TRAILRUNNING SZENE - November/Dezember 2015

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rennberichte

der zündfunke maddog wüstenmarathon

Maddog desert race Datum: 28. August 2015 Land: Jordanien Streckenlänge: 42/21 Kilometer Höhenmeter: k.A.

Es war am 28. März dieses Jahres, auf dem Weg zum Jordan Valley Duathlon/ Triathlon, als ich das erste Mal vom so genannten „Maddog Desert Race“ hörte. Der Lauf, der sowohl über die ganze als auch halbe Marathondistanz geht, findet traditionell in der heißesten Zeit des Jahres, im August, statt. Es wird ca. 3 Stunden südlich von Jordaniens Hauptstadt Amman gestartet, in der Wüste von Wadi Araba, unweit der weltbekannten Felsenstadt Petra. Diese Gegend ist gleichwohl bekannt für ihre biblische/historische Bedeutung, als auch für ihre unglaubliche Hitze. Spitzenwerte von über 50 Grad Celsius sind keine Seltenheit. Wäre all dies nicht schon genug, ist der Lauf zu allem Überfluss „self-supported“, das heißt, jeder Läufer muss alles, was an Nahrung und Getränken benötigt wird, selbständig mittragen, es gibt keine Verpflegungsstationen. Der Tropfen, der dieses Fass an erschwerenden Umständen zum Überlaufen bringt: Der Start des Laufs ist um 12 Uhr mittags (sic!), mit einem Zeitlimit von 6 Stunden. Hitze garantiert! Die Dropout-Rate des Rennens ist tendenziell eher einschüchternd: seit 2011 gab es bei insgesamt 23 Teilnehmern über die Volldistanz ganze drei Finisher. Ausfallsquote: mehr als 90 Prozent.

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Mitveranstalter Guido Romero beantwortet die Frage nach dem „Warum?“ ganz lapidar: „Wir wollten eine ungewöhnliche Veranstaltung organisieren, die sich mit den härtesten Rennen der Welt messen kann.“ „Only mad dogs and Englishmen go out in the midday sun.” Der Zündfunke war übergesprungen, ich war Feuer und Flamme für diesen unmöglich erscheinenden Lauf!

Halb DromeDar, Halb Glöckner v. notre Dame Die Begeisterung über die Herausforderung und die Neugierde hatten also gesiegt, trotz (oder wegen?) so mancher Horrorgeschichte über den Maddog hatte ich mich, genau 5 Monate später, am 28. August, in die sengende Hitze begeben, um mich mit diesem „Hund von einem Lauf“ anzulegen. 2 Stunden vor dem Start war das Quecksilber auf weit über 30 Grad geklettert und es schien keine Anstalten zu machen, dort Halt zu machen. Mit 7 Litern Flüssigkeit (6 Liter Wasser, 1 Liter Elektrolyte), Datteln, Nüssen und zwei Bananen beladen, einem Hybrid aus einhöckrigem Dromedar und Glöckner von Notre Dame mit einem Hauch von modernem Lawrence von Arabien ähnelnd, stand ich mit 18 (6 für die 42 km, 12 für die 21 km) weiteren Mitstreitern am Start. Zu den im Sprichwort erwähnten Engländern gesellten sich noch weitere „Mad dogs“ aus Jordanien, Italien, Kolumbien, USA, und ich als einziger Österreicher dazu. Im Starterfeld mit dabei: der jordanische Spitzenläufer Salameh Al Aqra, 10-facher Marathon des Sables-Teilnehmer und auch Sieger von 2012.

ScHarrenDe Hufe Der Startschuss fiel pünktlich zum höchsten Sonnenstand, das Tempo mancher Teilnehmer ließ keine Rückschlüsse auf

die vorherrschenden durchschnittlichen 45 Grad zu. Wie von den Organisatoren bestellt, galoppierte nur wenige hundert Meter entfernt eine kleine Kamelherde in dieselbe Richtung wie das Läuferfeld. Es schien, als wollten uns die Wüstenschiffe zeigen, wie man es richtig macht. Die Kulisse war atemberaubend, linkerhand die Berge, in deren Undurchdringlichkeit sich das legendäre Petra versteckt, rechterhand die flache Weite der Steinwüste. Das Rennen war aus logistischen Gründen als Schleife von 21 Kilometern angelegt, ich war mittlerweile bei Kilometer 7 angekommen, die Anfangseuphorie war gewichen, langsam aber sicher schien die brutale Hitze an mir zu zehren. Die Sonne schien gnadenlos auf uns herab, kein einziger Schattenspender war auf der Strecke. Die Luft war brennend heiß, bei jedem Atemzug fühlte es sich an, als hätte ich kaum Sauerstoff zu mir genommen. War ich in einem Backofen gefangen?

HunDSmiSerabel Ab Kilometer 14 stellte sich ein starkes Unwohlsein in meiner Magengegend ein, und das, obwohl ich bis dato sehr konsequent getrunken und gegessen hatte, ich konnte keinen offensichtlichen Fehler entdecken. Dennoch: mir war mittlerweile „hundsmiserabel“. Langsam entwickelte sich der Lauf zu einem wahren Höllenritt, mit nur einem Lichtblick: nach der ersten Runde würde ich etwas Schatten im Beduinenzelt bekommen und mich kurz ausruhen können. Dieser Gedanke war es, der mich durchhalten ließ.

entSanDunG GefälliG? Bei Kilometer 21 war noch kein Zelt in Sicht, ich kraxelte die Düne hinauf, und oben angekommen sah ich endlich das ersehnte Camp. Davon beflügelt lief ich dem Schatten entgegen, Füße entsanden, mich mit Datteln und Wasser stärken.


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