luxusliner gebaut? Die ersten Gäste sind bereits in ihren Suiten, da hat noch kein Monteur Platten geschweißt. Im Flugzeugbau wird mit 3-DModellen gearbeitet – nur im Hochbau, bei Architekten und Planern wird die Zeit vertan. Ich als Bauherr habe nicht die Verantwortung für fehlende Unterlagen, nicht vorhandene Software oder mangelhaft ausgebildete Mitarbeiter. BIM braucht Menschen, die damit umgehen können. Wenn ich Lüftungsplaner ohne BIM-Hintergrund wäre, hätte ich kein allzu gutes Gefühl. Mit BIM habe ich meine Räume im Modell, gebe zusätzlich die benötigten Luftmengen in den Rechner ein und drücke einen Knopf. Dann gehe ich schlafen und am nächsten Morgen ist meine Lüftung geplant. Sie muss nur noch geprüft und evaluiert werden – die kompletten Planungen sind übernommen. Sanitär, Lüftung, Klima, das trifft alle Gewerke und ist heute bereits bestens ein- und umsetzbar. Nur die Planer sind noch nicht auf dem neuesten Stand.

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»BIM basiert auf Technologien des letzten Jahrtausends.« Jean-Luc Perrin

Greiner Und wer kommt Ihrer Meinung nach als BIM-Manager in Frage, welche Ausbildung sollte er haben?

Perrin Informatikaffin sollte er schon sein. Und wenn es die Architekten nicht sind, dann werden sie ihrer Ausrichtung als globale Projektmanager nicht gerecht und verlieren wichtige Zeit und wichtige Bauherren.

Greiner Wie weit hinein in die Ausführung reicht die Digitalisierung, bis zum Vorarbeiter oder Polier?

Perrin Sie alle erhalten ein Tablet oder arbeiten mit Apps auf dem Handy. Sie sehen dort exakt, wo sie stehen, geben einen Barcode ein und erkennen sofort die räumliche Situation im Modell. Dann machen sie ein Bild von der realen räumlichen Situation und vergleichen diese mit dem Planmodell. Stimmt alles überein, wird quittiert. Wichtig ist beim Einsatz von BIM die Erfahrung der zusammenarbeitenden Teams. Aber das ist ein Kommunikationsthema. Ein Lüftungsbauer macht aus einem zweidimensionalen Plan einen 3-D-Plan, weil seine Kanäle nicht auf dem Boden geführt werden. Der Sanitärplaner macht für seine Rohre dasselbe usw. Dann treffen sich die Gewerke in einer Besprechung, hören zu – oder auch nicht – und vergeuden damit viel Zeit, Energie und das Geld des Bauherrn. Beim BIM-Modell könnten alle Pläne der einzelnen Gewerke, zum Beispiel am Freitag abgegeben bzw. auf einen Großrechner geladen werden, und der BIM-Koordinator beginnt mit seiner Arbeit. Er legt die Pläne zusammen, und die in BIM-Views integrierten Prüf-Tools werfen alle enthaltenen Problemstellen aus: Wo kreuzen sich Rohre? Wo fehlt dadurch zum Beispiel der Platz für den Lüftungskanal und Ähnliches.

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Diese Problemstellen werden gekennzeichnet, Screen-Shots mit den Markierungen an den Planer geleitet. Der hat dann alles am Montag zur Nacharbeit auf dem Tisch. Diese gigantische Effizienzsteigerung in der Planung bringt dem Bauherrn bei einem realen Bauprojekt eine Kostenersparnis von 15 %.

Greiner Und welche Möglichkeiten habe ich beim laufenden Bau, in bestimmten Phasen eingreifen zu können, ohne dass sich daraus eine enorme Kostenerhöhung ergibt?

Perrin Mitten im Projekt kann geprüft und festgelegt werden, welche Türen und Zargen in welchen Mengen angeliefert werden müssen. Denn kein innerstädtisches Großprojekt hat heute noch die Möglichkeit, Lagerplätze vorzuhalten. Just in time ist hier unabdingbar. So kann auch der Hersteller planen und die Logistiker entsprechend koordinieren. Kein überflüssiges Material findet sich dann auf einer Baustelle. Und es werden keine Materialien, Rohre, Leitungen oder Ähnliches berechnet, die nicht angeliefert und eingebaut wurden.

Greiner Wie gehen Sie mit dem Thema Pfusch um?

Perrin Mangelhaft verlegte Rohre oder zum Beispiel den Einbau von qualitativ minderwertigen Rohren kann BIM nicht verhindern. Aber es ist möglich, sofort zu überprüfen, ob zum Beispiel die geforderte Materialqualität geliefert und eingebaut wurde. Mit BIM hat der Bauherr einen Leistungsauszug, eine Dokumentation, die ihn auch in die Lage versetzt, eine Schlussrechnung prüfen zu können, ob die darin angesetzten Mengen und Maße den Tatsachen entsprechen.

Jean-Luc Perrin © Thomas Greiner/Verlagsgruppe Wiederspahn

Greiner Wir bedanken uns herzlich für das Gespräch, sehr geehrter Herr Perrin, und dass Sie uns diesen Termin und Ihre Zeit so knapp vor Ostern noch zur Verfügung stellen konnten. Wir sind uns sicher, damit eine nachhaltige Diskussion anstoßen zu können. Thomas Greiner Elisabeth Wiederspahn Verlagsgruppe Wiederspahn, Wiesbaden

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Fassadengestaltung des Felix-Platter-Spitals in Basel © wörner traxler richter

Ohne BIM-Planung kein Auftrag Nicht nur beim Felix-Platter-Spital in Basel

Die Direktion des Felix-Platter-Spitals in Basel nahm beim Wettbewerb für den Neubau der Klinik alle Teilnehmer in die Pflicht, bereits die Entwürfe mit BIM zu planen. Das Ergebnis dieser Vorgehensweise stellte alle zufrieden: Die Planer ebenso wie die Auftraggeber, auch wenn es hier und dort noch Optimierungsbedarf gibt. Mit der Vorgabe der BIM-Planung nahm die Direktion des Spitals eine Vorreiterrolle ein, denn BIM war zu diesem Zeitpunkt auch in der Schweiz noch nicht ganz angekommen. Nach den Anfangsschwierigkeiten und Stolpersteinen ist es nun an der Zeit, das Modell BIM zu bewerten. Auftraggeber und Planer, hier vor allen Dingen die Herren Jean-Luc Perrin vom Spital Basel und Stefan Traxler von wörner traxler richter stehen voll hinter dieser Planungsmethode. Die Architekten können und werden nicht nur beim Bau des Klinikums in Basel, sondern auch bei den weiter anstehenden Aufgaben des Büros mit BIM planen und bauen.

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Jean-Luc Perrin, Dipl.-Spitalmanager NDS, ist seit 1993 im Gesundheitswesen tätig und kein Träumer. Er sitzt im Direktionsstab des Felix-Platter-Spitals und hat die eigenen Bedenken zu einem wirtschaftlich zu erstellenden und zu betreibenden Krankenhausbau sehr ernst genommen. Der

von ihm betreute Neubau des Spitals wird daher mit BIM geplant, um Auftraggeber und Planer vor jenen Risiken zu schützen, die er klar formuliert: Wie lange sollen Planungsfehler auf der Baustelle zu Lasten aller weiter toleriert und hingenommen werden?

Café auch für Gäste und Besucher © wörner traxler richter

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Modell-Visualisierung © Samir Alzeer/BAM Deutschland AG/wörner traxler richter/Holzer Kobler Architekturen

Rechte, Pflichten Kollisionen Perrin möchte mit einem virtuellen Gebäudemodell, das Daten und Pläne beinhaltet, später das Facility Management tatkräftig unterstützen. Daher hatten die Initiatoren des Neubaus schon an den Wettbewerb die Bedingung geknüpft, dass jeder Teilnehmer BIM vom Start weg an einsetzt. Denn nur so waren vom Start weg Gegenüberstellungen möglich, um Prozess- und Energiekosten sowie Simulationen auflisten und daraus Life-Cycle-Kosten ableiten zu können. Eine saubere Bauwerksdokumentation war damit ebenso möglich. wörner traxler richter, neben Hozer Kobler Architekturen Teil der Architektengemeinschaft der Wettbewerbsgewinner »ARGE Hand in Hand« Planungsgemeinschaft, ist führend in der Planung von Kliniken und medizinischen Einrichtungen und wird von renommierten Bauherren entsprechend beauftragt. Als Projektpartner nahmen sie den innovativen Planungsanspruch gerne an, denn Planungen in 3-D zu zeichnen bedeutete kein Neuland für das Büro. Neu war im Zuge von BIM nur die Attributie-

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rung der Planangaben. Dazu mussten bzw. müssen die Anzahl und Zuweisung der Attribute, der sogenannte LOD (Level of Detail, Detaillierungsgrad) zuerst mit den Bauherren für die jeweilige Planungsphase festgelegt werden, bevor sie in der BIM-Planung angelegt wurden. Die Herausforderung bestand darin, Bauherren und Planer dabei zu unterstützen, die Anforderungen an die Attribute innerhalb des Planungsprozesses auf ein machbares Maß zurückzuführen. Dazu mussten neben den eigenen Mitarbeitern auch die Fachplaner einbezogen und mitgenommen werden. Die zweite Anforderung bestand darin, die Nutzung der die Räume betreffenden Parameter noch vor dem ersten Strich überhaupt in das Raumprogramm einzupflegen. Denn nur so lassen sich Raumattribute, wie die Notwendigkeit der Klimatisierung bestimmter Bereiche und deren Bedarf an technischer Ausrichtung, rechtzeitig klären und damit Kosten einsparen.

Im Projekt Felix-Platter-Spital macht sich die durch BIM notwendig gewordene Disziplinierung aller am Bau beteiligten Planer und Partner auch in weiteren Punkten positiv bemerkbar. Im vierzehntägigen Rhythmus laden Architekten und Kollegen ihre Daten in ein IFC-Modell ein und starten den sogenannten Solibri Modell Checker. Damit kontrollieren sie, ob beispielsweise Rohre unterhalb der Planhöhen abgehängter Decken verlaufen oder statische Elemente wie Unterzüge mit Haustechniktrassen kollidieren. Außerdem könne man so rechtzeitig erkennen, wenn einer der Planungsbeteiligten mit der Arbeit im Rückstand sei. »Das klappt und hat die Prozesse sehr beschleunigt«, freut sich der Planer, und die Zahl der Kollisionen zwischen den beteiligten Partnern wurde erheblich reduziert.

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Durch das einladende Foyer zur Anmeldung © wörner traxler richter

Besondere Aufmerksamkeit erforderte darüber hinaus die Verteilung der Rechte und vor allen Dingen der Pflichten. Im Rahmen der Planungen musste darüber intensiv gesprochen und Festlegungen getroffen werden. So waren zum Beispiel zunächst keine Durchbrüche seitens des Tragwerkplaners in das Modell eingepflegt worden. Jetzt arbeitet er die Durchbrüche ein, erleichtert die Arbeit der anderen Planer und verringert so erheblich die Zahl notwendiger Änderungen. Das Thema Änderungsmanagement ist nicht nur eine Herausforderung, sondern vor allen Dingen ein großer Vorteil von BIM. Denn wer mit BIM plant, kann nicht ohne weiteres eine Wand verschieben oder deren Qualität verändern. Noch kriti-

Einladung zum Verweilen ... © wörner traxler richter

scher sind Raumverschiebungen oder Nutzungsänderungen. Der Aufwand ist immens, da an jedem Raum und jeder Wand Dutzende von Parametern hängen, die sich dadurch automatisch ebenso ändern würden. Insbesondere Bauherren, die sich nicht gerne im Voraus festlegen, werden so diszipliniert, betont der Planer und Architekt. Auch die Planer selbst werden diszipliniert, denn es genügt keinesfalls, einen BIMAufseher abzustellen, so Traxler. Vielmehr müssen alle Mitarbeiter des Büros mit dem Thema vertraut gemacht werden. Diese zu schulen und geschulte Planer zu finden, ist derzeit noch eine der großen Herausforderungen von und mit BIM.

Auch Wohnzimmer gibt es im Haus © wörner traxler richter

Helle und stilvolle Verbindungsgänge © wörner traxler richter

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Untersuchungsraum © wörner traxler richter

Kein Life-Echtzeitmodell BIM verändert zwar die komplette Art der Planung, nicht jedoch die des Entwurfsprozesses. BIM bietet vielmehr die Chance, sich auf den Entwurf zu konzentrieren, da Punkte wie zum Beispiel die Absprachen mit dem Bauherrn, ja bereits geregelt sind. Ähnliches gilt für die Ausschreibungsphase. Hier erhoffen sich die Planer Vorteile etwa dadurch, dass man gewerksspezifische Informationen oder Massen in die Texte bereits übertragen kann. Daran sind Generalunternehmer oder der Totalunternehmer, der mit dem Bau des Felix-PlatterSpitals betraut ist, interessiert. Wer jedoch glaubt, dass man mit BIM ein Lift-Echtzeitmodell hat, in dem alle Planungsbeteiligten gemeinsam arbeiten und der Bauherr unentwegt an der Veränderung teilhaben kann, der irrt. Das ist derzeit noch unrealistisch. Trotzdem hat sich BIM für wörner traxler richter als optimaler und zukunftsweisender Planungsweg herausgestellt. Stefan Traxler Dipl.-Ing. Architekt BDA Geschäftsführender Gesellschafter wörner traxler richter Planungsgesellschaft mbH, Frankfurt am Main

Helles Bewegungsbad mit allen Hilfsmitteln für therapeutische Anwendung © wörner traxler richter

Bauherr Felix Platter-Spital, Basel

Tragwerksplanung Gruner AG, Basel

Architekten wörner traxler richter planungsgesellschaft mbH, Frankfurt am Main Holzer Kobler Architekturen GmbH, Zürich

Lichtplanung Lichtvision Design GmbH, Berlin

Generalunternehmer BAM Swiss AG, Basel BAM Deutschland AG, Stuttgart Marti Generalunternehmung AG, Bern BIM-Koordination BAM Deutschland AG, Stuttgart Controlling und Qualitätssicherung Drees & Sommer Advanced Building Technologies Schweiz AG, Zürich Facility Management BAM Immobilien-Dienstleistungen GmbH, Stuttgart Krankenhaustechnik Health Company Dresden GmbH, Dresden Medizintechnik mtp Planungsgesellschaft für Medizintechnik mbH, Frankfurt am Main

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Gebäudetechnik Brunner Haustechnik AG, Wallisellen Klimatechnik Klima AG, Basel Bauphysik und Brandschutz Gruner AG, Basel Elektrotechnik enerpeak salzmann, ag Dübendorf Energietechnik Evoplan AG, Zumikon Gastronomietechnik hpmisteli Hotel- und Gastrokonzepte, Bern Verkehrsplanung Gruner AG, Basel Landschaftsplanung club 94 Landschaftsarchitekten GmbH, Köln

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So denkt der Generalplaner über BIM Aussagen zur Arbeitsweise im Krankenhausbau von Stefan Traxler

Welche besonderen Ansprüche und Standards stellt der Krankenhausbau allgemein an die Planer und Nutzer dieser Gebäude?

Autor

Das Konzipieren, das Planen und das Bauen von Gesundheitseinrichtungen fordern vom Architekten viel Erfahrung, die permanente Auseinandersetzung mit den aktuellen Themen der Gesundheitswirtschaft und ein großes Technikverständnis. Die Bauaufgabe Krankenhaus beinhaltet zudem viele Schnittstellen zu den Themen der Planer für technische Gebäudeausrüstung und Medizintechnik, da hier die Zyklen innovativer, zu berücksichtigender Neuentwicklungen immer kürzer werden.

Stefan Traxler – Dipl.-Ing. Architekt BDA – Geschäftsführender Gesellschafter der wörner traxler richter planungsgesellschaft mbH

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Architekten, die sich des Aufgabengebiets Krankenhausbau annehmen, müssen jeden Arbeitsablauf in einem Krankenhaus planerisch und technikaffin nachvollziehen wollen und baulich umsetzen können. Und ihr Gespür für die Gestaltung von Atmosphäre und Raumstimmungen muss so ausgeprägt sein, dass sie diese entscheidenden Hilfen bei der Entwicklung eines Hauses der sogenannten Healing-Architecture-Generation, nämlich Formate, Materialität, Farbe und Licht, in den Dienst dieser Planung stellen können. Technisches Wissen und hoher Gestaltungswille sind vom Architekten im Gesundheitswesen also definitiv gefordert. Aber noch entscheidender ist sein Verständnis für die Art und Weise, wie das Krankenhaus später betrieben werden soll. Deshalb nehmen wir uns Zeit, um die Ambitionen, Bedürfnisse und Funktionalitäten so zu bündeln, dass sie zu einer Struktur führen, die uns hilft, die organisatorischen und wirtschaftlichen Ansprüche sowie städtebauliche wie gestalterische Fragen angemessen zu beantworten. Denn wir wollen den Visionen unserer Auftraggeber ebenso Rechnung tragen wie den Belangen der Öffentlichkeit. Dabei hilft uns BIM.

Wie sahen die Nutzeranforderungen beim Projekt FPS aus und wie sind sie in das Projekt eingeflossen? Der Neubau des Felix-Platter-Spitals (FPS) entsteht durchgängig nach BIM! Bereits zum Totalunternehmer-Wettbewerb mussten die Teilnehmer ihre Projekte als BIM-Modelle einreichen. Es ist vorgesehen, am Ende des Projektes das BIMModell der Planung und Ausführung ins Facility-Management zu überführen. So ist gewährleistet, dass Informationen aus der Planung auch im Betrieb nutzbar sind.

Welche Herausforderungen speziell beim Projekt FPS haben zu der Entscheidung geführt, sich auf die BIM-Arbeitsmethode zu stützen? Die Abkürzung BIM steht für Building Information Modeling, ein Instrument, das vor allem im Hinblick auf die oft unzureichende Kooperation der am Bau Beteiligten bei Großprojekten enorme Vorteile bietet. Bei BIM werden umfangreiche Daten und Informationen rund um ein dreidimensionales virtuelles Modell digital erfasst, um sie für sämtliche Planungsprozesse nutzbar zu machen. Dadurch werden Fehler in der Planung minimiert, Mehrkosten bei Planänderungen transparent beziffert, Optimierungen in der Bauzeit erzielt und letztlich mehr Qualität in der Bauausführung erreicht.

Wie hat sich der Wechsel der Arbeitsweise im laufenden Arbeitsprozess ausgewirkt? BIM diszipliniert. Als die Direktion des Felix-Platter-Spitals in Basel einen Wettbewerb für den Neubau der Klinik auslobte, nahm sie die Teilnehmer in die Pflicht, ihre Entwürfe mit BIM zu planen. Für die Schweiz war das ein Pilotprojekt. Das Ergebnis der dabei erstmals erprobten Vorgehensweise stellt bisher alle zufrieden, die Planer ebenso wie die Auftraggeber, auch wenn es hier und da noch Optimierungsbedarf gibt. Trotzdem hat sich BIM für unser Büro als optimaler und zukunftsweisender Planungsweg herausgestellt.

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»BIM diszipliniert.« Stefan Traxler

Genießt das Projekt FPS eine Sonderstellung im Büro, gibt es Folgeprojekte? Schon allein die Tatsache, dass der Bauherr eines BIM-Projektes den Verlauf des Baufortschritts Schritt für Schritt begleitet, also kontinuierlich alle Planungsergebnisse verfolgen und absegnen muss, erzeugt einen stets informierten, immer erfahrener werdenden, entscheidungssicheren Auftraggeber und gewährleistet dem Planer die Planungssicherheit, die dieser braucht. Von Projekt zu Projekt hat uns die Planungsmethode BIM mehr und mehr überzeugt. Wir lernen mit und von ihr eine ganze Menge und beabsichtigen, diese Planungsmethode zukünftig auf möglichst alle Projekte zu übertragen. Wir haben bereits vorher in 3-D gezeichnet, insofern war dreidimensionale Planung kein Neuland für unser Büro. Neu war lediglich die Attributierung der Planangaben im Zuge von BIM. Jeder Strich hat einen Inhalt und ist mit bis zu 100 Attributen belegt. Zunächst müssen also die Anzahl und Zuweisung der Attribute, der sogenannte LOD (level of detail) mit den Bauherren für jede Planungsphase festgelegt werden, bevor sie dann in der BIM-Planung angelegt werden können. Die Herausforderung dabei ist, dass Bauherren und Planer in diesem Prozess lernen müssen, die Anforderungen an die Attribute auf ein realistisches und zeitlich innerhalb des Planungsprozesses machbares Maß zurückzuführen. Und neben den eigenen Mitarbeitern heißt das für jede Planung, auch alle Fachplaner mitzunehmen. Im Grunde genommen sind die wesentlichen, die Nutzung der Räume betreffenden Parameter noch vor dem ersten Strich in das Raumprogramm einzupflegen, dann lassen sich Raumattribute wie die Notwendigkeit der Klimatisierung bestimmter Bereiche und damit der Bedarf an technischer Gebäudeausrichtung rechtzeitig klären und letztlich wirklich Kosten sparen. Eine frühzeitige Erarbeitung und Festlegung der Gebäudeparameter macht es möglich, genaue Werte zu ermitteln, die sonst geschätzt und mit Sicherheitszuschlägen und Redundanzen versehen werden müssen.

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Beim Projekt Neues Klinikum FrankfurtHöchst hat diese Vorgehensweise dazu geführt, dass der Bauherr nunmehr nur vier Trafos für den Betrieb seiner Klinik benötigt. Bei einer konventionellen Planungsweise hätte er sechs vorhalten müssen. Indem die Planer über die Planungsmethode BIM Bauherren also rechtzeitig in die Pflicht der Klärung und Bestimmung solcher technischen Details nehmen, werden definitiv Baukosten reduziert und eine bedarfsgerechte Technik planbar. Das BIM-Projekt Felix Platter hat im September 2016 in der Kategorie Operation & Maintenance Using Open Technology den buildingSMART bSI Award 2016, einen weltweit anerkannten BIM-Preis erhalten und wurde Ende des Jahres zudem mit dem BIM Award 2016 ausgezeichnet.

Wie wurden anschließend die Herausforderungen mit der BIM-Arbeitsweise gelöst? Im Projekt Felix-Platter-Spital macht sich die durch BIM notwendig gewordene Disziplinierung aller am Bau beteiligten Partner auch an anderen Punkten positiv bemerkbar. Zum Beispiel an der geringeren Zahl der Kollisionen zwischen und innerhalb der Arbeiten der Planungsteams. In vierzehntägigem Rhythmus laden Architekten und Kollegen ihre Daten in ein IFCModell ein und starten den sogenannten Solibri Model Checker. So kontrollieren sie, ob beispielsweise Rohre unterhalb der Planhöhen abgehängter Decken verlaufen oder statische Elemente wie Unterzüge mit Haustechniktrassen kollidieren. Das klappt und hat die Prozesse sehr beschleunigt. Zumal der Koordinator aller Planungsbeteiligten zudem rechtzeitig erkennen kann, wenn einer mit der Arbeit in Rückstand geraten ist. Und noch unschätzbarer für alle wird es werden, wenn die Teams die eigenen Zeichnungen vor dem Einladen in das Modell schon einmal vorchecken, um die eigenen Planunstimmigkeiten auszumerzen, BIM diszipliniert alle.

Diese Arbeitsvorteile genießen Bauherren und Planungsteams bei der Erarbeitung dreier weiterer komplexer Planungs- und Bauaufgaben des Büros, des »Nouveau Bâtiment Centre« am CHL in Luxemburg, des Mensaneubaus Campus Duisburg und des Neubaus am Bundeswehrkrankenhauses in Koblenz. wörner traxler richter erarbeiten aktuell etwa zwei Drittel ihrer Projekte mit Elementen der BIM-basierten Planung.

Rahmendaten zum Projekt Das auf den Schwerpunkt stationäre und ambulante Altersmedizin ausgerichtete Haus, das sämtliche Räumlichkeiten für die ambulanten und stationären Bereiche sowie für Lehre und Forschung unter einem Dach vereinen wird, sollte ursprünglich mit insgesamt 240 stationären sowie 20 Betten im Universitätsspital Basel und 20 Plätzen in der Tagesklinik auf etwa 18.000 m² Nutzfläche in Betrieb gehen. Im Februar 2016 wurde beschlossen, die bereits früh angedachte Option zusätzlicher Rochadeflächen über ein weiteres Stockwerk bereitzustellen, womit sich eine Nutzflächenerweiterung um 4.000 m² auf 22.000 m² und eine Erhöhung der Pflegebettenzahl um weitere 80 Betten auf einen Stand von 320 Pflegebetten ergibt. Stefan Traxler Dipl.-Ing. Architekt BDA Geschäftsführender Gesellschafter woerner traxler richter Planungsgesellschaft mbH, Frankfurt am Main

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Marienhospital Stuttgart Mit BIM-Pionieren im Einsatz

Zu den BIM-Pionieren in Deutschland gehört eindeutig das Büro Boll und Partner in Stuttgart. Als verantwortliche Ingenieure und Planer waren sie nicht nur am Mercedes-Benz-Museum beteiligt, sondern auch an der ersten Einkaufs-Mall Milaneo in Stuttgart. Dipl.-Ing. Dirk Münzner, einer der Geschäftsführer von Boll und Partner, ist von BIM in der Tragwerks- und Objektplanung überzeugt und hat das Büro komplett auf BIM umgestellt. Den Entschluss zum Einsatz von BIM fasste Dirk Münzner nach einer Sofistik-Veranstaltung. Dort hatte das Vorstandsmitglied Thomas Fink ein ganz neues Autodesk-Produkt namens Revit vorgestellt. Dazu modellierte er vor Ort live die ersten Bauteile und zusätzlich ein Berechnungsnetz, wie es im Flugzeug- und Schiffswerftbau seit Jahren üblich war.

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Seit diesem Tag wurde der Umstieg auf BIM bei Boll und Partner konsequent verfolgt und umgesetzt. Damit kann, das zeigt sich heute ganz deutlich, das Büro wesentlich bessere Ergebnisse erzielen. Begleitet wird und wurde Boll und Partner von Unternehmen und Software Sofistik mit zusätzlichen Tools.

Dirk Münzner bleibt am Thema BIM Nachdem Revit und Sofistik 2012 erstmals auch für statische Berechnungen in einem wesentlich größeren Rahmen mit Erfolg eingesetzt wurden, stellte Boll und Partner komplett auf BIM um. Heute wird jedes Objekt ausnahmslos mit BIM geplant. Dass dieser Umstieg von 2-D auf 3-D nicht problemlos über Nacht erfolgen konnte, ist verständlich. Bei Boll und Partner ging es zunächst darum, neue geeignete Workflows zu entwickeln und zu erproben, mit denen sich BIM nicht nur mit den eigenen, sondern auch mit den Anforderungen von Partnern und Kunden in Übereinstimmung bringen läßt.

