Wundertiere. 1 Horn und 100 Augen

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Schloss Eggenberg Universalmuseum Joanneum

Wundertiere 1 Horn und 100 Augen

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Wundertiere 1 Horn und 100 Augen Barbara Kaiser

Ein Begleiter durch die Ausstellung


Konzeption und Workshops Lisa Ebner-Kollmann Heinz Janisch Barbara Kaiser Luise Kloos Marietta Schieraus Paul Schuster

Kinderteam Jule Arvay Paula Dösinger Hagen Ehrlich Rosa Ehrlich Julia Eitzinger Nina Eitzinger Hannah Ferstl Schabrail Gidalischov Nina Graber Zhaina Jasakova Johannes Karl Anne Kordes Ida Krisper Felicitas Lackner Simon Langer Elke Mähring

Leonie Mally Saif Omar Matthias Possedu Sara Rainer Lena Ramminger Emma Rüdisser Felix Schacher Felix Schwarz Nikolaus Skrabitz Tim Skrabitz Hannah Stiplosek Inge Stiplosek Amina Tasukhavona Annika Wagner Emilia Wolfbauer


Wundertiere Bei dieser Ausstellung stehst du im Mittelpunkt. Zwar haben unsere Ausstellungen immer ein interessantes Begleitprogramm für jugendliche Besucher/innen, doch diesmal soll sich ausnahmsweise alles nur um dich drehen. In diesem Fall sind deine Eltern und andere Erwachsene „nur“ Begleitung, aber vielleicht habt ihr ja gemeinsam Spaß und könnt zusammen viel entdecken. Dafür hat sich ein besonders kreatives Team von über 30 Mädchen und Buben in drei Workshops zusammengefunden, um für euch eine spannende und interessante Ausstellung zu gestalten. Begleitet wurden sie dabei von zwei Museumskuratoren und einer Kulturvermittlerin, aber auch einem Autor und einer Künstlerin. Sie haben in diesen Tagen viel über die „Tierwelt“ jener Kinder erfahren, die vor Jahrhunderten im Schloss Eggenberg gelebt haben, also von Tieren im barocken Alltag und im barocken Unterricht gehört. Aus der Fülle des Materials entschieden sich die jungen Kuratorinnen und Kuratoren schnell für einen Bereich, der sie am meisten interessierte – nämlich Fabeltiere, mythische Kreaturen, die damals wie heute Jung und Alt in ihren Bann schlagen. In Wahrheit sind Fabelwesen Jahrtausende alt und ihre Faszination ist bis heute ungebrochen. Das schien uns ein guter Ansatz, eine kleine Ausstellung daraus zu zaubern. Die Mädchen und Buben haben auch viele Geschichten und Bilder von Wundertieren neu erfunden, die in einem eigenen Buch erscheinen werden. Viele ihrer Ideen und Wünsche sind in diese Ausstellung eingeflossen. Die Auswahl der Exponate konzentriert sich auf die „Eggenbergische Zeit“, also das 16. bis 18. Jahrhundert, als dieses Schloss seine Blütezeit hatte und die fürstliche Familie Eggenberg hier gelebt hat. Welche besonderen Wesen hätten zum Beispiel die Prinzessinnen Eleonora und Theresia und ihr kleiner Bruder Johann Christian gekannt und was hätten sie von ihnen erfahren? In ihrer Zeit schrieb man auch realen Tieren viele fabelhafte und wunderbare Eigenschaften zu, die sich bis heute in unseren Sagen, Bildern und in unserem Wortschatz wiederfinden. All diesen Wundertieren ist unsere Ausstellung gewidmet. Die Eggenberger Zauber-Menagerie kann nach dem Besuch der Ausstellung natürlich noch weiterwachsen, der Fantasie junger Kuratorinnen und Kuratoren sind schließlich keine Grenzen gesetzt!


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Oben Die letzte Generation der fürstlichen Familie Eggenberg, Prinz Johann Christian und seine Schwestern Eleonora und Theresia, Öst. Maler, 1705 Unten Cygnus verwandelt sich in einen Schwan, Erzählung aus Ovids Metamorphosen (Verwandlungen), Abraham van Diepenbeeck, Kupferstich 1655

Auch Prinzen müssen lernen Die Eggenberger Prinzen und Prinzessinnen wurden in eine sehr privilegierte Stellung geboren, es ging ihnen unvergleichlich besser als den meisten Kindern ihrer Zeit. Sie hatten alles, was man zum Leben braucht, im Übermaß, doch lebten sie in einer Art von goldenem Käfig, wie auf einer prachtvollen Theaterbühne. Darin bereiteten sie sich auf die Hauptrollen vor, die sie später spielen mussten. Dazu wurden sie gründlich erzogen – selbstverständlich in lateinischer Sprache, der internationalen Sprache der Barockzeit. Ihre Erziehung, die zumeist durch geistliche Lehrer erfolgte, war in erster Linie religiöse Erziehung. Daneben wurden sie in den „humanistischen“ – also auf den Menschen bezogenen – Fächern unterrichtet, deren Wurzeln weit in die antike Welt zurückreichten. Griechische und römische Philosophie, Poesie, Geschichte und Redekunst bildeten die Basis ihres Unterrichts. Und antike Mythen mit ihren Göttern und Heroen spielten eine wesentliche Rolle darin. Berühmte Dichtungen, allen voran die Metamorphosen (15 Bücher der Verwandlungen) des römischen Dichters Ovid, waren ihre frühe Lektüre. Seine Helden und aufregenden Abenteuer waren Kindern der Barockzeit mindestens so vertraut wie Harry Potter jungen Menschen von heute. Wie alt sind die griechischen Mythen? Von Zeus und anderen antiken Gottheiten auf dem hohen Olymp hören wir noch heute. Die griechischen Geschichten von Göttern, Helden und gewaltigen Ungeheuern wurden wieder und wieder erzählt, bis zum heutigen Tag, wo wir sie sogar im Kino sehen können. Die frühesten schriftlichen Versionen dieser Mythen sind über 2.700 Jahre alt und erscheinen in den Werken von berühmten Dichtern wie Homer oder Hesiod, deren Werke wir noch immer lesen. Aber die Mythen selbst sind noch wesentlich älter. Schon die Griechen übernahmen manche ihrer besten Geschichten von älteren Kulturen, die in ihrer Nachbarschaft lebten, wie den Ägyptern oder Babyloniern.

Die Moral von der Geschicht Nicht alle Mythen sind einfach spannende Geschichten, viele sollen uns etwas beibringen. Mythische Helden dienen als leuchtendes Vorbild, sie zeigen uns, wie man sich verhalten soll. Andere Gestalten wiederum benehmen sich schlecht, sie stehlen oder betrügen, sie sind feige oder verräterisch. Der Mythos zeigt uns, dass solches Verhalten bestraft wird. Mit diesen beeindruckenden Erzählungen sollten junge Menschen zum richtigen Verhalten angeleitet werden. Bücherwürmer Zum Unterricht und Studium nutzte man Bücher, manchmal auch Bilder oder Theateraufführungen. Aber man ging nicht in die Natur, um sie zu studieren. Zwar sah man Pflanzen und Tiere, aber gebildete Menschen sahen sie durch die Linse ihrer Bücher, denen man mehr vertraute als dem Augenschein. Deshalb erkannten einfache Menschen, Bauern oder Wundärzte, durch ihre tägliche Erfahrung mit der tierischen und menschlichen Natur oft mehr als große Gelehrte. Doch ihr Wissen galt nichts, so groß war die Macht der Bücher. Naturbeobachtung war also eigentlich Literaturbeobachtung. So konnte ein Irrtum oder Missverständnis über Jahrhunderte weiterleben und wanderte – leicht verändert, umgeschrieben und ausgeschmückt – von Buch zu Buch weiter. Du kennst dieses Spiel sicher, heute nennen wir es „Stille Post“.


Frühe Zoologen Die führenden Gelehrten der Frühen Neuzeit lebten in einer uralten Tradition, die noch keine Trennung zwischen Natur- und Geisteswissenschaften kannte. Sie alle waren „Philosophen“ im wörtlichen Sinne – also Menschen, die die Weisheit lieben. Ihre Quellen waren antike Autoritäten wie der griechische Philosoph Aristoteles (384–322 v. Chr.), der drei Bücher zur Tierkunde verfasst hatte, die bereits 1492 erstmals gedruckt wurden. Aristoteles, damals nur „der Philosoph“ genannt – so groß war sein Ansehen –, wurde damit zum Stammvater der vergleichenden Zoologie. Ebenso wichtig war der römische Naturforscher Plinius d. Ä. (23–79 n. Chr.), der seinen Forschergeist mit dem Leben bezahlte, als er den großen Ausbruch des Vesuvs beobachten wollte und dabei umkam. Seine umfassende Historia Naturalis (Naturgeschichte) in 37 Bänden blieb bis zur Aufklärung die Grundlage für das naturkundliche Wissen Europas. Zwar ging im Mittelalter viel von den zoologischen Kenntnissen der Antike verloren, doch bedeutende Enzyklopädien wie diejenigen des Isidor von Sevilla (560–636) oder Thomas von Cantimpré (1201–1270) bewahrten kostbares Wissen vor dem Vergessen. Ihre Beschreibungen und überlieferten Legenden flossen in die großen Bestiarien, die Tierbücher des Mittelalters, ein. Besonderen Rang besitzt aber eine frühchristliche Quelle, eine Naturlehre in griechischer Sprache, die sich auf einen unbekannten Physiologus (Naturforscher) bezieht und bis zum 4. Jh. n.Chr. erschienen ist. Darin wurde eine Vielzahl von realen oder fabelhaften Tieren beschrieben und im christlichen Sinne symbolisch gedeutet. Seine Interpretationen beeinflussten die Vorstellungen über Tiere bis tief in die Barockzeit. Conrad Gesner (1516–1565) In dieser Tradition steht der Züricher Enzyklopädist Conrad Gesner, der nichts weniger wollte als das gesamte Wissen seiner Zeit zusammenzufassen, und dafür ein gewaltiges Werk hinterlassen hat. Dazu zählt auch eine Geschichte der Tiere (Historia Animalium) in sechs Teilen, die zwischen 1551 und 1558 erstmals erschienen ist. Sehr bald gab es davon auch gekürzte deutsche Ausgaben, nämlich ein Thierbuch (1563), ein Vogelbuch (1557) und ein Fischbuch (1575). Durch diese allgemein verständlichen und aufwendig illustrierten Bände erreichte Gesner große Popularität und weite Verbreitung. Mit der deutschen Sprache verließ er die engen Gelehrtenkreise und wandte sich an eine breite Leserschaft, an die Liebhaber der Künste und an Ärzte, Jäger oder Köche.

Auch wir haben einige seiner Bücher in der Ausstellung versammelt. Sie stammen aus der Bibliothek von Erzherzog Ferdinand II., der in Graz aufgewachsen ist, bevor er 1619 zum Kaiser gewählt wurde. Für den jungen Erzherzog wurden die Folianten besonders kostbar ausgestattet und die vielen Tierbilder sogar nachträglich bemalt. Gerade diese Bilder in Holzschnitttechnik machten Gesners Bücher für Zeitgenossen so attraktiv, Bücher mit vielen großen Bildern waren damals selten und teuer. Viele Menschen sahen darin exotische Tiere, die sie niemals zu Gesicht bekommen würden. Auch Gesner selbst hatte viele der von ihm beschriebenen Arten nie lebend gesehen und kannte sie nur von einer Zeichnung oder einem Präparat, das ihm jemand geschickt hatte. Deshalb mischt er auch reale Tiere und Fabelwesen, von denen er gelesen hatte. Er hatte sie zwar nie gesehen, aber er bezweifelte auch nicht, dass es sie irgendwo gab. Zeitalter der Entdeckungen In der Zeit der großen Entdeckungen, etwa zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert, machten sich viele Abenteurer von Europa aus auf den Weg in unentdeckte Regionen von Land und Meer. Sie suchten Reichtum und Macht, aber auch Wissen. Erst mit ihren Entdeckungen von neuen Welten, neuen Tieren und Pflanzen entstand langsam auch eine neue Einstellung zur Naturforschung, wobei die ausschließliche Lektüre alter Autoren nach und nach durch die Beobachtung und Dokumentation der Natur abgelöst wurde. Aber in einer Übergangsperiode von rund 200 Jahren war es möglich, dass Bücher tatsächlich neu entdeckte Tiere gleichrangig neben Fabelwesen beschrieben.

Von dem Kamel, kolorierte Illustration aus Conrad Gesners Thierbuch, Zürich 1583. Es stammt aus der Bibliothek Erzherzog Ferdinands II. (heute in Stift Rein).


Erde



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Kentauren Wilde Geschöpfe Kentauren sind Geschöpfe des Mythos – halb Pferd, halb Mensch. In wilden Herden bevölkern sie Berge und Wälder. Sie sind ein unbändiges Geschlecht, das in Berghöhlen lebt, wilde Tiere erlegt und roh verzehrt. Als Waffen nutzen sie Felsblöcke und Baumstämme, die sie mit Riesenkraft aus dem Boden reißen. Ein abschreckendes Beispiel Seit der Antike sind Kentauren ein Sinnbild für die unbändigen Kräfte der Natur, die auch im Menschen schlummern. Ihre Unbeherrschtheit und Triebhaftigkeit erscheinen dabei als abschreckendes Beispiel. Die Lektüre der berühmten Kentaurenschlacht sollte den Jugendlichen vor Augen führen, welcher Schaden aus unbeherrschtem Verhalten schnell entstehen kann. Gibt es nur böse Kentauren? Nein, es gibt sogar einen sehr guten und weisen Kentauren, Chiron, der als Erzieher vieler Helden bekannt ist. Er gleicht zwar den wilden Tiermenschen, ist jedoch der Sohn eines Gottes, Kronos. Viele der großen antiken Heroen wie Jason, Achilles oder Odysseus waren seine Schüler. Apollon übergab ihm persönlich seinen Sohn Asklepios zur Erziehung, denn Chiron galt als großer Heilkundiger. Asklepios wird später zum Schutzgott der Medizin. Zu den Sternen Auch der stärkste aller Heroen, Herakles, wurde von Chiron erzogen. Deshalb ist es besonders tragisch, dass gerade Herakles durch einen Unfall sein Ende herbeiführte. Beide geraten zufällig in einen der heftigen Kämpfe unter Kentauren. Herakles wehrt sich mit Pfeilen, die mit einem tödlichen Gift getränkt sind,

Oben Kentauren rauben Hippodameia und Der Kentaure Nessus entführt Herakles´ Frau, Deckengemälde Schloss Eggenberg

Unten Apoll übergibt Chiron seinen Sohn Äsculapius zur Erziehung, Hendrik Goltzius, Kupferstich 1590/91

und trifft aus Unachtsamkeit Chiron. Die Wunde ist unheilbar und verursacht ihm unerträgliche Schmerzen. Als Gottheit ist er jedoch unsterblich und daher zu ewiger Qual verdammt. Schließlich verzichtet Chiron auf seine Unsterblichkeit und wird als Sternbild des Schützen an den Himmel versetzt.

Kentaurennamen Kentauren haben oft lustige, sprechende Namen: Petraios (Felsbewohner), Oureios (Bergbewohner) Peukeus (der aus dem Pinienwald), Eurytion (der mit dem guten Trinkhorn), Gyrneus (Lauf-im-Kreis), Lykidas (Wolfjunges), Areios (der Kriegerische), Eurynomos (der von den guten Weiden) oder Krenaios (der von der Quelle). Fällt dir auch ein passender Kentaurenname ein?


Die Schlacht zwischen Kentauren und Lapithen Berühmt wurde vor allem die Erzählung von der Hochzeit des Lapithenkönigs Peirithoos mit der schönen Hippodameia. Dazu waren auch Kentauren eingeladen. Berauscht vom ungewohnten Wein, den sie dort zu trinken bekamen, fielen einige über die Braut her und versuchten, sie zu entführen. Daraus entstand eine wilde Schlacht zwischen Lapithen und Kentauren, die ein beliebtes Motiv der barocken Kunst wurde. Eine nahezu filmreife Vorlage dazu hatte der römische Dichter Ovid geliefert, dessen Metamorphosen (15 Bücher der Verwandlungen) zur Pflichtlektüre jedes Schulkindes gehörten.

Schlacht der Kentauren und Lapithen, Johann Wilhelm Baur, Radierung 1641

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rimm ist entfacht vom Morde des Bruders den Doppelgeschöpfen: „Auf, zu den Waffen!“, ertönt einstimmiger Ruf. „Zu den Waffen!“ Mut gab ihnen der Wein, und es fliegen geschleuderte Becher, Bauchige Näpfe zuerst im Streit und zerbrechliche Töpfe, Sonst zum Mahle bequem, nunmehr zum Kämpfen und Morden. Amykos, Sohn des Ophion, vermaß sich zuerst, zu berauben Ihres geweihten Gerätes die heilige Statt: von der Zelle Riss er die Ampel hinweg, die leuchtende Dochte umkränzten. Und traf Keladons Stirn des Lapithen, und in dem entstellten Antlitz ließ er gewirrt ineinander die Knochen. Die Augen Quollen heraus, und durch die zerschmetterten Knochen des Mundes Wurde die Nase gequetscht und haftete mitten im Gaumen. Doch ihn streckt mit dem Bein, das dem Ahorntisch er entrissen, Pelates hin, der Pellaier, das Kinn nach der Brust ihm zerschlagend. Während er Zähne gemengt nun spie mit schwärzlichem Blute, Schickt ein erneuter Streich ihn hinab zu des Tartaros Schatten ... Hoch ist Rhoitos erfreut und verhehlt's nicht. „Möchte doch“, ruft er, „Auch solch tüchtige Kraft dartun dein übriges Kriegsvolk!“ Und mit dem glimmenden Ast nochmalige Wunde verdoppelnd Sprengt er drei-, viermal mit gewichtigem Streiche des Schädels Fugen und treibt in das flüssige Hirn die zerschmetterten Knochen. Ovid, Metamorphosen, 12, 240–289


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Einhorn

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as wildeste Tier soll das Einhorn sein: dieses ist am übrigen Leibe einem Pferde gleich, am Kopf einem Hirschen, an Füßen dem Elefanten, am Schwanze dem wilden Schweine, hat ein tiefes Gebrülle, und vorne mitten auf der Stirn ein zwei Ellen langes herausragendes schwarzes Horn. Man sagt, dies Tier fange man niemals lebendig. Plinius d. Ä., Naturgeschichte, 8. 31, 1. Jh. v. Chr.

