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dend. „Wir stellen dabei Markenkonstellationen auf, indem aus Nachbardisziplinen Methoden integriert werden“, erklärt Weißmann die neue Methode. Systemisch bedeute, sich viele verschiedene Brillen wie etwa die psychologische oder die wirtschaftliche aufzusetzen. „Ein solcher Methodenbaukasten erlaubt es, einen ganzheitlichen Blick auf die Fragestellung zu erhalten“, versichert der Marktforscher. Arbeiten auf Augenhöhe Auf den 360-Grad-Blick legt Weißmann viel wert. Das war 1998 für ihn auch der Beweggrund, sich für das Executive-MBA-Programm in Krems einzuschreiben. Dort wird Lehre nach einem interdisziplinären und ganzheitlichen Prinzip gestaltet. Neben dem Fachwissen vermitteln Referenten aus der Praxis umfassende Kompetenzen, um den Blick auf das große Ganze zu bewahren und damit in einer sich ständig verändernden Umgebung beweglich zu bleiben. „Der systemische Ansatz in der Weiterbildung war für mich neu, genauso wie das Lernen von und mit der Gruppe.“ Akademiker und Nichtakademiker aus den unterschiedlichsten Branchen arbeiten in Krems gemeinsam an Themen und Projekten. „Da habe ich den Nutzen von Bildung erkannt, die nah an der Praxis ist“, sagt Weißmann. Aber viel mehr noch kommt er immer wieder auf einen Aspekt zurück: den der Werte. In Krems habe er eine Wertebene als Grundhaltung erfahren, die ihn geprägt habe, erzählt Weißmann. Es habe dort eine offene Kultur und Transparenz, ein Begegnen auf Augenhöhe geherrscht.
Foto: MAFOS
Lounge-Sessel statt Tafelrunden Das ist es auch, was Weißmann in sein Unternehmen mitgenommen hat und worauf er großen Wert legt. Unter den Mitarbeitern soll es keine Hierarchien geben und schon gar nicht bei den Kunden und Interviewpartnern. Eine Wertehaltung, die auch tatsächlich gelebt wird. Das Konzept der Offenheit, Gleichheit und Transparenz zieht sich bis in die Ausstattung des Büros. Einen großen Besprechungstisch sucht man im Institut vergeblich. „Selbst Tafelrunden schaffen Hierarchie“, weiß der Psychologe. Stattdessen stehen runde Lounge-Sessel mit weißer Schale und braunem Sitzleder gleichmäßig
verteilt neben kleinen runden Tischen in einem großen Raum. Es erinnert ein wenig an die futuristische Architektur der 1970er Jahre. Dabei geht es dem Unternehmer lediglich um das wohlige Raumgefühl und die gute Atmosphäre mit dem Ziel, offene und kreative Ergebnisse zu erhalten. „Marktforschung ist nicht nur trocken, sie macht auch Spaß“, betont Weißmann. Lieber Inspiration als Perfektion Werte immer wieder zu hinterfragen, gehöre jedoch genauso dazu, wie sie zu leben, weiß der Donau-Uni-Absolvent aus eigener Erfahrung. Sein Institut proklamierte lange Zeit die Leitmotive „Passion, Innovation und Perfektion“ für sich. Doch dann wurde die Perfektion durch die Inspiration ersetzt. „Dieses eine Wort hat tatsächlich vieles verändert. Seit wir von der Perfektion als großem Ziel abgekommen sind und mehr die Inspiration walten lassen, lachen wir mehr und sind insgesamt erfolgreicher.“ Wesentlich sei es, die persönlichen Werte zu teilen. Auch diesen Gedanken der „shared vision“ hat er aus Krems mitgenommen – erinnert sich Weißmann. Dabei geht es neben den Werten um gemeinsame Visionen, die eine kreative Spannung erzeugen. „Ein Unternehmen, das keine Werte hat, ist verloren“, ist Weißmann überzeugt. Das werde aber oft noch zu wenig gelebt.
Danube executive Mba Der Danube Executive Master of Business Administration richtet sich an Managerinnen und Manager mit mindestens zehn Jahren Berufs- und drei bis fünf Jahren Führungserfahrung. In vier Semestern wird den Studierenden berufsbegleitend und in Form von Blockveranstaltungen ganzheitlich Know-how vermittelt. Es werden ausgewählte Instrumente und Methoden des Managements vorgestellt, um die Führungskompetenz zu steigern. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erlangen fundiertes wirtschaftswissenschaftliches Wissen und vergrößern ihr persönliches und unternehmerisches Potenzial. www.donau-uni. ac.at/mba/executive
Bildung schafft Freiheit Nach seinen ganz persönlichen Werten gefragt, nennt er ohne lange nachzudenken Freiheit und Toleranz. Sie seien auch der Grund, weshalb er immer wieder studiert habe. Denn beim MBA ist es nicht geblieben. Weißmann hat darauf aufbauend als erster Kremser MBA-Absolvent ein Doktoratsstudium am Betriebswirtschaftlichen Zentrum der Universität Wien absolviert, wo er sich dem Thema der Unternehmenskultur gewidmet und ein Messinstrument dafür entwickelt hat. Keinesfalls sollte es mit dem MBA-Abschluss aus sein. An seine Weiterbildungsuniversität kehrt er auch heute nach all den Jahren immer wieder gerne zurück. Bildung öffne die Schranken im Kopf, indem man in seinem Denken irritiert werde. Erst vor kurzem hat Weißmann in Krems ein viertägiges Programm für Trend- und Zukunftsforschung belegt.
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