Autor

BIM-Projekte von Boll und Partner © Boll und Partner

Hinrich Münzner – Dipl.-Ing. – MBA Master of Business Administration – Mitglied der Geschäftsleitung Boll und Partner

Dabei erwies sich Sofistik stets als ein Begleiter, der auch Änderungswünsche ohne Probleme einzuordnen und zu lösen verstand, wobei das Team um Münzner bei Boll und Partner entscheidend in die Entwicklungsarbeit mit eingebunden war.

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BIM-Manager als Anlaufstelle Mit der wichtigste Faktor bei der Einführung von BIM sind Motivation, Koordination und Kooperation der Mitarbeiter. Nur wenn alle dieser Umstellung positiv gegenüberstehen und die neuen Arbeitsabläufe umsetzen wollen, kann BIM erfolgreich eingesetzt werden. Boll und Partner hat dazu die Position eines BIM-Managers in die Organisation des Unternehmens eingebunden. Denn der BIM-Manager bündelt alle Anforderungen von Ingenieuren und Konstrukteuren und sorgt für die weitere Entwicklung und Implementierung der BIM-Planungssoftware.

Klarer Wettbewerbsvorteil Auf die Frage, ob sich der Umstieg von 2-D auf 3-D gelohnt und rentiert hat, kann Hinrich Münzner heute mit einem klaren Ja antworten. Und dies, obwohl vieles selbst erprobt und erarbeitet werden musste, als das Büro mit BIM vor einigen Jahren in die Entwicklungsphase eingetreten ist. Heute können Unternehmen viel Zeit und Eigeninitiative sparen und ein fertiges Produkt kaufen.

Marienhospital in Stuttgart © Boll und Partner

Das Marienhospital in Stuttgart – ein großes Projekt, geplant und aufgestockt mit BIM Das Hauptgebäude des Stuttgarter Marienhospitals wurde 1978 gebaut und 2015 umfassend erweitert, um den heutigen Anforderungen gerecht zu werden. Da alle Arbeiten – eine besondere Anforderung, bedingt durch die Planungstiefe der vielen einzelnen Gewerke – während des laufenden Klinikbetriebes uneingeschränkt ausgeführt werden mussten, waren hier ganz besondere Vorgaben erforderlich. Anbindung des Bestands © Boll und Partner

Planung und Kollisionsprüfung © Boll und Partner

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Fertigstellung der Aufstockung © Boll und Partner

Boll und Partner, als Planungsbüro in Stuttgart bereits führend in der Tragwerksplanung mit BIM, wurde mit dem komplexen Bestandsumbau beauftragt. Boll und Partner setzt auch die Software Tekla Structures ein. Diese punktet vor allen Dingen im Stahl- und Stahlverbundbau mit einer guten Anbindungsmöglichkeit an die Statiksoftware RSTAB. Denn das Großklinikum Marienhospital besteht aus dem Kerngebäude mit neun Stockwerken und einem Hubschrauberlandeplatz sowie einem äußeren Gebäudeteil mit drei Stockwerken. Für den Um- und Ausbau der Intensivstationen und den umfassenden Ausbau der Gebäudetechnik musste dieser Bau um zwei Stockwerke erhöht werden. Dabei musste die Nähe zu den Bestandsgebäuden ebenso berücksichtigt werden wie die Enge und kurze Transportwege. Die Aufstockung musste zudem eine Gewichtsminimierung garantieren, um die Lastreserven des Bestandsgebäudes nicht zu überschreiten. Denn Verstärkungsmaßnahmen waren im laufenden Klinikbetrieb nicht möglich. Für Hinrich Münzner war daher Grundvoraussetzung, dass im Bereich der Intensivstation die Kollisionsprüfungen in jedem Planungsschritt durchgeführt werden. Nur so konnte die geforderte Sicherheit gewährleistet werden.

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Eingeschlossen war der komplette Umbau der Intensivstation, die ebenso erweitert werden musste wie die Techniketage. Die Erweiterungsbauten wurden zweigeschossig auf den bestehenden Dachflächen errichtet, ohne Beeinträchtigung der darunterliegenden Ebene der Ambulanzen. Möglich wurde dies durch den Einsatz von Stahl als Baustoff. Für den Anbau und die

Aufstockung wurde eine Stahlbaukonstruktion mit begrünten Flachdächern gewählt. Die zweigeschossigen Anbauten mit Intensivstation und OP-Räumen erhielten eine waagrecht angeordnete Blechfassade, die im Brüstungsbereich auf Stahlbetonfertigteilen, im oberen Bereich auf Stahlblechkassetten ruhen.

Verbundbau am Marienhospital © Boll und Partner

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Fachausstellung und Fachtagung für Planung, Bau und Betrieb von Einrichtungen des ruhenden Verkehrs Karlsruhe, 21. – 22.06.2017 Für die Decke und das Dach wurden Holoribdecken zum Einsatz gebracht. Zusätzlich wurde für das Dach eine Gefälledämmung eingeplant. Von dem Ingenieurbüro Boll und Partner wurde Tekla Structures für die Abstimmung der Stahlkonstruktion mit den Fachplanern genutzt, der Datenaustausch erfolgte über IFC-Projektdaten auf einem gemeinsamen Server. Die daraus erstellten Leitdetails wurden als 3-D-Isometrie hinterlegt, um die Montagesituation für die Ausführungsplanung aufzuzeigen. In der Projektarbeit der Fachplaner spielte BIM eine ebenso große Rolle. In den Baubesprechungen verwendete das Team »Marienhospital« ein kostenfreies BIMWerkzeug zur Projektkommunikation und zum Lösen von Kollisionen. Dank der eingesetzten Programme und Tools konnte das Team »Marienhospital« den komplexen Umbau des Krankenhauses mit Aufstockung unter vollem Klinikbetrieb termingerecht ausführen und übergeben. Der Bauherr wird dank der umfangreichen und bestens gefertigten Dokumentation und BIM-Resultate in die Lage versetzt, den Neubau einwandfrei dokumentiert, überwachen und leiten zu können.

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Dipl.-Ing. Hinrich Münzner, MBA Boll und Partner, Stuttgart Bauherr Genossenschaft der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Vinzenz von Paul e.V., Stuttgart Architekten KLE Architekten, Kirchheim unter Teck Tragwerksplanung Boll und Partner, Stuttgart

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@ PARKEN2017 # PARKEN17

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BIM wird nicht kommen, BIM ist schon da! Interview mit Burkhard Dietsch, Leonhardt, Andrä und Partner

Für die Verlagsgruppe Wiederspahn stellten Elisabeth Wiederspahn und Thomas Greiner die Fragen.

Frage Wie sehen Sie die generelle Entwicklung von BIM und bei Leonhardt, Andrä und Partner im Speziellen?

Dietsch Seit 2008 wurden bei Leonhardt, Andrä und Partner im Bereich der Tragwerksplanung Revit Structure angewendet, Gebäude digitalisiert und Datenbanken angelegt. Big BIM wird bei Leonhardt, Andrä und Partner seit zwei Jahren umgesetzt. Allerdings ist es noch schwierig, Planungspartner aus anderen Fachdisziplinen zu finden, die interdisziplinär mit BIM planen. Deshalb ist sogar bei Großprojekten oft auch nur die Little BIM-Variante umsetzbar, weil trotz anderer Wünsche von Bauherren die anderen Planungsbeteiligten nicht mitziehen, nicht mitziehen können. Es wird derzeit viel über BIM geredet, doch wird es leider immer noch von einem begrenzten Personen-, Planer- und Bürokreis angewendet. BIM wird nicht kommen, BIM ist schon da. Wer noch nicht auf diesem Zug sitzt, sollte so schnell wie möglich aufspringen.

Dipl.-Ing. Burkhard Dietsch © Leonhardt, Andrä und Partner AG

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Frage

Frage

Mitarbeiter und Qualifizierung: Wie regelt Leonhardt, Andrä und Partner diese Fragen?

BIM steht bei den Hochschulen noch nicht auf der obersten Prioritätenliste – stört Sie das?

Dietsch

Dietsch

Die eigenen Mitarbeiter müssen motiviert und entsprechend geführt werden. Das ist eine, auch finanzielle, Investition, denn Schulungen müssen besucht und externe Fachleute zu Vorträgen eingeladen werden. Auch in Software muss investiert werden, unter Umständen auch in Hardware oder eine leistungsfähigere Netzwerkverkabelung zwischen dem Server und den Workstations der Mitarbeiter. Die Hersteller und Vertriebsfirmen der BIM-Software-Programme bieten Mitarbeiter-Schulungen an, beim Einsatz in der Praxis dann auch den nötigen Support. Leonhardt, Andrä und Partner arbeitet mit diesen Software- und Support-Unternehmen zusammen und bildet zum Teil auch Arbeitsgemeinschaften mit anderen Planungsbüros. Denn die Kompetenz der eigenen Mitarbeiter muss im Haus zwar aufgebaut, aber auch unbedingt mit anderen geteilt werden. Wachstum und Wissenszuwachs können nur im Dialog und Erfahrungsaustausch mit Partnern erfolgreich sein. Dabei stellt sich mir auch die Frage, ob BIM ein Generationenproblem ist. Die Problemstellung liegt darin, dass ein BIMModellierer aufgrund seines Alters unter Umständen keine weitreichende Erfahrung im Planen hat, die erfahrenen Planer es hingegen gewohnt sind in 2-D zu arbeiten. Sie geben die Planungsinformationen an den »BIM-Modellierer« weiter oder entwickeln in Teilbereichen die Konstruktion gemeinsam »am Bildschirm«. Wir stellen in der interdisziplinären Zusammenarbeit mit anderen Büros fest, dass hier ähnliche Probleme bestehen. Hier sind wir oftmals als Moderator zwischen BIMModellierer und dem planenden Architekten gefragt. Hier kommt der BIM-Manager ins Spiel: Er koordiniert, strukturiert und kontrolliert, er setzt praktisch Anforderungen aus dem Qualitätsmanagement um.

Computergläubigkeit ersetzt nicht die Planungsfähigkeit, BIM ersetzt nicht das Fachwissen und die fachliche Erfahrung. BIM ist ein Planungsinstrument, das Hochschulabsolventen als zukünftiges Arbeitsinstrument lernen müssen. Aber sie müssen zunächst die »Planung« erlernen und verstehen lernen: BIM in der Hochschule ist wichtig, ersetzt aber eine fachlich fundierte Ausbildung nicht.

Frage Welche Projekte stehen in Ihrem Haus momentan und in Zukunft auf der Agenda?

Dietsch Mit Nickel und Partner arbeiten wir beim Kantonspital Baden in der Schweiz zusammen, im Rahmen der Vorplanung und der damit erforderlichen Variantenuntersuchung noch auf Basis von Little BIM, der Insellösung, die nur von einem Büro geplant wird. Im Gegensatz zu Big BIM, bei dem der Datenaustausch von Modellen zwischen verschiedenen Planungsbüros erfolgt. Da aber der Bauherr die große BIM-Lösung favorisiert, ist das Planungsteam im Moment dabei, die Anforderungen entsprechend umzusetzen. Ein vom Bauherrn vorgeschriebenes BigBIM-Projekt wird in Kaiserslautern realisiert: das Military Community Medical Center in Zusammenarbeit mit dem Generalplaner HDR GmbH aus Düsseldorf und dessen Mutterkonzern HDR Inc. aus den USA. Die Planung des Neubaus der Klinik am Eichert in Göppingen wird in der Ingenieurgemeinschaft »Leonhardt, Andrä und Partner mit Boll und Partner« ebenfalls in Big BIM erarbeitet.

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»Wer noch nicht auf diesem Zug sitzt, sollte so schnell wie möglich aufspringen.« Burkhard Dietsch

KSB Kantonspital Baden, Schweiz © Leonhardt, Andrä und Partner AG

Weitere Projekte sind zum Beispiel der Neubau der Universitätsbibliothek in Marburg an der Lahn, der Neubau des Jüdischen Museums Frankfurt, die neue Feuerwache III des Frankfurter Flughafens, die neue Württembergische Landesbibliothek in Stuttgart, die Archäologische Zone mit dem Jüdischen Museum in Köln. Aktuell wagen wir den Schritt, die Bewehrungsplanung mit in unser BIM-System zu integrieren. Sicherlich hier gibt es hier und da noch Probleme: Die Software-Tools sind noch nicht 100%ig ausgereift. Etwaige Schwachstellen tauchen wie immer erst in der Praxisanwendung auf, werden von uns bemängelt und mit dem nächsten Update der Software vom Hersteller beseitigt. Es zeigt sich, dass BIM-Software nie 100 % fertig entwickelt sein wird, sie entwickelt sich bzw. wird ständig weiterentwickelt. Daher ist es wichtig, dass wir als Anwender im Dialog mit den Softwareherstellern unsere Erfahrungen und Wünsche austauschen.

Frage Was erwarten Sie von BIM in nächster Zukunft?

Dietsch BIM ist ein exzellentes Werkzeug, um Transparenz und Disziplin in dem Planungsablauf sicherzustellen. Bei komplexen Projekten werden Probleme aus der Geometrie in dem digital gebauten Bauwerk, dem 3-D-Modell, ersichtlich, das bedeutet eine Qualitätssicherung durch die visuelle Planung. Alle Planer werden innerhalb des Planungsprozesses schon in einer frühen Planungsphase gezwungen, sich verbindlich und genau festzulegen.

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Modell des KSB © Leonhardt, Andrä und Partner AG

Sicherlich wird dadurch Planungsaufwand in die frühen Planungsphasen umverlagert, dies zahlt sich aber in den folgenden Planungsphasen wieder aus. Aus der Datenbank können Massen und damit Kosten schon zu einem frühen Zeitpunkt herausgelesen werden. Nach unseren Erfahrungen führt dies zu einer Massensicherheit. Große Abweichungen zwischen den nach der Entwurfsplanung ermittelten Massen und den dann auf der Baustelle umgesetzten Massen werden vermieden. Massen sind zwar maßgeblich mitentscheidend bei den Kosten, aber viel entscheidender können bauablaufbedingte Verzögerungen werden. Mir ist noch unklar, wie die Bauabfolge, die Bauablaufplanung, terminlich und kostenmäßig in den Datenbanken von BIM erfasst werden kann – Stichwort hierzu ist die 4-D- und 5-D-Planung. Da fehlt uns noch die Erfahrung, vielleicht ist dies einer der nächsten Schritte, die wir gehen müssen. In der Schweiz hat der Tragwerksplaner nicht die Rolle des Fachplaners, sondern ist als Bauingenieur der für den Rohbau in jeder Hinsicht verantwortliche Planer. Auch in Deutschland werden meiner Einschätzung nach die Verantwortlichkeiten zwischen Architekt und Tragwerksplaner durch BIM verschoben. Bisher setzen nur wenige Bauherren auf Big BIM als interdisziplinäre Planung. Doch

inzwischen schwenken auch Hochbauämter, zum Beispiel in Baden-Württemberg, um auf BIM und bilden so eine Vorreiterrolle für andere Behörden. Wir unterstützen diese Ämter bei ihrer Arbeit mit BIM bereits in der Vorplanung und Grundlagenermittlung. Ausschreibungen der öffentlichen Hand verlangen mittlerweile auch Referenzen mit Big-BIMLösungen. BIM visualisiert und dokumentiert und unterstützt die planerische Argumentation gegenüber dem Bauherrn. Geschuldet wird diesem eine kollisionsfreie Planung, Kollisionsprüfungen dienen deshalb der Kontrolle der eigenen Planung, können aber eine kollisionsfreie Planung nicht ersetzen. BIM in der Cloud – das heißt, dass zum Beispiel alle Gewerke an dem gemeinsamen Modell arbeiten – ist nach unseren Erfahrungen noch Zukunftsmusik. Trotzdem gilt: BIM wird nicht kommen, BIM ist da! Und wer das nicht versteht, hat verloren. Sehr geehrter Herr Dietsch, wir bedanken uns bei Ihnen für das informative und umfassende Gespräch und dass Sie sich die Zeit dafür genommen haben. Elisabeth Wiederspahn Thomas Greiner Verlagsgruppe Wiederspahn, Wiesbaden

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Kantonsspital Baden: Eingangsbereich des künftigen Ersatzneubaus © Nickl & Partner Architekten AG

BIM-basiertes Planen im Krankenhausbau

Als eines der führenden Büros im Bereich der Planung und Realisierung von Krankenhäusern und Life-Science-Gebäuden verfolgt die Nickl & Partner Schweiz AG mit Sitz in Zürich die sich ausbreitende Bauwerksdatenmodellierung (BIM) aufmerksam. Bisher beschränkten sich die im eigenen Büro geläufigen BIM-Anwendungen auf die Statik, die Materialität, die Kostenberechnung und auf die Ermittlung von Massen in späteren Projektphasen. Mit dem Gewinn des Wettbewerbs für einen Ersatzneubau des Kantonspitals Baden erweitert das Planungsteam erstmalig den bisherigen Einsatzbereich von BIM. Mit Revit wird ein Zeichenprogramm verwendet, das die Integration von BIM-Daten bereits im Vorprojekt ermöglicht. Im folgenden Textabschnitt werden die Erfahrungen, die mit diesem Pilotprojekt gerade in frühen Planungsphasen gemacht wurden, dargelegt.

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Grundsätzlich erfordert die frühzeitige Anwendung von BIM eine konsequente Umstrukturierung der Arbeitsabläufe innerhalb des Planungsteams und des Büros. Gerade eine Implementierung von BIM im Anfangsstadium eines Projektes erfordert einen gewissen zeitlichen Mehraufwand, der jedoch durch eine hohe Adaptivität bei eventuell anfallenden Änderungen kompensiert werden kann. Die Spezifizierung einzelner Bauteile schon im frühen Planungsprozess zahlt sich zudem gerade im Bereich der automatisierten Massenermittlung oder Flächenberechnung aus. Als Resultat zeichnet sich eine Steigerung der Effizienz von Prozessen sowie der Erhöhung der Genauigkeit von Kostenschätzungen ab. Zudem können Fragen in Zusammenhang mit einer späteren Ausführungsplanung bereits zu einem frühen Zeitpunkt beantwortet und Problemstellungen erkannt werden.

Autor

Ein Erfahrungsbericht von Nickl & Partner Schweiz

Magnus Nickl – MSc Arch ETH/SIA – Mitglied des Verwaltungsrats

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Ein weiteres, wichtiges Thema im Planungsablauf eines Büros, das oftmals als Generalplaner auftritt und somit eine Koordinationsaufgabe über ein Team mit häufig mehr als zehn verschiedenen Firmen übernimmt, ist die Kooperation mit Fachplanern. Eine Cloud-basierte Zusammenarbeit in Echtzeit ersetzt hier die oft zeitaufwendige und wenig ertragreiche, nachträgliche Abgleichung von Planmaterial. Im Bereich der Haustechnik und der Tragwerksplanung konnten mit dieser Herangehensweise bereits gute Erfahrungen gemacht werden, die auf weitere Fachbereiche erweitert werden sollen. Wichtig hierfür ist die Implementierung einer zentralen Datenbank, die mit sämtlichen, für das Projekt relevanten Daten versorgt und jedem Projektbeteiligten zugänglich gemacht werden muss. Dies erfordert eine gewisse Disziplin innerhalb des Planungsteams. Einblick in den Innenhof © Nickl & Partner Architekten AG

Abschließend lässt sich feststellen, dass BIM als Arbeitsmethodik, gerade auch in frühen Phasen der Planung, klare Vorteile nicht nur für Planer, sondern auch für Bauherren mit sich bringt. Die Nickl & Partner Schweiz AG wird in Zukunft die BIM-basierte Planung weiter forcieren und die damit einhergehenden Prozesse weiter optimieren. Magnus Nickl Aufsichtsrat Nickl & Partner Architekten Schweiz AG, Zürich Zimmer mit Ausblick © Nickl & Partner Architekten AG

Bei allen positiven Erfahrungen besteht dennoch eine gewisse Skepsis innerhalb des Planungsteams, die auf eine Notwendigkeit von Spezialwissen beruht. Bestimmte Fragestellungen, die bei vorherigen Softwareanwendungen innerhalb des Teams beantwortet werden konnten, erfordern nun die fachliche Kompetenz des BIM-Koordinators. Eine intensive Fortbil-

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dung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie die Entwicklung von Tools in gewissen Anwendungsbereichen der Software sind von zentraler Bedeutung. Um diese Weiterentwicklung zu ermöglichen und zu fördern, wurde ein gemeinsam von allen Niederlassungen der Nickl-Gruppe getragenes BIM-Kompetenzzentrum in München zusammengestellt.

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Neues Bauvertragsrecht und BIM

Baurecht

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Die neue »Zielfindungsphase« im Architekten- und Ingenieurvertrag

Neu ab dem 01.01.2018: Sonderkündigungsrecht des Bauherrn nach Zielfindungsphase

Autor

Das ab dem 01.01.2018 geltende Bauvertragsrecht hält für Architekten und Ingenieure einige Zumutungen bereit – dazu gehört, dass der Auftraggeber nach Abschluss einer frühen Zielfindungsphase die gesetzliche Möglichkeit erhält, den Planungsauftrag zu kündigen und nur die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen zu bezahlen. Diese Sonderkündigung muss nicht begründet werden. Die gesetzliche Regelung zur Zielfindungsphase wird ab dem 01.01.2018 lauten (§ 650o Abs. 2 BGB): »§ 650o Vertragstypische Pflichten aus Architekten- und Ingenieurverträgen (1) Durch einen Architekten- oder Ingenieurvertrag wird der Unternehmer verpflichtet, die Leistungen zu erbringen, die nach dem jeweiligen Stand der Planung und Ausführung des Bauwerks oder der Außenanlage erforderlich sind, um die zwischen den Parteien vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele zu erreichen.

Prof. Dr. Gerald Süchting – Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht – Master of European and International Business Law, Hochschule St. Gallen – Professor für Baurecht und Bauplanungs recht an der FH Potsdam

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(2) Soweit wesentliche Planungs- und Überwachungsziele noch nicht vereinbart sind, hat der Unternehmer zunächst eine Planungsgrundlage zur Ermittlung dieser Ziele zu erstellen. Er legt dem Besteller die Planungsgrundlage zusammen mit einer Kosteneinschätzung für das Vorhaben zur Zustimmung vor.« Diese Planungsgrundlage, mit welcher die wesentlichen Planungs- und Überwachungsziele für den Architekten/Ingenieur zu erarbeiten sind, wird in Grundleistungen der Grundlagenermittlung und Vorplanung (Leistungsphase 1 und 2 der Anlage 10 zur HOAI 2013), z. B. in der Entwicklung verschiedener Planungsvarianten, Vorlage einer Kostenschätzung und eines vorläufigen Terminplans bestehen. Liegt diese Planungsgrundlage vor, dann gilt ein freies Kündigungsrecht des Auftraggebers (§ 650q Abs. 1, 2 BGB): »§ 650q Sonderkündigungsrecht (1) Nach Vorlage von Unterlagen gemäß § 650o Absatz 2 kann der Besteller den Vertrag kündigen. Das Kündigungsrecht erlischt zwei Wochen nach Vorlage der Unterlagen, bei einem Verbraucher jedoch nur dann, wenn der Unternehmer ihn bei der Vorlage der Unterlagen in Textform über das Kündigungsrecht, die Frist, in der es ausgeübt werden kann, und die Rechtsfolgen der Kündigung unterrichtet hat. (2) Der Unternehmer kann dem Besteller eine angemessene Frist für die Zustimmung nach § 650o Absatz 2 Satz 2 setzen. Er kann den Vertrag kündigen, wenn der Besteller die Zustimmung verweigert oder innerhalb der Frist nach Satz 1 keine Erklärung zu den Unterlagen abgibt. (3) Wird der Vertrag nach Absatz 1 oder 2 gekündigt, ist der Unternehmer nur berechtigt, die Vergütung zu verlangen, die auf die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen entfällt.« Konsequenz: Nach einer mühevollen, womöglich langjährigen Akquisitionsphase oder einem mit hohen Kosten durchgestandenen und erfolgreich abgeschlossenen Architektenwettbewerb kann der Auftraggeber nach Vorlage der Planungsgrundlage den Architekten-/Ingenieurvertrag

kündigen, ohne negative Sanktionen befürchten zu müssen. Zwar existiert auch heute das gesetzliche Recht des Auftraggebers, jederzeit und ohne Begründung den Architekten-/Ingenieurvertrag mit sofortiger Wirkung zu kündigen. Dann jedoch muss der Auftraggeber nach der heute geltenden Rechtslage dem Architekten/ Ingenieur die vollständige Vergütung bezahlen und sich lediglich Abzüge für wegen der Kündigung ersparte Aufwendungen oder mutwillig vermiedenen Erwerb gefallen lassen (umgangssprachlich sog. »entgangener Gewinn«, § 649 BGB). Diese Rechtsfolge fällt für den Auftraggeber speziell in den frühen Leistungsphasen wirtschaftlich erheblich ins Gewicht. Deswegen kommt nach der heute geltenden Rechtslage die freie Auftraggeberkündigung in nur sehr seltenen Fällen in Betracht. Dies wird ab dem 01.01.2018 anders. Entscheidet sich der Auftraggeber in einem nach dem 01.01.2018 abgeschlossenen Architekten-/Ingenieurvertrag nach Vorlage der Planungsgrundlage frei und ohne Begründung gegen die Durchführung des Planungsvorhabens, dann schuldet er lediglich die Vergütung für die erbrachten Leistungen. Für den Architekten/Ingenieur sind in diesem Fall die Investitionen in Akquisition, Wettbewerb oder Vergabeverfahren weitgehend verloren. Es ist davon auszugehen, dass diese gesetzliche Regelung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen ab dem 01.01.2018 nicht oder nur sehr erschwert abgeschwächt werden kann. Konkretisierende Rechtsprechung liegt naturgemäß noch nicht vor. Die Architekten und Ingenieure werden mit dieser gesetzlichen Regelung leben müssen.