Das Tier, das es nicht gibt Sicher hast du schon vom Einhorn gehört und seinen Zauberkräften. Mit seinem Horn heilt es Vergiftungen und reinigt fauliges Wasser. Das Tier ist mächtig und stark, jedoch so scheu, dass es sich nicht fangen lässt. Hast du auch gewusst, dass die seltsamen Geschichten vom Einhorn schon im antiken Griechenland erzählt wurden? Mehr als 2000 Jahre alte griechische Texte berichten von Einhörnern, die angeblich im fernen Indien lebten. Und als antike Gelehrte um 300 v. Chr. das Alte Testament vom Hebräischen ins Griechische übersetzten, nahmen sie an, dass das dort erwähnte Tier „re´em“ (hebr. für „wildes Tier“) nur monokeros, das wilde Einhorn, sein konnte. Von da an stand das Einhorn in der Bibel und damit bezweifelte niemand mehr, dass es das Wesen tatsächlich gab. Für viele Hundert Jahre galt das Einhorn als lebendes Tier, auch Naturforscher waren überzeugt von seiner Existenz. Sie beschreiben es mit allen seinen sagenhaften Eigenschaften. Oft berichten sie auch von seinen Kämpfen mit Löwen und Elefanten. Naturgeschichte 1551 schrieb der Schweizer Gelehrte und Naturforscher Konrad Gesner seine große Historia Animalium, seine Geschichte der Tiere. Darin beschrieb er alle Tiere, die auf der Erde lebten. Sie enthält auch eine Beschreibung des Einhorns:

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in gantz fraechs wilds, unzams thier ist es von der art, das lebendig, so es alt, nimmer gefangen wirt: aber jung außgenommen wirt es gezaempt: Und muß es nun gefangen werden, eh es zwey järig: denn elter ist es so grausam, daß es alles zerzeert, zerknitscht unnd frißt was fleisch hat: laßt sich eher umbbringen dann fangen. Sein wonung hat es gern in hohem gebirg und wildnussen. So freydig, daß es kein waffen förcht. Es hat ein grausame erschrockliche stimm, die sich mit keinem andern thiers gschrey vergleycht. Ist auch überauß starck.

Das Einhorn lässt sich im Schoß der Jungfrau fangen, Kupferstich aus einem Kartenspiel, 1460/67

Stille Post Das Einhorn ist also ein „Bücherwesen“, eigentlich hatte es niemand je gesehen. Da aber so viele weise Männer von ihm berichteten, stellte lange niemand seine Existenz infrage. Über tausend Jahre lang schrieb einer vom anderen ab, fügte etwas hinzu, ließ etwas weg oder veränderte eine Kleinigkeit. Darum sind die Schilderungen von Einhörnern auch so unterschiedlich. Es kann wild, schwarz und hässlich, aber auch sanft, schön und silberweiß sein.

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in kleines Lebewesen ist es, wie ein Böckchen, aber ganz außerordentlich leidenschaftlich. Nicht kann ein Jäger ihm nahekommen weil es sehr stark ist. Ein einziges Horn hat es mitten auf seinem Kopf. Wie nun wird es gefangen? Eine reine Jungfrau, fein herausgeputzt, werfen sie vor es hin, und es springt in ihren Schoß; und sie hat Macht über es und es folget ihr und sie bringt es ins Schloss zum König. Physiologus [Der Naturkundige], 22, 4. Jh. n. Chr.

Das christliche Einhorn Lange galt das Einhorn auch als Symbol für Christus. Vor allem die Erzählung vom Einhorn, das seinen Kopf zutraulich in den Schoß der Jungfrau legt, trug dazu bei. Sie erinnert an den Christusknaben, der im Schoß der Jungfrau Maria liegt. Auch die Legende, vergiftetes Wasser werde wieder rein und genießbar, wenn das Einhorn die Spitze seines Horns hineintaucht, lässt sich auf Christus beziehen, der durch seinen Tod die Menschen von Sünden reinigt.


Unter dem Zeichen des Einhorns Wegen der zahlreichen Heilkräfte, die man dem magischen Horn zuschrieb, gibt es noch heute viele Apotheken, die „Zum Einhorn“ heißen. Aber man begann auch schon früh, das Wundermittel zu fälschen. Schon Conrad Gesner warnt in seiner Enzyklopädie vor „böß vögeln“, die Kiesel oder Kalk mit Seife vermischten, um die getrocknete Masse dann als zerriebenes Einhorn zu verkaufen. Gibt man dieses Pulver in Wein, schäumt es auf, wie es auch vom Einhorn berichtet wird. Es sei aber wertlos und bloßer Betrug. Deshalb solle man immer achten, ganze Stücke des Horns zu kaufen, vor allem die Spitze, in der die höchste Kraft konzentriert sei.

Das magische Ainkhürn Der griechische Arzt Ktesias erzählte schon vor über 2000 Jahren von den magischen Kräften des Horns. Wer das Glück hat, ein Stück davon zu besitzen, soll vor Giften geschützt sein – eine Bedrohung, vor der kein Herrscher der Antike und des Mittelalters sicher war. Daher mussten Diener vor dem Servieren Speisen und Getränke mit dem Ainkhürn berühren. Angeblich konnte es auch Fieber und Pestilenz heilen, ja sogar das Leben verlängern. Es wurde daher teurer als Gold gehandelt und in fürstlichen Schatzkammern aufbewahrt.

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iemandts ist, der dises thier ye in Europa gesehen habe:….Derwegen den Weytreisenden glauben darvon geben werden muß, was sy sagen: dann einmal ist das thier auff erden, sunst wären der hörnen nit vorhanden: und laß man es darbey bleyben, daß Indien, Arabien, Morenland sy erzeüge.“ (Conrad Gesner, Thierbuch, Zürich 1583)

Ist das ein Einhorn? Nein, aber es sieht genauso aus. Dieses riesige Horn ist der Stoßzahn eines Narwals, der in den arktischen Meeren lebt. Bevor diese Stoßzähne im Mittelalter bekannt wurden, hatte man die Hörner des Fabeltiers ganz unterschiedlich beschrieben. Als jedoch skandinavische Seeleute einige dieser Stoßzähne aus den unbekannten Nordmeeren nach Europa brachten, hielt man sie für die kostbaren Hörner der sagenumwobenen Fabeltiere. Seither gleichen sich alle Darstellungen des magischen Horns, sie sind lang und spitz zulaufend, weiß und gedreht. „Ainkhürn“ war ihr mittelalterlicher Name.

Oben Das Einhorn, Conrad Gesner, Thierbuch, Zürich 1583 Mitte Das Einhorn reinigt das Wasser von giftigen Wesen, Hendrik Hondius, Kupferstich 1610 Unten „Ainkhürn“, eigentlich Narwalzahn in Silberfassung 1. Viertel 18. Jahrhundert


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Nashorn

Das andere Einhorn

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a gibt es wilde Elefanten und viele Einhörner, die kaum kleiner als die Elefanten sind. Sie haben Haare wie Büffel und Füße wie Elefanten. Sie besitzen ein einzelnes großes schwarzes Horn in der Mitte der Stirn … sie haben einen Kopf wie ein Wildschwein und richten ihn immer zum Boden. Besonders gern verbringen sie ihre Zeit damit, sich in Schlamm und Morast zu wälzen. Es sind scheußlich anzuschauende Kreaturen. Sie sehen überhaupt nicht so aus, wie wir sie beschreiben, wenn wir sagen, man könnte sie im Schoß von Jungfrauen fangen. Marco Polo, Il Milione, Beschreibung seiner Reise nach China, um 1300

So klingt das, wenn im Mittelalter einmal ein Reisender wirklich auf ein Fabelwesen trifft. Der Venezianer Marco Polo (1254–1324) war auf seinem abenteuerlichen Weg nach China auf Sumatra tatsächlich einem „Einhorn“ begegnet, aber es sah ganz und gar nicht so aus, wie die Legenden von dem schönen, edlen Einhorn erzählten. Es war auch kein Einhorn, sondern wohl ein SumatraNashorn. Möglicherweise hat er es gar nicht selbst gesehen, sondern kannte es nur vom Hörensagen. Aber wenn er schon so weit reiste, dann „musste“ er wohl auch dem legendären Einhorn begegnen.

Von dem Rhinocer, Conrad Gesner, Thierbuch, Zürich 1583

Dürers Nashorn Bis zum 16. Jahrhundert glaubte man zwar immer noch an die Existenz von fernen Einhörnern, aber man verwechselte sie nicht mehr mit dem Rhinozeros. Der Schweizer Naturforscher Conrad Gesner hatte es in seinem großen Thierbuch auch genau beschrieben und abgebildet. Diese Abbildung geht auf einen ganz berühmten Künstler, nämlich Albrecht Dürer (1471– 1528), zurück. Du hast vielleicht schon sein berühmtes Bild des Feldhasen gesehen? Dürer war ein wunderbarer Tiermaler, der auch eine neue Technik benutzte, um seine Tierporträts weit zu verbreiten. Er fertigte Holzschnitte an, die wie Buchseiten in der Druckerpresse vervielfältigt werden konnten und so überall auch für diejenigen zu erwerben waren, die niemals ein so exotisches Tier zu Gesicht bekamen. Auf diese Weise hat Albrecht Dürer auch ein Rhinozeros „porträtiert“, das damit erstmals in Europa bekannt wurde. Allerdings hatte Dürer das lebende Nashorn nie gesehen. Seine Darstellung beruht auf einer Beschreibung und einer Skizze, die ihm ein Künstlerkollege aus Rom zuschickte! Und das kam so: Gandas Abenteuer Ähnlich wie die ersten Elefanten, gelangte auch ein Nashorn auf dem Seeweg von den fernen Gewürzinseln nach Portugal. 1514 hatte es der Vertreter der portugiesischen Krone in Indien als kostbares diplomatisches Geschenk von Sultan Muzafar II. erhalten und nach Lissabon gebracht. Er schenkte Ganda, wie es in der Landesprache genannt wurde, dem portugiesischen König Manuel I., der es in der königlichen Menagerie unterbringen ließ. Weil man aus antiken Naturgeschichten zu wissen glaubte, dass Elefant und Nashorn Todfeinde seien, inszenierte man sofort einen spektakulären Tierkampf, bei dem Ganda auf einen jungen Elefanten gehetzt wurde. Gott sei Dank, fürchtete sich der so sehr, dass er davonlief …


Geschenk an den Papst 1515 wurde Ganda als kostbares Geschenk für Papst Leo X. bestimmt, dessen politische Unterstützung König Manuel brauchte. Mit einem „grünen Samtkragen mit Rosen und vergoldeten Ösen“ und „mit Fransen geschmückt“ wurde Ganda auf ein Schiff verfrachtet und sollte nach Rom reisen. Doch das Schiff zerschellte in einem Sturm vor der ligurischen Küste und der an Deck angekettete Ganda ertrank. Er wurde an der Küste von Frankreich angespült, nach Portugal zurücktransportiert und dort ausgestopft! Noch als Stopfpräparat war er kostbar genug, um als diplomatisches Geschenk zu dienen, und so gelangte Ganda nach Rom, wo er von vielen Künstlern und Gelehrten studiert wurde.

Gandas Schatten Auch Dürers Malerkollege war darunter, und so gelangte eine Zeichnung des toten Ganda bis nach Nürnberg, nach der Dürer seine berühmte Darstellung anfertigte. Dürers Nashorn blieb für Jahrhunderte populär und hat vielen anderen Künstlern als Anregung gedient. Auch in Gesners Thierbuch findet sich Gandas fernes Abbild. Es sieht aus, als würde er eine prächtige Rüstung und ein Kettenhemd tragen. Damit erinnert er mehr an zeitgenössische Pferdepanzer als an die dicken Hautfalten eines Panzernashorns. So konnte man gut die Stärke und Unverwundbarkeit des gefährlichen Nashorns zeigen. Also doch wieder ein „Wundertier“!

Rhinocerus, Hendrik Hondius nach Albrecht Dürer, Holzschnitt nach 1515


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Elefant Der fabelhafte Elefant Ein Elefant ist doch kein Fabeltier! Du hast ja Recht, aber er war in früheren Jahrhunderten so selten und so exotisch, dass man ihm viele wunderbare Eigenschaften zuschrieb. Europa hat die gewaltigen Elefanten bewundert und geliebt. Im 16. und 17. Jahrhundert waren sie an europäischen Fürstenhöfen echte Superstars, von einigen kennen wir sogar die Namen. Und weißt du das Beste? Elefanten sind tatsächlich ganz wunderbare Wesen.

Sein Tugent ist gar mannigfalt … dermassen daß nach dem menschen kein thier mit so vil tugenden/ weyßheit/ frombkeit und zucht begabet ist/ als der Elephant. Conrad Gesner, Thierbuch, Zürich 1583 Oben Helfandt (Der Elefant), Jost Amman, Holzschnitt 1592 Mitte Elefant und „Kalikutische Leut“, Hans Burgkmair, Holzschnitt 1516-18 Unten Der „starke und kluge“ Elefant im Emblem, Friedrich Pereth, Kupferstich 1679

Nicht nur aufgrund seiner mächtigen Gestalt und Körperkraft war der Elefant so populär, sondern auch, weil man ihm seit der Antike viele moralischen Qualitäten zuschrieb, die ihn „menschenähnlich“ erscheinen ließen. Er galt als Inbegriff der Stärke, aber auch der Großmut und Güte. Schon der römische Naturforscher Plinius hebt den scharfen Verstand des Elefanten hervor und betont sein langes Gedächtnis für einmal erlittenes Unrecht. Er berichtet davon, dass er Verirrten den Weg weise und entgegenkommende kleine Tiere mit dem Rüssel sanft beiseiteschiebe, damit sie nicht verletzt werden. Noch in der Barockzeit werden viele solche Geschichten vom Elefanten erzählt, besonders von seiner Liebe zu kleinen Kindern, auf die er achte wie auf seine eigenen Jungen. Man nahm auch an, dass er die menschliche Sprache verstehe und sogar viele europäische Sprachen lernen könne.

Knautschtiere Der frühchristliche Physiologus erzählt eine besonders lustige Geschichte vom Elefanten. Er sagt, der Elefant habe keine Gelenke, könne sich also nicht allein aufrichten. Zum Schlafen muss er sich an einen Baum lehnen, damit er nicht umfällt. Diese Vorstellung war so stark, dass er noch mehr als tausend Jahre später so dargestellt wird. Kluge Jäger könnten sich diese Schwäche zunutze machen, sie sägen einfach den Schlafbaum an. Lehnt sich der Elefant dann in der Nacht daran, fallen beide um und das Tier kann von den Jägern erlegt oder gefangen werden.

Elefanten in Europa? Elefanten waren schon im antiken römischen Reich nach Europa gekommen, wo man sie für exotische Zirkuskämpfe und Jagden aus Afrika importiert hatte. Danach wurden sie für Jahrhunderte hier nicht mehr gesehen, mit einer Ausnahme: Im Jahr 801 schickte Kalif Hārūn ar-Raschīd – vielleicht kennst du ihn ja aus den Geschichten von Tausendundeiner Nacht? – einen weißen Elefanten namens Abul Abbas an Kaiser


Karl den Großen nach Aachen – aus Bagdad! Erst als portugiesische Seefahrer Anfang des 16. Jahrhunderts nach Indien gelangt waren, brachte man von dort wieder Elefanten nach Europa, wo sie sofort eine Sensation waren. Da sie auch als Sinnbild von Macht und Stärke galten, wurden sie zu kostbaren Attraktionen an Fürstenhöfen und zu diplomatischen Geschenken. Einer von ihnen, der indische Elefant Hanno, war der Liebling von Papst Leo X. in Rom und wurde sogar vom berühmten Raffael gemalt. Soliman der Diplomat Ein Elefant kam 1552 als Staatsgeschenk des portugiesischen Königs sogar nach Wien, an den Hof des späteren Kaisers Maximilian II. Man hatte ihn Soliman getauft, wie den türkischen Sultan Süleyman den Prächtigen, den mächtigsten Feind des Kaisers, über den man sich damit lustig machen wollte. In einer abenteuerlichen Seereise war der arme Soliman zuerst von Ceylon nach Lissabon gelangt. Danach musste er als Höhepunkt einer glanzvollen diplomatischen Delegation den endlosen Fußweg von Portugal nach Wien antreten. Im tiefsten Winter führte die Reise über den verschneiten Brenner bis nach Innsbruck. Soliman brauchte eigens für ihn gefertigte Stiefel, damit er diese Tortur durchstehen konnte. Am 24. Jänner 1552 erreichte er Wasserburg am Inn, wo er von Michael Minkh porträtiert wurde. Auf ihm reitet der Mahmout, sein indischer Betreuer, der mit ihm nach Europa gekommen und für sein Wohlergehen verantwortlich war. Nach einem endlosen Marsch gelangte Soliman schließlich im März nach Wien, wo er mit Pauken und Trompeten in einem Triumphzug von den jubelnden Wienern empfangen und ein Prunkstück des Wiener Hofes wurde. Wegen der Strapazen und wohl auch falscher Ernährung – man gab Elefanten Wein zu trinken, damit sie ruhig blieben – lebte Soliman nur noch ein Jahr. Aber er hat zahlreiche Gelehrte und Künstler nach Wien gelockt, die ihn studieren wollten.

