MANAGEMENT & KARRIERE
Aus- und Weiterbildung
Computerworld 9/5. Juni 2015 www.computerworld.ch
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Data Scientist ein neuer Beruf Leute, die wissen, wie man riesige Datenmengen intelligent nutzt, sind sehr gefragt. Das neue Berufsbild heisst Data Scientist. Wie wird man das und was muss man dafür können? VON JAN VOM BROCKE & BERND SCHENK
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nsere vernetzte Welt produziert täglich eine riesige Datenmenge. Nach einer Schätzung von IDC werden Ende 2015 acht Zettabyte an Daten in unseren IT-Systemen gespeichert sein – sechsmal mehr als vor fünf Jahren und sechzigmal mehr als noch vor zehn Jahren. Laut IBM entstanden 90 Prozent aller jemals generierten Daten in den letzten zwei Jahren. Und damit sind wirklich alle Daten über die gesamte Menschheitsgeschichte hinweg gemeint, digitale und analoge. Die wachsende Datenflut stellt uns einerseits vor komplexe technische Herausforderungen. Andererseits werden diese Daten, und insbesondere die Analysemöglichkeiten dieser Daten, unser Leben revolutionieren. Entsprechend faszinierend sind die Karrieremöglichkei-
ten von passend ausgebildeten Datenexperten. Tom Davenport, ein bekannter Managementguru, bezeichnet den Data Scientist kurzum als «the sexiest job of the 21st century». Dieser Beitrag soll zeigen, was Data Science ist und welche Qualifikationsprofile sich damit für Studierende verbinden. Wir erklären den
Masterstudiengang Information Systems Neu: ab Wintersemester 2015/2016 mit der Vertiefung Data Science Studiendauer: 2 Jahre, 120 ECTS Max. Studierendenzahl: 35 pro Jahr Kontakt & Information: Dr. Bernd Schenk, www.uni.li/bernd.schenk
Begriff Data Science, zeigen Beispiele aus dem Alltag eines Data Scientists und diskutieren Studienmöglichkeiten für den neuen, attraktiven Karriereweg. DATA SCIENCE – WAS IST DAS? Der Begriff Data Science bezeichnet die Extrahierung von Wissen aus Daten. Dazu bedienen sich Data Scientists der Mittel von Statistik und Informatik; Methoden wie Machine Learning und Werkzeuge wie NoSQL-Datenbanken gehören zum Standardrepertoire. Obwohl Data Science aktuell als neuer Begriff wahrgenommen wird, hat ihn der Informatikpionier Peter Naur bereits vor über 40 Jahren verwendet – als Synonym für Computer Science. Im heutigen Zeitalter von Big Data wird jedoch von einem Data Scientist weit mehr – und vor allem anderes –
BILD: ISTOCKPHOTO.COM/PETER BOOTH
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erwartet als von einem traditionellen Informatiker. Die hohen Erwartungen an Data Science erklären sich einerseits durch neue technische Möglichkeiten. Zu nennen sind hier etwa moderne Algorithmen zur Datenanalyse, aber auch Rechenleistungen, die heute enorm zugenommen haben und Datenanalysen in Echtzeit erlauben. Der noch wichtigere Grund für die hohe wirtschaftliche und gesellschaftliche Relevanz von Data Science ist aber wohl die Verfügbarkeit von Daten. Immer mehr Dinge des alltäglichen Lebens sind mit Sensorik ausgestattet und sammeln Daten über ihre Nutzung und ihr Umfeld. Das Auto sammelt Daten über Verkehrsteilnehmer und vermeidet so Unfälle, das Haus untersucht unser Wohnverhalten und spart so Strom, das Armband überwacht unseren Gesundheitszustand und rettet so möglicherweise Leben.
Schon 2008 waren erstmals mehr Geräte als Menschen im Internet und diese Entwicklung schreitet sehr rasch voran. Heute sind bereits Prototypen unbemannter Fahrzeuge im Strassenverkehr im Einsatz. KONKURRENZVORTEIL Tom Davenport erklärte bereits 2006, dass das systematische Sammeln von unternehmensinternen und -externen Daten und deren statistische Analyse eine neue Art von Konkurrenzvorteil darstellt. Nicht umsonst werden Daten als das neue Öl bezeichnet. Die Fähigkeit, relevante Daten systematisch und umfassend zu sammeln, verarbeiten, verstehen, visualisieren, analysieren und zu kommunizieren – um schliesslich Wissen daraus zu generieren –, wird eine der wichtigsten Qualifikationen in den kommenden
Jahrzehnten sein. Auch Googles Chefökonom, Hal Varian, prognostizierte 2009, dass die Analyse von Daten einmal als «sexy job» wahrgenommen werden wird (McKinsey, 2009). Dies gilt heute mehr denn je. Wie das konkret aussieht, verdeutlichen folgende zwei reale Beispiele bekannt gewordener Anwendungsfälle. BEISPIEL: NEUE INDIKATOREN FINDEN Einzelhandelsunternehmen sammeln und analysieren schon seit Jahrzehnten grosse Datenmengen, um daraus relevantes Wissen über Prof. Dr. Jan vom Brocke leitet das Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität Liechtenstein Dr. Bernd Schenk ist Studiengangsverantwortlicher des Masters Information Systems am Institut für Wirtschaftsinformatik www.uni.li/mis