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Aus dieser gesetzlichen Regelung ab dem 01.01.2018 entstehen für den Auftraggeber/Bauherrn und für den Architekten/ Ingenieur gleichermaßen Chancen und Risiken. Die Risiken werden nur mit einer ausgewogenen Vertragspraxis wechselseitig eingedämmt werden können, solange der Gesetzgeber die preisrechtlichen Konsequenzen aus dem neuen Bauvertragsrecht für Architekten/Ingenieure nicht gezogen hat. Dem geltenden Preisrecht der Architekten und Ingenieure, der Honorarordnung HOAI, sind die Begriffe »wesentliche Planungsund Überwachungsziele« sowie »Planungsgrundlagen« fremd. Entsprechend fehlen in der Rechtsprechung und juristischen Literatur hinreichende Anhaltspunkte, was damit gemeint sein könnte. Auch die Materialien zum Gesetzgebungsverfahren geben dazu nichts her. Es wird also vom Gesetzgeber der Vertragspraxis überlassen, diese Begriffe auszufüllen und zwischen den Beteiligten klarzustellen, welche Planungsziele als wesentlich empfunden werden und was in der Zielfindungsphase als zu erarbeitende Planungsgrundlage zu gelten hat. Diese neue Anforderung an Auftraggeber und Auftragnehmer, die Zielfindungsphase eigenständig zu regeln, wird besonders dringlich durch die Vorverlagerung von Grundleistungen und sonstigen Planungsleistungen aus späteren Leistungsphasen in die frühen Leistungsphasen, welche insbesondere der Einsatz der Planungsmethode BIM mit sich bringt. Bereits gegenüber der historischen Planungsmethode am Zeichentisch haben sich die Anforderungen in den frühen Leistungsphasen an die Architekten/Ingenieure durch die Einführung des CAD erhöht. Dieser Trend wurde vor einigen Jahrzehnten ausführlich diskutiert und honorarrechtlich nur teilweise nachvollzogen. Viele Detaillierungen, welche früher der Entwurfsplanung oder der Ausführungsplanung vorbehalten waren, werden mit Hilfe standardisierter Softwareprodukte bereits in der 2-dimensionalen computergestützten

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Der Konflikt ist mit der Einführung einer gesetzlich vorgesehenen Zielfindungsphase ab dem 01.01.2018 vorhersehbar, kann jedoch vorbeugend durch vertragliche Regelungen entschärft werden. Der vom Gesetzgeber eröffnete Spielraum für vertragliche Regelungen sollte zur Klärung, was unter einer Zielfindungsphase, was unter Planungszielen und unter Planungsgrundlagen verstanden wird, genutzt werden. Dass dabei die AGB-rechtlichen Regeln zu beachten und unangemessene Benachteiligungen der Vertragsparteien zu vermeiden sind, ist selbstverständlich.

[Baurecht

Bewertung der Zielfindungsphase und der Planungsgrundlage unklar, insbesondere wenn BIM zum Einsatz kommen soll

Planung in der Vorplanung berücksichtigt (sogenanntes »frontloading«). Dieser Trend wird sich voraussichtlich mit dem Einsatz der BIM-Planungstechnologie nochmals verstärken. Bereits in den frühen Leistungsphasen sind bei der Erarbeitung der Grundstrukturen des digitalen Modells, der Definition der Planungsanforderungen und der Einbindung der Planungsbeteiligten erhebliche Vorleistungen zu erbringen, mit denen die Ergebnisse der Planungsbemühung insgesamt zu antizipieren sind. Während die HOAI (2013) die Leistungsphase 1 (Grundlagenermittlung) und die Leistungsphase 2 (Vorplanung) mit 9 % des vollen Honorars bewertet, gehen die technische und die rechtliche Literatur davon aus, dass in den ersten beiden Leistungsphasen unter Einsatz der BIM-Technologie bis zu 30 % der gesamten Planungsleistung erbracht werden. Mit dem Einsatz der Planungsmethode BIM wird das Stufenmodell einander nach und nach ablösender Leistungsphasen der HOAI aufgelöst und verflüssigt. Es erfordert bereits in den frühen Leistungsphasen eine höhere Planungstiefe, welche über den gesetzgeberisch fixierten Planungsstatus der Vor- und Entwurfsplanung hinausgeht. Es ist ein Gemeinspruch, dass die normative Vergütungsstruktur der HOAI der Planungstechnologie BIM nicht angemessen ist und deren Planungsrhythmus nicht entspricht. Die frühen Leistungsphasen sind bei Einsatz dieser Planungsmethode zu niedrig bewertet. Ohne vertragliche Regelungen zur Zielfindungsphase laufen die an der Planung Beteiligten das Risiko, nach deren Abschluss und nach Sonderkündigung durch den Auftraggeber oder durch den Architekten/ Ingenieur – erbrachte Leistungen vergüten zu müssen, obwohl diese über die Erarbeitung von wesentlichen Planungszielen hinausgehen und nicht (mehr) gebraucht werden, aber angeblich gewünscht, entgegengenommen und für die Entscheidungsfindung verarbeitet sind (Risiko des Auftraggebers); – oder erbrachte Leistungen nicht vergütet zu erhalten, weil diese über die Erarbeitung von wesentlichen Planungszielen hinausgehen und angeblich nicht gewünscht sind (typisches Risiko des Auftragnehmers: sogenanntes »Vorpreschen«).

Grundstruktur einer vertraglichen Regelung zu den erforderlichen Leistungen einer Zielfindungsphase unter Einbeziehung der Planungsmethode BIM Die Vertragsmuster aus den aktuellen Vergabehandbüchern des Bundes und der Länder sind in ihren aktuellen Fassungen nur eingeschränkt tauglich, auf die Anforderungen des neuen Bauvertragsrechts für Architekten/Ingenieure zu reagieren. Auf die Neuerungen einer Zielfindungsphase und eines Sonderkündigungsrechts des Auftraggebers sind die gängigen Vertragsformulare nicht eingerichtet (pars pro toto: Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes RBBau Vertragsmuster Freiberufliche Leistungen [Gebäudeplanung] VM 2/1; Stand: 18.04.2016), können aber durch darauf gerichtete ergänzende Vereinbarungen an geeigneter Vertragsstelle angepasst werden (z. B. § 14.3 Vertragsmuster Gebäudeplanung RBBau VM 2/1). Die gängigen Vertragsmuster sehen Blankettstellen für die Eintragung zusätzlicher Vereinbarungen vor. An dieser Leerstelle könnte der folgende Formulierungsvorschlag für ergänzende Vereinbarungen zur Zielfindungsphase (Planungsmethode BIM als besondere Leistung einbeziehend) ab dem 01.01.2018 berücksichtigt werden: »Für die Erarbeitung der Planungsgrundlagen und der wesentlichen Planungs- und Überwachungsziele (§ 650o Abs. 2 BGB) werden folgende (Teil-)Leistungen des AN in den Leistungsphase 1 (Grundlagenermittlung) und Leistungsphase 2 (Vorplanung) vereinbart (nicht Zutreffendes bitte streichen):

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I: Teilleistung

Bewertung (Honorar)

a) Klären der Aufgabenstellung auf Grundlage der Vorgaben oder der Bedarfsplanung des Auftraggebers b) Ortsbesichtigung

Baurecht

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c) Beraten zum gesamten Leistungs- und Untersuchungsbedarf d) Formulieren der Entscheidungshilfen für die Auswahl anderer an der Planung fachlich Beteiligter e) Zusammenfassen der Ergebnisse, Erläutern und Dokumentieren der Ergebnisse II: Teilleistung

Bewertung (Honorar)

a) Analysieren der Grundlagen des Vertrages, Abstimmen der Leistungen mit den fachlich an der Planung Beteiligten b) Abstimmen der Zielvorstellungen, Hinweise auf Zielkonflikte c) Erarbeiten der Vorplanung, Untersuchen, Darstellen und Bewerten von Varianten nach gleichen Anforderungen, Zeichnungen im Maßstab nach Art und Größe des Objekts d) Klären und Erläutern der wesentlichen Zusammenhänge, Vorgaben und Bedingungen (zum Beispiel städtebauliche, gestalteri sche, funktionale, technische, wirtschaftliche, ökologische, bauphysikalische, energiewirtschaftliche, soziale, öffentlich rechtliche) e) Bereitstellen der Arbeitsergebnisse als Grundlage für die anderen an der Planung fachlich Beteiligten sowie Koordination und Integration von deren Leistungen f) Mitwirkung bei den Vorverhandlungen über die Genehmigungsfähigkeit und Führen von Abstimmungen mit den an der Planung fachlich Beteiligten über die Genehmigungsfähigkeit g) Kostenschätzung nach DIN 276, mindestens gegliedert in die erste Ebene der Kostengliederung, Vergleich mit den finanziellen Rahmenbedingungen h) Erstellen eines Terminplans mit den wesentlichen Vorgängen des Planungs- und Bauablaufs i) Zusammenfassen, Erläutern, Dokumentieren und Übergeben der Ergebnisse III. Besondere Leistung BIM1 Teilleistungen

Bewertung (Honorar)

Analyse der BIM-relevanten Projektumstände (Bestandsaufnahme vorhandener Strukturen, vorgeschriebene Hard- und Software, Prozesse der Datenerstellung und -bereitstellung, Aufgaben der im BIM-Planungsprozess beteiligten Planer und Unternehmer sowie Stakeholder und deren Kompetenzen); Ableitung erster Empfehlungen für die projektspezifischen BIM-Einsatzfelder Entwicklung einer BIM-Strategie und eines BIM-Implementierungsplans in folgenden Einzelschritten: 1. Definition der Ziele und Priorisierung der BIM-Anwendungsfälle (Welche Einsatzszenarios von BIM im Projekt: BIM-Fachmodelle für Objekt-, Tragwerks- und Technikplanung, 3-D-Planungskoordination und Kollisionskontrolle, abzuleitende 2-D-Pläne sowie Erweiterung des 3-D-Modells betreffend 4-D-Bauablauf und 5-D-Kostenplanung sowie weiterer Fachplanungsaufgaben) 2. Entwicklung der BIM-Prozesse zu den BIM-Anwendungsfällen (Zuordnung zu verantwortlichen Rollen, Berücksichtigung vorlaufender und nachfolgender Prozesse, benötigte Informationen, Qualitätskriterien, Prüfmethoden, daraus abgeleitete Berichte und Indikatoren für Prozess-Performance-Messungen) 3. Entwicklung eines Rollenmodells der Beteiligten (Verantwortlichkeiten, Planungsintervalle, Hol- und Bringschulden) 4. Definition der Meilensteine (Level of Detail) und Festlegung von Automatisierungsmechanismen (z. B. für das Reporting) Festlegung technischer Details (Richtlinien) unter Berücksichtigung der vorgefundenen Systemlandschaft (BIM-Schnittstellen, BIM-Viewer, Projektraumanforderungen, BIM-Maßnahmeplan (Umsetzbarkeit im Hinblick auf Kosten-Nutzen, Maßnahmen zur Sicherstellung der Datenqualität)) Erstellen des BIM-Abwicklungsplans bzw. BIM-Projektpflichtenhefts auf Basis des BIM-Implementierungsplans Anpassen vorhandener Planungs- und CAFM-Pflichtenhefte sowie CAD-Dokumentationsunterlagen Mitwirken bei der Beschaffung der Software- und Hardware-Infrastruktur und der Beauftragung technischer Administrationsleistungen Mitwirken bei der Erstellung der BIM-spezifischen Vertragsbedingungen für die Vorgabe einheitlicher Anforderungen an alle Planungsbeteiligten (und ggf. bereits Ausführungsbeteiligten, inkl.: »Rechte-Matrix« und Auftraggeber-Informationsanforderungen) Einführung einer Testphase zur Erprobung von Software, BIM-Prozessen und Ergebnissen Mitwirken bei bzw. Durchführung von Schulungs- und Trainingsmaßnahmen Vorschlag zur Eintragung zusätzlicher Leistungen 1 Die Leistungsbeschreibung BIM ist wörtlich entnommen aus Eschenbruch/Leupertz, BIM und Recht, 1. Aufl. 2016, S. 335/136; Leistungsphase »Projektvorbereitung« durch den BIM-Manager.

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Internationale Leitmesse für Technische Textilien und Vliesstoffe

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Weitere Leistungen sind für die Erarbeitung der Planungsgrundlage und der wesentlichen Planungs- und Überwachungsziele vom AN nicht geschuldet, zusätzliche Leistungen werden vom AG nicht vergütet. Als angemessene Frist für die Zustimmung des Auftraggebers zur Planungsgrundlage nach § 650q Abs. 2 BGB werden __ Wochen vereinbart. Verweigert der AG die Zustimmung oder läuft die Frist ohne Zustimmung des AG ab, ist der AN zur Kündigung des Vertrags berechtigt. Im Falle der Sonderkündigung des Vertrags durch AN oder AG (§ 650q Abs. 1, 2 BGB) erhöht sich das Honorar für die erbrachten Teilleistungen um __ %.« Die Zielfindungsphase ist konzeptionell der Entscheidungsunterlage-Bau (Vertragsmuster RBBau VM 1/1; früher: Haushaltsunterlage-Bau) ähnlich und kann von den Vertragsparteien frei durch die gewünschten Grundleistungen und besonderen Leistungen inhaltlich ausgefüllt werden. Die hier aufgeführten Leistungsbeschreibungen sind Vorschläge, die frei ausgewählt und die beliebig ergänzt werden können. Soweit Grundleistungen vereinbart werden, gilt das Preisrecht der HOAI. Die Vergütung der besonderen Leistungen kann frei vereinbart werden. Die damit verbundene Konkretisierung der Leistungsinhalte und deren im Voraus festgelegte Vergütung stärken die Vertragssicherheit in der neueingeführten Zielfindungsphase.

techtextil.com

CONNECTING THE FUTURE 9. – 12. 5. 2017, Frankfurt am Main Erleben Sie die Textilindustrie der Zukunft! Welche Innovationen verändern die Branche? Die Techtextil verbindet die faszinierenden textilen Möglichkeiten von heute mit den Visionen von morgen. Entdecken Sie neue Absatz- und Umsatzpotenziale im Membran-, Leicht- und Massivbau, Erd-, Wasser- und Straßenbau.

Prof. Dr. Gerald Süchting Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Master of European and International Business Law Hochschule St. Gallen Professor für Baurecht und Bauplanungsrecht an der Fachhochschule Potsdam Süchting Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB, Berlin und Leipzig

parallel zu:

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Künftiger Gebäudekomplex als Visualisierung © Carpus+Partner AG

Virtuelles Gebäudemodell für Forschungsbau Bau des Center for Digital Photonic Production in Aachen

BIM als Methodik Bei Bauprojekten im Forschungs- und Wissenschaftsbereich gewinnt die Ausrüstung der Gebäude mit modernster Technologie immer weiter an Bedeutung – und sie ist längst von der Peripherie ins Zentrum der Planung gewandert. Eine Konsequenz: Die Herausforderung, Architektur und Technologie in Einklang zu bringen, ist in den vergangenen Jahren beständig gewachsen. Building Information Modeling (BIM) ist die Methodik, die es schafft, die Komplexität hochtechnologischer Forschungs- oder Industriebauten überschaubar und durchdringbar zu machen. BIM muss allerdings konsequent und umfassend angewendet werden, denn es bietet sehr viel mehr als beeindruckende Renderings. Das interdisziplinäre kooperative Arbeiten an einem zentralen digitalen und objektorientierten Gebäudemodell schafft die Möglichkeit, alle Aspekte in einer funktionalen Einheit zu bündeln.

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Die kontinuierliche Aufbereitung und unmittelbare Verfügbarkeit einer gemeinsamen Datenbasis sorgen darüber hinaus für eine Produktivitätssteigerung über den gesamten Gebäudelebenszyklus; prozess-

orientierte Parameter wie Bauablauf und Kostenkontrolle lassen sich ebenso visualisieren wie Gebäudetechnik, Prozessoder Labortechnik und Betriebs- oder Wartungsmanagement.

Masterplan mit Baukörperanordnung © Carpus+Partner AG

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Bauwerk von Bedeutung Das Center for Digital Photonic Production (CDPP) ist das erste Projekt der Aachener Niederlassung des Bau- und Liegenschaftbetriebs Nordrhein-Westfalen (BLB NRW), das vollständig in BIM mit Vollintegration der Architektur, Gebäudetechnik, Laborausrüstung und Tragwerksplanung bearbeitet wurde. Das Gebäude entsteht im Cluster E »Optische Technologien« auf dem Campus Melaten der RWTH Aachen – in fußläufiger Nachbarschaft zum Hauptsitz des Planungs- und Beratungsunternehmens Carpus+Partner AG, das als Generalplaner für Entwurf, Planung und Bauausführung verantwortlich ist und auch das BIM-Management übernommen hat. Die Fertigstellung ist für Ende 2017 geplant. Der wissenschaftliche Anspruch und die nationale Bedeutung des Bauvorhabens werden auch an der Beteiligung des Bundes bei der Finanzierung deutlich. In einem mehrstufigen Begutachtungsverfahren hat unter anderem der deutsche Wissenschaftsrat entschieden, dass das CDPP gemäß Artikel 91b Absatz 1 des Grundgesetzes uneingeschränkt förderungswürdig ist. Bund und Land teilen sich die Errichtungskosten des bis Oktober 2017 zu realisierenden Bauwerks.

Parameter der Planung Hier werden zukünftig auf einer Nutzfläche von ca. 4.700 m² Wissenschaftler aus den Fachbereichen Physik, Maschinenbau, Werkstofftechnik, Elektrotechnik, Medizintechnik und Wirtschaftswissenschaften gemeinsam an der Erforschung von digitalen photonischen Fertigungsketten arbeiten. Das langfristige Ziel ihrer Forschung ist es, die physikalischen Eigenschaften des Lichts als Werkzeug für die industrielle Produktion der Zukunft nutzbar zu machen – etwa für Laserverfahren oder beim 3-D-Druck. So sollen bald komplexe Produkte in kleiner Stückzahl kostengünstiger hergestellt werden können. Der entstehende Gebäudekomplex schafft mit seiner hochmodernen, erstmalig realisierten technologischen Ausstattung die infrastrukturellen Bedingungen, die die Spitzenforscher bei ihrer Suche nach zukunftsweisenden Innovationen benötigen. Er beherbergt neben physikalischen Laboren für den Einsatz von Lasern verschiedenster Bauart und Leistungsklassen ebenfalls Büroräume und Werkhallen sowie die zugehörigen Neben- und Technikräume.

Aus der geplanten Nutzung ergibt sich ein anspruchsvolles hochtechnologisches Anforderungsprofil für den Forschungsbau. Um die Planung am aktuellsten Stand der Technik auszurichten und gleichzeitig zu gewährleisten, dass Bauherr und Nutzer die baulichen und technischen Lösungen erhalten, die tatsächlich Innovationen befördern, ist der konsequente Einsatz von BIM die ideale Methodik. Denn der Erfolg eines solchen Projekts hängt aus Sicht des BLB NRW maßgeblich von den drei Kriterien Kosten, Termine und Qualität ab, die es beständig im Fokus und im Gleichgewicht zu behalten gilt. Vor allem die Einhaltung des zulässigen Projektkostenrahmens, neben den eigentlichen Baukosten etwa Gutachterkosten oder Kosten für Genehmigungsverfahren, muss immer gewährleistet bleiben. Der Grund liegt in der Haushaltsunterlage Bau (HU-Bau), die den verfügbaren Budgetrahmen begrenzt. Sie wurde zum Projektstart und bereits mit Beteiligung von Carpus+Partner erstellt und von den verantwortlichen Stellen, unter anderem Wissenschaftsministerium, Finanzministerium und BLB-Verwaltungsrat, geprüft und genehmigt.

Komplette Planung inklusive aller Sparten in BIM © Carpus+Partner AG

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Querschnitt © Carpus+Partner AG

Querschnitt © Carpus+Partner AG

Längsschnitt © Carpus+Partner AG

Drittes Obergeschoß © Carpus+Partner AG

Erdgeschoß © Carpus+Partner AG

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Integration von Haus- und Labortechnik © Carpus+Partner AG

Besichtigung vor Baubeginn Die Arbeit in nur einem digitalen Gebäudemodell, in dem über alle Leistungsphasen alle Daten an einer Stelle vereint sind, macht es in der Projektsteuerung wesentlich einfacher, den Überblick zu behalten: Zahlreiche Grundrisse mit unterschiedlichen Datenständen gibt es nicht. Werden Pläne oder Schnitte benötigt, werden sie automatisiert aus dem 3-D-Modell generiert und müssen nicht extra von Bauzeichnern konstruiert werden. Zudem gibt es die Möglichkeit, verschiedene Bauabwicklungs-Tools, zum Beispiel für Ausschreibungen, Bauzeitenpläne oder BaustellenManagement, Fertigstellungspläne und Abrechnung, in das digitale Modell zu integrieren.

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Mit BIM hat sich auch die Zusammenarbeit mit den Gebäudenutzern grundlegend geändert, als es darum ging, den Entwurf zu bewerten. So wurde gemeinsam mit den Wissenschaftlern ein virtueller Spaziergang durch das künftige Bauwerk gemacht. Die Spitzenforscher sahen dabei, im Wortsinn, wie die Planer ihre Vorstellungen einer hochmodernen Arbeitsumgebung, die vorher im sogenannten Raumprogramm mit allen Details ausformuliert und als Bausoll festgeschrieben worden waren, umgesetzt hatten. Möglich machte diese interaktive Analyse die sogenannte Cave des Virtual Reality Center Aachen, eines Teils des Rechenund Kommunikationszentrums der RWTH Aachen und Kooperationspartner von Carpus+Partner. Die Virtual-Reality-Installation heißt vollständig Cave Automatic Virtual Environment und ist mit mehr als 25 m² Grundfläche und 3 m Höhe eines der größten Systeme ihrer Art weltweit.

Insgesamt 24 HD-Beamer projizieren hochaufgelöste Bilder auf die Seitenwände und den Boden. Durch die Rundumsicht entsteht für den Besucher, der eine Spezialbrille trägt, ein realistischer Eindruck, sich durch das fertige Gebäude und die Labore zu bewegen. Für die Akzeptanz eines so komplexen Baus sind neben einem durchdachten Gesamtkonzept vor allem die vermeintlichen Details wie die Lage von Versorgungsanschlüssen, die Anordnung von Arbeitsflächen oder von Laufwegen sehr wichtig. Sie bestimmen im späteren Arbeitsalltag maßgeblich die Effektivität einer reibungslos funktionierenden Einrichtung, weshalb sie von den Wissenschaftlern und der Projektleitung schon lange vor Beginn der Bauphase auf die Weise geprüft und optimiert wurden: ein großer Vorteil gegenüber dem bisherigen konventionellen Vorgehen bei der Planung.

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Chancen der Kommunikation Die Liste der Anforderungen von Seiten der Wissenschaft ist lang und anspruchsvoll. So bestand eine Herausforderung bei der Neuerrichtung des Forschungsgebäudes für die Planer zunächst darin, ein umfassendes und zukunftsfähiges Nutzungsprofil zu erarbeiten und in eine effektive Konzeption zu übertragen. In Bezug auf physikalische Labore mit Reinraumqualität, hochkomplexer Gebäudetechnik und Schwingungsfreiheit für die optischen Messgeräte galt es, ein schlüssiges Gesamtkonzept zu finden. Bei der Erarbeitung ganzheitlicher, wirtschaftlicher Lösungen haben sich interdisziplinäre Teams bewährt. Zusammengesetzt aus den Bereichen Architektur, Ingenieurwissenschaft sowie Prozess- und Laborplanung entwickeln sie die bestmöglichen Konzepte, wobei die durchgängige Planung mit BIM neue digitale Chancen der Kommunikation im aktiven Miteinander der klassischen Ingenieurdisziplinen eröffnet. Das heißt, es werden derart das kooperative Denken und Handeln der Planer unternehmensintern und -extern gefördert und zugleich räumliche Distanzen überwunden. Die gemeinsame Arbeit am digitalen Gebäudemodell entwickelt sich so zu einem kooperativen Designprozess.

(Teil-)Modell zur Kollisionsprüfung © Carpus+Partner AG

Bauausführung mit Effizienz Das Bauwerk zeigt im Ergebnis eine Anordnung der verschiedenen Bereiche, die sich vor allem an den Anforderungen der Labore, für die das Gebäude statisch optimiert wurde, orientiert. Sie sind in den unteren drei Etagen des insgesamt viergeschossigen Baus untergebracht. Die Räume mit den höchsten baudynamischen

Belastungen bis zum höchsten Auslegungskriterium VC-E, weit unterhalb der menschlichen Wahrnehmungsschwelle, befinden sich im Erdgeschoß auf einer nicht unterkellerten Bodenplatte. Auch die, bedingt durch die schweren optischen Instrumente, notwendigen Flächenlasten sind auf dieser Bodenplatte wirtschaftlich zu realisieren.

Entwurf des Bürobereichs als Visualisierung © Carpus+Partner AG

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[Umrisse]


Center for Digital Photonic Production im Rohbau © Carpus+Partner AG/Jörg Stanzick

Alle Bereiche wurden von den jeweiligen Fachplanern modulartig bearbeitet, was für eine hohe Effizienz bürgte. Schnittstelle zwischen allen Teilplanungen ist der BIMManager. Er definiert die Vorgaben für das ganzheitliche Datenmodell, prüft die Teilmodelle auf Konsistenz und mögliche Kollisionen und sorgt für die Aktualität des Datenbestands während der gesamten Projektdauer. Um die Vorteile aus der Planungs- in die Ausführungsphase mitnehmen zu können, müssen auch die Montageplanungen der beteiligten Gewerke in 3-D erstellt und durch den BIM-Manager in das Gebäudemodell integriert werden. Das ist die Grundvoraussetzung für eine vollständige Kollisionsprüfung: Kollisionspunkte lassen sich in der Planungsphase zwar nicht vollständig vermeiden, aber dank der Zusammenführung aller Teilplanungen zumindest ganz einfach, schnell und zudem frühzeitig korrigieren.