Oben Das Haus zum Elefanten, Salomon Kleiner, Kupferstich 1725/35 Unten Von dem Helfant, Conrad Gesner, Thierbuch, Zürich 1583

Das Haus zum Elefanten In Wien ranken sich noch Erzählungen um Soliman, der übrigens bald einen Nachfolger, den Hofelefanten Emanuel, bekam. Es gab noch im 18. Jahrhundert ein „Haus zum Elefanten“, dessen dankbarer Besitzer Soliman ein Denkmal gesetzt hatte, weil er seine kleine Tochter, die dem mächtigen Tier im Trubel des Einzugs vor die Füße geschubst wurde, mit dem Rüssel aufgehoben und in Sicherheit gebracht haben soll.


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Basilisk

Der tödliche Blick Seit der Antike berichten Autoren fasziniert von diesem schrecklichen Tier, das im christlichen Denken eine Kreatur des Teufels ist, nicht von Gott geschaffen. Aus seinem tödlichen Hauch wurde sehr bald ein tödlicher Blick, beim bloßen Anblick des Basilisken erstarre man zu Stein. Auch seine Gestalt veränderte sich im Laufe der Jahrhunderte. Aus der aufrechten Schlange wurde ein Mischwesen aus einem gekrönten Hahn mit Drachenflügeln und einem Schlangenschwanz. Nun erzählte man, ein Basilisk wachse im Ei eines siebenjährigen Hahns, das von einer Schlange bebrütet werde oder in einem Schlangenei, das von einem Hahn ausgebrütet wird. Selbst Alchemisten versuchten, in ihren Retorten Basilisken durch Fäulnis zu erzeugen.

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iese Schlange, welche die cyrenaische Provinz hervorbringt, ist nicht größer als 12 Finger und hat einen weißen Flecken auf dem Kopfe, wodurch sie, gleichsam wie mit einem Diadem, geschmückt wird. Durch ihr Zischen verscheucht sie alle übrigen Schlangen und schiebt nicht, wie diese durch vielfache Windungen ihren Körper fort, sondern geht, zur Hälfte aufgerichtet, gestreckt einher. Sie verdirbt die Gesträuche nicht durch ihre Berührung, sondern schon durch ihren Hauch, versengt die Kräuter und zersprengt Steine. Eine solche Stärke hat das Gift. Plinius d. Ä., Naturgeschichte, 8. 33, 1. Jh. v. Chr. König der Schlangen Schon der römische Naturforscher Plinius beschreibt ein kleines, aber furchterregendes Ungeheuer, das Mensch und Tier besonders gefährlich ist: Basiliskos – der kleine König, nämlich der König aller Schlangen. Es sei nicht groß, nur 12 Finger lang, und mit einer weißen Zeichnung auf dem Kopf, die wie eine Krone erscheint. Er bewegt sich aufrecht fort, anders als die übrigen Schlangen, die schon vor seinem schrecklichen Zischen fliehen. Sein starkes Gift tötet alles, was er berührt, Pflanzen, Mensch und Tier. Ein Reiter, der ihn mit einer Lanze durchbohrt habe, sei dennoch gestorben, weil das Gift durch den Schaft der Lanze aufgestiegen ist. Er vergiftet die Luft, sodass sich ihm niemand nähern kann.

Von Basilisk und Wiesele Aber einen gefährlichen Feind hat der Basilisk! Nämlich das kleine Wiesel, gegen dessen Geruch und Schweiß er nicht gefeit ist. Plinius berichtet, dass es eine Möglichkeit gibt, das schreckliche Tier zu töten: Man müsse ein Wiesel in die Basiliskenhöhle werfen, die man leicht am versengten Grund erkennen kann, dann stirbt das Ungeheuer. (Und das arme Wiesel natürlich auch.)

Links Von dem Basilisken, Conrad Gesner, Thierbuch, Zürich 1583 Rechts Der Basilisk und das Wiesel, Kupferstich nach Egidius Sadeler 1689


Mit eigenen Waffen schlagen Im Laufe der Jahrhunderte entstanden viele Legenden und Sagen rund um die Basilisken. Angeblich lebten sie in Kellern und Brunnenschächten und vertrieben die Bewohner so aus ihren Häusern. Und weil offenbar nicht immer ein passendes Wiesel zur Hand war, erfand man eine noch viel bessere Art, mit dem Ungeheuer fertig zu werden. Besonders Mutige sollten ihm einen Spiegel vorhalten, damit sein eigener Blick ihn töte. Traust du dich, in den Schacht hinunter zu spähen? So hält der Basilisk auch Einzug in die belehrenden Embleme: Noxa Nocenti - Schaden für den, der anderen schadet - steht über dem Bild des Basilisken, der vor seinem eigenen Spiegelbild erstarrt. Er dient als Sinnbild für bösartige Menschen, die anderen Schaden zufügen, letztlich aber an ihrer eigenen Arglist zugrunde gehen. Der Basilisk in der Schönlaterngasse So ranken sich viele lokale Sagen um den Basilisken. In der Wiener Schönlaterngasse soll einer im Brunnen des Bäckerhauses sein Unwesen getrieben haben. Ein mutiger Bäckergeselle wagte schließlich mit einem Spiegel in der Hand den gefährlichen Abstieg in den Brunnenschacht. Mit abgewandtem Blick hielt er dem Ungeheuer den Spiegel vors Gesicht und es verwandelte sich zu Stein. Du kannst es noch heute am Haus sehen!

Oben Der Basilisk, Melchior Lorch, Kupferstich 1548 Links Der Basilisk wird von seinem eigenen Spiegelbild getötet. Emblem, Nicolas Pecoult nach Hans Siebmacher 1697 Rechts Der Basilisk in der Schönlaterngasse

Einfach faszinierend Über Jahrhunderte fand man das Ungeheuer einfach faszinierend: Alchimisten begehrten seine Asche, weil diese angeblich gegen andere giftige Tiere half, reiche Herren wollten Basiliskeneier für ihre Wunderkammern, auf Jahrmärkten stellte man Präparate zur Schau. Ihr könnt euch vorstellen, dass da viel „gebastelt“ wurde: Aus Fisch- oder Tierhäuten entstanden oft grausig anzusehende Fälschungen.

Wir wissen natürlich, dass es keine Basilisken gibt – aber würdest du wirklich in die „Kammer des Schreckens“ hinuntersteigen?


Feuer



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Drachen

J

etzt aber vollends, nachdem zu der sonstigen Wut noch ein neuer Stachel gekommen, da schwillt ihm von prallem Geäder die Kehle, Weißlicher Schaum umfließt den pestverbreitenden Rachen; Über der Erde hin fegen und knattern die Schuppen, der schwarze Hauch, der dem stygischen Schlund entfährt, verpestet die Lüfte. Jetzo ringelt er sich in unermeßlichen Kreisen, Oder dann ragt er empor einem riesigen Stamme vergleichbar; Jetzo stürmt er gewaltig heran wie ein regengeschwollner Strom und zermalmt mit der Brust die entgegenstehenden Bäume. Ovid, Metamorphosen, 3, 72–80

Höllenwesen Gewaltig, schrecklich, tückisch und gierig – besonders in der christlichen Welt erscheint der Drache als Inbegriff des Bösen. Er ist jedoch viel älter. Mehr noch als der Phönix, ist der Drache ein Mythos, der in vielen Kulturen und zu allen Zeiten die menschliche Fantasie beflügelt und unsere tiefsten Ängste schürt. Er verbindet Elemente verschiedener Tiere, von Schlangen, Echsen oder Krokodilen mit Fledermausflügeln und Raubtierklauen. Er haust in Höhlen, Bergen, Seen, bewohnt das Meer und auch die Lüfte. Sein eigentliches Reich ist jedoch das Feuer. Der Drache ist ein Phänomen, das nichts von seiner jahrtausendealten Kraft verloren hat. Bis heute lebt er fort in seiner dunklen Welt, schattenhaft, furchteinflößend und überwältigend, ein Wesen der Unterwelt, das mit seinem feurigen Atem alles verbrennt.

Oben Der Drache zerfleischt die Begleiter des Kadmos, Hendrik Goltzius nach Cornelis van Haarlem, Kupferstich 1588 Mitte Kadmos tötet den Drachen, Hendrik Goltzius, Kupferstich 1590/91

Der scharfe Blick Schon der antike Mythos kennt viele Drachen, in Kolchis bewacht einer das Goldene Vlies, „am Ende der Welt“ bewacht ein anderer die goldenen Äpfel der Hesperiden. Als Python hütet er die Schwelle des Delphischen Orakels. Drachen gehören zu Göttinnen und Zauberinnen, Medea oder Demeter reisen in Drachenwägen. Demeter, die Göttin der Feldfrüchte, schenkt ihre Drachen dem jungen Triptolemos, damit er die Kunde des Ackerbaus unter den Menschen verbreiten kann. Antike Drachen sind also Hüter kostbarer Schätze oder kostbarer Weisheit, sie bewahren uraltes Wissen. Auch ihr griechischer Name Drakon („der scharf Blickende“) erinnert an diese ursprünglich positive Kraft der Wesen.

Kadmos und seine Gefährten Aus Dankbarkeit, endlich einen Ort gefunden zu haben, wo er eine neue Stadt gründen kann, will der griechische Held Kadmos ein Opfer bringen. So schickt er einige Begleiter zu einer nahe Quelle, die dem Kriegsgott Ares geweiht ist. Allerdings wird diese von einem schrecklichen Drachen bewacht. Als die Männer sich nähern, stürzt sich der Drache auf sie und zerfleischt sie. Später rächt Kadmos seine Gefährten und tötet das Untier. Seine Beschützerin Athene rät Kadmos, die Zähne des Drachen auszusäen. Aus dieser Drachensaat erwachsen gerüstete Krieger, die sich sofort aufeinander stürzen und zu kämpfen beginnen. Nur fünf überleben die Schlacht und werden zu Ahnherren der Thebaner. Der römische Dichter Ovid schildert den Kampf mit dem Drachen in spektakulärer Weise, die viele Illustrationen inspiriert hat.


Hic sunt dracones In der Antike und im Mittelalter glaubte man auch, dass viele ferne und unterforschte Gegenden der Erde von Drachen bewohnt seien, wie das Land Aithiopia, wo gigantische Schlangen hausen, oder Indien, wo sie Elefanten verschlingen. Hic sunt dracones („Hier hausen die Drachen“) stand auf den frühen Weltkarten zur Warnung der Reisenden vor unbekannten Gefahren.

Drachenkämpfe, Details aus Orpheus in der Unterwelt, Unbekannter Maler nach Jacques Callot, M. 17. Jahrhundert


Links Hl. Georg mit dem getöteten Drachen, Albrecht Dürer, Kupferstich um 1507/08 Rechts Der Erzengel Michael triumphiert über den Drachen, Hieronymus Wierix nach Maerten de Vos, Kupferstich 1585

Die Chaostruppe In antiken Schöpfungsmythen verkörpert der Drache das bedrohliche Chaos, er ist der ewige Feind der geordneten Welt, die die Griechen als Kosmos bezeichnen. Als Urbild der Zerstörung, als menschenfeindliches Ungeheuer, muss der Drache von Helden überwunden werden, damit die Welt weiter bestehen kann. Diesen Mythos vom Drachentöter gibt es in vielen Kulturen und vielen Varianten – ob sie nun Apollon oder Kadmos, hl. Michael oder hl. Georg, Siegfried/Sigurd oder Beowulf heißen mögen, die Drachentöter sind ein Sinnbild für den Sieg der Ordnung gegen das Chaos, des Lichts gegen die Dunkelheit, des Göttlichen gegen das Teuflische. Der Erzfeind Das Bild des Drachen als Sinnbild für den Teufel stammt aus der Bibel. In der Offenbarung des Johannes erscheint der Teufel selbst als „ein Drache, groß und feuerrot, mit sieben Köpfen und zehn Hörnern und mit sieben Diademen auf seinen Köpfen“ (Offb. 12,3). Als der Drache den Himmel angreift, tritt ihm der Erzengel Michael entgegen: „Da wurde gestürzt der große Drache, die alte Schlange, die Teufel oder Satan heißt und die ganze Welt verführt; der Drache wurde auf die Erde gestürzt und mit ihm wurden

seine Engel hinabgeworfen“ (Offb. 12,9). Deshalb hat in mittelalterlichen Bildern der Teufel oft große Ähnlichkeit mit einem Drachen oder einer Schlange. So wird auch eine Verbindung zur ersten Schlange im Paradies hergestellt, die Eva dazu verführt hatte, die verbotene Frucht zu pflücken. Christliche Ritter Dem Beispiel des Erzengels folgen alle christlichen Ritter. Auch vom frühchristlichen Märtyrer Georg von Kappadokien erzählt man eine Drachenlegende. Im fernen Äthiopien habe er einen Drachen erschlagen. So rettet er eine schöne Prinzessin und eine ganze Stadt, die danach auch zum Christentum bekehrt wird. Als heiliger Georg wird er im Mittelalter zum Inbegriff des christlichen Streiters und Vorbild für alle ritterlichen Kämpfer.


Kleine Naturgeschichte der Drachen Drachen und Dinosaurier Erinnern dich Drachen auch an Dinos? So riesig wie sie sind, mit ihren Schuppen, Zähnen und Klauen, könnte man sie schon für entfernte Cousins des Tyrannosaurus halten. Könnte da ein Vorbild liegen? Natürlich nicht, Saurier waren schon lange ausgestorben, bevor es Menschen gab, die sie beobachten hätten können. Aber immer wieder fand man ihre gewaltigen fossilen Knochen und oft hielt man sie tatsächlich für Drachengebein. So formte sich schon in der Antike unsere Vorstellung von diesen gigantischen Wesen. Todfeinde In den Schriften des römischen Naturforschers Plinius (23–79 v. Chr.) erscheint der Elefant als Todfeind des Drachen. In einem tödlichen Kampf zwischen den beiden Giganten erwürgt der Drache den Elefanten mit seinem Schwanz. Plinius hatte wohl Geschichten von riesigen Pythonschlangen gehört, die selbst große Tiere zerdrücken und verschlingen können. Elefanten sind aber auch für den dicksten Python zu groß!

Drachenzähne Die Erzählung von der Drachensaat des Kadmos hat eine andere Legende inspiriert. In der Erde wurden neben den Knochen vieler ausgestorbener Tiere oft auch fossile Haifischzähne gefunden. Lange hielt man sie für Drachenzähne, also eine Saat, die nicht aufgegangen war. Man schrieb ihnen auch magische Kräfte zu. Wie das Einhorn, sollten auch Drachenzähne Gift in Speisen oder Getränken anzeigen können. Also baute man aus diesen „Natternzungen“, wie sie auch genannt wurden, kostbaren Tafelschmuck, die „Natternzungenkredenzen“, kunstvolle Bäumchen aus Gold und Juwelen, an denen die Zähne wie Früchte hängen. Auf den Tischen von Königen sollten sie diese vor Vergiftungen schützen.

Oben „Natternzungenkredenz“ aus fossilen Haizähnen und Koralle, Wien, Schatzkammer des Deutschen Ordens, 15./16. Jahrhundert Mitte Kadmos sät die Drachenzähne aus, Johann Wilhelm Baur, Radierung 1641 Unten Fossile Drachenzähne


Drachenblut Arabische Händler segelten einst zu den Sokotra-Inseln im Indischen Ozean, um das Harz des Drachenblutbaums (Pterocarpus officinalis) zu gewinnen. Wegen seiner blutstillenden Wirkung galt es als kostbare Medizin. Plinius erzählt, es bilde sich beim Kampf der Drachen und Elefanten, wenn sich das Blut beider Tiere verbindet und gerinnt.

Oben Lindwurmbrunnen in Klagenfurt Unten Von dem Trackhen Conrad Gesner, Thierbuch, Zürich 1583 Gegenüberliegende Seite Drachen ziehen den Wagen der Kriegsgöttin Bellona Hans Adam Weissenkircher, 1685

Drachenschädel Als im späten Mittelalter der fossile Schädel eines Wollnashorns (Coelodonta antiquitatis) in der Nähe von Klagenfurt ans Tageslicht kam, glaubte man, die Reste eines Drachen gefunden zu haben und bewahrte den Schädel im Rathaus auf. Die Sage vom riesigen Lindwurm, der die ganze Gegend verheerte und nur mit einer List besiegt werden konnte, wird bis heute erzählt. Die Klagenfurter waren so stolz auf ihren Sieg, dass sie dem Untier 1583 ein Denkmal errichten ließen, das du noch heute als Lindwurmbrunnen auf dem Neuen Platz bewundern kannst.



