WWW.OREG.TV • Interview mit Horst Schnur: "Eine Achse ohne Windräder"

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Erbach 22.04.2017

Ein Windrad im Odenwald in der Nähe von Erbach: Geht es nach Alt­Landrat Horst Schnur, drohen die Windräder den Charakter des Odenwalds nachhaltig zu zerstören. Archivfoto: Gerhard Grünewald Das Interview führte Rainer H. Schlender ERBACH ­ Nach den Plänen der Landesregierung sollen auf den Höhen des Odenwaldes zahlreiche Windkraftanlagen zur Stromerzeugung entstehen. Viele Bürger wehren sich dagegen. Einer von ihnen ist Horst Schnur (SPD), der frühere Landrat des Odenwaldkreises. Herr Schnur, im Odenwald ist es schön, oder? Sehr schön sogar. Ich sitze gerade in der Sonne und genieße die Natur.


Sie glauben aber, dass Windräder den Charme des Odenwaldes zerstören könnten. Geht das wirklich so leicht? Ja, natürlich. Die Zerstörung der Landschaft schadet dem Tourismus und dem Unesco­Welterbe­ Prädikat, mindert die Lebensqualität und verletzt die Empfindungen der Menschen. Auch im Odenwald gibt es elektrisches Licht, Waschmaschinen und Kühlschränke. Mit der Stromerzeugung wollen viele Bürger aber nichts zu tun haben. Ist das fair? Eines will ich klarstellen: Ich bin nicht dafür, dass die Atomkraftwerke weiterlaufen. Die Frage ist, wie man eine stabile Stromversorgung schafft. Fotovoltaik funktioniert nicht, wenn es bewölkt oder dunkel ist, und windig ist es auch nicht immer. Die Windräder auf dem Geisberg zwischen Erbach und Mossautal etwa stehen meistens still. Die Folge ist, dass die Kohlekraftwerke weiterlaufen. Der Wind erzeugt bereits über 70 Milliarden Kilowattstunden Strom im Jahr. Das zeigt: Die Stromerzeugung aus regenerativen Energiequellen funktioniert. Das ist eine Frage der Physik und der Stabilität im Netz. Man kann alles machen, auch den ganzen Odenwald abholzen und Windräder darauf bauen. Dann aber ist der Odenwald kein Odenwald mehr. Die Bürger andernorts haben größere Opfer bringen müssen. Da ging es nicht um die Bewahrung eines Idylls. Für den Braunkohle­Tagebau mussten Menschen ihre Häuser, ihre Heimat verlassen. Haben die nicht Mitleid verdient und Solidarität? Es ist keine Solidarität, wenn man etwas Schlechtes mit etwas Schlechtem vergilt. Man muss etwas Gutes tun. Und: Das Schlechte siegt, wenn das Gute schweigt. Deshalb mache ich mein Maul auf. In den Kohleabbaugebieten sind Arbeitsplätze entstanden. Die Industriewindparks im Odenwald schaffen keine wirtschaftlichen Werte für die Region. Eher vernichten sie Arbeitsplätze, vor allem im Tourismus. Nach Ansicht der Landesregierung ist Windkraft die wichtigste Ressource zur umweltfreundlichen Stromerzeugung. Die Technik versteht es immer besser, auch leichte Brisen zu nutzen. Der Makel bleibt: 200 Meter hohe Windräder im Wald zerstören die Landschaft. Auf dem Taunuskamm sollen keine gebaut werden, weil die Menschen in Wiesbaden, Kronberg und Königstein das nicht wollen. Der Odenwald muss also einen größeren Beitrag leisten, damit die Pläne der Regierung aufgehen. Nach dem Regionalplan Südhessen könnten hier fünf­ bis sechshundert Windräder gebaut werden. Dagegen leiste ich Widerstand. Im Odenwald stehen nun einmal die Berge ­ auch noch ideal in Nord­Süd­Ausrichtung. Ist doch klar, dass hier mehr Windräder stehen müssen als anderswo. Ich bitte um Entschuldigung, das interessiert mich nicht. Der Odenwald ist nachweislich ein windschwaches Gebiet. Die Lebensqualität der Menschen wird beeinträchtigt, außerdem die Sicherheit der Trinkwasserversorgung. Wenn Sie die vielen Auflagen zum Trinkwasserschutzt in der Baugenehmigung für den Kahlberg und für den Felgenwald lesen, bekommen Sie eine


Gänsehaut. Die Windräder dort sind ausdrücklich gegen die Empfehlung des Landesamtes für Umwelt genehmigt worden. Früher durfte man dort nicht einmal einen Schafstall bauen. Woher aber soll der Strom dann kommen ­ umweltfreundlich, preisgünstig und stetig? Ich bin dafür, dass man alternative Techniken zur lokalen und regionalen Energieerzeugung fördert ­ beispielsweise mit energieerzeugenden Flüssigkristallen aus Darmstadt oder mit Wasserkraftwerken, die sogar aus kleinen Bachläufen gespeist werden können. Das ist aber nicht erwünscht. Die Energiekonzerne wollen Strom verkaufen, und die Netzeigentümer wollen ihn transportieren. Den Grünen, die an der Landesregierung beteiligt sind, werfen Sie also vor, sich zum Büttel der Stromkonzerne zu machen. Nicht nur den Grünen, sondern allen, die dafür sind. Auch meine Partei, die SPD, nehme ich da nicht aus. In der Regionalversammlung habe ich deshalb mit der FDP gestimmt. Interessant ist, dass sich inzwischen Widerstand regt, wie aus den Beschlüssen im Odenwälder Kreistag abzulesen ist. An den Küsten gibt es Windräder in großer Zahl. Ist das wirklich eine Katastrophe? Andernorts mag man anders entscheiden. Ich habe gerade ein paar Tage auf Rügen verbracht. Dort drehen sich drei Windräder. Die Politik auf der Insel sagt: Wir wollen nicht mehr davon haben, weil wir unsere Landschaft nicht zerstören wollen. Auch der Pfälzer Wald und der bayerische Spessart werden nicht mit Windrädern zugebaut. Ich bin deshalb dafür, dass man von der Pfalz über den Odenwald bis in den Spessart eine Achse ohne Windräder schafft. Zur Übersicht Erbach

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