Vorgesehener Fertigstellungstermin: Ende 2017 © Carpus+Partner AG/Jörg Stanzick

Dazu wurden während der Werk- und Montageplanung Mitarbeiter der ausführenden Firmen in drei Workshops an einen Tisch geholt, gemeinsam die Kollisionspunkte besprochen und Lösungen gefunden. Die solcherart erfolgte Vorabkollisionsprüfung erspart nicht zuletzt Termindruck und langwierige Diskussionen, wer die Verantwortung und damit die Finanzierung der Korrekturen trägt. Und: Reibungslosere Abläufe sorgen für ein besseres Miteinander und eine kollegialere Atmosphäre auf der Baustelle, und das beeinflusst das gemeinsame Arbeiten und die Bauqualität positiv. Thomas Habscheid-Führer Dipl.-Ing. Architekt Prokurist und Head of Corporate Development Carpus+Partner AG, Aachen

[Umrisse]

Bauherr Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes Nordrhein-Westfalen, Niederlassung Aachen Entwurf Dipl.-Ing. Albert Borucki, Carpus+Partner AG, Aachen Tragwerksplanung Dipl.-Ing. Andronikos Adoni, Kempen Krause Ingenieurgesellschaft GbR, Aachen Gebäudetechnik Dipl.-Ing. Klaus Karow, Dipl.-Ing. Reza Koochaki, Carpus+Partner AG, Aachen Laborplanung Dipl.-Ing. Bastian Kosbab, Carpus+Partner AG, Aachen Freianlagen Prof. Dipl.-Ing. Norbert Kloeters, 3+ Freiraumplaner, Aachen Objektüberwachung Carpus+Partner AG, Aachen

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BIM-Methode – nachhaltig und vereinfacht

BIM: Software + Tools

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Die Programme BIM und AVA 2017 von Bechmann

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Zunehmend gehören digitale Planungsund Bauprozesse mit Building Information Modeling (BIM) zum Planeralltag. In der deutschen Baubranche sollen sie die Planung und Abwicklung von Bauprojekten weiter vereinfachen. Die Programme Bechmann BIM 2017 bzw. Bechmann AVA 2017 greifen ineinander und ergänzen sich immer mehr. So können Kostenberechnungen bereits in den Leistungsphasen 2 und 3 auf Basisvon einfachen BIM-Modellen zu einem frühen Zeitpunkt erstellt werden. Die im fortschreitenden Planungsprozess sich weiterentwickelnden BIM-Modelle führen dann zu verfeinerten Kosten- und Leistungsbeschreibungen. Jede dieser Projektphasen kann gespeichert und die vorgenommenen Veränderungen verglichen werden. Bei der Ausgabe der in Bechmann BIM ermittelten Mengen und Leistungen entscheidet der Planer, ob diese für die Weiterbearbeitung in Bechmann AVA übergeben oder für andere AVA-Systeme bereitgestellt werden. Hierbei unterstützt Bechmann BIM die Ausgabe als BIM-LVContainer und verknüpft BIM-Modelle mit Leistungsverzeichnissen. BIM-LV-Container sind das Ergebnis der im November 2016 verabschiedeten DIN SPEC 91350 und stellen einen neuen Standard zum »verlinkten BIM-Datenaustausch von Bauwerksmodellen und Leistungsverzeichnissen« dar. Ein BIM-LV-Container ist eine komprimierte Archivdatei, die Bauwerksmodelle als IFC-Datei und die dazugehörigen Leistungsverzeichnisse als GAEB-Datei miteinander verknüpft. Mit dem BIM-LV-Container können SoftwareProgramme Informationen zukünftig standardisiert zwischen konkreten Bauteilen des BIM-Modells und tatsächlichen Teilleistungen des Leistungsverzeichnisses austauschen.

Visuelle Überprüfung im BIM-Modell © Bechmann GmbH

Zukünftig können die Anwender mit Bechmann BIM 2017 auf die webbasierte Datenbank DBD-BIM zugreifen. Grundlage dieser Datenbank ist die DIN SPEC 91400. Ziel dieser Prä-Norm ist es, ein einheitliches Klassifikations- und Beschreibungssystem für BIM-Objekte, also einen standardisierten Katalog möglicher Bauteileigenschaften, zu erstellen. Der Anwender trifft daraus seine Auswahl und wird automatisch auf die betreffenden DINNormen und VOB-Verordnungen hingewiesen. Mit dem Plug-in DBD-BIM stehen in Bechmann BIM 2017 zur Planung von Baumaßnahmen und Kosten mit kontinuierlicher 3-D-Visualisierung sämtlicher Planungsprozessschritte rund 700 Bauteilklassen und ca. 2.000 Bauteiltypen zur Verfügung. Diese bilden passgenaue Kostenelemente, die dynamisch in Bechmann BIM mit dem BIM-Modell verknüpft werden. Mit DBD-BIM lässt sich die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen den Baubeteiligten im Bereich Ausschreibungen weiter verbessern, es fördert die Vereinfachung der BIM-Methode nachhaltig.

Neben den vielfältigen Weiterentwicklungen für den BIM-Einsatz wurden auch die Auswertungs- und Weiterbearbeitungsmöglichkeiten in Bechmann AVA (ständig weiterentwickelte Software für Ausschreibung, Vergabe und Abrechnung) deutlich verbessert. Besonders den Umgang mit Nachträgen und deren Auswirkungen auf die Gesamtkosten eines Projektes kann der Planer in der ergänzten Projektkostenauswertung früher und umfangreicher begutachten. Für spezielle Auswertungen und für die Weitergabe von Projektdaten und -kosten an andere Projektbeteiligte bietet die Excel-Ausgabe mit selbstrechnenden Formeln eine wichtige Hilfestellung für den Planer. www.bechmann.de

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Software für Ausschreibung, Abrechnung & Co. Avanti 2017 von Softtech

[BIM: Software + Tools

Kostenschätzung nach DIN 276 © Softtech GmbH

Avanti ist eine Software für Ausschreibung, Abrechnung, Vergabe (AVA) und Kostenkontrolle, die Mengen direkt aus CAD-Plänen übernehmen und Kosten nach Baufortschritt exakt ermitteln kann. Mit Avanti bietet Softtech eine Software, die schon viele Jahre mit dem hauseigenen CAD-Programm Spirit nach der BIMMethode arbeitet. Die neue Version Avanti 2017 ermöglicht diese BIM-Arbeitsweise nun auch für Revit® von Autodesk®. Zusätzlich wurde die GAEB-Schnittstelle aktualisiert und zertifiziert. Auch die DIN 277 für den Hochbau bringt SoftwareAnwender auf den neusten Stand. Die graphische Aufmaßermittlung vereinfacht den Arbeitsprozess im Büro deutlich und macht Projektänderungen besser kontrollierbar. Dieser Programmteil entspricht dem Bemusterungswerkzeug Grava 2017, der Aufmaßsoftware mit digitalisiertem CAD-Plan, und ist vollständig in Avanti integriert.

Bauprojekte sind sehr individuell und unterscheiden sich daher stark voneinander – doch eines haben sie meist gemeinsam: Die Antwort auf die frühzeitige Frage nach der Höhe der Baukosten stellt Architekten und Planer immer wieder vor eine große Herausforderung. Avanti 2017 bietet eine Lösung mit integriertem Onlinewerkzeug. Die Kostenermittlung erfolgt über Vergleichswerte und Bezugsmengen nach DIN 276 – und das über Webanbindung immer tagesaktuell. Einen großen Mehrwert in dieser Planungsphase bietet der Datenimport aus dem BKI-Kostenplaner. Avanti 2017 bietet zudem eine neue bidirektionale Verbindung zum BIM-CADSystem Autodesk Revit. Über die AVASoftware lassen sich Mengen VOB-konform ermitteln und jederzeit in das RevitModell zurückverfolgen. Dieses enge Zusammenspiel verspricht für den Kostenplaner und Ausschreibenden ein hohes Maß an Sicherheit und Transparenz.

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Mit der aktuellen GAEB-Schnittstelle in Avanti 2017 hat der Planer die Garantie eines zuverlässigen und sicheren Datenaustauschs. Nach Angaben von Softtech empfiehlt der Bundesverband Bausoftware e.V. die von Avanti eingesetzte GAEB-Toolbox. In der Hochbauplanung sind auch Grundflächen und Rauminhalte nach der neuen DIN 277 geregelt. Die Anwender von Avanti 2017 sind automatisch auf dem neusten Stand, da alle Begriffe dieser aktuellen Norm und die normativen Vorgaben umgesetzt sind. www.softtech.de

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Was ist BIM eigentlich?

BIM: Software + Tools

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Dial informiert über Vorteile von BIM in der Planung Jeder hat schon von Building Information Modelling (BIM) gehört, jeder spricht darüber. Aber nicht jeder weiß, was BIM genau ist, noch was es für sich und seine Arbeit in Zukunft bedeutet. BIM ist keine Software und kein Datenformat. BIM funktioniert nicht nur im Gebäude und ist keine Lösung für alle Probleme im Bauwesen. Und auch ohne BIM können Bauprojekte erfolgreich durchgeführt werden. Wozu also BIM? BIM ist eine Methode zu vernetzter Planung, Ausführung, Betrieb und Abwicklung von Bauvorhaben. Obwohl sie dem Betreiber viele Vorteile bieten, werden gerade die letzten beiden Punkte in Diskussionen über BIM oft vernachlässigt. Im Mittelpunkt von BIM steht die zentrale Erfassung aller für das Bauvorhaben notwendigen Daten. Die beteiligten Gewerke können jederzeit auf diese Daten zugreifen. Das Bauvorhaben wird dazu zunächst virtuell im BIM-Modell konstruiert und kontinuierlich aktualisiert, bevor es zur Ausführung kommt.

Gebäude nach IFC-Import © Dial GmbH

die Akzeptanz und das Verständnis für das Bauprojekt erhöhen. Das standardisierte Dateiformat »Industry Foundation Classes« (IFC) bietet einen Austausch zwischen den Fachprogrammen verschiedener Gewerke,

Automatische Ergebnisse nach der Lichtberechnung © Dial GmbH

Fehler werden in BIM nicht automatisch vermieden, aber frühzeitig erkannt. Änderungen und Korrekturen sind aufgrund der gemeinsamen Datenbasis für alle Beteiligten transparent und nachvollziehbar. Sie wirken sich sofort auf Stücklisten und Liefertermine aus. Bauherr und Planer haben noch vor Baubeginn das Resultat vor Augen und können bestimmte Situationen und Abläufe simulieren. Die 3-D-Visualisierung und Präsentationen können zusätzlich

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so dass diese während der Planung, in der Bauphase und im Betrieb miteinander kommunizieren oder zumindest Daten austauschen. Eine Realisierung mit BIM führt nicht zwangsläufig zu höherem Planungsaufwand, da lediglich der Zeitpunkt der einzelnen Planungsschritte verschoben wird. Im Gegenzug steigen Qualität, Termin- und Kostentreue. Die Planung mit BIM erhöht die Chancen auf ein erfolgreiches Projekt.

Voraussetzung dafür sind ein pfleglicher Umgang mit den Daten, ein offener Dialog zwischen allen Beteiligten, der Wille, sich auf BIM als neue Methode einzulassen, und geeignete Werkzeuge für die Fachplanung. Dial ist seit über zehn Jahren Mitglied der »buildingSmart«, einer internationalen Organisation zur Verbesserung des Datenaustauschs zwischen verschiedenen Softwareanwendungen. Dial hat sich schon frühzeitig an der Modellbeschreibung in BIM zu den Themen »Leuchten« und »Beleuchtung« eingebracht. Die neue Version der Lichtberechnungssoftware DiaLux evo 7 ermöglicht erstmals den Import von IFC-Dateien. Für den Lichtplaner im BIM-Prozess entfällt damit die 3-D-(Re-)Konstruktion der zu planenden Projekte. Das importierte Projekt wird direkt um lichttechnische Informationen und die Daten realer, am Markt verfügbarer Produkte ergänzt. Im Gegenzug liefert die Software die geforderten normativen Nachweise und simuliert anschaulich die Ergebnisse unterschiedlicher Lösungen im Hinblick auf Energieverbrauch und Lichtwirkung. Ein Export der eingesetzten Produkte und Daten via IFC ist geplant, um DiaLux vollständig in den BIM-Prozess einzubinden. DiaLux steht für alle Planer kostenlos auf der Website von Dial zum Download bereit. www.dial.de

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BIM-basierte Planung im Massivbau Kooperation von Trimble und Glaser Für Glaser ist der gemeinsame Vertrieb des innovativen 3-D-CAD-Konstruktionsprogramms Tekla Structures ein Meilenstein, auch um die Weiterentwicklung des eigenen Portfolios zu unterstützen. Effektive Schnittstellen sorgen für einen schnellen Datenaustausch sowie ein problemloses Miteinander zwischen 2-D- und 3-D-Planungen im Bereich des Ingenieurbaus. Mit den Tekla-BIM-Lösungen von Trimble lassen sich künftig alle geplanten gesetzlichen Vorgaben, Richtlinien und Normen rund um die Vergabe von öffentlichen und privaten Bauaufträgen und deren Ausschreibung nach der BIM-Methode erfüllen. Der Grundgedanke des digitalen Bauens mit Hilfe von BIM ist die verlustfreie Informationsweitergabe zwischen den einzelnen Projektbeteiligten. Die entsprechende Prozessoptimierung für das vom Gesetzgeber angestrebte Modell der Zukunft soll durch ein einheitliches Datenmodell erreicht werden. www.trimble.com www.isbcad.de

[BIM: Software + Tools

Glaser -isb cad- ist neuer Vertriebspartner der innovativen 3-D-BIM-Software (Building Information Modeling) Tekla Structures von Trimble. Beide Unternehmen entwickeln professionelle Softwarelösungen für den konstruktiven Ingenieurbau, die sich individuell an den Bedarf des Kunden anpassen lassen. Die Zusammenarbeit unterstützt den Wandel von einer 2-D-basierten CAD-Planung hin zu einer 3-D-Planung nach der BIM-Methode, um diese im Stahlbetonbau, Stahlbau und Fertigteilbau in Deutschland weiter voranzutreiben. Pekka Taavitsainen, Geschäftsführer der deutschen Trimble Solutions Germany GmbH, betonte die langjährige Erfahrung und große Expertise von Glaser bei der Unterstützung von Unternehmen in Planung und Konstruktion von Massivbauprojekten.

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Kosten und Planung im Blick

BIM: Software + Tools

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BIMobject von Roto Dach- und Solartechnologie Planungssicherheit und Kosteneffizienz sind auf Baustellen von hoher Bedeutung. Unterstützung für mehr Effizienz bietet die Roto Dach- und Solartechnologie GmbH in Form von Dateien, die beim »Building Information Modeling« verwendet werden und in der zentralen Datenbank BIMobject heruntergeladen werden können. BIM bietet einen 3-D-basierten Modellplan, in dem alle relevanten Gebäudedaten digital erfasst, kombiniert und vernetzt werden. Dies bedeutet einen Riesenvorteil in der Planung und Vernetzung mit anderen Gewerken: Baupläne müssen nicht mehr von Hand auf Papier umgeschrieben werden, da alle Änderungen am Bauprojekt in Architektur, Materialien, Mengen und

»Programmmaske« © Roto Dach- und Solartechnologie GmbH

Portalüber- und Produktansicht © Roto Dach- und Solartechnologie GmbH

Eigenschaften dank der Software immer auf dem aktuellen Stand sind und von allen Beteiligten per Computer oder Tablet abgerufen werden können. So sprach sich auch Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, dafür aus, BIM ab 2017 in öffentliche Ausschreibungen zu integrieren, um Kosten- und Zeitüberschreitungen, gerade bei Großprojekten, in Zukunft zu vermeiden.

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Der Vorteil, dass sämtliche Unterlagen in der Datenbank BIMobject komplett digital abrufbar sind, gilt auch im Dachhandwerk. Denn Architekten planen zunehmend digital und geben die entsprechenden Unterlagen dann auch in dieser Form an das Dachhandwerk weiter. Dass Roto damit auf dem richtigen Weg ist, belegen die Downloadzahlen von mehr als 2.000 RotoDateien nach zwei Tagen. Diese Prozessvereinfachung macht das Bauhandwerk wettbewerbsfähiger und spart Zeit und Geld. Daher wird annähernd das komplette Produktsortiment von Roto in der zentralen Datenbank BIMobject zur Verfügung gestellt: Dazu gehören die Fenster samt Innen- und Außenzubehör, aber

auch verschiedene Varianten hinsichtlich Verglasung und Material. In der Datenbank können sich Architekten, Designer, Planer und technische Zeichner die benötigten Daten kostenlos herunterladen. Roto stellt die Daten für seine Dachfenster inklusive Eindeckrahmen sowie Sonnenschutzzubehör für innen und außen in den gängigsten Formaten Archicad und Revit bereit. Wer sich schon jetzt auf BIM einstellt und sich mit der Neuerung beschäftigt, bevor sie endgültig zum Standard geworden ist, hat einen entscheidenden Vorteil im Wettbewerb. Denn er muss sich nicht erst einarbeiten, sondern kann bei großen, öffentlichen Ausschreibungen direkt mit seinem Angebot punkten. www.roto-frank.com www.bimobject.com

[Umrisse]


Die Zukunft der Baubranche Connected BIM von Autodesk Connecting Insights: Erfassen, Erstellen und Berechnen von großen Datenmengen und die Auswertung von Alternativen im realen Kontext. Insights werden möglichst früh in der Design-Phase berücksichtigt, um nicht das praktikabelste, sondern das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Eine in Design- und Engineering-Prozessen »beratende« Software ermöglicht schnellere, fundierte Entscheidungen, um Teams zu entlasten und Designs zu optimieren. Connecting Delivery: Die Konstruktion wird nahtlos in den Fertigungsprozess integriert. Die Digitalisierung auf Baustellen wird mit Sensoren, Drohnen, intelligenten Maschinen und mobilen Geräten voranschreiten. Sie werden über eine Cloud-Plattform, die an eine BIM-Umgebung angeschlossen ist, eingebunden. Die nahtlose Integration der Design-Build-Prozesse führt zu schnelleren Abwicklungen, Zeit und Geld werden eingespart. Connecting Assets: Die vernetzten Technologien können dazu beitragen, die großen verfügbaren Datenmengen über den gesamten Lebenszyklus von Projekten nutzbar zu machen. Die im operativen Prozess gesammelten Daten tragen so zur kontinuierlichen Verbesserung von Entscheidungsfindungen bei. Beispielsweise können die über Sensoren und intelligente Geräte (IoT) gesammelten Informationen für die Instandhaltung von Anlagen, effizientere und flexiblere Abläufe sowie Verbesserungen bei Designs oder Prozessen genutzt werden.

Connecting Teams: Im Mittelpunkt sollte immer das Projekt stehen. Um im Büro oder selbst auf der Projekt-Baustelle »up to date« zu sein, können mit Hilfe der Cloud Daten und Systeme für Teams zugänglich gemacht werden. Dadurch wird die Zusammenarbeit über den gesamten Zeitraum des Projektes in Echtzeit sichergestellt. Angesichts der Tatsache, dass auch in der Baubranche immer mehr Joint Ventures auftreten, will Autodesk dazu beitragen, das Arbeiten von Teams auch über große Distanzen hinweg zu erleichtern und sie miteinander zu verbinden – sei es über Viertel oder über ganze Städte hinweg. www.autodesk.de

[BIM: Software + Tools

Auf der diesjährigen BAU, der Weltleitmesse für Architektur, Materialien und Systeme, stand in den Bereichen Design, Bau und Betrieb das Thema Building Information Modeling (BIM) im Mittelpunkt. Software-Experte Autodesk zeigte im Rahmen der Messe, wie »Connected BIM« künftig die Arbeitsweise in AEC-Unternehmen (Architektur, Engineering, Konstruktion) grundlegend verändern wird. Moderne Technologien, die fortschrittliche BIM-Prozesse unterstützen, eröffnen völlig neue Herangehensweisen für das Entwerfen, Bauen und die Nutzung von Gebäuden und Infrastrukturen. Die neuen Technologien und Prozesse werden von Architekten, Ingenieuren und Bauunternehmern eingesetzt. Sie stoßen dabei auf Herausforderungen, die überwunden werden müssen, zum Beispiel die Umschulung von Teams, den Aufbau von Vertrauen in die Cloud und Mobilität sowie den notwendigen Schritt von der 2-D-Komfortzone in die Welt der 3-D-Modelle und BIM. Nach Angaben von Autodesk helfen vernetzte BIM-Workflows dabei, »neue Aufgaben leichter zu erledigen und neue Geschäftsmöglichkeiten zu erschließen«. Die folgenden Ansätze sollen dies unterstützen:

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Prozessoptimierung im Straßenbau

BIM: Software + Tools

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Logistik-Software BPO von Max Bögl erfolgreich eingeführt

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Seit Juni 2012 laufen die Arbeiten für die neue Ortsumgehung der Bundesstraße B 312 in Reutlingen. Im Mai 2016 wurde im Scheibengipfeltunnel unter der »Achalm« der Fahrbahnbelag aus Asphalt eingebaut. Eine Premiere für Max Bögl: Denn der Einbau erfolgte nach Prinzipien des Straßenbaus 4.0 – unter Einsatz der Bauprozessmanagement-Software BPO Asphalt. Mit dem Echtzeitsystem »BauProzessOptimierung«, kurz BPO, verspricht sich die Firmengruppe eine verbesserte Steuerung des kompletten Asphalteinbauprozesses sowie der Logistik von der Herstellung über die Lieferung bis zum Einbau – und damit eine Optimierung des gesamten Bauablaufs. Auf diese Weise kann die Arbeitsvorbereitung effizienter gestaltet, Mischanlagen, Lkw-Logistik und Baustellen in Echtzeit vernetzt und der Baufortschritt dokumentiert und analysiert werden. Mit der Folge, dass Planänderungen, hervorgerufen durch Mengenänderungen oder Staus, sich einfacher erfassen lassen und automatisch allen Beteiligten in Echtzeit am Laptop, Smartphone oder Tablet-PC bereitgestellt werden. Der Bauablauf verläuft koordinierter und somit deutlich entspannter. Da das System noch nie zuvor innerhalb eines Tunnels zum Einsatz kam, war zunächst unklar, ob die Anforderungen an die Datenübertragung ausreichen würden. Doch der erste Systemtest im Tunnel zeigte: Die Vernetzung der Mischanlagen, der Baustelle und der Logistikkette funktionierte auch ohne zusätzliche spezielle Hardware- oder Netzwerktechnik problemlos. Ein Tablet-PC genügte. Die Bereichsleitung im Geschäftsbereich Infrastruktur bei Max Bögl zeigte sich überzeugt von der Einführung von BPO im Tunnelbau: »Der Prozess verlief ruhig und konnte verlässlicher geplant werden als sonst. Gerade die Massenströme werden einfach dargestellt und der Koordinationsaufwand mit den Mischanlagen spürbar reduziert.« Der Vorteil: Das Baustellenpersonal hat so auch in stressigen Situationen immer den Überblick über die wichtigsten Einbauparameter.

Max Bögl nutzt BPO im Scheibengipfeltunnel bei Reutlingen © Volz Consulting GmbH

Auch bei der Einbaumannschaft kam das Echtzeitsystem gut an. Die Lieferscheindaten aus den Mischanlagen werden vollautomatisch von der Waage an einen Server gesendet und landen dann direkt beim Einbaumeister auf dem Tablet-PC. Dadurch sinkt der Koordinationsaufwand mit den Mischanlagen – eine immense Entlastung im Arbeitsalltag des Poliers. Ebenso verbessern die Informationen über das Eintreffen der Lkw, die Restmenge, den Soll-Ist-Vergleich und die automatische Aktualisierung sämtlicher Daten den Bauprozess. Vor allem aber war das System absolut einfach zu bedienen: Bereits nach wenigen Stunden Einarbeitung konnte Ender Sahin, Polier bei Max Bögl, selbständig über BPO den Informationsfluss abwickeln. Nach den positiven Erfahrungen bei der Ortsumgehung B 312 im Scheibengipfeltunnel und bei anderen erfolgreichen Pilotprojekten wird Max Bögl das System BPO unternehmensweit einführen. Damit gelingt der Firmengruppe ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung Straßenbau 4.0. Dank der spürbaren Vereinfachung und Beschleunigung des gesamten Planungs-

Geringe Einarbeitungszeit, unkomplizierte Technik © Volz Consulting GmbH

prozesses erreicht die Bauausführung eine neue Leistungsfähigkeit, die über den Asphalteinbau hinausgeht: Durch die Auswertung sämtlicher Parameter, wie Lieferscheinaufstellungen, Massenbilanzen und Standzeiten, sowie des Bautagesberichts wird der kontinuierliche Verbesserungsprozess (KVP) weiter beschleunigt. www.max-boegl.de

[Umrisse]


BIM – bessere Aufklärung der Bauwirtschaft nötig? Progman bietet Software und Dienstleistung für Baugewerbe Und doch hat Deutschland einen bedeutenden Vorteil gegenüber Märkten, die BIM vielleicht schneller eingeführt haben: Große deutsche Ingenieurbüros und Bauunternehmen verbessern ihre BIM-Kenntnisse bei ihren Baueinsätzen im Ausland und bringen ihre dort gewonnenen Erfahrungen mit nach Hause. »Die BIM-Methoden sind bereits bekannt. Das Risikomanagement spielt eine bedeutende Rolle im Planungsprozess«, so Fred van Schaik. »Die Deutschen beginnen allmählich, in jedes Projekt eine BIM-Planungs- und -Bauphase zu integrieren.« Die TGA-Planung in BIM bietet den Vorteil, dass Architekten und TGA-Planer ein und dasselbe Modell sehen können.

Die TGA-Planungslösung MagiCAD und MagiCloud von Progman mit 20.000 verkauften Lizenzen weltweit kommt in Deutschland bereits zum Einsatz. Planer, die AutoCAD oder Revit nicht verwenden, haben Vorteile durch die IFC(-4-)Integrationen. MagiCAD unterstützt einen BIMWorkflow und stellt Produktivitätswerkzeuge bereit, um allen Projektbeteiligten auf der Baustelle eine zentrale Plattform zur Ansicht und Planung des Bauwerks zu bieten. www.magicad.com

[BIM: Software + Tools

Deutschland schreibt für den Verkehrsinfrastrukturbau die stufenweise Einführung von BIM-Verfahren bis 2020 vor. Erst, denn andere Länder haben längst eine verpflichtende BIM-Richtlinie erlassen. Um selbst diese spätere Frist einhalten zu können, bedarf es einer umfassenden Aufklärung der deutschen Bauindustrie. Eine BIM-Initiative mit dem Namen »planen bauen 4.0« soll allen von dem BIM-Mandat betroffenen Parteien – also Bauunternehmern, Architekten und TGA-Planern – klar vermitteln, was von ihnen erwartet wird. Nach Angaben von Fred van Schaik, Area Manager DACH for MagiCAD bei Progman, ist in der deutschen Bauwirtschaft die Verwendung von 2-D-Design-Technologie noch weit beliebter als das Arbeiten mit 3-D-Software.