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Panther

Ein seltsames Tier Du kennst doch sicher einen Panther? – Eine wunderschöne, geschmeidig starke, schwarze Wildkatze. Hast du schon einmal den Panther des steirischen Wappens näher betrachtet? Der sieht eigentlich ganz anders aus. Weder ist er schwarz noch eine Katze. Hast du dir schon einmal Gedanken gemacht, warum? Das Panthier Der heraldische Panther – also der Panther aus der Wappenkunde, der Heraldik – ist auch ein Fabeltier, ein Mischwesen, das aus der frühchristlichen Kunst stammt. Im Mittelalter hieß es Panthier, Pantel oder Parder. Er sieht auch nicht immer gleich aus. Zumeist besitzt er den schlanken Körper eines Löwen, Adlerklauen und einen gehörnten Kopf von Pferd oder Stier. Er kann auch einen langen Schwanenhals oder Flügel haben. Aber immer ist er feuerspeiend. Beim steirischen Panther schlägt das Feuer sogar aus allen Körperöffnungen.

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eglichem Getier ist er gar lieb, feindlich aber nur dem Drachen. Ganz gesprenkelt ist er, wie der Leibrock des Joseph. Er ist ruhig und ganz sanft, und wenn er gefressen hat und satt ist, dann schläft er in seiner Höhle. Und am dritten Tage wacht er auf aus dem Schlafe und brüllt, mit lauter Stimme rufend. Und die Tiere weit und nah hören seine Stimme. Aber von seiner Stimme geht jeglicher Wohlruch balsamischer Düfte aus. Und es folgen alle wilden Tiere dem Wohlruch seiner Stimme, indem sie laufen bis in seine Nähe. Physiologus [Der Naturkundige], 2.–4. Jh. n. Chr. Der christliche Panther So berichtet der Physiologus, eine frühchristliche Naturlehre in griechischer Sprache, von Panthera, dem Panthertier. Der Physiologus deutete die Eigenschaften bekannter Tiere symbolisch in einem christlichen Sinne um. Diese Schrift war weit verbreitet und beeinflusste mit ihren Ideen die Vorstellung von Tieren über mehr als tausend Jahre. Der Panther, der drei Tage schläft und dann aus seiner Höhle kommt, ist hier ein Symbol für Christus, der nach drei Tagen von den Toten aufersteht. Seine gewaltige Stimme war die Stimme des christlichen Glaubens, die alle anziehen sollte, und der wunderbare Wohlgeruch, den er verströmt, war der Wohlgeruch der Tugend.

Darin ein Pantel swebte Dieses mächtige und heilige Wesen galt im Mittelalter als beeindruckendes Wappentier. Und so wählte es der Traungauer Markgraf Ottokar III. im 12. Jahrhundert als Wappenzeichen für seine steirische Mark. Nur hundert Jahre später wird die steirische Fahne erstmals beschrieben: „ein banier grüene als ein gras / darin ein pantel swebte / blanc, als ob ez lebte“. Bis zum heutigen Tag ist der silberne Panther im grünen Feld ein Zeichen für steirische Identität geblieben. Die Flamme des Geistes Wie der Drache speit auch der Panther Feuer. Aber hier ist es kein schädliches, tödliches Feuer, sondern ein Zeichen für den Wohlgeruch, den tugendhaften Geist, den er verströmt. Im Mittelalter wurden Atem oder Hauch oft als Flamme dargestellt. Vielleicht hast du ja schon Bilder des Pfingstwunders gesehen, wo sich der Heilige Geist als Flamme auf die Häupter der Apostel senkt? So ist auch der heilige Atem des Panthers zu verstehen, als stärkender Geist, der sich allen mitteilt, die unter der Pantherfahne vereint sind.

Oben Pantherwappen über dem Tor des Landeszeughauses, 1642 Gegenüberliegende Seite Feuerspeiender Panther, Johann Jakob Schoy zugeschrieben, um 1720/30



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Salamander Feuerschlucker „Flammen, die andere verderben, sind deine Nahrung, Salamander“, erzählt ein Sinnbild der Barockzeit vom Salamander, dem man seit der Antike ganz außerordentliche Eigenschaften zuschrieb. Wie der Phönix wird er aus Feuer geboren, im Besonderen aus Feuern, die sieben Jahre lang am selben Ort brennen. Er lebt im Feuer und ernährt sich von Feuer, sonst braucht er keine Nahrung.

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r ist so kalt, dass durch seine bloße Berührung das Feuer, ebenso wie vom Eise auslöscht. Plinius d. Ä., Naturgeschichte, 10. 86, 1. Jh. v. Chr. Feuerlöscher und andere Legenden Obwohl ein Geschöpf des Feuers, galt der Salamander selbst als eiskalt und in der Lage, Feuer zu löschen. Wer sich mit Salamanderblut am ganzen Körper bestreicht, erzählte man, kann selbst von Flammen nicht verletzt werden. Wie die Basilisken galten auch Salamander als besonders giftig. Alles, womit sie in Berührung kommen, sollte von ihrem Gift erstarren. Kriecht ein Salamander über einen Baum, hieß es, sind seine Früchte vergiftet, wer davon isst, stirbt vor Frost.

Der Salamander als Element Feuer, Johann Sadeler nach Maerten de Vos, Kupferstich nach 1560

Biografie 1566 von einem solchen Erlebnis, das er als Kind hatte. Sein Vater habe ihn sogar ordentlich geohrfeigt, damit er dieses ganz besondere Ereignis nie vergesse: Ein echter „Elementargeist“ – als solcher wurde der Salamander betrachtet – begegnet einem schließlich nicht alle Tage.

Begegnung mit dem Elementargeist Vielleicht hat die Gewohnheit der harmlosen Amphibien, in Holzstößen zu überwintern, zur Bildung dieser Legende beigetragen. Manchmal gelangte ein Salamander samt den Holzscheiten in ein Kaminfeuer, aus dem er dann aufgeschreckt „erschienen“ ist. Schon der berühmte Bildhauer Benvenuto Cellini berichtet in seiner

Wahr ist vielmehr Der kleine Feuersalamander in seinem charakteristisch schwarzen Kleid mit den auffälligen gelben Flecken kann tatsächlich ein schleimiges Gift produzieren, das er bei Gefahr verspritzt. Es wird dem Menschen kaum gefährlich, vor tierischen Feinden schützt es ihn jedoch gut. Oben Feuersalamander, Crispijn de Passe, Kupferstich 1601 Unten Salamander und Phönix in ihrem feurigen Element, Adriaen Collaert nach Maerten de Vos, Kupferstich 1580/84


Phönix E

inen Vogel gibt es, der selbst sich erzeugt und erneuert. Phoenix nennt der Assyrier ihn. Er lebt nicht von Frucht und Kräutern, sondern von Tränen des Weihrauchs, vom Saft des Amomum. Hat seines Lebens fünf Jahrhunderte dieser erfüllt, dann baut er sich selbst mit den Klauen und dem reinen Schnabel ein Nest im Eichengezweig oder auch im Wipfel der schwankenden Palme. Hat er Casia dort und die Ähren der schmiegsamen Narde, gelbliche Myrrhe dazu und gestoßenen Zimt unterbreitet, bettet er selbst sich darauf und endet in Düften sein Leben. Hier, so sagt man, entsteht aus dem Leibe des Vaters ein kleiner Phoenix, dem ebenso viel an Jahren zu leben bestimmt ist. (Ovid, Metamorphosen, 15, 395 ff.)

Einfach fabelhaft In einem Cape aus Sonnenlicht und einem strahlend roten Federkleid hat der Phönix seinen glamourösen Auftritt in der Fabelwelt. Er ist ein Superstar, der selbst strahlt wie die Sonne. Er stammt aus dem Morgenland, wo er sich von kostbaren Spezereien ernährt. Selbst sein Nest baut er aus duftenden Substanzen, aus Myrrhe, Weihrauch oder Zimt. Der Phönix lebt 500 Jahre, dann öffnet er seine glänzenden Schwingen gegen die Sonne und setzt sich – wie mit einem Brennglas – selbst in Brand. Aus seiner Asche wird ein neuer Vogel geboren. Es begann in Ägypten Der Phönix-Mythos ist uralt. Als der griechische Historiker Herodot vor 2.500 Jahren Ägypten besuchte, hörte er vom heiligen Vogel Benu. Er nannte ihn Phoinix (griech. für „der Purpurrote“) und erzählte von den Priestern des Sonnentempels in Heliopolis. Einmal in 500 Jahren komme ein junger Phönix aus Arabien zu ihnen und bringe in einem Ei aus Myrrhe den Leichnam seines Vaters, der dort im Tempel beigesetzt wird. In Laufe der Jahrhunderte wird die Geschichte ausgeschmückt und verändert. Übrig bleibt der Mythos vom Wundervogel – es gibt immer nur einen Phönix auf Erden – der sich im hohen Alter selbst verbrennt und aus der Asche wieder aufersteht. Diese Parabel von Tod und Auferstehung, von Ende und neuem Anfang, hat viele Menschen inspiriert. Der Phönix war eine beliebte Figur der antiken Dichtung und kommt in vielen mittelalterlichen Tierbüchern, den sogenannten Bestiarien, vor. Wie ein Phönix aus der Asche Auch der frühchristliche Physiologus, von dem wir hier schon gehört haben, schreibt über den „lieblichen Phönix“. Bei ihm wird der Vogel zu einem Symbol für Christus und für die christliche Vorstellung von der Auferstehung nach dem Tode.

Vielleicht doch ein Flamingo? Moderne Naturforscher vermuten, dass hinter der Sage vom Phönix uralte Beobachtungen von seltenen Flamingos (lat. Phoenicopterus, „blutrot gefiedert“) mit ihren roten Flügeln stehen könnten. Sie leben in Nordostafrika, in der Nähe des alten ägyptischen Reichs, und brüten dort in flirrender Hitze auf kegelförmigen Schlammnestern. Wenn sie diese verlassen, bleiben manchmal Knochen von toten Jungtieren zurück. Dies könnte die Geschichte von den Flammennestern und den verbrannten Vögeln inspiriert haben. Popstar Phönix Bis heute hat der Wundervogel nichts von seiner Faszination eingebüßt. Zahlreiche Städte auf der ganzen Welt, viele Firmen, Versicherungen, ja sogar ein Opernhaus („La Fenice“ in Venedig) sind nach ihm benannt, wir finden ihn in Filmen, Büchern, Logos, Mangas, Computerspielen und neuerdings auch in der Popmusik. Fallen dir Beispiele ein, in denen der Phönix heute noch vorkommt?

Oben Phönix, Holzschnitt aus dem Hortus sanitatis, Straßburg 1497 Mitte Der Phönix in seinem brennenden Nest, Egidius Sadeler nach Marcus Gheeraerts, Kupferstich 1608 Unten Flamingos könnten Vorbild für den PhönixMythos sein


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Chimaira

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ieß er jenen [Bellerophon] zuerst die ungeheure Chimaira Töten, die göttlicher Art, nicht menschlicher, dort emporwuchs: Vorn ein Löw', und hinten ein Drach', und Geiß in der Mitte, Schrecklich umher aushauchend die Macht des lodernden Feuers. Doch er tötete sie, der Unsterblichen Zeichen vertrauend. Homer, Ilias, 6, 179 ff.

Die Chimaira ist ein gefährliches, feuerspeiendes Ungeheuer. Ihre schreckliche Gestalt vermischt Löwe, Ziege und Schlange. Manchmal hat sie nur einen Löwenkopf, manchmal alle drei Köpfe sowie die Pranken des Löwen, den Körper der Ziege und einen Schlangenschwanz. Eine schrecklich nette Familie Die Chimaira war allerdings göttlichen Ursprungs, ein Kind der mythischen Ungeheuer Echidna – „ein unsagbares Scheusal, halb schönäugiges Mädchen, halb grausige Schlange, riesig, buntgefleckt und gefräßig“ – und des erdgeborenen Riesen Typhon mit seinen hundert Schlangenköpfen. Eigentlich waren die beiden allein schon schlimm genug, aber sie hatten auch noch viele furchterregende Kinder, von denen einige in der Ausstellung zu sehen sind. Chimaira war eine Schwester des Höllenhundes Kerberos und der vielköpfigen Wasserschlange Hydra. Auch die Sphinx, eine geflügelte Löwin mit Menschenhaupt, und der riesige, unverwundbare Löwe von Nemea waren Geschwister. So konnte eine mythische Familie die Menschen 3000 Jahre lang mit Alpträumen versorgen.

Oben Bellerophon tötet die Chimaira, Cornelis Bloemaert nach Abraham van Diepenbeeck, Kupferstich 1655 Natürliche Feuerfelder in Yanartaş (auch Mount Chimaira) in der Türkei bestehen seit Jahrtausenden und haben den Mythos von der feuerspeienden Chimaira inspiriert

Wunderwaffe Von einem flammenden Berg aus verheerte Chimaira das Land Lykien im heutigen Anatolien. König Iobates befahl dem Helden Bellerophon, das Ungeheuer zu töten. Weil man sich aber zu Lande nicht nähern konnte, griff er zu einer „Wunderwaffe“: Er schwang sich auf das geflügelte Pferd Pegasos und bekämpfte sie aus der Luft. Seine Lanze hatte eine Spitze aus Blei, das im Flammenrachen der Chimaira schmolz und sie erstickte. Wie entsteht ein Mythos? Die Erzählung von der Chimaira wird zuerst von Homer und dem griechischen Mythographen Hesiod in seiner Theogonie (Vom Ursprung der Götter, 7. Jh. v. Chr.) erzählt. Und schon die Antike verband sie mit einem ganz bestimmten Ort. Den flammenden Berg, von dem der Mythos erzählt, kannst du in der heutigen Türkei immer noch besuchen, Yanartaş („brennender Stein“) heißt er auf Türkisch und ist immer noch furchterregend. Ein seltenes Naturphänomen ist hier zu beobachten: Aus kleinen Öffnungen schlagen Flammen aus dem Fels, unter dem sich ein Erdgasfeld befindet, die schon in der Antike von Seeleuten zur Orientierung verwendet wurden. Aus solch beeindruckenden Naturschauspielen sind oft Mythen entstanden. Das is wohl nur Chimäre, aber mich unterhalt’s. (Johann Nestroy, Die Papiere des Teufels, 1842) Die seltsame Verbindung von Löwe, Ziege und Schlange wurde über drei Jahrtausende zum Inbegriff des Fantasiewesens. Eine Chimäre ist heute eben nur ein Hirngespinst oder eine Einbildung.


Kerberos H

ierauf trug sie das grause, das unaussprechliche Scheusal, Kerberos, Aïdes Hund mit ehernem Laut, den Verschlinger, Voll schamloser Gewalt, den fünfzighauptigen Wütrich. Hesiod, Theogonie [Vom Ursprung der Götter], 310–12, 8.–7. Jh. v. Chr.

Das unaussprechliche Scheusal Kerberos (lat. Cerberus), der Höllenhund, ist ein Bruder der feurigen Chimaira. Wie sie ist er ein grauenvolles Ungeheuer, ein riesiger Hund mit drei geifernden Köpfen und Löwenklauen. Oft hat er eine Mähne aus züngelnden Schlangen, manchmal wird er sogar mit 50 oder mehr Köpfen dargestellt – wie sein Vater, der hundertköpfige Riese Typhon. Wächter der Unterwelt Kerberos – sein Name bedeutet „Dämon der Grube“ – bewacht den Eingang zur Unterwelt. Die ankommenden Verstorbenen begrüßt er, doch wehe, jemand versucht, aus der Unterwelt zu entkommen! Ihn verschlingt er sofort. Nur ganz wenigen lebenden Menschen gelingt es im Mythos, die Unterwelt zu betreten und wieder zu verlassen, wie dem Sänger Orpheus auf der Suche nach seiner geliebten Frau Eurydike. Er kann Kerberos durch seinen schönen Gesang besänftigen. Ein zweiter war der stärkste aller Heroen, Herakles. Kerberos wird entführt Herakles erhielt vom tückischen König Eurystheus die scheinbar unlösbare Aufgabe, den Höllenhund lebend zu entführen und zu ihm zu bringen. Er wähnte sich in Sicherheit, weil er nicht im Traum daran dachte, Herakles könnte das wirklich gelingen. Doch er schaffte es mit Mut, sehr viel Kraft und Hilfe der Götter. Hades, der Herr der Unterwelt, erlaubte ihm, Kerberos zu fangen, aber mit der Auflage, dafür keine Waffen zu benutzen. Mit bloßen Händen kämpfte Herakles mit dem Untier, würgte es bewusstlos, konnte es so fesseln und an die Oberwelt bringen. Eurystheus erschrak so sehr vor dem Anblick, dass er sich in einem Vorratsgefäß versteckte und erst wieder herauskam, als Herakles mit seiner grässlichen Beute wieder verschwunden war.

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ie sie hinein nun trat, und gedrückt von dem heiligen Leibe Seufzend die Schwelle sich bog, hob Kerberos dräuend der Häupter Drei und erhob dreifaches Gebell. Sie rufet die Schwestern, Welche geboren die Nacht, die streng unerbittlichen Mächte. Vor dem verriegelten Tor, das schließt mit Stahle den Kerker, Saßen sie da, wegkämmend vom Haar schwarzschillernde Nattern. Aber sobald sie Juno erkannt im Schatten des Dunkels, Standen die Göttinnen auf. Die Statt heißt Ort der Verdammnis. Ovid, Metamorphosen, 4, 449 ff.

