Sborník Mezery v historii 2011 - CZ

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Božena Vachudová

einer Plakette oder Medaille und ist in der Lage, Modelle für die Werke in jedem Material anzufertigen, wie etwa in Stein; Stuck, Metall oder einem anderen. Prag, 26. Juli 1906.“ 6 Nach dem erfolgreichen Studium kehrte der junge Bildhauer nach Karlsbad zurück. Nach lediglich acht Jahren konnte er sich der Entfaltung seiner bildhauerischen Profession widmen. Bei seinen Eltern im Hause Homer an der Panoramastraße richtete er sich ein verhältnismäßig großes Atelier ein. Er unternahm Studienreisen nach Venedig und Rom, wo er die Grundlagen der klassischen Bildhauerei der Antike kennen lernte, ebenso wie er die Schätze der Renaissanceund Barockkunst zu sehen bekam. Die biografischen Unterlagen aus dem Familienarchiv führen auch noch ein Studium Uhers an der Akademie der bildenden Künste in Prag an. Ein akademischer Abschluss dieses Studiums ist nicht belegt, denn im Almanach AVU, der im Jahr 1979 zum 180. Jahrestag der Gründung herausgegeben wurde, kommt Hugo Uher als Absolvent einer vom Jahr 1915 bis zum Jahr 1916 dauernden Medaillieursklasse von Stanislav Sucharda nicht vor.7 Am 28. Juli 1914 brach der Erste Weltkrieg aus und im Jahr 1915 musste Hugo Uher zum Egerer 73er Regiment einrücken. Nach Karlsbad kehrte er im November 1918 zurück. Die vierjährige Kriegszeit beendete endgültig das „goldene Zeitalter“ Karlsbads und auch die erste Etappe von Uhers bildhauerischer Arbeit. Während der Zeit seines Prager Studiums war Hugo Uher in das Zentrum des tschechischen Kunstgeschehens geraten. In Prag existierten damals drei Kulturen nebeneinander, eine tschechische, eine deutsche und eine jüdische. Hugo Uhers Lehrer Stanislav Sucharda war der Künstler, der die formbildenden Prinzipien des Sezessionssymbolismus in der tschechischen Bildhauerei im Bereich der intimen Medaillen und Plaketten entwickelt hat und ebenso im monumentalen Denkmalschaffen, das auf die inneren Erlebnisse des Individuums, auf seine Stimmungszustände und geistige Verfassung ausgerichtet ist. Bei seinem Lehrer hatte der Student Hugo Uher gelernt, Porträtbüsten (z. B. die Büste der Mutter oder das Porträt des Bruders Emil aus Marmor) sowie Plaketten und Medaillen mit Sicherheit so zu modellieren, dass sie nicht nur mit der visuellen Wahrhaftigkeit des dargestellten Motivs harmonierten, sondern auch mit den Anforderungen des neuen Sezessionsstils. In seiner Ausbildung hatte sich der junge Hugo Uher zugleich auf monumentale bildhauerische Realisationen vorbereitet. Zweifellos hat er von dem schöpferischen Einsatz gelernt, den sein Lehrer in den Jahren 1901–1912 für die Errichtung des Denkmals für František Palacký in Prag aufgeboten hat. Hugo Uher kehrt nach seinen Prager Studien zurück ins Egerland, in das deutsche Karlsbad, in ein höchst eigen-

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tümliches Milieu, dessen geografische Lage die zentrifugalen nationalen Tendenzen der hiesigen deutschen Bevölkerung stark unterstützte. Das waren Umstände, die sein Leben und auch sein Schaffen einschränkten. Hugo Uher kehrte freilich auch in ein prosperierendes und reiches Bäderzentrum mit einer internationalen Klientel zurück, in eine Stadt mit einer entwickelten Verkehrsinfrastruktur, mit neuen luxuriösen Sanatorien, Hotels, Pensionen und Villen, mit ausgedehnten Kolonnaden. Deren eklektischer später Historismus mit dem Schwall Pracht liebenden Neobarocks verschmilzt hier häufig mit dem Aufkommen der Sezession und ihres ornamentalen Dekorativismus. Nicht nur die Bau-, Stuck- und Steinmetzfirmen hatten zahlreiche Aufträge. Diese rollten auch auf die Bildhauer zu. Hugo Uher entwarf auch luxuriöse Gebrauchsgegenstände aus normalem oder Biskuitporzellan, wie z. B. Uhren, Schüsseln u. ä. Die Frage des gesellschaftlichen Ansehens beschränkte sich nicht nur auf den Bereich erfolgreicher Unternehmertätigkeit und den Bau exklusiver Wohnsitze. Die neuzeitlichen Eliten fügten in ihre Vorstellungen von offiziellem Erfolg auch die Idee von ewigem Ruhm und dem Gedenken nach dem Tod ein. Sich eine Gruft mit prächtiger Ausschmückung zu errichten gehörte zum guten Ton. Hugo Uher wurde von den bedeutendsten Karlsbader Hoteliers, Julius Pupp (1844–1902) und Karl Pupp (1867– 1926), Angehörigen der fünften Generation der Familie Pupp, eingeladen, für sie Grabskulpturen und -denkmäler zu schaffen. Im Fall der beiden Grüfte arbeitete er mit dem Steinmetz Peter Wolff aus Karlsbad zusammen. Gemeinsames Motiv dieser Werke ist die Verwendung einer weiblichen Figur, in der er die Vorstellungen zur Zeit der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert von somnambulen Zuständen und der Rolle des Schlafs in der Symbolik des Fortlebens nach dem Tod entfaltete. Seine bildhauerische Vision verankerte er immer in dem architektonischen Rahmen der Funeralbauten, die sich im Sinne des Sezessionsstils in die Breite entwickelten. Hugo Uher hat in den 20er und 30er Jahren noch zahlreiche Grabmäler geschaffen, die den Karlbader Friedhof zieren. In den weiteren Werken konzipierte er, beschränkt durch die Anforderungen der Auftraggeber, das Aussehen der Grüfte schon etwas bescheidener, z. B. die des Hoteliers Ludwig Hanika, der Familie Ludwig Knöspel oder die von Dr. Franz Fokschaner und DrTh. Camillo Heller), mit Ausnahme der Realisierung der Gruft in Form einer Kapelle für den holländischen Generalkonsul und Fabrikanten Theodor Pohl in Raspenau (Raspenava). Hugo Uher war Zeuge, wie das Musterlager der Egerer Handels- und Gewerbekammer in Karlsbad mit einer


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