Mit BIM zu durchgängigen Prozessen Innovationstag Holzbau mit MuM Beim Innovationstag »Holzbau 4.0« der Hans Hundegger AG war auch Mensch und Maschine (MuM) an Bord. MuM ist einer der führenden europäischen Anbieter von CAD-, CAE-, BIM- und PDM-Lösungen und präsentierte die BIM-Software Autodesk Revit und die Eigenentwicklung Praxispaket Kalkulation. Die Veranstaltung fand in den Räumen der Hauck Hausbau GmbH statt. Bei einem Unternehmen, das »4.0« schon lange lebt: vom Grundstücksaufmaß mit Laserscanner über 3-D-Planung, Visualisierung mit der VR-Brille bis zum automatischen Holzzuschnitt aus den 3-D-Daten und früher, exakter Kostenschätzung. Wie das funktioniert, zeigten neben MuM auch cadwork Informatik AG, Faro Europe GmbH & Co. KG, PC-forum GmbH und Balz Maschinen AG. Die Besucher konnten an konkreten Projekten erleben, wie durchgängige Prozesse das Leben für alle am Bau Beteiligten vereinfachen. Thomas Rohner, Professor für Holzbau und BIM und Leiter Fachbereich Holz an der Berner Fachhochschule, präsentierte in seinem unterhaltsamen Vortrag wie die Wissenschaft das Thema angeht. Sein Fazit: »Nur wenn sich Lehre und Praxis wieder mehr annähern, wird es nachhaltig gelingen, die Herausforderungen der Zukunft erfolgreich zu meistern.« Dazu darf BIM kein Schlagwort bleiben, sondern muss mit Hilfe modernster Software zu einer wirklich optimierten Planung, Ausführung und Bewirtschaftung zusammengeführt werden. www.mum.de www.hundegger.de www.hauck-hausbau.de

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Form Follows Performance im Industriebau Zum 75. Todestag Albert Kahns Vorwort Am 8. Dezember 2017 jährt sich der 75. Todestag des 1942 in Detroit verstorbenen deutsch-amerikanischen Architekten Albert Kahn. Zu diesem Anlass würdigte die MSA Muenster School of Architecture unter der Ägide von Prof. Jürgen Reichardt und Prof. Thorsten Bürklin sowie dem Filmregisseur Dieter Marcello mit Vorträgen, Ausstellungen und Filmen in der ersten Februarwoche (5.–12.2017) Leben und Werk des wohl bedeutendsten Industriearchitekten der Moderne. Der folgende Beitrag ist eine Zusammenfassung des ebendort gehaltenen Vortrags von Prof. Jürgen Reichardt, der »Albert Kahn, Form Follows Performance im Industriebau« betitelt war.

Werk und Bedeutung Unter den hoffnungsvollen Auswanderern in eine bessere Neue Welt befand sich Ende des 19. Jahrhunderts auch eine jüdische Familie aus dem Dorf Rhaunen im kargen Hunsrück, deren ältester Sohn der wohl bedeutendste Industriearchitekt der Moderne wurde. Am 21. März 1869 als erstes von sieben Kindern geboren, beschloss die jüdische Familie im Jahre 1880, ihr Glück in den Vereinigten Staaten von Amerika zu suchen. Auch die jüngeren Brüder Albert Kahns, Julius, Moritz und Louis, wurden später Partner von »Albert Kahn Associates«. In den Jahren ab 1900 entwickelte das Büro innovative Ortbeton-Bauweisen für Skelettbauten (»Kahn-System«), die Kahn bereits 1903 zur Konstruktion einer mehrgeschossigen Automobilfabrik für die Packard Motor Car Company in Detroit nutzte: Der neue Werkstoff Stahlbeton bot Vorteile bei Brandschutz und Erdbebensicherheit sowie durch den Einbau großer Glasflächen den umfassenden Einfall von Tageslicht in die Gebäudetiefe. Henry Ford engagierte Kahn in Folge für Planung und Bau einer viergeschossigen Fabrik zur Massenfertigung des Model T, das er zwischen 1909 und 1927 in einer Auflage von über 15 Millionen Stück in innovativer Fließbandfertigung produzierte. Bei den ab 1915 für

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Ford folgenden Planungen für den 1929 mit über 100.000 Werkern weltgrößten Industriekomplex am bzw. in River Rouge, Michigan, USA, entwickelte Kahn den traditionellen Geschoßbau zu weitgespannten Flachbauten, jetzt vornehmlich in Stahlfachwerkkonstruktion, weiter. Die von Kahn errichteten Industrie- und Verwaltungsgebäude lösten ein weltweites Interesse an der Arbeit des Architekten aus, mit Billigung der US-Regierung plante und baute er in den Jahren 1929–1932 über 500 Fabriken in der damaligen Sowjetunion. Während des Zweiten Weltkrieges arbeitete die Firma im direkten Auftrag des US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt mit bis zu 600 Mitarbeitern an Flugzeug- und Panzerfabriken sowie an Marinestützpunkten. Albert Kahn starb am 8. Dezember 1942 im Alter von 73 Jahren in Detroit. Was könnte uns heute, im Jahr 2017, zum 75. Todestag Albert Kahns, an seiner Sichtweise von Industriearchitektur interessieren? Merkwürdigerweise werden Kahns Beiträge zur Architektur in keiner deutschsprachigen Publikation eingehend gewürdigt. Der näheren Betrachtung wert wäre daher sicherlich eine rückblickende Betrachtung der »Rolle« Albert Kahns zur Entwicklung einer Stilbildung der modernen Architektur, insbesondere seine Einbettung in die amerikanische und europäische kulturelle Avantgarde an der Wende des 19. zum 20. Jahrhunderts. Hier drängt sich eine grundlegende Berichtigung seines gegenwärtigen unterschätzten Beitrags auf. Noch interessanter und überaus gegenwartsbezogen erscheinen darüber hinaus Kahns damals wie heute im Hinblick auf Bautechnik, Fabriktypologie und Büroorganisation hochinnovative Ansätze einer ganzheitlichen Sicht auf Entwurf, Planung und Realisierung komplexer Projekte. Im Folgenden soll Kahns spezifische Strategie eines ganzheitlichen »Form Follows Performance«-Teamansatzes, mit der Integration von Architektur, Tragwerk, Tageslicht und Thermik zur »Leistungsform (Industrie-) Architektur« aufgezeigt werden.

Albert Kahn © Aus 8/Archiv Albert Kahn Associates

Pionierleistungen in (allen) Materialien Es darf angenommen werden, dass Albert Kahn die gegen Ende des 19. Jahrhunderts noch neuen Stahlbetonbauweisen von Hennebique und Ransome, aber auch die Arbeiten des Lizenznehmers Moniers in Chicago, L.G. Heidenreich, geläufig waren. Kahns Bruder Julius entwickelte die grundlegenden europäischen und amerikanischen Stahlbetontechniken mit über 75 Patentanmeldungen weiter, besonders erfolgreich war die als »Kahnträger« verbreitete Schubbewehrung für weitgespannte und hochbelastete Deckenträger im Industriegeschoßbau. Hierbei lag der Vorteil in einer reduzierten Stahl- und Betontonnage bei gleichzeitiger Erhöhung der Tragfähigkeit. Die Aspekte von Feuersicherheit, Erdbebensicherheit und hohen Deckenlasten waren bei den Investoren der Automotiven Industrie rund um Detroit begehrt. Beim Bau der Packard-Werke setzte Kahn 1905 beim Packard-Gebäude No. 10 auf die strukturell und architektonisch nicht weiter reduzierbare Tektonik eines radikal vereinfachten Tragskelett aus Stahlbeton mit ca. 9 m x 9 m Stützenraster. Die Lichtflächen der Fassaden waren

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Packard No. 10 in Detroit, 1905 © Aus 6/Archiv Albert Kahn Associates

durch fast vollständigen Verzicht auf Brüstungen und Wandpfeiler maximiert, die ornamentlose Radikalität einer »Haut und Knochen«-Architektur knüpfte an die rationellen, standardisierten Baustrukturen von Ransome an. Diese wirtschaftlich wie architektonisch kompromisslose Strategie äußerster Effizienz dürfte Henry Fords Aufmerksamkeit geweckt haben, er beauftragte Kahn 1909 mit einer viergeschossigen Betonstruktur von ca. 8 m x 8 m Stützenraster, 260 m Länge und einer Gebäudetiefe von 24 m in Highland Park, Michigan. Die Aufzüge und Fluchttreppen waren seitlich aus den Nutzflächen herausgeschoben, von der Decke bis fast zum Fußboden erstreckten sich Glasfassaden, so dass hier der Prototyp einer »Tageslichtfabrik« verwirklicht werden konnte. Die ohne Zwischenwände offenen Räume erlaubten den freizügigen Einbau von Fließbändern und Transportrutschen eines von »oben« nach »unten« gerichteten Materialflusses. Der zu Anfang des 20. Jahrhunderts für die Automotive Industrie Detroits entwickelte Bautyp der Mehrgeschoßfertigung orientierte sich an tradierten englischen Textilfabriken: produktionstechnisch im Grundsatz gestapelten Manufakturen. Bereits ab 1912, nach mehrjährigen Erfahrungen mit mehrgeschossigen Fabrikbauten für die Automobilfertigung, insbesondere bei der neueingeführten Fließbandproduktion bei Ford in Highland Park, wurden die Nachteile dieser Stapelbauweise offensichtlich. Es zeigte sich, dass der ebenerdige, weitgespannte Stahlbau mit Tageslicht durch die Dachkonstruktion für die Dynamik der Fertigung in Fläche und Höhe weitaus vorteilhafter war. Solche Flachbauten boten, wie schon der Kristallpalast zu London oder die Fabriken von Krupp in

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Ford Highland Park in Detroit, 1910 © Aus 6/Archiv Albert Kahn Associates

Essen demonstrierten, die Chance, ohne Tiefen-, Längen- und Höhenbeschränkung der Geschoßebenen jedwede für die Fertigung vorteilhafte Grundriss- und Höhenform anzunehmen, und dies auch zukünftig erweiterbar. Zudem gab es keine Beschränkung in der Tragfähigkeit der Ebenen, keine behindernden »Bottlenecks« im vertikalen Materialfluss durch zu kleine und oft defekte Aufzüge sowie die Option, über jeder Fertigungsanlage spezifische Fördertechnik, Tageslicht, Wärme- und Rauchabzüge anzuordnen. Ein weiterer Vorzug eingeschossiger Hallenbauten war die Möglichkeit der Ausbildung großer Stützenabstände mit schwingungsfreien Böden, gerade für die Teilefertigung und die Endmontagen der immer größer werdenden Produkte (Automobile, Lastwagen, Schiffe, Panzer, Flugzeuge etc.) ein unschätzbarer Vorteil. Die Walzprofile der Fachwerke wurden anfänglich noch genietet, später geschweißt und schließlich geschraubt. Überwiegend in der Werkstatt vorgefertigte, normierte Tragwerke mit einer größtmöglichen Wiederholung von Teilen zeigten sich durch die Möglichkeit beinahe witterungsunabhängiger Montage auch bei Frostgraden gegenüber vor Ort erstellten Bauweisen terminlich überlegen, gleichfalls waren für die Dynamik des Industriebaus die einfache Erweiterbarkeit sowie spätere Verstärkbarkeit oder Nachrüstung von Deckenträgern von Vorteil. Geschoßhohe Fachwerkträger boten Raum für Einbauten in der Konstruktionszone, wie zum Beispiel für die Integration von Wartungsstegen, Sozialbereichen oder Technikgalerien im Dachtragwerk. Diese Grundsätze für fortschrittliche industrielle Stahlhallen gelten ohne Einschränkung bis in die Gegenwart weiter.

Bereits 1910 experimentierte Kahn beim »Packard Forge Shop« mit einer über 24 m stützenfreien Halle, in der in Gebäudemitte eine über 12 m freischwebende 10-t-Kranbahn vom virtuos geformten Stahltragwerk abgehängt war. Der »Ford Eagle Plant«, 1917, im neuen Ford-Werk in River Rouge war eine fünfschiffige Montagehalle mit einer Länge von 515 m und einer Breite von 80 m zur Montage von U-Boot-Jägern gegen die deutsche Kriegsmarine. Die Dachkonstruktion setzte sich aus Dreieckfachwerkbindern zusammen. Hier führte Kahn das Oberlicht in Monitor- oder V-Form ein, das in Folge als sogenannter Pond-Truss auch für den Wärmeabzug thermisch optimiert wurde. Ein weiterer Markstein in der Entwicklung flexibler Großhallen, mit denen zugleich neue architektonische Möglichkeiten eröffnet wurden, stellte die 1937 für die Montage von Wasserflugzeugen in Baltimore, Maryland, erbaute Montagehalle für Glenn Martin dar. Die stützenfreie Stahlstruktur umschließt 92 m x 146 m, die 92 m langen Fachwerkbinder waren 9,15 m hoch, vertikale Verglasungen parallel der Fachwerkgurte erzeugten eine taghelle Arbeitsatmosphäre. Unterhalb der Binder blieb eine Höhe von 13,30 m für die Montage von Flugzeugen frei. Das Problem einer über 92 m stützenfreien Torachse zur Ausbringung der fertigen Flugzeuge löste Kahn auf besonders elegante Weise über drei ohne weitere seitliche Torhalterungen direkt am Randträger abgehängte Schwingtore. Mit der »Chrysler Half Ton Truck«-Exporthalle baute Kahn 1938 in Detroit eine über 40 m x 80 m fast stützenfreie, in ihrer äußeren Wirkung sehr elegante innovative Stahltragstruktur. Zwei Fachwerke bilden ein zentrales Trägerpaar, hierzu kragen

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Packard Forge Shop in Detroit, 1909 © Aus 6/Archiv Albert Kahn Associates

Glenn Martin Plant in Baltimore, 1937 © Aus 1/Archiv Albert Kahn Associates

lotrecht unter den Obergurten der Fachwerkträger geführte geknickte Vollträger beidseitig über die Fachwerke aus und werden auf Untergurtniveau schließlich an schlanken Fassadenstützen abgesetzt. Der entwurfliche Kniff der geknickten Kragträger integriert Lichtflächen, vermindert die Momente in den Walzträgern und erzeugt einen fast schwerelosen, schwebenden Eindruck des Daches. Diese eleganten Stahlkonstruktionen Kahns wurden in der Regel mit hallenhohen Curtain-Wall-Glasfassaden umhüllt, Winddruck und -sog auf die dahinterliegende weitgespannte Tragkonstruktion abgeleitet. Vorbilder für die modulare Tektonik aus Festverglasung und horizontalen Wendeflügeln waren historische Gewächshauskonstruktionen des 19. Jahrhunderts, vor allem die aus dem Scheibenmaß entwickelte Modulgeometrie des Kristallpalastes von 1851. Seit den Fabriken für Packard nutzte Kahn ab 1903 erst aus England

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Ford Eagle Plant in River Rouge, 1917 © Aus 4/Archiv Albert Kahn Associates

Chrysler Half Ton Truck in Detroit, 1938 © Aus 1/Archiv Albert Kahn Associates

eingeführte filigrane Eisenrahmen, später in Eigenregie gefertigte standardisierte Bauelemente, auf die er dann bei Planung und Ausführung seiner Projekte zurückgriff.

Tageslicht, Ventilation, Behaglichkeit Nach Experimentieren und Erfahrungen mit verschiedenen Shed-Oberlichtformen für Werkstätten von vor allem Automobilmontagen ab 1904 (Packard, Pierce Arrow, Ford) erkannte Albert Kahn die Probleme von traditionellen Shedstrukturen aus einseitiger Schattenbildung bei Maschinenstellungen parallel zur Shedrichtung, also auf der dem Lichteintrag abgewandten »Schattenseite«. Da bei »Ford Highland Park« durch die vollständige Verglasung der Außenflächen der Eintrag des Seitenlichtes nicht weiter maximiert werden konnte, experimentierte Kahn ab 1910, erstmalig beim »Packard Forge Shop«, mit

stufenartig ausgeführten vertikalen Glasflächen in der Dachsilhouette, 72 % Glasanteil der Hülle waren transparent, davon 50 % als Lüftungsflügel ausgeführt. Bei dem 1917 errichteten »Ford Eagle Plant« in River Rouge kombinierte Kahn verschieden hohe Hallenschiffe mit auf den Stahlbinder aufgesetzten Stehverglasungen, mit integrierten Entlüftungs- und Wärmeabzugsklappen sowie partiellen Durchdringungen für Abluftrohre etc. Ein weiterer Vorteil gegenüber Sheddächern lag in besserer Dichtigkeit und, bedingt durch den Verzicht auf die sehr kosten- und wartungsintensiven Entwässerungsrinnen zwischen den »Sägezähnen«, höherer Wirtschaftlichkeit von Invest- und laufenden Wartungskosten. Henry Ford hatte bereits bei »Ford Highland Park« erkannt, dass sich durch großzügigen Tageslichteinfall die Fehlerquoten verringerten und durch engeres Zusammenrücken der Fertigungseinrichtungen eine höhere Flächeneffizienz er-

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Chevrolet Body Plant in Indianapolis, 1935 © Aus 4/Archiv Albert Kahn Associates

zielbar war. Der Vorteil einer von der Lichtrichtung unabhängigen Führung von Materialfluss und Maschinenaufstellung führte bei Kahn schließlich zur Abkehr von Sheddächern und zur konstanten Weiterentwicklung der »Monitordächer«. Deren lichttechnische Optimierung erfolgte zunehmend im Einklang mit der statischen Verfeinerung der Hallenfachwerke, dabei wurden durch in die Lichtführung integrierte Druck- und Zugdiagonalen letztlich Tragwerke mit insgesamt stahloptimierten Konstruktionen, wie bei »Chevrolet Body Plant«, Indianapolis, 1937. Diese Integration von Licht und Tragwerk führte beim Flugzeugwerk für Curtis Wright, Buffalo, 1938, dann zu einer als »klassisch« zu bezeichnenden Strukturform der Hallendächer. Das einen Arbeitsplatz umgebende Temperaturfeld wird durch Lufttemperatur, Luftbewegung und Strahlungstemperatur gekennzeichnet. Gegenwärtig verfügbare thermodynamische Simulationsrechnungen und deren Verdeutlichung an 3-DModellen bieten die Möglichkeit, das Verhalten von Bauwerken vor der eigentlichen Erstellung, basierend auf physikalischen Gesetzmäßigkeiten, vorherzusagen, zu »messen« und sinnvolle Varianten zu bewerten. Im genannten Kontext sind einige Projekte Kahns hochinteressant, da ihre Gebäudeformen aus den thermischen Anforderungen entwickelt wurden. Kahn löste solcherart Anforderungen mit jeweils auf die thermischen Prozesse spezifisch antwortenden Gebäudestrukturen, formte insbesondere die Silhouette des Gebäudeschnitts im Zusammenspiel von lichter Höhe, Raumgeometrie und Zuluft- wie Abluft-Öffnungen mit dem Ziel einer effi-

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Curtis Wright Airplane in Buffalo, 1938 © Aus 1/Archiv Albert Kahn Associates

zienten Thermik, nicht zuletzt im Hinblick auf die Behaglichkeit der sicher nicht unproblematischen Arbeitsplätze der Werker. Natürlich standen ihm hierfür nicht unsere gegenwärtigen Berechnungstools zur Verfügung, umso erstaunlicher sind die aus Intuition und mit Hilfe rein graphischer Mittel optimierten Lösungen. Beim »Packard Forge Shop« ging es um die rasche Abführung der beim manuellen Schweißvorgang großer Karosserieteile entstehenden heißen Rauchschwaden: Kahn löste das Problem mit einer kathedralhaften Überhöhung des Hallenschnittes, mit dem Ziel durch Auftrieb die heißen Luftschwaden möglichst rasch aus der Kopfhöhe der Arbeiter »nach oben« zu befördern, die natürliche Thermik wurde unterstützt durch 50 % der Fassadenfläche ausmachende Zuluft- bzw. Abluftklappen in den vertikalen Stehverglasungen. Die wunderbare Schemazeich-

nung des Hallenquerschnitts mit Luft- und Lichtführung illustriert die »Funktion« der Halle. Der Gebäudeschnitt setzt die Anforderungen im Sinne einer »Leistungsform« als direkte entwurfliche Anwort auf die zu untersuchende Fragestellung um: form follows performance. Da alle Glasscheiben der Automobile von Ford in River Rouge seinerzeit selbst gefertigt wurden, wurde ab 1922 zur Erzeugung von ca. 4 Mio. m² Glas jährlich ein »Glass Plant« auf einem rechteckigen Grundriss von ca. 86 m x 230 m notwendig. Das faszinierende Gebäude verkörpert eine industrielle Adaption des Kristallplastes zu London, eine wahrhaft »gläserne Fabrik« mit einem dem Materialfluss der Glasproduktion folgenden Stahlskelett. Eine thermisch ähnliche Aufgabe stellte sich über den Stahlschmelzöfen des 1924 ebenfalls in River Rouge errichteten »Ford Open Hearth Building«.

»Licht, Luft« beim Packard Forge Shop in Detroit, 1909 © Aus 4/Archiv Albert Kahn Associates

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Glass Plant in River Rouge, 1922 © Aus 6/Archiv Albert Kahn Associates

Der jeweils lineare Materialfluss beider Gebäude ging von an einer Kopfseite aufgereihten Schmelzöfen für Glas und Eisen aus, die Verarbeitung erfolgte dann in Hallenlängsrichtung. In beiden Fällen wurden von Kahn am Kopf der Halle über den Öfen besondere pultförmige Erhöhungen vorgesehen, die wie beim »Packard Forge Shop« die heißen Abluftschwaden möglichst rasch nach oben befördern sollten. Die Verwendung der in den USA auf den Namen C.P. Pond patentierten Pultdachform war ursprünglich für Gießereien und ähnliche Bauwerke gedacht, in denen infolge der Arbeitsprozesse Hitze und Gase entstehen, die Herausforderung lag in der »richtigen« Anordnung der nach jeweiligen verschiedenen Wetterlagen und Windrichtungen den thermischen Auftrieb unterstützenden Zuluft- und Abluft-Öffnungen in der Gebäudehülle.

Wandlungsfähigkeit als Herausforderung »Almost nothing«, »universal architecture«, »the highest possible amount of freedom«, waren die bei Mies van der Rohe angestrebten Freiheiten einer Idealarchitektur. Der kohärente Aspekt einer grundlegenden universalen baulichen Flexibilität ist insbesondere in der Fabrikplanung ein bestimmendes Thema, entscheidet doch die Wandlungsfähigkeit über die Zukunftssicherheit der nicht unerheblichen Investitionen in Fertigungsstätten. In der wissenschaftlichen Diskussion wird seit den 1990er Jahren der Begriff der Wandlungsfähigkeit als das herausragende Merkmal international konkurrenzfähiger Fabriken systemtheoretisch erörtert. Hieraus entstanden Forderungen und Methodiken zu einer Integration der Prozess- und

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Open Hearth Building in River Rouge, 1924 © Aus 1/Archiv Albert Kahn Associates

Raumsicht im frühen Stadium einer Fabrikplanung, die zum Ansatz der sogenannten Synergetischen Fabrikplanung® weiterentwickelt wurden. Die Auswirkung dieser Aspekte auf den Entwurf von Tragwerken für Industriehallen ist immens: Generell bedeutet ein hoher Grad an Wandlungsfähigkeit immer die Option vielfältiger, bei Errichtung der ersten Baustufe selten umfänglich bekannter späterer Ausbau- und Anbauwünsche. Das Tragwerk großer Hallen sollte daher den Einbau neuer Fertigungseinrichtungen mit zum Beispiel veränderten Anforderungen an Lasten, Höhen, Medien ermöglichen. Notwendige interne Erweiterungen lassen sich durch die Anordnung reversibler Galerieflächen realisieren, die sich bei entsprechender Vorbe-

reitung an bestehende Stützen oder Träger nachträglich anhängen lassen. Galeriegeschosse können zur Aufnahme produktionsnaher Sozial- und Büro- oder Technikfunktionen dienen, unter Vermeidung der Verbauung wertvoller Erdgeschoßflächen der Fertigung mit solchen Hilfsfunktionen. Aspekte der baulichen Wandlungsfähigkeit betreffen vor allem die Eignung der Gebäudestrukturen für mögliche Erweiterungsrichtungen, weite Stützenabstände, Vorsehung lichter Höhen und Lastreserven. Gerade die »eingebauten« Lastreserven von Böden, Decken und Abhängungen verdienen eine eingehende Diskussion. Hohe Lastreserven bedingen finanzielle Vorinvestitionen durch Überdimensionierung von Tragwerksteilen, stellen aber

Chrysler Half Ton Truck in Detroit, 1938 © Aus 1/Archiv Albert Kahn Associates

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gleichzeitig einen entsprechenden Grad an Wandlungsfähigkeit dar. Der Stahlbau bietet hier hervorragende Möglichkeiten, sogar nachträglich noch Verstärkungen für, unter anderem, partiell erhöhte Abhängelasten durch Fördertechnik oder Medien vorzunehmen. Weitere Aspekte der Wandlungsfähigkeit betreffen die haustechnischen Systeme der Ver- und Entsorgung, mit der Gesamtheit aller für Produktionsprozesse, Nutzerbehaglichkeit und Gebäudesicherheit notwendigen Zentralen, Leitungswege und Anschlüsse. Bei der Integration von Technikzentralen, Haupttrassen und Leitungsnetzen in die Hallenstruktur sollten zukünftige Produktionsideen behindernde Zwangspunkte vermieden werden. Betrachtet man unter ebenjenen Aspekten der Wandlungsfähigkeit die Fabriken Albert Kahns, erstaunt die grundlegende, quasi eingebaute Weitsicht in beinahe allen seinen Werken. In dieser Hinsicht bestechend sind vor allem die Galerieeinbauten für Nebenfunktionen wie Büros, Sozialbereiche oder Haustechnik in die Tragwerkszonen, wie etwa beim »Chrysler Half Ton Truck«. Zwischen 1930 und 1933 legten Kahn Associates mit über 500 Werken die Basis der Stalin‘schen Industrialisierung, die grundlegende Wandlungsfähigkeit der Werke mit hohen Lastreserven und teilweise enormen Spannweiten von über 40 m erlaubten die spätere Rüstungsfertigung. Aus der in den ehemaligen UdSSR gelegenen Traktorenfabriken in Cheliabinsk und Stalingrad rollten zehn Jahre später die T-34-Panzer der Roten Armee gegen die deutschen Besatzer.