Hera in der Unterwelt Auch Zeus’ Gemahlin Hera (lat. Juno) verließ einmal den strahlenden Olymp, so erzählt uns der Mythos, um in das ewige Dunkel zu steigen. Nur schwer konnte sie den wütenden Kerberos beruhigen. Sie war zornig und suchte die rächenden Furien, die im schrecklichsten Bereich der Unterwelt hausten, im Tartaros, dem Ort der Verdammnis. Hier büßten alle Frevler mit ewigen Qualen. Einer von ihnen war Sisyphos, dazu verdammt, auf ewig einen schweren Felsblock den Berg hinaufzuschaffen, der ihm jedoch immer kurz vor dem Gipfel wieder entgleitet und zurück rollt. Sisyphusarbeit Noch heute bezeichnen wir eine Tätigkeit, die sehr mühsam ist und nie zum Erfolg führt, als Sisyphusarbeit.

Herakles entführt den Höllenhund Kerberos, Egidius Sadeler, Kupferstich 1580-1629


Wasser



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In Neptuns Reich

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läuliche Götter beleben die Flut: der blasende Triton, Proteus, der die Gestalten zu wechseln vermag, und Aegaeon, der mit den Armen sich stützt auf die Rücken gewaltiger Wale, Doris sowie ihre Töchter: man sieht sie schwimmen, die einen, andere sitzen auf Klippen, die Haare, die grünen, sich trocknend, andere reiten auf Fischen … Ovid, Metamorphosen, 2, 8 ff. Oben Neptun raubt Amphitrite, Melchior Küsell nach Simon Vouet, Kupferstich um 1660 Unten Hippocampen (Seepferde) ziehen Neptuns Muschelwagen, G.G. de Rossi nach J. Zucchi, Kupferstich 1649

Der Mythos erzählt, Zeus habe sich die Herrschaft über die Welt mit seinen Brüdern aufgeteilt. Er selbst sollte den Himmel, Hades die Unterwelt und Poseidon die Wasserwelt mit ihren Flüssen und Meeren regieren. Von einem goldenen Palast am Grunde der See herrschte er über eine fantastische Welt unter Wasser, die mit ähnlichen Geschöpfen, Tieren und Pflanzen bevölkert sein soll wie die Erde. Poseidon (lat. Neptun) teilte den Thron seines feuchten Reichs mit der Göttin Amphitrite, mit der er einen Sohn Triton hatte, ein Mischwesen, halb Mensch, halb Fisch, ähnlich wie ein „WasserKentaur“. Auf neuzeitlichen Darstellungen findest du viele solche „Tritonen“ genannte Geschöpfe, die Brun-

nen und Gewässer bevölkern und auf ihren Tritonshörnern (großen Muscheln) blasen. Poseidon herrscht über eine große Schar niedriger Meeresgottheiten und über die vier Winde, mit denen er das Meer zu mörderischen Wellen auftürmen kann. Alle Wasserwesen besitzen die Gabe der Verwandlung, sie alle können blitzschnell ihre Gestalt wechseln, flüssig wie das Wasser, aus dem sie stammen. Sie sind oft schrecklich anzuschauen mit ihren nur halbmenschlichen Zügen, grünen, triefenden Haaren und schuppigen Fischleibern. Man erkennt sie auch an ihren Muschelhörnern, auf denen sie schaurige Töne produzieren, die alle vor Schreck in die Flucht jagen. Parallelwelt Alle Wassergottheiten reiten auf fantastischen Meerestieren, Seepferden oder freundlichen Delphinen, die auch ihre Muschelwägen ziehen. Immer begleiten sie Fische aller Art, unter denen sich auch geflügelte Meeresdrachen und Seeschlangen befinden. Noch im Fischbuch des Schweizer Naturforschers Conrad Gesner, das 1563 erschienen ist, finden wir die Darstellung des fabelhaften Hippocampus, eines Seepferdes mit Schwimmflossen, dessen Körper in einen mächtigen Fischschwanz ausläuft. Man war überzeugt, dass jedes Landtier sein Gegenstück im Meer besitze – also gibt es auch Meerkühe, Meerschweine oder Meerhasen. Kannst du dein eigenes Wasserreich erfinden?


Meeresgottheiten in ihrem fantastischen Wasserreich, Adrien Collaert, Kupferstich 1570-1618 Unten Tritonshorn (Charonia tritonis), Bizarr geformte Muscheln oder Meeresschnecken wie diese dienten als Vorbild fĂźr die Instrumente der Wassergottheiten


Oben Perseus rettet Andromeda vor dem Meeresungeheuer Johann Wilhelm Baur, Radierung 1641 Unten Perseus und Andromeda Gerhard Lairesse, Kupferstich 1670-80

Der gräuliche Ketos Wasserwesen – Götter wie Tiere – haben eine Doppelnatur, sie können freundlich und hilfreich sein wie der Delphin, aber auch gefährlich wie die Ungeheuer der Tiefe. Der antike Mythos kennt viele Erzählungen vom gräulichen Ketos (griech. für Wal), der als Strafe die Menschen heimsucht. Der berühmteste war der Äthiopische Ketos, ein monströser Meeresdrache, den Poseidon gesandt hatte, um Äthiopien zu verheeren. Königin Kassiopeia hatte hier mit der Schönheit ihrer Tochter Andromeda geprahlt, die jene der Töchter Poseidons übertreffen solle. Um die Götter zu versöhnen, wurde Andromeda an die Klippen gekettet, um dem Ungeheuer geopfert zu werden. Der Held Perseus sah sie im Fluge und verliebte sich in die Schöne. Mithilfe seiner Flügelschuhe konnte er den Drachen aus der Luft töten und Andromeda befreien.


Oben Herakles und Iolaos kämpfen gegen die Hydra, Michel Dorigny nach Simon Vouet, Kupferstich 1651 Unten Herakles im Kampf mit der lernäischen Hydra, Abraham van Diepenbeeck, Kupferstich 1655

Die Hydra von Lerna Die scheußliche Hydra hast du schon kennengelernt. Sie ist eine Schwester der ebenso scheußlichen Chimaira und des Höllenhundes Kerberos. Sie war eine gigantische Wasserschlange in den Sümpfen von Lerna. Die Menschen von dieser Plage zu befreien, war eine der scheinbar unlösbaren Aufgaben des starken Helden Herakles. Er kämpft einen furchtbaren Kampf gegen das Untier, denn für jeden Kopf, den er abschlägt, wachsen gleich zwei neue nach. Erst als sein Diener Iolaos ihm hilft, die Stümpfe auszubrennen, kann kein neuer Kopf mehr nachwachsen. Einen riesigen Krebs, den Hera geschickt hatte, um ihn im Kampf zu behindern, erledigt er – so nebenbei – mit einem Fußtritt. Sie alle kämpfen am Himmel weiter: An ihre gewaltige Schlacht erinnern die Sternbilder von Krebs, Hydra und Hercules. Das Gift der toten Hydra, in das der Held seine Pfeile taucht, richtet jedoch noch weiteres Unheil an. Schau mal in die Geschichte vom Kentauren Chiron!


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Sirenen

E

rstlich erreichet dein Schiff die Sirenen; diese bezaubern Alle sterblichen Menschen, wer ihre Wohnung berühret. Welcher mit törichtem Herzen hinanfährt, und der Sirenen Stimme lauscht, dem wird zu Hause nimmer die Gattin Und unmündige Kinder mit freudigem Gruße begegnen; Denn es bezaubert ihn der helle Gesang der Sirenen, Die auf der Wiese sitzen, von aufgehäuftem Gebeine Modernder Menschen umringt und ausgetrockneten Häuten. Homer, Odyssee, XII, 39 ff.

Verführerische Sirenen Weißt du, woher die Sirenenklänge kommen? Der Mythos erzählt von Wasserwesen, die Seefahrer und berühmte Helden durch ihren wunderbaren Gesang, dem niemand widerstehen kann, an Land locken. Dabei zerschellen ihre Schiffe und sie verlieren ihr Leben. Der Mythos der Sirenen geht auf uralte Vorstellungen von geflügelten Todesdämonen zurück, die ihre Opfer mit Krallen packen und in die Unterwelt schleppen. Die frühesten Bilder der Sirenen zeigen sie deshalb auch als Vogelwesen mit Flügeln und Krallen. Erst später wird die Schönheit ihres Gesangs auch auf ihren Körper übertragen. Sirenen nehmen nun die Gestalt von Nixen an, mit schönen menschlichen Oberkörpern und hässlichen Fischschwänzen, die man unter Wasser aber nicht sieht – und wenn, dann ist es zu spät.

Oben Die Sirene lockt mit ihrem Gesang Emblem: Formosa superne – Oben ist sie schön Jan Sadeler, Kupferstich 1649 Die Sirenen versuchen, Odysseus ins Verderben zu locken, Abraham van Diepenbeeck, Kupferstich 1655

Achtung Falschheit! So kommt die Sirene auch in Emblemen zum Einsatz, lehrreichen Rätseln, die beim Unterricht von adeligen Kindern gern verwendet wurden. Formosa superne – oben ist sie schön – steht über dem Bild der schönen Wasserfrau, deren Fischschwanz nicht sichtbar ist. Für die verlockende Musik, die sie macht, hat sie hier sogar eine moderne Geige bekommen: „Was an der Sirene sichtbar ist, ist schön, was man hört, beruhigend, was die Absicht verbirgt, schädlich; und was unter Wasser ist monströs … Als ungewöhnlich beurteilte die Antike dieses Monstrum. Nichts ist gewöhnlicher. Die Paläste sind voll von ihnen … um die Fürsten gibt es viele falsche Sirenen.“ Mit diesem Beispiel soll der zukünftige Regent vor den Gefahren schlechter Ratgeber, die scheinbar nur sein Bestes wollen, gewarnt werden.


Oben Die gefährliche Sirene Deckengemälde in Schloss Eggenberg, um 1670 Unten Das Meerfräwlein Conrad Gesner, Fischbuch, Frankfurt/Main 1598


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Die Ungeheuer des Nordmeers

A

m 6. Juli 1734 erschien uns vor der Südküste von Grönland ein Seeungeheuer, dessen erhobener Kopf bis zur Höhe unseres Mastkorbes ragte. Seine Schnauze war lang und scharf, es spritzte Wasser fast wie ein Wal. Es hatte große breite Pfoten; sein Körper war mit Schuppen bedeckt, seine Haut rau und wellig. In anderer Hinsicht ähnelte es einer Schlange. Und wenn es tauchte, erschien der emporgestreckte Schwanz eine ganze Schiffslänge vom Körper entfernt.. Hans Egede, dänischer Missionar, später Bischof von Grönland

Die Entdeckung von Ungeheuern Als sich vor rund 500 Jahren europäische Entdecker wie der berühmte Christoph Columbus auf die Suche nach neuen Wegen und Ländern machten, segelten sie ins vollkommen Unbekannte. Das erforderte sehr viel Mut. Auch Meeresungeheuer, über die viele Schauergeschichten erzählt wurden, bereiteten ihnen dabei Sorgen. Europas Häfen waren voll davon. Doch Seeleute waren oft die einzig verfügbaren Augenzeugen, die es zu Meerestieren überhaupt gab. Ihre Geschichten reichten von genauen Beobachtungen und verständlichen Fehlinterpretationen bis hin zu echtem Seemannsgarn. Nicht einmal der genaueste Naturforscher – eine Zunft, die erst im Entstehen war und sich noch nicht gerne auf die gefährlichen Meere wagte – konnte dabei Fakten von Erfindungen unterscheiden. Die einfallsreichen Darstellungen von Seeungeheuern, die wir aus Büchern des 16. und 17. Jahrhunderts kennen, zeigen sehr genau, wie reale Beobachtung und Fantasie verschmelzen. Der ferne, dunkle Norden Seekarten dieser Zeit zeigen sehr oft eine Fülle von fantastischen Wesen, die unbekannte, ferne Länder und Meere bevölkern. Einerseits dienten sie der Warnung der Reisenden, andererseits steigerten sie den Verkauf der Karten, denn jeder liebte eine schöne Gruselgeschichte mit Illustration. Gerade die nördlichen Meere, mit ihren eisigen Tiefen und seltsamen Kreaturen wie Walrossen und Kraken, vor allem aber den riesigen Walen, die uns heute noch größten Respekt einflößen, müssen die frühen Reisenden mit haarsträubender Furcht erfüllt haben.

Karte der nördlichen Meere (Detail), Antonio Lafreri nach Olaus Magnus 1572

Warum sehen Menschen Meeresungeheuer? Der weite Ozean kann ein furchterregender Ort sein. Auf sturmgepeitschten Wogen, von nichts als Wasser umgeben, musste sich jeder Matrose oder Fischer fragen, was wohl in diesen schwarzen Tiefen lauert. Als die Meere noch unerforscht waren, verwandelten sich diese Ängste oft in Ungeheuer. Viele dieser Monster haben Merkmale und Eigenheiten lebender Tiere. Der auftauchende Fangarm eines Oktopus konnte schnell zur Riesenseeschlange werden. Angst beflügelt die Fantasie. So entstand eine Mischung aus Seemannsgarn, Verwechslungen, Übertreibungen und bekannten Legenden. Geschichten von Seeungeheuern erzählen oft mehr über die Vorstellungswelt der Menschen als über die tatsächliche Welt.

Monster AG Eine Seekarte und Beschreibung der nordischen Länder und deren Wunder, die nach Angaben des schwedischen Bischofs Olaus Magnus 1539 in Venedig gedruckt wurde, illustriert mit ihrer Fülle an bizarren Kreaturen diese Angst besonders gut. Bischof Olof, der 1524 von Uppsala nach Rom übersiedelt war, veröffentlichte dort auch seine Historia de gentibus septentrionalibus („Geschichte der nördlichen Völker“), die viel Wissenswertes über die Gefahren des Eismeeres und seiner fabelhaften Bewohner erzählt. Moderne Forscher nehmen an, dass die Monster nicht nur die Neugier der Betrachter wecken, sondern auch die Fischer anderer Länder von den skandinavischen Gewässern fernhalten sollten. Also eine frühe Form von Wirtschaftslobbying?


Kleine Galerie der Seeungeheuer Viele Ungeheuer, die auf alten Seekarten auftauchen, sind seltsame, oft lustig anzusehende Mischwesen aus einem bekannten Landtier und einem Fisch: Es gibt Seelöwen, Seepferde, Seehasen, Seekühe oder Seeschweine. Die Vorstellung, dass jedes Lebewesen des Landes sein Gegenstück im Meer hätte, ist uralt. Sie geht auf den römischen Naturforscher Plinius zurück, der in seiner vielgelesenen „Naturgeschichte“ geschrieben hatte, „dass alles, was in irgendeinem Teil der Natur entsteht, auch im Meer vorkommt“. Über viele Jahrhunderte entstanden dadurch die bizarrsten Kreaturen, von deren Existenz noch seriöse Naturforscher der Renaissance, wie der Schweizer Gelehrte Konrad Gesner in seinem Fischbuch (Ausgabe Frankfurt/Main 1598), berichteten:

Von dem Grabwall Das viert/ so hie zugegen/ schreibt Olaus/ sey gleich einem Schwein/ so gesehen sey in dem Meer bey der Insel Thyle/ so gegen Mittnacht ligt/ deß jars 1537. Mag ein Grabwall von der gleichnuß wegen/ so es mit dem Grabthier oder Vielfraß hat/ oder ein Eberwall/ oder ein Schweinwall/ wiewol zunechst von eim andern Schweinwall gered ist/ vielleicht ist auch eben dieser der in Seeland und anderswo ein Herill genannt wirt. Gesners Beschreibung vom Grabwal, den man vor Thule – einer mythischen Insel im äußersten Norden – gesehen haben will, zeigt deutlich, dass seine Informationen aus anderen schriftlichen Quellen stammen und die Namensgebung der Kreaturen nur auf Analogien – also Vergleichen mit bekannten Lebewesen – beruht.

Von Allerley Wallfischen Conrad Gesner, Fischbuch, Frankfurt/Main 1598

Von Schweinwall und Bartwall Der erste wirt genannt Schweinwall/ Olaus malet in/ gibt im keinen namen/ sol mechtig groß seyn mit starcken langen/scharpffen zänen. Das ander so sich hie erzeigt/ mag Bartwall genennt werden/ sol gantz groß seyn/ mit hörnern und feuwrigem gesicht/ gantz scheußlich.

Von dem Sprütz oder Blaßwall Den Kopf und gnick gegenwertigs thiers malt Olaus/ vermeint der Sprützwal seyn/ von welchem hernach insonderheit wirt geschrieben werden. Das Ausatmen eines riesigen Bartenwals ist heute noch ein beeindruckendes Schauspiel, für die frühen Seefahrer muss es überwältigend gewesen sein. Meist werden diese Wale mit zwei röhrenartigen Blaslöchern dargestellt, aus denen Wasserfontänen spritzen, die an zeitgenössische Springbrunnen erinnern.


griechischen Wörtern odous (Zahn) und bainō (gehen) abgeleitet und rührt von der Beobachtung her, dass Walrosse sich an Land mit ihren Stoßzähnen vorwärts ziehen. Dieses natürliche Verhalten hat in Übertreibung und Ausschmückung wiederum zur Erzählung vom „Rostinger“ geführt, der sich mit seinen Hauern zum Schlafen an den Berg hängt, also wieder ein Fall von „Stiller Post“.

