Geheimarmeen in Europa

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Nachwort von Prof. Albert A. Stahel Institut für Strategische Studien, Wädenswil Daniele Ganser setzt sich in seinem Buch mit den geheimen Streitkräften der NATOStaaten auseinander, die von 1947 bis 1991 in verschiedene verdeckte Operationen ver­ wickelt waren und während dieser Zeitperiode Anschläge ausgeführt haben. Verschiedene Anschläge, die während der Zeitperiode des Kalten Krieges erfolgten, sind damals mit Hilfe der Manipulation der Medien den terroristischen Kampfgruppen wie den Brigate Rosse in Italien in die Schuhe geschoben worden. In Tat und Wahrheit erfolgten diese Anschläge durch Kampfgruppen, die im Auftrag ziviler und militäri­ scher Geheimdienste der europäischen NATO-Staaten operierten. Die Anschläge haben in Italien in den 70er Jahren beinahe als Rechtfertigung für die Erklärung des Kriegs­ rechts und des Sturzes der damaligen Regierungen gedient. Zumindest konnten in West­ europa aufgrund dieser Anschläge Hausdurchsuchungen gemacht und Telefonverbin­ dungen abgehört werden, was sonst nicht bewilligt worden wäre. In diesem Sinne ist der Ausdruck des Staatsterrors beinahe zulässig. Der Autor hat seine Untersuchungen auf die europäischen NATO-Staaten ausgerichtet. Leider konnte er bis anhin das Bestehen solcher Organisationen in den damals neutralen Staaten Europas, der Schweiz, Österreich, Finnland, Schweden und Irland, nicht umfas­ send untersuchen. Dies trifft auch für die unzähligen Organisationen in den USA zu, die entweder unter der Schirmherrschaft des Pentagons oder der CIA zur damaligen Zeit und bis heute operierten. Bekannt ist selbstverständlich, daß in der Schweiz bis 1989 eine geheime Organisation »P26« existierte, deren Auftrag die Führung des Widerstan­ des in einer besetzten Schweiz gewesen war. Die Angehörigen der P26 wurden vom MI6 ausgebildet. Offenbar müssen aber die CIA und der MI6 auch in Österreich, Schweden und Finnland solche Organisationen errichtet, finanziert und ausgebildet ha­ ben, deren Beziehungen zur NATO bis jetzt noch ungeklärt geblieben sind. In einem zu­ künftigen Buch wird sich der Autor hoffentlich auch dieser dunklen Seite der europäi­ schen Geschichte zuwenden. Daniele Ganser hat die Daten zu diesem Buch in den Jahren 1998 bis 2001 erarbeitet, also noch vor dem 11. September 2001. Zur damaligen Zeit nahmen die USA den Ter­ rorismus des Osama bin Laden noch nicht ganz ernst und hatten dem Saudi den »War on Terror« noch nicht erklärt. Obwohl aus der Zeit des Kalten Krieges die Terrororgani­ sationen Brigate Rosse in Italien und Rote Armee Fraktion in der Bundesrepublik Deutschland teilweise noch in Erinnerung waren, vergaß doch die breite Öffentlichkeit in zunehmendem Maße ihre Angst und Furcht vor den gezielten Anschlägen dieser his­ torischen Kampfgruppen. Erst recht waren die erwähnten NATO-Organisationen und ihre Hintermänner unbekannt. Nicht bekannt war auch die Tatsache, daß gerade diese Organisationen für verschiedene »terroristische« Anschläge bis zum Ende des Kalten Krieges verantwortlich gewesen waren und daß diese Organisationen durch die unbe­ kannten Geheimausschüsse ACC und CPC der NATO koordiniert wurden. Daniele Ganser gebührt die Anerkennung und der Dank, daß durch seine unermüdlichen wissenschaftlichen Untersuchungen auch diese dunkle Seite der Geschichte der NATO und damit Europas nun bekannt ist. Wädenswil, im Februar 2008

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