Effizienz in Planung und Ausführung Die Büroorganisation von Kahn Associates, Detroit, war Ende der 1920er Jahre auf 400, zu Beginn des Zweiten Weltkrieges Anfang der 1940er Jahre auf 600 Mitarbeiter angewachsen und wohl auch durch die Erfahrungen mit den Firmenstrukturen der Automotive-Bauherren, dem Fordismus und Taylorismus, in klar voneinander abgegrenzte Kompetenzen gegliedert. Bei Kahn Associates lieferten Experten in InhouseTeamarbeit alle Fertigkeiten, die man für ein Projekt von Phase 0 bis zur Ausführung, insbesondere auch zur Einhaltung von Kosten und Terminen benötigte. Zu diesem Zweck war das Büro grundlegend in »Technical Division« und »Execution Division« aufgefächert, unter »Technical Division« folgten die Abteilungen für Design, Architectural, Structural (Tragwerk)

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Traktorenwerk in Cheliabinsk, 1938 © Archiv Albert Kahn Associates

und Mechanical (Haustechnik), unter »Execution« die Abteilungen für Construction Coordination und Office Management. Weitere Abteilungen sorgten unter anderem für die fotografische und zeichnerische Dokumentation der Bauvorhaben, gerade angesichts der angestrebten Modularisierung und Standardisierung der Bausysteme überaus wichtige Bemühungen nach dem eigentlichen Abschluss der Projekte. Diese »Lessons learnt«-Auswertung war die unabdingbare Voraussetzung für eine evolutionäre Entwicklung zur Effizienz der Stahltragwerke, der Tageslicht- und Fassadensysteme. Parallel zur Kostenwar die Terminplanung bei den Automotive-Projekten besonders in den Kriegszeiten ein überaus wichtiger Faktor, galt es doch nicht nur die Gebäudeerstellung, sondern vor allem durch sofortige Inbetriebnahme der Einrichtungen aus Prozess und Logistik möglichst rasch fertige Erzeugnisse wie Automobile, Panzer oder Flugzeuge auf den Markt bzw. an die Front zu liefern. Bereits im Vorfeld der eigentlichen Planung wurden bei Kahn Associates Projektteams, -struktur und -regeln vereinbart. Durch ein solches, nach heutigem Sprachgebrauch »simultaneous engineering« genanntes Vorgehen und im Einklang mit einer durchgängigen Standardisierung von Planung und Ausführung waren erstaunlich kurze Entwurfs- und Realisierungszeiträume für die teilweise gigantischen Projekte möglich. Beispiel hierfür sei die Zeitspanne von nur sieben Monaten von Vertragszeichnung bis Kompletterstellung, einschließlich der Ausbringung des ersten U- BootJägers, bei dem 80 m x 560 m messenden »Ford Eagle Plant« in River Rouge. Für ein Planungsbüro unüblich, aber in der Gesamtidee bestechend, war die eigene Fertigung von immer wiederkehrenden

baulichen Systemlösungen, die eigene Logistik war zudem vorteilhaft bei der terminlichen Gewährleistung des für den Aufbau der Einrichtung wichtigen Meilensteins »Hülle dicht«. Die Trussed Concrete Company, Trusscon, fertigte und lieferte unter anderem die Bewehrungskörbe für den »Kahnträger«, die das Eigengewicht der weitgepannten Geschoßdecken reduzierenden »Hollow File«-Hohlkörperelemente aus gebrannten Ziegeln, die »HyRib«-Streckmetallbleche für Dachdeckungen und die »United Steel Sash«-Stahlverglasungen für großflächige Fenestrierungen als standardisierte und im Grundsatz projektneutrale Bauelemente. Weiterhin lieferte Trusscon eine ganze Palette von Chemikalien für baustellenfertige Farben und Abdichtungen.

Lehren für die Gegenwart Im Rückblick erstaunt die vor 100 Jahren formulierte, äußerst klare Umschreibung einer komplexen Architektenaufgabe bei Kahn Associates. Unter »Functional Design« forderte Kahn mit »Straight Line Production«, »Flexibility«, »Generous Column Spacing«, »Good Lighting«, »Adequate Ventilation« und »Low First and Upkeep Costs« grundlegende performative Vorzüge eines Bauwerks ein. Der nachfolgende wunderbare Leitsatz fasst Kahns ganzheitlichen Anspruch der professionellen Beantwortung einer gutgestellten Frage zusammen: »Thus factory design imposes a severe responsibility on the architect. The successful completion of the project depends upon his ability to analyse the project, to plan the structure properly and practically, to effect every economy, and to give the building external and internal distinction without extravagance.«

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Foyer der MSA Muenster School of Architecture: Ausstellung im Februar 2017 © Jürgen Reichardt

Architekturmodell von Glenn Martin: Studienarbeit bei Prof. Thorsten Bürklin © Jürgen Reichardt Erstellung des 1:100-Modells durch die Studenten und Studentinnen B. Deipenbrock-Adrian, D. Neister, L. Focker, S. Beisel, M. Busse, P. Mense, P. Börger, N. Akyüz, A. Leuters, S. Haid, Y. Tamura, S. Hillebrand, J. Tilmans, M. Korsman, L. Junkermann, D. Hidding, M. Bontrup, I. Drixelius, L. Neumann, B. Funke, J. Klemm

Diese Forderung nach Verantwortlichkeit umreißt die ganze Bandbreite einer integralen Planung und Ausführung: umfassende Definition der Aufgabe, Methodik einer brillanten planerischen Antwort und Fähigkeit einer professionellen Erstellung, unter Nutzung der besonderen Expertisen eines hochqualifizierten Planungs- und Ausführungsteams. In der Methode drängt sich ein Vergleich zur Medizin auf, in Analogie zur Vorgehensweise eines Krankheiten erkennenden und erfolgreich mit Anamnese, Diagnose, Therapie behandelnden Arztes. Gegenwärtig verfügbare digitale Planungstechniken, Simulationen und Netzwerke könnten das Verständnis einer »Form follows performance«-Strategie in der Architektur vertiefen, jedoch werden sich übergreifende Synergien nur

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einstellen, wenn die nach wie vor gelebten fachlichen Grenzen zwischen Architektur, Konstruktion, (Haus-)Technik und insbesondere Kosten- und Terminaspekte der Ausführung zu einem gemeinsamen Teamverständnis überwunden werden. Im Jahr 2017 sollen nach einer Auftaktveranstaltung in Münster weitere Ausstellungen und Symposien in Berlin und Detroit, Wanderausstellungen, ein internationaler Realisierungswettbewerb zur Transformation des Geburtshauses Kahn zu einer deutsch-amerikanischen Begegnungstätte in Rhaunen sowie eine Buchpublikation in eine Stiftung einfließen. Prof. Jürgen Reichardt Dipl.-Ing. Architekt BDA MSA Muenster School of Architecture

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Neubau und Instandsetzung von Großbrücken 17. Symposium der Verlagsgruppe Wiederspahn in Leipzig

Genau wie in all den Jahren zuvor hatte die Verlagsgruppe Wiederspahn mit MixedMedia Konzepts nach Leipzig eingeladen. Und wiederum waren der Einladung annähernd 200 Brückenbauexperten aus dem In- und Ausland gefolgt – zum inzwischen 17. »Symposium Brückenbau« am 14. und 15. Februar. Die Teilnehmerzahl blieb also auch 2017 auf gewohnt hohem Niveau: ein überaus eindrucksvolles Indiz für das Renommee eines Ingenieurtreffens, das schon von jeher durch die Qualität seines Vortrags- wie des Rahmenprogramms zu überzeugen wusste. Eine zweite Tradition, die diese Tagungsreihe seit Anbeginn auszeichnet, ist das sogenannte Referentenessen am Vorabend, das eine erste Gelegenheit zu Dialogen wie Diskussionen bietet und dementsprechend stets regen Anklang findet. Mehr als die Hälfte der angemeldeten Brückenbauspezialisten reiste daher bereits am 13. Februar an, um sich in zwangloser Atmosphäre auszutauschen, neue Kontakte zu knüpfen oder aber um bestehende weiter zu intensivieren.

Errichtung und Ertüchtigung Den offiziellen Auftakt bildete die Begrüßung durch Dipl.-Ing. Michael Wiederspahn am Dienstagmorgen, der nach ein paar erläuternden Sätzen zum Programm und dessen Ablauf wie Inhalt sogleich den ersten Referenten ankündigte: Dipl.-Ing. Gregor Gebert, DEGES, der hier mit »Neubau der Rheinbrücke Duisburg-Neuenkamp« für eine thematisch genauso passende wie umfassende Einstimmung sorgte, indem er die besonderen Randbedingungen beleuchtete, die bei Varian-

tenuntersuchung und Verwirklichung von sogenannten Landmark-Projekten fast unweigerlich Beachtung finden müssen. Eine in diverser Hinsicht nicht minder bemerkenswerte Herangehens- oder aber Umgangsweise präsentierte direkt im Anschluss Dipl.-Ing. (FH) Dominik Honerboom M. Sc., Leonhardt, Andrä und Partner, mit »Warum ist es am Rhein so schön?«, diskutierte er in Vertretung von Dipl.-Ing. Volkhard Angelmaier doch die Frage, welche Herausforderungen es bei der Nachrechnung, der Instandsetzung oder der bisweilen auch unvermeidbaren, ergo technisch wie ökonomisch gebotenen Neukonzeption von Flussquerungen zu bewältigen galt und noch gilt – und warum selbige in puncto Ästhetik und Konstruktion stets Meisterleistungen waren und weiterhin sein werden. Die zweifelsohne berühmte Brücke Köln-Mülheim, ebenfalls an dem deutschen Strom schlechthin gelegen, gehört nun zu jenen Bauwerken, die trotz gravierender Schäden saniert werden können, wie Bastian Kratzke M. Sc., Leonhardt, Andrä und Partner, schon einleitend signalisierte, bevor er dann über die Kriterien der zur Anwendung gekommenen Ermüdungsnachweise en détail aufklärte.

[Aktuell

Renommee dank Qualität

Verteilt auf die beiden Veranstaltungstage, gliederte sich das Symposium in exakt 24 Vorträge und deckte damit ein außerordentlich breitgefächertes und zudem international ausgerichtetes Spektrum ab, das in diesem Jahr darüber hinaus mit zwei Schwerpunkten aufwartete – dem Neubau und der Ertüchtigung von (Groß-)Brücken in und aus aller Welt sowie dem »Partnerland Schweiz« am Mittwochvormittag. Und so verhalf es, wie bisher immer, sämtlichen Teilnehmern zu mannigfaltigen Einund Ausblicken, ja zu einer Vielzahl von Erkenntnissen und Perspektiven, die sich anderenorts sicherlich kaum gewinnen lassen.

Impressionen vom 17. Symposium Brückenbau in Leipzig © Christian Schneider-Bröcker/Verlagsgruppe Wiederspahn

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Aktuell

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Pilotprojekte in Deutschland

Über die »Instandsetzung und Verstärkung der Kochertalbrücke« informierte wiederum Dipl.-Ing. Richard Rau von Leonhard Weiss, der bei seinem Resümee im Übrigen nicht zu betonen vergaß, dass es sich dabei um eine inzwischen mehrfach prämierte Planungs- und Baumaßnahme handelte. Die folgenden zwei Betrachtungen widmeten sich hingegen nur einer einzigen, einer freilich sehr weitgespannten Großstruktur, nämlich der bis Ende 2017 zu vollendenden Kienlesbergbrücke in Ulm. Das heißt, deren Entwurf inklusive prinzipieller Tragwerksausformung wurde zunächst von Dipl.-Ing. Bartlomiej Halaczek, Knight Architects, sehr fundiert dargestellt, während danach Dipl.-Ing. Uwe Heiland von SEH Engineering höchst plausibel erhellte, weshalb letztlich spezielle Lösungen zur statischen Modellierung und konstruktiven Durchbildung des semiintegralen Ganzstahlüberbaus zu erarbeiten waren.

Der zweite Vortragsblock rückte primär Vorhaben aus Deutschland ins Blickfeld, die als Pilotprojekte allesamt illustrierten, wie die generell zu erfüllenden Ansprüche an Ästhetik, Gebrauchstauglichkeit, Wirtschaftlichkeit und Dauerhaftigkeit sinnstiftend miteinander zu vereinbaren sind – und das überwiegend oder sogar durchwegs unter Anwendung neuester Methoden, Technologien oder Verfahren. Wie das im Fall des derzeit häufig diskutierten Building Information Modeling (BIM) zu gelingen vermag, konkretisierten gleich zu Anfang MR Prof. Dipl.-Ing. Karl Goj, Oberste Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr, und Dipl.-Ing. Michael Weizenegger, SSF Ingenieure, anhand einer relativ kleinen Brücke im Zuge des achtstreifigen Ausbaus der A 99 nördlich von München, deren Realisierung dazu dienen soll, das bis dato im Ingenieurbau noch unerprobte Planungsinstrument erstmals zur Gänze auf seine Praxisreife zu überprüfen. Ähnliches schwebe der Deutschen Bahn vor, wie Dipl.-Ing. Jens Müller, DB Netz, zu Beginn seiner Ausführungen erwähnte, was absolut glaubhaft anmutete, zumal er die Brückenerneuerung bei der DB in toto skizzierte und sie in dem Zusammenhang als eine Strategie mit Zukunftsorientierung definierte. Dass die »Intelligente Brücke im Digitalen Testfeld Autobahn« als »Ein Meilenstein in der Ära der digitalen Infrastruktur« zu klassifizieren ist, präzisierten darüber hinaus Ltd. Baudirektor Dipl.-Ing. Bernd Endres, Autobahndirektion Nordbayern, und Dr.-Ing. Christiane Butz, Maurer, deren Referat insofern mit Nachdruck verdeutlichte, welche Optionen sich gerade für die Bauwerkskontrolle ergeben, wenn vermeintlich monofunktionale Tragsysteme mit Mess- und Sensortechnik ausgestattet werden.

Mit einem eher selten gewürdigten Aspekt, der dennoch von kaum zu unterschätzender Relevanz ist, beschäftigte sich anschließend Dr.-Ing. Matthias Weissbach von Bung Ingenieure, und zwar mit dem Einfluss der Bauweisen und -zustände auf das Tragverhalten von Bogenbrücken, wobei er die Entwicklung von den massiven Querschnitten in Altertum und Gegenwart zu einem hybriden Sandwich mit Trapezblechstegen als jüngster Forschungsstufe kompetent nachzuzeichnen wusste. Dr. Günter Seidl, SSF Ingenieure, der jetzt das Podium betrat, hatte den Titel »Brücken mit Fahrbahnplatten aus Segmenten« gewählt, um am Beispiel der Pilotprojekte in Greißelbach und Mühlhausen die Vorzüge einer neuartigen Konstruktionsidee zu demonstrieren, die in Längs- und Querträger differenziert und unter anderem eine konventionelle Fahrbahnabdichtung verzichtbar macht. Die Charakteristika zweier integraler Straßenbrücken in Verbundbauweise, die innovativ und elegant seien, wie er sagte, veranschaulichte überdies Dipl.-Ing. Frank Schächner von schlaich bergermann partner: Die neue Bleichinselbrücke in Heilbronn und das »Rote Steigle« über die A 8 bei Stuttgart überzeugten das Auditorium offenkundig als äußerst qualitätsvolle Resultate eines ingenieurmäßigen Denkens.

Impressionen vom 17. Symposium Brückenbau in Leipzig © Christian Schneider-Bröcker/Verlagsgruppe Wiederspahn

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Schweiz als Partnerland

Die kurze Bauzeit von lediglich zwei Jahren und das Arbeiten im Off-Shore-Bereich waren die beiden Hauptschwierigkeiten bei der termin- und budgetgerechten Errichtung der drei Brücken über den Amsterdam-Rhein-Kanal sowie der zweiten Hollandse Brug, wie Dipl.-Ing. Sven Riedel, Hochtief Infrastructure, anmerkte, der hier die wesentlichen Attribute der »Bauwerke im Zuge des PPP-Projekts SAAone in den Niederlanden« einprägsam vermittelte. Obwohl er mit der Hochstraße Inzersdorf und der Neilreichbrücke eine Maßnahme zum Thema hatte, bei der Abbruch und Neubau einer der meistfrequentierten Autobahnstrecken Österreichs parallel und zudem unter vollem Verkehr erfolgen mussten, konnte Ing. Thomas Kozakow, ASFiNAG Baumanagement, quasi nahtlos an seinen Vorredner anknüpfen und bestätigen, dass gerade komplexe Bauvorhaben einer adäquaten Vorabplanung der einzelnen Ablaufphasen bedürfen. Der offizielle Teil des ersten Konferenztages war damit abgeschlossen, das Programm sah nun, wie stets beim Leipziger Symposium, eine vergnügliche Abendveranstaltung in einer exquisiten »Lokalität« für sämtliche Teilnehmer und Gäste vor.

[Umrisse]

sichtlichen Lehr- oder Vorschubgerüsttypen und Betonnagesequenzen abzustimmen, da sonst eine Überschreitung des zuvor veranschlagten Realisierungszeitraums mit der Konsequenz von Kostensteigerungen drohe.

[Aktuell

Niederlande und Österreich

Warum das eidgenössische Ingenieurwesen einen hervorragenden Ruf genießt, enthüllte das diesjährige Partnerland mit drei Vorträgen, die als durchaus exemplarisch einzuordnende, also unterschiedlichste und trotzdem nicht allein in der Schweiz auftretende Problemstellungen umkreisten. Ein erstes Indiz für deren Bandbreite wie Beschaffenheit lieferte die »Erdbebenertüchtigung von Straßenbrücken« und infolgedessen eine Aufgabe, mit der Baubehörden in seismisch gefährdeten Regionen beinahe zwangsläufig konfrontiert werden, wie Stéphane Cuennet, Bundesamt für Straßen ASTRA, zum Ende seiner lehrreichen Ausführungen bilanzierte. Stefan Kun, ebenfalls Bundesamt für Straßen ASTRA, referierte hingegen über die Instandsetzung von Brücken mit Gerbergelenken, also über die Verstärkung oder Erneuerung von mehrfeldrigen Systemen, die aufgrund fortgeschrittener Bewehrungskorrosion, verursacht durch undichte Dilatationsfugen, kontinuierlich an Tragfähigkeit verloren haben. Nach seiner versierten Beschreibung der denkbaren Alternativen zur Beseitigung eines zumindest in Europa nicht ungewöhnlichen Schadensbildes bei derartigen Tragstrukturen aus Beton lenkte dann Daniel Kunz, Tiefbauamt des Kanton Bern, das Interesse auf die »Viadukte der neuen Autobahn A 16 im Berner Jura« und somit auf einen vor kurzem eingeweihten, 9,50 km langen Streckenabschnitt, in dem immerhin fünf größere Brücken in geologisch überaus komplexem Gelände zu errichten waren: Ein entscheidender Parameter bei der Verwirklichung solcher massiven Bauwerke sei es, wie er zutreffend argumentierte, die Vorspannkonzepte bereits in einem frühen Planungsstadium auf die voraus-

Internationale Perspektiven Eine größere Brücke bauen zu wollen, bedingt per se die Prüfung des entsprechenden Entwurfs bzw. der statischen Berechnung, was in der Regel keine Besonderheiten impliziert, bei Projekten in Großbritannien oder Kanada jedoch von den hierzulande üblichen Regularien in manchen Punkten signifikant abweicht – wie in Summe zwei Erörterungen unverkennbar dokumentierten. So analysierte zunächst Dipl.-Ing. Michael Müller von Leonhardt, Andrä und Partner, weshalb das sogenannte Category-3-Independent-Checking überhaupt etabliert wurde, um direkt danach am Beispiel der Mersey Gateway Bridge zu vertiefen, wie dessen Anwendung de facto zu geschehen hatte und hat. Dipl.Ing. Marian Rackow, desgleichen Leonhardt, Andrä und Partner, aber mit dem »Independent Design Check« der Champlain Bridge in Montréal betraut, rückte wiederum jene Prämissen ins Zentrum seiner Schilderung, die ein Ingenieur zwingend erfüllen muss, wenn er in der Region Québec als unabhängiges Überwachungsorgan tätig werden will. Und das waren keine kleinen Hürden, wie er meinte und am Fall der von ihm absolvierten Lizensierungs- und Registrierungsverfahren expressis verbis zu erläutern verstand.

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] Aktuell Mit dem »Ponte Nigale«, der den Maracaibo-See in Venezuela überqueren wird, folgte nun eine dritte Schrägseilbrücke, freilich aus Sicht der Planer Dr.-Ing. Christian Hagen und Dr.-Ing. Thomas Löhning von Cowi A/S, die bei diesem 11 km langen und in fünf Abschnitte mit Hauptöffnungen von 430 m gegliederten Gesamtsystem vor allem Konstruktion und Bemessung von Über- und Unterbauten inklusive der Gründungskörper aus Pfählen und Pfahlkopfplatte verantworteten und verantworten. Eine Stahlverbundstruktur, die in Gestalt eines Bogens die ca. 150 m messende Svindersviken-Bucht in Stockholm überspannt, zeigte dagegen Dipl.-Ing. Günther Dorrer, MCE GmbH, wobei er die Montage des semiintegralen Tragwerks genauso sachkundig erläuterte und kommentierte wie die Eigenheiten einer Turnkey-Vereinbarung, die hier als vertragliche Basis fungierte.

Ein in seinen baulichen wie politischen Dimensionen als nachgerade gewaltig zu bezeichnendes Projekt verkörpert zweifelsfrei die Hongkong-Zhuhai-Macao Bridge, wie auch Xie Hongbing, China Railway Mayor Bridge Engineering Group, unterstrich, der extra angereist war, um in Leipzig eine Meeresquerung von ca. 55 km Länge vorzustellen, die derzeit in Kooperation von drei Regierungen bzw. Ländern inmitten eines Erdbebengebiets realisiert wird, sich in mehrere aneinandergereihte Schrägseilstrukturen sowie Inselaufschüttungen auffächert und schon heute, noch während ihrer Errichtung, mit 47,60 m/s den höchsten bis dato in China vorherrschenden Windgeschwindigkeiten ausgesetzt ist. Für den idealen, einen gewissermaßen erdenden Ausklang sorgte indessen Dr.Ing. Christian Hocke, Autobahndirektion Südbayern, da er mit der Nachrüstung von korrosionsarmer Bewehrung, der Optimierung der Betonrezeptur und der Applikation einer Tiefenhydrophobierung drei »Maßnahmen zur Verbesserung der Dauerhaftigkeit von Verkehrsbauwerken« thematisierte, die veranlasst worden waren, um chloridinduzierte Schäden an Brücken und in Tunneln künftig vermeiden oder wenigstens verringern zu können.

Ausklang mit Tradition Mit einem gemeinsamen Nachmittagsbuffet endete anschließend dieses überaus interessante und gelungene 17. Symposium, das den Anwesenden mit Nachdruck vergegenwärtigte: Der Neubau und die Ertüchtigung von Brücken erfolgen stets (gleichrangig) unter ästhetischen, funktionalen, konstruktiven und ökonomischen Aspekten. Und wie in jedem Jahr liegen ausnahmslos alle Vorträge zusätzlich in gedruckter Form vor – als Ausgabe 1/2∙2017 der Zeitschrift »Brückenbau«, das heißt als Tagungsband, der 40 € kostet und in jeder gutsortierten Fachbuchhandlung oder eben direkt über die Verlagsgruppe Wiederspahn zu erwerben ist. Siegfried Löffler Fachjournalist, München

Neubauten und Nachrüstungen Eine neue Spreequerung in Berlin, die als Teil der Süd-Ost-Verbindung von der Bundesautobahn A 13 momentan realisiert wird, soll die Erreichbarkeit der Industrieund Gewerbeareale im Raum Schöneberg und im Bezirk Lichtenberg erleichtern: Neben rein funktionalen Anforderungen spielten allerdings Fragen der städtebaulichen Einfügung eine überaus gewichtige Rolle, so dass nach etlichen Variantenstudien seitens der Senatsverwaltung für eine Deckbrücke mit untenliegenden Bögen aus Hohlprofilen votiert wurde, wie Dipl.-Ing. Robert William Smith, Ingenieurbüro Grassl, das Ende 2017 einzuweihende Ergebnis eines dreistufigen Formfindungsprozesses begründete.

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www.maurer.eu

Ausgabe 1/2. 2017

17. Symposium Brückenbau in Leipzig

www.verlagsgruppewiederspahn.de

ISSN 1867-643X

Tagungsband mit allen Vorträgen zum Nachlesen © Verlagsgruppe Wiederspahn

[Umrisse]


»Die Macherei« in München Projekt von Art-Invest Real Estate und Accumulata Immobilien

»Hippes« Quartier als Zielvorstellung © Art-Invest Real Estate Management GmbH & Co. KG/Accumulata Immobilien AG

Für den städtebaulichen Entwurf zeichnet das Münchner Büro OSA Ochs Schmidhuber Architekten verantwortlich, die einzelnen Gebäude werden, als Resultat eines 2016 ausgelobten Architekturwettbewerbs, von HWKN Hollwich Kushner, New York, Henning Larsen Architects, Kopenhagen und München, sowie msm meyer schmitzmorkramer, Köln und Frankfurt am Main, geplant. Die Idee ist, sie in puncto Höhe, Formensprache, Farb- und Materialwahl unterschiedlich zu gestalten, um im Endeffekt ein »lebendiges« Quartier zu realisieren, das sogar Open-Gardening-Bereiche beinhaltet.

[Immobilienmarkt

Aus dem ehemaligen Temmler-Gelände im Osten der bayerischen Landeshauptstadt wird »Die Macherei«, wobei ihre Inbetriebnahme für Ende 2019 vorgesehen ist. Das heißt, auf dem 26.400 m² großen Areal an der Berg-am-Laim-Straße verschwinden quasi die Industriegebäude des Arzneimittelherstellers Temmler, um so Platz für insgesamt sechs neue Häuser zu schaffen, die Geschäfts- und Einzelhandelsflächen, Restaurants, ein Design-Hotel, ein Boardinghouse und ein Fitnessstudio beherbergen sollen. »Darüber hinaus schaffen wir auf 55 % der Mietfläche hippe Bürowelten für 1.500–2.000 Angestellte aus national wie international etablierten Unternehmen und Start-ups«, so Ferdinand Spies, Art-Invest Real Estate. Herzstück des Ensembles wird der sogenannte Inkubator und damit ein Bauwerk sein, das mit ca. 15.000 m² und 3,50 m lichten Raumhöhen als Start-up-Hub konzipiert ist – und in Art einer Reminiszenz an die früher hier angesiedelten Ziegelbrennereien vorrangig von Ziegel(fassaden) umfasst sein wird.