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Oben Der scheußliche Ziphius, Conrad Gesner, Fischbuch, Frankfurt/Main 1598

Von dem Zyffwall oder Suffwall Der Suffwall Ziphius ist ein scheußlicher Wallfisch oder Meerwunder/ wirt von Olao also fürgestelt/ verschluckt das schwartz Meerkalb/ bey seit mahlt er gleich einander grausam Thier/ welches dem Suffwall nachstelt/ gibt ihm keinen namen … Dieses Thier sol das aller scheußlichest seyn so gesehen mag werden. Der Ziphius wird seit dem Mittelalter als furchterregendes Seeungeheuer beschrieben. Es ähnelt einem Wal, hat aber ein eulenartiges Gesicht mit hervorquellenden Augen und einem scharfen Schnabel, mit dem es Robben und Menschen gleichermaßen verschlingt. Von allen Autoren wird seine messerscharfe Flosse am Rücken beschrieben, mit der es Schiffe von unten aufschlitzen kann. Dieser Flosse verdankt es auch seinen Namen, vom griechischen Wort xiphos (Schwert). Der Ziphius hat allerdings weder etwas mit unserem Schwertfisch noch mit dem harmlosen CuvierSchnabelwal zu tun, der heute seinen Namen trägt.

Unten Der Rostinger oder Rosmarus, Conrad Gesner, Fischbuch, Frankfurt/Main 1598

Von dem Rußor oder Rostinger Rosmarus ist ein Meerthier oder Wallfisch/ so groß als ein helfant spricht Olaus/ welcher gegenwertige figur auch setzt/ ersteigt die Berg und weydet das graß ab/ henckt sich mit seinen zänen/ auß begird zu schlaffen an die Felsen/ schlafft so starck daß in die fischer mit stricken und seilen gebunden fahen. Bei Gesners Rosmarus handelt es sich um ein großes Walross. Schädel von Walrossbullen mit ihren beindruckenden Stoßzähnen waren auch nach Mitteleuropa gelangt, wo sie fantasievoll ergänzt als „Ungeheuer“ zur Schau gestellt wurden. Das Walross (Odobenus rosmarus) ist eine Robbenart, die in den kalten Meeren der Nordhalbkugel vorkommt. Ihr zoologischer Name Odobenus wird aus den

Wale – groß wie Berge In ganz besonderem Maße beflügelten die gigantischen Wale die menschliche Fantasie, als gewaltigste Lebewesen, die die Erde bevölkern. Für die Menschen des Mittelalters waren sie „groß wie die Berge“. Mit Kleinwalen wie den Delphinen waren die Bewohner von Küstengebieten seit Urzeiten vertraut. Sie spielen deshalb auch in den antiken Mythen eine Rolle als freundliche Helfer von Menschen in Seenot. Die Riesenwale in den Ozeanen der Welt wurden jedoch nur von Seeleuten gesichtet, denen sie Höllenangst einjagten, oder wenn Pottwale an europäischen Küsten strandeten. Dann gab es einen Volksauflauf und Unzählige strömten herbei, um den „Leviathan“ – ein biblisches Fischungeheuer, von dem alle gehört hatten – zu bestaunen. St. Brendan auf der Insel Der irische Heilige Brendan berichtete schon vor über 1500 Jahren, dass er auf einer Missionsreise zu Schiff an einer kleinen Insel an Land ging, die sich erst nach einiger Zeit als riesiger Wal entpuppte. Er wird manchmal dargestellt, wie er auf einer solchen „Walinsel“ die Messe feiert. Solche abenteuerlichen Erzählungen wurden lange Zeit weitergegeben. Auf einer illustrierten Seekarte des 15. Jahrhunderts – also fast tausend Jahre nach St. Brendan – erscheint ein riesiger „Walfisch“, über dessen Jagd berichtet wird: „… darin werden große Fische gefunden, von denen die Seeleute denken, es seien kleine Inseln, und wollen daher auf diesen Inseln ihr Quartier aufschlagen. Und wenn die Seemänner dann auf diesen Inseln an Land gehen, machen sie Feuer und verursachen so viel Hitze, dass der Fisch diese spürt und sich in Bewegung setzt, und dann haben sie keine Zeit, wieder an Bord zu gehen und sind verloren. Und diejenigen, die das wissen, spannen Riemen auf seinem Rücken und werfen schnell den Schiffsanker auf seinen Kopf und ziehen ihm die Haut ab…“ Genau so wird die Szene auch noch in Conrad Gesners Fischbuch dargestellt, der auch sonst den Walfang seiner Zeit mit all ihren gefährlichen Einzelheiten schildert. Von den Angriffen der Wale auf Schiffe, die sicher manche erleben mussten, und den Versuchen der Seefahrer, die Wale mit dem Klang von Trompeten zu vertreiben. Manchmal warfen sie auch Ballast ins Meer, um Fahrt zu gewinnen und zu entkommen.


Oben Wal greift ein Schiff an, Conrad Gesner, Fischbuch, Frankfurt/Main 1598 Mitte Seeleute lagern auf einer vermeintlichen Insel Conrad Gesner, Fischbuch, Frankfurt/Main 1598 S. 44/45 Gestrandeter Pottwal Jan Saenredam, Kupferstich 1602


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Aliens

Sogenannter Meerbischof (Raja clavata), historisches Präparat eines Fabelwesens, das aus Rochenteilen zusammengesetzt wurde. Spätes 18. oder frühes 19. Jahrhundert.

„V

on dem Meerbischoff. Auff das Jahr als man zehlt 1531 soll ein solcher Fisch mit solcher gestalt gentzlich aller Zierden eines Bischoffs ähnlich/ an dem gestad deß Meers bey Poland nechst gefangen seyn worden/ und dem Polendischen König fürgetragen. Welches durch etwas Zeichen/ meiniglich beduncken wöllen/… daß es ein grosse begierd habe wider in das Meer. Zu welchem als es ist geführt worden/ soll es sich zu stund darain geworffen/ und in die Tieffe verschloffen haben.“ Conrad Gesner, Fischbuch, Frankfurt/Main 1598

In den zoologischen Sammlungen des Joanneums gibt es ein ganz besonderes, sehr altes Präparat. Offiziell trägt es die Bezeichnung „Meer- oder Seebischof“, aber intern wird es liebevoll „Alien“ genannt. Und so sieht es auch aus. Eigentlich erwartet man, dass es gleich „nach Haus“ telefonieren möchte, wenn man das Glas öffnet. Das kleine Wesen hat ein reptilienartiges Köpfchen mit einem spitzen Maul und hochgestellten „Ohren“, die wie eine Kappe wirken. Seine flügelartigen Flossen sind eng um den Körper gelegt, zu dem noch eine Art Ringelschwänzchen gehört, das mit Dornen bestückt ist. Der untere Vorderleib scheint zu fehlen, nämlich unter jener Stelle wo die beiden „Flügel“ wie gefaltete Arme übereinander gelegt sind.

Meerbischof und Meermönch Es ist also kein Wunder, dass die offizielle Bezeichnung „Meerbischof“ lautet, denn „Meerbischof“ und „Meermönch“ zählten zu den berühmtesten Wunderwesen im Europa der frühen Neuzeit. Die Kunde von der „Entdeckung“ der beiden fantastischen Kreaturen mit ihren halbmenschlichen Zügen und der kirchlichen Kleidung verbreitete sich rasant über ganz Europa und wurde über lange Zeit rege diskutiert. Auch Conrad Gesner und der italienische Gelehrte Ulisse Aldovrandi stellten sie in ihren „Fischbüchern“ – den wissenschaftlichen Standardwerken ihrer Zeit – ausführlich vor. Der „Meerbischof“ soll sogar nach seinem Besuch beim polnischen König wieder ins Meer zurückgekehrt sein. Ganz ähnliche Geschichten erzählte man auch von anderen halbmenschlichen Meereswesen, die an Europas Küsten gespült worden sein sollen. Immer hätten diese Wasserwesen verzweifelt versucht, in ihr angestammtes Element zurückzukehren. Um welche Tiere es sich bei Mönch und Bischof tatsächlich gehandelt haben mag – ob Reste von großen Quallen oder großen Kraken – wissen wir heute nicht. Sie erregten jedoch


Oben links Sogenannter Meermönch, Conrad Gesner, Fischbuch, Frankfurt/Main 1598 Oben rechts Kleiner Meeresdrachen, getrockneter Rochen, der in Drachenform zusammengesetzt wurde. Ulysses Aldovrandus, Fünf Bücher über die Fische, Bologna, 1613.

enormes Aufsehen und wurden ernsthaft in der Fachwelt diskutiert. Immer weiter ausgeschmückt, landeten sie schließlich sogar in Kostümbüchern. Trau deinen Augen nicht! Ob nun Missverständnis oder tatsächlicher Betrug, wir wissen es heute nicht. Mit Sicherheit ist aber unser „Alien“ kein echtes Tier, sondern eine betrügerische Komposition, von denen es sehr viele gegeben haben muss. Viele Menschen suchten „Ungeheuer“, sei es für fürstliche Wunderkammern, Kuriositätenkabinette oder nur schummrige Schaubuden auf Jahrmärkten. Also gab es schon früh eine große Produktion solcher Fabelwesen, die von fantasievollen Präparatoren aus Teilen anderer Tiere zusammengebastelt wurden. Unser Alien besteht aus Rochenstücken, die sich dafür besonders gut eignen.

Meerdrachen Seine tatsächliche Vorlage scheint aber wohl nicht der Meerbischof gewesen zu sein, sondern ein anderes Monsterchen, das einem Band des italienischen Naturforschers Ulisse Aldovrandi (1522–1605) entstammt. Er stellte schon 1613 künstliche „Meerdrachen“ vor, die er als Fälschungen aus getrockneten Rochenteilen entlarvte („Raia exiccata et concinnata ad formam draconis“, getrockneter Rochen, zusammengesetzt zur Form eines Drachens). Dennoch glaubte er noch an die Existenz von tatsächlichen Drachen und anderen

Ungeheuern, über die er ein ganzes Buch (Monstrorum historia, Bologna, 1642) geschrieben hat. Sein Meerdrache mit dem spitz zulaufenden Schopf, der nicht sehr furchterregend ausschaut, scheint eine direkte Vorlage für unser Präparat gewesen zu sein, wenn man sich nur vorstellt, dass die heute angelegten „Drachenflügel“ wieder ausgebreitet werden.

Verkehrte Welt Obwohl viele Fabelwesen als Fälschungen bekannt waren, wurden sie über Jahrhunderte produziert und verkauft. Man war also an sie gewöhnt. Als Ende des 18. Jahrhunderts wieder ein seltsames Präparat von einem neuen Kontinent in London eintraf, das aussah, als hätte man einen Entenschnabel an ein Säugetierfell genäht, lachten die Gelehrten zuerst einmal und vermuteten einen Scherz. Es war jedoch ein echtes Tier, nämlich das australische Schnabeltier (Ornithorhynchus anatinus), das selbst bei den Ureinwohnern als mythischer Nachkomme eines Entenweibchens und eines Schwimmrattenmännchens galt. Es ist jedoch ein uraltes Geschöpf, eigentlich ein lebendes Fossil, dessen Vorfahren seit Jahrmillionen die Erde bewohnen. Und so zeigt sich, dass die Natur letztlich doch viel einfallsreicher ist als die menschliche Fantasie.

Ist sie das wirklich? Wie würde denn dein eigenes, persönliches Wundertier aussehen?

Sogenannter Meerbischof, Conrad Gesner, Fischbuch, Frankfurt/Main 1598


Luft



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Greif

H

üte dich vor Zeus´ stummen Hunden mit ihren scharfen Schnäbeln, den Greifen, und den einäugigen Arimaspen auf ihren Pferden. Sie hausen an den Ufern von Plutons Goldstrom. Komm ihnen nicht nahe. Aischylos, Der Gefesselte Prometheus, 802 ff., 5. Jh. v. Chr.

Greif, aus einem mittelalterlichen Bestiarium, 1236-1250

Hüter des Goldes Greifen, mächtige Fabelwesen mit Kopf und Flügeln eines Adlers und dem Körper eines Löwen, hüten das Gold der fernen hyperboräischen Berge, das in riesigen Höhlen gelagert ist. In ihrer Nähe leben die einäugigen Arimaspen, ein Reitervolk, das mit den Greifen im Kampf um das Gold liegt. Es gibt auch Erzählungen von Greifen, die ihre Nester mit Gold auskleiden und Edelsteine horten. Der uralte Mythos von den geflügelten Goldwächtern stammt aus dem Osten und hat bis heute nichts von seiner Attraktion verloren. In den Goldenen Bergen Vor über 2.000 Jahren versuchten mutige Goldschürfer ihr Glück in der riesigen Wüste Gobi am Rand des Altaigebirges (mongolisch für „Goldene Berge“). Diese Bergleute waren Skythen, Angehörige eines berittenen Nomadenstamms, der nach 800 v. Chr. für beinah ein Jahrtausend große Teile Zentralasiens kontrollierte. Den Berichten von Reisenden folgend, erzählen griechische Autoren, dass diese Goldschürfer in der brennenden Wüstenhitze nicht nur gegen die sengende Sonne kämpften, sondern auch gegen die mächtigen Greifen, die dort fantastische Goldschätze bewachen.

Wächter des Thrones Wegen der ihm nachgesagten Stärke und Wachsamkeit ist der Greif ein in vielen altorientalischen Kulturen bekanntes und häufig dargestelltes Fabelwesen. In der minoischen und mykenischen Kunst erscheinen Greifen als Wächter des königlichen Throns. Wir finden sie auch als Grabwächter, die die Seelen ins Jenseits begleiten. Die Rolle des Greifen ist also doppeldeutig; er ist einerseits wild und den Menschen feindlich gesinnt, andererseits bewacht er deren Gräber und steht Göttern und Helden nahe. Auch das christliche Mittelalter kennt ihn noch als Wächter und unheilabwehrendes (apotropäisches) Zeichen auf Gräbern und Sarkophagen. Haben Fabeltiere Knochen? Stell dir vor, du kletterst über einen Berghang und findest einen Schenkelknochen, der fünfmal so groß ist wie dein eigener, oder ein riesiges Skelett mit vier Füßen und einem scharfen, gebogenen Schnabel? Was würdest du denken, welche Kreaturen könnten das sein? Heute erkennen Wissenschaftler natürlich, dass das fossile Reste von längst ausgestorbenen Tieren der Urzeit sind, von Mammuts oder Sauriern. Aber für die Menschen der Antike waren diese „unmöglichen“ Knochen der Beweis für die Existenz von Riesen oder Greifen, die sie aus ihren Abenteuergeschichten kannten. Greif oder Dino? Meistens sind Dinosaurierknochen sehr rar und schwer zu finden, aber nicht in der Wüste Gobi. Seit Jahrtausenden findet man dort viele Skelettreste des Protoceratops, eines in der Kreidezeit häufig vorkommenden Flugsauriers. Protoceratops besaß einen großen Schnabel und einen Körper, der entfernt an einen Löwen erinnert. Der Nackenschild könnte für Flügel gehalten worden sein. Daher nimmt man an, dass solche Funde zum Mythos des Greifs beigetragen haben.


Oben Der Greif, Kupferstich nach Martin Schongauer, 1470-1500 Unten Skelett eines Protoceratops


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Paradiesvogel

E

r hat keine Füß/ dann er fleugt stäts/ und ruhet nimmer anderswo dann auff einem Baum/ daran er sich mit diesen langen Federn henckt und flechtet. Kein Schiff man so schnell in dem Meer/ oder so weit vom Land fahren/ welches er nicht umbfliehe … Der behilfft sich auch/ als ich vermein/ keiner andern speiß dann deß Himmeldauws/ welchs dann sein Speiß unnd Tranck ist: darumb hat ihn die Natur darzu verordnet/ daß er in den Lüfften wohnen möge. Conrad Gesner, Vogelbuch, Frankfurt/Main 1600 Luftikus Diese wunderbare Geschichte überliefert der Schweizer Naturforscher Conrad Gesner vom Paradiesvogel, dessen Federn im frühen 16. Jahrhundert erstmals nach Europa gelangt waren. Sofort beschäftigten sich die europäischen Gelehrten intensiv mit diesen fremdartigen Wunderwesen. Zuerst glaubte man sogar, endlich den sagenhaften Phönix entdeckt zu haben. Alle waren sich sicher, dieser herrliche Vogel besaß keine Füße und berührte deshalb nie die Erde. Wenn er einmal ruhen muss, dann hängt er sich mit den langen Schwanzfedern einfach an einen Baum oder Strauch. Sonst kann er die langen Federn ringförmig unter sich ausbreiten und damit endlos und pfeilschnell durch die Luft schweben. Außerdem nimmt er außer Tau keine Nahrung zu sich, sondern ernährt sich nur von Luft. Er wurde also bald zum Inbegriff des Elements Luft. Göttervögel Wie konnte diese seltsame Geschichte überhaupt entstehen? Paradiesvögel leben in zahlreichen Arten auf einigen Inseln der Molukken, vor allem auf Neuguinea. Sie genossen hohe Verehrung unter den Bewohnern der Inseln und wurden als „Vögel der Götter“ bezeichnet. So lernten sie auch die ersten Europäer, portugiesische Gewürzhändler, kennen, die schon 1512 die Molukken erreichten. Im Austausch von Geschenken erhielten sie Bälge der kostbaren Vögel, die nur aus Kopf und Federkleid bestanden. Füße und Körper hatte man entfernt. Sie waren so seltsam und schön, dass sie nach Europa gebracht und sehr teuer gehandelt wurden. Und so entstand auch ihre Legende. In Erinnerung an den einheimischen Namen wurden sie „Vögel aus dem Paradies“ genannt, die angeblich keine Füße hatten und lose Federn, mit denen sie pfeilschnell durch die Luft schweben können. Noch heute heißt eine Gattung Paradisaea apoda – fußloser Paradiesvogel.

