Atlantikwall am wattenmmer

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LEBEN AM WATTENMEER - FRÜHER

DER ATLANTIKWALL AM WATTENMEER VERTEIDIGUNG AUS BETON Foto: Museet for Varde By og Omegn

Die Bunkeranlage Tirpitz sollte mit den Stellungen auf Fanö die Hafeneinfahrt von Esbjerg schützen. Am Wattenmeer findet man Reste von Hitlers Atlantikwall. Die vielen Bunker waren einst Teil einer Küstenverteidigung, die sich vom Nordkap bis zu den Pyrenäen erstreckte. Im Wattenmeergebiet kann man viele verschiedene Stellungen aufspüren, besonders auf Rømø und Fanø sowie bei Esbjerg und Blåvand.

Die Tirpitz-Stellung bei Blåvand

Bei Blåvand mit Aussicht auf die Einfahrt nach ­Esbjerg befindet sich die große Tirpitz-Stellung mit zwei riesigen Kanonenbunkern. Zusammen mit der Batterie in Hanstholm war die Tirpitz-Stellung als größte Küstenbatterie Dänemarks geplant. Die Bunkeranlage sollte im September 1945 in Betrieb genommen werden, ihre Fertigstellung wurde jedoch durch das Kriegsende vereitelt. Gemeinsam mit Stellungen auf Fanø sollte die Tirpitz-Stellung die Einfahrt nach Esbjerg sichern, einem strategischen Knotenpunkt der deutschen Besatzungsmacht. Die vier großen Schiffskanonen der Stellung mit einer Reichweite von bis zu 50 km sollten die Gegend von Nymindegab bis Fanø sichern, doch bei der Kapitulation lagen die gigantischen Kanonenrohre immer noch auf dem Bahnhof Guldager bei Esbjerg. Nach dem Krieg wurden die Bunker abgesperrt und von der dänischen Armee zu Versuchszwecken ge-

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nutzt. Der südliche Bunker wurde 1991 ausgegraben und als Museum eingerichtet.

Hauptquartier Esbjerg

Esbjerg und Fanø waren während des Zweiten Weltkrieges mit etwa 1.200 Bunkern die am stärksten befestigten Orte in Dänemark. Esbjerg mit dem einzigen Hafen, den die Alliierten bei einer etwaigen Invasion an der dänischen Westküste hätten verwenden können, war somit ein wichtiger Stützpunkt für die Besatzungsmacht. In Strandskoven in Esbjerg liegt ein recht großer Bunker 6 m unter der Erde. Während der Besatzungszeit fungierte er als Kommandobunker der Flugabwehr und der gesamten Artillerie in der Gegend. Über der Erde ragt ein 15 m hoher Turm empor, auf dem ein Fernrohr montiert war. Vom Bunker aus konnte man somit sowohl Flugzeuge und Schiffe als auch Truppenbewegungen in Westjütland überwachen. Die Mannschaft des Kommandobunkers wohnte in sechs Bunkern, die jeweils 20 Mann Platz boten und

Mette Bjerum Jensen, Museet for Varde By og Omegn & Bente Bjerum, Naturcentret Tønnisgård Übersetzung: Jakob Jonia, ORDBRUGET

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Der Kommandobunker der Fliegerabwehr und deutschen Artillerie aus dem Raum Esbjerg. Das Bild entstand nach dem Krieg. um den unterirdischen Bunker angeordnet waren. Das Hauptquartier der deutschen Marine wurde zunächst im inzwischen abgerissenen Hotel Royal in Esbjerg eingerichtet, aber später in eine Bunkeranlage zwischen Stadt und Hafen umgesiedelt. Der größte Bunker lag tief unter der Hafenadministration und war von riesigen Erdmassen geschützt. Im Bunker bewahrte man phosphoreszierende Farbe in jenem Raum auf, der als Telefonzentrale diente, sodass man die Geräte auch bei Stromausfall noch sehen konnte. In diesem Bunker wurde der gesamte Verkehr auf dem Meer registriert. Die Luftwaffenkommandozentrale in Strandskoven war bis 2003 die Zentrale der Zivilverteidigung ­Esbjerg, während das Marinehauptquartier heute zur Marinestation Esbjerg geworden ist.