Guido Prummer, Accumulata Immobilien: »›Die Macherei‹ orientiert sich bewusst an typischen früheren Industriegebieten wie Brooklyn, die sich in den vergangenen Jahren zu den urbansten und lebendigsten Bezirken ihrer Stadt entwickelt haben. Allerdings: Um High Potentials für ihre hiesigen Standorte außerhalb des Zentrums zu gewinnen, müssen Unternehmen auch etwas bieten, das mit coolen Locations in Berlin oder London Schritt halten kann. Nichts Geringeres planen wir in Berg am Laim zu realisieren.« www.accumulata.de www.art-invest.de

Goethequartier in Offenbach Neues Gesicht dank Nassauischer Heimstätte Erst im November vergangenen Jahres feierte die Nassauische Heimstätte das Richtfest für ihr Offenbacher Bauvorhaben »Heimathafen« – und nun wird bereits das nächste Projekt in Angriff genommen, und zwar in direkter Nachbarschaft: Auf dem Goethequartier genannten Grundstücksareal zwischen Berliner Straße, Goethering und Bernardstraße an der Grenze zum Kaiserlei werden 327 Mietwohnungen, Einzelhandels- und Büroflächen sowie weitere Gewerbeeinheiten realisiert. Der Baubeginn ist noch für 2017 geplant, die Fertigstellung soll spätestens Anfang 2021 erfolgen. Bauträger bei diesem Immobilienprojekt mit einer Investition im unteren dreistelligen Millionenbereich ist Die Wohnkompanie Rhein-Main GmbH, was bedeutet, dass ihr Entwicklung und schlüsselfertige Ausführung oblagen bzw. obliegen. Darüber hinaus schafft sie gemeinsam mit der Stadt Offenbach das Baurecht mit

[Umrisse]

einem Vorhaben- und Erschließungsplan, die Gebäudeplanung verantwortet wiederum das Architekturbüro Landes & Partner aus Frankfurt am Main. »Wir schaffen mit dem Projekt Goethequartier über 27.000 m² Wohnraum für Mieter im Rhein-Main-Gebiet, wo dieser dringend gebraucht wird«, so Dr. Constantin Westphal, Geschäftsführer der Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte, und weiter: »Innerhalb von wenigen Monaten haben wir damit den Neubau von rund 480 Mietwohnungen angekündigt, das zeigt, dass wir richtig Gas geben, um das Angebot an bezahlbaren Wohnungen zu erhöhen.« Der Standort am Kaiserlei mit seiner direkten Anbindung an das Autobahn- und S-Bahn-Netz sei zudem ideal, liege sozusagen zwischen den Innenstädten Offenbachs und Frankfurts. Und Iris Dilger, Geschäftsführerin Die Wohnkompanie Rhein-Main GmbH: »Mit diesem

(Künftiger) Standort zum Wohnen und Arbeiten © Die Wohnkompanie Rhein-Main GmbH/Nassauische Heimstätte Wohnungs- und Entwicklungsgesellschaft mbH

Projekt werden wir die Mikrolage komplett aufwerten und ein neues Quartier mit einer eigenständigen Identität und Adresse für Offenbach bilden.« www.naheimst.de

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Blut-Zentrum in Ratibor

Produkte und Projekte

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Spektakuläre Fassade dank NBK Keramik Das Architektenbüro FAAB architektura von Adam Białobrzeski und Adam Figurski konnte mit der Fertigstellung des regionalen Blut-Zentrums im oberschlesischen Ratibor, heute Racibórz, einen zweifelsfrei spektakulär zu nennenden Entwurf realisieren. So wurde, ganz in der Tradition schlesischer Baukunst, das gesamte Gebäude mit einer Fassade aus großformatigen Keramikplatten gestaltet – und zwar in der Farbe Blutrot. Mit mehr als 2.000 Elementen in einer Vielzahl von unterschiedlichen Längen und Breiten umschließen die großen Platten ein Bauwerk, das mit bis zu acht Geschossen und einer Nutzfläche von ca. 3.300 m² ohnehin eine beeindruckende Größe erreicht, was seine Bedeutung widerspiegelt, dient es als Regionalzentrum doch zur Gewinnung, Behandlung und Lagerung von menschlichem Blut. In ihm finden sich daher auch alle Funktionsräume von der Blutspende, Bluttest, Blutaufbereitung und -behandlung, einschließlich radioaktiver Methoden, über die biologische und medizinische Forschung bis hin zur modernsten Kühltechnik.

Hochglänzende Platten in drei Farbtönen © NBK Keramik GmbH

Die Farbgebung der Fassade basiert auf drei unterschiedlichen Tönen von hell-, mittel- bis dunkelrot, wobei durch deren versetzte und unregelmäßige Anordnung auf den sich aus der Konzeption ergebenden querlaufenden Bändern das Bild eines »strömenden Flusses von Blutkörperchen« entstehen soll(te). Die Abfolge der Rottöne erfolgte deshalb nach einem genau definierten Verlegeplan, in dem der exakte Einbauort einer jeden Platte verzeichnet war.

Gebäudehülle als Symbol © NBK Keramik GmbH

Höchste Anforderungen musste zudem die Keramikproduktion erfüllen, denn es galt hier Platten mit unterschiedlichen Radien zu fertigen, die sich dann zu einer passgenauen Struktur zusammenfügen lassen. Und das ist hervorragend gelungen, wie das fertiggestellte Gebäude mit Nachdruck veranschaulicht. www.nbk.de

Hochwertige Alternative zum Abdichten Kostengünstiges Polymer-Quellband von StekoX® Das Polymer-Quellband SwellproofX® 1 ist ein thermoplastisches Elastomer, das bei Wasserkontakt ein Quellvermögen bis zu 250 Vol.-% erreicht und dabei über eine hohe Reißfestigkeit und Elastizität verfügt – und sich deshalb in erster Linie zum Abdichten von klassischen Arbeitsfugen zwischen zwei Betonierabschnitten eignet. Untrennbar mit dem Trägermaterial verkettete hydrophile Polymere dienen hier als Quellabsorber und ermöglichen einen um 72 h zeitverzögerten Quellvorgang. Das heißt, das unter Feuchtigkeitseinwirkung aufquellende Band erzeugt einen linear ansteigenden Quelldruck und dichtet derart sämtliche Arbeitsfugen sicher ab, selbst in Wasserwechselzonen. Unebene und raue Untergründe lassen sich während des Einbaus zudem mit der Polymer-Quellpaste SX® 100 ausgleichen. Der Quellvorgang ist reversibel, im eingebauten Zustand aber

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Anordnung in Arbeitsfugen © StekoX® GmbH

ausschließlich durch Ablüften möglich. So bleiben mit SwellproofX® 1 abgedichtete Bauteile garantiert wasserundurchlässig. Dieses Quellband ist als Flachbandprofil in den Größen 20 mm x 5 mm auf der 20-m-Rolle und 20 mm x 10 mm auf der 10-m-Rolle lieferbar. Aufgrund des großen Temperaturbereichs von -30 °C bis + 60 °C, der guten Beständigkeit gegenüber Säuren, Laugen und ähnlichen Flüssigkeiten sowie

Eignung (auch) für Salzwasserbereiche © StekoX® GmbH

der speziell für Salzwasserbedingungen entwickelten Variante SwellproofX® 1 SW deckt es einen breiten Anwendungsbereich ab – und empfiehlt sich nicht zuletzt für den Einsatz in Gebäuden des Gesundheitswesens. Und: SwellproofX® 1 ist zugleich eine ebenso hochwertige wie preisgünstige Alternative für vielfältige Abdichtungen. www.stekox.de

[Umrisse]


Kraftvolle Inszenierung im Raum Sichtmauerwerk aus Kalksandstein Bauen mit Sichtmauerwerk ist sicherlich ein Sinnbild für archetypische Architektur – und Wände aus Kalksandstein vereinen dabei die Ästhetik des Weiß mit der harmonischen Struktur von Fugen, Kanten und Linien, einer ruhigen oder lebendigen Oberfläche sowie den bautechnischen Vorteilen eines natürlichen Materials. Der KS-Fasenstein zum Beispiel schafft hier neue Impulse, indem er dank umlaufend gefaster Kanten die kultivierte Ausdruckskraft eines Sichtmauerwerks zu erzeugen vermag: Durch das Vermauern im Dünnbettmörtel übernimmt die Fase den strukturierenden Charakter einer Sichtfuge. Außerdem vereinfacht er durch optionale Installationskanäle im Abstand von 12,50 cm die Elektromontage. Das heißt, Kabel lassen sich einfach durch diese Kanäle ziehen, Schalter und Steckdosen präzise positionieren. Verschiedene Farben, Formen und Ausführungen, glatt, bruchrau oder bossiert verdeutlichen die Vielfalt der Verblender von KS-Original, die es ermöglicht, Innenräumen und Fassaden einen eigenen Charakter zu verleihen. So bringen glatte Ober-

flächen die präzise Kontur der Steine zur Geltung und wirken selbstbewusst sowie formgebend, während strukturierte Verblender für eine spannungsvolle Lebendigkeit sorgen. Letztlich ist Sichtmauerwerk aus Kalksandstein wie ein Kreativspielplatz für anspruchsvolle gestalterische Elemente und besondere Lichtwirkungen. Ergänzende Akzente im Innenraum kann man darüber hinaus mit polierten Kalksandsteinen setzen, gerade weil ihre Farbschattierung und die eingeschlossenen, sichtbaren Edelsplitter die Natürlichkeit des Materials quasi hochglänzend widerspiegeln. Neben seinen ästhetischen Qualitäten trägt der aus den Rohstoffen Kalk, Sand und Wasser hergestellte Kalksandstein zur Wohngesundheit bei. Mit seiner diffusionsoffenen Struktur puffert er Schwankungen der Luftfeuchtigkeit ab, speichert überschüssige Feuchtigkeit und gibt sie wieder ab, wenn die Raumluftfeuchte niedrig ist. Das Raumklima bleibt also automatisch angenehm und behaglich. Seine Wärmespeicherfähigkeit gewährleistet zudem zu jeder Jahreszeit ausgeglichene Tempera-

Maximum an Gestaltungsmöglichkeiten © Thomas Popinger/KS-Original GmbH

Ästhetik mit Funktionalität © Thomas Popinger/KS-Original GmbH

turen im Gebäudeinneren. Und schließlich bietet er stets hohen Schallschutz – allessamt zentrale Aspekte für ein gesundes Wohn- und Arbeitsumfeld. www.ks-original.de

Kombination von Prallschutz und Fixierung Ausgezeichneter Türstopper in vier Varianten von Wagner Der Industrieverband Halbzeuge und Konsumprodukte aus Kunststoff e.V., kurz pro-K genannt, zeichnet mit dem »pro-K award« die besten Konsumprodukte aus Kunststoff für herausragende Produkteigenschaften aus. Zu den 19 Preisträgern des Jahres 2017 zählt auch der neuartige Türstopper namens »3Stop« von Wagner. Denn er ist eine echte Innovation, bei der Form und Funktion stimmen. Und das zeigt sich nicht zuletzt an den drei abgerundeten Keilformen mit unterschiedlichen Steigungswinkeln, die seine Anwendung zu 100 % flexibel machen. Als AllroundTürstopper konzipiert und aus einem Elastomer gefertigt, das extra entwickelt wurde, verfügt er vor allem aber über einen wahrlich singulären 3-in-1-Vorteil, was bedeutet, dass er Tür, Wand und Möbel quasi gleichzeitig zu schützen vermag: Hinter der Tür platziert, dient er als Prallschutz oder zum Fixieren der Tür; davor angeordnet, fungiert er als Feststeller; zwi-

[Umrisse]

Mehrere Farben zur Auswahl © Wagner System GmbH

Schutz von Tür und Wand © Wagner System GmbH

schen Tür und Türstock angebracht, hält er Erstere einen Spaltbreit offen. Riffelungen an der Unter- und Oberseite verhindern zudem das Verrutschen des »3Stop« und sorgen derart für den ebenso sicheren wie festen Halt ein jeden Tür. Die mit der Verleihung des pro-K award 2017 für intelligente Anwendungen und anspruchsvolles Design gewürdigte Inno-

vation wird in den vier Farbvarianten Schwarz, Limegreen, Pink und Transparent angeboten und ist ab sofort lieferbar. Damit ergänzt der »3Stop« das bisherige Türstopper-Sortiment der Wagner System GmbH um eine Alternative, deren Einsatz sich nicht nur in Wohn- oder Bürobereichen empfiehlt. www.wagner-system.de

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Hygienische Ästhetik für Gesundheitseinrichtungen

Produkte und Projekte

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Multifunktionale Boden- und Wandbeschichtungen von Sika Medizinische und therapeutische Einrichtungen stellen enorme Anforderungen an Funktionalität, Sicherheit und Hygiene, wobei je nach spezifischer Nutzung des Raums besondere Kriterien für die Beschaffenheit von Böden und Wänden gelten. Im Operationssaal sind zum Beispiel andere Eigenschaften gefragt als im Wartezimmer, im Therapieraum oder im Patientenzimmer. Der größte gemeinsame Nenner in Kliniken, Rehabilitations- und Therapiezentren, Arztpraxen, Apotheken und Laboren ist zweifelsfrei die Hygiene, zumal jährlich weltweit mehrere Millionen Menschen von Krankenhausinfektionen betroffen sind. Fugenlose Bodenbeläge, die keinen Raum für das Einnisten von Pilzen und Bakterien bieten und die sich zudem einfach und schnell reinigen lassen, sind hier eine wirkungsvolle Maßnahme zur Infektionsprävention. Eine Ausbildung der Wandund Bodenanschlüsse als glatte und reini-

Fugenlose Ausführung von großer Nachhaltigkeit © Franck Boston/Sika Deutschland GmbH

Einfache Reinigung und leichte Pflege als »Muss« © Fotalia/Sika Deutschland GmbH

Vielfalt an Farbtönen und Oberflächen © Sika Deutschland GmbH

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gungsfreundliche Hohlkehle reduziert zusätzlich die Gefahrenstellen für Schlupflöcher und die Verbreitung schädlicher Keime. Sicherheit und Unfallschutz für Patienten und medizinisches Personal sind ein weiterer wichtiger Faktor für ein effektives Bodenbeschichtungssystem. Zur Verhinderung von Stürzen durch Ausrutschen oder Stolpern bieten sich rutschfeste und schwellenlose Böden an. In Behandlungsräumen mit hochwertigem medizinischem High-Tech-Equipment muss aber auch die Vermeidung von elektrostatischen Entladungen gewährleistet sein, da selbige zu Geräteausfällen oder im schlimmsten Fall sogar zu Bränden führen könnten: Elektrostatisch ableitfähige Bodenbeschichtungen minimieren diese Gefahrenquelle. Einfache Reinigung und leichte Pflege zählen im Übrigen ebenfalls zu den unabdingbaren Faktoren für alle Bodenbeschichtungen in medizinischen Einrichtungen, was am besten durch deren Fugenlosigkeit erreicht wird. Ergänzend sind die chemische Resistenz gegen starke Desinfektionsmittel sowie die thermische Beständigkeit gegen heiße Reinigungsmedien wichtig, um die Langlebigkeit der verwendeten Beschichtungssysteme im medizinischen Umfeld zu garantieren. www.sika.de

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100 Jahre Erwin Heinle Würdigung eines bedeutenden Architekten

[Nachrichten

Am 5. April 2017 wäre Erwin Heinle 100 Jahre alt geworden: Als Gestalter des Fernsehturms wirkte er prägend für das Stadtbild von Stuttgart. Als leitender Architekt war er zudem wesentlich an der Realisierung des Landtages von Baden-Württemberg, ebenfalls in Stuttgart stehend, beteiligt. Und als Spiritus Rektor des Olympischen Dorfes in München wurde er von den Bewohnern hoch geschätzt. Viele seiner Gebäude wurden noch zu seinen Lebzeiten zu Denkmälern erklärt – und das Olympische Dorf sogar im Museum of Modern Art in New York ausgestellt. Das von ihm und Robert Wischer gegründete Büro Heinle, Wischer und Partner, Freie Architekten, arbeitet seit inzwischen über 50 Jahren erfolgreich mit der von ihm geprägten innovativen Bürostruktur und ist auch heute noch als eines der größten deutschen Architekturbüros im Hochschul-, Forschungs- und Gesundheitsbau maßgebend tätig. Darüber hinaus prägte er über 15 Jahre die architektonische Entwicklung der Kunstakademie in Stuttgart mit. Heinle, Wischer und Partner laden nun zu Ehren seines 100. Geburtstages zu einer Vortragsveranstaltung in die Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart ein. Verschiedene Referenten und Wegbe-

Erwin Heinle © Heinle, Wischer und Partner

Olympisches Dorf in München © Heinle, Wischer und Partner

Landtag von Baden-Württemberg © Heinle, Wischer und Partner

gleiter aus Architektur und Kunst beleuchten hier Erwin Heinles Rolle als Architekt, als Lehrer und als Partner des Büros, besprechen ausgewählte Werke und erläutern seine methodischen Ansätze und Arbeiten.

Eine Teilnahme an der Veranstaltung am Nachmittag des 8. September 2017 ist mit vorheriger Anmeldung möglich. www.heinlewischerpartner.de

Planungsleistungen am Klinikum Stuttgart Neuer Auftrag für Sweco Architects Seit 2016 gehört die Ludes Generalplaner GmbH zur Sweco-Gruppe, dem europaweit größten Anbieter für Architektur- und Ingenieurdienstleistungen. Nun haben die renommierten Architekten am Klinikum Stuttgart, Standort Mitte, den Zuschlag für ein umfassendes Projekt erhalten; Auftraggeber ist das Klinikum Stuttgart. Das Budget von 36,40 Mio. € umfasst hier die Objektplanung des Hauses G, in dem die Strahlentherapie und die Nuklearmedizin untergebracht sein werden. Darüber hinaus schließt es die erforderliche Tragwerksplanung, die Generalplanerleistungen, den Brandschutz, die technische Ausrüstung und die thermische Bauphysik ein. Stefan Ludes, Geschäftsführer der

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Ludes Generalplaner GmbH: »Wir werden das neue Gebäude an den vorhandenen Gebäudebestand des Klinikums Stuttgart anbinden. Dabei läuft der gesamte Klinikbetrieb unverändert weiter. Eine besondere Herausforderung besteht für uns darin, dass die benachbarten Gebäude zum Teil sehr empfindlich gegenüber Störungen, wie Lärm und Erschütterungen, sind.« Zunächst gilt es, den zweigeschossigen Altbau plus Untergeschoß zu räumen und zurückzubauen. Dann soll das neue Haus G mit ca. 6.350 m² Nutzfläche errichtet werden, das sich auf sechs oberirdische und zwei unterirdische Geschosse verteilt. Es wird Bettenstationen für die Nuklearmedizin und Teilbereiche der Strahlenthe-

rapie sowie Funktionseinheiten für die Nuklearmedizin inklusive PET-CT und die Brachytherapie bereithalten. Zudem soll dort das Stuttgart Cancer Center (SCC), Tumorzentrum Eva Mayr-Stihl, untergebracht werden. Verwaltungsbereiche, Arztpraxen und der Stuttgarter Pädiatrieund Patientensimulator (STUPS) werden dort ebenfalls Raum finden. Das anspruchsvolle Projekt beginnt im Januar 2017; spätestens zum Jahresende 2020 soll Haus G dann mit seinen Angeboten den Patienten zur Verfügung stehen. www.sweco-gmbh.de

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Heinrich Strunz zum 60. Geburtstag

Nachrichten

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FVLR-Vorsitzender und Lamilux-Geschäftsführer Der Vorsitzende des Fachverbandes Tageslicht und Rauchschutz e.V. (FVLR) Dr. Heinrich Strunz führt seit 32 Jahren das Familienunternehmen Lamilux. In dritter Generation baute er es zu einer weltweit agierenden Firma aus. Im April feierte er nun seinen 60. Geburtstag. Während seiner Präsidentschaft als Vorsitzender des FVLR konnte er die Unternehmen der Tageslicht- und Rauchschutzbranche zusammenführen, wodurch vor allem die Kommunikation des Nutzens von Dachoberlichtern wichtige Impulse erhielt. Auch ein neues Label zur Kennzeichnung der Energieeffizienz von Tageslichtsystemen hat der Fachverband unter Dr. Heinrich Strunz‘ Führung ins Leben gerufen. Dr. Heinrich Strunz engagiert sich zudem in zahlreichen weiteren Gremien, so ist er Vorsitzender des DIHK-Fachausschusses »Industrie und Forschung« in Berlin, Mitglied im Beraterkreis der Hightech-Strategie der Bundesregierung sowie Mitglied

des Wirtschaftssenats des Bundesverbandes der mittelständischen Wirtschaft (BVMW). Der gebürtige Oberfranke studierte Jura an der Ludwig-Maximilians-Universität in München, schloss dort erfolgreich seine Promotion ab und übernahm 1985 von seinem Vater den Rehauer Familienbetrieb Lamilux – mit nur 28 Jahren, aber nachhaltig wachsendem Erfolg: Erwirtschaftete Lamilux 1985 noch 7,50 Mio. € Umsatz, waren es 2016 über 230 Mio. €, wobei sich die Mitarbeiterzahl von 125 auf über 850 Mitarbeiter fast versiebenfacht hat. Gleiches gilt für die Internationalität, denn Lamilux hat mittlerweile neun Auslandstöchter und ist in über 40 Ländern weltweit tätig. Und: Das Portfolio wurde unter seiner Leitung von einer reinen Lichtkuppelproduktion ausgeweitet auf Lichtbänder, Glasarchitektur, Sicherheitstechnik, Photovoltaik und Gebäudesteuerungen. www.lamilux.de

Dr. Heinrich Strunz © Lamilux Heinrich Strunz GmbH

Zusätzliches Potential durch Doppelspitze Weiterer Geschäftsführer bei SEH Engineering Die SEH Engineering GmbH wird seit kurzem wieder von zwei Geschäftsführern geleitet: Die Doppelspitze besteht unverändert aus Dipl.-Ing. Uwe Heiland als technischem Geschäftsführer und Sprecher der Geschäftsführung, der die Gesellschaft seit 2010 allein führte, sowie seit Jahresanfang zusätzlich aus Dipl.-Kfm. Meik Schücke als kaufmännischem Geschäftsführer. Dipl.-Kfm. Meik Schücke verfügt über langjährige Erfahrungen in der Baubranche und in der Wirtschaftsprüfung. Seit 2011 arbeitet der 47-Jährige als kaufmännischer Leiter der SEH Engineering GmbH. Parallel wurde er als Prokurist für die Schwestergesellschaft Stahlbau Engineering GmbH tätig und seit 2014 als kaufmännischer Geschäftsführer der Tochtergesellschaft EDS Steel Solution GmbH. Die SEH Engineering GmbH hat nachhaltig ihre nationale und internationale Performance erfolgreich ausgebaut und die Wertschöpfungskette durch die Angliederung von Unternehmen ausgeweitet. Durch

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die Verstärkung und Aufgabentrennung der Geschäftsführung werden nun Ressourcen frei, um das nationale und internationale Wachstum zu forcieren und die Marktposition weiter auszudehnen. Agiert wird derzeit von vier Standorten aus: Hannover (Zentrale), Dortmund, Ost-

Dipl.-Ing. Uwe Heiland © SEH Engineering GmbH

rhauderfehn und Ulm. Das Unternehmen bietet mit seinen ca. 200 Mitarbeitern ein umfassendes Produkt- und Leistungsspektrum aus dem Bereich Stahlbau und erwirtschaftet einen Jahresumsatz von ca. 90 Mio. €. www.seh-engineering.de

Dipl.-Kfm. Meik Schücke © SEH Engineering GmbH

[Umrisse]


Zukunftsschau München 2040+ Szenarien für die Stadtentwicklung vom Fraunhofer IAO setzen, der zeigt, welche Entwicklungen und Trends das Leben in München künftig prägen und in welche Richtung sich die Stadt entwickeln könnte. Die Ergebnisse des Szenario-Berichts liegen jetzt erstmals in veröffentlichter Form vor. Das heißt, diese Studie enthält neben Hintergrundwissen vor allem Handlungsempfehlungen für die künftige Stadtentwicklung, die sich aus den drei identifizierten Kernszenarien ergeben, nämlich – Szenario 1 »München – sauber reguliert«, – Szenario 2 »München – hart kalkuliert« und – Szenario 3 »München – charmant unsortiert«. Ob eines jener Szenarien tatsächlich so eintreten wird, muss freilich erst die Zukunft zeigen. Nachlesen lässt sich das Ganze zumindest schon heute. www.iao.fraunhofer.de

[Nachrichten

München brummt, die Wirtschaft und der Arbeitsmarkt florieren, die Stadt führt in fast allen Städte-Rankings, und die Immobilienpreise erreichen regelmäßig Höchststände. Doch in der bayerischen Landeshauptstadt zu leben ist schon heute sehr und für manche sogar viel zu teuer. Aufgrund der begrenzten Flächen und des starken Zuzugs ist München deshalb mehr als andere gefordert, neue Wege in der stadträumlichen Gestaltung zu gehen. Die Münchner Stadtentwicklung zählt bundesweit aber zugleich zu den führenden Einrichtungen. So betreibt das Referat für Stadtplanung und Bauordnung seit den 1990er Jahren das kontinuierlich weiterentwickelte strategische Stadtentwicklungskonzept »Perspektive München« – und in dem Zusammenhang wurde (auch) das Fraunhofer-Institut für Arbeitswissenschaft und Organisation (IAO) beauftragt, einen Szenario-Prozess auf- und umzu-

Studie zum kostenlosen Download © Fraunhofer-Institut für Arbeitswissenschaft und Organisation

Modernes Bauen mit vergessenen Techniken Zukunftsweisender Lösungsansatz an der ETH Zürich In den Städten ist der Platz knapp, weshalb vermehrt nach Wegen gesucht wird, um kompakt(er) bauen zu können – und das noch möglichst günstig und umweltfreundlich. Eine Perspektive bietet hier die Leichtbauweise: Je dünner beispielsweise die Decken eines mehrstöckigen Gebäudes sind, desto mehr Volumen bleibt für zusätzliche Geschosse. Weil sie so weniger Gewicht tragen müssen, lässt sich auch bei Fundamenten und Mauern Material sparen, was die Kosten ebenfalls senkt. Doch bei der heute üblichen Bauweise mit Beton ist es kaum machbar, Gewicht zu reduzieren. Einen neuen Lösungsansatz präsentieren nun Forschende des Instituts für Technologie in der Architektur der ETH Zürich, indem sie Bodenelemente aus Beton entworfen haben, deren tragende Platte nur 2 cm dick, aber trotzdem sehr stabil ist. Da die Platten zudem nicht flach, sondern gewölbt sind, reduziert sich deren Gewicht quasi automatisch – ähnlich wie die Deckengewölbe in gotischen Kathedralen, die allein

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durch ihre Form sehr großen Belastungen standhalten, ohne Bewehrungsstahl zur Verstärkung zu benötigen. »Gedankliche« Basis waren unter anderem Bauwerke im Stil der katalanischen Gewölbe, eine Struktur, die der spanische Architekt Rafael Guastavino Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte: Seine gemauerten Gewölbe verstärkte er auf der Oberseite durch schmale, senkrechte Rippen, die dazu dienten, ebene Fläche für den Fußboden zu schaffen, und zugleich die Stabilität bei asymmetrischer Belastung erhöhten. Das Prinzip der Verstärkungsrippen machten sich die ETH-Forscher für ihre Betonelemente zunutze. Mit einem eigens entwickelten Computerprogramm berechneten sie, wie die Rippen angeordnet sein müssen, um bei Belastung auftretende Druckkräfte optimal zu verteilen. Das Resultat ist ein filigranes Muster dünner Linien, die jeweils an den Ecken zusammenlaufen. Das Element selbst wird in einen Stahlrahmen eingespannt, der die Druckkräfte aufnimmt

Verstärkungsrippen als Konstruktionsprinzip © ETH Zürich

und damit dieselbe Funktion hat wie die Strebepfeiler in Kathedralen. Belastungstests haben gezeigt, dass sich derart eine asymmetrische Last von 4,20 t aufnehmen lässt. Und das ist sogar zweieinhalbmal mehr, als die in der Schweiz geltenden Baunormen fordern. www.ethz.ch

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Sensor-Kabel zur Datenerfassung

Nachrichten

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Erfolgreiche Entwicklung der Universität des Saarlandes Wo genau befinden sich die U-Bahn oder der Zug im Tunnel? Und wo versucht jemand, auf ein Grundstück zu gelangen, auf dem er nichts verloren hat? Oder: Wer hat ein Handy dabei, obwohl er nicht sollte? Solche Fragen vermag ein dünnes Sensor-Kabel zu beantworten, das die Forschergruppe von Uwe Hartmann an der Universität des Saarlandes entwickelt hat, indem es einige Meter um sich herum alles erfasst, was das Erdmagnetfeld in irgendeiner Weise ändert. Das heißt, es kann, an Zäunen angebracht, unterscheiden, ob nur der Wind an den Maschen rüttelt oder ein Bolzenschneider. Im Boden verlegt, erkennt es wiederum Autos, nimmt wahr, in welche Richtung Pkws fahren und unterscheidet sie zudem von Lkws. Und sogar Drohnen, die in ein paar Metern Höhe das Kabel überfliegen, bemerkt es – im Übrigen ebenso wie den Reißverschluss oder das Handy desjenigen, der darübergeht. An Flughäfen, U-Bahnen oder Bahnhöfen macht es neue Leitsysteme möglich, auf Privatgrundstücken, in Kernkraftwerken wie Industrieanlagen eine neue Art der Überwachungstechnik.