Von dem Paradißvogel, Conrad Gesner, Vogelbuch, Frankfurt/Main 1600 Gegenüberliegende Seite: Oben Federbalg eines Großen Paradiesvogels (Paradisaea apoda) Unten Paradiesvogel als Verkörperung des Elements Luft Emblem: Semper sublimis – Immer erhaben Johann Ulrich Krauß nach Charles Lebrun, Kupferstich 1690


Nur immer in der Höhe Embleme waren beliebte Unterrichtsmittel der Barockzeit. Aus einem Rätselbild mit einem kurzen, meist ebenfalls rätselhaften Text sollten Schüler eine bestimmte Botschaft erraten. Dazu war immer viel historisches oder religiöses Wissen erforderlich, aber man konnte damit zeigen, wie klug man war. Und das war sehr wichtig in der Frühen Neuzeit. Auch der Paradiesvogel hat Eingang in solche Emblembilder gefunden. Ihr könnt sehen, dass er wie eine kleine Feder-Kanonenkugel durch die Luft „zischt“: Semper Sublimis – immer erhaben – steht darüber. Wenn man seine Geschichte kennt, versteht man die Anspielung. So wie der Paradiesvogel niemals die Erde berührt, so sollte auch der Geist des Monarchen arbeiten: Er beschäftigt sich nur mit den edelsten Dingen, niemals mit gewöhnlichen, niedrigen Angelegenheiten. Falls man das nicht gleich verstand, so gab es Bücher, die die genaue Erklärung mitlieferten:

D

er Paradeiß=Vogel/ woferne den Naturalisten zu glauben/ hält sich stäts in hohen Lüfften/ und kommt nimmer auf die Erden/ welcher mit dem Denck=Spruch: Nur immer in der Höhe/ mit meinem Flug ich stehe! Die Hoheit und Vortrefflichkeit Seiner Majestät Königlichen Seele/ welche immerdar mit hohen Dingen beschäfftiget/ sich nichts/ als was hoch und herrlich/ vornimmt/ vortrefflich außdrucket.


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Pfau

Der Pfau galt immer als wahrhaft majestätisch, selbst die Götterkönigin Hera (lat. Juno) hatte ihn zum „personal assistant“ gewählt. In Indien und Mesopotamien, wo der Pfau herstammt, war er wegen seiner Kostbarkeit ein Herrschaftssymbol, die persischen Herrscher regierten auf einem prunkvollen „Pfauenthron“, den sie in Indien erobert hatten. Kein Vogel hat ein so außergewöhnliches und prächtiges Gefieder wie der männliche Pfau, besonders die runden „Pfauenaugen“ der langen Schwanzfedern haben bis heute nichts von ihrer Faszination für die Menschen verloren. Kaum ein anderes Tier wurde aber auch mit so vielen und so unterschiedlichen Bedeutungen belegt wie der wunderbare Pfau.

Rechts oben Von dem Pfawen, Conrad Gesner, Vogelbuch, Frankfurt/Main 1600 Links Verkörperung des Hochmuts mit Spiegel und Pfau Hendrick Goltzius, Kupferstich 1585

S. 55 Juno setzt die hundert Augen des toten Argus ins Gefieder des Pfaus, Abraham van Diepenbeeck, Kupferstich 1655

Mit Argusaugen Der antike Mythos erzählt die grausame Geschichte, wie der Pfau zu seinen „Augen“ gelangt sein soll. Der Götterkönig Zeus hat sich in die schöne Königstochter Io verliebt und versucht sie zu entführen, wird dabei aber von seiner eifersüchtigen Frau Hera überrascht. Um sie zu schützen, verwandelt er Io in eine Kuh. Hera, die sein Spiel durchschaut, verlangt das schöne Tier als Geschenk, das Zeus ihr nicht verweigern kann. So wird Io in Rindergestalt ihre Gefangene, die sie vom hundertäugigen Riesen Argus, der niemals schläft, bewachen lässt. Zeus schickt seinen Boten Hermes aus, um Io zu befreien. Dem listigen Götterboten gelingt es, Argus durch sein Flötenspiel einzuschläfern. Sofort schlägt er ihm den Kopf ab und Io kann entfliehen. Doch Hera schickt nun eine riesige Bremse, die das Tier bis nach Ägypten jagt, erst am Ufer des Nils kommt sie zur Ruhe und kann ihre menschliche Gestalt zurückgewinnen. Die Augen des Argus setzt Hera dem Pfau, ihrem Lieblingsvogel und Begleiter, ein, der sie seitdem im Gefieder trägt. Jetzt weißt du, was es bedeutet, jemand mit Argusaugen zu bewachen! Engelsfedern Der Pfau war in der gesamten antiken Welt beliebt und wurde als Schmuckvogel in Gärten gehalten. Weil er seine Schwanzfedern im Herbst verliert, diese im Winter aber wieder nachwachsen, galt er in Rom als Frühlingssymbol. Schon der römische Naturforscher Plinius verwendete dafür das Wort renasci, Wiedergeborenwerden.

Außerdem galt das Fleisch als unverweslich. Der Pfau wurde deshalb ein beliebtes Motiv der Kunst. Als Symbol der Auferstehung finden wir ihn in frühchristlichen Gräbern und Katakomben. In Paradiesdarstellungen trinkt er aus dem Brunnen des ewigen Lebens. Auch Engel haben manchmal Pfauenfedern. Sein glänzendes Gefieder wird im barocken Emblem auch als Glanz der Tugend interpretiert: Sibimet Pulcherrima Merces – Sich selbst der schönste Lohn – steht dann über dem Bild des prächtigen Pfaus. Gemeint ist damit, dass gute Menschen im Glanz ihrer eigenen Tugend strahlen. Herumstolzieren wie ein Pfau Man hat den Pfau allerdings auch ganz anders gesehen: Er ist zwar wunderschön, aber auch übertrieben stolz auf seine Schönheit. Damit steht er im christlichen Denken für die Todsünde des Hochmuts und der Eitelkeit (Superbia). Von allen Federn ist die Pfauenfeder die „sündigste“. Narren und Verschwender tragen manchmal Pfauenfedern auf ihren Kappen, eine Anspielung auf sinnlose Verschwendung für eitlen Putz. Der Physiologus erzählt uns eine ähnliche Geschichte: Wenn der Pfau voller Stolz auf seine prachtvolle Gestalt herumstolziert und sich aufplustert, fällt sein Blick manchmal auf seine Füße. „Dann schreit er wild und klagend auf, denn seine Füße stimmen gar nicht zu seiner sonstigen Gestalt“. Wenn der Pfau seine hässlichen Füße sieht, klagt er wie ein Mensch, der sich seiner Sünden bewusst wird.

Wie siehst du den Pfau? Kannst du auch eine Geschichte von ihm erzählen?



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Strauß

E

s folget die Natur der Vögel: unter welchen die größesten … die Straußen aus Africa und Aethiopien sind, welche die Höhe eines Reiters auf seinem Pferde und auch dessen Schnelligkeit übertreffen … sie haben eine wundersame Kraft, alles was sie ohne Wahl verschlucken, zu verdauen: aber nicht weniger Dummheit, da sie, bei einer solchen Höhe des übrigen Leibes, wenn sie nur den Hals in ein Gebüsch verstecken, schon verborgen zu sein meinen. Plinius d. Ä., Naturgeschichte, 10. 1, 1. Jh. v. Chr.

Der große römische Naturforscher Plinius hat auch die Vorstellung vom Strauß für lange Zeit geprägt und unsere Redewendungen bis heute!

Der Eisenfresser Hast du schon einmal die komischen Darstellungen von Straußen gesehen, die Münzen oder gar ein Hufeisen im Schnabel halten? Im Wappen der Stadt Leoben kannst du das noch finden. Hast du eine Idee, was das bedeuten könnte? Auch das geht auf eine antike Beobachtung zurück, die über viele Generationen weitergegeben wurde. Plinius schreibt, dass der Strauß alles verdauen kann, was er wahllos verschluckt. Dazu zählen Steine ebenso wie Eisenstücke. Und damit hat er ausnahmsweise fast Recht. Zwar sind Strauße Pflanzen- und Insektenfresser, aber um die Nahrung besser verdauen zu können, schlucken sie auch Sand und Steinchen (Gastrolithen), manchmal sogar kleine Objekte, die denselben Zweck erfüllen. Man hat im Magen von Straußen tatsächlich schon Münzen und sogar Nägel gefunden. Hufeisen war allerdings noch keines dabei! Das ist wieder einmal eine Übertreibung der späteren Zeit. Dennoch sieht man solche Darstellungen in der Barockzeit oft, und der Ruf vom eisenverdauenden Strauß war allen bekannt. Schwer zu verdauen Mit dieser Eigenschaft finden wir den Strauß auch in Emblemen: Ein ganz seltsames Zwitterwesen – halb Adler, halb Strauß – ist zu sehen. Der Adler hält ein Blitzbündel in den Klauen, der Strauß ein Hufeisen im Schnabel. Praesidia maiestatis – Hilfsmittel der Majestät – steht darüber. Was könnte damit wohl wieder gemeint sein?

Oben Von dem Straussen, Conrad Gesner, Vogelbuch, Frankfurt/Main 1600 Unten Der Strauß im Emblem Jan Sadeler, Kupferstich 1649


Straußenjagd Egbert Jansz. nach Antonio Tempesta, Kupferstich 1598

Das Bild will uns etwas über das Wesen des guten Regenten oder Fürsten erzählen: Er muss den richtigen Mittelweg zwischen Strenge und Gnade finden. Er muss strafen können wie Gott Jupiter, der seinen Adler mit Blitzen schickt, er muss aber auch den Untertanen verzeihen können. Dafür braucht er einen Straußenmagen, „so brennend im Erbarmen, dass er sogar Eisen verdauen kann.“

Der Eisenfresser Strauß Glasmalerei, Anfang 16. Jahrhundert

Den Kopf in den Sand stecken Plinius´ Beschreibung verdankt der arme Strauß auch den Ruf, ein dummer Feigling zu sein, der seinen „Kopf in den Sand steckt“. Damit meinen wir noch heute Ignoranz. Wenn man den Kopf in den Sand steckt, will man entweder unangenehme Tatsachen nicht wahrhaben oder erkennt eine Gefahr nicht. Dabei macht das der Strauß gar nicht! Er steckt bei Gefahr nicht den Kopf in den Sand, sondern läuft davon, so schnell er kann – und er kann sehr schnell laufen! Ist der Angreifer nicht zu gefährlich, kann er sich auch ordentlich wehren. Der Strauß legt aber seine Eier im Sand ab. Naht während des Brütens Gefahr, duckt er sich und hält Hals und Kopf dabei gerade ausgestreckt. Dann ist der Kopf aus der Ferne kaum mehr zu sehen, so könnte – wieder mit viel „Stiller Post“ – diese Legende entstanden sein.


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Tierkreis

Gibt es auch am Himmel Tiere? Natürlich, einen ganzen Kreis davon und rundherum noch mehr. Seit der Antike nennt man ihn Zodiakos – Tierkreis –, in dem das altgriechische Wort für Tier (zóon) steckt. Wir gehen ja heute noch in den Zoo, wenn wir Tiere sehen wollen! Die Sterne haben die Menschen seit Urzeiten beschäftigt, sie waren ihre Verbindung zum Himmel, denn sie dienten der Verortung und Orientierung. In einer Welt, in der es noch keinen Kompass gab, halfen nur die Gestirne – die Sonne bei Tag, Mond und Sterne bei Nacht – sich über weite Strecken zu Wasser und zu Lande zurechtzufinden. Aber sie ermöglichten auch, sich im Kreislauf des Jahres zu orientieren, sie halfen, den richtigen Zeitpunkt für Aussaat und Ernte der Feldfrüchte zu bestimmen, von denen das Leben der Menschen abhing. Also beschäftigte man sich schon in Urzeiten mit dem Wesen und Wandel der Gestirne. Dieses lebensnotwendige Wissen war zumeist den Priestern vorbehalten. Man begann den Himmel zu erforschen und zu beschreiben. Bald konnte man Wandelsterne (unsere späteren Planeten), die sich über den Himmel bewegten, und Fixsterne unterscheiden. Und für beide entstanden in allen frühen Kulturen Sternmythen, die von der Entstehung der Gestirne erzählen.

Darstellungen von Sternbildern, Illustrationen aus Hugo Grotius, Syntagma Arateorum opus (Auswahl von Werken des Aratos), Leiden 1600. Mitte Sternbild Schütze (Sagittarius)

Der Tierkreis Als Tierkreis bezeichnen wir heute einen etwa 20° breiten Streifen um die Ekliptik (Sonnenbahn), in dem die scheinbaren Bahnen von Sonne, Mond und Planeten um die Erde verlaufen. Du weißt natürlich, dass sich die Erde um die Sonne dreht, aber die Menschen, die diesen Tierkreis ursprünglich bestimmt haben, wussten das nicht. Für sie sah es so aus, als würden sich alle Gestirne um die Erde drehen. Das blieb auch viele tausend Jahre lang so. Auf dieser scheinbaren Bahn um die Erde durchquert der Sonnenlauf 12 Sternbilder, die mit wenigen Ausnahmen Tiernamen tragen und von denen man glaubte, dass sie das Leben beeinflussen und bestimmen. Diese Tiere nennst du heute noch, dann nämlich, wenn du nach deinem „Sternzeichen“ gefragt wirst. Griechische Astronomen hatten diesen Tierkreis, wie auch die Namen der Planeten, von babylonischen Priestern übernommen und daraus ein ganzes Lehrgebäude der „Sternenweisheit“ (Astrologie) gebaut. Himmelstiere Der wellenförmige Rhythmus des Sonnenlaufs unterteilt diesen Tierkreis in vier Abschnitte, die mit den großen Wendepunkten der Sonne zusammenhängen:

die zwei Wellenberge der Sonnenwenden im Juni und Dezember und die Wellentäler der Tagundnachtgleichen im März und September. Das bestimmt den Rhythmus der irdischen Jahreszeiten, wenn mit dem Eintritt der Sonne in das Zeichen des Widders im Frühling das astronomische Jahr beginnt. In diesem gedachten Kreis der Sonnenbahn gibt es 12 Zeichen, die auch mit den 12 Monaten des Jahres gleichgesetzt werden können: Widder, Stier und Zwillinge für den Frühling, Krebs, Löwe und Jungfrau für den Sommer, Waage, Skorpion und Schütze für den Herbst und Steinbock, Wassermann und Fische für den Winter. Versternungen Für sie alle gibt es Sternmythen, die erzählen, wie die Wesen auf den Himmel gelangt sein sollen. Viele tun dies übrigens paarweise, entweder weil sie nicht getrennt werden wollen oder weil sie ihren ewigen Kampf noch am Himmel fortsetzen. Manche Tiere wurden zur Belohnung für treue Dienste, die sie einem Gott oder einer Göttin erwiesen hatten, an den Himmel versetzt, andere wiederum, weil sie die Qual des irdischen Lebens nicht ertragen, aber auch nicht sterben konnten.

Schütze Dem Kentauren Chiron sind wir im Reich der Erdwesen schon begegnet. Erinnerst du dich? Er war der weise Kentaure, den ein verirrter Pfeil des Herakles getroffen hatte. Dieser war in das schreckliche Gift der Lernäischen Hydra getaucht und verursachte eine unheilbare Wunde, deren Schmerzen Chiron nicht mehr ertragen konnte. Also verzichtete er auf seine Unsterblichkeit und wurde als Sternbild des Schützen an den Himmel versetzt.


Skorpion Der Skorpion wiederum wurde von der Jagdgöttin Artemis ausgeschickt, um den riesigen Jäger Orion zu bestrafen, der eine ihrer Nymphen beleidigt und verletzt haben soll. Er sollte ihn durch einen giftigen Stich in die Ferse töten. Das ist ihm zwar gelungen, aber ein Tritt des Jägers brachte auch sein Ende. Beide wurden an den Himmel versetzt, wo sie ihren großen Kampf fortsetzen. Beim Aufgang des Skorpions am östlichen Himmel versinkt des Sternbild Orion am westlichen Horizont, sodass der Eindruck einer ewigen Jagd entsteht.

Steinbock oder Fischziege Der himmlische Steinbock ist ein Fabeltier, ein Steinbock mit einem riesigen Fischschwanz. Dies wurde mit der Lage des Sternbilds erklärt, das sich zur Hälfte in jenem Teil des Himmels befindet, den die antiken Astronomen „das Meer“ nannten. Die ziegenförmige Hälfte befindet sich dort, wo die Sonne den Punkt der Wintersonnenwende erreicht und ihren steilen Aufstieg beginnt, also mit einem Tier verglichen wird, das sich im steilen Bergland heimisch fühlt. Der wahre Grund ist wahrscheinlich sehr viel älter. Die babylonischen Astronomen hatten den Steinbock mit ihren Gott Ea verbunden, dem „Geist der Erd- und Wasseroberfläche“, der als Fischmensch oder Fischziege dargestellt wurde. Der griechische Mythos hat verschiedene Versionen, wie der Steinbock an den Himmel gekommen sein könnte. Es gibt die Geschichte vom bocksbeinigen Gott Pan, der auf der Flucht vor dem schrecklichen Riesen Typhon ins Meer flüchtet und sich in einen Fisch verwandeln will, was ihm aber nur halb gelingt. Und es gibt die Geschichte vom Steinbock, der den Göttern im Kampf gegen die aufständischen Titanen zu Hilfe kommt und diese mit den grässlichen Tönen, die man seinen Hörnern entlocken kann, in die Flucht schlägt.