Batterien auf Fanø

Um den Esbjerger Hafen zu schützen, wurden 300 Bunker auf Fanø gebaut. Die Küstenartillerie der ­Insel setzte sich aus fünf Stellungen zusammen, von denen drei an der Nordspitze der Insel positioniert waren. Neben den Kanonenstellungen zum Schutz der Einfahrt in den Esbjerger Hafen wurden auch Stellungen für schwere Flugabwehrartillerie (10,5 cm) im Norden Fanøs installiert. Die Batterie Fanø Nord gehörte zur Verteidigung des Esbjerger Hafens. Sie wurde nötig, wenn Formationen alliierter Bomber Ziele in Deutschland ansteu-

Der Atlantikwall damals Die meisten Bunker an der Westküste wurden von 1943–45 errichtet und unter dem Begriff Atlantikwall zusammengefasst. Sie bildeten eine Verteidigungslinie von insgesamt 2.685 km. Allein an der Westküste Jütlands, von der deutschen Grenze bis nach Nymindegab, wurden 1.734 Bunker angelegt.

Der Atlantikwall heute Die Bunker wurden aus Stahlbeton gebaut, die Wände und Decken sind 2 bis 3,5 m dick. Einen solchen Bunker aus 1.500 m3 bewehrtem Beton wegzusprengen, ist eine umfassende und fast unmögliche Aufgabe. Deshalb liegen sie heute unter Sandschichten oder inmitten von Plantagen versteckt, soweit sie nicht am Rande des Wassers von Wind und Wellen zersetzt werden.

erten bzw. hiervon heimkehrten. Die größte Aktion fand am 27. August 1944 statt. 61 amerikanische B17-Bomber – Teil einer 1.200 Bomber und 871 ­Begleitjäger zählenden Flotte, die wegen schlechten Wetters einen Angriff auf Berlin abbrechen musste – griffen den Flughafen von Esbjerg und die Militär­ anlagen auf Fanø an. 63 der Jagdflugzeuge attackierten inzwischen Züge und andere Fahrzeuge in ganz Westjütland. Bei diesem von der dänischen Bahn als ”blutiger Sonntag” bezeichneten Ereignis starben 15 Dänen, 14 wurden verletzt, vornehmlich Zugpassagiere.

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Viele Bunker sind als Hinterlassenschaften oftmals in den Plantagen wie hier auf Rømø zu finden.

Das Regelbau-system Die Bunker wurden als Teil eines Regelbau-Systems errichtet. Zu jedem Bunkertyp existierte ein Bausatz mit Zeichnungen und Verschalungsbrettern. So konnte ein Bunker innerhalb kürzester Zeit gegossen werden. Jeder Bunker erhielt eine Regelbau-Nummer. Der Preis für einen Mannschaftsbunker mit der Nummer R622 würde in heutiger Währung über eine halbe Million Euro betragen.

Ein langer betonierter Weg führt von Fanø Bad nach Norden zur Batterie Grådyb. Die vier damals hoch­modernen 15-cm-Kanonen stammten vom Schlacht­schiff Gneisenau. Die Sekundärbewaffnung des Schlachtschiffes wurde nach Fanø gebracht, nachdem die Gneisenau bei einem alliierten Luftangriff beschädigt worden war. Die Kanonen wurden zur Küstenverteidigung eingesetzt und hatten eine Reichweite von 22 km. Eine weitere Batterie in der Fanø-Plantage war mit vier Kanonen des dänischen Küstenverteidigungsschiffes Peder Skram bestückt, das am 29. August 1943 bei Holmen von der eigenen Besatzung versenkt worden war. Nach dem Krieg wurde die Batterie von der dänischen Marine übernommen und bis 1951 instand gehalten, anschließend überführte man die Kanonen als Teil der Aufrüstung während des Kalten Krieges zum Stevnsfortet südlich von Kopenhagen.