Kostengünstiges Produkt mit Serienreife © Oliver Dietze/Universität des Saarlandes

Die kleinen Messfühler, die die Physiker wie Perlen an einer Schnur in einem dünnen Kabel miteinander verbinden, sind untereinander vernetzt und melden ihre Messwerte an einen Microcontroller, der die Daten wiederum weiterverarbeitet. Dank kontinuierlicher Systemoptimierung, der mathematischen Modellierung von Datenmustern und der detailreichen Programmierung wie Verfeinerung von Sensoren und Auswerteeinheit zeigt diese serienreife und zugleich flexibel anpass-

bare Neuentwicklung den Ort der Störung ganz exakt an, was vor allem bei großen überwachten Geländen interessant ist. Das Sensor-Kabel braucht nicht viel Strom, die Sensoren sind nahezu verschleißfrei und unabhängig von der Witterung jederzeit funktionstüchtig, selbst bei Regen, Nebel oder Schnee messen sie daher einwandfrei. Und: Das System speichert keine Daten oder sonstige Informationen, Hacker finden hier also keine Angriffsfläche. www.uni-saarland.de

Blaues Band Deutschland Beschluss des (gleichnamigen) Bundesprogramms Die Bundesregierung will verstärkt in die Renaturierung von Bundeswasserstraßen investieren und damit neue Akzente in Natur- und Gewässerschutz, Hochwasservorsorge sowie Wassertourismus, Freizeitsport und Erholung setzen. Und so hat, mit ebenjenem Ziel, das Bundeskabinett auf Vorschlag von Verkehrsminister Alexander Dobrindt und Umweltministerin Barbara Hendricks vor kurzem das Bundesprogramm »Blaues Band Deutschland« beschlossen. Das Bundesprogramm bietet für jene Wasserstraßen eine Zukunftsperspektive, die nicht mehr für den Güterverkehr benötigt werden, also insbesondere für sogenannte Nebenwasserstraßen mit einer Länge von ca. 2.800 km. Auch im verkehrlich intensiv genutzten Kernnetz der Bundeswasserstraßen werden Renaturierungsmaßnah-

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men für den Aufbau eines bundesweiten Biotopverbunds durchgeführt. Zur Realisierung des Bundesprogramms werden ein Zeitraum von 30 Jahren und ein jährlicher Investitionsbedarf von 50 Mio. € angesetzt. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt: »Deutschland hat eine einmalige Wasserlandschaft. Diesen Naturschatz wollen wir erhalten. Mit dem Bundesprogramm ›Blaues Band Deutschland‹ setzen wir uns für Erhalt und Wiederherstellung naturnaher Flusslandschaften ein. Der Güterverkehr ist nicht das allein ausschlaggebende Kriterium für Investitionsentscheidungen; in Zukunft wird auch bewertet, welchen Freizeitnutzen und welche ökologischen Entwicklungsmöglichkeiten eine Wasserstraße hat.« Derzeit werden bereits fünf Modellprojekte an Rhein und Weser durchgeführt, die sich der Renatu-

rierung der Flüsse wie der Ufer und Auen widmen. Die Anforderungen an die deutschen Wasserstraßen haben sich verändert. So konzentriert sich der Güterverkehr inzwischen auf ein Kernnetz der großen Flüsse und Kanäle, die infolgedessen Priorität bei den verkehrlichen Investitionen genießen. Dazu kommen jedoch zahlreiche Nebenwasserstraßen, auf denen kaum noch Fracht transportiert wird – und die (deshalb) über ein hohes ökologisches Entwicklungspotential verfügen. Intention ist nun, dieses Potential zu heben, um wertvolle Naturräume zu gewinnen und attraktive Flusslandschaften mit Anziehungskraft für Erholungssuchende, Wassersportler und den Wassertourismus zu schaffen. www.bmvi.de

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Begreifbare Baukunst. Türgriffe in der Architektur Ausstellung im Grassi Museum für Angewandte Kunst in Leipzig bis 14. Mai; Di–So 10–18 Uhr.

Discreet Violence. Architecture and the French War in Algeria

Ausstellungen Futura. Die Schrift Ausstellung im Gutenberg-Museum in Mainz bis 30. April; Di–Sa 9–17 Uhr, So 11–17 Uhr.

Gutenberg-Museum Liebfrauenplatz 5, 55116 Mainz Tel.: 0 61 31/12 26 40

Schweizweit Ausstellung im Schweizerischen Architekturmuseum (SAM) in Basel bis 7. Mai; Di–So 10–17 Uhr.

Schweizerisches Architekturmuseum Steinenberg 7, CH – 4001 Basel rg Tel.: 00 41/61/2 61 14 13

Pont Adolphe 1903 Ausstellung im Museum Dräi Eechelen in Luxemburg bis 8. Mai; Mi–Mo 10–18 Uhr, Mi 10–20 Uhr.

Musée Dräi Eechelen 5, Park Dräi Eechelen, L – 1499 Luxemburg Tel.: 0 03 52/26 43 35

Bühnen, Banken, Flugzeughallen. Projekte von Otto Apel/ABB Ausstellung im Deutschen Architekturmuseum (DAM) in Frankfurt am Main bis 14. Mai; Di–So 11–18 Uhr, Mi 11–20 Uhr.

Deutsches Architekturmuseum Schaumainkai 43, 60596 Frankfurt am Main Tel.: 0 69/2 12-3 88 14

Ausstellung in der EidgenössischenTechnischen Hochschule (ETH) Zürich bis 3. Juni; Mo–Fr 10–18 Uhr.

ETH Zürich Stefano-Franscini-Platz 5, CH – 8093 Zürich Tel.: 00 41/44/6 33 29 18

Einfach alltäglich. Über Gegenstände und ihre Geschichten Ausstellung im aut architektur und tirol in Innsbruck bis 3. Juni; Di–Fr 11–18 Uhr, Do 11–21 Uhr, Sa 11–17 Uhr.

aut architektur und tirol Lois Welzenbacher Platz 1, A – 6020 Innsbruck Tel.: 00 43/5 12/57 15 67

Boris Lurie. Anti-Pop Ausstellung im Staatlichen Museum für Kunst und Design in Nürnberg bis 18. Juni; Di–So 10–18 Uhr, Do 10–20 Uhr.

Neues Museum Staatliches Museum für Kunst und Design Luitpoldstraße 5, 90402 Nürnberg Tel.: 09 11/2 40 20 41

Ein Fest des Staunens. Charlotte Moorman und die Avantgarde 1960–1980 Ausstellung im Museum der Moderne in Salzburg bis 18. Juni; Di–So 10–18 Uhr, Mi 10–20 Uhr.

Museum der Moderne Mönchsberg 32, A – 5020 Salzburg Tel.: 00 43/6 62/84 22 20

Monobloc. Ein Stuhl für die Welt Ausstellung im Vitra Design Museum in Weil am Rhein bis 18. Juni; täglich 10–18 Uhr.

[Termine

Grassi Museum für Angewandte Kunst Johannisplatz 5–11, 04103 Leipzig Tel.: 03 41/2 22 91 00

Vitra Design Museum Charles Eames Straße 1, 79576 Weil am Rhein Tel.: 0 76 21/7 02 32 00

Berliner Projekte. Architekturzeichnungen 1920–1990 Ausstellung in der Tchoban Foundation in Berlin bis 25. Juni; Mo–Fr 14–19 Uhr, Sa–So 13–17 Uhr.

Tchoban Foundation Museum für Architekturzeichnung Christinenstraße 18 a, 10119 Berlin Tel.: 0 30/43 73 90 90

Gern Modern. Wohnkonzepte für Berlin nach 1945 Ausstellung im Werkbundarchiv in Berlin bis 26. Juni; Do–Mo 12–19 Uhr.

Werkbundarchiv – Museum der Dinge Oranienstraße 25, 10999 Berlin Tel.: 0 30/92 10 63-11

Bike Design City Ausstellung im Gewerbemuseum Winterthur bis 30. Juli; Di–So 10–17 Uhr, Do 10–20 Uhr.

Gewerbemuseum Winterthur Kirchplatz 14, CH – 8400 Winterthur Tel.: 00 41/52/2 67 51 36

Macht Ferien! Ausstellung im Museum für Gestaltung in Zürich bis 9. Juli; Di–So 10–17 Uhr, Mi 10–20 Uhr.

Museum für Gestaltung Pfingstweidstraße 96, CH – 8005 Zürich Tel.: 00 41/43/4 46 67 67

Otto Bartning. Architekt einer sozialen Moderne Ausstellung in der Akademie der Künste in Berlin bis 18. Juni; Di 11–20 Uhr, Mi–So 11–19 Uhr.

Akademie der Künste Hanseatenweg 10, 10557 Berlin Tel.: 0 30/2 00 57-20 00

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Termine

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Draußen. Out there. Landschaftsarchitektur auf globalem Terrain

Tagungen

Ausstellung im Architekturmuseum der Technischen Universität München in der Pinakothek der Moderne in München bis 27. August; Di–So 10–18 Uhr, Do 10–20 Uhr.

Architekturmuseum der Technischen Universität München in der Pinakothek der Moderne Arcisstraße 21. 80333 München Tel.: 0 89/2 38 05-0

Adolf Meyer und Heinrich Helbing. Funktionsbauten für Frankfurt Ausstellung im Ernst-May-Haus in Frankfurt am Main bis 3. September; Di–Mo 11–16 Uhr, Sa–So 12–17 Uhr.

Ernst-May-Haus Im Burgfeld 136, 60439 Frankfurt am Main Tel.: 0 69/15 34 38 83

Sparsamkeit als Prinzip, Rationalität als Weltsicht? Object Lessons. Material begreifen in acht Lektionen Ausstellung im Gewerbemuseum Winterthur bis 1. Oktober; Di–So 10–17 Uhr, Do 10–20 Uhr.

Gewerbemuseum Winterthur Kirchplatz 14, CH – 8400 Winterthur Tel.: 00 41/52/2 67 51 36

Jasper Morrison. Thingness Ausstellung im Bauhaus-Archiv in Berlin bis 23. Oktober; Mi–Mo 10–17 Uhr.

Bauhaus-Archiv Museum für Gestaltung Klingelhöferstraße 14, 10785 Berlin Tel.: 0 30/25 40 02-0

Out of Office. Büro-Kunst oder das Büro im Museum Ausstellung im Museum für Konkrete Kunst in Ingolstadt bis 10. September; Di–So 10–17 Uhr.

Museum für Konkrete Kunst Tränktorstraße 6–8, 85049 Ingolstadt Tel.: 08 41/3 05 18 71

Bauhaus in Bewegung Ausstellung im Bauhaus-Archiv in Berlin bis 8. Januar 2018; Mi–Mo 10–17 Uhr.

Bauhaus-Archiv Museum für Gestaltung Klingelhöferstraße 14, 10785 Berlin Tel.: 0 30/25 40 02-0

Assemble. Wie wir bauen Ausstellung im Architekturzentrum Wien vom 1. Juni bis 11. September; täglich 10–19 Uhr.

Architekturzentrum Wien Museumsplatz 1, A – 1070 Wien Tel.: 00 43/1/5 22 31 15

Messen

Werner Aisslinger. House of Wonders

Techtextil 2017

Ausstellung in der Neuen Sammlung in der Pinakothek der Moderne in München bis 17. September; Di–So 10–18 Uhr, Do 10–20 Uhr.

Internationale Leitmesse für Technische Textilien und Vliesstoffe in Frankfurt am Main vom 9. bis 12. Mai; Auskünfte und Anmeldung:

Architekturmuseum der Technischen Universität München in der Pinakothek der Moderne Arcisstraße 21, 80333 München Tel.: 0 89/2 38 05-0

Messe Frankfurt GmbH Ludwig-Erhard-Anlage 1, 60327 Frankfurt am Main Tel.: 0 69/75 75-0

Parken 2017 Deutsche Fachmesse für Parkraumerrichtung und -bewirtschaftung in Karlsruhe vom 21. bis 22. Juni; Auskünfte und Anmeldung:

Dritte Jahrestagung der Gesellschaft für Bautechnikgeschichte zu eben jenem Thema in Potsdam vom 4. bis 6. Mai; Auskünfte und Anmeldung:

Gesellschaft für Bautechnikgeschichte e.V. info@bautechnikgeschichte.org

Hybrider Leichtbau Vierter sogenannter Technologietag in Stuttgart vom 30. bis 31. Mai; Auskünfte und Anmeldung:

Leichtbau BW GmbH Breitscheidstraße 4, 70174 Stuttgart Tel.: 07 11/12 89 88-43

Branchentag Windenergie NRW Neunte nordrhein-westfälische Tagung in Düsseldorf vom 28. bis 29. Juni; Auskünfte und Anmeldung:

Lorenz Kommunikation Veilchenweg 10, 41516 Grevenbroich Tel.: 0 21 82/5 78 78-15

IBF 2017 Internationales Branchenforum für Frauen (IBF) zum Thema »Architektur, Holzbau, Innenausbau« in Meran vom 29. bis 30. Juni; Auskünfte und Anmeldung:

Forum Holzbau Berner Fachhochschule Postfach 474, CH – 2501 Biel Tel.: 00 41/32/3 27 20 00

Neubau der Isentalautobahn Symposium mit anschließender Exkursion zu den in Realisierung befindlichen Brückenbauwerken vom 24. bis 25. Oktober; Auskünfte und Anmeldung:

Verlagsgruppe Wiederspahn mit MixedMedia Konzepts Biebricher Allee 11 b, 65187 Wiesbaden Tel.: 06 11/98 12 92-0

Mesago Messe Frankfurt GmbH Rotebühlstraße 83–85, 70178 Stuttgart Tel.: 07 11/6 19 46-2 51

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Veranstaltungen Deutscher Brückenbaupreis 2018

Vierte derartige Veranstaltung (diesmal) zum Thema »Nah und fern« in Bingen am Rhein vom 6. Mai bis 8. Oktober; Auskünfte und Anmeldung:

Auszeichnung für (solche) Ingenieurbauwerke in den zwei Kategorien »Straßenund Eisenbahnbrücken« sowie »Fuß- und Radwegbrücken«, Abgabetermin ist der 16. September; Auskünfte und Anmeldung:

Gerda & Kuno Pieroth Stiftung Hafenstraße 43, 55411 Bingen am Rhein Tel.: 0 67 21/18 42 20

Architekturpreis Beton 2017 Würdigung von Wohn-, Kultur-, Verwaltungs- und Industriebauten sowie von Ingenieurbauwerken aus Beton, Einsendeschluss ist der 10. Mai; Auskünfte und Anmeldung:

InformationsZentrum Beton GmbH Steinhof 39, 40699 Erkrath Tel.: 02 11/2 80 48-1

Wettbewerbe

Deutscher Verzinkerpreis 2017

Flâneur d‘Or 2017 Sogenannter Fußverkehrspreis Infrastruktur für eben jenen Verkehr fördernde und attraktiver machende Projekte in der Schweiz, Einreichungstermin ist der 29. April; Auskünfte und Anmeldung:

Anerkennung für herausragende Bauwerke und Produkte aus feuerverzinktem (!) Stahl, Bewerbungsdatum ist der 19. Mai; Auskünfte und Anmeldung:

Fussverkehr Schweiz Klosbachstrasse 48, CH – 8032 Zürich Tel.: 00 41/43/4 88 40 30

Bundesingenieurkammer e.V. Joachimsthaler Straße 12, 10719 Berlin Tel.: 0 30/2 58 98 82-0

[Termine

Skulpturen-Triennale Bingen 2017

Auf IT gebaut 2018 Prämierung von digitalen Lösungen für die Bauwirtschaft, Einreichungsschluss ist der 26. November; Auskünfte und Anmeldung:

RG-Bau im RKW Kompetenzzentrum Düsseldorfer Straße 40 a, 65760 Eschborn Tel.: 0 61 96/4 95-35 01

Industrieverband Feuerverzinken e. V. Postfach 140461, 40074 Düsseldorf Tel.: 02 11/69 07 65-0

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[Umrisse] Zeitschrift für Baukultur

Ganz einfach! Unsere Mediadaten können Sie als PDF unter www.umrisse.de downloaden.

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05.11.2009 11:18:18 Uhr

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Bücher

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Architektur und Design in Ungarn 1800–1900

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»Motherland and Progress« oder, in Deutsch, »Mutterland und Fortschritt« lautet der Titel des Buches: Das 19. Jahrhundert war die Zeit des nationalen Erwachens, Ungarn war durch die Neubesiedelung nach den Türkenkriegen vorerst stark von deutscher Kultur und auch Sprache geprägt. Nach Jahrhunderten türkischer Besetzung hatte sich das Kronland unter der Herrschaft der Habsburger nur langsam erholt. Barocke und klassizistische Bauten prägten die ungarischen Städte, bis nach dem österreichisch-ungarischen Ausgleich von 1867 ein Wirtschaftsboom mit plötzlichem Reichtum das Land förmlich überrollte. Ungarn entwickelte sich danach in sozialer, ökonomischer und kultureller Hinsicht schneller als das etablierte Österreich. Das reich gewordene ungarische Bürgertum wollte seinen Wohlstand zeigen, und so entstanden unglaublich prachtvolle Repräsentationsbauten, großzügige Villen und Wohnhäuser. Den strengen Bauvorschriften während des Klassizismus verdankten die ungarischen Städte einheitlich gestaltete Straßenzüge, gerne mit gleich hohen Bauten, bei denen oft auch gleiche Achsabstände vorgeschrieben waren. So entstanden harmonische, bisweilen jedoch etwas uniform wirkende Stadtbilder. Wenig überzeugend wurde erstmals dieser aus Italien importierte Stil als »Ungarischer Nationalstil« propagiert. Damals wurden in Pest das Ungarische Nationalmuseum von Mihály Pollack sowie einige imposante Kathedralen, wie zum Beispiel in Esztergom bzw. Gran an der Donau von Kühnel, Packh und Hild oder in Eger bzw. Erlau von József Hild, errichtet. Richtungweisende technische Bauten wie die Kettenbrücke, von dem Engländer William Tierney Clark geplant, sind hier ebenfalls zu erwähnen.

Der »Romantische Historismus« war stark von München geprägt, ein paar der wichtigsten ungarischen Architekten hatten dort studiert oder sich zumindest einige Zeit dort aufgehalten. Damit konnte man eine gewisse kulturelle Unabhängigkeit von Österreich beweisen, Deutsch sprachen damals wohl alle ungarischen Architekturstudenten. So verfügt das Pester Redoutengebäude von Friedrich (Frigyes) Feszl über Ähnlichkeiten mit dem alten Bayerischen Nationalmuseum: Von Theophil Hansen als »kristallisierter Csardas« bezeichnet, galt es als ein neuer ungarischer Nationalstil. Miklós (Michael) Ybl verarbeitete in seinem Frühwerk gleichfalls verschiedene deutsche Einflüsse, so ist seine Kirche in Fót sowohl von der Münchner Ludwigskirche als auch von Schinkels Friedrichwerder‘schen Kirche in Berlin beeinflusst. Mit einer besonders imponierenden Entwicklung innerhalb der ungarischen Reichshälfte wartete die Hauptstadt Budapest auf, die erst 1872 nach der Vereinigung von drei bis dahin selbständigen Städten, Buda, Pest und Óbuda, ihren heutigen Namen bekam. Natürlich blieb ein wienerischer Einfluss auf Stadtplanung und Architektur nicht aus. Als Hauptbeispiele seien stellvertretend für andere das Opernhaus von Ybl oder die Pester Synagogen von Ludwig Förster, dem aus Bayreuth stammenden Schöpfer der Wiener Ringstraße, und von Otto Wagner zu nennen. Die Ringstraßenplanung griff man auch in der ungarischen Hauptstadt auf, die teilweise dem Verlauf eines zugeschütteten Donauarmes folgte. Große Aufmerksamkeit wurde zudem der »Radialstraße« geschenkt, der von prachtvollen Neorenaissancebauten geprägten Andrássystraße, die in ihren frühen Teilen vorwiegend von Ybl gestaltet wurde. Für das Gebäude der Ungarischen Akademie der Wissenschaften holte man sich August Stühler aus Berlin, der wiederum Formen der italianisierenden Renaissance verwendete, die in der nächsten Stilphase besonders beliebt werden sollte. Ein besonders wichtiges Datum für das Land und damit für die Kunstentwicklung war das Millenniumsjahr 1896. Man feierte die »Landnahme« durch die Magyaren, die vermutlich um 1000 erfolgt sein dürfte.

Genau war das natürlich nicht zu präzisieren, aber zu dieser Millenniumsfeier sollten möglichst viele der neuen Prachtbauten fertiggestellt sein. Der Königspalast in Buda wurde großzügig ausgebaut, viele Museen und andere Bildungseinrichtungen verwirklicht. Das betraf das Museum für angewandte Kunst von Ödön Lechner, einen Gründungsbau des ungarischen Jugendstils, sowie luxuriöse Villen und Wohnhäuser, Theater und Konzertsäle, Rathäuser, Bäder, aber ebenso technisch interessante Bauten wie Bahnhöfe, die heute in Europa ihresgleichen suchen, Brücken oder Markthallen. Die Stadt wurde letztlich total verändert, neue Straßenzüge wurden angelegt und altehrwürdige Gebäude wie das Pester Rathaus abgerissen. Auf malerische Gestaltung des neuen Stadtbildes wurde großer Wert gelegt, so gelang zum Beispiel mit der Fischerbastei, die sich in Details an Schloss Neuschwanstein orientiert, eine »Stadtkrone« von europäischem Rang. Doch noch immer war man auf der Suche nach einem ungarischen »Nationalstil«, der jetzt tatsächlich in der ungarischen Variante des Jugendstils entstand. Dieses Mal zu Recht, denn in keiner der vielen nationalen Spielarten wurden bis dato indo-islamische Dekorelemente verwendet. Historisch gesehen war der Rückgriff auf eine solche Architektur im vermuteten Herkunftsland der Magyaren nicht zu begründen: Die Landnahme erfolgte ja bereits um das Jahr 1000, die indo-islamische Architektur in Indien gab es aber erst fünf Jahrhunderte später. Die Ungarische Akademie der Wissenschaften bzw. József Sisa als Herausgeber haben zusammen mit vielen namhaften Fachleuten ein gewichtiges Werk geschaffen, das die enorme, aber außerhalb des Landes kaum bekannte Entwicklung der Künste im Ungarn des 19. Jahrhunderts dokumentiert, leider nur in Englisch. Eine derart gründliche Kulturgeschichte würde man sich auch für manche anderen europäischen Länder wünschen. Dieter Klein József Sisa (Hrsg.): Motherland and Progress. Hungarian Architecture and Design 1800–1900. Birkhäuser Verlag, Basel 2016. 996 S., zahlr. Abb., geb., 79,95 €.

[Umrisse]


Herausgeber

Dipl.-Ing. Michael Wiederspahn Vorstandsmitglied AIV Wiesbaden

Chefredaktion Dipl.-Ing. Michael Wiederspahn mwiederspahn@verlagsgruppewiederspahn.de

Verlag

VERLAGSGRUPPE W I E D E R Smit MixedMedia P A Konzepts HN

Biebricher Allee 11 b 65187 Wiesbaden Tel.: 06 11/84 65 15 Fax: 06 11/80 12 52 www.verlagsgruppewiederspahn.de Anzeigen

Monika Kriester Zur Zeit gilt die Anzeigenpreisliste vom Januar 2017.

Christina Neuner

Satz und Layout

Fotos Titel und Inhalt

DZ-Bank in Berlin © Josef Gartner GmbH Jean-Luc Perrin © privat Felix-Platter-Spital in Basel © wörner traxler richter Stefan Traxler © wörner traxler richter Felix-Platter-Spital in Basel © Samir Alzeer/BAM Deutschland AG/wörner traxler richter/Holzer Kobler Architekturen Ersatzneubau des Kantonspitals Baden © Nickl & Partner Architekten AG KSB Kantonspital Baden © Leonhardt, Andrä und Partner AG Dipl.-Ing. Burkhard Dietsch © Leonhardt, Andrä und Partner AG BIM-Kollisionsprüfung und -Modell © aib GmbH Marienhospital in Stuttgart © Boll und Partner Analytisches Modell © AJG Ingenieure GmbH

Fotos »Rückseite« und Inhalt Center for Digital Photonic Production in Aachen © Carpus+Partner AG/Jörg Stanzick Visuelle Überprüfung im BIM-Modell © Bechmann GmbH BIM-Planauszüge © Dial GmbH Scheibengipfeltunnel bei Reutlingen © Volz Consulting GmbH Blut-Zentrum in Ratibor © NBK Keramik GmbH Boden- und Wandbeschichtung © Franck Boston/Sika Deutschland GmbH Druck

Schmidt printmedien GmbH Haagweg 44, 65462 Ginsheim-Gustavsburg

Erscheinungsweise [Umrisse] und Bezugspreis Zeitschrift für Baukultur erscheint 6 x pro Jahr. Einzelheft: 9,50 € Doppelheft: 19,00 € Jahresbezugspreis: 57,00 € Abonnement Ausland: 63,00 €

[Impressum

[Umrisse] Zeitschrift für Baukultur ISSN 1437 - 2533 17. Jahrgang Ausgabe 1∙2017 www.umrisse.de Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieser Zeitschrift darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form reproduziert oder in eine von Maschinen verwendbare Sprache übertragen werden. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung des Verlages strafbar.



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