Krebs Ganz ähnlich ist auch die Geschichte vom riesigen Krebs. Ihn soll die rachsüchtige Hera, die den Helden Herakles hasste, in die Sümpfe geschickt haben, damit er ihn in seinem gefährlichen Kampf gegen die Lernäische Hydra – erinnerst du dich? – behindern sollte. Aber auch ihn tötet ein Tritt des Helden. Er findet ebenso Platz am Himmel wie der von Herakles getötete gewaltige Löwe von Nemea (als Sternbild des Löwen) und die grässliche Hydra selbst. Das Sternbild Hydra erstreckt sich in einer langen Sternserie unter Krebs und Löwe über einen weiten Himmelsbereich.

Links Sternbild Krebs (Cancer)

Aratos Das erste griechische Lehrgedicht über den Sternenhimmel stammt von Aratos von Soloi (ca. 310–245 v. Chr.) Seine Phainomena (Himmelserscheinungen) beschreiben die Konstellationen und lockern die eher trockene Materie durch Anspielungen auf Sternsagen (Katasterismoi) auf. Sie blieben daher in der antiken Welt sehr populär und erhielten in zahlreichen lateinischen Übersetzungen fast den Status eines Schulbuchs.

Unten Sternbild Steinbock (Capricornus), die Fischziege Rechts Die Sternbilder Widder (Aries) und Stier (Taurus), der Drache und die Bären, die Hydra mit Rabe und Krater



Der Tierkreis (Zodiak) um das Sternbild des Drachens, Dietrich (Theodor) Krüger, Kupferstich 1621-24 Dieser Kupferstich ist ein gutes Beispiel, wieviel Wissen ein Schüler der Barockzeit brauchte, um den Sinn einer so vielschichtigen Darstellung (die man heute Allegorie nennt) zu verstehen. Man sieht hier den Tierkreis mit seinen 12 Zeichen, in den Ecken begleitet von vier Wägen, die von Tieren gezogen werden. Es sind die 4 Jahreszeiten, deren Rhythmus die Bewegung der Sonne durch den Tierkreis bestimmt: Oben links, über dem Widder, die Göttin Venus in ihrem Schwanenwagen, die den Frühling regiert; Oben rechts Ceres, die Göttin der Feldfrüchte, für den Sommer, gezogen von zwei Hunden (Sirius, der Hundsstern, erscheint in der heißesten Zeit des Jahres). Unten rechts, neben der Waage, Gott Bacchus, der mit seinen Weintrauben den Herbst markiert und unten links der verhüllte Kronos für den dunklen und kalten Winter. Deshalb begleiten ihn die Fledermaus und die Bärinnen, deren griechischer Name arktos auch dem kältesten Teil unserer Welt, der Arktis, den Namen gegeben hat. Aber das alles ist nur Nebensache, der eigentliche Sinn ist ein anderer: Alles dreht sich um den großen Drachen im Zentrum. Frühe Astronomen wussten, dass in Urzeiten der Nordpol des Himmels noch nicht vom heutigen Polarstern (Polaris im Kleinen Bären) markiert wurde, sondern vom sagenumwobenen Thuban im Sternbild des Drachens. Im Drachen lagen also der Nordpol, der Pol des Äquators und der Ekliptik, auf der die Tierkreiszeichen liegen. Er war also der Mittelpunkt des nördlichen Himmels. Die Sternbilder Hercules (mit der Keule) und Cepheus (mit dem gekrönten Turban), den man in der Antike als Erfinder der Sternenweisheit bezeichnete, halten einen Kardinalshut über den Drachen. Nun führte die Familie des damaligen Papstes, Gregor XIII. (eigentlich Ugo Boncompagni), einen solchen Drachen im Wappen. Die Boncompagnis waren große Förderer der astronomischen Wissenschaften und Papst Gregor hatte sogar eine Reform des Kalenders in Auftrag gegeben, die heute noch gültig ist. Also ließ man dieses Familienwappen kurzerhand an den Himmel versetzen, sodass sich hier sozusagen das ganze Universum um die Familie Boncompani dreht.


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Fledermaus

Zwischen den Stühlen Am Ende begegnen wir nun einem kleinen Tier, das seit antiken Zeiten nicht nur Unbehagen erregt hat, sondern auch Ungewissheit. Die Fledermaus galt als seltsame Mischung aus Vogel und Maus und war damit nicht wirklich einzuordnen. War sie ein Vogel oder ein Tier der Erde?

Oben links Von der Flädermauß oder Speckmauß, Conrad Gesner, Vogelbuch, Frankfurt/Main 1600 Oben rechts Große Fledermaus im Ornamentstich Heinrich Aldegrever, 1550 Mitte Die Große Hufeisennase (Rhinolophus ferrumequinum) wie sie am Eggenberger Dachboden zu finden ist

Die wankelmütige Fledermaus Schon vor 2500 Jahren hat der griechische Fabeldichter Äsop (6. Jahrhundert v. Chr.) das Bild von der Doppelnatur der Fledermaus, die sich in ihrem Äußeren so stark zeigt, in einer berühmten Erzählung festgehalten. Darin überträgt er die äußere Erscheinung auch auf ihr angeblich inneres Wesen und macht die Fledermaus damit für Jahrtausende zu einem zwiespältigen Tier: Bei einer gefährlichen und ungewissen Schlacht zwischen den Vögeln und Landtieren hielt sich die Fledermaus neutral, bis sie dachte, dass die Landtiere die Oberhand behalten würden, dann schlug sie sich schnell auf deren Seite. Aber sie hatte sich getäuscht. Wenig später gelang es den Vögeln, doch den Sieg zu erfechten und sofort lief die Fledermaus zur anderen Seite über. Aber dieses wankelmütige Verhalten bekam ihr nicht gut. Sie wurde vom Kriegsrat zum Überläufer erklärt, gerupft, verbannt und dazu verurteilt, niemals wieder ans Tageslicht zu kommen.

Von der Flädermauß oder Speckmauß (Vespertilio) erzählt auch Conrad Gesner: „Dieser Vogel wirt eines theils also genannt, weil er den Speck isset und die Schweineseiten durchnaget. Von den Latinern und Griechen hat er den Namen von der Nacht her übernommen, daß er gegen dem Abend und zu Nacht gemeiniglich fleugt. Die Flädermauß ist das Mittelthier zwischen dem Vogel und der Mauß, also daß man sie billich ein fliegende Mauß nennen mag, wieweil sie weder under die Vögel noch under die Mäuß kann gezehlet werden.“ Damit hat der Schweizer Gelehrte eigentlich fast Recht, denn die Fledermaus ist – das wissen wir heute – ein Säugetier, das fliegen kann und lebende Junge zur Welt bringt, also etwas ganz Besonderes. Aber Gesner bringt auch die Verwirrung seiner Zeit und das leichte Unbehagen zum Ausdruck, das man dem nächtlichen Jäger, der aus der Nähe zwar lustig, aber nicht unbedingt schön anzuschauen ist, entgegengebracht hat. Wesen der Nacht Immer behielt die Fledermaus den negativen Beigeschmack des Dunklen – auch Teufel, Drachen oder Dämonen haben oft Fledermausflügel. Auch im gelehrten Emblem steht sie für die lügnerischen Mächte der Nacht, die vom Glanz der Wahrheit vertrieben werden: Excaecat Candor – Der Glanz blendet. Von Gesner hören wir auch, dass Fledermäuse zur Gewinnung von allerlei grauslicher Medizin benützt wurden. Man erzählte auch, sie würden sich in Mädchenhaaren verfangen oder sogar Menschen angreifen und beißen. Wisst ihr, welche Erzählung daraus entstanden ist?


Fabel von der wankelmĂźtigen Fledermaus Dirk Stoop, Kupferstich 1665


Literaturauswahl

Für begleitende Erwachsene eine (sehr kleine) Auswahl von Literatur zum Weiterlesen: Thomas ANDRATSCHKE/Alexandra EICHLER (Hrsg.), Im Reich der Tiere – Streifzüge durch Kunst und Natur. Katalog der Ausstellung im Niedersächsischen Landesmuseum Hannover 2012, Köln 2012. ARATOS, Phainomena, hgg. von M. Erren, München 1971. Dieter BLUME, Regenten des Himmels. Astrologische Bilder in Mittelalter und Renaissance (= Studien aus dem Warburg Haus 3), Berlin 2000. Bruce BOEHRER, A Cultural History of Animals in the Renaissance (= A Cultural History of Animals 3), New York 2007. Meinhard BRUNNER/Bernhard HEBERT/ Walter HÖFLECHNER/ Gernot P. OBERSTEINER (Hgg.), Haus- und Gebrauchstiere in der steirischen Geschichte. (= Forschungen zur geschichtlichen Landeskunde der Steiermark 62), Graz 2013. Joachim CAMERARIUS, Symbola et Emblemata (Nürnberg 1590 bis 1604), hgg. von Wolfgang Harms und Ulla-Britta Kuechen (= Naturalis Historiae Bibliae. Schriften zur biblischen Naturkunde des 16. bis 18. Jhs. 2/1 und 2/2), Graz 1986 und 1988. Pia F. CUNEO (Hg.), Animals and Early Modern Identity, Vlg. Ashgate, o. O. 2014. Karl A. E. ENENKEL/ Paul J. SMITH (Hgg.), Zoology in Early Modern Culture. Intersections of Science, Theology, Philology, and Political and Religious Education (= Intersections. Interdisciplinary Studies in Early Modern Culture 32), Leiden/Boston 2014. Herrmann Heinrich FREY, Therobiblia. Biblisch Thier- Vogel- und Fischbuch (Leipzig 1595), hgg. von Heimo Reinitzer (= Naturalis Historiae Bibliae. Schriften zur biblischen Naturkunde des 16. bis 18. Jhs. 1), Graz 1978. Udo FRIEDRICH, Naturgeschichte zwischen Artes Liberales und frühneuzeitlicher Wissenschaft. Conrad Gessners „Historia animalium“ und ihre volkssprachliche Rezeption, Tübingen 1995.

Fritz KORENY (Hg.), Albrecht Dürer und die Tierund Pflanzenstudien der Renaissance, Katalog der Ausstellung in der Albertina, Wien 1985. Katherine MACDONOGH, Reigning Cats and Dogs. A History of Pets at Court since the Renaissance, New York 1999. Ulrich MÜLLER/Werner WUNDERLICH (Hgg.), Dämonen, Monster, Fabelwesen (= Mittelalter Mythen 2), Konstanz/München 2015. Ferdinand OPPL, „Etwas bisher noch nie Geschautes“ – Zu Leben, Tod und Nachleben des ersten Wiener Elefanten, in: Helmut Pechlaner/ Dagmar Schratter/Gerhard Heindl (Hgg.), Tiere unterwegs. Historisches und Aktuelles über Tiererwerb und Tiertransporte, Wien 2007, S. 65–93. P. OVIDIUS Naso, Metamorphosen. Epos in 15 Büchern. Übersetzt und hgg. von Hermann Breitenbach, Berlin 1958. Der PHYSIOLOGUS, übertragen und erläutert von Otto Seel, Zürich/München 1983. Josef H. REICHHOLF, Einhorn, Phönix, Drache: Woher unsere Fabeltiere kommen, Frankfurt/Main 2015. Brigitte RESL (Hg.), A Cultural History of Animals in the Medieval Age (= A Cultural History of Animals 2), New York 2007. Christa RIEDL-DORN, Wissenschaft und Fabelwesen. Ein kritischer Versuch über Conrad Gessner und Ulisse Aldrovandi (= Perspektiven der Wissenschaftsgeschichte 6), Wien/Köln 1989. Cesare RIPA, Iconologia overo descrittione di diverse imagini cavate dall´antichità e di propria invenzione (Rom 1603), hgg. von Erna Mandowsky, Hildesheim/New York 1970. Christian ROMANOSKI, Tacitus Emblematicus. Diego de Saavedra Fajardo und seine „Empresas Políticas”, Berlin 2006. Hans SCHÖPF, Fabeltiere, Graz 1988.

Sabine HAAG (Hg.), Echt tierisch! Die Menagerie des Fürsten. Katalog der Ausstellung des Kunsthistorischen Museums in Schloss Ambras 2015, Wien 2015. Christian HEITZMANN, Die Sterne lügen nicht. Astrologie und Astronomie im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit. Katalog der Ausstellung der Herzog August Bibliothek Wolfenbütttel 2009, Wiesbaden 2009. Herbert HUNGER/Christine HARRAUER, Lexikon der griechischen und römischen Mythologie: Mit Hinweisen auf das Fortwirken antiker Stoffe und Motive in der bildenden Kunst, Literatur und Musik des Abendlandes bis zur Gegenwart, Wien 2006. HOMER, Ilias und Odyssee, übertragen von Johann Heinrich Voß, Wien/München 1957. Lucia IMPELLUSO, Die Natur und ihre Symbole. Pflanzen Tiere, Fabelwesen, Berlin 2005 Annemarie JORDAN GSCHWEND, The Story of Süleyman. Celebrity Elephants and other Exotic Animals in Renaissance Portugal, Zürich/ Philadelphia 2010.

Matthew SENIOR, A Cultural History of Animals in the Age of Enlightenment (= A Cultural History of Animals 3), New York 2007. Giuseppe Maria SESTI, Die Geheimnisse des Himmels. Geschichte und Mythos der Sternbilder, Köln 1991. Tobias SPRINGER/ Christine KUPPER (Hgg.), Vom Ansehen der Tiere (= Kulturgeschichtliche Spaziergänge im Germanischen Nationalmuseum) 11, Nürnberg 2009. Luca TORI/ Aline STEINBRECHER (Hgg.), Animali. Tiere und Fabelwesen von der Antike bis zur Neuzeit, Katalog der Ausstellung des Schweizerischen Nationalmuseums im Landesmuseum Zürich 2013, Genf 2012. Chet VAN DUZER, Seeungeheuer und Monsterfische. Sagenhafte Kreaturen auf alten Karten, Darmstadt 2015.


Wundertiere 1 Horn und 100 Augen Ein Begleitheft zur Ausstellung in Schloss Eggenberg 13.5.-30.10.2016 Text Barbara Kaiser Lektorat Jörg Eipper-Kaiser Grafische Gestaltung Michael Posch

Abbildungen S. 6/7 Der Kampf zwischen Einhorn und Löwe (Ausschnitt), Geschnitzter Fries einer Nussholzkassette Süddeutsch oder italienisch, 2. V. 16. Jahrhundert S. 18/19 Orpheus aus Orpheus in der Unterwelt (Ausschnitt), Unbekannter Maler nach Jacques Callot, M. 17. Jahrhundert S.32/33 Element Wasser, Eggenberger Planetensaal, H.A. Weissenkircher, 1682/83 S.48/49 Von dem Paradißvogel, Conrad Gesner, Vogelbuch, Frankfurt/Main 1600 Abbildungsverzeichnis

Druck Medienfabrik Graz Papier h’fr. Bilderdruck matt, Umschlag 170g, Kern 135g Schrift Tram Joanneum ITC Charter

Universalmuseum Joanneum 2, 4, 5, 6/7, 8, 9, 11 o. und u., 12, 14, 15 u., 16, 17 o. und li., 18/19, 20, 21, 22, 23 Mi., 24 u., 25, 26, 27, 28 o. und u., 30 o., 31, 32/33, 34, 35, 36, 37, 38, 39, 41, 42, 43, 44/45, 46, 47, 48/49, 51 o., 52, 53, 54 o., 55, 56, 57, 58, 59, 60/61, 62 o., 63 Dietmar Nill, 63 li. James Ford Bell Library, University of Minnesota 40 Los Angeles County Museum of Art/ collections.lacma.org 11 Mi. Rijksstudio. Collected Works of Rijksmuseum 13, 28 li., 29 Mi., 54 li. Universitätsbibliothek Graz 29 o., Wikimedia-Commons 10 (pd art), 15 o., 17 re. (PictureObelix), 23 o. (Wolfgang Sauber), und 23 u., 24 o. (Muns), 30 u. (Carole Raddato), 50, 51 u. (Jordi Payà). © Universalmuseum Joanneum 2016

WIR LIEBEN IHR PROJEKT

Unser aufrichtiger Dank gilt: Dem Zisterzienserstift Rein und privaten Leihgebern, sowie den Kolleginnen und Kollegen der Kulturhistorischen, Zoologischen und Paläontologischen Sammlungen des UMJ für die freundliche Unterstützung durch wichtige Leihgaben Der Universitätsbibliothek Graz, Sondersammlung/Restaurierung für wertvolle Hilfe bei Restaurierung und Digitalisierung Der Walter de Gruyter Verlags-GmbH für die Erlaubnis zur Verwendung von Texten aus Ovids Metamorphosen in der Übersetzung von Hermann Breitenbach, © Artemis Vlg. 1958 Der Medienfabrik Graz für die Unterstützung der Drucklegung



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