Stellungen auf Rømø

Das Meer ist bei Rømø ziemlich seicht, und während des Krieges gab es noch keinen Damm zum Festland. Eine alliierte Invasion auf Rømø wäre somit kompliziert gewesen, weshalb die Verteidigung auf Rømø nur spärlich ausgebaut wurde. Dabei war es für die Deutschen wichtig, alliierte Luftangriffe so früh wie möglich zu entdecken. Deshalb stellte man ab 1942 auf Rømø immer effektivere Radarsysteme auf. Als der Krieg zu Ende war, gab es mindestens acht verschiedene Radarmasten auf der Insel mit Namen wie See-Elefant, Mammut und Freya. Sie gehörten bei Kriegsende zu den größten und modernsten Radarstellungen in Dänemark. Insgesamt wurden auf der Insel über 50 Bunker errichtet. Die außergewöhnlichste Radaranlage auf Rømø war der See-Elefant, der als einziger seines Typs während des Zweiten Weltkrieges tatsächlich in Betrieb genommen wurde. Er sollte u. a. die Einschläge der V2-Terror-Bomben in England orten. Unter Idealbedingungen konnte das Radarsystem Flugzeuge in Abständen bis zu 600 km verfolgen.

Erholung auf Mandø

Auf Mandø lag ein Flugmeldeposten, der alliierte Flieger entdecken sollte. Der Posten verfügte über einen Holzturm mit einem Fernrohr, und die Mannschaft wohnte in Baracken. Mandø wurde auch

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als Erholungsort für Soldaten der Ostfront genutzt. Bei der Schule in Vester Vedsted auf dem Festland stand eine der Küstenbatterien der deutschen Armee.

Nach dem Krieg

Als der Zweite Weltkrieg im Mai 1945 zu Ende ging, verließen die deutschen Soldaten die Bunker. Die al-

liierten Streitkräfte hielten die groß angelegte Übung ”Post Mortem”ab, bei der sie die Radaranlagen der Deutschen prüften; anschließend nahmen sie alle technischen Anlagen mit. Das gesamte Inventar, besonders jenes aus Eisen, wurde den Bunkern ent­ nommen und wiederverwertet. Die meisten Bunker wurden zugemauert und dem Westwind sowie dem Sandtreiben überlassen.

Erlebnisse

Lernen über der Atlantikwall hier ...

Als Gast im Wattenmeer kann man auf eigene Faust die verschiedenen Bunkertypen in der Landschaft suchen. In einige darf man immer noch hineinschauen.

Der Tirpitz-Stellung

Auf Rømø empfiehlt es sich, die Robbe-Nord-Stellung mit dem Mammutbunker zu besuchen. Kontaktieren Sie das Naturzentrum Tønnisgård bezüglich geplanter Bunkerführungen. Auf Fanø sind die meisten Bunker verschlossen und einige sogar völlig unzugänglich. An der Nordspitze Fanøs liegt allerdings eine gut erhaltene Bunkeranlage, und einige dieser Bunker darf man auch betreten. Das Fischerei- und Seefahrtsmuseum Esbjerg unterhält eine Ausstellung in einem Mannschaftsbunker, der teilweise wie im Zweiten Weltkrieg eingerichtet ist. In Blåvand dient der Tirpitzbunker das ganze Jahr über Ausstellungszwecken. Beim Leuchtturm in Blåvandshuk findet sich eine Stellung mit Fliegerradar und Kommandobunker. Bitte beachten Sie, dass sich einige der Bunker auf einem militärischen Übungs­ gelände befinden und der Zugang damit beschränkt ist. Im Sommer werden durchgehend Bunkerführungen angeboten.

Tane Hedevej Dk- 6857 Blåvand

T: +75 27 84 27 E: vam@vardemuseum.dk W: http://vardemuseum.dk/dk.php/museer/tirpitz

NaturKulturVarde

Gl. Skovfogedbolig Roustvej 111 DK-6800 Varde T: +75 22 22 50 E: nkv@naturkulturvarde.dk W: www.naturkulturvarde.dk

Das Fischerei- und Seefahrtsmuseum Tarphagevej 2-6 DK- 6710 Esbjerg V T: +76 12 20 00 E: fimus@fimus.dk W: www.fimus.dk

Naturcentret Tønnisgård Havnebyvej 30 DK-6792 Rømø T: +74 75 52 57 E: info@tonnisgaard.dk W: www.tonnisgaard.dk

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Über Vadehavets Formidlerforum VFF ist ein Zusammenschluss von Institutionen, ­welche die Natur und die Kulturgeschichte des Watten­ meeres vermitteln. Die Hauptaktivität des Forums ­besteht ­darin, Projekte zu initiieren und zu koordinieren, welche die Natur wie auch die Kulturgeschichte des Wattenmeeres in den Mittelpunkt stellen. Erfahren Sie mehr unter www.vadehav.dk

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